Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Dez. 2010 - 4 K 912/10.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2010:1216.4K912.10.NW.0A
bei uns veröffentlicht am16.12.2010

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Untersagung eines Wanderlagers durch die Beklagte rechtswidrig war.

2

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich. Sie ist seit dem 16. April 2010 beim Landesgericht F... mit der Firmenbuchnummer ... im Gewerberegister mit dem Firmenprofil „Vertrieb von Wellness- und Beautyprodukten, Haushaltswaren, Elektroartikel, Reiseutensilien, Nahrungsergänzungsmittel sowie Geschenkartikel aller Art“ registriert. Die Klägerin beabsichtigt, ihre geschäftlichen Aktivitäten auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszudehnen.

3

Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 lud die Klägerin Teilnehmer eines von ihr veranstalteten Gewinnratespieles zu einer Veranstaltung am 11. August 2010 um 18:00 in der Gaststätte des ortsansässigen Fußballvereins … N... in der A-Straße …, ... N... ein. Bei dieser Veranstaltung sollte den Teilnehmern ein Gewinn in Form einer dreitägigen Reise im Wert von 276,00 Euro übergeben werden. Weiter kündigte die Klägerin ein kostenloses Abendessen, eine zusätzliche Gewinnmöglichkeit von bis zu 150 Euro sowie ein zusätzliches Dankeschön in Form erlesener Spezialitäten aus Österreich an. Während des Abendessens sollten die Gäste über Reiseangebote informiert und ihnen der Urlaubskatalog 2010/2011 der Klägerin vorgestellt und überreicht werden. Den Teilnehmern war gestattet, Freunde, Bekannte oder Nachbarn zu dieser Veranstaltung einzuladen.

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Die Beklagte erhielt am 09. August 2010 über das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Auskunft von der Stadt A-Stadt, dass die Klägerin nach den Vorschriften der österreichischen Gewerbeordnung nicht legitimiert sei, Reisen zum Verkauf anzubieten, weil die hierfür erforderliche Zuverlässigkeit bisher nicht festgestellt worden sei. Mit Telefax und E-Mail vom 10. August 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die geplante Veranstaltung gebührenpflichtig untersagen werde und der Klägerin insoweit rechtliches Gehör gewähre. In einem darauf folgenden Schriftwechsel mit der Beklagten vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sie aufgrund der Bestimmung des § 4 GewO das Wanderlager nicht anzeigen müsse.

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Nach einer Kontrolle am 11. August 2010 gegen 17.30 Uhr an dem von der Klägerin angekündigten Veranstaltungsort untersagte die Beklagte der Klägerin mündlich die Durchführung der geplanten Veranstaltung. Auf Verlangen der Klägerin bestätigte die Beklagte ihre Entscheidung mit Schreiben vom 17. August 2010. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Untersagungsverfügung sei auf der Grundlage des § 56 a Absatz 2 GewO ergangen. Diese Vorschrift finde hier Anwendung, da die Klägerin sich nicht auf die Privilegierung des § 4 GewO berufen könne. Denn die Klägerin sei zum Anbieten von Reisedienstleistungen nach österreichischem Recht nicht legitimiert. Eine Registrierung zur Ausübung eines Handelsgewerbes ersetze die fehlende Berechtigung zur entgeltlichen Erbringung und Vermittlung von Reisedienstleistungen nicht. Die geplante Veranstaltung der Klägerin stelle ein Wanderlager dar, die hätte vorher rechtzeitig angekündigt werden müssen. Die Klägerin habe auch entgegen den Vorschriften unentgeltliche Zuwendungen angekündigt. Dies sei jedoch aus Gründen des Verbraucherschutzes untersagt. Die Klägerin verfüge auch nicht über eine Reisegewerbekarte. Für das Verhindern der Durchführung des Wanderlagers spreche, dass die Klägerin elementare verbraucherschützende Vorschriften nicht beachtet habe.

6

Die Klägerin hat dagegen am 01. September 2010 Klage erhoben. Sie trägt vor, es bestehe ein besonderes Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung auch nach deren Erledigung. Sie beabsichtige auch in Zukunft im Gebiet der Beklagten Veranstaltungen unter im Wesentlichen gleichen tatsächlichen Verhältnissen durchzuführen. Zwar sei auch nach ihrer Ansicht deutsches Recht anwendbar. Jedoch seien die Voraussetzungen des § 4 GewO gegeben. Deshalb sei weder eine Anmeldung nach § 56 a GewO erforderlich gewesen, noch bedurfte es der Mitführung einer Reisegewerbekarte. Die Untersagung sei auch angesichts der Kurzfristigkeit und der dadurch bedingten eingeschränkten Möglichkeit, dagegen Rechtsmittel einzulegen, unverhältnismäßig gewesen. Sie sei auch nicht erforderlich gewesen, da die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach durchgeführter Veranstaltung ein milderes Mittel darstelle.

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Die Klägerin beantragt,

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festzustellen, dass die Untersagung vom 10. August 2010 durch die Beklagte bezüglich der Veranstaltung vom 11. August 2010 in der … Gaststätte, A-Straße 20, … N..., rechtswidrig gewesen ist.

9

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat sich zur Sache nicht geäußert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, da die Beteiligten sich mit dieser Form der Entscheidung einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (I. ), in der Sache aber unbegründet ( II. )

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Die Klägerin begehrt bei verständiger Würdigung ihres Begehrens gemäß § 88 VwGO die Feststellung der Rechtswidrigkeit der - am 17. August 2010 schriftlich bestätigten - mündlichen Untersagungsverfügung der Beklagten vom 11. August 2010. Bei dem per Telefax übermittelten Schreiben der Beklagten vom 10. August 2010, dessen Aufhebung die Klägerin beantragt hat, handelte es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern lediglich um die schriftliche Anhörung nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG. Dem Schreiben der Beklagten vom 17. August 2010 kommt keine eigenständige Bedeutung zu, denn dieses dokumentiert gemäß § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nur, dass ein mündlicher Verwaltungsakt bestimmten Inhalts von der Beklagten erlassen worden ist. Diese Bestätigung ist, da sie von dem mündlichen Verwaltungsakt vom 11. August 2010 inhaltlich nicht abweicht, kein Verwaltungsakt, sondern nur eine schlicht hoheitliche Maßnahme (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2010, § 37 Rdnr. 23; Weidemann/Rheindorf, DVP 2009, 376, 377).

I.

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Die Klage ist zulässig.

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Sie ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Unmittelbar gilt diese Norm nur im Falle der Erledigung bereits anhängiger Klageverfahren. Analoge Anwendung findet die Bestimmung aber auch dann, wenn – wie hier – die Erledigung bereits vor Klageerhebung eingetreten ist (s. z.B. BVerwG, NVwZ 2000, 63; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 2010 - 1 S 2266/09 -, juris).

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Bei der in Streit stehenden von der Beklagten am 11. August 2010 gegenüber der Klägerin in der …-Gaststätte in N... ausgesprochenen Untersagung der geplanten Reisepräsentation im Nebenraum der Gaststätte handelte es sich um einen mündlichen Verwaltungsakt im Sinne von § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG. Denn das der Klägerin vor Ort aufgegebene Verbot, die Veranstaltung durchzuführen, enthielt nach seinem objektiven Sinngehalt eine rechtsverbindliche hoheitliche Regelung mit Außenwirkung in einem konkreten Einzelfall. Weitere Voraussetzung hierfür ist, dass der Verwaltungsakt tatsächlich erledigt sein muss. Dies ist hier der Fall. Tatsächliche Erledigung ist vorliegend wegen Zeitablaufs im Sinne von § 1 LVwVfG i.V.m. § 43 Abs. 2 VwVfG eingetreten, weil das gegen die Klägerin ausgesprochene Verbot auf den 11. August 2010 beschränkt war und daher die mit dem Verwaltungsakt verbundene Beschwer weggefallen ist, und er nicht mehr Grundlage für weitere Vollstreckungsmaßnahmen sein kann.

18

Die auch im Falle einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 113 Rn. 125 m. w. N.) folgt daraus, dass die Klägerin Adressatin der Verfügung war.

19

Die Klägerin hat ferner unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr das für die Klage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung dargetan. Eine Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr gegeben ist, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. BVerwG NVwZ 1990, 360; OVG Nordrhein-Westfalen, NJW 2007, 3798). Die Klägerin beabsichtigt unter im Wesentlichen gleichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen weitere Veranstaltungen im Gebiet der Beklagten durchzuführen. Auch ist die Annahme begründet, dass die Beklagte weiterhin an ihrer Rechtsauffassung festhält.

20

Die Durchführung eines Vorverfahrens nach § 68 VwGO war entbehrlich, da der Verwaltungsakt sich schon vor Ablauf der Widerspruchsfrist erledigt hatte (vgl. BVerwG, NVwZ 2000, 63).

II.

21

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die auf § 56 a Abs. 2 der Gewerbeordnung - GewO - i.d.F. des am 28. Dezember 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Gewerberecht und in weiteren Rechtsvorschriften - DienstlRLUmsG - vom 17. Juli 2009 (BGBl. Seite 2091) gestützte Untersagungsverfügung vom 11. August 2010 war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Die Verfügung war sowohl formell ( 1. ) als auch materiell rechtmäßig ( 2. ).

22

1. Die Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich aus § 155 Absatz 2 GewO i.V.m. § 1 Nr. 2 der Landesverordnung über Zuständigkeiten im Gewerberecht vom 30. Januar 2001 (GVBl. Seite 43), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 2006 (GVBl. Seite 450). Danach ist die Beklagte für die Durchführung des Titels III (Reisegewerbe) der Gewerbeordnung zuständig. Zu diesem Titel zählt auch § 56 a GewO.

23

Eine Anhörung der Klägerin im Sinne des § 1 LVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG war erfolgt.

24

2. Die Untersagung der geplanten Veranstaltung am 11. August 2010 war auch materiell rechtmäßig, denn die Voraussetzungen des § 56 a Abs. 2 GewO lagen vor. Die schriftliche Bestätigung der mündlich erfolgten Untersagung erfolgte gemäß § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG.

25

Nach § 56 a Abs. 2 GewO kann die Veranstaltung eines Wanderlagers untersagt werden, wenn die Anzeige nach § 56 a Abs. 1 GewO nicht rechtzeitig oder nicht wahrheitsgemäß oder nicht vollständig erstattet ist oder wenn die öffentliche Ankündigung nicht den Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 zweiter Halbsatz und Satz 2 entspricht. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Bei der von der Klägerin angekündigten Veranstaltung handelte es sich um ein Wanderlager im Sinne des § 56 a GewO (a. ). Diese Bestimmung war hier nicht durch § 4 GewO gesperrt (b. ). Die Klägerin hatte sowohl gegen die Anzeigepflicht des § 56 a Abs. 1 Satz 1 GewO als auch gegen § 56 a Abs. 1 Satz 2 GewO verstoßen (c . ). Schließlich wies die Entscheidung der Beklagten keine Ermessensfehler auf ( d . ), insbesondere war sie verhältnismäßig ( e. ).

26

a. Die von der Klägerin angekündigte Veranstaltung unterfällt dem Begriff des Wanderlagers im Sinne von § 56 a GewO. Ein Wanderlager liegt vor, wenn der Gewerbetreibende außerhalb einer gewerblichen Niederlassung und außerhalb einer Messe, Ausstellung oder eines Marktes von einer festen Verkaufsstätte aus vorübergehend Waren feilhält, Bestellungen auf Waren („Vertrieb“, § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO) aufsucht oder Dienstleistungen vertreibt ( vgl . zum Wanderlagerbegriff bei Waren: BVerwG NVwZ-RR 1993, 548; Landmann/Rohmer/Schönleiter, GewO, Stand April 2010, § 56 a, Rdnr. 21; Rossi in: Pielow, BeckOK GewO, Stand Oktober 2010, § 56 a Rdnr. 9; zur Erweiterung des § 56 a Absatz 1 GewO auf Dienstleistungen durch das DienstlRLUmsG vgl. Schönleiter GewArch 2009, 384).Bei einer vorbereitenden Tätigkeit kommt es entscheidend auf eine Verknüpfung von Werbung und konkreter Geschäftsanbahnung an (OVG Niedersachsen, GewArch 1991, 431).

27

Die am 11. August 2010 in der …-Gaststätte in N... beabsichtigte Veranstaltung der Klägerin erfüllte diese Voraussetzungen. Die geplante Präsentation ihres Leistungsangebots sowie die Vorstellung und Aushändigung ihres Urlaubskatalogs 2010/2011 sollten dem Vertrieb von Reisedienstleistungen der Klägerin dienen. Nach ihrer eigenen Aussage hatte sie Reisen im Angebot, über die sie ihre Teilnehmer persönlich beraten wollte. Indem die Klägerin bereits vor Erlass der Untersagungsverfügung gegenüber der Beklagten bestritt, eine besondere Genehmigung zum Verkauf von Reisen zu benötigen, räumte sie ihre Verkaufsabsicht bei der geplanten Veranstaltung ein. Dass damit auch die Möglichkeit einer konkreten Geschäftsanbahnung beabsichtigt war, ergibt sich nach Ansicht der Kammer aus dem Einladungsschreiben und den späteren Aussagen der Klägerin.

28

b. Der sachliche Anwendungsbereich des § 56 a GewO war nicht durch § 4 GewO gesperrt, da dessen Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt waren. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GewO ist § 56 a GewO - ebenso wie §§ 55 c und 57 Abs. 3 GewO - nicht anzuwenden, wenn Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorübergehend selbständig gewerbsmäßig tätig werden, es sei denn, es werden gewerbsmäßige Tätigkeiten ausgeübt, die auf Grund des Artikels 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27. Dezember 2006, Seite 36) – im Folgenden: Richtlinie 2006/123/EG (Dienstleistungsrichtlinie) - vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie oder auf Grund der Regelungen des Artikels 17 dieser Richtlinie von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind. Eine Niederlassung besteht nach § 4 Abs. 3 GewO, wenn eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird.

29

Zwar erfüllte die Klägerin bei einer reinen Wortlautauslegung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 GewO. Denn die Klägerin beabsichtigte als Gewerbetreibende von ihrer in Österreich belegenen Niederlassung vorübergehend eine Dienstleistung in Deutschland zu erbringen, die als Reisedienstleistung betreffend ihrer Art nach nicht gemäß Art. 2 Abs. 2, 17 RL 2006/123/EG von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen war. Bei der Auslegung von § 4 Abs. 1 GewO ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift der Umsetzung von Art. 16 RL 2006/123/EG dient (s. BT-Drucksache 16/12784 Seite 11) und deshalb richtlinienkonform in dem Sinne auszulegen ist, dass der Dienstleistungserbringer die Anforderungen des Mitgliedsstaates seiner Niederlassung erfüllen muss, d.h. in seinem Herkunftsstaat die gleiche Tätigkeit rechtmäßig und ohne Beschränkungen erbringen kann. Dies ergibt sich aus Folgendem:

30

Art. 16 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie verpflichtet jeden Mitgliedstaat, die freie Aufnahme und Ausübung der Dienstleistungstätigkeit zu gewährleisten (Prinzip des freien Dienstleistungsverkehrs). Nur unter den in Art. 16 Abs. 3 Satz 1 RL 2006/123/EG bestimmten Voraussetzungen darf der Bestimmungsstaat unter Beachtung des Abs. 1 beschränkende Anforderungen in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen stellen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit oder des Schutzes der Umwelt gerechtfertigt sind. Beschränkungen beispielsweise aus Gründen des Verbraucherschutzes sind dagegen nicht möglich (s. BT-Drucksache 16/12784 Seite 11). Art. 16 RL 2006/123/EG ist im Lichte der von Art. 56 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (ex-Artikel Art. 49 ff. EGV) garantierten Dienstleistungsfreiheit auszulegen (vgl. zur Auslegung der Dienstleistungsrichtlinie im Zusammenhang mit Primärrechtsvorschriften: Europäische Gemeinschaften, Handbuch zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie, 2007, 1.1., s. http://ec.europa.eu/internal_market/ services/docs/services-dir/guides/handbook de.pdf ). Außerhalb der Rechtfertigungsgründe des Art. 16 Abs. 3 RL 2006/123/EG ist de facto vomRecht des Herkunftsstaates auszugehen (vgl. Schmidt-Kessel in: Schlachter/Ohler, Europäische Dienstleistungsrichtlinie, 2008, Kapitel IV, Art. 16 Rdnr. 22 ff.; Roth in: Leible, Die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie – Chancen und Risiken für Deutschland, 2008, Seiten 205, 216, 218; Luch/Sönke GewArch 2009, 143; Callies DVBl. 2007, 336, 344; Roth in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 26. Auflage 2010, E.I. Rdnr. 247; Heidfeld, NVwZ 2009, 1471, 1473).

31

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH, dass nach Art. 56 AEUV (ex-Artikel Art. 49 EGV) Beschränkungen unzulässig sind, wenn sie geeignet sind, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (s. z.B. EuGH, NJW 1991, 2693 „Säger“; EuGH, EuZW 2000, 763 „Corsten“; EuGH, Urteil vom 07. Oktober 2010 – C-515/08 – „Santos Palhata“). Für diese Auslegung spricht auch die aufsichtsrechtliche Regelung des Art. 29 Abs. 1 RL 2006/123/EG (vgl. Roth in: Dauses, a.a.O., Rdnr. 247), nach der der Niederlassungsmitgliedstaat bei grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung dem Bestimmungsstaat gegenüber im Wege der Amtshilfe zu bestätigen hat, dass ein Dienstleistungserbringer in seinem Hoheitsgebiet niedergelassen ist und – seines Wissens – seine Tätigkeiten nicht in rechtswidriger Weise ausübt. Nach Auslegung der Dienstleistungsrichtlinie im Lichte der garantierten Dienstleistungsfreiheit ist es mithin zwingende Voraussetzung des Art. 16 Abs. 1 RL 2006/123/EG, dass der Dienstleistungserbringer eine zumindest ähnliche Dienstleistung in seinem Herkunftsland rechtmäßig anbieten kann (vgl. auch Roth in: Leible, a.a.O., Seiten 205, 218; Storr in: Pielow, BeckOK GewO, a.a.O., § 4 Rdnr. 3). Dabei ist die Überwachungsverantwortung ausschließlich dem Niederlassungsstaat zugewiesen (Luch/Sönke GewArch 2009, 143; Heidfeld, NVwZ 2009, 1471, 1473).

32

Hiervon ausgehend erfüllt die Klägerin die Anforderungen des Mitgliedsstaates ihrer Niederlassung nicht. Nach Auskunft der Stadt A-Stadt war die Klägerin nach den Vorschriften der österreichischen Gewerbeordnung nicht zum Vertrieb von Reisen legitimiert. Bei der beabsichtigten Werbe- und Vertriebsveranstaltung für Reisen handelte es sich um die Ausübung eines Gewerbes, das von dem Begriff des Reisebüros in § 95 der österreichischen Gewerbeordnung (Gesetz von 1994, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2010) - im Folgenden ÖGewO - umfasst ist und nach § 94 Ziffer 56 ÖGewO zu den reglementierten Gewerben zählt. Eine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes eines Reisebüros ist nach § 126 Abs. 1 ÖGewO u.a. erforderlich für die Vermittlung und die Besorgung von für Reisende bestimmter Unterkunft oder Verpflegung (Nr. 3), die Vermittlung von Pauschalreisen einschließlich Gesellschaftsfahrten (Nr. 4) und die Veranstaltung von Pauschalreisen einschließlich Gesellschaftsfahrten, die der Veranstalter direkt oder über einen Vermittler anbietet (Nr. 5). Gemäß § 95 ÖGewO ist, da auf § 94 Ziffer 56 ÖGewO ausdrücklich Bezug genommen wird, bei diesem Gewerbe von der Behörde zu überprüfen, ob der Bewerber die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 ÖGewO beginnen. Die Behörde hat nach Abs. 1 der genannten Vorschrift auf Grund der Anmeldung des Gewerbes zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Hat die Anmeldung ein in § 95 ÖGewO genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde den Anmelder umgehend in das Gewerberegister einzutragen (§ 340 Abs. 2 ÖGewO). Über einen solchen rechtskräftigen Feststellungsbescheid für das Gewerbe eines Reisebüros verfügte die Klägerin nach Auskunft der Stadt A-Stadt jedoch nicht.

33

c. Die Voraussetzungen für eine Unterlassungsverfügung nach § 56 a Abs. 2 GewO waren gegeben. Nach § 56 a Abs. 2 GewO kann die nach Abs. 1 zuständige Behörde die Veranstaltung eines Wanderlagers untersagen, wenn die Anzeige nach Abs. 1 nicht rechtzeitig oder nicht wahrheitsgemäß oder nicht vollständig erstattet ist oder wenn die öffentliche Ankündigung nicht den Vorschriften des Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz und Satz 2 entspricht.

34

aa. Die Klägerin hat gegen die Anzeigepflicht des § 56 a Abs. 1 Satz 1 GewO verstoßen. Danach ist die Veranstaltung eines Wanderlagers zum Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen zwei Wochen vor Beginn der für den Ort der Veranstaltung zuständigen Behörde anzuzeigen, wenn auf die Veranstaltung durch öffentliche Ankündigung hingewiesen werden soll; in der öffentlichen Ankündigung sind die Art der Ware oder Dienstleistung, die vertrieben wird, und der Ort der Veranstaltung anzugeben. Der Begriff der öffentlichen Ankündigung ist entsprechend dem Sinn und Zweck des § 56 a GewO weit auszulegen (Landmann/Rohmer/Schönleiter, GewO, a.a.O., § 56 a, Rdnr. 4). Eine Ankündigung erfolgt dann öffentlich, wenn sie sich an eine Mehrzahl von Personen richtet, deren Kreis nicht bestimmt abgegrenzt ist und die zur Zeit der Ankündigung nicht durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind, also keine geschlossene Gesellschaft sind (vgl. BVerwG GewArch 1973, 261; OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1997, 329). Dabei kommt es nicht auf die Größe des Adressatenkreises der Ankündigung an und auch nicht auf dessen Ausrichtung nach bestimmten generellen Merkmalen, wie z.B. Wohnort, Vereinszugehörigkeit o.ä. Maßgeblich ist allein, dass die Personenmehrheit ohne förmliche Zulassung „offen“ ist. Eine öffentliche Ankündigung eines Wanderlagers liegt bereits dann vor, wenn der Veranstalter Teilnehmer an einem Gewinnspiel „als Gewinner“ zu einer Veranstaltung einlädt, bei welcher diese ihre Gewinne abholen können, unabhängig davon, ob in der Einladung auf die Absicht des Warenverkaufs hingewiesen wird (BayObLG, GewArch 2001, 77).

35

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hatte die Klägerin die für den 11. August 2010 geplante Veranstaltung in Form eines Wanderlagers öffentlich angekündigt. Die Klägerin hatte die Teilnehmer an dem Rätsel „als Gewinner“ zum Zwecke der Gewinnübergabe schriftlich zu der Veranstaltung eingeladen. Das der Ankündigung und Durchführung des Wanderlagers vorgeschaltete Gewinnspiel diente dem Zweck, Kontakt zu potentiellen Kaufinteressenten aufzunehmen und deren Anschriften für eine persönliche „Einladung“ zu erlangen. Das zum Zustandekommen der gewünschten Kontakte erforderliche Mitwirken des angesprochenen Personenkreises, nämlich die Teilnahme an dem Gewinnspiel und an der späteren Gewinnübergabe, vereinigte dessen Mitglieder weder untereinander noch in ihrem Verhältnis zum Veranstalter zu einer in sich geschlossenen Gruppe. Der angesprochene Personenkreis war in seiner Zusammensetzung völlig zufällig und nur durch die Teilnahme an demselben Gewinnspiel untereinander und zum Veranstalter verbunden. Indem die Klägerin die von ihr Eingeladenen dazu animierte, weitere Freunde, Bekannte oder Nachbarn einzuladen, öffnete sie den Teilnehmerkreis der Veranstaltung zusätzlich.

36

Die Klägerin hatte die Veranstaltung auch nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist der Beklagten angezeigt.

37

bb. Es lag auch ein Verstoß der Klägerin gegen § 56 a Abs. 1 Satz 2 GewO vor. Nach dieser Vorschrift dürfen unentgeltliche Zuwendungen (Waren oder Leistungen) einschließlich Preisausschreiben, Verlosungen und Ausspielungen nicht im Zusammenhang mit Veranstaltungen nach Satz 1 angekündigt werden. Mit dem Verbot unentgeltlicher Zuwendungen soll verhindert werden, dass durch die Ankündigung ein zusätzlicher Anreiz entsteht, der vom Charakter einer Verkaufsveranstaltung ablenkt. Das Ziel der Vermeidung weiterer Anlockeffekte dient insofern vor allem dem Verbraucherschutz, da im Fall der Zulässigkeit von Werbung mit unentgeltlichen Zuwendungen die Gefahr besteht, dass der Kunde noch stärker zur Teilnahme am Wanderlager motiviert wird (Schönleiter/Sprafke, GewArch 2010, 294, 295). Vorliegend kündigte die Klägerin unentgeltliche Zuwendungen an, indem sie in ihrer schriftlichen Einladung vom 30. Juli 2010 u.a. mit einem kostenlosen Abendessen, Gewinnmöglichkeiten in Höhe von bis zu 150 Euro und einem Dankeschön in Form einer Auswahl erlesener Spezialitäten aus Österreich warb.

38

d. Die Beklagte hat auch das ihr in § 56 a Abs. 2 GewO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Für eine Untersagungsverfügung nach § 56 a Abs. 2 GewO reicht allein eine nicht rechtzeitige Anzeige aus. Diese soll sicherstellen, dass die Behörde ausreichende Zeit zur Prüfung der gewerberechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Ordnungsmäßigkeit der Veranstaltung hat (OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1997, 329). Anhaltspunkte für Ermessensfehler der Beklagten sind nicht ersichtlich. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensentscheidung der Beklagten im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht über eine erforderliche Reisegewerbekarte im Sinne des § 55 Abs. 2 GewO verfügte. Auf § 4 Abs. 1 Satz 2 GewO konnte sich die Klägerin auch in Bezug auf das Erfordernis einer Reisegewerbekarte aus den oben genannten Gründen nicht berufen. Allein wegen Fehlen einer Reisegewerbekarte hätte die Beklagte die Ausübung des Reisegewerbes auch nach § 60 d GewO untersagen können.

39

e. Die Untersagungsverfügung war auch verhältnismäßig. Sie war zur Erreichung des von § 56 a Absatz 1 Satz 1, 2 GewO verfolgten Verbraucherschutzes geeignet. Mit dem Verbot sollte der Gefahr der Übervorteilung geschäftlich unerfahrener Menschen begegnet und damit verhindert werden, dass der eingeladene Personenkreis einem psychologischen Zwang zum Abschluss von Reiseverträgen ausgesetzt werden. Mildere gleich effektive Mittel waren nicht ersichtlich.

40

Das Verbot der Veranstaltung war auch vor dem Hintergrund der Erweiterung der Anzeigepflicht in § 56 a GewO auf Dienstleistungen durch das DienstlRLUmsG angemessen. Anlass für die Neuregelung waren Hinweise der Vollzugsbehörden, wonach in den letzten Jahren immer häufiger Wanderlager beobachtet wurden, die der Vermittlung von Reisen und anderen Dienstleistungen dienten. Für Verbraucher besteht aber praktisch die identische Überrumpelungssituation wie bei den „klassischen“ Wanderlagern, bei denen unter Ausnutzung einer bestimmten Drucksituation Rheumadecken, Kochtopf-Sets u.ä. zu nicht ganz niedrigen Preisen verkauft werden (s. Schönleiter, GewArch 2009, 384, 388). Von dem Veranstalter eines Wanderlagers wird mit der ihm in § 56 a GewO auferlegten Anzeigepflicht auch nichts Unzumutbares verlangt. Diese stellt einen nur relativ geringen Eingriff in die Freiheit der Dienstleistungserbringer dar, da der Anzeigevorbehalt nicht konstitutiv für die Erlaubnis zur Ausübung der Dienstleistungstätigkeit wirkt und somit auch keine Verzögerung, wie es bei Genehmigungsvorbehalten der Fall ist, für das Tätigwerden bedeutet (Heidfeld, NVwZ 2009, 1471, 1473). Die geplante Veranstaltung hätte die Klägerin z.B. per Telefax bei der Beklagten anzeigen können. Alternativ hätte sie die Anzeige nach § 6 b GewO i.V.m. dem rheinland-pfälzischen Landesgesetz über die einheitlichen Ansprechpartner in Verwaltungsangelegenheiten vom 27. Oktober 2009 (GVBl. Seite 355; näher dazu Fröhlich/Carra, LKRZ 2010, 252; Sicko, LKRZ 2010, 331) - EAPG - auch über den Einheitlichen Ansprechpartner - hier gemäß § 2 Abs. 1 EAPG die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd – schriftlich oder elektronisch einreichen können (s. § 6 EAPG). Da die Klägerin dem leicht zu erledigenden Anzeigeerfordernis nicht nachgekommen ist und dadurch der Beklagten die Möglichkeit genommen hat, die gewerberechtliche und wettbewerbsrechtliche Ordnungsmäßigkeit der Veranstaltung zu prüfen, war das Verbot der Veranstaltung angemessen. Denn der Verbraucherschutz der Teilnehmer der Veranstaltung überwog das Interesse der Klägerin an der Durchführung des Wanderlagers.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO.

42

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 Absatz 2 VwGO.

43

Beschluss

44

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 54.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

45

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Dez. 2010 - 4 K 912/10.NW zitiert 22 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Gewerbeordnung - GewO | § 55 Reisegewerbekarte


(1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 4 Absatz 3) oder ohne eine solche zu haben1.Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen

Gewerbeordnung - GewO | § 4 Grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung, Niederlassung


(1) Werden Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorübergehend selbst

Gewerbeordnung - GewO | § 155 Landesrecht, Zuständigkeiten


(1) Wo in diesem Gesetz auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den letzteren auch die verfassungs- oder gesetzmäßig erlassenen Rechtsverordnungen zu verstehen. (2) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen bestimmen die

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Dez. 2010 - 4 K 912/10.NW zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. Aug. 2010 - 1 S 2266/09

bei uns veröffentlicht am 19.08.2010

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 5415/07 - geändert.Es wird festgestellt, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am

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(1) Werden Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorübergehend selbständig gewerbsmäßig tätig, sind § 34b Absatz 1, 3, 4, 6 und 7, § 34c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 sowie § 38 Absatz 1 und 2 insoweit nicht anzuwenden. Die §§ 14, 55 Absatz 2 und 3, die §§ 55c, 56a Absatz 2, 3, 5 und 7 Nummer 1 sowie § 57 Absatz 3 sind in diesen Fällen ebenfalls nicht anzuwenden, es sei denn, es werden gewerbsmäßige Tätigkeiten ausgeübt, die auf Grund des Artikels 2 Absatz 2 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36) vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie oder auf Grund der Regelungen des Artikels 17 dieser Richtlinie von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Tätigkeit aus dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum heraus zur Umgehung der in Absatz 1 genannten Vorschriften erbracht wird. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn ein Gewerbetreibender, um sich den in Absatz 1 genannten Vorschriften zu entziehen, von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus ganz oder vorwiegend im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig wird.

(3) Eine Niederlassung besteht, wenn eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 5415/07 - geändert.

Es wird festgestellt, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen eines Polizeieinsatzes unter Androhung der Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.
Am 16.03.2007 waren Kräfte des Spezialeinsatzkommandos der Polizei des Landes Baden-Württemberg - im Folgenden: SEK - bei einem Gefangenentransport in Schwäbisch Hall eingesetzt. Das SEK hatte den Auftrag, den der gewerbsmäßigen Geldwäsche beschuldigten mutmaßlichen Sicherheitschef der russischen Gruppierung organisierter Kriminalität Ismajlovskaja - sog. russische Mafia -, der am 18.08.2006 in einem Stuttgarter Hotel verhaftet worden war und seither in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall in Untersuchungshaft einsaß, bei einer Augenarztpraxis in der Schwäbisch Haller Fußgängerzone vorzuführen. Gegen 9:45 Uhr wurde der Untersuchungsgefangene mit einem zivilen Sicherheitsfahrzeug in Begleitung von zwei weiteren sondergeschützten Dienst-Kfz des SEK zu der Augenarztpraxis in der ... ... ... verbracht. Die Einsatzfahrzeuge parkten im unmittelbaren Nahbereich vor der Arztpraxis. Zwei Beamte begleiteten den Untersuchungsgefangenen in die Praxis, der Einsatzleiter verblieb im Eingangsbereich zu dem Gebäude, um von dort aus den Personenverkehr zu kontrollieren. Zwei weitere Einsatzkräfte waren bei den Fahrzeugen. Ein Beamter war auf der gegenüberliegenden Straßenseite positioniert. Die zivil gekleideten Beamten führten ihre Mannwaffen bei sich, der Einsatzleiter zusätzlich eine Maschinenpistole. Gegen 10.30 Uhr meldeten die Innenkräfte, dass die Untersuchung in ungefähr zehn Minuten abgeschlossen sei. Kurz darauf näherten sich dem Einsatzleiter zwei bei der Klägerin beschäftigte Journalisten - ein Fotoreporter und ein Volontär -, wiesen sich als Pressevertreter aus und befragten ihn nach Grund und Details des Polizeieinsatzes. Der Einsatzleiter gab an, dass ein Gefangener der Justizvollzugsanstalt beim Arzt vorgeführt werde und verwies die Journalisten bezüglich näherer Auskünfte an die Pressestelle der Justizvollzugsanstalt oder der Polizeidirektion. Nachdem der Fotoreporter daraufhin dazu ansetzte, Bilder von den Dienstfahrzeugen und den eingesetzten Beamten anzufertigen, wurde er vom Einsatzleiter dazu aufgefordert, das Fotografieren zu unterlassen. Begründet wurde dies damit, dass die eingesetzten Beamten aus Gründen des Identitätsschutzes und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen nicht abgelichtet werden sollten. Als die Journalisten auf ihrem Rechercherecht beharrten, drohte der Einsatzleiter nach Darstellung der Klägerin die Beschlagnahme der Kamera und des Filmmaterials an. Nach Darstellung des Beklagten wies der Einsatzleiter lediglich darauf hin, dass bei Zuwiderhandlung eine Beschlagnahme des Filmmaterials über die Dienststelle geprüft werden könne. Darauf nahmen die Journalisten von ihrem Vorhaben Abstand, entfernten sich in Richtung Marktplatz und beobachteten das weitere Geschehen aus etwa 20 Metern Entfernung. Kurz darauf wurde der Untersuchungsgefangene von den Beamten des SEK aus der Arztpraxis geführt und zurück in die Justizvollzugsanstalt gebracht.
Am 17.03.2007 erschien ein Wortbericht über den Polizeieinsatz in der Tageszeitung der Klägerin.
Nach einem ergebnislosen Schriftwechsel mit dem Leiter des Bereitschaftspolizeipräsidiums, der darauf hingewiesen hatte, dass die Veröffentlichung von Bildern ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich gezogen hätte, hat die Klägerin am 12.10.2007 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Einsatzleiter habe die Beschlagnahme der Kamera des Fotoreporters konkret und eindringlich mit den Worten „Wenn Sie fotografieren, beschlagnahme ich die Kamera“ oder „Wenn Sie fotografieren, ist die Kamera weg“ angedroht. Die Untersagung von Bildaufnahmen unter Androhung der Beschlagnahme der Kamera und des Filmmaterials sei ein rechtswidriger Eingriff in die Pressefreiheit. Es handele sich um Verwaltungsakte, die durch Zeitablauf erledigt seien, doch bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil es wieder zu Polizeieinsätzen kommen könne, die die öffentliche Aufmerksamkeit erregten. Wegen der Polizeifestigkeit des Presserechts könnten die Maßnahmen schon grundsätzlich nicht auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden. Zudem lägen deren Voraussetzungen nicht vor, weil die Maßnahmen weder zur Verhinderung einer Straftat noch zum Schutz privater Rechte Dritter erforderlich gewesen seien. Eine Gefahr für eine Einrichtung des Staates, namentlich für die Funktionsfähigkeit des SEK, habe nicht bestanden. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach den §§ 22 ff., 33 KunstUrhG der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten wäre durch das beabsichtigte Fotografieren nicht erfolgt und sei auch nicht zu befürchten gewesen. Die Beamten wären vor einer Veröffentlichung durch Fotobearbeitung unkenntlich gemacht worden. Einer Bitte des Einsatzleiters, die Bilder strikt zu anonymisieren, wäre Folge geleistet worden. In der Bildberichterstattung liege keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der Einsatz habe Aufsehen erregt und sei spektakulär verlaufen. Der Einsatzleiter habe seine Maschinenpistole nur halb verborgen unter dem Mantel getragen. Es sei nicht Sache des Beklagten zu entscheiden, was berichtenswert sei. Der Beklagte habe die Klägerin nicht an der Informationsbeschaffung und an der Recherchetätigkeit hindern dürfen. Die Beamten des SEK seien relative Personen der Zeitgeschichte i. S. von § 23 KunstUrhG. Indem die beiden Journalisten sich gegenüber dem Einsatzleiter sofort ordnungsgemäß als Pressevertreter zu erkennen gegeben hätten, hätten sie deutlich gemacht, dass sie sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst seien. Nur wenn das Verhalten der Journalisten Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit hätte aufkommen lassen, wären polizeiliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen gewesen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt vor, der Einsatzleiter habe weder eine Beschlagnahme des Films angedroht noch eine Polizeiverfügung dergestalt erlassen, dass er ein polizeiliches Fotografierverbot angeordnet habe. Mangels Verwaltungsakts sei die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Sollte vom Einsatzleiter ein Fotografierverbot ausgesprochen worden sein, wäre dieses rechtmäßig gewesen. Der Einsatzleiter sei hierfür zuständig und das Verbot materiell-rechtlich nicht zu beanstanden gewesen. Nach einer Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg habe jederzeit damit gerechnet werden müssen, dass während der Dauer des SEK-Einsatzes Angriffe erfolgten, etwa ein Befreiungsversuch unternommen werde. Bei der Durchführung des Auftrags habe eine erhöhte Gefahr für die in Zivil gekleideten Beamten bestanden. Es habe sichergestellt werden müssen, dass durch das Fotografieren keine Aufmerksamkeit auf den Einsatz gelenkt werde, die Beamten von ihrem Auftrag nicht abgelenkt würden und sich die Pressevertreter bei einer eventuellen Überraschungsaktion nicht im Gefahrenbereich aufhielten. Ansonsten hätte die gegenwärtige Gefahr bestanden, dass der Erfolg des Einsatzes gefährdet oder vereitelt worden wäre. Die Bitte, nicht zu fotografieren, die auch dem Schutz der Pressevertreter gedient habe, sei geeignet und verhältnismäßig gewesen. Sie sei auch zur Verhinderung einer Straftat rechtmäßig gewesen, denn die Aufnahme und Veröffentlichung von Bildern der am Einsatz beteiligten Beamten hätte gegen §§ 22 ff., 33 KunstUrhG verstoßen. Eine Einwilligung zur Herstellung und/oder öffentlichen Zurschaustellung ihrer Bildnisse sei von den eingesetzten Beamten nicht erteilt worden und ein Ausnahmetatbestand des § 23 KunstUrhG habe nicht vorgelegen. Polizeibeamte im Einsatz seien keine relativen Personen der Zeitgeschichte. Ein besonderer Informationswert für die Öffentlichkeit an den eingesetzten Beamten habe nicht bestanden. Nach der konkreten örtlichen Situation hätte es sich bei den beabsichtigten Aufnahmen lediglich um Portrait-, jedenfalls aber um Nahaufnahmen der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten handeln können. Ein spezifisches Informationsinteresse an derartigen Aufnahmen habe nicht bestanden. Es habe sich nicht um einen spektakulären Einsatz von mehreren schwer bewaffneten Beamten gehandelt. Alle Beamten hätten Zivilkleidung getragen. Die Maschinenpistole sei verborgen mitgeführt worden. Mangels eines spektakulären Einsatzes wären auch Übersichtsaufnahmen oder ähnliche Fotografien nicht zulässig gewesen. Die Herstellung eines Bildnisses stelle eine Vorbereitungshandlung zu seiner Verbreitung dar. Das durch Pressefotografie hergestellte Bildmaterial sei nicht nur einem nichtöffentlichen Personenkreis zugänglich. Durch den Pressefotografen der Klägerin seien in der Vergangenheit mehrfach Fotografien veröffentlicht worden, auf denen Polizeibeamte ohne Einwilligung erkennbar wiedergegeben worden seien, ohne dass ein Ausnahmetatbestand nach § 23 KunstUrhG vorgelegen hätte. Die von der Presse allenfalls verwendeten Augenbalken schlössen eine Identifizierung der abgebildeten Personen nicht aus. Vollständig anonymisiertes Bildmaterial sei für die Presse auch ungeeignet. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Beamten einen speziellen Einsatz durchgeführt hätten, der durch ein besonders hohes Gefährdungspotenzial gekennzeichnet gewesen sei. Es habe die Gefahr bestanden, dass sich die kriminelle Organisation, deren mutmaßlicher Sicherheitschef der Untersuchungsgefangene gewesen sei, Bildnisse der eingesetzten Beamten beschaffe, die Beamten identifiziere und diese damit der sehr erheblichen Gefahr von Racheakten oder Erpressungsversuchen ausgesetzt seien. Im Fall der sog. russischen Mafia sei dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Die Folgen einer Identitätsaufdeckung seien unumkehrbar. Damit stünden berechtigte Interessen der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten der Anfertigung und Zurschaustellung der Bildnisse entgegen. Die Bitte, keine Fotografien anzufertigen, sei auch zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der eingesetzten Beamten erforderlich und angemessen gewesen. Der konkrete Geschehenshergang rechtfertige das Fotografierverbot ferner zum Schutz des Untersuchungsgefangenen wie auch zufällig anwesender Dritter. Die Polizeifestigkeit des Presserechts beziehe sich auf den Inhalt eines Presseerzeugnisses. Darum gehe es hier aber nicht.
Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008 hat dieser das Fotografierverbot ausschließlich darauf gestützt, dass die eingesetzten Beamten aus Gründen des Identitätsschutzes und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen, nicht abgelichtet werden sollten.
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 5415/07 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei den Maßnahmen des Einsatzleiters gegen die Mitarbeiter der Klägerin um Verwaltungsakte handele oder nicht, sei die Klage zulässig. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die getroffenen Maßnahmen seien durch die polizeiliche Generalklausel gedeckt. Der Einsatzleiter sei zum Schutz der Individualrechtsgüter Leben und Gesundheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten sowie des Untersuchungsgefangenen tätig geworden. Er habe in der konkreten Situation ex ante davon ausgehen dürfen, dass die konkrete Gefahr eines Anschlags auf den Untersuchungsgefangenen bestanden oder dessen gewalttätige Befreiung gedroht habe und durch die Anwesenheit der Pressevertreter im Gefahrenbereich sowie die Anfertigung von Fotografien durch diese die Durchführung solcher Aktionen begünstigt würde mit der Folge, dass die Gefahr für Leben und Gesundheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten, des Untersuchungsgefangenen, der Pressevertreter und auch Schaulustiger erheblich gestiegen wäre. Weiter habe der Einsatzleiter davon ausgehen dürfen, dass bereits durch die Anfertigung von Fotografien die Funktionsfähigkeit des SEK konkret gefährdet werde. Schließlich sei der Einsatzleiter zu Recht auch zum Schutz der Rechte der mutmaßlich abgebildeten Beamten am eigenen Bild tätig geworden, denn aufgrund der konkreten Umstände hätten die Anfertigung und die Veröffentlichung von Bildern gegen §§ 22, 23, 33 KunstUrhG verstoßen. Die getroffenen polizeilichen Maßnahmen seien geeignet, erforderlich und angemessen gewesen. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit habe nicht vorgelegen. Der Einwand der Polizeifestigkeit des Presserechts verfange nicht. Die Vorschriften des allgemeinen Polizeirechts würden durch die speziellen, dem Schutz der Presse dienenden Normen des Presserechts nur dann verdrängt, wenn es sich um Reaktionen wegen des Inhalts von Presseerzeugnissen handele. Ausgeschlossen seien alle präventiven ordnungsbehördlichen und polizeilichen Maßnahmen, die sich gegen den Inhalt eines Presseerzeugnisses richteten. Hier habe der Beklagte aber keinen Zugriff auf ein Presseprodukt genommen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 - 1 S 441/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Sie könne nicht abschließend beurteilen, inwieweit die reale Gefahr eines Anschlags zu dem damaligen Zeitpunkt bestanden habe, sei es mit dem Ziel, den Untersuchungsgefangenen zu befreien, sei es mit dem Ziel, ihn sozusagen zum Schweigen zu bringen. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass durch das Anfertigen von Fotografien die Gefahr eines Anschlags erhöht worden wäre. Bereits die Anwesenheit des SEK habe für erhebliches Aufsehen gesorgt, insbesondere auch wegen der Bewaffnung des Einsatzleiters mit einer Maschinenpistole. Es sei unzutreffend, dass der Einsatz erst durch das Hinzutreten des Pressefotografen öffentliches Aufsehen erregt hätte. Die Gefahr einer Enttarnung der SEK-Beamten aufgrund der Anfertigung von Fotografien habe nicht bestanden. Das Verwaltungsgericht habe diese Annahme auch überhaupt nicht begründet. Es habe den Kernbereich der Pressefreiheit verkannt. Eine Rechtsgrundlage für die Untersagung der Bildaufnahmen sei nicht ersichtlich. § 1 Abs. 3 LPresseG verbiete Sondermaßnahmen jeder Art, welche die Pressefreiheit beeinträchtigten. Dabei reiche die Pressefreiheit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen. Die fehlende Anwendbarkeit des Polizeirechts folge aus § 6 Satz 1 LPresseG, der vorschreibe, dass die Presse vor der Veröffentlichung der von ihr recherchierten Informationen zu eingehender nochmaliger Prüfung verpflichtet sei. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass Recherche und Veröffentlichung nicht gleichzusetzen seien, sondern dass es zu den originären Aufgaben der Presse gehöre, den Inhalt des Presseerzeugnisses vor dessen Verbreitung sorgfältig auf Herkunft und Wahrheitsgehalt sowie den Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen hin zu überprüfen. Es sei dem Beklagten im Hinblick auf die von der Presse vor einer Veröffentlichung vorzunehmende Überprüfung hinsichtlich des Schutzes überwiegender öffentlicher oder privater Interessen verwehrt, der Presse bereits die Recherche zu versagen. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von der Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel ausgehe, habe es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für deren Anwendung gefehlt. Es habe keine polizeiliche Gefahr bestanden. Zudem seien die beiden Journalisten, die sich rechtmäßig vor Ort aufgehalten hätten, Nichtstörer. Hätte die Russenmafia den Untersuchungsgefangenen tatsächlich gewaltsam befreien wollen, wäre dies durch die Anwesenheit der beiden Pressevertreter weder erleichtert noch erschwert worden. Es gebe keinen Erfahrungssatz, der besage, dass die Anwesenheit von Pressevertretern die Gefährdung umstehender Menschen erhöhe. Ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz habe nicht gedroht. Nach § 33 KunstUrhG mache sich strafbar, wer entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG ein Bildnis verbreite oder öffentlich zur Schau stelle. Nach § 22 KunstUrhG dürften Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. § 33 KunstUrhG sei hier jedoch bereits deswegen nicht einschlägig, weil nur die Anfertigung, nicht aber die Verbreitung befürchtet worden sei. Allein aus der Tatsache, dass der Einsatz überhaupt fotografiert werden sollte, habe nicht darauf geschlossen werden dürfen, dass die angefertigten Bilder alsbald entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG veröffentlicht und somit eine Straftat gemäß § 33 KunstUrhG begangen werden sollte. Im Hinblick auf die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung sei vielmehr grundsätzlich von der Rechtstreue eines Pressefotografen auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18.12.2008 - 1 K 5415/07 - zu ändern und festzustellen, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die getroffenen Maßnahmen seien aus der maßgeblichen ex ante-Sicht zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben der Polizeibeamten, der Journalisten, etwaiger angelockter Zuschauer sowie des damaligen Untersuchungsgefangenen und ferner zum Schutze der Funktionsfähigkeit des SEK sowie zum Schutz des Rechts am eigenen Bild der eingesetzten Beamten geeignet, erforderlich und angemessen gewesen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war. Ihre Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
16 
Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die - erledigte - Untersagung des Fotografierens (1.) und die - gleichfalls erledigte - Androhung der Beschlagnahme (2.).
17 
1. a) Die Klage gegen die Untersagung von Bildaufnahmen ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Urteile des erkennenden Senats vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Bei dem Fotografierverbot hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt. Auch wenn es - wie der Beklagte vorträgt - höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, war es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.
18 
b) Die Klagebefugnis der Klägerin als Drittbetroffene folgt aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), die sich auch auf die Informationsbeschaffung, insbesondere durch eigenes Personal, erstreckt (BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162).
19 
c) Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
20 
d) Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.). Der zwischen Erledigung und Einreichung der Klage verstrichene Zeitraum von lediglich sieben Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.).
21 
e) Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Sie kann geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Maßnahme typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Da angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) nicht von vornherein ausgeschlossen ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
22 
2. a) Bezüglich der angedrohten oder jedenfalls in Aussicht gestellten Beschlagnahme ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, sondern die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bloße Absichtserklärungen, Ankündigungen eines Verwaltungsakts und auch Androhungen eines Verwaltungsakts sind regelmäßig selbst mangels konkreten Regelungs- und Bindungswillens der Behörde keine Verwaltungsakte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 50 m.w.N.). An einer Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung fehlt es jedenfalls im Grundsatz immer dann, wenn die handelnde Behörde lediglich eine Maßnahme trifft, die den zukünftigen Erlass eines Verwaltungsakts in Aussicht stellen oder vorbereiten soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 12.83 - BVerwGE 69, 374 m.w.N.). Abweichendes gilt nur, wenn - wie etwa im Vollstreckungsrecht - die Androhung im Gesetz vorgesehen und als Verwaltungsakt ausgestaltet ist.
23 
b) Unabhängig davon, ob die Beschlagnahme angedroht oder lediglich in Aussicht gestellt wurde, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, in der konkreten Situation eine Beschlagnahme der Kamera einschließlich des Speichermediums zu verfügen. Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152) ist insoweit ebenfalls zu bejahen. Eine Klagefrist gilt nicht; das Klagerecht ist auch nicht verwirkt. Das Feststellungsinteresse folgt - ebenso wie hinsichtlich des Fotografierverbots - aus der Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin.
II.
24 
Die Klage ist auch begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Untersagung von Bildaufnahmen war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes eröffnet (1.) und die Verfügung war formell rechtmäßig (2.). Die Untersagung von Bildaufnahmen war indes zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter des SEK prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt (3.). Der Einsatzleiter war auch nicht berechtigt, die Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium anzudrohen (4.).
25 
1. Nach § 1 Abs. 2 LPresseG unterliegt die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten (§ 1 Abs. 3 LPresseG). Das Landespressegesetz ist ein presserechtliches Spezialgesetz gegenüber dem Polizeigesetz. Dies bedeutet etwa, dass Presseerzeugnisse von der Polizei nur nach den §§ 13 ff. LPresseG bzw. nach den §§ 111 m, 111 n StPO beschlagnahmt werden dürfen. Durch die sog. Polizeifestigkeit der Pressefreiheit sind Maßnahmen aufgrund der polizeilichen Generalklausel indes nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als es um den Inhalt von Presseerzeugnissen und die von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (vgl. Bullinger in Löffler, Presserecht, Kommentar, 5. Aufl., § 1 LPG Rn. 193; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 28; Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 4 Rn. 21; OVG Bbg, Beschl. v. 18.03.1997 - 4 B 4/97 - NJW 1997, 1387). Im Übrigen findet die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das Polizeigesetz gehört, weil es sich nicht gegen das Grundrecht an sich, gegen ein Medienorgan oder gegen eine bestimmte Meinung richtet (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 27 m.w.N.). Soweit die Gefahren nicht vom Inhalt der Presseerzeugnisse ausgehen, sondern z.B. von der Art und Weise der Herstellung oder des Vertriebs, ist das Polizeigesetz als allgemeines Gesetz anwendbar. Dass § 4 PolG die Pressefreiheit nicht nennt, ist unschädlich, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht für allgemeine Gesetze im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG gilt (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 1). Hier ist die Polizei nicht zur Abwehr von Gefahren, die von einem Presseerzeugnis der Klägerin ausgehen, sondern im Vorfeld zur Abwehr von Gefahren, die nach ihrer Prognose vom Anfertigen von Lichtbildern eines Polizeieinsatzes ausgehen, tätig geworden. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes nicht durch etwaige speziellere Regelungen im Landespressegesetz ausgeschlossen.
26 
2. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 PolG, hinsichtlich der Androhung der Beschlagnahme auch aus § 60 Abs. 3 PolG. Das SEK ist gemäß Anlage 3 der Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg - VwV-PolOrg - dem Direktor der Bereitschaftspolizei und damit dem Bereitschaftspolizeipräsidium zugeordnet. Die Beamten des SEK gehören somit zum Polizeivollzugsdienst (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 PolG).
27 
3. Die Untersagung von Bildaufnahmen war materiell rechtswidrig, weil sie zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt war.
28 
a) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.).
29 
b) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
30 
c) Hier hatte der Einsatzleiter ex ante ausschließlich Gefahren im Blick, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisieren könnten. Dies ergibt sich eindeutig aus der von ihm gegebenen mündlichen Begründung und aus seinen Stellungnahmen vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008. Danach ging es ihm darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten. Ob er nur eine - nicht anonymisierte - Veröffentlichung der gefertigten Aufnahmen durch den Fotografen selbst oder durch die Klägerin befürchtete oder ob er darüber hinaus damit rechnete, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt werden könnte und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht wären, lässt sich seinen Stellungnahmen nicht eindeutig entnehmen. Auch die vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten sind insoweit nicht eindeutig. Im Schreiben des Leiters des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 11.07.2007 an die Klägerin heißt es, die Veröffentlichung von Bildern zöge ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich. Dies berge Gefahren für künftige Einsätze wie auch unkalkulierbare Gefahren für die Beamten bis in den privaten Bereich. Der Senat geht angesichts dieses Befundes bei einer Gesamtwürdigung davon aus, dass die Gefahrenprognose sich auf alle bei einer Aufdeckung der Identität der eingesetzten Beamten drohenden Gefahren unabhängig von den Umständen der Enttarnung erstreckte und damit auch die Variante des kriminellen Zugriffs umfasste.
31 
Demgegenüber lässt sich den Stellungnahmen des Einsatzleiters wie auch den vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Einsatzleiter zusätzlich darum gegangen sein könnte, aus der konkreten Situation vor Ort resultierende Gefahren zu bekämpfen. Es ist nicht erkennbar, dass der Einsatzleiter erwogen haben könnte, dass bereits das Hantieren des Fotoreporters mit der Kamera bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation hätte führen können, bei der im Fall einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten bestehen können. Der gegenteilige Vortrag des Beklagten entbehrt jeder Grundlage. Eine derartige Gefahrenprognose wäre auch angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht vertretbar gewesen. Zwar war nach einer Gefährdungsanalyse des LKA BW ein Ausbruchsversuch oder eine Gefangenenbefreiung nicht auszuschließen. Dies war der Grund, weshalb das SEK mit der Vorführung des Untersuchungsgefangenen beim Arzt beauftragt wurde. Art und Umfang des Einsatzes belegen, dass man im Vorfeld von einer gewissen Gefährdungslage ausging. Allerdings traten die SEK-Beamten offen und in Zivil auf, waren also für jedermann erkennbar. Auch auf eine Absperrung der Straße wurde verzichtet. Der Einsatz war ohne besondere Vorkommnisse nahezu beendet und es herrschte zum fraglichen Zeitpunkt nur geringer bis mäßiger Fußgängerverkehr. Die Befürchtung, dass durch das Anfertigen von Fotos eine Ansammlung hätte entstehen können, die „ein Untertauchen in der Menge begünstigt“ (so die Stellungnahme des SEK-Kommandoführers vom 02.12.2008), ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts der objektiven Sachlage und der vorliegenden ausführlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters sieht der Senat keine Veranlassung, zu diesem Punkt Beweis zu erheben.
32 
d) Das Fotografierverbot konnte nicht darauf gestützt werden, dass eine rechtswidrige Veröffentlichung der gefertigten Bilder durch den Pressefotografen oder durch die Klägerin und dadurch eine Enttarnung der SEK-Beamten gedroht hätte.
33 
Ein Fotografierverbot kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass derjenige, der die Lichtbilder herstellt, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 KunstUrhG) und sonstige Rechtfertigungsgründe (§ 23 KunstUrhG) veröffentlichen und sich dadurch nach § 33 KunstUrhG strafbar machen wird. Das KunstUrhG beschränkt sich auf das Verbot der nicht durch die Einwilligung des Betroffenen gedeckten Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses. Da die Presse regelmäßig erst nach Sichtung des Fotomaterials über die Art und Weise der Veröffentlichung entscheidet und in dieser Entscheidungsfindung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich geschützt ist, kann die Anfertigung der Bildaufnahmen von Personen der Presse nicht generell von vornherein verboten werden (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 123).
34 
Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kommt in Betracht bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Aus diesem Bereich stammen in erster Linie Bildnisse, in denen der Abgebildete nicht bloß als Person, sondern wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das Interesse der Öffentlichkeit findet. Zur Zeitgeschichte zählt das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben und darüber hinaus alles, was Gegenstand der Aufmerksamkeit, Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist. Ein dauerhaftes Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein nur regionales oder lokales Interesse reicht aus (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 23 KUG Rn. 3; Kröner in HH-KO/MedienR, 34/44). Daran gemessen hat es sich bei dem SEK-Einsatz in Schwäbisch Hall um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung gehandelt.
35 
Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG hätte allerdings ein berechtigtes Interesse der Einsatzkräfte der Verbreitung von Bildnissen, auf denen sie identifizierbar sind, entgegengestanden. Diese Vorschrift erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und konkreten Umstände. Grundsätzlich kann jedes individuelle persönlichkeitsrechtliche Interesse ein berechtigtes Interesse begründen. Grenzen der Abbildungsfreiheit sind insbesondere die Privat- und Intimsphäre, die Verbreitung von Bildnissen mit negativer Tendenz, die Gefährdung des Abgebildeten und die Verwendung von Bildnissen zu Werbezwecken. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 23 Abs. 2 KunstUrhG kann auch die nicht ganz fernliegende Gefährdung von Leben und Gesundheit des Abgebildeten für den Fall der Verbreitung und Veröffentlichung des Bildnisses sein, etwa bei Polizeibeamten oder bei nicht enttarnten V-Leuten (Dreier, a.a.O., § 23 KUG Rn. 34). Diese Gefahr dürfte hier mit Blick auf die Gefahr von Racheakten der sog. russischen Mafia bestanden haben.
36 
Allerdings fehlte es an einer konkreten Gefahr der Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos, auf denen die SEK-Beamten erkennbar sind, unter Verstoß gegen § 33 KunstUrhG. Zwar muss bei einem Pressefotografen grundsätzlich damit gerechnet werden, dass dessen Aufnahmen auch veröffentlicht werden. Es darf aber nicht von vornherein und ohne weitere Anhaltspunkte zukünftiges rechtswidriges Verhalten unterstellt werden. Vielmehr muss im Hinblick auf die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung grundsätzlich von der Rechtstreue des Fotografen ausgegangen werden (Senatsurteil vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 = NVwZ-RR 1995, 527; OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 30.04.1997 - 11 A 11657/96 - NVwZ-RR 1998, 237; OVG NRW, Beschl. v. 30.10 2000 - 5 A 291/00 - DÖV 2001, 476; SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 752; v. Olenhusen, MR-Int 2009, 23 <24>). Droht die Gefahr der Enttarnung, obliegt es zunächst dem Einsatzleiter, dies dem Pressefotografen deutlich zu machen. Ist dies geschehen, so darf und muss er grundsätzlich darauf vertrauen, dass keine Portrait- oder Nahaufnahmen veröffentlicht und gefährdete Beamte vor einer Veröffentlichung der Bilder in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Ein bloßer Augenbalken wird dabei regelmäßig nicht genügen, um die Erkennbarkeit zuverlässig auszuschließen. Vielmehr werden grundsätzlich nur Abbildungen mit vollständig gepixeltem Gesicht in Betracht kommen. Die Vermutung der Rechtstreue greift nicht ein, wenn gegenteilige Indizien vorliegen. Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten können etwa in einem gleichartigen Vorverhalten gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 - VBlBW 2001, 102). Danach war hier, da die Journalisten sich durch ihre Presseausweise ausgewiesen hatten, sie kooperationsbereit waren und dem Einsatzleiter zum damaligen Zeitpunkt keine negativen Erkenntnisse vorlagen, von einem rechtstreuen Verhalten auszugehen. Die Gefahr der Veröffentlichung von Bildern ohne ausreichende Anonymisierung bestand daher aus der maßgeblichen ex ante-Sicht nicht. Es hätte ausgereicht, die Pressevertreter auf die Gefahr der Enttarnung hinzuweisen und sich zu vergewissern, dass diese sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst sind.
37 
e) Nichts Abweichendes ergibt sich bezüglich der Vermutung der Rechtstreue daraus, dass es um einen Einsatz besonders gefährdeter SEK-Beamter ging und der Einsatzleiter für den Fall der Veröffentlichung der Bilder auch die Funktionsfähigkeit des SEK bedroht sah. Gilt die Vermutung der Rechtstreue der Presse selbst bei Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen, die nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten an der Nichtveröffentlichung begründen, so kann mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des SEK nichts anderes gelten. Insoweit ist ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen, die die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, hier der Polizei, mit einschließt. Dass der Schaden nur für eine Teileinheit der Polizei, das SEK, droht, schließt die Bejahung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus, da diesem Kommando als besonderer Dienststelle auch besonders schwierige Fahndungen und Observationen obliegen, für die die Angehörigen des SEK durch eine längere und kostenintensive Spezialausbildung vorbereitet werden. Diese Spezialisten könnten im Falle ihrer nach Enttarnung ausgeschlossenen weiteren Einsetzbarkeit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens auch nicht kurzfristig durch andere Beamte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Sondereinheit der Polizei ersetzt werden. Die Gefahren für die Funktionsfähigkeit des SEK sind indes nicht von größerem Gewicht als die Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen, so dass die Abwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann (im Ergebnis ebenso SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris).
38 
f) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war ein Einschreiten des Einsatzleiters auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der SEK-Beamten zulässig. Im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind die Vorschriften der §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich leges speciales (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 119; Dreier, a.a.O., Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 3). Soweit es um die Verletzung des Rechts am eigenen Bild als besondere rechtliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht, scheidet ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher aus. Allerdings erfassen die §§ 22 ff. KunstUrhG nur das Veröffentlichen und Verbreiten von Bildnissen; es kann daher in Einzelfällen in Betracht kommen, dass bereits allein das Fotografieren einen spezifischen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der SEK-Beamten darstellt. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre das Subsidiaritätsprinzip des § 2 Abs. 2 PolG zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - a.a.O. und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375).
39 
g) Soweit der Gefahr entgegengewirkt werden soll, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff - etwa durch Angehörige der sog. russischen Mafia - auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der SEK-Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht werden, geht es um Szenarien, die von der Presse nicht zu kontrollieren sind, so dass zu deren Verhinderung ein präventives Einschreiten der Polizei geboten erscheint. Ohne Zweifel war das Fotografierverbot insoweit geeignet, derartigen Gefahren zu begegnen. Es war jedoch nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr kann im Regelfall - ohne dass es eines Fotografierverbots bedarf - dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert wird. Eine solche Vorgehensweise wäre auch hier möglich gewesen. Zeigt sich der Pressevertreter insoweit nicht kooperationsbereit und verweigert die Herausgabe, kann hieraus auf seine Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Sind in einer solchen Situation tatsächliche Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Bildaufnahmen gegeben, die den berechtigten Sicherheitsinteressen des SEK und seiner Beamten nicht gerecht wird, oder droht ein widerrechtlicher Zugriff Dritter auf die Bilder, der durch ein späteres Einschreiten nicht zuverlässig verhindert werden könnte, kommt eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Betracht. Der nicht kooperationsbereite Pressevertreter könnte insoweit als Handlungsstörer (§ 6 PolG) Adressat einer Beschlagnahmever-fügung sein. Die Beschlagnahme wäre in diesem Fall gegenüber einem Fotografierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel, weil sie eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglichen würde. Die Polizei wäre im Falle einer Beschlagnahme verpflichtet, zeitnah - in der Regel noch am gleichen Tag - in Kooperation mit dem Presseunternehmen über die Speicherung, Bearbeitung, Veröffentlichung und ggf. Löschung der gefertigten Aufnahmen zu entscheiden.
40 
4. Die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium waren ebenfalls rechtswidrig. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Fotografierverbot ermessensfehlerhaft. Die angedrohte bzw. angekündigte Beschlagnahme sollte der Durchsetzung des - rechtswidrigen - Fotografierverbots dienen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
43 
Beschluss vom 19. August 2010
44 
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Für beide Streitgegenstände - Fotografierverbot und Androhung der Beschlagnahme - ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war. Ihre Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
16 
Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die - erledigte - Untersagung des Fotografierens (1.) und die - gleichfalls erledigte - Androhung der Beschlagnahme (2.).
17 
1. a) Die Klage gegen die Untersagung von Bildaufnahmen ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Urteile des erkennenden Senats vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Bei dem Fotografierverbot hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt. Auch wenn es - wie der Beklagte vorträgt - höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, war es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.
18 
b) Die Klagebefugnis der Klägerin als Drittbetroffene folgt aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), die sich auch auf die Informationsbeschaffung, insbesondere durch eigenes Personal, erstreckt (BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162).
19 
c) Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
20 
d) Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.). Der zwischen Erledigung und Einreichung der Klage verstrichene Zeitraum von lediglich sieben Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.).
21 
e) Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Sie kann geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Maßnahme typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Da angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) nicht von vornherein ausgeschlossen ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
22 
2. a) Bezüglich der angedrohten oder jedenfalls in Aussicht gestellten Beschlagnahme ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, sondern die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bloße Absichtserklärungen, Ankündigungen eines Verwaltungsakts und auch Androhungen eines Verwaltungsakts sind regelmäßig selbst mangels konkreten Regelungs- und Bindungswillens der Behörde keine Verwaltungsakte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 50 m.w.N.). An einer Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung fehlt es jedenfalls im Grundsatz immer dann, wenn die handelnde Behörde lediglich eine Maßnahme trifft, die den zukünftigen Erlass eines Verwaltungsakts in Aussicht stellen oder vorbereiten soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 12.83 - BVerwGE 69, 374 m.w.N.). Abweichendes gilt nur, wenn - wie etwa im Vollstreckungsrecht - die Androhung im Gesetz vorgesehen und als Verwaltungsakt ausgestaltet ist.
23 
b) Unabhängig davon, ob die Beschlagnahme angedroht oder lediglich in Aussicht gestellt wurde, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, in der konkreten Situation eine Beschlagnahme der Kamera einschließlich des Speichermediums zu verfügen. Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152) ist insoweit ebenfalls zu bejahen. Eine Klagefrist gilt nicht; das Klagerecht ist auch nicht verwirkt. Das Feststellungsinteresse folgt - ebenso wie hinsichtlich des Fotografierverbots - aus der Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin.
II.
24 
Die Klage ist auch begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Untersagung von Bildaufnahmen war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes eröffnet (1.) und die Verfügung war formell rechtmäßig (2.). Die Untersagung von Bildaufnahmen war indes zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter des SEK prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt (3.). Der Einsatzleiter war auch nicht berechtigt, die Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium anzudrohen (4.).
25 
1. Nach § 1 Abs. 2 LPresseG unterliegt die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten (§ 1 Abs. 3 LPresseG). Das Landespressegesetz ist ein presserechtliches Spezialgesetz gegenüber dem Polizeigesetz. Dies bedeutet etwa, dass Presseerzeugnisse von der Polizei nur nach den §§ 13 ff. LPresseG bzw. nach den §§ 111 m, 111 n StPO beschlagnahmt werden dürfen. Durch die sog. Polizeifestigkeit der Pressefreiheit sind Maßnahmen aufgrund der polizeilichen Generalklausel indes nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als es um den Inhalt von Presseerzeugnissen und die von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (vgl. Bullinger in Löffler, Presserecht, Kommentar, 5. Aufl., § 1 LPG Rn. 193; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 28; Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 4 Rn. 21; OVG Bbg, Beschl. v. 18.03.1997 - 4 B 4/97 - NJW 1997, 1387). Im Übrigen findet die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das Polizeigesetz gehört, weil es sich nicht gegen das Grundrecht an sich, gegen ein Medienorgan oder gegen eine bestimmte Meinung richtet (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 27 m.w.N.). Soweit die Gefahren nicht vom Inhalt der Presseerzeugnisse ausgehen, sondern z.B. von der Art und Weise der Herstellung oder des Vertriebs, ist das Polizeigesetz als allgemeines Gesetz anwendbar. Dass § 4 PolG die Pressefreiheit nicht nennt, ist unschädlich, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht für allgemeine Gesetze im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG gilt (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 1). Hier ist die Polizei nicht zur Abwehr von Gefahren, die von einem Presseerzeugnis der Klägerin ausgehen, sondern im Vorfeld zur Abwehr von Gefahren, die nach ihrer Prognose vom Anfertigen von Lichtbildern eines Polizeieinsatzes ausgehen, tätig geworden. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes nicht durch etwaige speziellere Regelungen im Landespressegesetz ausgeschlossen.
26 
2. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 PolG, hinsichtlich der Androhung der Beschlagnahme auch aus § 60 Abs. 3 PolG. Das SEK ist gemäß Anlage 3 der Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg - VwV-PolOrg - dem Direktor der Bereitschaftspolizei und damit dem Bereitschaftspolizeipräsidium zugeordnet. Die Beamten des SEK gehören somit zum Polizeivollzugsdienst (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 PolG).
27 
3. Die Untersagung von Bildaufnahmen war materiell rechtswidrig, weil sie zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt war.
28 
a) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.).
29 
b) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
30 
c) Hier hatte der Einsatzleiter ex ante ausschließlich Gefahren im Blick, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisieren könnten. Dies ergibt sich eindeutig aus der von ihm gegebenen mündlichen Begründung und aus seinen Stellungnahmen vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008. Danach ging es ihm darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten. Ob er nur eine - nicht anonymisierte - Veröffentlichung der gefertigten Aufnahmen durch den Fotografen selbst oder durch die Klägerin befürchtete oder ob er darüber hinaus damit rechnete, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt werden könnte und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht wären, lässt sich seinen Stellungnahmen nicht eindeutig entnehmen. Auch die vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten sind insoweit nicht eindeutig. Im Schreiben des Leiters des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 11.07.2007 an die Klägerin heißt es, die Veröffentlichung von Bildern zöge ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich. Dies berge Gefahren für künftige Einsätze wie auch unkalkulierbare Gefahren für die Beamten bis in den privaten Bereich. Der Senat geht angesichts dieses Befundes bei einer Gesamtwürdigung davon aus, dass die Gefahrenprognose sich auf alle bei einer Aufdeckung der Identität der eingesetzten Beamten drohenden Gefahren unabhängig von den Umständen der Enttarnung erstreckte und damit auch die Variante des kriminellen Zugriffs umfasste.
31 
Demgegenüber lässt sich den Stellungnahmen des Einsatzleiters wie auch den vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Einsatzleiter zusätzlich darum gegangen sein könnte, aus der konkreten Situation vor Ort resultierende Gefahren zu bekämpfen. Es ist nicht erkennbar, dass der Einsatzleiter erwogen haben könnte, dass bereits das Hantieren des Fotoreporters mit der Kamera bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation hätte führen können, bei der im Fall einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten bestehen können. Der gegenteilige Vortrag des Beklagten entbehrt jeder Grundlage. Eine derartige Gefahrenprognose wäre auch angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht vertretbar gewesen. Zwar war nach einer Gefährdungsanalyse des LKA BW ein Ausbruchsversuch oder eine Gefangenenbefreiung nicht auszuschließen. Dies war der Grund, weshalb das SEK mit der Vorführung des Untersuchungsgefangenen beim Arzt beauftragt wurde. Art und Umfang des Einsatzes belegen, dass man im Vorfeld von einer gewissen Gefährdungslage ausging. Allerdings traten die SEK-Beamten offen und in Zivil auf, waren also für jedermann erkennbar. Auch auf eine Absperrung der Straße wurde verzichtet. Der Einsatz war ohne besondere Vorkommnisse nahezu beendet und es herrschte zum fraglichen Zeitpunkt nur geringer bis mäßiger Fußgängerverkehr. Die Befürchtung, dass durch das Anfertigen von Fotos eine Ansammlung hätte entstehen können, die „ein Untertauchen in der Menge begünstigt“ (so die Stellungnahme des SEK-Kommandoführers vom 02.12.2008), ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts der objektiven Sachlage und der vorliegenden ausführlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters sieht der Senat keine Veranlassung, zu diesem Punkt Beweis zu erheben.
32 
d) Das Fotografierverbot konnte nicht darauf gestützt werden, dass eine rechtswidrige Veröffentlichung der gefertigten Bilder durch den Pressefotografen oder durch die Klägerin und dadurch eine Enttarnung der SEK-Beamten gedroht hätte.
33 
Ein Fotografierverbot kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass derjenige, der die Lichtbilder herstellt, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 KunstUrhG) und sonstige Rechtfertigungsgründe (§ 23 KunstUrhG) veröffentlichen und sich dadurch nach § 33 KunstUrhG strafbar machen wird. Das KunstUrhG beschränkt sich auf das Verbot der nicht durch die Einwilligung des Betroffenen gedeckten Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses. Da die Presse regelmäßig erst nach Sichtung des Fotomaterials über die Art und Weise der Veröffentlichung entscheidet und in dieser Entscheidungsfindung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich geschützt ist, kann die Anfertigung der Bildaufnahmen von Personen der Presse nicht generell von vornherein verboten werden (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 123).
34 
Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kommt in Betracht bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Aus diesem Bereich stammen in erster Linie Bildnisse, in denen der Abgebildete nicht bloß als Person, sondern wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das Interesse der Öffentlichkeit findet. Zur Zeitgeschichte zählt das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben und darüber hinaus alles, was Gegenstand der Aufmerksamkeit, Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist. Ein dauerhaftes Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein nur regionales oder lokales Interesse reicht aus (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 23 KUG Rn. 3; Kröner in HH-KO/MedienR, 34/44). Daran gemessen hat es sich bei dem SEK-Einsatz in Schwäbisch Hall um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung gehandelt.
35 
Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG hätte allerdings ein berechtigtes Interesse der Einsatzkräfte der Verbreitung von Bildnissen, auf denen sie identifizierbar sind, entgegengestanden. Diese Vorschrift erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und konkreten Umstände. Grundsätzlich kann jedes individuelle persönlichkeitsrechtliche Interesse ein berechtigtes Interesse begründen. Grenzen der Abbildungsfreiheit sind insbesondere die Privat- und Intimsphäre, die Verbreitung von Bildnissen mit negativer Tendenz, die Gefährdung des Abgebildeten und die Verwendung von Bildnissen zu Werbezwecken. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 23 Abs. 2 KunstUrhG kann auch die nicht ganz fernliegende Gefährdung von Leben und Gesundheit des Abgebildeten für den Fall der Verbreitung und Veröffentlichung des Bildnisses sein, etwa bei Polizeibeamten oder bei nicht enttarnten V-Leuten (Dreier, a.a.O., § 23 KUG Rn. 34). Diese Gefahr dürfte hier mit Blick auf die Gefahr von Racheakten der sog. russischen Mafia bestanden haben.
36 
Allerdings fehlte es an einer konkreten Gefahr der Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos, auf denen die SEK-Beamten erkennbar sind, unter Verstoß gegen § 33 KunstUrhG. Zwar muss bei einem Pressefotografen grundsätzlich damit gerechnet werden, dass dessen Aufnahmen auch veröffentlicht werden. Es darf aber nicht von vornherein und ohne weitere Anhaltspunkte zukünftiges rechtswidriges Verhalten unterstellt werden. Vielmehr muss im Hinblick auf die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung grundsätzlich von der Rechtstreue des Fotografen ausgegangen werden (Senatsurteil vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 = NVwZ-RR 1995, 527; OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 30.04.1997 - 11 A 11657/96 - NVwZ-RR 1998, 237; OVG NRW, Beschl. v. 30.10 2000 - 5 A 291/00 - DÖV 2001, 476; SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 752; v. Olenhusen, MR-Int 2009, 23 <24>). Droht die Gefahr der Enttarnung, obliegt es zunächst dem Einsatzleiter, dies dem Pressefotografen deutlich zu machen. Ist dies geschehen, so darf und muss er grundsätzlich darauf vertrauen, dass keine Portrait- oder Nahaufnahmen veröffentlicht und gefährdete Beamte vor einer Veröffentlichung der Bilder in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Ein bloßer Augenbalken wird dabei regelmäßig nicht genügen, um die Erkennbarkeit zuverlässig auszuschließen. Vielmehr werden grundsätzlich nur Abbildungen mit vollständig gepixeltem Gesicht in Betracht kommen. Die Vermutung der Rechtstreue greift nicht ein, wenn gegenteilige Indizien vorliegen. Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten können etwa in einem gleichartigen Vorverhalten gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 - VBlBW 2001, 102). Danach war hier, da die Journalisten sich durch ihre Presseausweise ausgewiesen hatten, sie kooperationsbereit waren und dem Einsatzleiter zum damaligen Zeitpunkt keine negativen Erkenntnisse vorlagen, von einem rechtstreuen Verhalten auszugehen. Die Gefahr der Veröffentlichung von Bildern ohne ausreichende Anonymisierung bestand daher aus der maßgeblichen ex ante-Sicht nicht. Es hätte ausgereicht, die Pressevertreter auf die Gefahr der Enttarnung hinzuweisen und sich zu vergewissern, dass diese sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst sind.
37 
e) Nichts Abweichendes ergibt sich bezüglich der Vermutung der Rechtstreue daraus, dass es um einen Einsatz besonders gefährdeter SEK-Beamter ging und der Einsatzleiter für den Fall der Veröffentlichung der Bilder auch die Funktionsfähigkeit des SEK bedroht sah. Gilt die Vermutung der Rechtstreue der Presse selbst bei Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen, die nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten an der Nichtveröffentlichung begründen, so kann mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des SEK nichts anderes gelten. Insoweit ist ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen, die die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, hier der Polizei, mit einschließt. Dass der Schaden nur für eine Teileinheit der Polizei, das SEK, droht, schließt die Bejahung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus, da diesem Kommando als besonderer Dienststelle auch besonders schwierige Fahndungen und Observationen obliegen, für die die Angehörigen des SEK durch eine längere und kostenintensive Spezialausbildung vorbereitet werden. Diese Spezialisten könnten im Falle ihrer nach Enttarnung ausgeschlossenen weiteren Einsetzbarkeit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens auch nicht kurzfristig durch andere Beamte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Sondereinheit der Polizei ersetzt werden. Die Gefahren für die Funktionsfähigkeit des SEK sind indes nicht von größerem Gewicht als die Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen, so dass die Abwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann (im Ergebnis ebenso SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris).
38 
f) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war ein Einschreiten des Einsatzleiters auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der SEK-Beamten zulässig. Im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind die Vorschriften der §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich leges speciales (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 119; Dreier, a.a.O., Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 3). Soweit es um die Verletzung des Rechts am eigenen Bild als besondere rechtliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht, scheidet ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher aus. Allerdings erfassen die §§ 22 ff. KunstUrhG nur das Veröffentlichen und Verbreiten von Bildnissen; es kann daher in Einzelfällen in Betracht kommen, dass bereits allein das Fotografieren einen spezifischen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der SEK-Beamten darstellt. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre das Subsidiaritätsprinzip des § 2 Abs. 2 PolG zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - a.a.O. und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375).
39 
g) Soweit der Gefahr entgegengewirkt werden soll, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff - etwa durch Angehörige der sog. russischen Mafia - auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der SEK-Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht werden, geht es um Szenarien, die von der Presse nicht zu kontrollieren sind, so dass zu deren Verhinderung ein präventives Einschreiten der Polizei geboten erscheint. Ohne Zweifel war das Fotografierverbot insoweit geeignet, derartigen Gefahren zu begegnen. Es war jedoch nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr kann im Regelfall - ohne dass es eines Fotografierverbots bedarf - dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert wird. Eine solche Vorgehensweise wäre auch hier möglich gewesen. Zeigt sich der Pressevertreter insoweit nicht kooperationsbereit und verweigert die Herausgabe, kann hieraus auf seine Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Sind in einer solchen Situation tatsächliche Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Bildaufnahmen gegeben, die den berechtigten Sicherheitsinteressen des SEK und seiner Beamten nicht gerecht wird, oder droht ein widerrechtlicher Zugriff Dritter auf die Bilder, der durch ein späteres Einschreiten nicht zuverlässig verhindert werden könnte, kommt eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Betracht. Der nicht kooperationsbereite Pressevertreter könnte insoweit als Handlungsstörer (§ 6 PolG) Adressat einer Beschlagnahmever-fügung sein. Die Beschlagnahme wäre in diesem Fall gegenüber einem Fotografierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel, weil sie eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglichen würde. Die Polizei wäre im Falle einer Beschlagnahme verpflichtet, zeitnah - in der Regel noch am gleichen Tag - in Kooperation mit dem Presseunternehmen über die Speicherung, Bearbeitung, Veröffentlichung und ggf. Löschung der gefertigten Aufnahmen zu entscheiden.
40 
4. Die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium waren ebenfalls rechtswidrig. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Fotografierverbot ermessensfehlerhaft. Die angedrohte bzw. angekündigte Beschlagnahme sollte der Durchsetzung des - rechtswidrigen - Fotografierverbots dienen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
43 
Beschluss vom 19. August 2010
44 
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Für beide Streitgegenstände - Fotografierverbot und Androhung der Beschlagnahme - ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wo in diesem Gesetz auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den letzteren auch die verfassungs- oder gesetzmäßig erlassenen Rechtsverordnungen zu verstehen.

(2) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen bestimmen die für die Ausführung dieses Gesetzes und der nach diesem Gesetz ergangenen Rechtsverordnungen zuständigen Behörden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, ihre Befugnis zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf oberste Landesbehörden und auf andere Behörden zu übertragen und dabei zu bestimmen, daß diese ihre Befugnis durch Rechtsverordnung auf nachgeordnete oder ihrer Aufsicht unterstehende Behörden weiter übertragen können.

(4) (weggefallen)

(5) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, zuständige öffentliche Stellen oder zuständige Behörden von mehreren Verwaltungseinheiten für Zwecke der Datenverarbeitung als einheitliche Stelle oder Behörde zu bestimmen.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Werden Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorübergehend selbständig gewerbsmäßig tätig, sind § 34b Absatz 1, 3, 4, 6 und 7, § 34c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 sowie § 38 Absatz 1 und 2 insoweit nicht anzuwenden. Die §§ 14, 55 Absatz 2 und 3, die §§ 55c, 56a Absatz 2, 3, 5 und 7 Nummer 1 sowie § 57 Absatz 3 sind in diesen Fällen ebenfalls nicht anzuwenden, es sei denn, es werden gewerbsmäßige Tätigkeiten ausgeübt, die auf Grund des Artikels 2 Absatz 2 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36) vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie oder auf Grund der Regelungen des Artikels 17 dieser Richtlinie von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Tätigkeit aus dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum heraus zur Umgehung der in Absatz 1 genannten Vorschriften erbracht wird. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn ein Gewerbetreibender, um sich den in Absatz 1 genannten Vorschriften zu entziehen, von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus ganz oder vorwiegend im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig wird.

(3) Eine Niederlassung besteht, wenn eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird.

(1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 4 Absatz 3) oder ohne eine solche zu haben

1.
Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht oder
2.
unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart ausübt.

(2) Wer ein Reisegewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis (Reisegewerbekarte).

(3) Die Reisegewerbekarte kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit oder der Verbraucher erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(1) Werden Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorübergehend selbständig gewerbsmäßig tätig, sind § 34b Absatz 1, 3, 4, 6 und 7, § 34c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 sowie § 38 Absatz 1 und 2 insoweit nicht anzuwenden. Die §§ 14, 55 Absatz 2 und 3, die §§ 55c, 56a Absatz 2, 3, 5 und 7 Nummer 1 sowie § 57 Absatz 3 sind in diesen Fällen ebenfalls nicht anzuwenden, es sei denn, es werden gewerbsmäßige Tätigkeiten ausgeübt, die auf Grund des Artikels 2 Absatz 2 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36) vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie oder auf Grund der Regelungen des Artikels 17 dieser Richtlinie von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Tätigkeit aus dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum heraus zur Umgehung der in Absatz 1 genannten Vorschriften erbracht wird. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn ein Gewerbetreibender, um sich den in Absatz 1 genannten Vorschriften zu entziehen, von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus ganz oder vorwiegend im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig wird.

(3) Eine Niederlassung besteht, wenn eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 4 Absatz 3) oder ohne eine solche zu haben

1.
Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht oder
2.
unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart ausübt.

(2) Wer ein Reisegewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis (Reisegewerbekarte).

(3) Die Reisegewerbekarte kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit oder der Verbraucher erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(1) Werden Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorübergehend selbständig gewerbsmäßig tätig, sind § 34b Absatz 1, 3, 4, 6 und 7, § 34c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 sowie § 38 Absatz 1 und 2 insoweit nicht anzuwenden. Die §§ 14, 55 Absatz 2 und 3, die §§ 55c, 56a Absatz 2, 3, 5 und 7 Nummer 1 sowie § 57 Absatz 3 sind in diesen Fällen ebenfalls nicht anzuwenden, es sei denn, es werden gewerbsmäßige Tätigkeiten ausgeübt, die auf Grund des Artikels 2 Absatz 2 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36) vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie oder auf Grund der Regelungen des Artikels 17 dieser Richtlinie von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Tätigkeit aus dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum heraus zur Umgehung der in Absatz 1 genannten Vorschriften erbracht wird. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn ein Gewerbetreibender, um sich den in Absatz 1 genannten Vorschriften zu entziehen, von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus ganz oder vorwiegend im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig wird.

(3) Eine Niederlassung besteht, wenn eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.