1. Der am 7. August 1982 geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister - BesGr. A 9 - im Dienst des Beklagten. Er war seit dem 1. September 2006 bis zum Ausspruch des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte am 8. November 2012 bei der Polizeiinspektion E...- ... im Einsatzzug tätig. Nach Aufhebung dieses Verbots mit Wirkung vom 1. Februar 2015 wurde er von der Polizeiinspektion E...- ... zum Kriminalfachdezernat, ... in Nürnberg abgeordnet.
Der Beamte ist ledig.
In den Jahren 2008 und 2011 wurde er jeweils mit „10 Punkten“ dienstlich beurteilt. Im Jahr 2009 erhielt er zwei Leistungsprämien in Höhe von insgesamt 500 €.
2. Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 6. November 2013 wurde der Beklagte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt (Az. 432 Ls 803 Js 22986/13). Die Berufungen des Beklagten und der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil wurden mit Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Juni 2014, rechtskräftig seit dem 28. November 2014, als unbegründet verworfen (Az. 4 Ns 803 Js 22986/13). Die Revision des Beklagten hiergegen wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. November 2014 als unbegründet verworfen (Az. 2 OLG 2 Ss 284/14 B).
Ein weiterer Polizeibeamter, E..., wurde in den genannten Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt in zwei Fällen rechtskräftig zu einer Freiheitstrafe von einem Jahr verurteilt.
Dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:
„Am Nachmittag des 21. April 2012 fand im Stadion in Nürnberg das Fußballspiel der ersten Bundesliga zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem Hamburger Sportverein statt. Im Rahmen dieses Spiels war auch der Einsatzzug der Polizeiinspektion E..., welchem beide Angeklagten angehörten, eingesetzt. Während des Spieles gegen 17.20 Uhr begab sich Angeklagte R... zu seinem im Vorfeld des Max-Morlock-Platzes abgestellten Polizeifahrzeug, legte seine Dienstmütze dort ab und wartete auf seine Kollegen, da der Einsatz bald beendet sein würde.
Alsbald erhielt er aber über Funk einen Notruf, dass im Bereich des Max-Morlock-Platzes, Karl Steigelmann Straße und Hans Kalb Straße sich mehrere gewaltbereite Fans des 1. FC Nürnberg, sogenannte Ultras, versammelt hätten, wobei die Gefahr bestünde, dass zwei Nürnberger Fans, welche bereits zum Zwecke der Identitätsfeststellung angehalten worden waren, von diesen befreit werden könnten.
Um einer drohenden Eskalationsgefahr entgegen zu wirken, bildeten zehn bis zwölf Beamte des Einsatzzuges der Polizeiinspektion E..., bis auf den Angeklagten R... hatten alle ihre Baseballcap ähnliche Dienstmütze aufgesetzt, mit PHM‘in W... als Gruppenführerin, eine sog. Polizeikette, um die Beamten, welche beide oben genannten Personen zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen hatten, zu schützen. Auf Grund dieser Abschirmung steigerte sich nunmehr die Stimmung der genannten FCN-Fans. Es ertönten Rufe wie „Scheiß Bullen ... für das SEK hat es nicht gereicht ... Jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse ...“.
a) Unmittelbar in diesem Zusammenhang, kurz vor 17.41 Uhr, trat der Nebenkläger S..., ein von diesen gewählter Sprecher der Fans des 1. FC Nürnberg, unmittelbar an die Polizeikette heran, wobei er zunächst auf den Angeklagten R... einredete; sein Ziel war hierbei, eine weitere Eskalation zwischen den gewaltbereiten FCN-Fans und den eingesetzten Polizeikräften zu verhindern. Tatsächlich gelang es S..., durch Heben seiner Hände und entsprechende Handzeichen, gewaltbereite Fans zunächst zur Einhaltung einer räumlichen Distanz von einigen Metern gegenüber der genannten Polizeikette zu bewegen. Sodann forderte die links versetzt hinter der Polizeikette befindliche Gruppenführerin W... zunächst S... mit den Worten „gehen Sie bitte weg nach da hinten“ auf, sich nunmehr ebenfalls von der Polizeikette zu entfernen. S..., der der Polizeikette, unmittelbar in der Nähe des Angeklagten R..., zu diesem Zeitpunkt den Rücken gekehrt hatte, blieb jedoch unmittelbar vor dem Angeklagten R... stehen. Als dieser daraufhin mit den Worten „geh heim, du Kind“ S... ebenfalls zum Weggehen aufforderte, wobei der Angeklagte R... einen sogenannten Einsatzstock in seiner rechten Hand hielt, entgegnete S... zunächst: „Hallo wir sind doch hier um zu deeskalieren!“ Als er sich hierbei - aus Sicht des Angeklagten R... - halb zu ihm ungewandt hatte, schob der Angeklagte R... S... zunächst von sich weg, indem er mit dem Einsatzstock gegen dessen linken Oberarm-/Schulterbereich drückte. S..., welcher durch dieses Verhalten des Angeklagten R... überrascht war, drückte, wobei er seine andere Hand in seiner Hosentasche gelassen hatte, mit seinem anderen Arm den Einsatzstock des Angeklagten R... zur Seite. Hierbei ist nicht auszuschließen, dass der von S... zur Seite gedrückte Einsatzstock den Angeklagten R... leicht im Gesichtsbereich traf. Während des gesamten Vorgangs steckte die rechte Hand des S... in der rechten Außentasche der von ihm getragenen Jacke, während seine linke Hand - mit Ausnahme der vorstehend geschilderten Reflexbewegung - sich außerhalb der Jacke in Höhe des Hosenbundes am Körper befand.
Unmittelbar im Anschluss an die geschilderte Reflexbewegung von S... schlug der Angeklagte R..., ohne dass aus seiner Sicht oder auch nur auf Grund der objektiven Gegebenheiten ein rechtfertigender Grund hierfür bestanden hätte, mit seinem Einsatzstock einmal bewusst und gewollt gegen den linken Schläfen-/Schulterbereich des noch halb von ihm abgewandten Nebenklägers W... Dieser empfand hierdurch leichte Schmerzen und reagierte mit einer abwehrenden Bewegung seines linken Armes in Richtung des Kopfes des Angeklagten R..., zog den Arm aber unverzüglich, ohne dass er den Angeklagte R... traf, in die ursprüngliche Ausgangsposition zurück. Daraufhin wich der Angeklagte R... zunächst einige cm zurück, positionierte den Einsatzstock in Höhe seines Oberkörpers quer über seiner Brust und schlug sodann mit der Faust, in welcher er den Einsatzstock umfasst hielt, ohne rechtfertigenden Grund gezielt einmal mit voller Wucht in dessen Gesicht.
S... erlitt durch das geschilderte Vorgehen, wie vom Angeklagten R... auch gewollt, Schmerzen im linken Kieferbereich und an der rechten Schulter, welche insbesondere im Gesichtsbereich einige Tage andauerten. Die Beweglichkeit seiner Schulter war jedenfalls einige Tage lang auf Grund dieses Vorfalls eingeschränkt.
Bereits auf Grund des ersten, oben geschilderten, Schlags durch den Angeklagten R... hatte sich die Gruppe gewaltbereiter Fußballfans, welche bis zu diesem Zeitpunkt zunächst eine Distanz von ca. vier bis fünf Metern zur von Polizeibeamten gebildeten Einsatzkette eingehalten hatte, in einer Weise über das nunmehrige Geschehen erregt, dass ca. 30 bis 40 Personen in Form einer ungeordneten Meute nunmehr in Richtung der Polizeikette drängten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte R... mit seiner linken Hand das von ihm mitgeführte Einsatz-Pfefferspray ergriffen und sprühte dieses in Richtung der herannahenden Menge, wobei auch, was er bei seinem Vorgehen zumindest billigend in Kauf nahm, der keine Aggressionen zeigende S... im Gesicht vom, vom Angeklagten R... versprühten, Pfefferspray erfasst wurde. S... brannten sofort die Augen, er taumelte blind mehrere Meter zurück und stürzte sodann.
b) Während des nunmehr großflächigen Einsatzes von Pfefferspray durch mehrere Polizeibeamte im Bereich der gesamten Länge der genannten Polizeikette näherte sich nunmehr eine männliche Person, deren Personalien nicht mehr festgestellt werden konnten, welche eine dunkle Jacke trug und eine Kapuze über den Kopf gezogen hatte, dem direkt rechts neben dem Angeklagten R... befindlichen [Beklagten], wobei diese Person eine Wurfbewegung vollführte und zu Gunsten der beiden Angeklagten davon ausgegangen wird, dass diese unbekannte Person einen kleineren Gegenstand in Richtung der Polizeibeamten warf.
Unmittelbar nach dem geschilderten Wurf wandte sich die unbekannt gebliebene männliche Person, erkennbar unter dem Einsatz des Pfeffersprayeinsatzes, aus Sicht dieser Person nach rechts ab, so dass sie den beiden Angeklagten jeweils den Rücken zukehrte. Obwohl der [Beklagte] erkannte, dass von dieser Person keinerlei Gefahr für die eingesetzten Polizeibeamten mehr ausging, begab er sich einige Schritte nach vorne in Richtung des Unbekannten und schlug diesem mit seinem in der rechten Hand gehaltenen, polizeilichen Einsatzstock bewusst und gewollt mit voller Wucht in den Rückenbereich. Während der Unbekannte sich nunmehr in gebückter Haltung und erhobener Hand, welche bedeutete, das von ihm nunmehr keinerlei Angriffe mehr zu befürchten seien, in der Nähe eines dort stehenden kleinen Baumes befand, hatte der Angeklagte R... den Schlag des [Beklagten] in den Rückenbereich dieses Unbekannten bemerkt, begab sich daraufhin zu diesem mit seiner fast kauernden Körperhaltung und schlug dem Unbekannten ebenfalls einmal mit voller Wucht gezielt in den Rückenbereich. Hierbei hatte der Angeklagte R... erkannt, dass von dem Unbekannten keinerlei Bedrohung mehr für die eingesetzten Polizeibeamten ausging. Während der Angeklagte R... nunmehr wieder den übrigen Fußballfans nacheilte, schlug der [Beklagte], welcher in unmittelbarer Nähe zu dem Unbekannten stehen geblieben war, auf Grund des selben Tatentschlusses noch zweimal gezielt und mit voller Wucht mit seinem Einsatzstock gegen den Rückenbereich dieses Unbekannten, welcher immer noch sich in kauernder Abwehrhaltung befand. Der [Beklagte] hatte auch bei diesen weiteren Schlägen erkannt, dass für sein Vorgehen keinerlei rechtfertigender Grund bestand. Erst durch das Eingreifen seines Kollegen T..., welcher ihn aufforderte, doch damit aufzuhören, ihn hierbei an der Schulter fasste, ließ der [Beklagte] von weiteren Schlägen gegen den Unbekannten ab.
Auf Grund des Vorgehens beider Angeklagter erlitt der Unbekannte jeweils jedenfalls nicht unerhebliche Schmerzen an den von den Schlagstöcken getroffenen Körperstellen...“
3. Das Polizeipräsidium Mittelfranken leitete mit Schreiben vom 8. November 2012 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und setzte das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Mit Bescheid vom 8. November 2012 wurde dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Mit rechtskräftigem Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens wurde das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufgehoben. Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben vom 2. Februar 2015 fortgesetzt.
Der Beklagte wurde gemäß Art. 22 BayDG unterrichtet, belehrt und angehört.
4. Am 1. Dezember 2015 erhob der Kläger wegen des strafrechtlich geahndeten Sachverhalts beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten herabzustufen.
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 wurde der Beklagte in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A 7) zurückgestuft. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe - insbesondere unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und seines bisherigen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren. Eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei vorliegend weder als angemessen noch als erforderlich anzusehen. Auf der Basis der strafgerichtlichen Feststellungen sei zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen, dass er sich in einer für ihn bisher einmaligen, außergewöhnlichen Einsatz- und Stresssituation befunden habe. Es sei deshalb nachvollziehbar, dass sich der Beklagte nach der durch das völlig überzogene Vorgehen des Beamten R... gegen den geschädigten W... ausgelösten weiteren Eskalation der Situation, massiv bedroht gefühlt und situationsbedingt überreagiert habe und sich auch zur Verwendung des Einsatzstockes habe hinreißen lassen. Zu Gunsten des Beklagten sei auch zu berücksichtigen, dass der Unbekannte zuvor einen Gegenstand in Richtung des Beklagten geworfen habe und nicht auszuschließen sei, dass der Beklagte mit der Möglichkeit gerechnet habe, es könne zu einem weiteren Wurf durch den Unbekannten kommen. Unter besonderer Berücksichtigung des positiven Persönlichkeitsbildes des Beklagten und seiner vor und nach dem Vorfall tadellosen Dienstführung sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Vorfall vom 21. April 2012 um ein einmaliges, nicht der Persönlichkeit des Beklagten entsprechendes, also persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten gehandelt habe. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 19. August 2016, am 19. September 2016 Berufung eingelegt und zuletzt beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 aufzuheben und wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme des Verweises zu erkennen; hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme, nämlich die Zurückstufung um nur eine Besoldungsgruppe, zu erkennen.
Das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht an dem Strafrahmen des Gesetzgebers bzw. des zugrundeliegenden Urteils orientiert. Dieser dürfe wegen der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarverfahren keine ausschlaggebende Bedeutung haben.
Zwar seien die Feststellungen des Strafgerichts bindend. Das Verwaltungsgericht habe sich jedoch mit der gegebenen Notwehrsituation nicht auseinandergesetzt. Das Strafgericht habe nicht berücksichtigt, dass durch die Einsatzleitung der Einsatz von Zwangsmitteln angeordnet worden sei. Nicht berücksichtigt worden sei, dass sich der Beklagte in einer Atmosphäre der Unterlegenheit und Angst befunden habe, da die Situation zu eskalieren drohte. Das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, „dass das Strafgericht den Strafrahmen am untersten Rand festgesetzt“ habe. Es sei ersichtlich, dass die Mindeststrafe nur unerheblich überschritten worden sei. Insoweit sei hier nur von einer Tat am unteren Rand auszugehen. Es handele sich somit um kein sonderlich schweres Dienstvergehen. Ein Verweis wäre verhältnismäßig gewesen.
Das Verwaltungsgericht hätte sich selbst nochmals ein Bild von der für den Beklagten gegebenen Notwehr/Nothilfesituation machen müssen. Es sei zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte in einer Ausnahmesituation befunden habe. Aus subjektiver Sicht habe er sich „absolut bedroht“ gefühlt. Für die Verurteilung der dienstrechtlichen Verfehlung komme es darauf an, ob sich subjektiv gesehen der Beamte in einer Notwehrsituation befunden habe.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat am 6. Juni 2018 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. In Abänderung von Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Juli 2016 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um eine Stufe in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) erkannt.
Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach Art. 6 BayDG richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.1). Ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, macht sich in aller Regel untragbar. In diesem Fall ist grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.2). Im vorliegenden Einzelfall erscheint jedoch die mangels Anschlussberufung des Klägers ohnehin nicht in Betracht kommende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unverhältnismäßig, weil zugunsten des Beklagten mildernde Umstände von einigem Gewicht zu berücksichtigen sind. Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass ein endgültiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht eingetreten ist. Der Beklagte war daher um eine Stufe in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) zurückzustufen (2.3).
1. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Juni 2014 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25, 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte am 21. April 2012 gemäß §§ 340 Abs. 1, Abs. 3, 224 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. StGB eine gefährliche Körperverletzung im Amt begangen, als er nach dem Heimspiel des 1. FC Nürnberg gegen den Hamburger Sportverein einer nicht mehr zu ermittelnden Person dreimal schuldhaft und ohne rechtfertigenden Grund mit dem Einsatzstock in den Rückenbereich schlug. Der Unbekannte erlitt kurz andauernde, aber nicht unerhebliche Schmerzen.
Ein Anlass für eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil zum äußeren wie inneren Tatbestand, zur Schuldfähigkeit, zur Schuldform, zum Ursachenzusammenhang sowie zu Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründen besteht nicht. Die Verwaltungsgerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn neue Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B.v. 27.12.2017 - 2 B 18/17 - juris Rn. 28 m.w.N.).
Die im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth im Urteil vom 27. Juni 2014 beruhen auf einer umfassenden, ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung, insbesondere aufgrund des in Augenschein genommenen Polizeivideos. Die Tatsache, dass die Strafkammer aufgrund des äußeren Tatgeschehens das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes verneint hat, stellt keine fehlerhafte Beweiswürdigung dar (OLG Nürnberg, B.v. 27.11.2014 - 2 OLG 2 Ss 284/14 B). Die vom Beklagten behauptete Notwehr bzw. Nothilfesituation konnte der Senat, der das Polizeivideo im Rahmen der mündlichen Verhandlung ebenfalls in Augenschein genommen hat, nicht erkennen. Der Unbekannte leistete weder Widerstand noch griff er (vermeintlich) an. Da sich dieser zum Zeitpunkt der Schläge bereits abgewandt hatte, bestand auch keine Putativnotwehrsituation. Auch insoweit besteht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend auf S. 28 seines Urteils angenommen hat - die Bindungswirkung des landgerichtlichen Urteils.
Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 340 Abs. 1 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 11 m.w.N.).
2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG und der dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelung des Disziplinargesetzes des Bundes ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 12 m.w.N.).
2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für seine Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 16).
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten nunmehr auf den Strafrahmen zurück und folgt damit der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254; B.v. 05.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 14).
Vorliegend stellt die dienstpflichtverletzende Handlung eine sehr schwere Dienstpflichtverletzung dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass für Straftaten der gefährlichen Körperverletzung im Amt nach §§ 340 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe besteht. Begeht ein Beamter wie vorliegend innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es sogar bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 18.6.2015 a.a.O. juris Rn. 33 m.w.N.).
Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem abgeurteilten Strafmaß (hier: acht Monate) entgegen der Auffassung des Beklagten bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 15), zumal das Landgericht die Anwendung des für einen minder schweren Fall vorgesehenen Ausnahmestrafrahmens (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB: drei Monate bis fünf Jahre) nicht für geboten hielt.
2.2 Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung im vorliegenden Fall war zunächst die Höchstmaßnahme, also die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG.
Der Beklagte hat in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begangen, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorlag, und damit als Polizeivollzugsbeamter in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr verstoßen und den Kernbereich seiner Dienstpflichten verletzt. Durch sein Verhalten hat der Beklagte die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse missbraucht, das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit erschüttert und in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei beeinträchtigt. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen, sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Das zur Ausübung dieser Ämter erforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen. Die Allgemeinheit kann und darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, zu deren Kernpflichten es gehört, die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) besitzt einen besonders hohen Rang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 16a D 14.1992 - juris Rn. 49 m.w.N.; BayVGH, U.v. 12.7.2017 - 16a D 15.368 - juris Rn. 53).
2.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 14 BayDG führt dazu, dass der Beklagte um eine Stufe in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8) zurückzustufen ist. Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen und das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten zur Überzeugung des Senats ausreichend, aber auch erforderlich.
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich klargestellt, dass die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens nur in Betracht kommt, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (BVerwG, U.v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 - juris Rn. 29). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, U.v. 23.7.2013 - 2 C 63.11 - juris Rn. 13). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich in besonderer Weise (BVerwG, U.v. 18.6.2015 a.a.O. - juris Rn. 36).
Hiervon ausgehend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwar schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG wiegt, der Beklagte insbesondere unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit jedoch noch nicht endgültig verloren hat und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorliegend weder als verhältnismäßig noch als erforderlich anzusehen wäre. Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist vorliegend wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens nicht geboten.
2.3.1 Zu Lasten des Beklagten spricht, dass er dreimal mit dem Einsatzstock vorsätzlich und ohne rechtfertigenden Grund auf den Rücken des Unbekannten geschlagen hat, von dem zum Zeitpunkt der Anwendung des Einsatzstockes ersichtlich keine Gefahr mehr ausgegangen ist. Der Beklagte schlug „gezielt und mit voller Wucht“ (Bl. 476 der Strafakte) und musste vom Kollegen T... von weiteren Schlägen abgehalten werden (Bl. 476 der Strafakte). Negativ zu werten ist auch, dass der Beklagte dem Unbekannten folgte und auf den Rücken schlug, wobei dieser zum Zeitpunkt der letzten beiden Schläge bereits auf dem Boden kauerte. Insoweit ist auch die gerichtliche Feststellung, dass eine „erhebliche Überschreitung der polizeilichen Befugnisse“ (Bl. 485 der Strafakte) vorlag, zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen.
2.3.2 Zu Gunsten des Beklagten greifen vorliegend jedoch beträchtliche Milderungsgründe, die dazu führen, dass zur Ahndung der einmaligen Verfehlung eine einfache Zurückstufung als ausreichend anzusehen ist.
Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Verhalten des Beklagten durch die äußeren Umstände maßgeblich beeinflusst war. Die Stimmung war - wie auch im Strafverfahren festgestellt - „aufgeheizt“, die Beamten der Polizei zahlenmäßig unterlegen: Zehn bis zwölf Beamte bildeten die Polizeikette und standen 30 bis 40 Fans gegenüber. Diese waren gewaltbereit. Es kam zu Schmähungen wie „Jetzt hauen wir den Bullen so richtig auf die Fresse“ und „Scheiß Bullen“ (Bl. 474 der Strafakte). Überdies bewegten sich die Fans unmittelbar vor dem Vorfall „in Form einer ungeordneten Meute (Bl. 475 der Strafakte) auf die Polizeikette zu. Vor allem das Bedrohungsszenario, das die Fans bereits durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit und das Nicht-Einhalten eines hinreichenden Abstands zur Polizeikette aufbauten, sowie der verbalen Provokationen und Beleidigungen seitens der Fans lassen das Verhalten des Beklagten als weniger schwerwiegend erscheinen.
Das Dienstvergehen erscheint auch deswegen weniger gravierend, weil zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen ist, dass das spätere Opfer einen kleineren Gegenstand in Richtung der Polizeibeamten warf (Bl. 475 der Strafakte), was eine zusätzliche Bedrohung bzw. Provokation darstellte.
Dem Senat ist zwar bewusst, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter bzw. als Mitglied einer geschlossenen Polizeieinheit mit solchen besonderen Situationen vertraut ist. Gleichwohl hält der Senat dem Beklagten eine Ausnahmesituation zum Tatzeitpunkt mildernd zu Gute, die zu einem Augenblicksversagen des Beklagten geführt hat, der sich von dem Fehlverhalten des früheren Kollegen R..., das die Eskalation der Situation maßgeblich befördert hat, hat anstecken lassen.
Zu Gunsten des Beklagten spricht auch, dass er bisher (bis auf die zugrunde gelegte Verurteilung) weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist und er mehrfach Leistungsprämien erhalten hat. Zudem zeigen die bisherigen dienstlichen Beurteilungen, bei denen der Beklagte 2008 und 2011 jeweils 10 Punkte erreichte, dass der Beklagte gute Leistungen erbringt. Bestätigt wird dieser positive Eindruck durch die Persönlichkeitsbilder vom 4. Mai 2015 und vom 5. Juni 2018, die ihm ein „tadelloses Verhalten“ vor und nach dem Vorfall bescheinigen.
2.3.3 Im Rahmen der Gesamtschau der den Beklagten be- und entlastenden Umstände ist deshalb - auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten - eine deutliche Pflichtenmahnung in Form der Zurückstufung des Beklagten um eine Stufe geboten. Diese Disziplinarmaßnahme ist aufgrund der erheblichen Milderungsgründe schuldangemessen und im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens und den damit einhergehenden Vertrauensschaden verhältnismäßig.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).