Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 18. März 2019 - RN 10 A DK 18.936

bei uns veröffentlicht am18.03.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der monatlichen Dienstbezüge in Höhe von 1/10 auf die Dauer von 18 Monaten erkannt.

II. Der Beklagte trägt 4/5 und der Kläger 1/5 der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger beantragt die Zurückstufung des Beklagten.

Der am …1968 geborene Beklagte steht als Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11) im Dienste des Klägers. Er trat am 1. September 1993 seinen Dienst bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei an. Er wurde mit Wirkung vom 1. September 1994 zum Polizeioberwachtmeister und vom 1. Mai 1996 zum Polizeimeister ernannt. Der Beklagte wurde am 1. Mai 1998 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 7. Juli 1998 zum Polizeiobermeister sowie zum 1. November 2001 zum Polizeihauptmeister ernannt. Nach Bestehen der Anstellungsprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst wurde er zum 1. November 2004 zum Polizeikommissar, zum 1. November 2007 zum Polizeioberkommissar und zum 1. November 2011 zum Polizeihauptkommissar ernannt. Er ist gegenwärtig bei der VPI … tätig.

In den periodischen Beurteilungen der Jahre 2005, 2006 und 2009 erhielt der Beklagte jeweils ein Gesamtprädikat von sieben Punkten. Im Jahr 2012 erhielt er ein Gesamtprädikat von fünf Punkten und im Jahr 2015 von neun Punkten. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Er ist strafrechtlich mit Ausnahme des unten geschilderten Geschehens bisher nicht in Erscheinung getreten. Das Polizeipräsidium Niederbayern hatte mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wegen anderer Vorwürfe ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dieses wurde mit Verfügung vom 20. September 2013 gemäß Art. 33 Abs. 1 Nr. 2 BayDG eingestellt und eine Missbilligung ausgesprochen.

Das Polizeipräsidium Niederbayern leitete mit Schreiben vom 14. September 2015 disziplinarrechtliche Ermittlungen ein und setzte diese im Hinblick auf das Strafverfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss aus. Gleichzeitig wurde dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte verboten und der Sofortvollzug angeordnet. Das Polizeipräsidium München übernahm das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 27. Januar 2016. Das Amtsgericht … verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 6. Oktober 2016 wegen versuchter Nötigung in einem besonders schweren Fall in Tatmehrheit mit Körperverletzung im Amt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung (Az. 11 Ds 104 Js 143/16). Die Staatsanwaltschaft und der Beklagte legten hiergegen Berufung ein. Im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Landgerichts … am 6. April 2017 fanden Verständigungsgespräche statt. Der Bevollmächtigte des Beklagten verlas eine schriftliche Erklärung, in der der Sachverhalt aus Ziffer 3. der Anklage (Körperverletzung) mit Maßgabe eingeräumt wurde. Das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall wurde gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Das Landgericht Landshut verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 6. April 2017 (Az. 2 Ns 104 Js 143/16), rechtskräftig seit 14. April 2017, wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 40 €. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte hob das Polizeipräsidium Niederbayern mit Bescheid vom 18. Mai 2017 auf. Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben vom 24. Juli 2017 fortgesetzt. Das Polizeipräsidium München erhob am 21. Juni 2018 Disziplinarklage und wirft dem Beklagten folgende Sachverhalte vor:

„1.

Mit Urteil des Landgerichts Landshut vom 06.04.2017, Az. 11 Ds 104 Js 143/16, rechtskräftig seit 14.04.2017, wurde der Beklagte wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu jeweils 40 € verurteilt.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Beklagte wurde am 16.08.2015 als zuständiger Dienstgruppenleiter der Polizeiinspektion 1 … in den dortigen Räumlichkeiten in … in … gegen 13:30 Uhr von der Kollegin POMin A … zur Unterstützung gerufen, nachdem sich 3 jugendliche Afghanen beharrlich geweigert hatten, eine durchzuführende Identitätsfeststellung zuzulassen. Der Beklagte forderte zunächst die Jugendlichen mehrfach in deutscher und englischer Sprache auf, ihre Fingerabdrücke abzugeben, was diese weiterhin verweigerten.

Wegen eines technischen Defekts des Fast ID Geräts sollten die Jugendlichen sodann zur Abnahme der Fingerabdrücke in die Räume der Kriminalpolizeiinspektion 1 … verbracht werden. Der Beklagte zog den zwischenzeitlich an den Händen mit Handschellen und an den Füßen mit Klettfesseln fixierten Z … aus einer sitzenden Position mit einem Griff am Kopf nach oben. Dann ließ er ihn los. Aufgrund der Fesselung konnte sich Z … nicht abfangen und fiel nach vorne in Bauchlage. Der Beklagte ergriff sodann die Handschellen bzw. die Handgelenke des Herrn Z … und zog dessen Arme bis zum Anschlag der Schultergelenke nach hinten oben, so dass sich dessen Oberkörper zeitweise in der Luft befand. Die Schreie des Herrn Z … ließen ihn erkennen, dass dieser dabei sehr starke Schmerzen empfand. Zwei weitere Beamte kamen umgehend hinzu, fassten Herrn Z … jeweils unter den Achseln und befreiten ihn so aus der schmerzhaften Lage.

2. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Tatvorwurf der versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Sachverhalt ist jedoch disziplinarrechtlich zu würdigen. Dieser Einstellung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte forderte die 3 afghanischen Jugendlichen mehrfach in deutscher und englischer Sprache auf, ihre Fingerabdrücke abzugeben, was diese jedoch verweigerten. Auf die Äußerung des 17-jährigen Z …: „l won't give my fingerprints!“, packte der Beklagte den Jugendlichen rechts und links am Halsausschnitt, zog ihn vom Stuhl hoch, schüttelte ihn und äußerte: „You give your fingerprints!“. Auf das „No“ des Herrn Z … hin ließ der Beklagte diesen los, zog mit der linken Hand aus seinem Einsatzgürtel ein gewohnheitsmäßig von ihm getragenes Messer mit einer feststehenden Klinge von 10 bis 12 cm Länge und hielt dieses, die Klinge senkrecht nach unten gerichtet, etwa in Kopfhöhe des vor ihm sitzenden Jugendlichen. Über das Messer hinweg fixierte der Beklagte den Jugendlichen, der ihn direkt ansah. Dabei äußerte er: „Give me your fingerprints or I'll take it“, um den Jugendlichen zur Abgabe seiner Fingerabdrücke zu veranlassen. Unbeeindruckt entgegnete dieser erneut „No“, woraufhin der Beklagte das Messer wegsteckte.

3. Üblicherweise wird nach einem Widerstand von jedem beteiligten Beamten/-in eine Stellungnahme gefertigt. Im vorliegenden Fall vom 16.08.2015 schrieb der Beklagte diese Stellungnahme. Sein Kollege, PK B …, sollte die Stellungnahme des Beklagten an die beteiligten Kollegen weiterleiten, damit diese ebenfalls ihre Stellungnahmen schreiben konnten. Der Beklagte jedoch teilte seinen Kollegen A … und C … mit, dass diese keine Stellungnahmen schreiben müssten. Er wollte dadurch zu verhindern versuchen, dass seine Kollegen, die unmittelbar Tatzeugen seines o.g. Verhaltens waren, eine ausführliche Stellungnahme abgaben.“

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Sachverhalt zu Ziffer 1. aus den tatsächlichen Feststellungen des Strafverfahrens ergebe. Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils seien im Disziplinarverfahren bindend. Eine Lösungsmöglichkeit bestehe ausschließlich für das gerichtliche Verfahren und bedürfe offenkundig unrichtiger Tatsachenfeststellungen, die dem Gericht als verständigem Betrachter ohne nähere Prüfung und ohne weiteres in Auge fallen müssten. Die bloße Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs stütze einen gerichtlichen Lösungsbeschluss nicht. Eine relevante offensichtliche Unrichtigkeit sei weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Weder seien die Feststellungen offenbar unrichtig noch stünden sie im Widerspruch zu den Zeugenaussagen. Gegen eine offenbare Unrichtigkeit spreche auch der Umstand, dass der Beklagte selbst mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 vortragen lasse, er wollte Herrn Z … mit dem Griff an den Kopf veranlassen aufzustehen. Ein Griff an den Kopf werde somit eingeräumt, auch wenn er diesen verharmlose. Weiterhin habe PM D … bei seiner Zeugenvernehmung beim Bayerischen Landeskriminalamt erklärt, dass der Beklagte hinter den gefesselten, auf dem Boden sitzenden Z … getreten sei, mit seinen Händen dessen Kieferbogen umfasst und ihn am Kopf hochgezogen habe, so dass dieser fast auf die Füße gekommen sei. Es habe also fast schon dessen gesamtes Körpergewicht auf seiner Halswirbelsäule gelastet. Z … habe wahnsinnige Schmerzensschreie von sich gegeben. Ebenso habe der Beklagte Z … nicht kontrolliert zu Boden gebracht. Er habe ihn losgelassen und Z … habe sich aufgrund seiner Fesselung nicht abfangen können und sei nach vorne gefallen. Kaum dass Z … zu liegen gekommen sei, habe der Beklagte mit seiner rechten Hand die Kette der Handschellen gegriffen und daran gezogen. Die Arme von Z … seien nach hinten gegangen bis zum Anschlag des Schultergelenks und Z … habe wahnsinnig vor Schmerzen geschrien. Diese Aussage hätten im Wesentlichen auch der Zeuge POM E … und der Zeuge POM F … bestätigt. Diese Einlassungen bestätigten den Geschehensablauf, wie im Urteil des Landgerichts Landshut festgestellt.

Der Sachverhalt unter Ziffer 2. sei vom Landgericht Landshut nach § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt und im Hinblick auf die bereits ausgesprochene Strafe nicht weiter verfolgt worden. Er sei jedoch im Rahmen des Disziplinarverfahrens zu würdigen. Der Sachverhalt sei erst in der Berufungsverhandlung eingestellt worden, da er im Vergleich zu dem Sachverhalt aus Ziffer 1. strafrechtlich nicht sonderlich ins Gewicht fiel. Es seien jedoch im Rahmen des Strafverfahrens umfangreiche Ermittlungen geführt worden, deren Ergebnisse im Rahmen des Disziplinarverfahrens verwertet werden könnten. Danach stehe der Sachverhalt fest.

Es sei sowohl durch die Aussage von POM C … als auch von POMin A … bewiesen, dass der Beklagte das Messer gezogen und es dem Jugendlichen „gezeigt“ bzw. vorgehalten habe. Im Schlussbericht des Bayerischen LKA vom 17. Dezember 2015 seien auf Seite 2 Zeugenaussagen hinsichtlich der Nötigung mit dem Messer zusammengefasst dargestellt. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um ein Springmesser oder um ein stehendes Messer handelte. Fest stehe, dass der Beklagte ein Messer am Gürtel getragen habe, dieses herauszog und dies sowohl von POMin A … als auch von POM C … wahrgenommen wurde. Wie er das Messer im Einzelnen genau gehalten habe, spiele keine Rolle. Es stehe fest, dass der Beklagte das Messer zog, um die Jugendlichen zu beeindrucken bzw. zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke zu bewegen. Sein Vorbringen, dass er lediglich den ordnungsgemäßen Sitz des Messers überprüfen wollte, stelle eine Schutzbehauptung dar. Das Amtsgericht Landshut habe den Vorwurf als erwiesen angesehen. Er stehe insbesondere aufgrund der Angaben der o.g. Zeugen zweifelsfrei fest. Dass sich die Jugendlichen dadurch nicht beeindrucken ließen, sei nicht entscheidend, sondern führe nur zu einer versuchten statt einer vollendeten Nötigung.

Der Sachverhalt unter Ziffer 3. ergebe sich ebenfalls aus den Ermittlungsakten. Die Unterabteilung E3 des PP Niederbayern habe mitgeteilt, dass es zwar keine präsidiale Regelungslage zum herkömmlichen Prozess der Bearbeitung von Strafanzeigen gebe. Im allgemeinen Verfahrensgang jedoch würden die vom Widerstand betroffenen Beamten Stellungnahmen bzw. Berichte zur Widerstandshandlung, welche in den Prozess der Anzeigenbearbeitung einfließen und im strafrechtlichen Verfahren als Zeugenvernehmung zu werten seien, fertigen. Die schriftliche Abfassung würde zeitnah zum deliktischen Auftreten, im Regelfall unmittelbar nach dem Vorfall bzw. rechtzeitig vor Dienstende erfolgen, um eine zeitnahe, qualifizierte Übergabe an die ermittlungsführende Person zu gewährleisten. Gängige Praxis sei demnach, dass alle vom Widerstand betroffenen Polizeibeamten eigenständig eine Stellungnahme fertigen. POMin A … und POM C … seien unmittelbare Tatzeugen gewesen. Dem Schlussbericht des Bayerischen LKA sei eindeutig zu entnehmen, dass der Beklagte durch sein Nachtatverhalten verhindern wollte, dass die Kollegen A … und C … selbst einen Bericht erstellen, der zu seinem Nachteil hätte ausfallen können. Das Vorbringen, er habe die Kollegen entlasten wollten, sei als nachträgliche Schutzbehauptung zu werten.

Der Beklagte habe ein schwerwiegendes einheitliches Dienstvergehen begangen. Die Körperverletzung im Amt wiege am schwersten. Dadurch habe er gegen seine Pflicht verstoßen, die geltenden Gesetze einzuhalten und sei der Achtung und dem Vertrauen nicht gerecht geworden, die sein Beruf als Polizeivollzugsbeamter erfordern. Von einem Beamten werde nicht erwartet, dass er sich als Mustermensch geriere. Es werde aber erwartet, dass er nach seinem Verhalten so integer erscheine, dass von ihm eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben erwartet werden könne. Bei einem Polizeibeamten, insbesondere in Führungsfunktion, dem der Schutz der Rechtsordnung obliege und der auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, leide die Wertschätzung und das Ansehen beträchtlich, wenn er in Ausübung seines Amtes ein vorsätzliches Körperverletzungsdelikt begeht. Ein Polizeibeamter habe zu jeder Zeit die Aufgabe, Gefahren abzuwehren, die Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen bedrohen. Begehe ein mit solchen Aufgaben und Befugnissen betrauter Beamter in Ausübung seines Dienstes eine Körperverletzung, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliege, so handele er in grober Weise seinem gesetzlichen Auftrag zuwider. Er missbrauche die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse und erschüttere nicht nur das vom Dienstherrn in ihn gesetzte Vertrauen, sondern beeinträchtige auch in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei. Nur bei Vorliegen mildernder Umstände erscheine eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinarmaßnahme noch ausreichend. In schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in Gewahrsam befindende Personen, sei im Regelfall die Dienstentfernung erforderlich. Dies werde von der Rechtsprechung insbesondere dann angenommen, wenn der Übergriff nicht durch eine über das Alltägliche hinausreichende Provokation bedingt war. Neben einer vorangegangenen Provokation seien insbesondere Art, Intensität und Häufigkeit des Übergriffs, dessen Folgen und je nach Sachlage auch das Nachtatverhalten bedeutend. Der Gesetzgeber habe die Bedeutung des Schutzgutes der körperlichen Unversehrtheit vor staatlichen Übergriffen in der besonderen Strafbestimmung des § 340 StGB nochmals verdeutlicht. Auch in plötzlich ausgelösten Spannungssituationen sowie bei Provokationen müssten Polizeibeamte einen kühlen Kopf bewahren und Überreaktionen vermeiden.

Indem der Beklagte den Z … mit dem gezogenen Messer zur Abgabe seiner Fingerabdrücke bewegen wollte, habe er gegen § 34 Satz 3 BeamtStG und Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. § 240 StGB verstoßen. Der Beklagte habe seine Forderung mit den Worten: „Give me your fingerprints or l'll take it“ unterstrichen. Der Beklagte habe die internen Vorgaben zur Abarbeitung von Widerständen missachtet, da er die genaue Aufklärung des Sachverhalts verhindern wollte. Er habe seinen Kollegen A … und C … mitgeteilt, dass sie keine Stellungnahmen fertigen müssten. Er selbst wollte diese Stellungnahme alleine abgeben, um die tatsächlichen Vorkommnisse zu verschleiern.

Die Disziplinarmaßnahme sei insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Maßgebendes Kriterium sei die Schwere des Dienstvergehens. Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordere eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich und seine konkret ausgeübte Funktion. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasse dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung.

Es sei von einem schwer wiegenden Verstoß im Kernbereich der Dienstpflichten auszugehen. Als Polizeibeamter habe der Beklagte die Aufgabe, die Rechtsordnung und damit auch die körperliche Unversehrtheit Dritter zu schützen und zu verteidigen. Dieser Aufgabe habe er in grober Weise zuwider gehandelt. Zudem habe er mit der körperlichen Unversehrtheit ein Rechtsgut von hohem Rang verletzt. Es lägen jedoch mildernde Umstände vor, die die Schwere des Dienstvergehens herabsetzen und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht als endgültig zerstört erscheinen lassen.

Bei mehreren Dienstpflichtverletzungen bestimme sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Das sei vorliegend die Körperverletzung im Amt. Eine Körperverletzung als innerdienstliches Dienstvergehen könne von unterschiedlichem Gewicht sein. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe gegen einen Polizeivollzugsbeamten, der einen Geschädigten in einer Zelle des Polizeidienstgebäudes schwerwiegend verletzt hatte, auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt und ausgeführt, dass ein Beamter durch ein solches Verhalten sich über die ihm obliegende Pflicht zu gesetzestreuer Dienstausübung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst hinwegsetze. Dabei komme dem Umstand, dass er die Straftaten als Polizeivollzugsbeamter im Dienst verübt habe, disziplinarrechtlich besondere Bedeutung zu. Es gehöre zu den Obliegenheiten eines Polizeivollzugsbeamten, die allgemein oder im Einzelfall bestehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begehe, verstoße in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag und verletze den Kernbereich seiner Dienstpflichten. In schwerwiegenden Fällen sei im Regelfall die Dienstentfernung erforderlich.

Nicht der Beklagte sondern PM C … sei von Z … gebissen worden. Dies rechtfertige nicht sein grobes Vorgehen gegen Z … bzw. schmälere auch nicht sein Verschulden. Die Provokationen gingen von einem Jugendlichen aus. Der um einiges lebenserfahrenere Beklagte hätte sich nicht provozieren lassen dürfen, so dass die verbalen Provokationen nicht geeignet seien, das Dienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen zu lassen oder gar einen Milderungsgrund darstellen könnten.

Zu Gunsten des Beklagten sei zu werten, dass er bisher strafrechtlich nicht vorbelastet war. Das aktuelle Persönlichkeitsbild sei ebenfalls zu seinen Gunsten zu werten. Neutral seien seine dienstlichen Beurteilungen zu werten. Zu seinen Lasten spreche, dass er im Kernbereich seiner innerdienstlichen Pflichten versagt habe. Die Schwere der Pflichtverletzung werde durch den Strafrahmen indiziert. Schließlich erlange der Pflichtenverstoß dadurch zusätzliches Gewicht, dass er Gewalt gegen einen erkennbar Wehrlosen ausgeübt habe, von dem keinerlei Gefahr ausging. Außerdem falle negativ ins Gewicht, dass er als lebens- und berufserfahrener Beamter mit schwierigen Situationen vertraut sein musste und als Dienstgruppenleiter zudem Vorbildfunktion hatte. Ferner spreche das Nachtatverhalten gegen ihn. Mit Schreiben des PP Niederbayern vom 20. September 2013, zugestellt am 9. Oktober 2013, sei gegen ihn bereits eine Missbilligung ausgesprochen worden, die noch verwertbar sei. Bereits mit Verfügung vom 14. September 2015 sei vor Eintritt des Verwertungsverbotes ein weiteres Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Eine Geldbuße reiche zur Ahndung nicht mehr aus. Im Übrigen sei das Maßnahmeverbot des Art. 15 BayDG nicht anwendbar. Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen von Sachverhaltsidentität. Der Beklagte sei hinsichtlich des unter Ziffer 1. geschilderten Sachverhalts zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Ihm lägen jedoch noch weitere Verfehlungen zur Last, so dass hier ein disziplinärer Überhang bestehe.

Das Fehlverhalten habe ein erheblich negatives Presseecho hervorgerufen. Letztlich werde dem Ansehen des gesamten Berufsbeamtentums geschadet. Es seien folgende Schlagzeilen zu lesen gewesen: „Schmerzensschreie auf der Wache: … Hauptkommissar wegen Körperverletzung vor Gericht“ (Wochenblatt vom 22.09.2016), „Polizist soll Flüchtling mit Messer bedroht haben“ (Abendzeitung vom 22.09.2016). Diese Presseberichte führten zumindest zu einer Gefährdung des unabdingbaren Vertrauens in die Arbeit der Bayerischen Polizei.

Es erscheine eine eindringliche Pflichtenmahnung erforderlich. Eine Zurückstufung sei die erforderliche, angesichts der mildernden Umstände aber auch angemessene und ausreichende Sanktion. Insbesondere sei das Vertrauensverhältnis zu Dienstherr und Öffentlichkeit noch nicht restlos zerstört.

Der Kläger beantragt,

Der Beklagte wird zurückgestuft.

Der Beklagte beantragt,

Die Disziplinarklage des Polizeipräsidiums München vom 12.06.2018 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Feststellungen des Landgerichts Landshut begegneten durchgreifenden Bedenken. Offenkundig sei, dass die im Ermittlungsverfahren und im strafgerichtlichen Verfahren vernommenen Zeugen dazu, dass der Beklagte den gefesselten Z … aus einer sitzenden Position mit einem Griff am Kopf nach oben gezogen haben solle, völlig unterschiedliche Darstellungen gegeben hätten. Der während des gesamten Vorgangs im Raum anwesende POM C … habe davon, dass der Beklagte Z … am Kopf hochgezogen haben solle, nichts bemerkt und hierzu keine Aussage gemacht. Auch die ebenfalls während der ganzen Zeit im Raum anwesende POMin A … habe den Umstand, dass der Beklagte Z … am Kopf hochgezogen haben solle, nicht bestätigt.

POM E … habe ausgesagt, der Beklagte habe den Gefesselten leicht am Kopf gezogen. Das sei jedoch kein Hochheben gewesen. Vielmehr sei es ein Signal gewesen, dass der Gefesselte aufstehen solle. Insofern sei nicht ersichtlich, worauf das Gericht sich in der Aussage, der Beklagte habe den gefesselten Z … aus einer sitzenden Position mit einem Griff am Kopf nach oben gezogen, beziehe. Die Widersprüche zwischen den Zeugenaussagen und den Feststellungen des Gerichts seien offenkundig. Keiner der Zeugen habe die vom Gericht seinem Urteil zugrunde gelegte Version bestätigt. Das Gericht gehe also von einem Sachverhalt aus, der sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt habe. Insofern sei das Urteil offensichtlich fehlerhaft.

Weiter werde davon ausgegangen, dass der Beklagte Z … los gelassen habe, nachdem er durch das Ziehen am Kopf nicht in eine stehende Position habe verbracht werden können. Er sei daraufhin nach vorn in Bauchlage gefallen. Dies sei schon aus tatsächlichen Gründen nicht nachvollziehbar. Hätte der Beklagte den am Boden sitzenden Z … am Kopf nach oben gezogen und dann losgelassen, wäre dieser wieder in eine sitzende Position zurückgefallen. Allenfalls wäre er auf den Rücken gefallen. Ein Fallen in die Bauchlage sei nur vorstellbar, wenn Z … zuvor auf dem Boden gekniet hätte, was aber von keinem Zeugen so dargestellt worden sei. Die Feststellung des Gerichts widerspreche daher den Denkgesetzen. Es sei zwar möglich, dass sich Z …, nachdem er sich zunächst in sitzender Position befand, selbst in die Bauchlage gebracht habe. Dies habe aber mit einer Einwirkung durch den Beklagten nichts zu tun.

Weiter gehe das Gericht davon aus, der Beklagte habe anschließend Z … an den Handgelenken bzw. an den Handschellen gefasst und hochgezogen, sodass sich sein Oberkörper bereits in der Luft befunden habe. Durch dessen Schreie habe er erkannt, dass er dabei sehr starke Schmerzen empfunden habe. Zwei hinzukommende Beamte hätten Z … jeweils unter den Achseln gefasst und ihn so aus der schmerzhaften Lage befreit. Tatsächlich habe jedoch der Zeuge C …, obwohl er im Raum anwesend war, nicht bestätigt, dass Z … Schmerzenslaute von sich gegeben habe. Er habe ausgesagt, dass er bei dem im Raum herrschenden Geräuschpegel keine Schmerzensrufe gehört habe. Der Zeuge sei dabei davon ausgegangen, dass der Beklagte seinen Ruf „Hey T., jetzt hör auf“ gehört und daher zunächst losgelassen habe. Auch die angeblichen Schmerzenslaute des Z … seien von anwesenden Zeugen nicht eindeutig bestätigt worden.

Insgesamt würden die Sachverhaltsfeststellungen zum Teil von den Zeugenaussagen nicht bestätigt, zum Teil widersprächen sie den Denkgesetzen. Sie seien zumindest teilweise offensichtlich fehlerhaft, sodass sich das Gericht hiervon zu lösen habe. Bezüglich der Körperverletzung im Amt könne daher nur festgestellt werden, dass der Beklagte sich bemüht habe, den mit Handschellen gefesselten Z … in eine stehende Position zu verbringen, um mit ihm in die Räume des KDD im 1. OG gehen zu können. Als erfahrenem Beamten sei ihm klar gewesen, dass man Z … gefesselt nicht die Treppe hinauftragen konnte. Dabei sei zu Ungunsten des Beklagten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens unberücksichtigt geblieben, dass er nicht mitbekommen hatte, dass Z … auch Fußfesseln angelegt worden waren. Hierbei habe es sich um schwarze Klettfesseln gehandelt, die nicht sofort sichtbar waren. Insgesamt habe der Beklagte in einer Situation, die auch das Landgericht Landshut als unübersichtlich geschildert habe und in der die Anwendung von unmittelbarem Zwang aufgrund des Verhaltens gerechtfertigt war versucht, den aggressivsten Beschuldigten in eine stehende Position zu bringen, um ihn zum KDD verbringen zu können.

Damit habe der Beklagte seinen dienstlichen Auftrag wahrgenommen. Er habe sich bemüht, Z … keine Schmerzen zuzufügen. Er habe Griffe angewandt, die bei der Polizei üblicherweise verwendet werden, um Personen aus einer sitzenden in eine stehende Position zu bringen. Dass dies zunächst nicht gelungen sei, lag darin begründet, dass Z … auch Fußfesseln angelegt worden waren, was dem Beklagten jedoch nicht bekannt war. Zu seinen Gunsten sei daher davon auszugehen, dass er lediglich bemüht war, die erforderliche erkennungsdienstliche Behandlung zu ermöglichen. Wenn hierhin überhaupt eine Körperverletzung liegen sollte, könnte diese allenfalls darin bestehen, dass der Beklagte etwas zu hart vorgegangen sei. Er habe jedoch kaum eine andere Möglichkeit gehabt, den unbekannten Verdächtigen zur erkennungsdienstlichen Behandlung zum KDD zu bringen. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs sei erforderlich gewesen, um den Widerstand zu brechen und die Maßnahme durchzusetzen. Ein Tragen des äußerst aggressiven Beschuldigten sei ein untaugliches Mittel gewesen, da sich die Beamten dadurch neuerlichen Bissen des Z … ausgesetzt hätten. Der Beklagte sei von Z … in die Hand gebissen worden, mit der er die Schulter des Z … gegriffen hatte, als ihn die Beamten in Richtung Treppe trugen. Insofern habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass von einem Augenblicksversagen auszugehen ist, soweit überhaupt eine Körperverletzung bejaht werden könne.

Zu dem Vorwurf der versuchten Nötigung gebe es keine verbindlichen Feststellungen. Hierzu sei zu vermerken, dass auch hier die Zeugenaussagen zu dem angeblichen „Tathergang“ weit auseinandergehen. Es gehe um die Frage, ob der Beklagte das Messer, das er stets am Gürtel trug, sichtbar herauszog und damit drohte. Der Beklagte musste aufgrund der telefonischen Mitteilung der Beamtin A … davon ausgehen, dass es zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen könnte. Nur weil die zuständigen Beamten mit den Afghanen nicht zurechtgekommen seien, hätten sie ihn als Dienstgruppenleiter hinzugebeten. Bei Betreten des Raums habe der Beklagte daher durch kurzes Herausziehen und wieder Zurückstoßen des Messers in die dafür vorgesehene Scheide sichergestellt, dass es gesichert war, sodass nichts passieren konnte. Dabei seien die jungen Männer mit dem Rücken zur Tür gesessen, sodass sie dies nicht sehen konnten. Diese Aussage werde im Wesentlichen von POM C … bestätigt. Die Schilderung, auf die sich der Kläger berufe, sei von der weiteren im Raum anwesenden POMin A … gegeben worden. Diese habe allerdings davon gesprochen, dass der Beklagte ein Springmesser bei sich gehabt habe, was nicht zutrifft. POMin A … habe vor Gericht als Ergänzung zu ihrer Aussage demonstrativ das imaginäre Öffnen eines Einhandmessers mit der rechten Hand vorgeführt, so als hätte es der Beklagte so gemacht. Dabei habe sie erklärt: „Er hat das Einhandmesser mit der rechten Hand geöffnet und vorgehalten.“ Tatsächlich sei es ein feststehendes Messer gewesen, das hinter der linken Hüfte am Einsatzgürtel getragen wurde und mit der linken Hand kurzzeitig senkrecht nach oben gezogen und sofort wieder senkrecht nach unten in die Scheide gesteckt wurde. Auch sei die Farbe des Messers von A … falsch wiedergegeben worden. Diese Unrichtigkeiten und Unsicherheiten seien auch deshalb besonders zu berücksichtigen, weil die Zeugenaussage von A … vor Gericht deutlich gemacht habe, dass sie sich an viele Einzelheiten des Vorgangs nicht mehr erinnern konnte. Teilweise habe sie die Vorgänge erst nach mehrfachem Vorhalt und wiederholtem Vorlesen ihrer Zeugenvernehmung wieder bestätigen können. Zudem sei wesentlich zu berücksichtigen, was der Beklagte sich beim Ziehen des Messers gedacht habe. Er habe dieses lediglich kurz herausgezogen und sich anschließend davon überzeugt, dass es ordnungsgemäß arretiert war. Der Beklagte habe nicht die geringste Absicht gehabt, die unbekannten Verdächtigen durch Ziehen des Messers zu beeindrucken. Zudem seien sich die Zeugen einig gewesen, dass die drei in keinster Weise durch das Ziehen des Messers beeindruckt waren. Dies spreche dafür, dass sie das Messer überhaupt nicht gesehen hätten.

Der Kläger berufe sich darauf, dass die beiden anwesenden Polizeibeamten das Messer gesehen hätten. Insofern sei es unbeachtlich, was sich der Beklagte im Einzelnen gedacht habe. Da sich die Beamten dem Beklagten gegenüber im Raum befanden mit Blickrichtung zum ihm, hätten sie das Ziehen des Messers sehen können. Die drei Verdächtigen seien aber mit dem Rücken zum Beklagten gesessen und dieser sei auch noch schräg im Zimmer gestanden, wodurch sein Körper das Messer auch noch verdeckt habe. Es spiele auch keine Rolle, wie er das Messer im Einzelnen gehalten und um was für eine Art von Messer es sich gehandelt habe. Er sei nicht vor den Verdächtigen gestanden, als er das Messer herauszog und unmittelbar darauf zurücksteckte. Gerade in dieser wesentlichen Einzelheit widersprächen sich jedoch die beiden Zeugenaussagen. Es könne nicht aus jeder Zeugenaussage herausgepickt werden, was für den Beklagten am belastensten ist. Vielmehr sei zu ermitteln, was sich tatsächlich ereignet habe. Hier spreche der Umstand, dass der Zeuge C … ebenso wie der Beklagte selbst aussage, das Messer sei vom Beklagten noch an der Tür kurz herausgezogen und dann wieder arretiert worden, dafür, dass in diesem Punkt die Aussage des Beklagten zutrifft. Der Zeuge C … bestätige der Aussage des Beklagten im Wesentlichen. Dies spreche für die Richtigkeit der Aussage des Beklagten.

Das PP Niederbayern selbst habe in einem Schreiben darauf hingewiesen, dass es keine vorgeschriebene Handlungsweise nach entsprechenden Vorfällen gebe. Der Beklagte habe darauf hingewiesen, dass die Beamtin A … nur vertretungsweise die Dienstaufgaben eines anderen Mitgliedes seiner Schicht übernommen habe, sodass er sie nicht mit zusätzlichen schriftlichen Arbeiten habe belasten wollen. Der Polizeibeamte C … habe kurz vor seiner Versetzung gestanden und daher gebeten, möglichst von zusätzlichen Dienstaufgaben entbunden zu werden. Im Hinblick auf diese besondere Situation habe er den Beiden zunächst erklärt, sie müssten keine schriftlichen Stellungnahmen abgeben. Er werde sich hierum kümmern. Diese Aussage sei nachvollziehbar und auch nicht widerlegbar. Hierbei gehe es um innere Vorgänge, die zu einem späteren Zeitpunkt vom Beklagten selbst erklärt worden seien. Dem Beklagten würden unlautere Absichten unterstellt, ohne dass sich diese in irgendeiner Form belegen ließen.

Es liege kein Dienstvergehen vor. Der Beklagte sei in einer schwierigen Situation von zwei Beamten zu Hilfe gerufen worden, die selbst im Vorfeld gegen Eigensicherungsgrundsätze verstoßen hätten, indem sie drei festgenommene Personen gleichzeitig in einem normalen Dienst-Pkw zur Dienststelle transportierten und diese nicht trennten, sondern gemeinsam in einem Raum unterbrachten und dadurch erst den Grundstein für deren späteres aggressives Agieren legten. Die beiden Beamten seien mit den Festgenommenen nicht zu Recht gekommen. Der Beklagte sei als Dienstgruppenleiter telefonisch zu Hilfe gerufen worden. Er habe sich in dieser schwierigen Situation korrekt verhalten. Es sei erforderlich gewesen, mit großer Entschlossenheit vorzugehen, um den Widerstand zu überwinden. Dass die Strafgerichte zu einer anderen Auffassung gelangt seien, liege daran, dass die - sehr widersprüchlichen - Zeugenaussagen nicht wirklich ernst genommen worden seien. Es sei ein einheitlicher Sachverhalt konstruiert worden, der aber in dieser Form nicht überzeugend sei und teilweise auch den Denkgesetzen widerspreche.

Für den Fall, dass das Gericht von einer Dienstpflichtverletzung ausgehen sollte, sei zu berücksichtigen, dass in dem Urteil des Landgerichts Landshut von einem minderschweren Fall der Körperverletzung im Amt ausgegangen werde. Zudem werde darauf verwiesen, dass es sich um ein Augenblicksversagen gehandelt habe. Für einen minderschweren Fall sei in verschiedenen Urteilen ausgeführt worden, dass eine deutlich geringere Maßnahme als die Höchstmaßnahme in Betracht komme. Nach der Rechtsprechung komme die Höchstmaßnahme insbesondere dann nicht in Betracht kommt, wenn die Körperverletzung durch eine Provokation hervorgerufen worden sei. Es sei trotz einer Verurteilung wegen Körperverletzung im Amt, teilweise sogar schwerer Körperverletzung, von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen worden. Auch im vorliegenden Fall sei eine Provokation des Verletzten vorausgegangen. Dieser habe sich geweigert, seine Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Er habe um sich getreten und einen Beamten gebissen. Durch sein Verhalten sei ein gewisser Krafteinsatz notwendig gewesen, da sonst die dienstlich gebotene erkennungsdienstlichen Behandlung nicht hätte durchgeführt werden können. Der Beklagte habe dabei nur seine Hände eingesetzt. Er habe den Betroffenen nicht geschlagen. Er habe lediglich auf unterschiedliche Weise versucht, den Betroffenen in eine aufrechte Position zu bringen. Im Hinblick auf diese Besonderheiten sei davon auszugehen, dass hier die Höchstmaßnahme absolut nicht in Betracht komme.

Zu Gunsten des Beklagen sei die besondere Situation zu berücksichtigen. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass es um ein Augenblicksversagen eines ansonsten untadeligen Beamten in einer völlig unübersichtlichen Situation gegangen sei. Zu seinen Gunsten sei davon auszugehen, dass er tatsächlich nicht mitbekommen und auch nicht gesehen habe, dass dem Z … Fußfesseln angelegt worden seien. Insgesamt sei der Beklagte nicht auf Z … losgegangen, um ihn zu verletzen. Die Vorfälle unter Ziffer 2. und 3. stellten kein Dienstvergehen dar. Die Vorfälle hätten sich in einer unübersichtlichen Situation abgespielt. Zu Gunsten des Beklagten sei zu berücksichtigen, dass er bisher strafrechtlich nicht vorbelastet sei. Auch das Persönlichkeitsbild sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Eine im Jahre 2013 ausgesprochene Missbilligung stelle gerade keine Disziplinarmaßnahme dar. Zudem seien seit Ausspruch dieser Missbilligung bis zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens praktisch zwei Jahre vergangen. Zu Gunsten des Beklagten seien auch seine hervorragenden dienstlichen Leistungen zu berücksichtigen. Er habe in seiner Dienstzeit einmal eine Leistungsstufe erhalten. In drei Fällen sei ihm eine Leistungsprämie zuerkannt worden. Auch sei ihm im Jahr 2013 von seinem damaligen Vorgesetzten ein hervorragendes Persönlichkeitsbild ausgestellt worden. Zu seinen Gunsten des Beklagten spreche auch, dass ihm im Jahre 2014 die Leitung der 5. Dienstgruppe übertragen worden sei, die zum 1. September 2014 bei der PI 1 … aufgestellt wurde.

Im Hinblick auf die dargestellten Besonderheiten und die vorliegenden Milderungsgründe sei davon auszugehen, dass allenfalls eine Geldbuße tat- und schuldangemessen wäre. Eine solche Maßnahme könne jedoch im Hinblick auf Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 BayDG nicht ausgesprochen werden. Es bestehe Sachverhaltsidentität zwischen dem Strafverfahren und dem Disziplinarverfahren. Gründe, die eine Zurückstufung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Da es sich - auch nach Ansicht des Strafgerichts - um einen minderschweren Fall gehandelt habe, sei keine schwerwiegende Maßnahme wie eine Zurückstufung angezeigt. Auch eine besondere Pflichtenmahnung sei nicht notwendig, sodass eine weitere Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht komme.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. Die Strafakten der Staatsanwaltschaft Landshut wurden beigezogen (Az. 104 Js 143/16).

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage führt zu einer Kürzung der monatlichen Dienstbezüge in Höhe von 1/10 auf die Dauer von 18 Monaten, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Gegen die Ordnungsgemäßheit der Klageschrift bestehen keine Bedenken. Sie entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG und gibt in ausreichender Weise den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens sowie die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel in geordneter Darstellung wieder. Mängel der Klageschrift wurden nicht - innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG - geltend gemacht.

I.

Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung die Sachverhalte unter I.1. und I.2. des Klageschriftsatzes zugrunde. Dass der Beklagte die Anfertigung von Stellungnahmen beteiligter Kollegen verhindern wollte, um die „tatsächlichen Vorkommnisse zu verschleiern“ (I.3. und V.1.c. des Klageschriftsatzes), steht für das Gericht jedoch nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest.

1. Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung zunächst die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Landgerichts … vom 6. April 2017, Az. 11 Ds 104 Js 143/16, rechtskräftig seit 14.04.2017 zugrunde. Dieses verurteilte den Beklagten wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu jeweils 40 €. Die strafgerichtlichen Feststellungen dieses Urteils sind gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für ein Disziplinar(-klage) verfahren grundsätzlich bindend. Nur an offenkundig unrichtige Feststellungen ist das Gericht nicht gebunden. Solche wurden durch den Beklagten nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt.

Die durch das Gesetz vorgeschriebene Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Der bayerische Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dies soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Nur an „offenkundig unrichtige Feststellungen“ des Strafgerichts ist das Verwaltungsgericht nicht gebunden. Dieses ist nur in einem solchen Fall berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, da es ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müsste. Dies ist etwa der Fall, wenn die Tatsachenfeststellungen des Strafurteils in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig sind. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn neue Beweismittel vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen die Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen. Die Bindungswirkung entfällt auch bei Strafurteilen, die in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, z.B. einer unzulässigen Urteilsabsprache, zustande gekommen sind (vgl. BVerwG vom 26.8.2010 Az. 2 B 43/10 m.w.N.). Bloße Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen oder die bloße Möglichkeit eines objektiv oder subjektiv anderen Geschehens reichen für eine Lösung nicht aus.

Die Voraussetzungen für eine Lösung von der Bindungswirkung liegen nicht vor. Es reicht hierfür nicht aus, dass der Beklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestreitet. Das Verwaltungsgericht ist erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und über eine Lösung von der Bindungswirkung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit ergeben kann (vgl. BVerwG vom 26.8.2010 a.a.O.). Es ist nicht erkennbar, dass das Strafurteil des Landgerichts Landshut wegen eines Verstoßes gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze offenbar unrichtig ist.

Das Landgericht Landshut stellte in seinem Urteil insoweit u.a. auf die „glaubwürdigen geständigen Angaben des Angeklagten“, also des Beklagten im Disziplinarverfahren selbst, ab. Sein damaliger Verteidiger verlas in der öffentlichen Sitzung am 6. April 2017 eine Erklärung, in der der Sachverhalt aus Ziffer 3 der Anklage mit Maßgabe eingeräumt wurde. Dabei ließ er u.a. folgendes wörtlich erklären:

„Herr … ging davon aus, dass es bei den sich wehrenden Gefangenen nicht möglich wäre, diese die Treppe raufzutragen. Anders befürchtete er eine massive Gefährdung sowohl der Polizeibeamten, aber vor allen Dingen der zu tragenden Jugendlichen. Er wollte deshalb zunächst Herrn Z … von der sitzenden Position am Boden in eine stehende Position bringen, um ihn mit dessen Kooperation in den I. Stock zu führen. Herr … räumt ein, hierzu Herrn Z… durch einen Griff an den Kopf versucht zu haben, von der sitzenden in eine stehende Position zu bringen. Als dies nicht gelang, versuchte er durch einen Griff in die Handschellen diesen in die stehende Position zu bringen.

Hierbei geriet die Angelegenheit aus den Fugen. Einerseits war Herrn … bewusst, dass Herr Z … bereits einen Polizeibeamten gebissen hatte und er befürchtete durch einen Griff an die Schulter oder an den Oberarm selbst gebissen zu werden. Andererseits war er sich allerdings auch bewusst, dass er nur mit einer Kooperation von Herrn Z … diesen von seiner ursprünglichen Position zum Stehen gebracht werden konnte.

Hierbei unterließ es der Angeklagte fahrlässig zu überprüfen, ob Herr Z … überhaupt in der Lage war, aufzustehen bzw. ob er auch an den Füßen gefesselt war. Des Weiteren setzte er den Zug an den Handfesseln zu fest an und versursachte damit Herrn Z …i Schmerzen, was er zumindest in Kauf nahm. Herr … bedauert dies außerordentlich.

Er möchte durch diese Erklärung auch zum Ausdruck bringen, dass er ausdrücklich bedauert, den Fehler des unmittelbaren Zwangs bei der Anwendung gemacht zu haben. Herr … räumt nach Maßgabe dieser Erklärung die Körperverletzung im Amt subjektiv und objektiv ein. Herr … steht zu diesem Fehler. Er möchte durch diese Erklärung zudem erreichen, dass seinem Dienstherrn und den geladenen, ausschließlich polizeilichen Zeugen eine langwierige Hauptverhandlung und eine neuerliche Einvernahme erspart bleiben.“

Der Beklagte räumte also selbst ein, dass er versuchte, den Z … durch einen Griff an den Kopf von der sitzenden in eine stehende Position zu bringen. Ferner gab er an, zu fest an den Handfesseln gezogen zu haben und bei Z … Schmerzen verursacht zu haben. Diese Angaben stimmen mit den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts … überein. Im Übrigen bestätigte der Zeuge E … in der Zeugeneinvernahme am 22. September 2016, dass der Beklagte den Z … leicht am Kopf gezogen habe. Der Zeuge POM F… gab an, dass der Beklagte den Z … am Kopf gezogen habe, damit er aufsteht. Der Zeuge POM D … sprach davon, dass der Beklagte versucht habe, Z … mit einem Impuls am Kopf auf die Füße zu bekommen. Er habe ihn kurzzeitig am Kopf gezogen, damit er aufsteht. Vor dem Hintergrund dieser Zeugenaussagen ist nicht erkennbar, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausging, dass der Beklagte den Z … „mit einem Griff am Kopf nach oben“ zog.

Dass der Beklagte den Z … aus einer Position am Boden durch Hochziehen an den Handschellen in eine stehende Position verbringen wollte und diesem dabei Schmerzen zufügte, bestätigten die Zeugen A …, G …, E …, F … und D … Dabei kommt es entscheidend nicht darauf an, ob der Z … auf dem Boden saß oder lag, sondern dass der Beklagte - wie von ihm selbst zugegeben - dessen Arme nach oben zog und ihm damit Schmerzen zufügte.

Ein - relevanter - Verstoß gegen Denkgesetze liegt nicht darin, dass Z … nach den Behauptungen des Beklagten nicht nach vorne auf den Bauch hätte fallen können. Den Aussagen der Zeugen A …, D … und H … in der Beweisaufnahme beim Amtsgericht … am 22. September 2016 lässt sich im Wesentlichen übereinstimmend entnehmen, dass sich Z … am Boden befand und der Beklagte versuchte, diesen an den hinten angebrachten Handfesseln hochzuziehen. Dabei gab Z … (Schmerzens-) Schreie von sich. Der relevante strafrechtliche Vorwurf ist nicht, dass der Beklagte den Z … in Bauchlage fallen ließ, sondern ihm beim Hochheben an den im Rücken angebrachten Handfesseln Schmerzen zufügte. Dieser Geschehensablauf lässt sich ohne weiteres mit den Zeugenaussagen und dem Schlussbericht des Bayerischen Landeskriminalamts vom 17. Dezember 2015 in Einklang bringen.

An die Beweiswürdigung des Landgerichts Landshut ist das Gericht damit gebunden, selbst wenn eine andere Beweiswürdigung denkbar gewesen wäre. Die bloße Möglichkeit eines objektiv oder subjektiv anderen Geschehens reicht nämlich für eine Lösung von der Bindungswirkung nicht aus.

Es wurden auch keine neuen Beweismittel vorgelegt, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen. Schließlich wurde auch nicht vorgebracht, dass das strafgerichtliche Urteil auf einer unzulässigen Urteilsabsprache beruht. Zwar lag dem Urteil des Landgerichts eine Verständigung zu Grunde. Es ist jedoch weder vorgebracht noch erkennbar, dass das Urteil unter einem offenkundigen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist.

2. Das Gericht geht ferner davon aus, dass der Beklagte sein am Dienstgürtel getragenes Messer zog, um mit einer Drohung die verweigerte Abgabe von Fingerabdrücken zu erreichen. Da das Verfahren insoweit gemäß § 154 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurde, unterfällt dieser Vorwurf nicht der Bindungswirkung des Art. 25 Abs. 1 BayDG. Allerdings ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Sachverhalt aufgrund der umfangreichen Ermittlungen und Zeugenaussagen beim Landeskriminalamt und im Strafverfahren feststeht, vgl. auch Art. 26 Abs. 2 BayDG.

Das Gericht weist zunächst auf die in dem Schlussbericht des Bayerischen Landeskriminalamts zusammengefassten Aussagen der Zeugen C …, A … und deren Aussagen hin. Übereinstimmend gehen diese davon aus, dass der Kläger ein privates Messer zog und die Worte „Give me your finger prints“ sprach. Dabei gaben die Zeugen an, dass die Afghanen dies bemerkt hätten, sich aber nicht weiter beeindrucken ließen. Diesen Vorgang bestätigen die beiden Zeugen auch in der Zeugeneinvernahme am 22. September 2016. Soweit die Zeugin A … angab, ein Klappmesser gesehen zu haben, korrigierte sie ihre Aussage und gab an, dass es sich um ein Messer mit feststehender Klinge handelte.

Das Gericht geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass der Beklagte sein Messer für die Afghanen - zumindest kurzzeitig - sichtbar zog und in Englisch (sinngemäß) die oben dargelegten Worte sprach, um seinem Ansinnen Nachdruck zu verleihen. Dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung angab, die Formulierung “Give us your prints or we fetch it.“ gebraucht zu haben, macht insoweit keinen Unterschied. Seine Behauptung, dass es das Messer nur zur Sicherung in der Messerscheide gezogen und dann wieder zurückgesteckt habe, hält das Gericht für eine Schutzbehauptung. Nach den Aussagen der Zeugin A … steckte er es erst weg, als das „No“ des Z … kam. Ein Ziehen des Messers war zu einer Sicherung auch nicht erforderlich. Wie sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung anhand des mitgebrachten Messers überzeugen konnte, hätte es genügt, sich mit einem Druck auf den Messergriff von dem festen Sitz in der Scheide zu überzeugen.

3. Dagegen steht für das Gericht nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass der Beklagte eine ausführliche Stellungnahme der Kollegen A … und Herrn C … zu verhindern versuchte, um die genauen Aufklärung des gesamten Sachverhalts zu verhindern (I.3. und V.1.c. des Klageschriftsatzes).

Zunächst geht das Gericht davon aus, dass es auch ohne eine entsprechende schriftliche dienstliche Anordnung selbstverständlich ist, dass bei Widerstandshandlungen alle beteiligten Polizeibeamten von sich aus und unabhängig voneinander schriftliche Berichte anfertigen. Insoweit ist der Äußerung des PP Niederbayern vom 21. Juli 2017 (Az. E 3-6441/2017) beizupflichten, wonach die geschilderte Handlungsweise (des Beklagten) durchaus als konträr zur üblichen Verfahrensweise im Standardprozess bewertet werden müsse, zumal hemmende Faktoren nicht erkennbar seien. Die Intention zur Anweisung gegenüber den beteiligten Beamtinnen und Beamten könne auf Basis des kurzen Sachverhaltes nicht bewertet werden. Dies könne nur im Gesamtkontext erfolgen.

Vor diesem Hintergrund war dem Beklagten nicht nachzuweisen, dass hierin ein Vertuschungs- und/oder Versuch der Beeinflussung lag. Seine Angabe, er habe die Beamten A … und C … entlasten wollen, weil sie nur vertretungsweise die Dienstaufgaben eines anderen Mitgliedes seiner Schicht übernommen habe bzw. C … kurz vor seiner Versetzung stand, kann zwar eine Schutzbehauptung sein. Hierfür könnte sprechen, dass der Beklagte bereits nach dem turbulentem Geschehen mit einem Nachspiel rechnen musste. Andererseits musste er nach dem Vorfall mit den Afghanen mit weiteren Zeugen damit rechnen, dass ein solcher Versuch von vorneherein zum Scheitern verurteilt war. Auf der Grundlage der vorliegenden Zeugenaussagen gibt es für beide Sichtweisen Ansatzpunkte, so dass der Beklagte nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ von diesem Vorwurf freizustellen war.

II.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten. Ferner liegt hierin ein Verstoß gegen die Pflicht, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, § 34 Satz 3 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) sowie ein Verstoß gegen die Pflicht zu ordnungsgemäßer Dienstausübung, § 34 Satz 1 BeamtStG. Es handelt sich um ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG.

Durch die oben dargestellten dem Beklagten anzulastenden Vorgänge hat sich der Beklagte der Körperverletzung im Amt gemäß § 340 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar gemacht. Eine Körperverletzung setzt nach dem Wortlaut des § 223 Abs. 1 StGB nicht voraus, dass bei dem Geschädigten (länger andauernde) gesundheitliche Schäden entstehen. Vielmehr reicht die körperliche Misshandlung einer Person, die hier vorlag. Hinsichtlich des Geschehens mit dem Ziehen des Messers geht das Gericht davon aus, dass ein Fall der versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall vorlag, vgl. § 240 Abs. 1, 2, 3, 4 Satz 2 Nr. 3 StGB. Von einer ordnungsgemäßen dienstlichen Handlung und einer gerechtfertigten Zwangsmaßnahme kann nicht die Rede sein.

III.

Die Schwere des Dienstvergehens gebietet weder eine Entfernung noch eine Rückstufung.

Beamte sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn sie durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben. Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ist gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach pflichtgemäßen Ermessen, insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 Az. 2 C 6/14). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvR 52/02). Eine Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 Az. 2 C 12.04). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden.

Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (vgl. z.B. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Dabei bewirken schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zur Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Höhe der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen. Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. z.B. BVerfG vom 8.12.2004 a.a.O.). Da die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung und besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 a.a.O.).

Setzt sich ein Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Dies ist hier die durch den Beklagten verübte Körperverletzung im Amt. Hierbei handelt es sich um einen in Anbetracht der Umstände noch mittelschweren Verstoß gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten.

1. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, griff das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurück. Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist nach der neueren Rechtsprechung jedoch auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von Dienstvergehen. Es wird verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

Der abgeurteilte Tatvorwurf gegen den Beklagten beinhaltet eine Körperverletzung im Amt in einem minder schweren Fall gemäß § 340 Abs. 1 Satz 2 StGB. Die Norm sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

2. Die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (vgl. z. B. BVerwG vom 23.7.2013 Az. 2 C 63.11). Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann bei (außergerichtlichen) Dienstvergehen auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O. m.w.N.).

Diese Grundsätze bezüglich der „zweiten Stufe“ finden jedoch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine Anwendung. Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, komme dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 Az. 2 B 24/16). Vielmehr habe das Verwaltungsgericht in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kann damit selbst die Verhängung einer Geldstrafe - anders als bei außerdienstlichen Dienstvergehen - zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen. Zwar mag eine Verurteilung bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine „präjudizielle“ Bedeutung entfalten. Allerdings kann sie nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts im Rahmen der Beurteilung des Schweregehalts dieses Dienstvergehens durchaus Berücksichtigung finden. Die Verurteilung des Beklagten zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen auf Bewährung ist nicht unerheblich. Sie bewegt sich jedoch noch nicht in einem Bereich, der nahe an das Strafmaß heranreicht, das zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat.

Bei einer Körperverletzung im Amt kann eine Entfernung durchaus in Betracht kommen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält grundsätzlich in schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindenden Personen angesichts der Tatsache, dass aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine staatliche Schutzpflicht abzuleiten ist, die körperliche Integrität jeder Person in staatlichem Gewahrsam zu wahren und zu schützen, im Regelfall die Dienstentfernung für erforderlich (vgl. BayVGH vom 12.7.2017 Az. 16a D 15.368 m.w.N.). Ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere vorsätzliche Körperverletzungen begehe, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, verstoße in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletze den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Ein wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Ausübung seines Dienstes verurteilter Beamter müsse mit seiner Entfernung rechnen (vgl. BayVGH vom 6.6.2018 Az. 16a D 16.1928).

Zwar kann von einer Notwehrsituation nicht die Rede sein. Eine solche lässt sich - trotz der widerspenstigen Verhaltens des Geschädigten und der anderen Afghanen - weder den strafgerichtlichen Urteilen noch den Unterlagen entnehmen. Auch insoweit besteht eine Bindungswirkung (vgl. BayVGH vom 6.6.2018 a.a.O.). Der vorliegende Fall ist jedoch mit den oben entschiedenen Sachverhalten nicht vergleichbar. Zum einen wurde der Beklagte wegen Körperverletzung im Amt in einem minder schweren Fall verurteilt. Zum andern waren die Auswirkungen auf den Geschädigten eher geringfügig. Zwar wurden diesem Schmerzen zugefügt. Dass relevante und bleibende körperliche Schäden entstanden, hat das landgerichtliche Urteil jedoch gerade nicht festgestellt.

3. Erschwerend tritt hierzu das Verhalten hinsichtlich des Ziehens seines Messers. Wie bereits oben ausgeführt, geht das Gericht davon aus, dass die von dem Beklagten vorgebrachten Gründe für dieses Verhalten nach den vorliegenden umfangreichen Ermittlungen des Landeskriminalamts und den Zeugenaussagen Schutzbehauptungen sind.

4. Zugunsten des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass er strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten ist. Dem steht jedoch entgegen, dass es sich um innerdienstliche Verstöße gegen Dienstpflichten mit zum Teil erheblicher Relevanz handelt. Hinzu kommt, dass das Polizeipräsidium Niederbayern mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wegen anderer Vorwürfe gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet hatte. Dieses wurde zwar mit Verfügung vom 20. September 2013 gemäß Art. 33 Abs. 1 Nr. 2 BayDG eingestellt und eine Missbilligung ausgesprochen. Diese Missbilligung unterliegt jedoch keinem Verwertungsverbot. Gemäß Art. 17 Abs. 5 BayDG findet auf die Entfernung und Vernichtung von Disziplinarvorgängen, die zu einer missbilligenden Äußerung geführt haben, Art. 109 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) Anwendung. Gemäß Art. 109 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBG sind Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, auf die die Tilgungsvorschriften des Disziplinarrechts keine Anwendung finden, falls sie für Beamte und Beamtinnen ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, auf Antrag nach zwei Jahren zu entfernen und zu vernichten; dies gilt nicht für dienstliche Beurteilungen. Die Frist beginnt bei neuen Sachverhalten im Sinn dieser Vorschrift oder bei Einleitung eines Straf- oder Disziplinarverfahrens erneut, vgl. Art. 109 Abs. 1 Satz 2 BayBG analog. Da die Missbilligung vom 20. September 2013 datiert und das gegenständliche Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 14. September 2015 eingeleitet wurde, war die Zweijahresfrist noch nicht eingetreten.

Die Beurteilungen sind eher mittelmäßig. Das aktuelle Persönlichkeitsbild vom 20. November 2017 ist dagegen positiv, wenn auch nicht verkannt werden kann, dass der Beklagte über einen gewissen Zeitraum nur eingeschränkt einsetzbar war, weil der Beklagte keinen öffentlichkeitswirksamen Außendienst verrichtet und auch keine Dienstwaffen führte. Eher zu Gunsten des Beklagten wirken sich die Gesamtumstände des Tatgeschehens aus. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte er in einer „aufgeladenen und aufgeheizten Stimmung“ und in einer „Augenblicksituation“, so dass sich auch insoweit die Verhängung der Höchstmaßnahme aber auch einer Rückstufung verbietet (s.u.).

Zu Lasten des Beklagten ist schließlich zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Berichterstattung im Zusammenhang mit dem strafgerichtlichen Verfahren zu einer Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt hat.

IV.

Zur Ahndung des Dienstvergehens ist unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/10 auf 18 Monate zu erkennen. Gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayDG ist die Kürzung der Dienstbezüge die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre.

Der Kläger hat ein mittelschweres Dienstvergehen begangen, das ein solches Gewicht aufweist, dass eine Kürzung der Dienstbezüge veranlasst ist. Die Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße wäre nicht mehr angemessen. Es ist eine deutliche Pflichtenmahnung durch eine Kürzung der Dienstbezüge geboten. Das Gericht geht davon aus, dass sich der Beklagte dies für sein zukünftiges - dienstliches - Verhalten zur Lehre gereichen lässt.

Das Maßnahmeverbot des Art. 15 Abs. 1 BayDG steht der Kürzung der Dienstbezüge nicht entgegen. Gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG darf, wenn gegen einen Beamten oder eine Beamtin im Straf- oder Bußgeldverfahren unter anderem unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden ist, wegen desselben Sachverhalts eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten oder die Beamtin zur Pflichterfüllung anzuhalten oder das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren. Die von Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG geforderte Sachverhaltsidentität liegt hier nicht vor. Der Beklagte wurde vom Landgericht Landshut nicht wegen „desselben Sachverhalts“ zu einer Geldstrafe verurteilt, sondern „nur“ wegen einer Körperverletzung in Amt. Das Verwaltungsgericht legt der disziplinarischen Beurteilung daneben auch noch die Nötigung mit dem Messer zugrunde (s.o.).

Im Übrigen ist die Kürzung der Dienstbezüge zumindest deshalb erforderlich, um das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren. Ob und in welchem Umfang durch ein Dienstvergehen das Ansehen des Berufsbeamtentums beeinträchtigt wird, richtet sich nach objektiven Kriterien (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 15, Rdnr. 47). Es ist darauf abzustellen, wie ein Fehlverhalten aus der Sicht der Öffentlichkeit zu beurteilen ist. Dabei ist auch die dienstliche Stellung als Polizeivollzugsbeamter zu berücksichtigen (vgl. BayVGH vom 28.11.2012 Az. 16a D 11.958). Es ist der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln, dass ein Polizeibeamter im Amt Körperverletzungen und Nötigungen begeht und disziplinarrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen wird.

Der Kürzungsbruchteil ist bei Beamten des einfachen Dienstes regelmäßig auf ein Fünfundzwanzigstel, bei Beamten des mittleren Dienstes auf ein Zwanzigstel und bei Beamten des gehobenen und höheren Dienstes bis Besoldungsgruppe A 16 regelmäßig auf ein Zehntel festzusetzen (vgl. BVerwG vom 21.03.2001 Az. 1 D 29/00). Der Kürzungsbruchteil beträgt bei einem Beamten der 3. Qualifikationsebene also regelmäßig ein Zehnt. Hiervon abzuweichen, erscheint dem Gericht nicht als erforderlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Da das dem Beklagten zur Last gelegte Dienstvergehen nur zu einem - allerdings weit überwiegenden - Teil die Grundlage des Urteils bildet, waren die Kosten entsprechend zu verteilen.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


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(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

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(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vor

Strafgesetzbuch - StGB | § 340 Körperverletzung im Amt


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Gründe 1 Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass einer der von ihm geltend gemachten Verfahrensmänge

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass einer der von ihm geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG vorliegt.

2

In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten bestätigt, weil dieser während seiner Dienstzeit als ... des Bundesamtes für Güterverkehr vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen habe, Geschenke in Bezug auf das Amt anzunehmen. Der Beklagte sei wegen Bestechlichkeit rechtskräftig zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt worden. Das Landgericht habe es vor allem aufgrund des Geständnisses des Beklagten als erwiesen angesehen, dass er im August 2001 von einem Speditionsunternehmen ein Fahrzeug der Marke Mercedes Benz mit einem Wert von ca. 32 500 € geschenkt bekommen habe. Es habe festgestellt, der Beklagte sei sich darüber im Klaren gewesen, für Gefälligkeiten belohnt zu werden, die er dem Speditionsunternehmen jahrelang erwiesen habe. Diese tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils seien dem Disziplinarurteil ohne erneute Prüfung zugrunde zu legen, weil sie nicht offenkundig unrichtig seien. Es gebe keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beklagte zur Abgabe eines wahrheitswidrigen Geständnisses bereit gefunden habe, weil ihn das Strafgericht durch seine prozessuale Vorgehensweise bewusst zermürbt habe. Auch deute nichts darauf hin, dass Geständnis und Strafausspruch auf einer Urteilsabsprache beruhten. Die Vernehmung des Zeugen S... sei nicht veranlasst gewesen, weil er als Zeuge vom Hörensagen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils nicht habe erschüttern können.

3

Mit der Beschwerde rügt der Beklagte, das Oberverwaltungsgericht habe sich zu Unrecht an die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen gebunden gesehen, weil diese Feststellungen aus mehreren Gründen offenkundig unrichtig im Sinne von § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG seien. Aufgrund des Darlegungserfordernisses gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 69 BDG ist der Senat darauf beschränkt, über die Frage der Bindungswirkung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDG ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung des Beklagten zu entscheiden. Dem Senat ist es verwehrt, den Beschwerdevortrag des Beklagten zum Gang des Strafverfahrens anhand der Gerichts- und Verwaltungsakten inhaltlich zu konkretisieren.

4

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Nach Satz 2 hat das Gericht jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dieser Entscheidung muss bei der Auslegung des gesetzlichen Begriffs der offenkundigen Unrichtigkeit im Sinne von § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG Rechnung getragen werden.

5

Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung des § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (vgl. Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 f. und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 81 f.; Beschluss vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11).

6

Wird im gerichtlichen Disziplinarverfahren das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Verwaltungsgerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substanziiert ist. Pauschale Behauptungen (etwa, es habe einen Deal gegeben) genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG ergeben kann.

7

Aus der Beschwerdebegründung des Beklagten ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier gegeben sind:

1. Der Beklagte macht geltend, das Landgericht habe den rechtsstaatlichen Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt, weil es das Strafverfahren gegen ihn trotz der untergeordneten Bedeutung im Verhältnis zu den Strafverfahren gegen die Verantwortlichen des Speditionsunternehmens nicht abgetrennt und ihn darüber hinaus gezwungen habe, auch an denjenigen Teilen der Hauptverhandlung teilzunehmen, die mit der Anklage gegen ihn nichts zu tun gehabt hätten. Er sei gezwungen worden, monatelang zweimal wöchentlich früh morgens vom Wohnort K... zum Verhandlungsort S... zu fahren, ganztägig der Hauptverhandlung beizuwohnen und spät abends nach K... zurückzukehren, obwohl ihn die Verhandlungsgegenstände nicht betroffen hätten. Die körperliche und psychische Belastung habe ihn krank gemacht und so zermürbt, dass er das Strafverfahren um jeden Preis habe zu Ende bringen wollen. Deshalb habe er sich auf eine Urteilsabsprache zu den Bedingungen des Landgerichts eingelassen und zu diesem Zweck den Vorwurf der Bestechlichkeit wahrheitswidrig eingestanden.

8

Das in Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet, dass der Beschuldigte eines Strafverfahrens prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren kann. Es ist verletzt, wenn das Strafgericht bei der Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben hat (stRspr, vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Oktober 2009 - 2 BvR 547/08 - NJW 2010, 925).

9

Die Beschwerdebegründung ist auch bei Berücksichtigung des in Bezug genommenen Vortrags im Berufungsverfahren nicht geeignet, eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren darzulegen. Bei den Vorwürfen des Beklagten, das Landgericht habe die Abtrennung seines Verfahrens und die Befreiung von der Anwesenheitspflicht abgelehnt, um ihn mürbe zu machen, handelt es sich um Mutmaßungen, die nicht auf tatsächliche Grundlagen gestützt sind. Der Beklagte hat keinen tatsächlichen Anhaltspunkt vorgetragen, der den Schluss auf die behaupteten unlauteren Beweggründe des Landgerichts zuließe. Sein Vortrag enthält bereits keinen Hinweis darauf, wie das Strafgericht seine ablehnenden Entscheidungen nach § 4 Abs. 1 StPO (Trennung rechtshängiger Strafsachen) und § 231c StPO (Beurlaubung des Angeklagten) begründet hat. Ohne Kenntnis dieser Begründungen kann nicht beurteilt werden, ob die dazu ergangenen Entscheidungen des Landgerichts im Hinblick auf den Inhalt der Anklage gegen den Beklagten, den Stoff und den zeitlichen Ablauf der Hauptverhandlung sowie den Gesundheitszustand des Beklagten sachgerecht gewesen sind.

10

Ergänzend ist auf zwei Gesichtspunkte hinzuweisen: Zum einen zöge selbst die rechtsfehlerhafte Handhabung der dem Strafgericht sowohl durch § 4 Abs. 1 StPO als auch durch § 231c StPO eröffneten Entscheidungsspielräume nicht ohne Weiteres eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren nach sich. Zum anderen war es die eigenverantwortliche Entscheidung des Beklagten, während der Hauptverhandlung nicht am Verhandlungsort S... zu übernachten, sondern an jedem Verhandlungstag die An- und Rückreise von und nach K... auf sich zu nehmen.

11

2. Der Beklagte macht weiter geltend, sein das Strafurteil tragendes Geständnis sei Teil einer Urteilsabsprache gewesen, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht genügt habe. Der Inhalt des Geständnisses sei ihm vom Landgericht diktiert worden, das ihn zuvor bewusst zermürbt habe.

12

Ein Strafurteil, das auf einer unzulässigen Urteilsabsprache beruht, gilt als unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen und entfaltet keine Bindungswirkung für das gerichtliche Disziplinarverfahren (Urteil vom 14. März 2007 - BVerwG 2 WD 3.06 - BVerwGE 128, 189 = Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 3; Beschluss vom 24. Juli 2007 a.a.O. Rn. 11; vgl. zur Urteilsabsprache vor Inkrafttreten des § 257c StPO grundlegend BGH, Urteil vom 28. August 1997 - 4 StR 240/97 - BGHSt 43, 195; Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005 - GSSt 1/04 - BGHSt 50, 40).

13

Anhaltspunkte für eine unzulässige Urteilsabsprache können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Angeklagte nicht zur Sache vernommen worden ist, er lediglich ein formelhaftes Geständnis abgegeben hat, das Strafgericht seine Überzeugung von der Täterschaft im Urteil nur pauschal begründet hat oder der Antrag der Staatsanwaltschaft mit der verhängten Strafe übereingestimmt hat (Urteil vom 14. März 2007 a.a.O. ).

14

Derartige Anhaltspunkte ergeben sich aus der Beschwerdebegründung des Beklagten auch bei Berücksichtigung seines in Bezug genommenen Vortrags im Berufungsverfahren nicht. Es fehlt bereits an einem nachvollziehbaren Tatsachenvortrag, wie die Urteilsabsprache zustande gekommen sein soll. Der Beklagte legt nicht dar, von wem die Initiative für diese Absprache ausgegangen sein und welchen Inhalt eine derartige Initiative gehabt haben soll, welchen Verlauf die Verhandlungen im Wesentlichen genommen haben sollen, d.h. welcher Beteiligte welche Erklärungen abgegeben und welche Änderungswünsche vorgebracht haben soll, in welchem Stadium die Staatsanwaltschaft einbezogen worden und auf welche Weise es schließlich zu einer Einigung gekommen sein soll. Das von ihm vorgelegte Schreiben seiner Verteidiger betrifft nur die Bewährungsauflagen. Der Beklagte hätte die erforderlichen Informationen von seinen Verteidigern erhalten können.

15

Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend angeführt, dass die konkreten Umstände gegen eine Urteilsabsprache sprechen. So ist das Geständnis des Beklagten inhaltlich detailliert. Das Landgericht hat die Glaubhaftigkeit seiner Angaben eingehend gewürdigt und festgestellt, dass sie mit dem weiteren Ermittlungsergebnis, insbesondere den Angaben eines Mitangeklagten übereinstimmen. Auch spricht der deutlich vom Strafausspruch abweichende Antrag der Staatsanwaltschaft gegen eine Urteilsabsprache. In Anbetracht dessen hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass das unsubstanziierte Vorbringen des Beklagten zur Frage der Urteilsabsprache nicht geeignet ist, eine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung zu begründen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 = NVwZ 2005, 1199<1200> und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 6 = NJW 2009, 2614).

16

3. Schließlich macht der Beklagte geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den von ihm erstmals im Disziplinarklageverfahren benannten Zeugen S... zu den Bedingungen der Übergabe des Fahrzeugs vernehmen müssen, anstatt sich auf die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zu berufen. Die Vernehmung hätte ergeben, dass der Beklagte das Fahrzeug nicht geschenkt bekommen, sondern geleast habe. Der Zeuge hat schriftlich mitgeteilt, der Beklagte habe ihm im August 2001 während eines Telefongesprächs mitgeteilt, er habe einen Mercedes erhalten, und Leasingbedingungen vorgelesen.

17

Die Einführung eines neuen, vom Strafgericht nicht gewürdigten Beweisangebots in das gerichtliche Disziplinarverfahren führt jedenfalls dann nicht zur offenkundigen Unrichtigkeit der entsprechenden Tatsachenfeststellungen des rechtskräftigen Strafurteils nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG, wenn sich ausschließen lässt, dass eine Beweiserhebung zu neuen Erkenntnissen führen kann, die geeignet sind, die Richtigkeit dieser Feststellungen zu erschüttern. Dies ist der Fall, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt ins Blaue hinein aufgestellt wird oder das Beweismittel offensichtlich untauglich ist (vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2005 a.a.O. und vom 29. Mai 2009 a.a.O.).

18

Danach hat sich dem Oberverwaltungsgericht die Vernehmung des Zeugen S..., die der Beklagte in der Berufungsverhandlung nicht beantragt hat, nicht aufdrängen müssen. Das Landgericht hat angenommen, nach der Beweislage, insbesondere aufgrund des Geständnisses und den damit inhaltlich übereinstimmenden Angaben eines Mitangeklagten, stehe fest, dass die Verantwortlichen des Speditionsunternehmens dem Beklagten das Fahrzeug geschenkt hätten. Um dies zu verschleiern hätten sie nachträglich Unterlagen über einen Leasingvertrag erstellt und zurückdatiert. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, dass der Zeuge S... dieses Beweisergebnis hätte in Frage stellen können. Denn er kann nur darüber berichten, dass der Beklagte während eines Telefongesprächs im August 2001 mit ihm über Leasingbedingungen für ein Fahrzeug gesprochen hat. Dies lässt für sich genommen keine Rückschlüsse darüber zu, aus welchen Gründen und zu welchen Bedingungen die Verantwortlichen des Speditionsunternehmens dem Beklagten damals das Fahrzeug übergaben. Das Beweisangebot widerspricht insbesondere dem Geständnis des Beklagten. Dieses muss berücksichtigt werden, weil die auf seine Unverwertbarkeit abzielenden Verfahrensrügen (Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens; unzulässige Urteilsabsprache) nicht durchgreifen.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

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Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

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1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

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bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der 1967 geborene, ledige Beklagte steht als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des Klägers. Wegen des Sachverhalts, der den Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Geheimnisverrats (§ 353b StGB) in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt. In zwei Fällen hatte der Beklagte einem ihm bekannten Mitglied eines Motorradclubs Informationen über ein in der Justizvollzugsanstalt inhaftiertes Mitglied dieses Motorradclubs, der wegen des Vorwurfs des Mordes an einem Mitglied eines konkurrierenden Motorradclubs vor Gericht stand, übermittelt. Der Beklagte hatte angegeben, auf welche Weise der Transport des inhaftierten Mitglieds zum Strafgericht gesichert und wie dieser Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt untergebracht war. Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist neben dem strafgerichtlich abgeurteilten Geheimnisverrat noch der Umstand, dass sich der Beklagte bereit erklärt hatte, für zwei inhaftierte Mitglieder des Motorradclubs bestimmte Gegenstände in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln und den Mitgliedern zu übergeben. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Der Beklagte habe die ihm obliegenden Dienstpflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, zur Amtsverschwiegenheit und zum Befolgen der allgemeinen Richtlinien seines Vorgesetzten verletzt. Bei Würdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Umstände sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die schwerste Verfehlung, die strafbare Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wiege so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis indiziert sei. Zu den beiden Fällen der unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen kämen weitere vorsätzliche Pflichtverletzungen hinzu. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens fielen nicht derart ins Gewicht, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten sei.

4

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde des Beklagten beimisst.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

6

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob der Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als vom Oberverwaltungsgericht angenommene schwerste Verfehlung des Beamten, ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen vermag, dass einzig die Entfernung aus dem Dienst als schwerste Disziplinarmaßnahme geeignet und angemessen ist, um das Vergehen des Beamten zu ahnden".

7

Die so formulierte Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde und deshalb nicht beantwortet werden könnte.

8

Der Frage liegt die Vorstellung zugrunde, das Oberverwaltungsgericht sei davon ausgegangen, der Verstoß des Beklagten gegen die ihm obliegende Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als der schwersten Verfehlung vermöge ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen, einzig seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei als schwerste Disziplinarmaßnahme zur Ahndung des Vergehens des Beamten geeignet und angemessen.

9

Diese Vorstellung entspricht tatsächlich weder der Systematik der Vorschrift des § 13 LDG NW (entspricht § 13 BDG) noch der Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall, das sich an der ständigen Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 S. 3 f.) zum Bedeutungsgehalt der Bestimmung des § 13 LDG NW orientiert hat. Die wörtlich verstandene Fragestellung unterscheidet nicht zwischen der Indizwirkung der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der eigentlichen Bemessung der Disziplinarmaßnahme unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.

10

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Dementsprechend hat die Schwere des Dienstvergehens lediglich eine Indizwirkung, sie bestimmt aber nicht "ohne weitere Wertung" die für die Ahndung des Dienstvergehens angemessene Disziplinarmaßnahme.

11

Sollte sich die Frage - entsprechend den einleitenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung - tatsächlich nicht auf die endgültige Bemessung der Disziplinarmaßnahme, sondern lediglich auf die Einstufung der Schwere des Dienstvergehens i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der grundsätzlichen Zuordnung zu einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Ausgangspunkt für die weiteren Erwägungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 und 3 LDG NW beziehen, so könnte sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen. Denn die so verstandene Frage beträfe die Würdigung des konkreten Einzelfalls, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

12

b) Auch die weitere Frage,

"ob von einer vorsätzlichen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung schon allein dann die Rede sein kann, wenn eine Person, mit welcher der Beamte seit der Kindheit und Jugend persönlich verbunden ist, etwas als persönlichen Gefallen vom Beamten erbittet, die ihrerseits einer kriminellen Vereinigung angehört",

führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch sie betrifft lediglich die Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls und wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.

13

c) Schließlich begründet auch die Frage,

"ob die Erwägungen des Strafgerichts zum Strafmaß - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme tatsächlich unerheblich sind",

nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Bewertung des Dienstvergehens durch die Strafgerichte für die disziplinarrechtliche Würdigung zugrunde gelegt (UA S. 25 f.). Insbesondere geht der Senat unverändert im Grundsatz davon aus, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Bei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 38).

14

Dies gilt aber nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen, nicht aber für ein innerdienstliches Dienstvergehen, bei dem - wie hier - das pflichtwidrige Verhalten in das Amt des Beamten und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Bei diesem hat sich die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW zunächst ebenfalls am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten, um durch die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes an dieser Vorgabe des Gesetzgebers eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 19). Ein über die bisherige Rechtsprechung des Senats hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.

15

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme dagegen keine "indizielle" oder "präjudizielle" Bedeutung zu (stRspr, BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16).

16

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass bei Straftaten im Amt das Strafgericht das sachnähere Gericht ist, um umfassende Erwägungen zur Strafzumessung zu treffen. Wie dargelegt, dient aber die disziplinarrechtliche Ahndung insbesondere eines innerdienstlichen Dienstvergehens nicht der strafrechtlichen Sanktionierung des Pflichtenverstoßes, sondern der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Für diese muss sich das Disziplinargericht nicht an der - im Streitfall ohnehin nicht unerheblichen - Geldstrafe orientieren, sondern hat in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

17

3. Der vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behauptete Verfahrensmangel (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

18

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm in der mündlichen Verhandlung verschiedene Zeitungsberichte zur öffentlichen Wahrnehmung der Gruppe der "..." zur Kenntnis gebracht habe, ohne deren Relevanz für das Verfahren deutlich zu machen und ohne hierzu Fragen an den Beklagten zu richten. Dies trifft nicht zu.

19

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Das Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

20

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf einen im vorstehenden Sinne überraschenden rechtlichen Gesichtspunkt abgehoben. Die Einordnung des Motorradclubs "..." als eine rechtsfeindliche und gewaltbereite Gruppierung war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten ausgeführt, es handele sich bei den "..." um eine Vereinigung, die außerhalb der Gesellschaft und deren Regeln und Gesetze stehe. Immer wieder würden einzelnen Mitgliedern oder ganzen Untergruppierungen Kontakte zur organisierten Kriminalität nachgewiesen, insbesondere hinsichtlich der Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und das Waffengesetz. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sind dem Beklagten vor der Erörterung der Sach- und Rechtslage Berichte über die Gewaltbereitschaft und die Nähe zur Kriminalität von Mitgliedern des Motorradclubs "..." ausgehändigt worden und ist ihm Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben worden. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung eingeräumt, von der langjährigen Mitgliedschaft seines Freundes bei den "..." gewusst zu haben. Angesichts dessen hätte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter Anlass gehabt, von sich aus auf den Gesichtspunkt der Gefährlichkeit der Gruppierung "..." und ihrer Unterstützung durch den zweifachen Geheimnisverrat des Beklagten nach § 353b StGB, bei dem der Strafrahmen immerhin bis zu einer Freistrafe von fünf Jahren reicht, einzugehen und hierzu umfassend vorzutragen.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NW erhoben werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der im Jahr 19 in M … geborene Beklagte beendete 1980 seine Schullaufbahn mit dem Abitur. Am 1. Oktober 1981 trat er als Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Zum 1. Oktober 1982 folgte seine Ernennung zum Polizeioberwachtmeister, nach erfolgreicher Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (2,81) zum 1. Dezember 1984 die Ernennung zum Polizeikommissar unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Am 1. Juni 1988 wurde er zum Polizeioberkommissar ernannt, am 19. Oktober 1988 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und zum 29. November 1991 zum Polizeihauptkommissar ernannt. Nach erfolgreicher Laufbahnprüfung für den höheren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „gut“ (2,33) folgte zum 1. Juli 1994 die Ernennung zum Polizeirat und zum 1. Juli 1997 zum Polizeioberrat. Mit Schreiben vom 11. November 2003 wurde ihm als Leiter der VPI Verkehrsüberwachung für die Einsatzführung im Zusammenhang mit Staatsbesuchen eine Leistungsprämie von 1000,- Euro gewährt. Zum 1. September 2010 wurde der Beklagte unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeidirektor ernannt. Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M … vom 24. Mai 2012 wurde festgestellt, dass die Probezeit nicht erfolgreich beendet wurde. Der Beklagte ist geschieden, Vater von zwei in erster Ehe 1994 und 1997 geborenen Kindern und in zweiter Ehe wieder verheiratet (seit 2014 getrennt lebend). Er erhält um 15 Prozent gekürzte Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A14. In seiner letzten periodischen Beurteilung erreichte der Beklagte 14 Punkte.

II.

Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 (Az. 2 KLs 580 Js 25447/11) wurde er wegen drei tatmehrheitlicher Fälle der Körperverletzung im Amt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. April 2013 als unbegründet verworfen.

Dem Urteil des Landgerichts liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Am 03.09.2011 befand sich der Angeklagte ab 18.00 Uhr im Dienst. Als Leiter der Polizeiinspektion R … verrichtete er diesen auf dem Herbstfest in R …, welches vom 26.08.2011 bis 11.09.2011 stattfand. Auf dem Festgelände auf der L …wiese befindet sich eine, während der Wiesnzeit provisorisch eingerichtete Wiesnwache, von wo aus die polizeilichen Einsätze koordiniert und durchgeführt werden. Nachdem der Angeklagte am 03.09.2012 zunächst damit befasst war, eine größere Gruppe von Motoradrockern aus Sicherheitsgründen davon abzuhalten, dass diese gemeinsam auf das Herbstfest gehen, was sich schließlich ohne größere Probleme erledigte, begab er sich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit kurz vor 22.00 Uhr zusammen mit seinem Kollegen, PHK K., auf Fußstreife über das Festgelände.

Zum gleichen Zeitpunkt kam es vor dem Fahrgeschäft Poseidon zu einer Rangelei und kurzen Schlägerei, an der auch der später Geschädigte M. H. beteiligt war. Der Geschädigte H. befand sich mit zwei Freunden ebenfalls auf dem Herbstfest und die drei pöbelten zunächst vor dem Fahrgeschäft eine Gruppe von jungen Erwachsenen an. Kurze Zeit darauf versetzte der Geschädigte H. dem Zeugen D. auch einen Kopfstoß. Die am Streit Beteiligten stürzten dabei auch zu Boden. Der genaue Hergang dieser Auseinandersetzung konnte nicht geklärt werden. Möglicherweise erhielt der Geschädigte H. im Rahmen dieser Auseinandersetzung einen Schlag oder Stoß an die rechte Unterkieferseite, wodurch an zwei Backenzähnen eine Zahnschmelzabplatzung bzw. – sprung und an dem rechten vorderen Unterkieferrand ein Bluterguss entstand.

Der Geschädigte H. war zum Zeitpunkt dieser Auseinandersetzung nach dem Genuss von zwei Maß Bier nicht unerheblich alkoholisiert. Seine Blutalkoholkonzentration betrug wahrscheinlich 1,4 Promille, maximal 1,66 Promille. Der Geschädigte H. wurde schließlich durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die Zeugen B. und N., wegen der Beteiligung an der Schlägerei und unter dem Verdacht der Körperverletzung festgenommen. Die Zeugen B. und N. brachten den Geschädigten H. zu Boden und fesselten seine Hände auf dem Rücken. Anschließend sollte der Geschädigte H. von den Zeugen B. und N. zur etwa 50 m entfernten Wiesnwache abgeführt werden.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Geschädigte keine, insbesondere keine blutenden Verletzungen im Bereich der Lippe. Aufgrund seiner Alkoholisierung und der unmittelbar zuvor stattgefundenen Auseinandersetzung war der Geschädigte eher aggressiv gestimmt, aber nicht so, dass er sich der Festnahme widersetzt hätte.

Der zum Einsatzort hinzugekommene Angeklagte löste den Kollegen N. ab und führte den Geschädigten zusammen mit dem Zeugen B. in Richtung Wiesnwache, wobei der Geschädigte vom Angeklagten rechts und vom Zeugen B. links gehalten und geführt wurde. Aufgrund des hohen Besucherandrangs auf dem Festplatz kam es immer wieder zu kurzen Stockungen, auch drehte sich der Geschädigte mehrmals nach rechts zum Angeklagten hin um und wollte wissen, was denn der Grund dafür sei, warum er abgeführt werde. Er habe wissen wollen „was abgehe“ und was er gemacht habe. Der Angeklagte antwortete ihm darauf, dass dies auf der Wache geklärt werde. Der Geschädigte meinte daraufhin, sein Vater sei Rechtsanwalt (was nicht zutrifft) und es gäbe eine Anzeige. Von Seiten des Geschädigten wurden auch im Einzelnen nicht mehr feststellbare Beleidigungen gegen den Angeklagten ausgesprochen. Während dieses Abführens versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mehrere Stöße, mindestens zwei, mit dem Knie in den rechten Gesäßbereich des Geschädigten, um diesen zum zügigen Weitergehen zu veranlassen. Für diese Stöße bestand jedoch nicht die geringste Notwendigkeit, da der Geschädigte ohnehin gefesselt war und auf beiden Seiten von Polizeibeamten abgeführt wurde. Der Geschädigte „bedankte“ sich ironisch beim Angeklagten und wurde zunehmend aggressiver, er fragte „was ist los du Irrer“ und bezeichnete den Angeklagten auch als „Psycho“ und fragte was mit ihm „los“ sei. Daraufhin versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mit der rechten offenen flachen Hand einen Schlag in die linke Gesichtshälfte. Auf dem weiteren Weg zur Wache gab der Angeklagte dem Geschädigten eine Anzahl weiterer nicht mehr genauer feststellbarer Kniestöße, mindestens aber vier. Kurz bevor der Angeklagte und der Geschädigte die Wiesnwache erreichten, versetzte der Angeklagte dem Geschädigten eine weitere Ohrfeige.

Durch diese beiden Ohrfeigen bzw. Schläge ins Gesicht entstanden beim Geschädigten keine nennenswerten Verletzungen, die Schläge waren aber so heftig, dass der Geschädigte jeweils Schmerzen verspürte. Durch die Kniestöße in die rechte Gesäßgegend verspürte der Geschädigte zwei bis drei Tage ziehende Schmerzen vor allem beim Liegen, welche in den Lenden- und Nierenbereich ausstrahlten.

Eine blutende Verletzung im Bereich Nase/Mund trug der Geschädigte weder bei der Schlägerei, welche Anlass für den Polizeieinsatz war, noch bei der Festnahme und beim Abführen zur Wiesnwache davon.

Nachdem die drei Personen an der Wiesnwache angekommen waren, wurde der Geschädigte vom Angeklagten in einen Raum, welcher sich unmittelbar nach Betreten des Gebäudes rechts befand, geführt. Bei diesem Raum handelt es sich um eine Räumlichkeit einer Bäckerei, die in der Zeit des Herbstfestes provisorisch als Dienstraum für die Polizeiinspektion eingerichtet ist, sonst aber der Bäckerei als Lager- und Abstellraum dient. Unmittelbar nach dem Eingang befindet sich auf der linken Seite an der Wand eine vorübergehend dort angebrachte Sitzbank mit einer Sitzfläche von etwa 1,20 m x 46 cm. Die Sitzfläche befindet sich auf einer Höhe von 42,5 cm. In dem insgesamt etwa 17 m² großen Raum befanden sich weiterhin noch ein Tresen, ein Schreibtisch und ein kleiner Schrank, sowie eine provisorische Spüle. Wegen der Einzelheiten der örtlichen Verhältnisse wird auf die Planskizze auf Bl. 544 d. A. verwiesen.

Unmittelbar nach Betreten dieses Wachraumes setzte der Angeklagte den nach wie vor mit den Händen auf den Rücken gefesselten Geschädigten auf diese Sitzbank. Der Geschädigte äußerte sich weiterhin erbost über den Umstand seiner Festnahme. Hierauf entwickelte sich ein zunehmend lauter werdendes Streitgespräch zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Aus Verärgerung über das weiter andauernde renitente Verhalten des Geschädigten trat der Angeklagte aufgrund eines neuen Tatentschlusses, kurz nachdem sich der Geschädigte auf die Bank gesetzt hatte, an diesen heran, zog ihn nach oben und drehte ihn mit dem Gesicht gegen die Wand. Sodann packte der Angeklagte den Geschädigten hinten am Kopf oder im Nacken und stieß dessen Kopf mindestens zweimal gegen die Wand. Der Geschädigte war dabei in seiner Abwehrfähigkeit nicht nur durch die auf den Rücken gefesselten Hände beeinträchtigt, sondern auch durch die Sitzbank, welche sich unmittelbar vor seinen Schienbeinen befand und welche es ihm unmöglich machte, nach vorne auszuweichen und die Stöße damit irgendwie abzufangen oder abzumildern.

Durch die beiden Stöße gegen die Wand brach ein Teil des linken oberen vorderen Schneidezahns ab, ferner erlitt der Geschädigte zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe, wovon eine 1 cm tief und 0,5 cm breit war. Des Weiteren wurden vier Zähne gelockert.

Danach verließ der Angeklagte das Dienstzimmer.

Einige Zeit darauf kam er wieder in den Wachraum zurück, wo der zwischenzeitlich stark blutende Geschädigte auf der Sitzbank saß. Als dieser den Angeklagten wahrnahm, begann er sofort wieder auf ihn zu schimpfen und ihn zu beleidigen, darüber hinaus spuckte er in Richtung des Angeklagten, ohne ihn jedoch zu treffen. Auch versuchte er gegen diesen zu treten. Wegen dieses Verhaltens entschloss sich der Angeklagte erneut den Geschädigten zu maßregeln und versetzte diesem eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte. Auch hierdurch verspürte der Geschädigte Schmerzen, bleibende Verletzungen sind aber nicht entstanden.

Die Verletzung an der Lippe wurde im Krankenhaus R … durch zwei Nähte versorgt. Ferner mussten die gelockerten Zähne wieder gerichtet werden und der abgebrochene Schneidezahn durch eine Teilprothese ersetzt werden. Aufgrund der Verletzungen ist beim Geschädigten eine kleine, kaum sichtbare Narbe an der Unterlippe verblieben, zudem besteht ein maßvoll erhöhtes Risiko dafür, dass der geschädigte Schneidezahn später absterben könnte und durch ein Implantat ersetzt werden müsste.

Weitergehende Folgen hat der Vorfall weder in körperlicher, noch in psychischer Hinsicht beim Geschädigten hinterlassen.

Der Angeklagte hat im Rahmen der Durchführung eines von ihm angestrebten Täter Opfer Ausgleichs einen Termin bei der Fachstelle für Täter Opfer Ausgleich der Diakonie in T … am 29.09.2012 wahrgenommen und dort ein Gespräch mit der Dipl. Sozialpädagogin G.G. geführt.

Der Geschädigte nahm an diesem Gespräch nicht teil, weil seine Mutter als Erziehungsberechtigte ein Gespräch mit der Fachstelle ablehnte.

Der Angeklagte verfasste daraufhin unter dem 20.10.2012 ein zweiseitiges Entschuldigungsschreiben an den Geschädigten.

In der Hauptverhandlung erkannte der Angeklagte durch gerichtlich protokollierten Teilvergleich an, dem Geschädigten dem Grunde nach Schadensersatz und Schmerzensgeld zu schulden und verpflichtete sich einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 6.000 Euro zu bezahlen.“

III.

Aufgrund des Vorfalls vom 3. September 2011 wurden mit Vermerk vom 16. September 2011 gegen den Beklagten disziplinarrechtliche Ermittlungen gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und wegen des sachgleichen Strafverfahrens ausgesetzt. Mit Verfügung vom 22. September 2011 wurde dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M … vom 21. Mai 2012, das das Disziplinarverfahren zwischenzeitlich übernommen hatte, wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Die jährliche Sonderzuwendung sowie 30 Prozent seiner Dienstbezüge wurden zunächst einbehalten, mit Bescheid vom 25. Juli 2012 auf 25 Prozent reduziert und mit Bescheid vom 8. August 2013 aufgehoben. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2016 wurde unter Aufhebung des Bescheids vom 8. August 2013 erneut der Einbehalt der jährlichen Sonderzahlung sowie von 15 Prozent der Dienstbezüge verfügt. Im Rahmen des mit Schreiben vom 8. August 2013 nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzten Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte unter dem 8. April 2014 zur beabsichtigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abschließend angehört. Von der Beteiligungsmöglichkeit der Personalvertretung machte der Beklagte Gebrauch. Diese hat der Erhebung der Disziplinarklage mit Schreiben vom 25. Juni 2014 zugestimmt.

IV.

Am 22. Juli 2014 erhob das Polizeipräsidium M … Klage zum Verwaltungsgericht und beantragte, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Grundlage hierfür seien die im Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 zur Last gelegten Sachverhalte. Der Beklagte habe sich nicht seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig verhalten und die Gesetze nicht beachtet. Er habe ein schweres, den Kernbereich der Dienstpflichten betreffendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Würdigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten sei eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten; eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung sei nicht veranlasst. Bei einem Polizeibeamten, dem gerade der Schutz der Rechtsordnung obliege und der in dieser Funktion auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, leide die Wertschätzung und das Ansehen, die er als Amtsträger nach außen genieße, durch die Begehung einer solchen Straftat erheblich. Er habe über einen längeren Zeitraum ein völlig unverhältnismäßiges Verhalten an den Tag gelegt und seine dienstlichen Machtbefugnisse derart missbraucht, dass sein Verhalten nur noch als Ausdruck persönlicher Machtdemonstration gesehen werden könne. Besonders sei auch zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Vorfall um eine absolute Routinesituation gehandelt habe, der Geschädigte ihm schutzlos ausgeliefert gewesen und er mit besonderer Brutalität vorgegangen sei. Der Beklagte sei seiner Vorbildfunktion nicht im Geringsten gerecht geworden und habe auch nach der Tat keinerlei Einsicht und Reue gezeigt, sondern vielmehr den Anschein erweckt, er wolle auf das Aussageverhalten seiner Kollegen Einfluss nehmen. Die positiv zu würdigenden Gesichtspunkte wie z.B. die fehlende Vorbelastung, die gute Beurteilung und die Leistung eines Schmerzensgelds in Höhe von 6.000,- habe die Schwere des Dienstvergehens nicht aufwiegen können.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Die Disziplinarklage sei unbegründet, allenfalls komme eine geringere Disziplinarmaßnahme in Betracht. Das Gericht sei verpflichtet, die erforderlichen Beweise in einer Beweisaufnahme zu erheben und sich von den Feststellungen des Strafgerichts gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen. Eine Lösung sei erforderlich, wie sich aus dem dargestellten und durch Beweisangebote hinreichend substantiierten Sachvortrag des Beklagten ergebe. Das Strafurteil beruhe im Wesentlichen auf den Angaben des Geschädigten, der jedoch aufgrund seiner Alkoholisierung keine glaubwürdigen Angaben habe machen können. Die Feststellungen des Strafgerichts würden nicht durch die erhobenen objektiven Befunde oder sonstige Zeugen- und Sachverständigenaussagen gestützt. Als Leiter der Polizeidirektion R … habe er grundsätzlich nicht an vergleichbaren Vor-Ort-Einsätzen teilgenommen, es habe sich deshalb nicht um eine Routinesituation für den Beklagten gehandelt. Es träfe nicht zu, dass der Beklagte seine Kollegen in ihrem Aussageverhalten habe beeinflussen wollen. Zu Gunsten des Beklagten sei zu berücksichtigen gewesen, dass er bislang völlig unbelastet gewesen sei und herausragende Leistungen erbracht habe. Mit Schreiben vom 29. September 2014 wurden vom Beklagten neun weitere Beweisanträge gestellt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. Dezember 2014 auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest und rechtfertigten die verhängte Disziplinarmaßnahme. Das Gericht habe keinen Anlass gesehen, sich von den tatsächlichen Urteilsfeststellungen des Landgerichts T … zu lösen. Dies sei nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich, allein die Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, reiche nicht aus. Die diesbezüglich gestellten Beweisanträge seien abzulehnen. Im Rahmen einer Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände gehe das Gericht davon aus, dass das Fehlverhalten des Beklagten äußerst schwer wiege. Es halte deshalb im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld und auch aus generalpräventiven Erwägungen eine Dienstentfernung des Beklagten für angemessen und erforderlich. Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begehe, ohne dass ein Fall von Notwehr oder Putativ-notwehr vorliege, verstoße in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletze den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbrauche damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttere das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtige in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahle. Gerade bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindlichen Personen sei nach ständiger Rechtsprechung in der Regel die Höchstmaßnahme erforderlich. Auf dieser Grundlage ergebe sich im Rahmen der Gesamtbetrachtung, dass die vom Beklagten begangenen Körperverletzungen im Amt bereits für sich genommen, jedenfalls aber in Verbindung mit seinem Nachtatverhalten, das erforderliche Vertrauen in nicht wiederherzustellender Weise zerstört hätten. Der Beklagte habe in drei, durch zeitliche Zäsur getrennten Komplexen, dem Geschädigten jeweils auf neuen Tatentschlüssen beruhende, erhebliche Verletzungen zugefügt. Beim Abführen auf die Wiesnwache habe er dem Geschädigten mindestens sechs Stöße mit dem Knie in den Gesäßbereich gegeben, die zu zwei bis drei Tage ziehenden Schmerzen, insbesondere im Liegen mit Ausstrahlungen in den Lenden- und Nierenbereich geführt hätten. Auch habe er ihm zwei heftige, Schmerzen verursachende Ohrfeigen versetzt. Diese Körperverletzungshandlungen habe der Beklagte vorgenommen, obwohl der Geschädigte gefesselt gewesen sei und sich nach Aussagen des beim Abführen beteiligten Kollegen in keiner Weise widersetzt habe. Auf der Wiesnwache habe er den auf einer Bank sitzenden Geschädigten nach oben gezogen, mit dem Gesicht zur Wand gedreht, am Nacken gepackt und mindestens zweimal gegen die Wand gestoßen. Hierdurch sei beim Geschädigten ein Teil des linken oberen Schneidezahns abgebrochen und er habe zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe erlitten, wovon eine 1 cm tief und 0,5 cm breit gewesen sei. Ferner seien vier Zähne gelockert worden. Nachdem der Beklagte den Raum verlassen, dann aber wieder zurück gekommen sei, habe er dem zwischenzeitlich stark blutenden Geschädigten eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte versetzt, die zu erheblichen Schmerzen geführt habe. Demgegenüber hätten sich die provozierenden Äußerungen und Handlungen des Geschädigten nicht mildernd ausgewirkt. Als langjähriger, erfahrener Polizeibeamter könne der Beklagte nicht darauf verweisen, provoziert worden zu sein. Es habe sich um einen typischen Routineeinsatz gehandelt, zudem sei der Geschädigte dem Beklagten körperlich unterlegen und aufgrund der Handschellen schutzlos ausgeliefert gewesen. Die Körperverletzungshandlungen zeigten eine äußerst brutale Vorgehensweise, ein solches Verhalten stehe völlig außer Verhältnis zu der vorangegangenen Provokation. Auch belege das Maß der angewandten Gewalt den Missbrauch der dienstlichen Machtbefugnisse durch den Beklagten nachdrücklich. Zu seinen Lasten falle in hohem Maße auch ins Gewicht, dass es sich vorliegend um einen mit 14 Punkten beurteilten Polizeibeamten handle, der sich zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Probezeit zur Ernennung zum Polizeidirektor befunden habe und über eine jahrzehntelange Diensterfahrung verfüge. Darüber hinaus habe er als Leiter der Dienststelle R … eine Vorbildfunktion inne gehabt. Gegen den Beklagten spreche zudem sein Nachtatverhalten. Er habe durch seine Stellungnahme zum Vorfall mit E-Mail vom 4. September 2011 versucht, seine Kolleginnen und Kollegen zu beeinflussen. Schließlich habe der Kläger weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren echte Reue und Einsicht in seine Schuld gezeigt. Zu seinen Lasten sei auch zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Presseberichterstattung zu einer massiven Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt habe. Milderungsgründe, insbesondere ein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen, lägen nicht vor. Das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn sei völlig zerstört, der Ansehens- und Vertrauensverlust werde auch nicht durch die beanstandungsfreie langjährige Tätigkeit des Beklagten, seine gute Beurteilung und die Schmerzensgeldzahlung an den Geschädigten derart relativiert, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 29. Januar 2015, am 12. Februar 2015 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 19. März 2015 beantragt,

in Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. Dezember 2014 die Klage abzuweisen bzw. hilfsweise auf eine geringere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Berufung richte sich sowohl gegen das verhängte Disziplinarmaß als auch gegen die Tat- und Schuldfeststellungen im angefochtenen Urteil. Das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht nicht von den Feststellungen im Strafurteil gelöst. Es habe im Hinblick auf den dem Beklagten vorgeworfenen Sachverhalt auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 abgestellt. Dabei habe es jedoch verkannt, dass die dortigen Sachverhaltsfeststellungen falsch seien. Es treffe nicht zu, dass der Beklagte den Geschädigten mindestens zweimal in der Wache gegen die Wand gestoßen habe. Tatsächlich habe der Beklagte dem Geschädigten in der Wache lediglich einen Stoß mit der rechten Hand gegen die rechte Schulter gegeben, weil sich der Geschädigte trotz entsprechender Aufforderung geweigert habe, sich hinzusetzen. Daraufhin habe der Geschädigte das Gleichgewicht verloren und sei mit dem Kopf gegen die Wand geprallt. Der Beklagte habe dem Geschädigten dann lediglich eine Ohrfeige mit der flachen Hand gegeben, nachdem dieser den Beklagten nochmals bedroht, beleidigt und bespuckt habe. Es habe nur ein Kontakt mit dem Kopf des Geschädigten gegen die Wand stattgefunden. Begünstigt sei das Fallen des Geschädigten offenbar dadurch gewesen, dass dieser stark alkoholisiert gewesen sei und nur schwer auf den Beinen habe stehen können. Das Landgericht habe diese Schilderung aber nicht als bestätigt angesehen, sondern sei insbesondere den angeblich glaubwürdigen Angaben des Geschädigten H … gefolgt. Diese Feststellungen seien falsch. Das Abstellen auf die Angaben des Geschädigten sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil das Erinnerungsvermögen des Geschädigten aufgrund einer starken Blutalkoholkonzentration zwischen 1,4 und 1,6 Promille eingeschränkt und nur bruchstückehaft vorhanden gewesen sei und im Gegensatz zu den Aussagen anderer Zeugen stehe. Hierfür spreche auch, dass ein von ihm zunächst behaupteter Faustschlag gar nicht stattgefunden habe, der Geschädigte sich an die durch den Zeugen B … beobachteten Ohrfeigen auf dem Weg zur und auf der Wache nicht habe erinnern können und er im Gegensatz zum Zeugen B … ausgesagt habe, dass er vor dem Stoß an die Wand bereits auf der Sitzbank gesessen und vom Beklagten hochgezogen worden sei. Auch an die genaue Anzahl der angeblichen Stöße gegen die Wand habe sich der Geschädigte nicht mehr erinnern können. In der polizeilichen Vernehmung habe er zunächst von nur einem Stoß gesprochen, später sollen es dann vier bis fünf Kopfschläge gewesen sein (z.B. im Rahmen der Tatkonstruktion vom 27. September 2011). In der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht am 19. November 2012 habe der Geschädigte dann nur noch von angeblich drei Schlägen des Kopfes an die Wand gesprochen, die dem zu diesem Zeitpunkt vorliegenden zahnmedizinischen Gutachten entsprochen hätten. Gegenüber der die Platzwunde an der Unterlippe und den Zahnschaden behandelnden Notfallärztin Dr. H … sei als Ursache lediglich von einem Faustschlag auf der Polizeiwache die Rede gewesen und nicht von angeblich mehrfachen Stößen an die Wand (vgl. Befund v. 4. September 2011). Die angebliche Glaubwürdigkeit des Geschädigten werde auch nicht durch objektive Befunde gestützt (s. Gutachten S … zum Grad der Alkoholisierung). Es stehe keinesfalls fest, dass der Geschädigte aufgrund eines erheblichen Kraftaufwandes des Beklagten gegen die Wand gestoßen sei, die Sachverständige habe nicht mit Gewissheit sagen können, ob der Geschädigte zum Tatzeitpunkt überhaupt habe stehen können. Dieser sei wohl aufgrund der Alkoholisierung ins Wanken geraten und gegen die Wand gestoßen. Der Sachverständige K … habe festgestellt, dass der Geschädigte zwei Verletzungsbilder an den Zähnen aufgewiesen habe, welche verschiedenen Krafteinwirkungen zuzuordnen seien. Es liege deshalb der Schluss nahe, dass eine der beiden Verletzungen im Zuge der der Festnahme des Geschädigten vorausgegangenen Schlägerei entstanden sei. Auch der Sachverständige Dr. S … habe nicht ausgeschlossen, dass das Blut an der Wand von nur einem Stoß verursacht worden sei. Der Sachverständige Dr. A … habe zur Frage, ob ein oder mehrere Stöße verübt worden seien, überhaupt keine weiteren Angaben machen können. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass es die tatsächlichen Urteilsfeststellungen des Strafgerichts seiner Entscheidung nicht zugrunde habe legen dürfen, sondern sich zwingend vom Strafurteil gem. Art. 25 Abs. 1, Art. 55 HS 2 BayDG hätte lösen müssen. Das Strafgericht habe nicht dargelegt, warum es gleichwohl von der Glaubwürdigkeit des Zeugen ausgegangen sei, obwohl bezüglich der Richtigkeit der Angaben des Geschädigten ganz offenkundig erhebliche Zweifel bestanden hätten. Die Feststellungen des Strafgerichts würden auch nicht durch die objektiven Befunde oder sonstigen Zeugen – und Sachverständigenaussagen gestützt. Das Festhalten des Verwaltungsgerichts an den unzutreffenden Tatsachenfeststellungen im Strafurteil habe zu einer falschen Bewertung des Tatkomplexes „Wiesnwache“ geführt. Eine vorsätzliche Körperverletzung sei lediglich in der Ohrfeige zu sehen, die der Beklagte zugegeben und der Zeuge B … im Strafprozess bestätigt habe. Diese sei jedoch nicht brutal oder besonders schmerzhaft gewesen, der Geschädigte habe sich hieran aufgrund seiner Alkoholisierung gar nicht erinnern können. Diese sei in besonders aufgeheizter Situation erfolgt und habe keine erheblichen Verletzungen zur Folge gehabt. Soweit der Geschädigte einmal mit dem Kopf an die Wand gestoßen sei, habe dies der Beklagte nicht beabsichtigt. Er habe den Geschädigten lediglich dazu anhalten wollen, sich auf die Bank zu setzen. Der Geschädigte sei so alkoholisiert gewesen, dass ein leichter Schubser oder Stoß dazu geführt habe, dass der Geschädigte mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen sei. Dies sei für den Beklagten nicht vorhersehbar gewesen. Dieses Verhalten des Beklagten begründe – auch im Hinblick auf die vorangegangenen Provokationen - allerdings kein schweres Dienstvergehen, das bereits die Erhebung einer Disziplinarklage rechtfertigen würde. Zudem gebe es für Körperverletzungen im Amt keine Regelmaßnahme. Dies habe das Verwaltungsgericht offenkundig verkannt. Zudem habe das Gericht wesentlichen Sachvortrag des Beklagten nicht berücksichtigt. Er habe sich unmittelbar vor dem vorgeworfenen Ereignis aufgrund eines Hörsturzes und eines starken Tinnitus in Behandlung befunden. Bei ihm habe eine psychische Ausnahmesituation vorgelegen, die durch eine erhebliche dienstliche Belastung des Beklagten (Aufgabenflut, Personalmangel, Vorbereitung des anstehenden Herbstfestes) ausgelöst worden sei. Trotzdem habe er vor, während und nach dem Herbstfest durchgängig 25 Tage Dienst verrichtet. Dies hätte bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme, zumindest aber beim Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ berücksichtigt werden müssen. Selbst wenn man vorliegend von einer Bindungswirkung des Strafurteils ausgehen würde, wäre das Dienstvergehen nicht als so schwerwiegend zu beurteilen, dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört sei. Es habe eine aufgeheizte Stimmung auf dem Volksfest geherrscht, der Geschädigte sei zuvor an einer Schlägerei beteiligt gewesen und unstreitig aggressiv aufgetreten. Er habe unter Alkoholeinfluss die Kollegen beschimpft und beleidigt. Es habe sich für den Kläger als PI-Leiter um keinen typischen Routineeinsatz gehandelt. Der Beklagte sei als Gesamteinsatzleiter verantwortlich und aufgrund seiner gesundheitlichen Situation (Tinnitus, Hörsturz) stark belastet gewesen; der Kläger habe die Überlastung des Klägers sehenden Auges trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands zugelassen; zudem sei zu berücksichtigen, dass der Geschädigte durch die Kniestöße und Ohrfeigen keine erheblichen Verletzungen erlitten hätte. Der Beklagte habe auch seine Kollegen nach der Tat nicht beeinflussen wollen. Das Versenden einer Stellungnahme an Kollegen, die man nicht alle Tage treffe, sei in einem solchen Fall absolut üblich. Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beklagten sei auch zu berücksichtigen, dass er bisher unbelastet sei und herausragende Leistungen erbracht habe. Dies spreche für den Beklagten, nicht gegen ihn. Er habe als Leiter der Dienststelle R … gerade nicht über jahrzehntelange Erfahrung für Einsätze „auf der Straße“ verfügt. Auch das Strafgericht habe im Hinblick auf die Strafzumessung von 11 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung ein Verbleiben des Beamten im Beamtenverhältnis als möglich erachtet.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass das Verwaltungsgericht sich zu Recht an die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil gebunden gesehen habe; Offensichtlich unrichtige oder inzwischen als unzutreffend erkannte Feststellungen seien weder ersichtlich noch von der Beklagtenseite schlüssig dargelegt worden. Der Bundesgerichtshof habe mit Beschluss vom 10. April 2013 die Revision gegen das Urteil des Landgerichts T … als unbegründet verworfen und dabei ausdrücklich festgestellt, dass die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsbegründung im Hinblick auf eine fehlerhafte und unvollständige Beweiswürdigung und die allgemeine Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten ergeben hätte. Dem Vortrag des Bevollmächtigten sei weder allgemein noch im Einzelnen zu folgen. Insbesondere seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, warum der Geschädigte im Hinblick auf den Vorwurf, er sei mindestens zweimal vom Beklagten mit dem Kopf an die Wand gestoßen worden, unglaubwürdig sein solle. Das Landgericht T … habe ausführlich und nachvollziehbar begründet, warum es den Darstellungen des Geschädigten unter Heranziehung der Sachverständigengutachten gefolgt und von mindestens zwei Kopfstößen gegen die Wand ausgegangen sei. Einen Widerspruch zu den vorliegenden Sachverständigengutachten habe der Beklagte nicht aufzeigen können. Vielmehr habe die vom Beklagten behauptete Vorgehensweise (Stoß gegen die rechte Schulter, um den Geschädigten zum Hinsetzen zu bewegen) gutachterlich nicht plausibel nachvollzogen werden können. Die Alkoholisierung des Geschädigten mache ihn ebenso wenig per se unglaubwürdig wie der Umstand, dass er sich an bestimmte Handlungen des Beklagten (z.B. die Ohrfeige auf der Wache) nicht mehr habe erinnern können. Der Geschädigte habe zu keinem Zeitpunkt Belastungseifer gezeigt und seine Sachverhaltsdarstellung auch nicht im Nachhinein (im Hinblick auf die Ohrfeige) den Zeugenaussagen angepasst. In Bezug auf den zunächst behaupteten Faustschlag habe der Geschädigte seinen Irrtum eingeräumt, der keinerlei Auswirkungen auf den Schuldspruch und das Strafmaß des Beklagten gehabt habe. Bei den drei tatmehrheitlichen Fällen der Körperverletzung im Amt handele es sich insgesamt um ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen, das die Verhängung der Höchstmaßnahme erfordere. Der Beklagte habe wiederholt die Konfrontation mit dem Geschädigten gesucht und ihn selbst nach der Eskalation der Situation nochmals geohrfeigt. Dieses Verhalten offenbare eine schädliche Charakterhaltung und einen erheblichen Persönlichkeitsmangel, der für den Dienstherrn auch und gerade unter dem Aspekt der Vorbildfunktion von Führungskräften für die Zukunft untragbar sei. Mehrere Kollegen des Beklagten hätten übereinstimmend geschildert, dass bezüglich des Geschädigten keine ungewöhnliche Einsatzsituation vorgelegen habe, die ein Einschreiten des Beklagten verlangt hätte. Ohne dienstliche Notwendigkeit habe er einen anderen Beamten abgelöst und die Verbringung des Geschädigten zur Wache übernommen. Dabei sei er diesem von Anfang an ohne Grund gewaltvoll begegnet. Ein solcher Missbrauch der dienstlichen Stellung zum Zwecke der persönlichen Machtdemonstration gegenüber einem Jugendlichen und in Anwesenheit mehrerer Kollegen offenbare einen nachhaltigen Persönlichkeitsmangel und eine falsche Dienstauffassung. Gerade die geringe bzw. fehlende Hemmschwelle hinsichtlich der Gewaltausübung gegen den zum Tatzeitpunkt jugendlichen Geschädigten zeige, dass auch in Zukunft eine Wiederholung nicht ausgeschlossen sei. Belastbare Anhaltspunkte für eine tatsächliche körperliche oder psychische Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt hätten beim Beklagten nicht vorgelegen. Die Behandlung des Tinnitus sei im Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis 11. August 2011 in ambulanter Form erfolgt. Krankheitsbedingte Fehlzeiten zu diesem Zeitpunkt seien nicht bekannt. Von einem dienst- und lebenserfahrenen Beamten müsse erwartet werden, dass er seine Stressbelastung selbst erkenne und angesichts seiner dienstlichen Verantwortung entsprechend gegensteuere. Er hätte jederzeit die notwendige persönliche Distanz zum Geschädigten schaffen können. Der Kläger gehe nach wie vor von einer versuchten Einflussnahme auf die Kollegen aus. Dies sei, insbesondere aus der Führungsposition heraus, als besonders verwerflich und grob dienstpflichtwidrig anzusehen. Von der Verhängung der Höchstmaßnahme könne auch nicht wegen der grundsätzlich anerkennenswerten bisherigen Leistungen des Beklagten abgesehen werden. Der nach innen und außen eingetretene Vertrauensverlust sei endgültig. Auch die mit elf Monaten deutlich an der Grenze zu einem Verlust der Beamtenrechte kraft Gesetzes gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG stehende verhängte Gesamtfreiheitsstrafe entfalte insoweit Indizwirkung.

Der Senat hat am 12. Juli 2017 mündlich zur Sache verhandelt. Der Präsident des Landeskriminalamtes H … wurde als ehemaliger Vorgesetzter des Beklagten zum Persönlichkeitsbild angehört. Auf die Niederschrift wird insoweit verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft T …, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M … sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

1. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 (Az. 2 KLs 580 Js 25447/11) zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25, 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte am 3. September 2011 drei tatmehrheitliche Fälle der Körperverletzung im Amt begangen, als er in drei jeweils durch zeitliche Zäsuren getrennten Komplexen dem Geschädigten jeweils auf neuen Tatentschlüssen beruhende (teilweise) erhebliche Verletzungen zugefügt hat. Beim Abführen zur Wiesnwache hat er ihm mindestens sechs Stöße mit dem Knie in den Gesäßbereich gegeben, die zu zwei bis drei Tage andauernden, ziehenden Schmerzen, insbesondere beim Liegen, mit Ausstrahlungen in den Lenden- und Nierenbereich geführt haben. Zudem versetzte er dem Geschädigten zwei heftige schmerzende Ohrfeigen, nachdem er sich durch das Verhalten des Geschädigten zunehmend provoziert gefühlt und seinerseits von diesem mit den Worten „was ist los Du Irrer“ und „Psycho“ konfrontiert worden war. Diese Körperverletzungshandlungen hat der Beklagte begangen, obwohl sich der Geschädigte, der gefesselt war, nach Aussage des beim Abführen beteiligten Kollegen B … in keiner Weise widersetzt hatte. Auf der Wiesnwache hat der Beklagte den Geschädigten am Kopf oder Nacken gepackt und mindestens zweimal gegen die Wand gestoßen, wodurch bei diesem ein Teil des linken oberen Schneidezahns abbrach und zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe entstanden, von denen eine 1 cm tief und 0,5 cm breit gewesen war. Ferner wurden vier Zähne gelockert. Daraufhin verließ der Angeklagte den Teil des Wachraums. Nachdem er einige Zeit darauf wieder zurückgekommen war, begann der Geschädigte, der inzwischen auf der Sitzbank saß, sofort wieder, ihn zu beleidigen und zu beschimpfen und in seine Richtung zu spucken, ohne den Beklagten zu treffen. Auch versuchte er, den Beklagten zu treten. Daraufhin versetzte der Beklagte dem mittlerweile stark blutenden Geschädigten eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 2. Halbsatz i.V.m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i.S.d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen dessen Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B.v. 15.5.2013 - 2 B 20/12 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904 – juris Rn. 60). Wird das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach Art. 55 2. Halbsatz BayDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i.S.d. Art. 55 Halbsatz 2 BayDG ergeben kann (BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 40; U.v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 – juris Rn. 38 m.w.N.). Anhaltspunkte hierfür sind allerdings nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Das Landgericht hat sich über mehrere Verhandlungstage hinweg durch eine Einvernahme zahlreicher Zeugen, sachverständiger Zeugen und Heranziehung mehrerer Gutachten und Ergänzungsgutachten mit dem Tatgeschehen beschäftigt und ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar zu den vorliegenden tatsächlichen Feststellungen gelangt. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat es die nicht unerhebliche Alkoholisierung des Geschädigten berücksichtigt, jedoch detailliert dargelegt, warum es diesen gleichwohl für glaubwürdig hält und dessen Angaben - im Gegensatz zur Version des Beklagten - im Einklang mit den objektiven Befunden gesehen. Ein Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen wurde nicht aufgezeigt. Auch der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 4. Februar 2013 ausdrücklich die Beweiswürdigung des Landgerichts T … bestätigt und die Revision des Beklagten verworfen.

III.

Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein einheitliches schweres Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG verwirklicht, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Der Beklagte hat durch drei tatmehrheitlich begangene Körperverletzungen im Amt gegen seine Pflicht zu ordnungsgemäßer Dienstausübung (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 340 Abs. 1 StGB) und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat – auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens – darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 – 2 C-59/07 – juris) zu § 13 BDG (BayVGH U.v. 23.9.2009 – 16a D 07.2355 – juris; U.v. 15.2.2012 – 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904, Rn. 81; U.v. 11.5.2016 – 16a D 13.1540, Rn. 61; U.v. 18.1.2017 – 16a D 14.1992 – jeweils in juris).

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 10.12.2015 – 2 C-6/14 – juris Rn. 16; B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 20; B.v. 25.5.2012 – 2 B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweicht (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf ihren allgemeinen Status, ihren Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ihre konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 20).

2. Dem Beklagten fallen drei Körperverletzungen im Amt gemäß § 340 Abs. 1 StGB zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 11 BayDG). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 2 C 12.04; U.v. 24.5.2007 – 2 C 28.06 – jeweils in juris.) Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions-und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C-6/14 – juris Rn. 13). Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 53).

3. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht, nachdem es zunächst nur bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen hat (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5.10 – juris Rn. 22; BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 31), nunmehr in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 (a.a.O. Rn. 19) ausdrücklich klargestellt, dass auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten sei. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleiste die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen.

Im Hinblick auf die vom Beklagten verwirklichten Delikte ist vorliegend grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnisses wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Das Strafgericht hat den Beklagten wegen dreifacher tatmehrheitlicher Körperverletzung im Amt nach § 340 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Bei diesen Delikten reicht der Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren – hier sind es sogar bis zu fünf Jahre – vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht deshalb von der Höchstmaßnahme, also der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG, ausgegangen. Auch der Senat hält grundsätzlich in schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindenden Personen angesichts der Tatsache, dass aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine staatliche Schutzpflicht abzuleiten ist, die körperliche Integrität jeder Person in staatlichem Gewahrsam zu wahren und zu schützen, im Regelfall die Dienstentfernung für erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 16a D 14.1992 – juris Rn. 50; U.v. 5.3.2008 – 16a D 07.1368 - juris Rn. 25; U.v. 25.5.1983 VGH n.F. 36, 47/48 f. m.w.N.; vgl. auch: OVG NRW vom 10.3.1999 DÖD 2000, 39/40; VGH BW 10.11.2006 - DL 16 S 22/06 – juris Rn. 50; Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Stand Oktober 2007, MatR/II RdNr. 438).

Ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere vorsätzliche Körperverletzungen begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, verstößt in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletzt den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbraucht damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahlt. Denn die Allgemeinheit darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, die kraft ihrer Dienstpflicht die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen haben. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) besitzt einen besonders hohen Rang (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 5.3.2008 – 16a D 07.1368 – juris Rn. 25; U.v. 18.1.2017 a.a.O.).

Zu Lasten des Beklagten ist vorliegend zu berücksichtigen, dass er den bereits gefesselten und damit widerstandsunfähigen, minderjährigen Geschädigten zunächst auf dem Weg zur Wiesnwache mit Kniestößen traktierte, ohne dass dieses Verhalten notwendig gewesen wäre, um den Geschädigten zum Weitergehen anzuhalten. Nach Aussage des Kollegen B … verhielt dieser sich weder aggressiv noch widersetzte er sich dem Abführen. Erst das Verhalten des Beklagten veranlasste den Geschädigten zu verbalen Ausfälligkeiten, welchen der Beklagte mit einer sehr heftigen Ohrfeige begegnete. Vor der Wiesnwache ohrfeigte er den Geschädigten nochmals, wenn auch weniger heftig. Der Senat geht insofern davon aus, dass die Provokationen, auf die sich der Beklagte stets entschuldigend berufen hat, letztendlich von ihm selbst ausgingen bzw. auf seinem Verhalten beruhten und deshalb nicht geeignet sind, das Dienstvergehen in einem milderem Licht erscheinen zu lassen.

Auch auf der Wiesnwache suchte der Beklagte immer wieder die Konfrontation mit dem sich zunehmend durch das Verhalten des Beklagten provoziert fühlenden Geschädigten, der sich nach Aussage der zugleich auf der Wache Dienst habenden Kollegen des Beklagten den anderen Polizeibeamten gegenüber höflich und zuvorkommend verhielt. Der Beklagte hätte ohne Probleme weiteren Konfrontationen mit dem Geschädigten aus dem Weg gehen können. Dass er dies im weiteren Verlauf unterließ, wertet der Senat zu seinen Lasten. Auch bei der dritten Körperverletzung im Amt – einer Ohrfeige, die er dem bereits stark aus dem Mund blutenden Jugendlichen ins Gesicht versetzte - suchte er erneut den Kontakt zum Geschädigten, nachdem er zunächst den Bereich, in dem sich dieser aufhielt, verlassen hatte. Nach den bindenden Feststellungen im Strafurteil trat der Beklagte jedoch erneut in das Zimmer ein, in dem sich der mittlerweile auf der Bank sitzende Geschädigte befand. Dieser zeigte sich aufgrund des erneuten Erscheinens des Beklagten höchst aggressiv, beschimpfte ihn und versuchte, ihn zu treten und zu bespucken. Daraufhin ohrfeigte der Beklagte den bereits stark aus dem Mund blutenden Jugendlichen erneut.

Mit seinem Einwand, die dritte Ohrfeige habe sich unmittelbar an die Kopfstöße angeschlossen und sei deshalb nicht als tatmehrheitliche Körperverletzung im Amt zu werten, kann der Beklagte deshalb nicht durchdringen. Für eine zeitliche Zäsur zwischen der dritten Ohrfeige und den Kopfstößen spricht im Übrigen auch, dass der Geschädigte mittlerweile (wieder) auf der Bank saß und nach Zeugenaussagen bereits stark blutete.

Selbst wenn die Kopfstöße nicht mit besonderer Wucht ausgeführt wurden, sprechen die Umstände der Tat vorliegend für eine brutale Vorgehensweise, die der Senat ebenfalls zu Lasten des Beklagten wertet. Aufgrund der Handschellen und der vor der Wand befindlichen Bank auf Schienbeinhöhe war es dem Geschädigten nämlich nicht möglich, die Stöße des Beklagten anders als mit dem Kopf abzufangen. Dies führte beim Geschädigten zu erheblichen Verletzungen.

Zu Lasten des Beklagten wirkt auch, dass es sich vorliegend um eine absolute Routinesituation beim Umgang mit alkoholisierten Jugendlichen auf einem Volksfest gehandelt hat, bei der die Reaktionen des Beklagten völlig außer Verhältnis standen und nach Auffassung des Senats der reinen Machtdemonstration dienten. Zu seinen Lasten ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte über jahrzehntelange Dienst-erfahrung verfügte und als Dienststellenleiter der Polizeiinspektion R … eine Vorbildfunktion innehatte.

Gegen den Beklagten spricht des Weiteren sein Nachtatverhalten. Zu Recht hat die Disziplinarkammer es als erschwerend gewertet, dass der Beamte versucht hat, durch Abfassung der E-Mail vom 4. September 2011 sein vorangegangenes strafbares innerdienstliches Verhalten gegenüber den Kollegen zu relativieren und diese möglicherweise so in ihrem Aussageverhalten zu beeinflussen (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2008 – DL 16 S 616/08 – Rn. 37). Sein Vorbringen, bei dieser mit E-Mail vom 4. September 2011 versandten Stellungnahme zum Tatgeschehen, handele es sich um eine absolut übliche Vorgehensweise im Hinblick auf Kollegen, die man nicht alle Tage treffe und sei im Rahmen seiner Anzeige gegen den Geschädigten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erfolgt, hält der Senat für eine Schutzbehauptung. Zum einen erschließt sich nicht, inwieweit eine Absprache von Gedächtnisprotokollen überhaupt der Wahrheitsfindung dienen soll, zum anderen hegt der Senat Zweifel an der Üblichkeit einer solchen Vorgehensweise. Diese hat auch der in der mündlichen Verhandlung zum Persönlichkeitsbild des Beklagten befragte frühere Dienstvorgesetzte des Beklagten und nunmehrige Präsident des Landeskriminalamts H … nicht bestätigt. Auffällig in diesem Zusammenhang ist zudem, dass eine solche Stellungnahme allein vom Beklagten verfasst und an die ihm unterstellten Kollegen versandt wurde. Zudem ist in den inhaltlichen Ausführungen keine einzige der vom Beklagten später eingeräumten Körperverletzungshandlungen gegenüber dem Geschädigten enthalten.

Soweit das Verwaltungsgericht zu Lasten des Beklagten berücksichtigt hat, dass von ihm weder im Strafverfahren noch in seiner vom Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht verlesenen Stellungnahme vom 14. Dezember 2014 echte Reue und Einsicht zum Ausdruck kam, so ist auch dies rechtlich nicht zu beanstanden. Bereits das Strafgericht hat die Anwendbarkeit des § 46a Abs. 1 StGB beim Beklagten im Hinblick auf eine mögliche Strafmilderung verneint. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zeigte der Beklagte lediglich Bedauern im Hinblick auf die Folgen der Taten für seine eigene Person, nicht jedoch im Hinblick auf den Geschädigten.

Schließlich ist zu Lasten des Beklagten auch zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Presseberichterstattung zu einer massiven Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt hat.

Anerkannte oder in ihrem Gewicht vergleichbare Milderungsgründe, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen würden, vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen. Insbesondere liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen vor (vgl. zu diesem für die Zugriffsdelikte entwickelten Milderungsgrund etwa BVerwG, U.v. 26.02.1997 – 1 D 16.96 – juris; VGH BW U.v. 4.11.2008 – DL 16 S 616/08 – juris Rn. 39). Denn die Anwendung dieses Milderungsgrunds setzt voraus, dass der Beamte einmal spontan ohne hinreichende Überlegung quasi kurzschlussartig gehandelt hat (s. BayVGH, U.v. 5.3.2008 a.a.O. Rn. 33), weil nur dann davon ausgegangen werden kann, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht völlig zerstört ist und wiederhergestellt werden kann. Der Beamte hat hier nicht nur einmalig versagt, sondern sich immer wieder zu Körperverletzungshandlungen gegenüber dem Geschädigten hinreißen lassen, die er im Nachhinein bei den Kollegen zu relativieren suchte.

Mildernd zugunsten des Beklagten ist durchaus seine angeschlagene Gesundheit zum Tatzeitpunkt aufgrund der Belastung durch den Tinnitus zu berücksichtigen, wenngleich die diesbezügliche Behandlung bereits mehrere Wochen vor dem gegenständlichen Vorfall abgeschlossen war und in diesem Zusammenhang keinerlei krankheitsbedingte Abwesenheiten des Beklagten festzustellen sind. Auch der Zeuge H … erklärte in dieser Hinsicht, dass er sich an gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beklagten im Sommer 2011 nicht erinnern könne und für ihn in Bezug auf das R … Herbstfest die gesundheitliche Eignung des Beklagten nicht in Zweifel gestanden habe.

Auch die dienstlichen Belastungen aufgrund der angespannten Personalsituation sind zu Gunsten des Beklagten heranzuziehen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass nach Aussage des Zeugen H … zwar die Personalstärke bei der Polizeiinspektion R … mit einer Abweichung der Istvon der Sollstärke um 20 Prozent als angespannt zu bezeichnen war, eine solche Abweichung um 15 - 20 Prozent aber damals fast alle Dienststellen getroffen habe. Zudem sei R … Sitz der operativen Ergänzungsdienste, so dass dort Unterstützung erfolgen könne, die andere Dienststellen so nicht hätten. Ein Einsatz von 25 Tagen am Stück, wie vom Beklagten geleistet, sei deshalb nicht gefordert gewesen und hätte bei entsprechenden Planungen ohne weiteres verhindert werden können. Der Senat vermag vorliegend deshalb auch keine psychische Ausnahmesituation zu Gunsten des Beklagten zu erkennen. Eine solche wurde auch im Strafurteil nicht festgestellt.

Zwar sprechen die guten Beurteilungen und das Persönlichkeitsbild, das vom damaligen Vorgesetzten H … in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten gezeichnet wurde, durchaus zu Gunsten des Beklagten, wenngleich dies nach Ansicht des Senats auch deutliche Anhaltspunkte für ein gelegentlich übermotiviertes Verhalten enthielt.

Auch wenn der Beklagte disziplinarisch nicht vorbelastet ist, erscheint angesichts des Umfangs und der Nachdrücklichkeit seines Versagens das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört. Der Ansehens- und Vertrauensverlust wird auch durch die beanstandungsfreie, langjährige Tätigkeit des Beamten, seine guten Beurteilungen und die Schmerzensgeldzahlung nicht derart relativiert, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte.

Die Würdigung aller Umstände führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung des Senats, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können, weil die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses nicht wieder gut zu machen ist. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist angemessen und geboten. Sie ist auch nicht unverhältnismäßig. Die dem Beklagten staatlicherseits auferlegte Belastung ist geeignet und erforderlich, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Sie steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen.

Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 – 1 D 2.03 – juris; BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 63).

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i.V.m. § 116 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Juli 2016 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) erkannt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1. Der am 7. August 1982 geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister - BesGr. A 9 - im Dienst des Beklagten. Er war seit dem 1. September 2006 bis zum Ausspruch des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte am 8. November 2012 bei der Polizeiinspektion E...- ... im Einsatzzug tätig. Nach Aufhebung dieses Verbots mit Wirkung vom 1. Februar 2015 wurde er von der Polizeiinspektion E...- ... zum Kriminalfachdezernat, ... in Nürnberg abgeordnet.

Der Beamte ist ledig.

In den Jahren 2008 und 2011 wurde er jeweils mit „10 Punkten“ dienstlich beurteilt. Im Jahr 2009 erhielt er zwei Leistungsprämien in Höhe von insgesamt 500 €.

2. Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 6. November 2013 wurde der Beklagte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt (Az. 432 Ls 803 Js 22986/13). Die Berufungen des Beklagten und der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil wurden mit Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Juni 2014, rechtskräftig seit dem 28. November 2014, als unbegründet verworfen (Az. 4 Ns 803 Js 22986/13). Die Revision des Beklagten hiergegen wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. November 2014 als unbegründet verworfen (Az. 2 OLG 2 Ss 284/14 B).

Ein weiterer Polizeibeamter, E..., wurde in den genannten Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt in zwei Fällen rechtskräftig zu einer Freiheitstrafe von einem Jahr verurteilt.

Dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:

„Am Nachmittag des 21. April 2012 fand im Stadion in Nürnberg das Fußballspiel der ersten Bundesliga zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem Hamburger Sportverein statt. Im Rahmen dieses Spiels war auch der Einsatzzug der Polizeiinspektion E..., welchem beide Angeklagten angehörten, eingesetzt. Während des Spieles gegen 17.20 Uhr begab sich Angeklagte R... zu seinem im Vorfeld des Max-Morlock-Platzes abgestellten Polizeifahrzeug, legte seine Dienstmütze dort ab und wartete auf seine Kollegen, da der Einsatz bald beendet sein würde.

Alsbald erhielt er aber über Funk einen Notruf, dass im Bereich des Max-Morlock-Platzes, Karl Steigelmann Straße und Hans Kalb Straße sich mehrere gewaltbereite Fans des 1. FC Nürnberg, sogenannte Ultras, versammelt hätten, wobei die Gefahr bestünde, dass zwei Nürnberger Fans, welche bereits zum Zwecke der Identitätsfeststellung angehalten worden waren, von diesen befreit werden könnten.

Um einer drohenden Eskalationsgefahr entgegen zu wirken, bildeten zehn bis zwölf Beamte des Einsatzzuges der Polizeiinspektion E..., bis auf den Angeklagten R... hatten alle ihre Baseballcap ähnliche Dienstmütze aufgesetzt, mit PHM‘in W... als Gruppenführerin, eine sog. Polizeikette, um die Beamten, welche beide oben genannten Personen zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen hatten, zu schützen. Auf Grund dieser Abschirmung steigerte sich nunmehr die Stimmung der genannten FCN-Fans. Es ertönten Rufe wie „Scheiß Bullen ... für das SEK hat es nicht gereicht ... Jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse ...“.

a) Unmittelbar in diesem Zusammenhang, kurz vor 17.41 Uhr, trat der Nebenkläger S..., ein von diesen gewählter Sprecher der Fans des 1. FC Nürnberg, unmittelbar an die Polizeikette heran, wobei er zunächst auf den Angeklagten R... einredete; sein Ziel war hierbei, eine weitere Eskalation zwischen den gewaltbereiten FCN-Fans und den eingesetzten Polizeikräften zu verhindern. Tatsächlich gelang es S..., durch Heben seiner Hände und entsprechende Handzeichen, gewaltbereite Fans zunächst zur Einhaltung einer räumlichen Distanz von einigen Metern gegenüber der genannten Polizeikette zu bewegen. Sodann forderte die links versetzt hinter der Polizeikette befindliche Gruppenführerin W... zunächst S... mit den Worten „gehen Sie bitte weg nach da hinten“ auf, sich nunmehr ebenfalls von der Polizeikette zu entfernen. S..., der der Polizeikette, unmittelbar in der Nähe des Angeklagten R..., zu diesem Zeitpunkt den Rücken gekehrt hatte, blieb jedoch unmittelbar vor dem Angeklagten R... stehen. Als dieser daraufhin mit den Worten „geh heim, du Kind“ S... ebenfalls zum Weggehen aufforderte, wobei der Angeklagte R... einen sogenannten Einsatzstock in seiner rechten Hand hielt, entgegnete S... zunächst: „Hallo wir sind doch hier um zu deeskalieren!“ Als er sich hierbei - aus Sicht des Angeklagten R... - halb zu ihm ungewandt hatte, schob der Angeklagte R... S... zunächst von sich weg, indem er mit dem Einsatzstock gegen dessen linken Oberarm-/Schulterbereich drückte. S..., welcher durch dieses Verhalten des Angeklagten R... überrascht war, drückte, wobei er seine andere Hand in seiner Hosentasche gelassen hatte, mit seinem anderen Arm den Einsatzstock des Angeklagten R... zur Seite. Hierbei ist nicht auszuschließen, dass der von S... zur Seite gedrückte Einsatzstock den Angeklagten R... leicht im Gesichtsbereich traf. Während des gesamten Vorgangs steckte die rechte Hand des S... in der rechten Außentasche der von ihm getragenen Jacke, während seine linke Hand - mit Ausnahme der vorstehend geschilderten Reflexbewegung - sich außerhalb der Jacke in Höhe des Hosenbundes am Körper befand.

Unmittelbar im Anschluss an die geschilderte Reflexbewegung von S... schlug der Angeklagte R..., ohne dass aus seiner Sicht oder auch nur auf Grund der objektiven Gegebenheiten ein rechtfertigender Grund hierfür bestanden hätte, mit seinem Einsatzstock einmal bewusst und gewollt gegen den linken Schläfen-/Schulterbereich des noch halb von ihm abgewandten Nebenklägers W... Dieser empfand hierdurch leichte Schmerzen und reagierte mit einer abwehrenden Bewegung seines linken Armes in Richtung des Kopfes des Angeklagten R..., zog den Arm aber unverzüglich, ohne dass er den Angeklagte R... traf, in die ursprüngliche Ausgangsposition zurück. Daraufhin wich der Angeklagte R... zunächst einige cm zurück, positionierte den Einsatzstock in Höhe seines Oberkörpers quer über seiner Brust und schlug sodann mit der Faust, in welcher er den Einsatzstock umfasst hielt, ohne rechtfertigenden Grund gezielt einmal mit voller Wucht in dessen Gesicht.

S... erlitt durch das geschilderte Vorgehen, wie vom Angeklagten R... auch gewollt, Schmerzen im linken Kieferbereich und an der rechten Schulter, welche insbesondere im Gesichtsbereich einige Tage andauerten. Die Beweglichkeit seiner Schulter war jedenfalls einige Tage lang auf Grund dieses Vorfalls eingeschränkt.

Bereits auf Grund des ersten, oben geschilderten, Schlags durch den Angeklagten R... hatte sich die Gruppe gewaltbereiter Fußballfans, welche bis zu diesem Zeitpunkt zunächst eine Distanz von ca. vier bis fünf Metern zur von Polizeibeamten gebildeten Einsatzkette eingehalten hatte, in einer Weise über das nunmehrige Geschehen erregt, dass ca. 30 bis 40 Personen in Form einer ungeordneten Meute nunmehr in Richtung der Polizeikette drängten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte R... mit seiner linken Hand das von ihm mitgeführte Einsatz-Pfefferspray ergriffen und sprühte dieses in Richtung der herannahenden Menge, wobei auch, was er bei seinem Vorgehen zumindest billigend in Kauf nahm, der keine Aggressionen zeigende S... im Gesicht vom, vom Angeklagten R... versprühten, Pfefferspray erfasst wurde. S... brannten sofort die Augen, er taumelte blind mehrere Meter zurück und stürzte sodann.

b) Während des nunmehr großflächigen Einsatzes von Pfefferspray durch mehrere Polizeibeamte im Bereich der gesamten Länge der genannten Polizeikette näherte sich nunmehr eine männliche Person, deren Personalien nicht mehr festgestellt werden konnten, welche eine dunkle Jacke trug und eine Kapuze über den Kopf gezogen hatte, dem direkt rechts neben dem Angeklagten R... befindlichen [Beklagten], wobei diese Person eine Wurfbewegung vollführte und zu Gunsten der beiden Angeklagten davon ausgegangen wird, dass diese unbekannte Person einen kleineren Gegenstand in Richtung der Polizeibeamten warf.

Unmittelbar nach dem geschilderten Wurf wandte sich die unbekannt gebliebene männliche Person, erkennbar unter dem Einsatz des Pfeffersprayeinsatzes, aus Sicht dieser Person nach rechts ab, so dass sie den beiden Angeklagten jeweils den Rücken zukehrte. Obwohl der [Beklagte] erkannte, dass von dieser Person keinerlei Gefahr für die eingesetzten Polizeibeamten mehr ausging, begab er sich einige Schritte nach vorne in Richtung des Unbekannten und schlug diesem mit seinem in der rechten Hand gehaltenen, polizeilichen Einsatzstock bewusst und gewollt mit voller Wucht in den Rückenbereich. Während der Unbekannte sich nunmehr in gebückter Haltung und erhobener Hand, welche bedeutete, das von ihm nunmehr keinerlei Angriffe mehr zu befürchten seien, in der Nähe eines dort stehenden kleinen Baumes befand, hatte der Angeklagte R... den Schlag des [Beklagten] in den Rückenbereich dieses Unbekannten bemerkt, begab sich daraufhin zu diesem mit seiner fast kauernden Körperhaltung und schlug dem Unbekannten ebenfalls einmal mit voller Wucht gezielt in den Rückenbereich. Hierbei hatte der Angeklagte R... erkannt, dass von dem Unbekannten keinerlei Bedrohung mehr für die eingesetzten Polizeibeamten ausging. Während der Angeklagte R... nunmehr wieder den übrigen Fußballfans nacheilte, schlug der [Beklagte], welcher in unmittelbarer Nähe zu dem Unbekannten stehen geblieben war, auf Grund des selben Tatentschlusses noch zweimal gezielt und mit voller Wucht mit seinem Einsatzstock gegen den Rückenbereich dieses Unbekannten, welcher immer noch sich in kauernder Abwehrhaltung befand. Der [Beklagte] hatte auch bei diesen weiteren Schlägen erkannt, dass für sein Vorgehen keinerlei rechtfertigender Grund bestand. Erst durch das Eingreifen seines Kollegen T..., welcher ihn aufforderte, doch damit aufzuhören, ihn hierbei an der Schulter fasste, ließ der [Beklagte] von weiteren Schlägen gegen den Unbekannten ab.

Auf Grund des Vorgehens beider Angeklagter erlitt der Unbekannte jeweils jedenfalls nicht unerhebliche Schmerzen an den von den Schlagstöcken getroffenen Körperstellen...“

3. Das Polizeipräsidium Mittelfranken leitete mit Schreiben vom 8. November 2012 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und setzte das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Mit Bescheid vom 8. November 2012 wurde dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Mit rechtskräftigem Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens wurde das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufgehoben. Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben vom 2. Februar 2015 fortgesetzt.

Der Beklagte wurde gemäß Art. 22 BayDG unterrichtet, belehrt und angehört.

4. Am 1. Dezember 2015 erhob der Kläger wegen des strafrechtlich geahndeten Sachverhalts beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten herabzustufen.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 wurde der Beklagte in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A 7) zurückgestuft. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe - insbesondere unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und seines bisherigen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren. Eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei vorliegend weder als angemessen noch als erforderlich anzusehen. Auf der Basis der strafgerichtlichen Feststellungen sei zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen, dass er sich in einer für ihn bisher einmaligen, außergewöhnlichen Einsatz- und Stresssituation befunden habe. Es sei deshalb nachvollziehbar, dass sich der Beklagte nach der durch das völlig überzogene Vorgehen des Beamten R... gegen den geschädigten W... ausgelösten weiteren Eskalation der Situation, massiv bedroht gefühlt und situationsbedingt überreagiert habe und sich auch zur Verwendung des Einsatzstockes habe hinreißen lassen. Zu Gunsten des Beklagten sei auch zu berücksichtigen, dass der Unbekannte zuvor einen Gegenstand in Richtung des Beklagten geworfen habe und nicht auszuschließen sei, dass der Beklagte mit der Möglichkeit gerechnet habe, es könne zu einem weiteren Wurf durch den Unbekannten kommen. Unter besonderer Berücksichtigung des positiven Persönlichkeitsbildes des Beklagten und seiner vor und nach dem Vorfall tadellosen Dienstführung sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Vorfall vom 21. April 2012 um ein einmaliges, nicht der Persönlichkeit des Beklagten entsprechendes, also persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten gehandelt habe. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 19. August 2016, am 19. September 2016 Berufung eingelegt und zuletzt beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 aufzuheben und wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme des Verweises zu erkennen; hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme, nämlich die Zurückstufung um nur eine Besoldungsgruppe, zu erkennen.

Das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht an dem Strafrahmen des Gesetzgebers bzw. des zugrundeliegenden Urteils orientiert. Dieser dürfe wegen der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarverfahren keine ausschlaggebende Bedeutung haben.

Zwar seien die Feststellungen des Strafgerichts bindend. Das Verwaltungsgericht habe sich jedoch mit der gegebenen Notwehrsituation nicht auseinandergesetzt. Das Strafgericht habe nicht berücksichtigt, dass durch die Einsatzleitung der Einsatz von Zwangsmitteln angeordnet worden sei. Nicht berücksichtigt worden sei, dass sich der Beklagte in einer Atmosphäre der Unterlegenheit und Angst befunden habe, da die Situation zu eskalieren drohte. Das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, „dass das Strafgericht den Strafrahmen am untersten Rand festgesetzt“ habe. Es sei ersichtlich, dass die Mindeststrafe nur unerheblich überschritten worden sei. Insoweit sei hier nur von einer Tat am unteren Rand auszugehen. Es handele sich somit um kein sonderlich schweres Dienstvergehen. Ein Verweis wäre verhältnismäßig gewesen.

Das Verwaltungsgericht hätte sich selbst nochmals ein Bild von der für den Beklagten gegebenen Notwehr/Nothilfesituation machen müssen. Es sei zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte in einer Ausnahmesituation befunden habe. Aus subjektiver Sicht habe er sich „absolut bedroht“ gefühlt. Für die Verurteilung der dienstrechtlichen Verfehlung komme es darauf an, ob sich subjektiv gesehen der Beamte in einer Notwehrsituation befunden habe.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 6. Juni 2018 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. In Abänderung von Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Juli 2016 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um eine Stufe in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) erkannt.

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach Art. 6 BayDG richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.1). Ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, macht sich in aller Regel untragbar. In diesem Fall ist grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.2). Im vorliegenden Einzelfall erscheint jedoch die mangels Anschlussberufung des Klägers ohnehin nicht in Betracht kommende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unverhältnismäßig, weil zugunsten des Beklagten mildernde Umstände von einigem Gewicht zu berücksichtigen sind. Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass ein endgültiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht eingetreten ist. Der Beklagte war daher um eine Stufe in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) zurückzustufen (2.3).

1. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Juni 2014 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25, 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte am 21. April 2012 gemäß §§ 340 Abs. 1, Abs. 3, 224 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. StGB eine gefährliche Körperverletzung im Amt begangen, als er nach dem Heimspiel des 1. FC Nürnberg gegen den Hamburger Sportverein einer nicht mehr zu ermittelnden Person dreimal schuldhaft und ohne rechtfertigenden Grund mit dem Einsatzstock in den Rückenbereich schlug. Der Unbekannte erlitt kurz andauernde, aber nicht unerhebliche Schmerzen.

Ein Anlass für eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil zum äußeren wie inneren Tatbestand, zur Schuldfähigkeit, zur Schuldform, zum Ursachenzusammenhang sowie zu Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründen besteht nicht. Die Verwaltungsgerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn neue Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B.v. 27.12.2017 - 2 B 18/17 - juris Rn. 28 m.w.N.).

Die im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth im Urteil vom 27. Juni 2014 beruhen auf einer umfassenden, ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung, insbesondere aufgrund des in Augenschein genommenen Polizeivideos. Die Tatsache, dass die Strafkammer aufgrund des äußeren Tatgeschehens das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes verneint hat, stellt keine fehlerhafte Beweiswürdigung dar (OLG Nürnberg, B.v. 27.11.2014 - 2 OLG 2 Ss 284/14 B). Die vom Beklagten behauptete Notwehr bzw. Nothilfesituation konnte der Senat, der das Polizeivideo im Rahmen der mündlichen Verhandlung ebenfalls in Augenschein genommen hat, nicht erkennen. Der Unbekannte leistete weder Widerstand noch griff er (vermeintlich) an. Da sich dieser zum Zeitpunkt der Schläge bereits abgewandt hatte, bestand auch keine Putativnotwehrsituation. Auch insoweit besteht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend auf S. 28 seines Urteils angenommen hat - die Bindungswirkung des landgerichtlichen Urteils.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 340 Abs. 1 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 11 m.w.N.).

2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG und der dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelung des Disziplinargesetzes des Bundes ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 12 m.w.N.).

2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für seine Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten nunmehr auf den Strafrahmen zurück und folgt damit der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254; B.v. 05.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 14).

Vorliegend stellt die dienstpflichtverletzende Handlung eine sehr schwere Dienstpflichtverletzung dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass für Straftaten der gefährlichen Körperverletzung im Amt nach §§ 340 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe besteht. Begeht ein Beamter wie vorliegend innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es sogar bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 18.6.2015 a.a.O. juris Rn. 33 m.w.N.).

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem abgeurteilten Strafmaß (hier: acht Monate) entgegen der Auffassung des Beklagten bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 15), zumal das Landgericht die Anwendung des für einen minder schweren Fall vorgesehenen Ausnahmestrafrahmens (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB: drei Monate bis fünf Jahre) nicht für geboten hielt.

2.2 Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung im vorliegenden Fall war zunächst die Höchstmaßnahme, also die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG.

Der Beklagte hat in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begangen, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorlag, und damit als Polizeivollzugsbeamter in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr verstoßen und den Kernbereich seiner Dienstpflichten verletzt. Durch sein Verhalten hat der Beklagte die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse missbraucht, das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit erschüttert und in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei beeinträchtigt. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen, sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Das zur Ausübung dieser Ämter erforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen. Die Allgemeinheit kann und darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, zu deren Kernpflichten es gehört, die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) besitzt einen besonders hohen Rang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 16a D 14.1992 - juris Rn. 49 m.w.N.; BayVGH, U.v. 12.7.2017 - 16a D 15.368 - juris Rn. 53).

2.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 14 BayDG führt dazu, dass der Beklagte um eine Stufe in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) zurückzustufen ist. Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen und das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten zur Überzeugung des Senats ausreichend, aber auch erforderlich.

Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich klargestellt, dass die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens nur in Betracht kommt, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (BVerwG, U.v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 - juris Rn. 29). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, U.v. 23.7.2013 - 2 C 63.11 - juris Rn. 13). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich in besonderer Weise (BVerwG, U.v. 18.6.2015 a.a.O. - juris Rn. 36).

Hiervon ausgehend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwar schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG wiegt, der Beklagte insbesondere unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit jedoch noch nicht endgültig verloren hat und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorliegend weder als verhältnismäßig noch als erforderlich anzusehen wäre. Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist vorliegend wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens nicht geboten.

2.3.1 Zu Lasten des Beklagten spricht, dass er dreimal mit dem Einsatzstock vorsätzlich und ohne rechtfertigenden Grund auf den Rücken des Unbekannten geschlagen hat, von dem zum Zeitpunkt der Anwendung des Einsatzstockes ersichtlich keine Gefahr mehr ausgegangen ist. Der Beklagte schlug „gezielt und mit voller Wucht“ (Bl. 476 der Strafakte) und musste vom Kollegen T... von weiteren Schlägen abgehalten werden (Bl. 476 der Strafakte). Negativ zu werten ist auch, dass der Beklagte dem Unbekannten folgte und auf den Rücken schlug, wobei dieser zum Zeitpunkt der letzten beiden Schläge bereits auf dem Boden kauerte. Insoweit ist auch die gerichtliche Feststellung, dass eine „erhebliche Überschreitung der polizeilichen Befugnisse“ (Bl. 485 der Strafakte) vorlag, zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen.

2.3.2 Zu Gunsten des Beklagten greifen vorliegend jedoch beträchtliche Milderungsgründe, die dazu führen, dass zur Ahndung der einmaligen Verfehlung eine einfache Zurückstufung als ausreichend anzusehen ist.

Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Verhalten des Beklagten durch die äußeren Umstände maßgeblich beeinflusst war. Die Stimmung war - wie auch im Strafverfahren festgestellt - „aufgeheizt“, die Beamten der Polizei zahlenmäßig unterlegen: Zehn bis zwölf Beamte bildeten die Polizeikette und standen 30 bis 40 Fans gegenüber. Diese waren gewaltbereit. Es kam zu Schmähungen wie „Jetzt hauen wir den Bullen so richtig auf die Fresse“ und „Scheiß Bullen“ (Bl. 474 der Strafakte). Überdies bewegten sich die Fans unmittelbar vor dem Vorfall „in Form einer ungeordneten Meute (Bl. 475 der Strafakte) auf die Polizeikette zu. Vor allem das Bedrohungsszenario, das die Fans bereits durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit und das Nicht-Einhalten eines hinreichenden Abstands zur Polizeikette aufbauten, sowie der verbalen Provokationen und Beleidigungen seitens der Fans lassen das Verhalten des Beklagten als weniger schwerwiegend erscheinen.

Das Dienstvergehen erscheint auch deswegen weniger gravierend, weil zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen ist, dass das spätere Opfer einen kleineren Gegenstand in Richtung der Polizeibeamten warf (Bl. 475 der Strafakte), was eine zusätzliche Bedrohung bzw. Provokation darstellte.

Dem Senat ist zwar bewusst, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter bzw. als Mitglied einer geschlossenen Polizeieinheit mit solchen besonderen Situationen vertraut ist. Gleichwohl hält der Senat dem Beklagten eine Ausnahmesituation zum Tatzeitpunkt mildernd zu Gute, die zu einem Augenblicksversagen des Beklagten geführt hat, der sich von dem Fehlverhalten des früheren Kollegen R..., das die Eskalation der Situation maßgeblich befördert hat, hat anstecken lassen.

Zu Gunsten des Beklagten spricht auch, dass er bisher (bis auf die zugrunde gelegte Verurteilung) weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist und er mehrfach Leistungsprämien erhalten hat. Zudem zeigen die bisherigen dienstlichen Beurteilungen, bei denen der Beklagte 2008 und 2011 jeweils 10 Punkte erreichte, dass der Beklagte gute Leistungen erbringt. Bestätigt wird dieser positive Eindruck durch die Persönlichkeitsbilder vom 4. Mai 2015 und vom 5. Juni 2018, die ihm ein „tadelloses Verhalten“ vor und nach dem Vorfall bescheinigen.

2.3.3 Im Rahmen der Gesamtschau der den Beklagten be- und entlastenden Umstände ist deshalb - auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten - eine deutliche Pflichtenmahnung in Form der Zurückstufung des Beklagten um eine Stufe geboten. Diese Disziplinarmaßnahme ist aufgrund der erheblichen Milderungsgründe schuldangemessen und im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens und den damit einhergehenden Vertrauensschaden verhältnismäßig.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).