Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 01. Sept. 2015 - 3 L 726/15.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2015:0901.3L726.15.NW.0A
bei uns veröffentlicht am01.09.2015

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Das vorläufige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers, das bei sinngemäßer Auslegung seines Begehrens auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in der Nummer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 22. Juni 2015 verfügte und in Nummer 3 für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung gerichtet ist, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alternative VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft und auch ansonsten zulässig. In der Sache ist der Antrag jedoch unbegründet.

2

1. Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nummer 2 des Bescheids vom 22. Juni 2015 in formeller Hinsicht ausreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet.

3

Nach dieser Vorschrift ist bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dies soll den Betroffenen in die Lage versetzen, in Kenntnis dieser Gründe seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzuschätzen. Der Behörde wird zugleich der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung verdeutlicht und eine besonders sorgfältige Prüfung des Vollzugsinteresses auferlegt. Bei bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagungen sind nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (z. B. Beschluss vom 5. Juli 2006 – 8 B 10574/06.OVG –, BauR 2006, 1734), der die Kammer folgt, keine allzu hohen Anforderungen an die Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zu stellen. Insbesondere bedarf es zur Begründung des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug der Verfügung keiner von den Anlagen ausgehenden, konkreten Gefahren für Rechtsgüter Dritter. Vielmehr liegt die sofortige Vollziehung einer (rechtmäßigen) Nutzungsuntersagung regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie die Rechtstreue der Bevölkerung untergrabende Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert. Dies gilt umso mehr, als ein bloßes Nutzungsverbot den Bestand der baulichen Anlagen unberührt lässt und dem Bauherrn mangels Schaffung vollendeter Tatsachen in der Regel ohne weiteres zugemutet werden kann, bis zur Klärung der Genehmigungsfähigkeit seiner formell illegal errichteten baulichen Anlage auf deren Nutzung zu verzichten.

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Ausgehend hiervon genügt die Begründung der sofortigen Vollziehung der Nummer 2 des angefochtenen Bescheids den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat zur Begründung des Sofortvollzuges u.a. ausgeführt, es könne im öffentlichen Interesse nicht hingenommen werden, dass die formell illegal betriebene Hundezucht gegenüber einem Betrieb im Vorteil sei, der das Genehmigungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufe und somit zeitliche und finanzielle Einschränkungen in Kauf nehme. Von der Hundezucht gingen außerdem erhebliche Geräuschemissionen und von der Pferde- und Ponyhaltung Geräusch- und Geruchsemissionen aus, der die Nachbarschaft bis zum Ende des Verwaltungsrechtstreits auf unbestimmte Zeit weiter ausgesetzt wäre. Auch dies sei im öffentlichen Interesse nicht hinzunehmen. Damit liegt eine auf den konkreten Einzelfall abgestellte und nicht lediglich formelhafte Begründung des besonderen Vollzugsinteresses vor. Ob die von dem Antragsgegner angeführte Begründung inhaltlich zutreffend ist und die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen vermag, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unbeachtlich; dies ist erst bei der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht eigenständig vorzunehmenden Interessenbewertung zu erörtern (z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. April 2012 – 1 B 10136/12.OVG –, BauR 2012, 1362).

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2. Auch in materieller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nummer 1 der Verfügung vom 22. Juni 2015 rechtlich nicht zu beanstanden.

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2.1. Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten des Antragstellers oder des Antragsgegners ausgehen kann.

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Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung das private Interesse des Antragstellers, dieser bis zum Abschluss der Hauptsacheverfahren einstweilen nicht nachkommen zu müssen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich daraus, dass die angefochtene Nummer 2 des Bescheids vom 22. Juni 2015 offensichtlich rechtmäßig ist und mit ihrer Durchsetzung nicht bis zur Bestandskraft, deren Eintritt noch nicht abzusehen ist, abgewartet werden kann.

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2.2. Verfahrensrechtliche Bedenken gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung bestehen im Ergebnis nicht.

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Allerdings ergibt sich aus den Verwaltungsakten nicht, dass der Antragsgegner den Antragsteller vor Erlass der Nutzungsuntersagungsverfügung gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 28 Verwaltungsverfahrens-gesetz – VwVfG – angehört hat. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist einem Beteiligten vor Erlass eines ihn belastenden Verwaltungsakts Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dem ist der Antragsgegner hier offenbar nicht nachgekommen.

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Ebenso wenig wie die Anhörung nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 2 und 3 VwVfG entbehrlich war, ist der Anhörungsmangel nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich, weil gerade bei der hier im Ermessen der Behörde stehenden Entscheidung, eine Nutzungsuntersagung nach § 81 Satz 1 LBauO zu erlassen, nicht davon auszugehen ist, dass bei pflichtgemäßer Ermessensbetätigung eine andere als die getroffene Entscheidung gar nicht in Betracht kommt.

11

Der Anhörungsverstoß ist aber inzwischen gemäß § 1 LVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG geheilt worden. Denn die erforderliche Anhörung, die bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist, ist im vorliegenden Eilverfahren nachgeholt worden.

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Eine schriftsätzliche Stellungnahme der Behörde im gerichtlichen Aussetzungsverfahren kann eine Nachholung der Anhörung dann bewirken, wenn sich die Behörde in ihrem Schriftsatz nicht nur auf die Verteidigung der einmal getroffenen Verwaltungsentscheidung beschränkt, sondern eindeutig, umfassend und klar zu erkennen gibt, dass sie ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen unvoreingenommen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, aber dennoch bei ihrer erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Verfügung aufrechterhalten bleibt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 B 268/78 –, AS RP-SL 15, 167; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 –, NWVBl 2014, 322; OVG Sachsen, Beschluss vom 2. Februar 2012 – F 7 B 278/11 –, juris; VG Neustadt, Beschluss vom 21. Januar 2015 – 3 L 1098/14.NW –; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG Kommentar, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 87).

13

Davon ausgehend liegt hier eine Heilung des unterstellten Verfahrensfehlers vor. Der Antragsgegner hat in Kenntnis und Würdigung der vom Antragsteller mit seinem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 10. August 2015 gegen die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung vom 22. Juni 2015 vorgetragenen Argumente an dem Nutzungsverbot nach erneuter Prüfung festgehalten, was er durch den Antrag auf Ablehnung der vom Antragsteller begehrten Vollziehungsaussetzung zum Ausdruck gebracht hat. Der Antragsgegner ist in seinem Schriftsatz vom 11. August 2015 in eine neue, unvoreingenommene Sachprüfung im Hinblick auf die im Widerspruchsverfahren sowie im vorliegenden Eilverfahren erfolgten Einlassungen des Antragstellers eingetreten. So hat er sich auch ausdrücklich mit dem Vortrag des Antragstellers in der Antragsschrift auseinandergesetzt, es gebe außer ihm noch zwei weitere Pferdehalter in der A-Straße, wobei einer davon direkt im Ortskern lebe und seine 2 Pferde ganzjährig auf der an den Hof angrenzenden Weide im Ort halte.

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2.3. In materieller Hinsicht ist die Nummer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 22. Juni 2015 offensichtlich rechtmäßig.

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Nach § 81 Satz 1 Landesbauordnung – LBauO – kann die Bauaufsichtsbehörde u. a. die Benutzung baulicher Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung oder Nutzungsänderung verstoßen und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

16

Diese Voraussetzungen liegen nach der allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hier vor. Die Nutzung des Grundstücks Flurstück-Nr. .. in Niederalben für die Haltung von Pferden und Ponys sowie von mehr als vier Hunden zur Hundezucht stellt sich als formell-illegal dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (s. z.B. Beschluss vom 2. Januar 2014 – 8 B 11261/13 –, juris), der die Kammer folgt, rechtfertigt bereits die formelle Rechtswidrigkeit grundsätzlich eine Nutzungsuntersagung (z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. Januar 2014 – 8 B 11261/13 –, juris). Das Ausreichenlassen allein der formellen Illegalität ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden, denn die Vorschriften über die Genehmigungspflicht sind durch das öffentliche Interesse an einer – vorbeugenden – Gefahrenabwehr gerechtfertigt. Möglicher wirtschaftlicher Schaden dadurch, dass – bei materieller Legalität – eine rechtmäßige Nutzung zeitweise bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung nicht ausgeübt werden darf, trifft alle Baubewerber gleichermaßen. Da nach § 81 Satz 1 LBauO eine Nutzungsuntersagung aber nur ergehen darf, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können, ist eine solche Anordnung allerdings dann nicht erlaubt, wenn offensichtlich ist, dass eine Nutzungsänderungsgenehmigung – auf Antrag – erlassen werden muss.

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2.3.1. Vorliegend ist das Bauvorhaben des Antragstellers formell illegal.

18

Gemäß § 61 LBauO bedürfen u.a. Errichtung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LBauO einer Baugenehmigung, soweit in den §§ 62, 67 und 84 LBauO nichts anderes bestimmt ist.

19

Eine – hier allein in Betracht kommende – Genehmigungsfreiheit nach § 62 LBauO scheidet aus.

20

2.3.1.1. Das Nebengebäude ist größer als 50 m³, so dass das Bauvorhaben des Antragstellers nicht nach § 62 Abs. 1 a) LBauO genehmigungsfrei ist.

21

2.3.1.2. Da der Antragsteller nicht Inhaber eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs ist, ist eine Genehmigungsfreiheit nach § 62 Abs. 1 b) LBauO von vornherein ausgeschlossen.

22

2.3.1.3. Schließlich sind auch die Voraussetzungen für eine genehmigungsfreie Nutzungsänderung nach § 62 Abs. 2 Nr. 5 a) LBauO nicht gegeben. Danach bedürfen keiner Baugenehmigung Nutzungsänderungen von Gebäuden, Nutzungseinheiten und Räumen, die nicht im Außenbereich liegen, wenn für die neue Nutzung keine anderen bedeutsamen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung gelten.

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a) Eine Nutzungsänderung liegt hier vor.

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Von einer Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne ist auszugehen, wenn die bisherige Nutzung durch eine andere Nutzung ersetzt wird oder ersetzt werden soll und sich die neue Nutzung von der bisherigen derart unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderung bauplanungs- oder bauordnungsrechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 1997 – 11 A 2980/94 –, GewArch 1997, 385).

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Diese Voraussetzungen sind vorliegend aus planungsrechtlichen Gründen erfüllt, weil das Vorhaben des Antragstellers als Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Satz 1 BaugesetzbuchBauGB – zu qualifizieren ist. Eine solche ist immer dann anzunehmen, wenn die jeder Art von Nutzung eigene tatsächliche Variationsbreite überschritten wird und hierdurch bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten also eine andere Qualität zukommt. Die Nutzungsänderung muss dabei nicht notwendig mit einer äußerlich feststellbaren Veränderung der baulichen Anlage einhergehen (Jeromin, in: Jeromin/Schmidt/Lang, LBauO RhPf, 3. Auflage 2012, § 62 Rn. 103). Die bodenrechtliche Relevanz einer Nutzungsänderung ist zu bejahen, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die bisherige, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach denselben Vorschriften richtet, aber anders zu beurteilen wäre (vgl. zu alledem, Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Mai 2015, § 29 Rn. 49 ff. m. w. N.). Zur Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben unter den Begriff der Nutzungsänderung i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB fällt, muss mithin die bisherige Nutzung der baulichen Anlage zu der künftigen Nutzung in Vergleich gesetzt werden (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Juni 2013 – 1 A 11230/12 –, juris). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalls.

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Nach diesen Maßstäben ist hier von einer Nutzungsänderung i. S. d. § 61 LBauO auszugehen. Dabei kann dahinstehen, ob, wie der Antragsgegner meint, das streitgegenständliche Grundstück Flurstück-Nr. 62 in Niederalben in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. 4 BaunutzungsverordnungBauNVO – oder, wie der Antragsteller behauptet, in einem faktischen Dorfgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO liegt oder von einer Gemengelage auszugehen ist. Ebenso unbeantwortet bleiben kann die Frage, wie lange auf dem streitgegenständlichen Grundstück ein landwirtschaftlicher Betrieb geführt worden ist. Aus den Verwaltungsakten geht lediglich hervor, dass der Landwirt B im Jahre 1966 eine Baugenehmigung für den Umbau des vorhandenen Schweinestalles auf dem genannten Grundstück erhalten hatte. Der Antragsteller erwarb dieses Grundstück im April 2011 von Herrn C, dem Sohn von Herrn B. Im notariellen Kaufvertrag vom 1. April 2011 heißt es zum Bauzustand wie folgt:

27

Bei dem Kaufobjekt Flurstück-Nr. .. handelt es sich um ein älteres ehemaliges bäuerliches Anwesen mit Wohnhaus und Nebengebäuden. Die Gebäude wurden in den letzten Jahren nicht in der Weise modernisiert oder renoviert, dass sie Neubauten gleichzustellen wären. Das Wohnhaus ist unbewohnt. .. Im Stall stehen die Pferde des Verkäufers. …

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Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgehen würde, die nähere Umgebung des Bauvorhabens sei auch heute noch als faktisches Dorfgebiet zu qualifizieren, liegt eine Nutzungsänderung vor. Die ursprünglich von Herrn B betriebene Wirtschaftsstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes auf dem Grundstück Flurstück-Nr. .. war nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO bzw. allen Vorgängerfassungen zulässig. Der Antragsteller ist aber nicht Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, so dass sich die heutige bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Haltung von Pferden und Hunden in einem faktischen Dorfgebiet nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1996 – 4 B 191/96 –, juris, wonach die gewerblich betriebene Hundezucht nicht dem Begriff des landwirtschaftlichen Betriebes unterfällt) sondern unter Umständen nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO als nicht störender Gewerbebetrieb (vgl. VG Trier, Urteil vom 7. Dezember 2005 – 5 K 875/05.TR –, juris zu einer Husky-Zucht im Dorfgebiet) oder nach § 14 BauNVO als Nebenanlage richtet. Die vom Antragsteller aufgenommene private Pferdehaltung und (gewerbliche) Hundezucht ist daher von der vorhergehenden landwirtschaftlichen Nutztierhaltung bauplanungsrechtlich zu unterscheiden. Sie überschreitet die „Variationsbreite“ der ehemals legal betriebenen landwirtschaftlichen Nutzung und stellt eine Nutzungsänderung dar (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2007 – 25 B 05.1076 –, BayVBl 2008, 694).

29

Infolgedessen kann der Antragsteller auch nichts aus der bestandskräftigen Baugenehmigung aus dem Jahre 1966 für den Umbau des Schweinstalls herleiten. Die durch die Baugenehmigung festgelegte Funktion des Gebäudes, als Schweinestall für ein landwirtschaftliches Anwesen, bestimmte auch den Umfang der Wirkung der Baugenehmigung. Diese enthielt die Erklärung der zuständigen Behörde, einem bestimmten Bauvorhaben stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen. Daraus folgt, dass sie nur soweit wirken konnte, als die Behörde die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens aufgrund des gestellten Antrages und der eingereichten Bauvorlage geprüft hat. Daher ist unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes ein Bauwerk nur in seiner genehmigten Funktion geschützt; der Bestandsschutz endet, sobald sich diese Funktion ändert, bei landwirtschaftlichen Anwesen mithin endgültiger Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1982 – 4 C 52/78 –, NVwZ 1983, 472; BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1994 – 4 B 108/94 –, NVwZ-RR 1995, 312 und BVerwG, Beschluss vom 9. September 2002 – 4 B 52/02 –, BauR 2003, 1021 zur Entprivilegierung einer Jagdhütte). Auf Bestandsschutz kann sich der Antragsteller daher nicht berufen; Pferdehaltung und Hundezucht stellen sich nicht als Fortsetzung einer eigentumsrechtlich geschützten ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzung dar. Zwar genügt das bloße Unterlassen einer genehmigten Nutzung, auch wenn es lange andauert, grundsätzlich nicht, um eine Erledigung der Baugenehmigung „auf andere Weise“ im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG anzunehmen. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die eindeutig einen dauerhaften Verzicht des Berechtigten auf die genehmigte Nutzung erkennen lassen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2013 – 8 A 11152/12 –, NVwZ-RR 2013, 672). Ein solcher Verzicht lag hier aber spätestens mit Verkauf des Grundstücks an den Antragsteller, einem Nichtlandwirt, vor, denn in dem Kaufvertrag vom 1. April 2011 wurde das Verkaufsobjekt als „ älteres ehemaliges bäuerliches Anwesen mit Wohnhaus und Nebengebäuden“ bezeichnet.

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b) Die Nutzungsänderung ist auch nicht nach § 62 Abs. 2 Nr. 5 a LBauO genehmigungsfrei, da – wie oben dargestellt – an die private Pferdehaltung und Hundezucht des Antragstellers andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu stellen sind als an die ehemalige landwirtschaftliche Nutztierhaltung.

31

c) Schließlich ist die dem Antragsteller unter Nummer 2 des Bescheids vom 22. Juni 2015 untersagte Nutzung auch nicht evident genehmigungsfähig.

32

Es bedarf gegebenenfalls der Aufklärung im Hauptsacheverfahren, ob die „nähere Umgebung“ des Anwesens des Antragstellers bauplanungsrechtlich als faktisches Dorfgebiet oder als faktisches allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren ist oder von einer Gemengelage auszugehen ist.

33

Ein faktisches Dorfgebiet – von einem solchen geht der Antragsteller aus – kann jedenfalls nicht offensichtlich angenommen werden. Ein Dorfgebiet setzt zwar nicht voraus, dass die dort zulässigen Hauptnutzungen in einem annähernd gleichen Verhältnis oder jedenfalls in einem bestimmten prozentualen Verhältnis zu einander stehen. Es reicht vielmehr aus, dass Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe neben Wohngebäuden und Gewerbe- oder Handwerksbetrieben (noch) vorhanden sind und das Gebiet dörflich prägen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09.OVG –, juris m.w.N.). In einem faktischen Dorfgebiet müssen aber intakte Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vorhanden sein (Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2007 – 25 B 05.1076 –, juris). Aktive landwirtschaftliche Betriebe dürften in der maßgeblichen näheren Umgebung aber nicht mehr vorhanden sein.

34

Die nähere Umgebung kann auch nicht evident als Gemengelage aus Wohn- und Dorfgebiet mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter qualifiziert werden. Gemengelagen sind Gebiete mit mehr oder weniger engem Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen, vor allem Gebiete mit Wohnbebauung und gewerblichen Anlagen (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 52). Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09.OVG –, juris; vgl. auch VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2011 – 7 K 1111/10.KO –, juris) ist von einer solchen ländlichen Gemengelage aus Wohn- und Dorfgebiet ausgegangen bei bestehender Wohnnutzung, ehemaliger landwirtschaftlicher Nutzung und verbliebener landwirtschaftlicher Nutzung in geringerem Umfang, die teils zu (ergänzenden) Erwerbszwecken und teils aus Hobbygründen betrieben wurde. Diese Beschreibung trifft auf die Bebauung in der näheren Umgebung des Anwesens des Antragstellers jedenfalls nicht offensichtlich zu.

35

Qualifiziert man schließlich die nähere Umgebung mit dem Antragsgegner als faktisches allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO, richtet sich die Zulässigkeit der privaten Pferdehaltung nach § 14 BauNVO (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09.OVG –, juris). Nach einhelliger Meinung entspricht die Haltung von Pferden jedoch grundsätzlich nicht der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets (s. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. April 2013 – 5 S 3140/11 –, BauR 2013, 2001; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 1. März 2007 – 3 M 14/07 –, juris; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 14 BauNVO Rn. 51). Zwar kann in besonders gelagerten Fällen auch in allgemeinen Wohngebieten eine Pferdehaltung zulässig sein, etwa wenn ein Pferdestall auf einem weiträumigen Grundstück derart am Ortsrand errichtet ist, dass er mehr der freien Landschaft als einem Wohngebiet zugeordnet werden könnte (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09.OVG –, juris für den Fall der Haltung von drei Reitpferden; Bay. VGH, Urteil vom 5. Oktober 2009 – 15 B 08.2380 –, BauR 2010, 193 für den Fall der Haltung eines Pferdes und eines Esels; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2011 – 7 K 1111/10.KO –, juris für den Fall der Haltung von vier Kleinpferden). Vorliegend hat das Vorhabengrundstück des Antragstellers durchaus Randlage, weshalb der Antragsgegner es offenbar für vertretbar hält, dem Antragsteller die Haltung von drei Pferden auf seinem Grundstück zu genehmigen. Eine evidente Genehmigungsfähigkeit für mehr als 10 Pferde scheidet aber aus.

36

Ebenso wenig ist die vom Antragsteller beabsichtigte Hundezucht offensichtlich genehmigungsfähig (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 30. September 1992 – 6 L 129/90 –, NVwZ-RR 1993, 398 zur Hundehaltung mit mehr als zwei Tieren in einem allgemeinen Wohngebiet; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 14 BauNVO Rn. 60; VG Trier, Urteil vom 7. Dezember 2005 – 5 K 875/05.TR –, juris zur Hundezucht in einem Dorfgebiet).

37

2.3.2. Da die dem Antragsteller untersagte Nutzung nicht offensichtlich materiell legal ist, bestand für den Antragsgegner kein Anlass zu besonderen Ermessenserwägungen oder zu einem Absehen von der Nutzungsuntersagung.

38

2.3.3. Ist die Nutzungsuntersagungsverfügung daher offensichtlich rechtmäßig, so besteht auch ein überragendes öffentliches Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung. Wie oben bereits im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausgeführt, liegt die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie die Rechtstreue der Bevölkerung untergrabende Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert. Dies gilt umso mehr, als ein bloßes Nutzungsverbot den Bestand der baulichen Anlagen unberührt lässt und dem Bauherrn mangels Schaffung vollendeter Tatsachen in der Regel ohne weiteres angesonnen werden kann, bis zur Klärung der Genehmigungsfähigkeit seiner formell illegal errichteten baulichen Anlage auf deren Nutzung zu verzichten (OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 5. Juli 2006 – 8 B 10574/06.OVG –, BauR 2006, 1734 und vom 12. Mai 2009 – 1 B 10344/09.OVG –). Auch dem Antragsteller ist es im vorliegenden Fall zumutbar, die von der Nutzungsuntersagung betroffenen Tiere bis zur endgültigen Entscheidung über den angefochtenen Bescheid anderweitig unterzubringen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Juli 2006 – 8 B 10574/06.OVG –, BauR 2006, 1734). Eventuelle Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang sind im Rahmen eines etwaigen Vollstreckungsverfahrens geltend zu machen, rechtfertigen jedoch nicht die Verneinung des besonderen Vollzugsinteresses an der Grundverfügung (vgl. Beschluss der Kammer vom 18. November 20913 – 3 L 966/13.NW –).

39

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

40

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Gerichtskostengesetz – GKG – i. V. m. den Nummern 1.5 und 9.4. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013 (LKRZ 2014, 169).

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Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 5 Dorfgebiete


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Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen


(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht wide

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 01. Sept. 2015 - 3 L 726/15.NW zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 17. Apr. 2013 - 5 S 3140/11

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Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 10. Mai 2011 - 7 K 1111/10.KO

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 01. März 2007 - 3 M 14/07

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Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16.01.2007 geändert: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur E
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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 05. Juli 2018 - 3 L 767/18.NW

bei uns veröffentlicht am 05.07.2018

Tenor Die Anträge werden abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 € festgesetzt. Gründe 1 Der vom Antragsteller gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 22. Juni 2017 - 3 K 38/17.NW

bei uns veröffentlicht am 22.06.2017

Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2015 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses bei dem Beklagten vom 17. November 2016 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die mit Datum vom 21. November 2013

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. November 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

2

Die mit der Beschwerde geltend gemachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die sofortige Vollziehung für die Untersagung der Schweinehaltung auf dem Anwesen der Antragsteller nicht auszusetzen.

3

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung grundsätzlich schon dann erfüllt sind, wenn eine bauliche Anlage formell illegal, das heißt ohne die erforderliche Genehmigung, genutzt wird; ferner liegt auch die sofortige Vollziehung einer (rechtmäßigen) Nutzungsuntersagung regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie dazu dient, demjenigen ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem rechtstreuen Bürger zu entziehen, der ohne vorherige Einholung der erforderlichen Genehmigung mit der Nutzung beginnt und damit die vorgeschriebene präventive Kontrolle der Bauaufsicht unterläuft (vgl. OVG RP, Beschluss vom 5. Juli 2006 - 8 B 10574/06.OVG -, BauR 2006, 1734 und juris, Rn. 7 und 13).

4

Der Senat teilt auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anlage zur Schweinehaltung nicht über die erforderliche Baugenehmigung verfügt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Stallgebäude als solches wegen seines Volumens von unter 50 m³ der Genehmigungsfreiheit nach § 62 Abs. Nr. 1 Buchst. a) LBauO unterliegt. Soweit die Antragsteller hinsichtlich des Stallgebäudes gar eine Genehmigung vermuten oder jedenfalls Bestandsschutz beanspruchen, ist darauf hinzuweisen, dass bislang weder die Erteilung einer Genehmigung noch das Vorliegen der Voraussetzungen des Bestandsschutzes erwiesen sind und die Antragsteller hierfür die (materielle) Beweislast tragen (vgl. OVG RP, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 8 A 10875/12.OVG -, BauR 2013, 760 und juris, Rn. 40).

5

Die Schweinehaltung erfolgt aber deshalb formell illegal, weil die Antragsteller für das hierfür notwendige Freigehege nicht über die erforderliche Baugenehmigung verfügen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller handelt es sich hierbei um eine genehmigungspflichtige bauliche Anlage. Nach § 61 LBauO sind die Errichtung baulicher Anlagen grundsätzlich genehmigungspflichtig, soweit sie nicht nach §§ 62, 67 und 84 LBauO von dieser Pflicht befreit sind. Bei dem mit Brettern umzäunten Tiergehege handelt es sich um eine genehmigungspflichtige bauliche Anlage; insbesondere liegt keine Genehmigungsfreiheit nach § 62 Abs. 1 Nr. 6 LBauO vor, weil es sich nicht um die Einfriedung eines Grundstücks, sondern um die Einhegung eines innerhalb des Grundstücks angelegten Freilaufgeländes für Tiere handelt (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 5. Juli 2006, a.a.O., juris, Rn. 10; Jeromin, LBauO, 3. Aufl. 2012, Rn. 57).

6

Wie das Verwaltungsgericht des Weiteren zutreffend ausgeführt hat, würde sich die Nutzungsuntersagung wegen unterbliebener Einholung einer erforderlichen Baugenehmigung nur dann als unverhältnismäßig erweisen, wenn das ungenehmigte Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig wäre. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit bestehen schon im Hinblick auf die Festsetzungen im Bebauungsplan „B.“. Denn der Schweinestall mit dem angrenzenden Freilaufgehege nimmt jedenfalls teilweise Flächen in Anspruch, auf denen nach den bauplanerischen Festsetzungen lediglich untergeordnete Anlagen für die Nutzung als Gartenland zulässig sind. Darüber hinaus wäre in einem Genehmigungsverfahren die Frage zu klären, ob die von den Antragstellern betriebene Schweinehaltung in ausreichendem Maße Rücksicht auf die in unmittelbarer Nachbarschaft festgesetzte allgemeine Wohnnutzung wahrt. Auch insofern erweist sich das Vorhaben der Antragsteller nicht bereits als offensichtlich genehmigungsfähig.

7

Aus den oben dargelegten Gründen überwiegt daher das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung. Soweit das Verwaltungsgericht ergänzend ausgeführt hat, dass es den Antragstellern auch möglich sein dürfte, die von ihnen gehaltenen Wollschweine bis zur Klärung der Genehmigungsfähigkeit der errichteten Anlage an einen anderen Standort zu verbringen, sind die Antragsteller diesem Umstand im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

9

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 47, 52 GKG.

10

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist aus den oben dargelegten Gründen mangels hinreichender Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs abzulehnen (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 ZPO).

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2012 wird festgestellt, dass die Nutzung des Anwesens … Straße … (Parzelle .../...) in Bad Kreuznach zum Betrieb eines Drogeriemarktes keine Genehmigungspflicht im Sinne des § 61 LBauO aus bauplanungsrechtlichen Gründen begründet.

Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein als ALDI-Lebensmittelmarkt genehmigtes und errichtetes Gebäude, das dafür auch zunächst genutzt wurde, nunmehr für einen Drogeriefachmarkt genutzt werden kann.

2

Dabei besteht zum einen Streit darüber, ob es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handelt, und zum anderen darüber, ob, wenn letzteres der Fall sein sollte, eine solche nicht zugelassen werden kann, weil sie gegen eine Festsetzung des den fraglichen Bereich erfassenden Bebauungsplans verstoßen würde. Mit ihrem Hauptantrag begehrt die Klägerin die Feststellung, dass es einer Genehmigung nicht bedarf, was sie aus dem Bestandsschutz der in der Vergangenheit erteilten Genehmigung ableitet. Hilfsweise begehrt sie die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides dahingehend, dass der Zulassung des Vorhabens bauplanungsrechtliche Gründe nicht entgegenstehen.

3

Die Beklagte hatte der ALDI GmbH & Co. KG am 12. April 1984, nachdem bereits zuvor ein entsprechender positiver Bauvorbescheid ergangen war, eine Baugenehmigung für einen ALDI-Lebensmittelmarkt auf der damaligen Parzelle ../. im „Gewerbegebiet Ost“ der Beklagten erteilt, aus der nach einer späteren Grundstücksteilung die hier streitgegenständliche Parzelle Nr. ../. entstanden ist, auf der das auf der Grundlage der erteilten Genehmigung errichtete Gebäude steht, das die Klägerin umzunutzen beabsichtigt. Es liegt an der B... Straße, die vom Zentrum Bad Kreuznachs aus nach Nordosten führt und das „ Gewerbegebiet-Ost“ quert. Nachdem die ALDI GmbH & Co. KG Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Genehmigung für einen Neubau auf der nördlichen, an den S...Weg angrenzenden Hälfte des Grundstücks Parzelle Nr. ../. erhalten und dorthin ihren Lebensmittelmarkt verlagert hatte, wurde das Grundstück geteilt und die südliche, an die B... Straße angrenzende Hälfte als neue Parzelle Nr. ../. mit dem aufstehenden Gebäude, das in der Folgezeit als Getränkemarkt genutzt wurde, an den jetzigen Eigentümer verkauft.

4

Nach den vorliegenden Einzelhandelsuntersuchungen handelt es sich bei dem „Gewerbegebiet Ost“ um eine weitere Konzentration des Einzelhandels in Bad Kreuznach neben dem zentralen Versorgungsbereich im Stadtzentrum, weshalb in den genannten Untersuchungen insoweit auch häufig von einer „bipolaren“ Einzelhandelssituation in Bad Kreuznach gesprochen wird. Zwischenzeitlich wurde am 27. Juni 2006 der Bebauungsplan der Beklagten Nr. ./... „südwestlich ehem. US-Flugplatz zwischen B... Straße, F...Straße und S...Weg“ bekannt gemacht, der eine Teilfläche des insgesamt wesentlich größeren „Gewerbegebiets-Ost“ überplant. Dieser Bebauungsplan setzt für einen Streifen zwischen der B... Straße und dem S...Weg ein Gewerbegebiet fest und für ein kleineres Areal südlich der B... Straße ein Mischgebiet. Bezüglich des Gewerbegebietes regelt die Textfestsetzung Ziffer 1.2.2, dass u.a. ein isolierter Einzelhandel mit Drogeriewaren, Wasch-, Putz und Pflegemitteln, Kosmetika; Orthopädie und Pharmazeutika unzulässig ist. Einen entsprechenden Ausschluss des Einzelhandels mit Lebensmitteln enthält die Textfestsetzung bezüglich des festgesetzten Gewerbegebietes nicht. Anders verhält es sich bei der Textfestsetzungen Ziffer 1.1.3 bezüglich des Mischgebietes, nach der sowohl ein Einzelhandel mit Drogeriewaren als auch mit Lebensmitteln unzulässig ist.

5

Diese Bauleitplanung stützt sich nach den von der Beklagten vorgelegten Planaufstellungsakten ausschließlich auf das von der Beklagten beschlossene Einzelhandelskonzept vom 15. Juli 1998, das das „Gewerbegebiet-Ost“ in drei Zonen einteilt, in denen der Einzelhandel mit im Einzelnen aufgeführten innenstadtrelevanten Sortimenten unzulässig sein soll. Worauf sich die Festlegung der innenstadtrelevanten Sortimente stützt, wird in dem Einzelhandelskonzept nicht erläutert. Andere, eventuell vorangegangene Untersuchungen werden darin nicht erwähnt und sind von der Beklagten weder im Verwaltung- und Widerspruchsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt worden. Während das der entsprechenden Beschlussvorlage für den Stadtrat beigefügte Entwurfskonzept in sämtlichen Zonen sowohl Lebensmittel als auch Drogeriewaren als unzulässige Einzelhandelssortimente aufführte, gilt das für das letztendlich beschlossene Einzelhandelskonzept nicht mehr. Welche Überlegungen den Stadtrat zu dieser Abänderung des Entwurfskonzepts bewogen haben, wird in den zu dem Einzelhandelskonzept vorliegenden Unterlagen nicht erläutert. Die Sortimentsliste der unzulässigen Einzelhandelssortimente enthält danach bezüglich der - kleineren - Zone 3 einen Ausschluss des Einzelhandels mit Lebensmitteln nicht mehr. Der vorgenannte Bebauungsplan erstreckt sich auf Flächen der Zone 3.

6

Daneben lag der Beklagten - ohne dass dies in den Planaufstellungsakten Erwähnung gefunden hätte - ein Markt- und Standortgutachten des I… P… vom August 2004 vor, dass die Auswirkungen der Ansiedlung eines EDEKA-Marktes mit 4.000 m² Verkaufsfläche außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches untersuchte und zu dem Ergebnis gelangte, substantielle Beeinträchtigungen des innerstädtischen Einzelhandels seien nicht zu erwarten, weshalb das Vorhaben als unproblematisch einzustufen sei.

7

Dem Satzungsbeschluss nachfolgend beschloss der Stadtrat der Beklagten im Mai 2010 eine neue Einzelhandelskonzeption, die auf einem Gutachten der G… vom April 2010 beruhte, in dem - im Bereich der Gesamtstadt - bei den der Gesundheits- und Körperpflege dienenden Sortimenten noch ein Entwicklungspotenzial gesehen wurde, um den Einzelhandelsstandort Bad Kreuznach zu stärken, und das die Empfehlung enthielt, die bestehenden diesbezüglichen Entwicklungspotenziale ausschließlich in der Innenstadt zu nutzen.

8

Im Mai 2010 wandte sich der jetzige Grundstückseigentümer der Parzelle Nr. ../. an die Beklagte und teilte mit, das Gebäude solle künftig von einer Drogeriemarktkette genutzt werden. Er gehe davon aus, dass eine Baugenehmigung hierfür nicht erforderlich sei. Mit Schreiben vom 28. Juli 2010 antwortete die Beklagte hierauf dahingehend, dass es sich bei der geplanten Sortimentsänderung um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handele, die jedoch aufgrund der planungsrechtlichen Situation nicht genehmigt werden könne. Daraufhin wandte sich die Klägerin ihrerseits mit ihrer Bauvoranfrage vom 4. Oktober 2010 an die Beklagte, die ausweislich des entsprechenden Begleitschreibens ausschließlich darauf beschränkt war, zu klären, ob die Nutzungsänderung von einem Lebensmittelmarkt zu einem Drogeriemarkt bauplanungsrechtlich zulässig sei. Gleichwohl halte man an der Auffassung fest, dass die beabsichtigte Umnutzung grundsätzlich genehmigungsfrei sei. Mit Bescheid vom 9. November 2010 lehnte die Beklagte die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides ab und begründete dies damit, dass die beabsichtigte Umnutzung gegen den maßgeblichen Bebauungsplan verstoße und deshalb unzulässig sei.

9

Zur Begründung ihres hiergegen rechtzeitig erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, es handele sich bei der von ihr beabsichtigten Nutzung des bestehenden, als Lebensmittelmarkt genehmigten Gebäudes für einen Drogeriemarkt nicht um eine Nutzungsänderung. Es gebe nämlich keine städtebaulichen Gründe für eine solche Differenzierung in dem Bebauungsplan bei dem Ausschluss von innenstadtrelevanten Sortimenten, wie sie hier bezüglich des festgesetzten Gewerbegebiets vorgenommen worden sei, was sich auch aus der Sortimentsliste für das südlich der B... Straße gelegene und in dem Bebauungsplan ebenfalls festgesetzte Mischgebiet ergebe, wonach bezüglich der innenstadtrelevanten Auswirkungen keine Unterscheidung zwischen Lebensmitteln und Drogeriewaren vorgenommen werde.

10

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 21. Juli 2011 mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Nutzung des Gebäudes für einen Drogeriemarkt widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplanes, der auf der Einzelhandelskonzeption der Beklagten beruhe. Die bauplanungsrechtliche Differenzierung bezüglich der Innenstadtrelevanz zwischen Lebensmitteln und Drogeriewaren sei den Besonderheiten in Bad Kreuznach geschuldet. Lebensmittel würden im Zentrum nicht und in der Fußgängerzone nicht mehr in nennenswertem Umfange eingekauft. Hingegen stellten die Drogeriemärkte in der Innenstadt Publikumsmagnete dar. Selbst wenn der Bebauungsplan unwirksam sei, sei die geplante Umnutzung planungsrechtlich unzulässig, weil von ihr schädliche Auswirkungen auf die Innenstadt ausgingen.

11

Zur Begründung ihrer hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, der von ihr verfolgte Feststellungsantrag sei zulässig, weil sie ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Umnutzungsmöglichkeit habe. Die Klage sei auch begründet. Insoweit gehe es ihr um die grundsätzliche Genehmigungsfreiheit. Diese sei hier gegeben, weil die beabsichtigte Umnutzung die Variationsbreite der früher erteilten Genehmigung nicht verlasse. Lebensmittel gehörten um Kernsortiment eines Drogeriemarktes und umgekehrt. Es handele sich daher nur um eine Schwerpunktverlagerung innerhalb der in derartigen Märkten verkauften Sortimente. Diese habe keine städtebauliche Relevanz. Lebensmittel- und Drogeriemärkte seien als Einzelhandelsbetriebe der gleichen Nutzungsart „Einzelhandel“ zuzuordnen. Eine Differenzierung nach einer unterschiedlich zu bewertenden Zentrumsrelevanz auf der Grundlage der Bebauungsplanfestsetzungen sei hier schon deshalb nicht zulässig, da der dem geplanten Vorhaben entgegen gehaltene Bebauungsplan erst nach Erteilung der Baugenehmigung in Kraft getreten sei und deshalb die Baugenehmigung nicht nachträglich einschränken könne, da ansonsten der Bestandsschutz eingeengt werde. Bestandsgeschützt seien nämlich auch die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bauplanungsrechtlich zulässigen, weil bodenrechtliche Belange seinerzeit nicht tangierenden Umnutzungsmöglichkeiten. Deshalb sei zur Beantwortung der Frage, ob ihr Vorhaben eine Nutzungsänderung im Sinne des Bauplanungsrechts darstelle und daher genehmigungspflichtig sei, auf die Rechtslagen im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung und nicht auf den heutigen Zeitpunkt abzustellen. Zudem seien Lebensmittel- und Drogerieware gleichermaßen zentrumsrelevant, weshalb durch die Schwerpunktverlagerung innerhalb der Sortimente bodenrechtliche Belange ohnehin nicht berührt werden könnten, da der streitige Bebauungsplan unwirksam sei, an dessen Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 die Beklagte ihre Annahme knüpfe, bodenrechtliche Belange würden durch das Vorhaben berührt, woraus die Genehmigungspflicht folge.

12

Jedenfalls sei die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage begründet. Der Bebauungsplan sei nämlich unwirksam. Die dortigen Einzelhandelsausschlüsse seien nicht erforderlich. Eine Begründung für die Differenzierung zwischen Drogeriewaren und Lebensmitteln fehle, weshalb die Planungskonzeption nicht schlüssig sei. Zudem verstoße der Bebauungsplan gegen das Abwägungsgebot, weil die Beklagte nicht bedacht habe, wie stark sie in bestehende Nutzungsmöglichkeiten durch den Ausschluss bestimmter Sortimente eingreife. Nach § 34 BauGB sei das Vorhaben jedoch zulässig, da die Beklagte nicht hinreichend belegt habe, dass schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beklagten zu erwarten stünden.

13

Dem hat die Beklagte entgegen gehalten, es sei hier auf die konkret erteilte Baugenehmigung für einen ALDI-Lebensmitteldiscounter abzustellen. Ein Drogeriemarkt sei bei typisierender Betrachtungsweise jedoch etwas anderes als ein Lebensmittelmarkt. Bei der Frage, wegen welcher Sortimente bei der Bauleitplanung eine Innenstadtrelevanz angenommen werden müsse, komme es auf die konkrete Situation in der jeweils planenden Kommune und der von ihr verfolgten Planungsziele an. Danach sei bei der streitigen Bauleitplanung auf die Besonderheiten in Bad Kreuznach Rücksicht zu nehmen gewesen. Dort seien Drogeriewaren seit jeher als innenstadtrelevant qualifiziert worden, was bezüglich der Lebensmittel aber nicht der Fall sei. Dem Bebauungsplan habe auch ein schlüssiges Einzelhandelskonzept zugrunde gelegen. Die in dem Bebauungsplan festgesetzten Sortimentslisten mit danach unzulässigen Einzelhandelssortimenten seien gerade zum Ausschluss innenstadtrelevanter Einzelhandelssortimente in dem „Gewerbegebiet Ost“ beschlossen worden. Eine Befreiung komme deshalb nicht in Betracht, da hierdurch Grundzüge dieser Planung betroffen würden.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 5. Juli 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Feststellungsantrag sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Die von der Klägerin beabsichtigte Umnutzung sei eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, weil hierdurch die Variationsbreite der 1984 zugelassenen Nutzung des seinerzeit genehmigten Gebäudes verlassen werde. Damals sei der ALDI GmbH & Co. KG eine Einzelhandelsnutzung mit einem festgelegten Sortiment genehmigt worden, was maßgeblich für die Abgrenzung der Variationsbreite sei. Abzustellen sei auf den genehmigten Bauantrag und die diesem beigefügte Baubeschreibung, wonach ein Lebensmittelmarkt und der Verkauf von Lebensmitteln zur Genehmigung gestellt worden sei. Selbst wenn danach keine Beschränkung ausschließlich auf Lebensmittel erfolgt sei, sei gleichwohl festzuhalten, dass ein Lebensmittelmarkt etwas anderes darstelle als ein Drogeriemarkt. Entscheidend sei, wo der Schwerpunkt der angebotenen Sortimente liege. Daher handele es sich bei dem Vorhaben der Klägerin nicht nur um eine bloße Schwerpunktverlagerung innerhalb eines alle hier in Rede stehenden Sortimente umfassenden Einzelhandelsbetriebes, der - ohne weitere Konkretisierung - genehmigt worden sei. Die beabsichtigte Umnutzung zu einem mit einem Lebensmittelmarkt nicht gleichzusetzenden Drogeriemarkt berühre bodenrechtliche Belange, weil der maßgebliche Bebauungsplan in der Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 zwischen Lebensmitteln und Drogeriewaren differenziere und danach der Einzelhandel mit letzteren unzulässig sei. Eine derartige Sortimentsbeschränkung sei nach § 1 Abs. 9 BauNVO grundsätzlich zulässig. Die Sortimentsbeschränkung durch die genannte Textfestsetzung stütze sich hier auch auf städtebauliche Gründe, weil die Beklagte damit die Stärkung des zentralen Versorgungsbereiches durch die Ansiedlung von „Magnetbetrieben“ verfolge, wozu die Drogeriewaren verkaufenden Einzelhandelsbetriebe zählten. Auf Bestandsschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, weil bestandsgeschützt nur der genehmigte Lebensmitteleinzelhandel sei. Bestandsgeschützt seien demgegenüber nicht möglicherweise im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung gegebene Umnutzungsmöglichkeiten, weil der Plangeber die planungsrechtlichen Situation verändern dürfe.

15

Auch der Hilfsantrag sei unbegründet, weil der Bebauungsplan, dessen Textfestsetzungen dem Vorhaben entgegenstehen, wirksam sei. Er leide nicht an einem Abwägungsmangel. Die Beklagte habe sich bewusst für eine Sortimentsbeschränkung entschieden und dabei auch den Bestandsschutz berücksichtigt. Die Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 stütze sich auf besondere städtebauliche Gründe, nämlich zum einen auf die Zielsetzung, den zentralen Versorgungsbereich zu stärken, und zum anderen auf das Ziel, die Schädigung des Einzelhandels im zentralen Versorgungsbereich zu verhindern, was jeweils plausibel belegt worden sei durch das Einzelhandelskonzept aus dem Jahre 1998 sowie das Markt- und Standortgutachten aus dem Jahre 2004. Darüber hinaus ergäben sich die städtebaulichen Ziele aus der Einzelhandelskonzeption der Beklagten aus dem Jahre 2010. Eine Befreiung von der Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 komme nicht in Betracht, weil die Sortimentsbeschränkung in dem Bebauungsplan ein Grundzug der Bauleitplanung sei, der durch die Zulassung eines Drogeriemarktes im Wege der Befreiung gemäß § 31 As. 2 BauGB berührt werde. Das Vorhaben sei aber auch nicht zulässig, wenn der Bebauungsplan unwirksam sei. Es verstoße dann nämlich gegen § 34 Abs. 3 BauGB, wonach von einem Vorhaben gemäß § 34 Abs.1 und 2 BauGB keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sein dürfen. Hier seien solche schädlichen Auswirkungen anzunehmen.

16

Zur Begründung der hiergegen von dem Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er aus, unter Berücksichtigung der Entwicklung im Einzelhandel könne bauplanungsrechtlich zwischen Lebensmittelmärkten und Drogeriemärkten nicht als jeweils eigenständig und unterschiedlich zu beurteilenden Arten der baulichen Nutzung unterschieden werden, weil sich die in den jeweiligen Märkten verkauften Einzelhandelssortimente inzwischen weitgehend angeglichen hätten. Demzufolge handele es bei ihrem Vorhaben lediglich um eine Schwerpunktverschiebung innerhalb des durch die Baugenehmigung von 1984 zugelassenen nichtgroßflächigen Einzelhandels als maßgeblicher Art der baulichen Nutzung, aus der sich die Variationsbreite ableite, innerhalb derer Veränderungen vorgenommen werden dürften, ohne dass hierfür eine neue Baugenehmigung erforderlich sei. Unabhängig hiervon würden durch die beabsichtigte Umnutzung bodenrechtliche Belange aber auch dann nicht berührt, wenn die beabsichtigte Schwerpunktverlagerung die Grenzen der erwähnten Variationsbreite überschreiten würde. Abzustellen sei dann auf ein richtiges Verständnis des durch die erteilte Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der gegen spätere Rechtsänderungen, wie sie hier durch den streitigen Bebauungsplan erfolgt seien, immun sei. Bezüglich der Reichweite dieses Bestandsschutzes sei auf die im Zeitpunkt der Baugenehmigung geltende Rechtslage abzustellen, die damals noch keine Differenzierung zwischen Lebensmitteln und Drogeriewaren gekannt habe. Deshalb reichte die Umnutzungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Baugenehmigung 1984 weiter, als sie sich mit Blick auf die Textfestsetzungen des streitigen Bebauungsplanes ergebe. Die Baugenehmigung habe Umnutzungsmöglichkeiten bis zur Grenze der - genehmigungspflichtigen - Nutzungsänderung im Sinne des Bauplanungsrechtes ermöglicht. Diese durch die Baugenehmigung vermittelte Rechtsposition sei insgesamt bestandsgeschützt. Das Verwaltungsgericht schränke die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes jedoch unangemessen ein, wenn es die durch die Baugenehmigung seinerzeit ermöglichten genehmigungsfreien Umnutzungsmöglichkeiten auf die nach den der Baugenehmigung nachfolgenden Bebauungsplanfestsetzungen zulässigen beschränke und daran orientiert die Frage beantworte, ob eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung beabsichtigt sei. Diese Frage müsse bezüglich der durch die Baugenehmigung von 1984 vermittelten bestandsgeschützten Rechtsstellung vielmehr an Hand der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Rechtslage beantwortet werden. Unabhängig davon berühre die beabsichtigte Umnutzung aber auch keine bodenrechtlichen Belange, die das Verwaltungsgericht auch schließlich an die Textfestsetzungen Ziffer 1.2.2 knüpfe, weil der Bebauungsplan unwirksam sei. Insoweit könne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht allein auf einen Offensichtlichkeitsmaßstab abgestellt werden.

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Jedenfalls sei der Hilfsantrag begründet, weil der Bebauungsplan unwirksam sei, da er gegen das Abwägungsgebot verstoße, weil der Plangeber die Situation verkannt habe, indem er ausweislich der Planaufstellungsakten davon ausgegangen sei, es werde keine wesentliche Veränderung gegenüber der bisherigen bauplanungsrechtlichen Situation gemäß § 34 BauGB geplant. Tatsächlich verschlechtere sich die Situation für sie erheblich, womit sich die Beklagte nicht auseinander gesetzt habe. Die Eigentümerinteressen der Grundstückseigentümer im Plangebiet seien deshalb nicht mit dem nötigen Gewicht in die Abwägung eingestellt worden. Darüber hinaus finde die Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 in § 1 Abs. 9 BauNVO keine Grundlage, weil eine Sortimentsbeschränkung zwar grundsätzlich bauplanungsrechtlich möglich sei, sie hier aber nicht auf städtebaulichen Gründen beruhe. Die Prüfung, ob die Sortimentsbeschränkung wirksam sei, könne nicht allein darauf beschränkt werden, ob Drogeriewaren ausgeschlossen werden dürften. Vielmehr sei Voraussetzung, dass insgesamt ein schlüssiges Konzept vorliege, woran es jedoch mangele. So sei nicht nachvollziehbar, warum Lebensmitteleinzelhandel im Gewerbegebiet zulässig sein solle, in dem ebenfalls festgesetzten kleinräumigeren Mischgebiet jedoch nicht. Die Begründung, warum Lebensmittel kein zentrenrelevantes Sortiment darstellen sollten, überzeuge nicht. Insoweit sei auch das Einzelhandelskonzept aus dem Jahre 1998, auf das sich die Beklagte bei der Bauleitplanung gestützt habe, in sich widersprüchlich, weil in den darin festgelegten Zonen 1 und 2 im Gegensatz zu der Zone 3 des „Gewerbegebietes Ost“ Lebensmittel als zentrenrelevantes Sortiment festgelegt worden sei, was nicht nachvollziehbar sei. Die Bauleitplanung könne sich allenfalls noch auf das Markt- und Standortgutachten aus dem Jahre 2004 stützen, nicht jedoch auf die Einzelhandelskonzeption 2010, weil diese erst nach dem Satzungsbeschluss erarbeitet worden sei. Soweit darin Aussagen zu Magnetbetrieben enthalten seien, könnten diese den zuvor erlassenen Bebauungsplan nicht stützen. Außerdem würden Drogeriewaren in erheblichem Umfang auch in Lebensmittelmärkten verkauft, die es im „Gewerbegebiet Ost“ mit erheblichen Verkaufsflächen für diese Sortimente gebe.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 05. Juli 2012 abzuändern und
festzustellen, dass die Nutzung des Anwesens B... Straße … (Parzelle Nr. ../.) in Bad Kreuznach zum Betrieb eines Drogeriemarktes aus bauplanungsrechtlichen Gründen keine Genehmigungspflicht im Sinne des § 61 LBauO begründet und von der bestehenden Baugenehmigung vom 12. April 1984 gedeckt wird;

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hilfsweise,

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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 9. November 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2011 zu verpflichten, der Klägerin einen Bauvorbescheid zu erteilen, mit dem festgestellt wird, dass die Nutzung des Anwesens B... Straße ... (Parzelle Nr. ../.) zum Betrieb eines Drogeriemarktes der Art nach bauplanungsrechtlich zulässig ist .

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

24

Sie tritt der Berufung mit Rechtsausführungen entgegen und trägt vor, die in dem streitigen Bebauungsplan festgesetzte Beschränkung des Einzelhandels stütze sich auf zahlreiche, der Bauleitplanung vorangegangene Untersuchungen.

25

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Planaufstellungsakten der Beklagten bezüglich des Bebauungsplanes Nr. 4/54 (1 Ordner und 1 Plan), das Einzelhandelskonzept vom 15. Juli 1998 und die Einzelhandelskonzeption vom 20. Mai 2010 (1 Ordner), das M… P… vom August 2004 (1 Heft) sowie die Bau- und Widerspruchsakten der Beklagten (6 Hefte) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig. Sie hat auch mit ihrem Hauptantrag Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hätte dem Feststellungsbegehren der Klägerin stattgeben müssen, weil die von ihr beabsichtigte Umnutzung des als Lebensmittelmarkt genehmigten Gebäudes für einen Drogeriemarkt zwar die Variationsbreite der durch die Baugenehmigung zugelassenen Nutzung überschreitet, ungeachtet dessen jedoch keine bodenrechtlichen Belange mit der Folge berührt, dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn der im Juni 2006 bekannt gemachte maßgebliche Bebauungsplan Nr. ./... der Beklagten, mit Blick auf dessen Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 die Beklagte wie das Verwaltungsgericht ein Berühren bodenrechtlicher Belange angenommen haben, ist unwirksam. Damit liegt eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu nicht vor. Bauplanungsrechtliche Gründe können deshalb eine Genehmigungspflicht nach § 61 LBauO nicht begründen, sodass die von der Klägerin begehrte Feststellung zu treffen war.

28

Dabei versteht der Senat das von der Klägerin mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsbegehren bei verständiger Würdigung dahingehend, dass sie damit eine solche Feststellung erreichen möchte, wie sie aus dem Urteilstenor ersichtlich ist. Auszugehen ist dabei von § 43 Abs. 1 VwGO, wonach durch die Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann, wenn der jeweilige Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Letzteres hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Als streitiges Rechtsverhältnis kann vorliegend indessen lediglich die Notwendigkeit einer Baugenehmigung für das Vorhaben der Klägerin bzw. dessen Genehmigungsfreiheit angesehen werden. Nicht feststellungsfähig sind demgegenüber abstrakte Rechtsfragen oder die jeweiligen rechtlichen Überlegungen des Feststellungsklägers, mit denen er seine Klage begründet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 18. Aufl., § 43 Rn. 14). Demgemäß war die Feststellung auf die Genehmigungsfreiheit des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht zu beschränken und nicht auch darauf zu erstrecken, dass die Rechtsauffassung der Klägerin zutreffe, dies ergebe sich aus ihrem Verständnis des Bestandschutzes der 1984 für den ALDI-Lebensmittelmarkt erteilten Baugenehmigung.

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In Bezug darauf, ob die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung des bestehenden Gebäudes für einen Drogeriemarkt baugenehmigungspflichtig ist, ist zunächst auf die der Rechtsvorgängerin des jetzigen Eigentümers des Grundstücks Parzelle Nr. ../. erteilte Baugenehmigung vom 12. April 1984 abzustellen, worüber zwischen den Beteiligten im Berufungsverfahren wohl auch kein Streit mehr besteht. Soweit die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen hatte, diese Baugenehmigung habe ihre Wirksamkeit dadurch verloren, dass nach der Verlagerung des ALDI-Lebensmittelmarktes in das Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf der nördlichen Hälfte der früheren Parzelle Nr. ../. errichtete Gebäude in dem ehemaligen Lebensmittelmarkt ein Getränkemarkt geführt worden sei, ist festzuhalten, dass sie diesen Einwand gegen das klägerische Begehren im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt hat. Insoweit ist auch auf das Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 12. März 2013 (Az.: 8 A 11152/12.OVG) zu verweisen, wonach das Unterlassen der genehmigten Nutzung, wenn das genehmigte Vorhaben verwirklicht und in der genehmigten Nutzungsart auch genutzt worden ist, nicht zum Erlöschen und Unwirksamwerden der Baugenehmigung führt. So liegt der Fall auch hier, da das der ALDI-GmbH & Co. KG genehmigte Gebäude von dieser errichtet und bis Anfang der 90er Jahre als Lebensmittelmarkt genutzt wurde.

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Zwischen den Beteiligten besteht jedoch Streit darüber, ob die durch die Baugenehmigung erlangte bestandsgeschützte Rechtsposition es der Klägerin ermöglicht, ohne eine erneute Genehmigung einholen zu müssen, die bestehenden Baulichkeiten für den Einzelhandel mit einem anderen Sortiment, nämlich Drogeriewaren, zu nutzen. Dieser hier auf bauplanungsrechtliche Aspekte begrenzte Streit knüpft an die Definition des Bundesverwaltungsgerichts an, was unter einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne zu verstehen ist und wie sie beispielhaft in dem Urteil vom 18. November 2010 (BVerwGE 138, 166 ff. m.w.N.) erläutert wird. Danach liegt eine Nutzungsänderung und damit ein Vorhaben i.S. von § 29 BauGB vor, wenn durch die Verwirklichung eines (Änderungs-)Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. In diesem Zusammenhang steht zwischen den Beteiligten zum einen im Streit, ob die von der Klägerin beabsichtigte Sortimentsveränderung – noch - innerhalb der Variationsbreite der 1984 genehmigten baulichen Nutzung liegt, und zum anderen, ob durch den der Baugenehmigung zukommenden Bestandschutz darüber hinausgehende Änderungen bis zur Schwelle des Berührens bodenrechtlicher Belange abgedeckt werden, wobei nach der Auffassung der Klägerin bezüglich der hinsichtlich Letzterem zu ziehenden Grenzen auf die bauplanungsrechtliche Situation im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung abgestellt werden müsse, weil nur daran orientiert die seinerzeit verliehene, bestandsgeschützte Rechtsposition zutreffend ermittelt werden könne.

31

Der Begriff des Bestandschutzes umschreibt das aus der Eigentumsgarantie fließende, gesetzlich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher ausgestaltete Recht des Eigentümers, eine bauliche Anlage mit einer bestimmten Nutzung, die einmal formell oder materiell legal war, weiter nutzen und in gewissem Umfang ändern zu dürfen, auch wenn die Anlage mit dieser Nutzung heute nicht mehr neu errichtet werden dürfte (vgl. Urteil des Senats vom 7. März 2013 - 1 C 10544/12.OVG - unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 2000, NVwZ 2001, 424). Streitig ist hier, ob die Änderung der jeweiligen Einzelhandelssortimente von denen eines ALDI-Lebensmittelmarktes zu einem Drogeriemarkt noch innerhalb der Variationsbreite der 1984 genehmigten baulichen Nutzung liegt und, woran orientiert die Grenzen der genannten Variationsbreite festzulegen sind. Dabei stellen die Beklagte wie auch das Verwaltungsgericht auf eine eher am allgemeinen Wortverständnis der Bezeichnung des Vorhabens in der Baugenehmigung und dessen Darstellung in der Betriebsbeschreibung orientierte Feststellung der genehmigten Nutzung ab, wohingegen die Klägerin ihre Auffassung von einer - weitergehenden - Variationsbreite auf die Einordnung der 1984 genehmigten Nutzung in die bauplanungsrechtliche Typisierung der Arten der baulichen Nutzung stützt, wie sie in der Baunutzungsverordnung zum Ausdruck kommt.

32

Dabei beruhen die Differenzen der Rechtsauffassungen der Beteiligten im Kern darauf, dass zwischen ihnen streitig ist, ob innerhalb der in der Baunutzungsverordnung typisierten (Haupt-)Arten baulicher Nutzung – hier des Einzelhandels - orientiert an der jeweiligen Bezeichnung der genehmigten baulichen Nutzung in einer Baugenehmigung weitere Differenzierungen von Unterarten der baulichen Nutzung zulässig sind, die die Variationsbreite der jeweils genehmigten Nutzung einschränken. Im vorliegenden Fall geht es nämlich sowohl bei der seinerzeit genehmigten als auch bei der von der Klägerin beabsichtigten künftigen Nutzung jeweils um nichtgroßflächigen Einzelhandel mit - nach allgemeinem Verständnis - innenstadtrelevanten Sortimenten. Während die Beklagte wie auch das Verwaltungsgericht von einer genehmigten Einzelhandelsnutzung mit einem in der Baugenehmigung festgelegten beschränkten Spektrum von Einzelhandelssortimenten ausgehen, versteht die Klägerin ihre 1984 erteilte Baugenehmigung dahingehend, dass hierdurch eine Einzelhandelsnutzung ohne konkrete Festlegung auf bestimmte Sortimente zugelassen worden sei, die es ihr ermögliche, Sortimente auszutauschen bzw. den Schwerpunkt der angebotenen Sortimente innerhalb der möglichen Einzelhandelssortimente zu verschieben, wobei sie unterstellt, dass seinerzeit zumindest ein Einzelhandel mit den von Lebensmittelmärkten wie auch von Drogeriemärkten insgesamt vertriebenen Sortimenten zugelassen worden sei. Dabei besteht zwischen den Beteiligten wohl kein Streit darüber, dass schon 1984 ein ALDI-Lebensmittelmarkt nicht ausschließlich Lebensmittel sondern wohl auch - in einem gewissen Umfang - Drogeriewaren angeboten hat. Streitig ist hingegen, ob der das Erscheinungsbild des jeweiligen Markttyps prägende Sortimentsschwerpunkt, wie von der Klägerin beabsichtigt, durch den Bestandschutz abgesichert verändert werden darf, ohne dass hierfür eine neue Genehmigung erforderlich ist.

33

Die Rechtsprechung dazu, wie gemessen an der jeweils erteilten Baugenehmigung die damit verbundene zugelassene Variationsbreite zu bestimmen ist, ist uneinheitlich, wobei der Beklagten allerdings zuzugeben ist, dass die am Wortverständnis der Bezeichnung des jeweiligen Vorhabens in den Baugenehmigungsunterlagen orientierte Auffassung stärker vertreten ist (vgl. insoweit OVG Münster, Beschluss vom 29. März 1999 - 10 B 417/99 -, OVG Lüneburg, Urteil vom 10. März 2004 - 1 KN 336/02 -, VG Minden, Urteil vom 20. Oktober 2011 - 9 K 3094/09 -, VG Ansbach, Urteil vom 4. Juli 2012 - AN 9 K 11.00149 - und VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. August 2012 - 10 K 3337/07 - jeweils in juris; VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 28. Juli 2008 - 3 K 295/08.NW - in ESOVGRP). Allerdings findet auch die Rechtsauffassung der Klägerin in der Rechtsprechung eine Stütze (vgl. insoweit OVG Greifswald, Beschluss vom 10. Juli 1995 - 3 M 210/94 - und Urteil vom 29. Juli 1998 - 3 L 193/97 -, VG Köln, Urteil vom 20. Juli 2010 - 23 K 2982/07 - jeweils in juris). Unberücksichtigt bleiben kann in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung, die eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung - in unveränderten baulichen Anlagen - in den Fällen annimmt, in denen - bei typisierter Betrachtungsweise - die Art der baulichen Nutzung geändert wird oder weitere Arten der baulichen Nutzung zu der genehmigten hinzutreten, so dass schon deshalb bodenrechtliche Belange berührt werden.

34

Nach dem Verständnis des erkennenden Senats spricht indessen vieles dafür, bei der Abgrenzung der zulässigen Variationsbreite einer genehmigten baulichen Nutzung nicht lediglich von dem Wortverständnis der Bezeichnung des genehmigten Vorhabens in den Bauantragsunterlagen und in der Baugenehmigung auszugehen, sondern diese Bezeichnung gleichsam in die Typisierung der Baunutzungsverordnung zu übersetzen, weil die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens sich grundsätzlich an dieser orientiert. Insoweit ist auch auf die Kommentierung des § 29 BauGB in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger zu verweisen (BauGB, 106. Ergänzungslieferung 2012, § 29 BauGB Rn. 41), in der ausgeführt wird, dass zur Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben unter den Begriff der Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB fällt, die bisherige Nutzung der baulichen Anlage zu der künftigen Nutzung in Vergleich gesetzt hätte müssen. Dabei sei davon auszugehen, dass es bei der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer baulichen Anlage wesentlich auf deren Zuordnung zu einer der Nutzungsarten ankomme, die in den Baugebietsfestsetzungen und den Vorschriften der BauNVO (§§ 1 bis 14) typisiert würden. Auch wenn angesichts dessen dem ersten Anschein nach die Rechtsauffassung der Klägerin zuzutreffen scheint, die von ihr beabsichtigte Sortimentsveränderung sei noch durch die seinerzeit zugelassene - typisierte - Art der baulichen Nutzung „Einzelhandel mit einem breiteren Sortimentsspektrum“ gedeckt und liege innerhalb deren Variationsbreite, erweist sich die Annahme der Beklagten wie auch des Verwaltungsgerichtes, die von der Klägerin beabsichtigte Sortimentsveränderung überschreite die Grenzen der bestandsgeschützten Variationsbreite, gleichwohl im Ergebnis als zutreffend.

35

Auch wenn auf eine „Übersetzung“ der Beschreibung des jeweils genehmigten Vorhabens in der Baugenehmigung und in den Bauantragsunterlagen in die – typisierten - unterschiedlichen Arten der baulichen Nutzung i. S. der BauNVO abzustellen ist, bedeutet dies nämlich nicht, dass unterhalb der Ebene der z.B. in § 6 Abs. 2 Nr. 3 aufgeführten „Einzelhandelsbetriebe“ im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens eine weitere Differenzierung nicht und damit auch keine Einschränkung der Variationsbreite für künftige Veränderungen erfolgen könnte. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1994 (Buchholz 406.11 § 29 BauGB Nr. 54) festgehalten hat, ist eine über die der genehmigten Nutzungsart eigene Variationsbreite hinausgehende Veränderung dann gegeben, wenn die neue Nutzung gegenüber der bisherigen unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 9 BauNVO einer gesonderten Festsetzung durch einen Bebauungsplan unterworfen werden könnte. In jenem Fall hat dies das Bundesverwaltungsgericht bezüglich unterschiedlicher Kategorien von Vergnügungsstätten entschieden und insoweit von „Unterarten“ einer Art der baulichen Nutzung gesprochen, wie sie in der Baunutzungsverordnung aufgeführt wird. Legt man dies zugrunde, so begrenzt die Konkretisierung des Bauvorhabens in den Bauantragsunterlagen und in der Baugenehmigung die Variationsbreite für künftige genehmigungsfreie Änderungen des genehmigten Bauvorhabens grundsätzlich enger, als sie sich bei einer auf die bloße Einordnung des genehmigten Vorhabens in die Typisierung der unterschiedlichen Arten baulicher Nutzungen ergäbe, wie sie die Baunutzungsverordnung aufführt.

36

Dass eine Differenzierung etwa zwischen nichtinnenstadtrelevantem Einzelhandel und Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten grundsätzlich möglich ist, ist in der Rechtsprechung anerkannt und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Entgegen der Auffassung der Klägerin erachtet der Senat grundsätzlich aber auch eine bauplanungsrechtliche Differenzierung innerhalb des Einzelhandels mit innenstadtrelevanten Sortimenten nach einzelnen Sortimentsgruppen und dementsprechend auf § 1 Abs. 9 BauNVO gestützte unterschiedliche Bebauungsplanfestsetzungen für zulässig, die zwischen Lebensmittelmärkten auf der einen Seite und Drogeriemärkten auf der anderen Seite unterscheidend die Zulässigkeit solcher Vorhaben in dem Plangebiet, sofern hierfür städtebauliche Gründe vorliegen, verschieden regeln. Auch wenn bei einer bloßen Aufzählung der in derartigen Märkten üblicherweise vertriebenen Sortimente eine weitgehende Übereinstimmung oder möglicherweise gar Deckungsgleichheit festgestellt werden könnte, kann nämlich nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden, dass das jeweilige Sortimentsspektrum, das den Schwerpunkt des jeweiligen Angebots bildet und damit als Kreis der Hauptsortimente das Erscheinungsbild des jeweiligen Marktes prägt, eine solche Differenzierung ermöglicht. Die üblicherweise zur Steuerung des Einzelhandels in Bebauungsplänen festgesetzten Sortimentsbeschränkungen unterscheiden häufig und von der Rechtsprechung nicht beanstandet zwischen Haupt- und Randsortimenten.

37

Die Argumentation der Klägerin, die darauf hinausläuft, es gebe keine Unterschiede zwischen Lebensmittel- und Drogeriemärkten, weil sowohl Lebensmittel- als auch Drogeriewaren in beiden Markttypen jeweils Hauptsortimente seien, berücksichtigt das nicht und überzeugt daher nicht. Auch in einem ALDI-Lebensmittelmarkt, wie er 1984 genehmigt worden ist, dürfte nämlich der Schwerpunkt der Sortimente, der damit den Charakter des Betriebs, wie er seinerzeit genehmigt worden ist, geprägt hat, im Bereich der Lebensmittel gelegen haben, wenngleich sicherlich auch in einem gewissen Umfang Drogeriewaren zum seinerzeitigen Angebot eines solchen Marktes zählten. Umgekehrt kann aus dem Umstand, dass etwa in Drogeriemärkten auch Baby-Nahrung und in gewissem Umfang Bio-Lebensmittel vertrieben werden, die Prägung eines Drogeriemarktes durch den Sortimentsschwerpunkt im Bereich der Drogeriewaren nicht ausschließen. Demgemäß hält es der Senat für grundsätzlich zulässig, sofern entsprechende städtebauliche Gründe hierfür gegeben sind und dem ein schlüssiges widerspruchsfreies Planungskonzept zugrunde liegt, zwischen Lebensmittel- und Drogeriewareneinzelhandel als Unterarten der Art der baulichen Nutzung „Einzelhandel“ zu differenzieren, die jeweils Gegenstand eigenständiger bauplanungsrechtlicher Regelungen gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO sein können. Hiervon geht auch ersichtlich der 8. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 15. April 2010 (Az.: 8 A 11322/09.OVG) aus, in dem eine im konkreten Fall zu beurteilende Differenzierung in diesem Sinne zwar als fehlerhaft angesehen wurde, womit sich der 8. Senat des Gerichts indessen gar nicht hätte befassen müssen, wenn er grundsätzlich der Auffassung gewesen wäre, eine solche Differenzierung sei bauplanungsrechtlich gar nicht möglich, wie dies die Klägerin geltend macht. Bezüglich der Frage, wie weit danach die Variationsbreite der hier zu beurteilenden Baugenehmigung von 1984 reicht, kommt es indessen nicht darauf an, ob im konkreten Fall die Differenzierung durch den hier streitigen Bebauungsplan der Beklagten wirksam erfolgt ist, sondern nur darauf, dass eine solche grundsätzlich möglich ist. Ist das, wie vorstehend erläutert worden ist, jedoch der Fall, dann ist durch die seinerzeit erteilte Baugenehmigung die Variationsbreite für künftige Veränderungen der Nutzung enger begrenzt worden, als die Klägerin annimmt. Die Verlagerung des Sortimentsschwerpunkts auf Drogeriewaren überschreitet daher die seinerzeit zugelassene Unterart der baulichen Nutzung „Lebensmitteleinzelhandel“.

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Überschreitet somit das Vorhaben der Klägerin die Variationsbreite des 1984 genehmigten Bauvorhabens in Bezug auf die darin zugelassene Art der baulichen Nutzung, so folgt allein daraus nach der vorstehend zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zur bauplanungsrechtlichen Nutzungsänderung noch nicht die Genehmigungspflichtigkeit des Vorhabens. Vielmehr muss hinzukommen, dass durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden, sodass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2010, a.a.O.). An dieser Rechtsprechung orientieren sich zwar beide Beteiligte. Es besteht jedoch Streit darüber, ob dies mit Blick auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, also im Jahre 1984, oder mit Blick auf die derzeitige Rechtslage unter Berücksichtigung des 2006 bekanntgemachten Bebauungsplanes Nr. ./... der Beklagten zu beurteilen ist. Dabei ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass dieser Streit über den maßgeblichen Zeitpunkt und die dann jeweils nach der Auffassung der Beteiligten unterschiedliche Rechtslage sich ausschließlich auf die Frage bezieht, ob das Vorhaben der Klägerin eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 BauGB darstellt, wohingegen ersichtlich nicht im Streit steht, dass dann, wenn es eine solche Nutzungsänderung sein sollte, deren Zulässigkeit an der heutigen Rechtslage zu messen ist und insoweit die frühere Rechtslage auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes die Zulässigkeit einer beabsichtigten genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung begründen könnte (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 27. August 1998, NVwZ 1999, 523 ff. m.w.N.). Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Bestandsschutz beruft und in diesem Zusammenhang auf die im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung im Jahre 1984 geltende Rechtslage abstellt, bezieht sich das demgemäß ausschließlich darauf, darzulegen, dass ihr Vorhaben gar keine Nutzungsänderung im Sinne von § 19 BauGB darstelle, weshalb dessen Zulässigkeit dann auch nicht an der derzeit geltenden Rechtslage zu messen sei.

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Die Rechtsauffassung der Klägerin lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass sie die Auffassung vertritt, durch die 1984 erteilte Baugenehmigung, auf die sich der derzeitige Grundstückseigentümer als Rechtsnachfolger berufen könne, habe der damalige Grundstückseigentümer eine bestandsgeschützte Rechtsposition erlangt, die neben der Befugnis, das in den Bauantragsunterlagen konkretisierte Bauvorhaben zu errichten und, wie darin beschrieben, zu nutzen, die – weitere - rechtliche Befugnis mit umfasst habe, über die Variationsbreite des 1984 genehmigten Vorhabens hinausgehend Veränderungen ohne eine erneute Baugenehmigung vornehmen zu dürfen, die bis an die Grenze der bauplanungsrechtlichen Nutzungsänderung bezogen auf den damaligen Rechtszustand hätten gehen können. Diese Überlegungen orientieren sich an der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die Befugnis zu – bauplanungsrechtlich – genehmigungsfreien Änderungen nicht an den Grenzen der Variationsbreite, sondern erst an dem Punkt endet, wo bodenrechtliche Belange berührt werden. Dabei ist die Klägerin der Ansicht, die Reichweite der damals durch die Baugenehmigung vermittelten Rechtsposition könne nur unter Berücksichtigung der seinerzeitigen Rechtslage festgestellt werden und eine Orientierung an der heutigen Rechtslage beschränke die damals erlangte Rechtsstellung. In diesem Sinne ist ihre Kritik an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu verstehen, dieses schränke mit seinem Abstellen auf die heutige Rechtslage den Bestandsschutz der 1984 erteilten Genehmigung in unzulässiger Weise ein. Zu diesem Ergebnis gelangt die Klägerin gestützt auf ihre Annahme, die gesamten im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung 1984 durch die Baugenehmigung ermöglichten genehmigungsfreien Veränderungsmöglichkeiten seien dauerhaft bestandsgeschützt und könnten durch spätere Bauleitplanungen nicht berührt werden, weshalb die Grenzen der durch die Baugenehmigung – auch heute noch - ermöglichten genehmigungsfreien Veränderungen ausschließlich nach dem Zeitpunkt der Baugenehmigungserteilung geltenden Rechtslage festgestellt werden könnten. Nur dann, wenn die beabsichtigte Veränderung die damaligen Grenzen möglicher genehmigungsfreier Veränderungen überschreite, stelle ihr Vorhaben eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, deren Zulässigkeit - dann allerdings – nach der neuen Rechtslage zu beurteilen sei. Damit streiten die Beteiligten über die Reichweite des Bestandsschutzes der 1984 erteilten Baugenehmigung. Indessen teilt der Senat das Verständnis der Klägerin von der Reichweite des geltend gemachten Bestandsschutzes nicht.

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Nach der Auffassung des Senats ist nämlich zu differenzieren zwischen einem bestandsgeschützten Bereich von genehmigungsfreien Veränderungs-möglichkeiten einerseits und weiteren genehmigungsfreien Nutzungs-möglichkeiten andererseits, die auf der bauplanungsrechtlichen Situation zum jeweiligen Zeitpunkt beruhen. Während dauerhaft geschützt, wie der Senat in seinem Urteil vom 07. März 2013 (Az.: 1 C 10544/12.OVG) ausgeführt hat, das Recht des Eigentümers ist, eine genehmigte bauliche Anlage mit einer bestimmten Nutzung in einem gewissen Umfang ändern zu dürfen, welches auch die jeweilige Gemeinde durch ihre Bauleitplanung nicht beseitigen kann, gilt das bezüglich sonstiger bauplanungsrechtlich genehmigungsfreier Änderungsmöglichkeiten nicht, die lediglich auf der in einem bestimmten Zeitpunkt geltenden bauplanungsrechtlichen Rechtslage beruhen. Insoweit handelt es sich lediglich um Nutzungschancen, die aus der jeweils gegebenen bauplanungsrechtlichen Situation erwachsen, auch wenn sie an die Zulassung eines Bauvorhabens anknüpfen, in die der Plangeber aber durch eine Bauleitplanung eingreifen kann, wie sich etwa aus § 42 BauGB ergibt. Daher versteht der Senat als bestandsgeschützten Bereich genehmigungsfreier Veränderungsmöglichkeiten allein das, was gemeinhin unter den Begriff der Variationsbreite gefasst wird, und die von der Klägerin angesprochenen weitere genehmigungsfreie Veränderungsmöglichkeit bis zur Schwelle des Berührens bodenrechtlicher Belange als Nutzungschancen auf der Grundlage der jeweils geltenden Rechtslage, die der Plangeber jedoch auf der Grundlage der Vorschriften des BauGB durch eine Bauleitplanung verändern kann. Deshalb ist der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichtes, die Feststellung, ob eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, für den Fall, dass die beabsichtigte Veränderung der baulichen Nutzung die Variationsbreite des genehmigten Vorhabens überschreitet, daran zu orientieren, ob das Vorhaben mit Blick auf die derzeitige Rechtslage bodenrechtliche Belange neu berührt, nicht zu beanstanden. Das bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner weiteren Vertiefung, weil entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes der vorgenannte Bebauungsplan der Beklagten unwirksam ist. Mithin ist dessen Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 für die Frage, ob bodenrechtliche Belange neu berührt werden, nicht maßgeblich. Diese Frage ist vielmehr gemäß § 34 BauGB zu beurteilen, weshalb auch heute gar keine andere Rechtslage besteht, als sie im Zeitpunkt der Baugenehmigung bestand. Zwischen den Beteiligten ist nämlich unstreitig, dass im Zeitpunkt der Baugenehmigung die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB zu beurteilen war.

41

Das Verwaltungsgericht stützt seine Annahme, das Vorhaben der Klägerin berühre bodenrechtliche Belange, sodass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stelle, darauf, dass – anders als bei dem Einzelhandel mit Lebensmitteln – die genannten Voraussetzungen hier deshalb erfüllt seien, weil die Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 des Bebauungsplanes ./... der Beklagten bezüglich des in dem Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes Drogeriewaren, Wasch-, Putz- und Pflegemitteln, Kosmetika, Orthopädie und Pharmazeutika als unzulässige Einzelhandelssortimente aufführe. Auch die Beklagte stützt ihre Annahme einer Genehmigungspflicht des Vorhabens ausschließlich hierauf. Kommt es aber zur Beantwortung der Frage, ob das streitige Vorhaben aus bauplanungsrechtlichen Gründen genehmigungspflichtig ist, darauf an, dass es nach der vorgenannten Textfestsetzung anders beurteilt werden muss, als ein Einzelhandel mit Lebensmitteln, dann kann, wenn jedenfalls wie hier die Wirksamkeit des Bebauungsplanes substantiiert angegriffen wird, die Prüfung der damit entscheidungserheblichen Wirksamkeit der Textfestsetzung bzw. des Bebauungsplanes nicht auf eine summarische Prüfung nach einem Offensichtlichkeitsmaßstab beschränkt bleiben. Die demgemäß gebotene eingehendere Prüfung des genannten Bauleitplanes führt zu dem Ergebnis, dass die Textfestsetzungen Ziffer 1.2.2 wie auch die Textfestsetzung Ziffer 1.1.3 bezüglich des ebenfalls in dem Bebauungsplan festgesetzten Mischgebietes unwirksam sind, weil der darin geregelte Ausschluss zentrenrelevanter Einzelhandelssortimente nicht auf einem schlüssigen, widerspruchsfreien Planungskonzept beruht, was zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes insgesamt führt, weil es sich bei den genannten Textfestsetzungen zweifellos um Grundzüge der Planung handelt, die nach den Ausführungen der Beklagten gerade das Ziel verfolgt, die Einzelhandelsnutzung im Stadtgebiet zu steuern.

42

Ebenfalls kann die Überprüfung des Bauleitplanes in Bezug auf das für den Ausschluss von Einzelhandelssortimenten notwendige schlüssige Planungskonzept, wenn es umfassender angegriffen wird, nicht darauf beschränkt bleiben, zu untersuchen, ob städtebauliche Gründe für den Ausschluss von Drogeriewaren erkennbar sind, der unmittelbar die Klägerin trifft. Hier macht die Klägerin nämlich geltend, das Konzept, das – auch – den Ausschluss von Drogeriewaren regelt, sei in sich widersprüchlich und hinsichtlich der Differenzierung zwischen den jeweils innenstadtrelevanten Sortimenten „Lebensmittel“ und „Drogeriewaren“ sowie hinsichtlich der unterschiedlichen Regelungen bezüglich des Lebensmitteleinzelhandels in dem festgesetzten Gewerbegebiet und dem ebenfalls festgesetzten Mischgebiet nicht nachvollziehbar. Damit erstreckt sich der Streit der Beteiligten auf die Tragfähigkeit des Planungskonzeptes insgesamt. Auch dann, wenn die aus Gründen zu verneinen ist, die nicht auf dem Ausschluss des Einzelhandels mit Drogeriewaren beruhen, der konkret dem klägerischen Vorhaben entgegengehalten wird, führt das zur Unwirksamkeit der Planung mit der Konsequenz, dass dann auch die Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 die Annahme nicht stützen kann, das Vorhaben berühre bodenrechtliche Belange. Das berücksichtigen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend.

43

Es ist in der Rechtsprechung und auch von dem erkennenden Senat zwar grundsätzlich anerkannt, dass ein auf zentrenrelevante Sortimente bezogener Einzelhandel als typisierbare Nutzungsart im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO angesehen werden kann, die in einem Baugebiet zugelassen oder ausgeschlossen werden kann. Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in zentrenrelevanten Sortimenten ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn hierfür besondere städtebauliche Gründe gegeben sind. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt insoweit spezielle Gründe für eine gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen bzw. unzulässigen Nutzung. Welche städtebaulichen Ziele eine Gemeinde dabei verfolgt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigte sie, „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie Teile des Gemeindegebietes zur Unterbringung von Einzelhandelsbetrieben zur Verfügung stellt. Wenn sie für bestimmte Gebiete Sortimentsbeschränkungen beschließt, um die innerstädtische Kernzone zu stärken, ist das ein legitimes städtebauliches Ziel. Dem muss jedoch – zum Schutz der verfassungsrechtlich gewährleisteten Bau- und Gewerbefreiheit (Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG) – ein schlüssiges, widerspruchsfreies Planungskonzept zugrunde liegen, dessen Verwirklichung nicht erkennbar ausgeschlossen ist (vgl. Urteil des 8. Senates des Gerichtes vom 12. Februar 2007 - 8 A 11311/06.OVG -, m.w.N.).

44

Das setzt aber auch eine fundierte städtebauliche Rechtfertigung dafür voraus, dass allein hinsichtlich des Segments „Lebensmittel“ von dem Grundsatz der Ansiedlung in den Zentren (gefahrlos) abgegangen werden kann, während andere anerkanntermaßen ebenfalls der Nahversorgung dienende Sortimente wie „Drogeriewaren“ im Plangebiet ausgeschlossen sind. Die alleinige bauleitplanerische Zulassung von Lebensmitteln als Teilsegment der zur Nahversorgung zählenden Verbrauchsgüter muss bei dem gleichzeitigen Ausschluss weiterer nahversorgungsrelevanter Sortimente, wie hier „Drogeriewaren‘“ nachvollziehbar begründet werden. Solche gemeinhin auch als Waren des kurzfristigen/täglichen oder periodischen Bedarfs angesprochenen Sortimente werden nämlich ansonsten – so schon im LEP III wie nun im LEP IV – einheitlich als Einzelhandelssortimente zur möglichst wohnungsnahen Deckung der Grundversorgung und damit als innenstadtrelevant verstanden. So fasst auch das von der Beklagten vorgelegte Markt- und Standortgutachten der GfK Prisma vom August 2004 die Warengruppen „Nahrungs- und Genussmittel“ und „Gesundheit und Körperpflege“ unter dem Begriff „periodischer Bedarf“ zusammen. Das hätte der Beklagten bei der Erarbeitung des nach ihren Angaben der Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 zu Grunde liegenden Planungskonzepts zu einer eingehenderen Befassung mit der Nahversorgungsfunktion der genannten Warengruppen Anlass geben müssen (vgl. Urt. vom 12. Februar 2007 – 8 A 11311/06.OVG – m. w. H. zum LEP). An einem dem genügenden, schlüssigen Planungskonzept mangelt es hier. Das gilt auch hinsichtlich der unterschiedlichen Regelungen für das Gewerbe- und das Mischgebiet und – über das Plangebiet hinausgreifend – für das der Planung zu Grunde liegende Einzelhandelskonzept für das „Gewerbegebiet-Ost“. Soweit das Verwaltungsgericht ein solches angenommen hat, greift es zur Begründung im Wesentlichen allein die Ausführungen der Beklagten hierzu auf, die in den vorliegenden Unterlagen indessen keine hinreichende Stütze finden, und verweist auf die erst 2010 beschlossene Einzelhandelskonzeption, die schon wegen des Zeitablaufs für die Beurteilung des 2006 beschlossenen Bebauungsplanes ohne Belang ist.

45

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Senates vom 21. Juni 2001 (Az.: 1 C 11806/00.OVG) verweist, in dem sich der Senat bereits einmal bezüglich eines anderen Bebauungsplanes zu dem Einzelhandelskonzept geäußert hatte, folgt daraus nicht, dass es im vorliegenden Verfahren einer erneuten Überprüfung nicht bedürfte und die nunmehr vorgenommene Prüfung zu keinem anderen Ergebnis gelangen könnte. Die von dem Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem von ihm entwickelten Grundsatz der Planerhaltung aufgestellte Maxime, es sei nicht Aufgabe der Richter, ungefragt nach Fehlern zu suchen, an der sich die nachgeordneten Gerichte und auch das erkennende Gericht orientieren, schafft nämlich die Situation, dass jedenfalls dann, wenn in einem späteren Verfahren entsprechende Fehler substantiiert vorgetragen werden, diesen mit der Konsequenz nachzugehen ist, dass die Schlüssigkeit eines Planungskonzeptes dann neu und gegebenenfalls anders zu beurteilen ist. So liegt der Fall hier.

46

Der Bebauungsplan Nr. ./... der Beklagten stützt sich ausweislich der Planaufstellungsunterlagen (Begründung des Bebauungsplanes S. 1) ausschließlich auf das am 15. Juli 1998 beschlossene „Konzept zur Regelung der Entwicklung des Einzelhandels“. Eine entsprechende, darauf beschränkte Aussage enthielt bereits der Entwurf der Begründung, die mit den Planaufstellungsunterlagen im Frühjahr 2006 offen gelegt wurde. In den gesamten Planaufstellungsunterlagen finden irgendwelche anderen Untersuchungen oder Konzepte keinerlei Erwähnung. Hierüber ging auch der Stadtrat im Rahmen der Abwägung der von den verschiedenen Gesellschaften des Einwenders G... erhobenen Bedenken gegen die Planung nicht hinaus. Die Planbegründung selbst erschöpft sich im Übrigen in wenigen pauschalen Aussagen bezüglich der in dem Bebauungsplan festgesetzten Sortimentsbeschränkungen, denen sich allenfalls das planerische Ziel entnehmen lässt, „den Standort Innenstadt für einen vielfältigen Einzelhandel zu stärken“. Hierzu wird ausgeführt:

47

„Es soll zum Erhalt der Stadt in ihrer Bedeutung als Mittelzentrum beigetragen, den berechtigten Ansprüchen der Bürger hinsichtlich der Attraktivität der Innenstadt Rechnung getragen, Versorgungsfunktionen erhalten und gefördert werden. … Auch widerspricht der durch den Bebauungsplan nicht ausgeschlossene sonstige Einzelhandel im Gewerbegebiet diesen Zielen nicht, da viele nicht innenstadt- und zentrenrelevante Warensortimente (z.B. Baustoffe, Möbel, Sanitärobjekte etc.) hinsichtlich Flächenbedarf sowie An- und Abtransport der Waren oftmals Voraussetzungen erfordern, die in der Innenstadt nicht, im Gewerbegebiet jedoch gegeben sind. Insofern ist im Rahmen der Daseinsfürsorge der Bevölkerung sowie unter Berücksichtigung der Lage des Plangebietes im Stadtgebiet ein genereller Ausschluss von Einzelhandel im vorgesehenen Gewerbegebiet aus planerischer Sicht nicht geboten.

48

Neben der getroffenen Regelung zum Ausschluss bestimmter Warensortimente ist im Bebauungsplan für Betriebe mit nicht innenstadt- und zentrenrelevantem Sortiment eine angemessene Begrenzung bezüglich der Zulässigkeit von branchentypischen Randsortimenten aufgenommen. Eine derartige Regelung ist erforderlich, um zu verhindern, dass das Planungsziel hinsichtlich des zulässigen Einzelhandels nicht durch umfangreiche, innerstadt- und zentrenrelevante Randsortimente unterlaufen wird.“

49

Konkreteres lässt sich auch nicht der Vorlage für den Aufstellungsbeschluss vom 08. Dezember 2005 entnehmen. In diesem wird ausgeführt:

50

„Die Aufstellung eines Bebauungsplanes ist erforderlich, da sich mittlerweile eine ungeordnete städtebauliche Entwicklung abzeichnet, insbesondere durch Nutzungsänderungen vorhandener baulicher Anlagen sowie durch Vorhaben zur Ansiedlung von Einzelhandelseinrichtungen mit innenstadtrelevanten Sortimenten, die aus stadtplanerischer Sicht im Plangebiet nicht zulässig sein sollen.

51

Ziel der Planung ist es, neben geordneten städtebaulichen Strukturen eine dem Gebietscharakter Gewerbegebiet entsprechende ausgewogene Entwicklung sicherzustellen, insbesondere hinsichtlich der dort zulässigen Nutzungsarten.“

52

Hierin erschöpfen sich die den Planaufstellungsunterlagen zu entnehmenden Aussagen zu dem Planungskonzept, das zu der im Mittelpunkt des Streites stehenden Differenzierung zwischen Lebensmitteln und Drogeriewaren in der Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 geführt haben soll. Ein diese Differenzierung stützendes Planungskonzept lässt sich den vorstehend zitierten Aussagen der Planaufstellungsunterlagen zu den Planungszielen unzweifelhaft nicht entnehmen.

53

Das erforderliche schlüssige und widerspruchsfreie Planungskonzept enthält aber auch nicht das Einzelhandelskonzept, das von dem Stadtrat der Beklagten am 15. Juli 1998 beschlossen worden ist. Vielmehr ist dieses Konzept, dessen Entwicklung sich wegen des Nichtvorliegens entsprechender vorangegangener Untersuchungen ohnehin nicht nachvollziehen lässt, selbst durch einen nicht erklärbaren Widerspruch gekennzeichnet, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat. In den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zu diesem 1998 beschlossenen Einzelhandelskonzept werden andere Untersuchungen oder Ausarbeitungen, auf die sich dieses Konzept stützen könnte, nicht erwähnt. Dieses Konzept, soweit es dem Gericht von der Beklagten vorgelegt worden ist, erschöpft sich in der zeichnerischen, allerdings nicht erläuterten Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches einerseits und der zeichnerischen Darstellung insgesamt dreier Zonen des „Gewerbegebietes-Ost“ andererseits sowie in der Festlegung der in den einzelnen Zonen unzulässigen Warensortimenten, wie sie letztendlich in die Textfestsetzungen des vorgenannten Bebauungsplanes eingeflossen sind. Im Übrigen enthalten die vorgelegten Unterlagen allenfalls Darstellungen, wie sie üblicherweise bei Power-Point-Präsentationen in stichwortartiger Form auf eine Leinwand projiziert werden, denen jedoch ein schlüssiges und nachvollziehbares Konzept bezüglich der von der Beklagten vorgenommenen Differenzierung zwischen Lebensmitteln und Drogeriewaren nicht zu entnehmen ist, die allgemein beide als innerstadtrelevante Sortimente angesehen werden. Insbesondere enthält dieses Einzelhandelskonzept keinerlei Aussagen in dem Sinne, wie die Beklagte im gerichtlichen Verfahren die Differenzierung begründet hat. Solche finden sich erstmalig in der Einzelhandelskonzeption aus dem Jahr 2010.

54

Das 1998 beschlossene Konzept ist jedoch insofern in sich widersprüchlich, als es in den Zonen 1 und 2 im Gegensatz zu der Zone 3, in der der streitige Bebauungsplan liegt, Nahrungs- und Genussmittel als unzulässige Warensortimente aufführt, was in der Zone 3 hingegen nicht der Fall ist. Eine Erläuterung hierfür wird nicht gegeben. Erklärbar ist diese Konzeption aber auch nicht angesichts der Argumentation der Beklagten, die durchgängig ihren Vortrag vom Widerspruchsverfahren bis zum Berufungsverfahren geprägt hat, wegen der besonderen Situation in Bad Kreuznach seien lediglich Drogeriewaren als innenstadtrelevant anzusehen, nicht aber Lebensmittel. Wäre dem so, ließe sich deren Benennung als unzulässige Einzelhandelssortimente in den Zonen 1 und 2, die den deutlich größeren Teil des „Gewerbegebietes-Ost“ ausmachen, nicht nachvollziehen. Hat die Beklagte aber in ihrem Einzelhandelskonzept, das alleine die in den Planaufstellungsakten genannte Grundlage der Planung war, im weitaus größten Teil des Gewerbegebietes den Einzelhandel mit Lebensmitteln als innenstadtrelevantem Sortiment ausschließen wollen, dann lässt sich mit diesem Konzept nicht schlüssig erklären, warum gerade im streitigen Plangebiet wegen der vorgeblich besonderen Einzelhandelssituation in Bad Kreuznach Lebensmittel nicht als innenstadtrelevant, Drogeriewaren hingegen als innenstadtrelevant einzustufen sein sollten, wobei diese Differenzierung des Planungskonzeptes dann Grundlage für die konkrete Regelung in der Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 sein sollte.

55

Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, es hätten seinerzeit noch viele andere Untersuchungen vorgelegen, aus denen sich das von ihr vorgetragene Planungskonzept ableite, ist festzuhalten, dass diese behaupteten anderen Unterlagen, die der Stadtrat in den Planaufstellungsunterlagen offensichtlich auch nicht erwähnenswert fand, bis heute nicht vorgelegt worden sind, obwohl die differenzierte Behandlung von Lebensmitteln und Drogeriewaren in der genannten Textfestsetzung seit dem Widerspruchsverfahren durchgängig von der Klägerin thematisiert worden ist. Irgendwelche anderen Unterlagen außer dem M… P… vom August 2004 und der am 20. Mai 2010 beschlossenen neuen Einzelhandelskonzeption sind von der Beklagten, die sich im Berufungsverfahren nicht schriftsätzlich geäußert hat, zu keinem Zeitpunkt erwähnt geschweige denn vorgelegt worden. Angesichts dessen muss sich die Prüfung, ob der Bauleitplanung der Beklagten ein schlüssiges widerspruchsfreies Planungskonzept zugrunde liegt, auf die – wenigen – vorliegenden Unterlagen beschränken. Dabei ist, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, die Einzelhandelskonzeption vom 20. Mai 2010 unberücksichtigt zu lassen, da diese zeitlich dem Satzungsbeschluss nachfolgte und deshalb kein dieser Planung zugrunde liegendes Konzept darstellen kann. Deren Aussagen mögen in anderem Zusammenhang von Bedeutung sein. In Bezug auf die Prüfung des 2006 bekanntgemachten Bebauungsplanes Nr. ./... ist die Einzelhandelskonzeption vom Mai 2010 indessen ohne Relevanz.

56

Ein schlüssiges, widerspruchsfreies Planungskonzept in dem Sinne, dass der vorgenannte Bebauungsplan das städtebauliche Ziel verfolgt, durch den Ausschluss des Einzelhandels mit Drogeriewaren im Gegensatz zu dem Einzelhandel mit Lebensmitteln, eventuelle Neuansiedlungen von Drogeriemärkten zur Steigerung oder zur Erhaltung der Attraktivität der Innenstadt zuzuführen, lässt sich aber auch nicht dem M… P… vom August 2004 entnehmen, das nach den von der Beklagten vorgelegten oder sonst wie konkret erwähnten Unterlagen die einzige weitere Untersuchung ist, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses 2006 vorlag, auch wenn sie in den Planaufstellungsunterlagen keinerlei Erwähnung gefunden hat. Schon von ihrer Aufgabenstellung her zielt diese Untersuchung nicht auf die Entwicklung eines Einzelhandelskonzeptes, sondern auf die Untersuchung der Auswirkungen einer geplanten Ansiedlung großflächigen Einzelhandels außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches. Mithin könnte diese Untersuchung lediglich als „Nebenprodukt“ Erkenntnisse vermitteln, die das von der Beklagten behauptete Planungskonzept verdeutlichen und stützen könnten. Das ist jedoch nicht der Fall.

57

In weiten Teilen stellt diese Untersuchung lediglich eine Bestandsaufnahme der Einzelhandelssituation zum damaligen Zeitpunkt dar, der aber nicht als gleichsam zwingende Schlussfolgerung - unausgesprochen - das von der Beklagten behauptete Planungskonzept entnommen werden kann. Bestätigt wird darin lediglich die bipolare Aufgabenverteilung zwischen dem Stadtzentrum und dem „Gewerbegebiet-Ost“ (Ziffer 3.1 S. 16 ff.). Erwähnt wird zwar als attraktives innerstädtisches Angebot das des Drogeriemarktes Müller (S. 19). Dessen besondere Attraktivität wird lediglich mit dem Hinweis auf Teilsortimente wie Tonträger, Schreibwaren und Bücher hervorgehoben, bei denen es sich zweifellos nicht um typische Drogeriewaren handelt. Hervorgehoben wird im Übrigen - ohne Differenzierung zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel und dem Handel mit Drogeriewaren - der quantitativ und qualitativ vielfältige ausgestattete Einzelhandelsbesatz der Innenstadt. Als Fazit wird unter Ziffer 3.1.4 (S. 22) bezüglich des „Gewerbegebiets-Ost“ festgehalten:

58

„Lediglich die beträchtliche Anzahl innenstadtrelevanter Angebote mit Discountorientierung auf „kleineren“ Verkaufsflächen stellt ein nicht zu unterschätzendes Konkurrenzpotenzial für den innerstädtischen Einzelhandel dar.“

59

Daraus lässt sich jedoch für die von der Beklagten als Planungskonzept vorgetragene Differenzierung zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriewareneinzelhandel nichts gewinnen.

60

Gleiches gilt für die Untersuchung des Einzelhandelsumsatzes und der Verkaufsfläche unter Ziffer 3.2.1 (S. 23 ff.). Die Ausführungen zum periodischen Bedarf (S. 24 ff.) sprechen hingegen eher gegen die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung. Zwar wird ausgeführt, dass der Anteil der Innenstadt an den Einzelhandelsumsätzen im Bereich periodischer Bedarf sich in einem für eine Stadt in der Größenordnung und Zentralitätsstufe wie Bad Kreuznach durchschnittlichen Bereich bewege, allerdings wird hier zwischen den einzelnen Warengruppen „Nahrungs- und Genussmittel“ und „Gesundheit und Körperpflege“ differenziert und auf den geringeren Anteil der Innenstadt an den Warengruppen „Nahrungs- und Genussmittel“ verwiesen, wohingegen „Gesundheit und Körperpflege“ einen Innenstadtanteil von über 50 % aufweisen. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, der eher unterdurchschnittliche Anteil der Innenstadt im Bereich „Nahrungs- und Genussmittel“ sei „derzeit noch nicht als bedrohlich für die Versorgung der innerstädtischen Wohnbevölkerung anzusehen, bei weitere Verlagerungen könne sich die Situation jedoch verschärfen“.

61

Dies spricht gerade nicht dafür, wie durch die streitige Bauleitplanung geschehen, den Einzelhandel mit Lebensmitteln im Gewerbegebiet zuzulassen. Umgekehrt findet sich in diesen Bemerkungen kein Ansatzpunkt dafür, dass negative Auswirkungen bezüglich der Warengruppe „Gesundheit- und Körperpflege“ bezüglich der Innenstadt zu befürchten seien, wie dies im Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten zum Ausdruck kommt. Insgesamt ist danach der Stellenwert des innerstädtischen Einzelhandels als durchschnittlich und „normal“ angesichts der Bedeutung der Stadt Bad Kreuznach einzustufen. Die Untersuchung kommt schließlich unter Ziffer 7 „Wirkungsanalyse“ (Bl. 52 ff.) zu dem Ergebnis, die mit der Ansiedlung eines Vollsortimenters mit 4.000 m² Verkaufsfläche verbundene Umsatzlenkung von der Innenstadt zu dem außerhalb derselben gelegenen Standort des Vollsortimentes sei unproblematisch. Die unter Ziffer 8.3 (S. 57 ff.) formulierten Empfehlungen für den Einzelhandel in Bad Kreuznach lassen bezüglich der Innenstadt keinerlei Differenzierung erkennen, wie sie die Beklagte als Planungskonzept vorträgt, und enthalten bezüglich des übrigen Stadtgebietes von Bad Kreuznach – also außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches – die Empfehlung (S. 59):

62

„Im übrigen Stadtgebiet von Bad Kreuznach ist aufgrund der ebenfalls stark besetzten Einzelhandelslandschaft und des bereits in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweiteten Flächenangebotes in erster Linie darauf zu achten, dass eine weitere Ansiedlung von Angeboten aus dem klassisch innenstadtrelevanten Bereich (Bekleidung/Textilien/Schuhe/Lederwaren, Haushalt und persönlicher Bedarf) nach Möglichkeit ausgeschlossen werden muss. Ein weiterer Ausbau der bereits vor allem im discountorientierten Bereich vorhandenen innenstadtrelevanten Angebote im übrigen Stadtgebiet von Bad Kreuznach würde eine Schwächung der innerstädtischen Angebotskompetenz bedeuten, sodass potenzielle Beeinträchtigungen des innerstädtischen Einzelhandels auf Dauer nicht auszuschließen wären.“

63

Diese Aussage bezieht sich indessen gleichermaßen auf Lebensmittel wie auf Drogeriewaren, die allgemein und auch im Landesentwicklungsprogramm IV als innenstadtrelevant angesehen werden. Hieraus eine die von der Beklagten vorgetragene, in den Bebauungsplanfestsetzungen umgesetzte Planungskonzeption zur Differenzierung zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriewareneinzelhandel herauszulesen, ist schlechterdings nicht möglich. Dem lässt sich weder entnehmen, dass in Bad Kreuznach eine von anderen Kommunen deutlich abweichende Sondersituation bestünde, in der das typischerweise innenstadtrelevante Sortiment „Lebensmittel“ hier keine Innenstadtrelevanz hätte, weshalb die Ansiedlung weiteren Lebensmitteleinzelhandels in dem Gewerbegebiet keine nachteiligen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich haben könnte, noch, dass aus dem städtebaulichen Grund der Stärkung der Attraktivität der Innenstadt der Einzelhandel mit Drogeriewaren gezielt in die Innenstadt gelenkt werden sollte.

64

Für letzteres finden sich Anhaltspunkte erstmalig in der Einzelhandelskonzeption der Stadt Bad Kreuznach, wie sie von der G… im April 2010 entwickelt worden und vom Stadtrat der Beklagten am 20. Mai 2010 beschlossen worden ist. Diese Konzeption ist allerdings - wie bereits ausgeführt - erst Jahre nach dem Satzungsbeschluss entwickelt und beschlossen worden und kann daher die Behauptung der Beklagten, eine solche Konzeption habe der Bauleitplanung im Jahre 2006 zugrunde gelegen, nicht stützen. In den vorliegenden, bis zum Satzungsbeschluss erstellten Untersuchungen finden sich hingegen eher Anhaltspunkte, die gegen die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung sprechen.

65

Dabei ist bezüglich des hier zu beurteilenden Plangebietes zudem in sich widersprüchlich und nach der von der Beklagen vorgetragenen Konzeption nicht erklärlich, weshalb in dem – größeren – Gewerbegebiet der Lebensmitteleinzelhandel nicht innenstadtrelevant, hingegen in dem – deutlich kleineren – Mischgebiet innenstadtrelevant sein sollte. Bei der Sortimentsbeschränkung für Flächen außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches hätte eher eine gegenteilige Regelung plausibel erscheinen können. Mangelt es der Bauleitplanung der Beklagten in Bezug auf den Ausschluss zentrenrelevanter Einzelhandelssortimente, der hier nach den Planaufstellungsunterlagen zweifellos der bestimmende Grundzug der Bauleitplanung ist, an einem schlüssigen widerspruchsfreien Planungskonzept, dann ist die Planung unwirksam mit der Folge, dass die Frage, ob die von der Klägerin beabsichtigte Sortimentsveränderung im bauplanungsrechtlichen Sinne eine Nutzungsänderung darstellt, nicht gemessen an der Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 des Bebauungsplanes, sondern nach § 34 BauGB zu beantworten ist.

66

Im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB könnten durch das streitige Vorhaben bodenrechtliche Belange aber allenfalls dann berührt sein und würde sich damit die Genehmigungsfrage neu stellen, wenn gemäß § 34 Abs. 3 BauGB von dem Vorhaben schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich zu erwarten wären. Solche nachteiligen Auswirkungen behauptet die Beklagte zwar in ihrem Widerspruchsbescheid (S. 7 ff) und nimmt auch das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (Urteilsabdruck S. 18) an. Letzteres führt dazu allerdings lediglich aus, solche Auswirkungen seien hier zu erwarten, weil nach den Ausführungen der G… aus dem Jahre 2010 der Einzelhandel mit Drogeriewaren außerhalb der Innenstadt von Bad Kreuznach die Magnetwirkung der Drogeriemärkte im Zentrum stören würde.

67

Diese Argumentation ist allerdings nicht schlüssig. Die Magnetwirkung spricht die genannte Untersuchung in dem Zusammenhang an, dass – bezogen auf das gesamte Stadtgebiet – im Bereich der Drogeriewaren durchaus noch ein Entwicklungspotenzial bestehe, um den Einzelhandelstandort Bad Kreuznach weiter zu stärken (S. 63 der Einzelhandelskonzeption). In diesem Zusammenhang wird empfohlen, die Ausschöpfung des diesbezüglichen Entwicklungspotenziales wegen der besonderen Attraktivität der Drogeriemärkte ausschließlich in der Innenstadt vorzunehmen. Damit konkretisiert diese Konzeption das Ziel, mit einer bestimmten Planung die Innenstadt weiter zu stärken. Im Zusammenhang mit § 34 Abs. 3 BauGB geht es aber nicht um Planungsziele, die in einer künftigen Bauleitplanung erst umgesetzt werden müssen, sondern um die Frage, ob ein Vorhaben in der derzeitigen bauplanungsrechtlichen Situation schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich befürchten lässt. Der Umstand, dass ein Vorhaben einer bislang nur erwogenen aber noch nicht festgesetzten Planung zuwiderlaufen könnte, ist nicht gleichzusetzen mit schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich, wie sie nach § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten sein müssen. Hieraus kann also nicht abgeleitet werden, dass die Ansiedlung eines Drogeriemarktes außerhalb der Innenstadt, wie sie von der Klägerin beabsichtigt ist, die derzeit in der Innenstadt vorhandenen, in diesem Segment tätigen Betriebe und damit den zentralen Versorgungsbereich schädigen würde. Hierfür bedarf es vielmehr des plausiblen Nachweises derartiger schädlicher Auswirkungen in der konkreten Situation. Die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid genügen dem nicht. Sie erschöpfen sich in einem reinen Verkaufsflächenvergleich der in der Innenstadt vorhandenen Drogerieverkaufsflächen mit der von der Klägerin beabsichtigten Verkaufsfläche in dem Gewerbegebiet. Das allein genügt nicht.

68

Die Prognoseentscheidung darüber, ob die Schädlichkeitsschwelle des § 34 Abs. 3 BauGB erreicht wird, zwingt den Rechtsanwender dazu, sich eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis über die zu erwartenden Auswirkungen zu verschaffen. Hierzu sind ökonomische Zusammenhänge zu ermitteln und im Hinblick auf ihre städtebauliche Relevanz zu bewerten. In der behördlichen und gerichtlichen Praxis werden zu erwartende Kaufkraftabflüsse als Kriterium dafür herangezogen, ob die ökonomischen Fernwirkungen eines Vorhabens die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereiches stören können. In diesem Rahmen kann auch ein Verkaufsflächenvergleich berücksichtigt werden (vgl. Urteil des 8. Senates des Gerichtes vom 15. April 2010 - 8 A 11322/09.OVG - und BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007, NVwZ 2008, 308 m.w.´N.).

69

Die einzigen diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten hierzu beschränken sich auf den Verkaufsflächenvergleich, den Hinweis auf den „Publikumsmagneten Müller-Markt“ und eine weitere von der Klägerin selbst betriebene Filiale in der Innenstadt. Dass letztere sich mit dem Vorhaben selbst zu schädigen beabsichtigt, kann wohl nicht angenommen werden. Die bedeutende Rolle des „Müller-Marktes“ wird in der Standort- und Marktanalyse der G… P… vom August 2004 indessen nur wegen solcher Sortimente hervorgehoben, die gerade keine Drogeriewaren sind, wie Tonträger, Schreibwaren und Bücher, die durch den Einzelhandel mit Drogeriewaren außerhalb der Innenstadt nicht tangiert werden könnten. Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Drogeriewarensegmentes des genannten Marktes durch den von der Klägerin beabsichtigten Drogeriewarenverkauf im Gewerbegebiet lassen sich der Untersuchung nicht entnehmen. Nach den in der Standort- und Marktanalyse in der Tabelle 2 aufgeführten Einzelhandelsumsätzen und Verkaufsflächen (Bl. 24 der Standort- und Marktanalyse) verteilen sich die Verkaufsflächen im Bereich Gesundheit- und Körperpflege in etwa zu gleichen Teilen auf die Innenstadt und auf das übrige Stadtgebiet, wobei die Innenstadt noch ein gewisses Übergewicht hat. Das Vorhaben der Klägerin würde dieses Verhältnis zwar verändern, gleichwohl nicht einen derartigen Umfang, dass hieraus ohne jegliche weitere Erläuterung oder Untersuchung bereits der zwingende Schluss zu ziehen wäre, hiermit seien nachteilige Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich zu erwarten. Potenzielle nachteilige Auswirkungen weiterer Ansiedlungen außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches werden in der genannten Ausarbeitung der GfK Prisma ohnehin lediglich bezüglich des Bereiches „Nahrungs- und Genussmittel“ angesprochen.

70

Angesichts des Umstandes, dass dieses Gutachten im Jahre 2004 zu dem Ergebnis gelangte, die Ansiedlung eines Vollsortimenters mit 4.000 m² Verkaufsfläche, der zweifellos in einem gewissen Umfange auch Drogeriewaren verkaufen dürfte, sei unproblematisch, drängt sich nicht der Gedanke auf, das nur einen Bruchteil jener Verkaufsflächen aufweisende streitige Vorhaben sei mit schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beklagten verbunden. Angesichts des weiteren Umstandes, dass seitens der Beklagten weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren substantiiert zu den von ihr geltend gemachten schädlichen Auswirkungen vorgetragen worden ist, kann auf der Grundlage der vorstehend erläuterten Unterlagen und der Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid nicht der Schluss gezogen werden, das streitige Vorhaben habe derartige schädliche Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB. Demgemäß können bodenrechtliche Belange auch nicht berührt und eine Genehmigungspflicht im bauplanungsrechtlichen Sinne nicht begründet werden. Es ist hier auch nicht so, dass durch den Sortimentswechsel künftig erstmalig innenstadtrelevante Sortimente außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs angeboten würden, was sicherlich eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellen würde. Vielmehr handelt es sich um einen Sortimentsaustausch innerhalb der Bandbreite der innenstadtrelevanten Sortimente, die in der Praxis üblicherweise von den hier in Rede stehenden Einzelhandelsbetrieben – wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung – angeboten werden (vgl. Urteil vom 15. April 2010 - 8 A 11322/09.OVG -). Angesichts dessen war das Urteil des Verwaltungsgerichtes abzuändern und entsprechend dem Hauptantrag der Klägerin festzustellen, dass ihr Vorhaben aus bauplanungsrechtlichen Gründen keiner Genehmigung bedarf.

71

Ohne dass es für die Entscheidung letztlich darauf ankommt, ist anzumerken, dass selbst dann, wenn anzunehmen wäre, dass der Wechsel von einem innenstadtrelevanten Sortiment zu einem anderen innenstadtrelevanten Sortiment bodenrechtliche Belange berühren könnte, jedenfalls der Hilfsantrag der Klägerin hätte Erfolg haben müssen, weil dem - wie oben ausgeführt worden ist - die Textfestsetzung Ziffer 1.2.2 nicht entgegen gehalten werden könnte, da der Bebauungsplan Nr. ./... der Beklagten unwirksam ist und nachteilige Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beklagten im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB von der Beklagten nicht substantiiert belegt und nach den vorliegenden Unterlagen nicht zu erwarten sind.

72

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

73

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

74

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

75

Beschluss

76

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 73.588,50 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).

2

Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.

3

Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.

4

Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.

5

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.

7

Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.

8

Der Kläger beantragt,

9

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.

13

Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

16

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

17

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.

18

Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.

19

Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.

20

Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.

21

Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.

22

Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.

23

Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.

24

Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

25

Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).

26

Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.

27

Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).

28

Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.

29

Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.

30

Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.

31

Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.

32

Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.

33

Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.

34

Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

36

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.

37

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

38

Beschluss

39

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen; davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen der Beigeladenen genehmigten Pferdeunterstand.

2

Dieser befindet sich auf dem Grundstück 102/2, Flur … in R. Das Grundstück hat die Form eines Viertelkreises mit angesetztem Viereck. Der nach Norden weisende Bogen des Viertelkreises wird von der H.-Straße gebildet; das angrenzende Viereck stößt südwestlich an die Straße „Zum N.“, die von der H.-Straße nach Südosten führt. Parallel zur Südwestgrenze der Parzelle verläuft im Abstand von ca. 25 m die Straße „Zum L.“.

3

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks 101/6 in derselben Flur, das mit Südwest- und Nordwestseite an die Parzelle 102/2 grenzt.

4

Die Parzelle 102/2 ist mit einem Wohnhaus und landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut, die von der Beigeladenen unter anderem zur Lagerung von Heu genutzt werden. An diese Gebäude schließt sich nach Südwesten ein Mistplatz (36,48 m²) mit Jauchegrube (30.000 l) und nach Südosten ein Pferdeunterstand (23,50 m²) an. Daneben befindet sich ein mobiler Pferdeunterstand. Die Unterstände haben zusammen an der Grenze zum Grundstück der Kläger eine Länge von 9,75 m. Auf der Parzelle 102/2 stehen etwa 850 m² Fläche als Pferdekoppel zur Verfügung. Davon sind 8 m x 20 m mit Sand und Schotter befestigt. Es sollten ein Pony, zwei Kleinpferde und ein Großpferd gehalten werden.

5

Sämtliche Grundstücke liegen innerhalb des Ortslage von R. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Die Bebauung von R. gliedert sich grob in den Ortskern, der ringförmig um den sogenannten H. liegt, und zwei Ortsteile. Das fragliche Grundstück liegt am westlichen Rand des Ortskerns. Im Ortskern befinden sich laut Angaben des Beklagten 5 Gebäude, die als Scheune/Stall/Tierunterstand eingestuft sind, sowie 4 ehemalige Scheunen bzw. Ställe. Sie werden teils von einem Erwerbslandwirt, teils von Hobbylandwirten genutzt. Im Ortskern befinden sich weiter unter anderem ein Kfz-Teilehandel, ein Getränkehandel und eine Berufliche Schule. In der östlichen Verlängerung der H.-Straße („Am K.“) ist eine Bau- und Möbelschreinerei angesiedelt.

6

Nach einer wegen Beschwerden der Kläger durchgeführten Ortsbesichtigung forderte der Beklagte die Beigeladene zur Vorlage von Bauantragsunterlagen auf.

7

Am 9. Februar 2009 beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren für den feststehenden Pferdeunterstand.

8

Mit Bescheid vom 7. April 2010 wurde die beantragte Baugenehmigung erteilt. Der Beklagte machte Stellungnahmen seines Veterinärdienstes und der Unteren Wasserbehörde zum Bestandteil der Genehmigung:

9

Die Untere Wasserbehörde hatte gefordert, dass die anfallenden tierischen Ausscheidungen auf einer ausreichend bemessenen Dungstätte abzulagern seien. Flüssige Bestandteile seien in eine wasserdichte und ausreichend bemessene Jauchegrube einzuleiten und später zu verwerten. Niederschlagswasser vom Dach des Unterstands solle auf einer abgezäunten Fläche versickert werden.

10

Der Veterinärdienst hatte festgestellt, dass Tierschutzbelange dem Vorhaben nicht entgegenstünden. Die Deckenhöhe sei für Großpferde unzureichend. Die Mindestauslauffläche werde überschritten. Mutterboden sei für eine Ganzjahreshaltung ungeeignet.

11

Der Baugenehmigung widersprachen die Kläger am 7. Mai 2010. Sie trugen – teils wie bereits im Genehmigungsverfahren – vor, dass ein Pferdestall in einem reinen Wohngebiet nicht errichtet werden dürfe. Die Umgebung sei kein faktisches Dorfgebiet mehr, sondern habe sich in eine Wohnlage umgewandelt. Dort sei Großtierhaltung unzulässig. Wegen der Zahl der Tiere handele es sich nicht mehr nur um eine Hobbytierhaltung. Als Nachbarn dürften sie sich gegen Betriebe mit erheblicher Geruchs- und Ungezieferbelästigung wehren. Mistablage und Jauchegrube seien nicht dicht. Die Pferde würden nicht artgerecht gehalten, ihre Ausscheidungen nicht fachgerecht entsorgt. Mit steigenden Temperaturen nehme die Belästigung zu. Es stinke und die Mücken seien eine Plage. Das Oberflächenwasser werde auf das Nachbargrundstück abgeleitet.

12

Die Untere Wasserbehörde befand bei einer Ortsbesichtigung am 28. Juni 2010 Dungablage, Jauchegrube und Entleerungsturnus als ausreichend. Die Koppel sei frei von Pferdemist. Bemängelt wurde die Ableitung des Niederschlagswassers. Die Beigeladene wurde zur Behebung des Mangels aufgefordert.

13

Der Widerspruch der Kläger wurde mit Bescheid vom 22. Juli 2010 zurückgewiesen. Die Umgebung sei als Dorfgebiet zu klassifizieren; allenfalls sei von einer Gemengelage aus Wohnnutzung sowie landwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung auszugehen. Keinesfalls handele es sich um ein Wohngebiet. Denn bereits das an den Unterstand grenzende landwirtschaftliche Gehöft präge die Umgebung. Weitere landwirtschaftliche Betriebe fänden sich im Umkreis. In dörflich geprägten Gebieten sei eine gewisse Geruchs- und Lärmbelästigung durch Nutztiere hinzunehmen. Die Missstände an der Dungstätte und bei der Ableitung von Niederschlagswasser seien aufgegriffen worden.

14

Mit ihrer binnen eines Monats erhobenen Klage wenden sich die Kläger weiterhin gegen die benachbarte Pferdehaltung. Die Beigeladene halte die Pferde nicht artgerecht. Die Auflagen in der Baugenehmigung würden nicht eingehalten. Es dürfe nicht zwischen der Baugenehmigung und der Durchsetzung der Auflagen unterschieden werden. Aus der unzureichenden Dungstätte erwüchsen nicht hinnehmbare Immissionen. Der Mist bleibe das ganze Jahr liegen. Es handele sich bei der Umgebung um ein reines Wohngebiet. In der Umgebung gebe es keine landwirtschaftliche Nutzung mehr. Im einem allgemeinen Wohngebiet sei die Ansammlung von mehr als zwei Großvieheinheiten unzulässig.

15

Die Kläger beantragen,

16

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 7. April 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2010 aufzuheben.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er hält den Klägern entgegen, dass Fragen der artgerechten Haltung keinen Drittschutz begründeten. Bei einer erneuten Ortsbesichtigung sei festgestellt worden, dass die früher festgestellten Mängel beseitigt seien. Es seien keine tierschutzwidrigen Tatbestände festgestellt worden. Die Kotmengen seien üblich und deuteten auf eine fachgerechte Entmistung hin. Der Kreisveterinär habe am 10. September 2010 folgende Feststellungen getroffen:

20

Die Auslauffläche überschreite das Mindestmaß. Naturböden seien in strapazierten Bereichen nicht ausreichend; die Beigeladene habe diese mit einer Sandschicht versehen. Die Haltungshygiene sei nicht zu bemängeln.

21

Der Beigeladene ist der Klage entgegengetreten, hat aber keinen Antrag gestellt.

22

Die Kammer hat vom Beklagten zwei Auflistungen zur landwirtschaftlichen und gewerblichen Nutzung in der Umgebung des Pferdeunterstandes angefordert und erhalten. Bei der mündlichen Verhandlung vor Ort hat sich die Nutzung der dortigen Bebauung so dargestellt wie in diesen Auflistungen angegeben. Vor Ort ist weiter festgestellt worden, dass das fragliche Gelände nach Süden abfällt.

23

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage ist unbegründet.

25

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 7. April 2011 – samt Widerspruchsbescheid – nach § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese verletzt keine Vorschriften, die zumindest auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind. Insbesondere verstößt der genehmigte Pferdeunterstand nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Weder können sich die Kläger gegenüber dem im Innenbereich liegenden (1.) Unterstand auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen (2.), noch erweist sich der Unterstand samt seiner Nutzung ihnen gegenüber als rücksichtslos (3.).

26

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Pferdeunterstands bemisst sich nach § 34 des Baugesetzbuches (BauGB), da er noch innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortskerns von R. liegt.

27

Wo ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil endet und wo somit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft, ist anhand der örtlichen Verhältnisse zu bewerten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09 –, nach juris). Abzustellen ist darauf, wie weit die Bebauung trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper, allerdings können örtliche Besonderheiten die Annahme rechtfertigen, der bauliche Zusammenhang erstrecke sich noch bis zu einer markanten topografischen Linie (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 2010 – 4 C 7.10 –, nach juris).

28

Auf Grund der zur Verfügung gestellten Lichtbilder und Pläne sowie unter dem vor Ort gewonnenen Eindruck rechnet die Kammer das Grundstück 102/2 noch dem Bebauungszusammenhang von R. zu. Die dort stehenden Gebäude einschließlich des Pferdeunterstands gehören zur Bebauung an der H.-Straße. Südlich der H.-Straße sind die Grundstücke ab der Kirche bis zur Einmündung der Straße „Zum K.“, also etwa 200 m westlich und 100 m östlich des Grundstücks 102/2, mit Ausnahme eines Kleingrundstücks durchgehend bebaut. Zwar liegt der fragliche Pferdeunterstand hinter der Hauptbebauung auf der Parzelle 102/2, nämlich südöstlich der dortigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Mit diesen Gebäuden endet jedoch nicht der Zusammenhang der Bebauung von R. nach Südosten. Mit in die Betrachtung einzubeziehen sind die Gebäude entlang der Straße „Zum N.“, die Bebauung endet folglich nach Süden hin mit dem dortigen Anwesen Nummer 3. Die Einbeziehung dieser Gebäude ist gerechtfertigt, da sie trotz der Baulücke zwischen den beiden östlich der Straße gelegenen Häuser den Eindruck der Geschlossenheit vermitteln. Die Baulücke wird durch das ihr gegenüberliegende Gebäude auf der westlichen Straßenseite kompensiert. Zudem entfaltet die Straße auf Grund ihres Gefälles und der Vegetation verbindenden Charakter. Hinzu kommt, dass die Straße „Zum L.“ für die gesamte Bebauung nach Südwesten hin eine deutlich wahrnehmbare Zäsur darstellt. Das Gelände fällt nach Süden hin ab. Der Abhang wird aber durch die Straße „Zum L.“ unterbrochen, dessen Fundament von Süden angeschüttet wurde und gleichsam als Berme erscheint. Schließlich greift das südlichste Gebäude an der Straße „Zum N.“ die sich östlich anschließende Bebauung an der Straße „Am K.“ auf.

29

2. Gegen den folglich im baurechtlichen Innenbereich gelegenen Pferdeunterstand der Beigeladenen können sich die Kläger nicht auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen.

30

Dieser Anspruch beruht auf § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben seiner Art nach in die nähere Umgebung einfügen muss. Er gibt Nachbarn das Recht, sich gegen ein seiner Nutzung nach andersartiges Vorhaben zur Wehr zu setzen. Sie können somit unabhängig von ihrer eigenen Beeinträchtigung eine schleichende Umwandlung der Nutzungsart des fraglichen Gebiets verhindern (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 2. Januar 2008 – 1 BV 04.2737 –, nach juris). Der Abwehranspruch setzt allerdings nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass sich die in der näheren Umgebung bestehende Nutzungsart eindeutig ermitteln und einem der in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) definierten Baugebietstypen zuordnen lässt (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O.). Eine solche Zuordnung ist hier nicht möglich. Die in den Blick zu nehmende Umgebungsbebauung (a)) stellt sich insbesondere weder als Wohn- noch als Dorfgebiet dar (b)); sie ist vielmehr als eine typisch ländliche Gemengelage aus Wohnnutzung sowie ehemaliger und in geringem Umfang verbliebener landwirtschaftlicher Nutzung zu klassifizieren, die man als „Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter“ bezeichnen kann (c)).

31

a) Als hier maßgebliche Umgebung sieht die Kammer zunächst das Areal an, das von den Straßen „Zum L.“, „Zum N.“ und der H.-Straße eingefasst wird. Einzubeziehen ist weiter die Bebauung unmittelbar jenseits dieser Straßen.

32

Als nähere Umgebung im Sinne von § 34 BauGB ist der Bereich anzusehen, auf den sich das jeweilige Vorhaben auswirken kann und der seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks beeinflussen kann (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 –, nach juris). Solche bauplanungsrechtlich relevante Wechselwirkungen bestehen zwischen Pferdeunterstand und übriger Bebauung nur im vorgenannten Areal. Dies gilt auch in Anbetracht des Umstandes, dass in einem dörflich-ländlichen Umfeld die wechselseitige Prägung regelmäßig nicht auf die unmittelbare Umgebung des Vorhabengrundstücks zu beschränken ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O.). Im vorliegend zu untersuchenden Bereich von R. südöstlich des sogenannten H. hat die Kammer die baulichen und topografischen Verhältnisse jedoch so vorgefunden, dass nur das beschriebene Areal als nähere Umgebung des Pferdeunterstands in Betracht kommt. Entscheidend dafür sind zwei Punkte: Das massive, blockartige und mehrgeschossige Gebäude der Berufsschule und die starke Neigung des Geländes von der H.-Straße nach Süden. Der Schulkomplex macht es unmöglich, die Bebauung nordwestlich der H.-Straße noch als bauplanungsrechtliche Umgebung der Parzelle 102/2 anzusehen. Von diesem Grundstück aus gesehen erscheint das Schulgebäude als optischer und baulicher Riegel nach Nordwesten hin. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass das Gelände zur H.-Straße hin ansteigt. Diese abriegelnde Wirkung kommt der Bebauung entlang der H.-Straße von der Schule nach Osten hin ebenfalls zu. Von der deutlich tiefer liegenden Parzelle 102/2 aus betrachtet, erscheinen die dortigen Gebäude nördlich der H.-Straße als optischer Zaun, der jegliche Wechselwirkung mit den Gebäuden dahinter verhindert. Nach Südwesten hin fehlt es vom Grundstück 102/2 aus gesehen an einer Bebauung, zu der gegenseitige Beziehungen bestehen könnten. Solche bestehen nach Südosten nur zu den Gebäuden entlang der Straße „Zum N.“. Die weiter östlich liegenden Gebäude im Bereich der Straße „Am K.“ stellen einen in sich geschlossenen Komplex dar, der schon auf Grund der Entfernung (ca. 200 m) in keinen Wechselbeziehungen zum Grundstück 102/2 stehen kann.

33

b) Das Areal H.-Straße-Zum N.-Am L. kann nicht als einer der in § 1 Abs. 2 BauNVO genannten Baugebietstypen eingestuft werden. Denn die tatsächlich vorgefundene Bebauung weicht in wesentlichen Punkten von der in diesen Gebieten zulässigen Bebauung ab.

34

So verbietet die Existenz der Berufsschule zunächst die Annahme eines (reinen) Dorfgebiets im Sinne von § 5 BauNVO. Dorfgebiete dienen der Unterbringung von landwirtschaftlichen Hofstellen und dem Wohnen. Im fraglichen Areal findet sich zwar beides: Wohnhäuser etwa entlang der Straße „Zum N.“ und Hofstellen etwa auf den Grundstücken 102/2 und 103. Zusätzlich sind dort nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO Anlagen für kulturelle Zwecke zulässig, zu denen auch Bildungseinrichtungen zählen. Die vorgefundene Berufsschule widerspricht jedoch der Eigenart eines Dorfgebiets und wäre deshalb dort nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht zulässig. Denn Größe und Umfang der Schulgebäude sowie die Beschreibungen der Beteiligten belegen, dass nicht nur Schüler aus R. unterrichtet worden sind bzw. werden, sondern der Einzugsbereich deutlich größer, überörtlich ist. Eine Schule solchen Zuschnitts lässt sich mit dem Zweck eines Dorfgebiets nicht mehr in Einklang bringen.

35

Die vorgenannten Erwägungen sprechen zugleich gegen die Annahme, bei der näheren Umgebung des Grundstücks 102/2 handele es sich um ein Wohngebiet. In allgemeinen Wohngebieten sind Schulen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zwar ebenfalls zulässig, stehen aber ebenso wie in einem Dorfgebiet unter dem Vorbehalt der Verträglichkeit mit der Gebietstypik. Für reine Wohngebiet ist in § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO explizit geregelt, dass nur diejenigen Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zulässig sind, die den Bewohnern des Gebiets dienen. Eine überörtliche Schule dieses Ausmaßes dient jedoch nicht, nicht einmal überwiegend, dem örtlichen Bedarf.

36

Gegen die Annahme eines Wohngebiets spricht sodann, dass im fraglichen Areal zwei ehemalige Hofstellen zur Hobbytier- und Lagerhaltung genutzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. September 2010 – 4 B 31.10 –, nach juris). Die dadurch nachwirkende landwirtschaftliche Nutzung, die zudem jederzeit wieder aufgenommen werden kann, stellt in einem gleichermaßen durch Wohnbebauung und – ehemalige – Hofstellen gekennzeichneten Gebiet keinen Fremdkörper dar und prägt den Gebietscharakter mit. Folglich widerspricht diese landwirtschaftliche Nutzung der Annahme eines Wohngebiets. Im hier in Rede stehenden Areal finden sich zwei Hofstellen, die weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden: In den Gebäuden der Hofstelle auf dem Grundstück 102/2 lagert die Beigeladene Heu für ihre Hobbypferdehaltung. Die Gebäude auf der Parzelle 103 werden vom Sohn der Kläger zum Abstellen von landwirtschaftlichen Geräten genutzt. Beides entspricht der typischen Nutzung von Gebäuden durch Landwirte, gleich, ob diese die Landwirtschaft gewerblich oder als Hobby betreiben.

37

Ein weiteres Indiz gegen ein Wohngebiet sind sodann die Immissionen, die von der nahegelegenen Schreinerei (Am K. 1) zu erwarten sind. Wenngleich diese außerhalb des für die nähere Umgebung angenommenen Areals liegt, lässt sie doch Rückschlüsse zu, die gegen die Annahme eines allgemeinen oder reinen Wohngebiets sprechen. In beiden sind nur nicht störende Handwerksbetriebe zulässig (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 und § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Nach Größe und Beschreibung (Bau- und Möbelschreinerei) dürfte es sich bei der Schreinerei nicht um eine wohngebietsverträgliche handeln.

38

c) Die Umgebung des Pferdeunterstandes stellt sich als Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter dar.

39

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem bereits zitierten Urteil vom 30. April 2010 (a.a.O.) eine solche nach dem Rückgang der landwirtschaftlichen Familienbetriebe und der Ansiedlung landwirtschaftlicher Großbetriebe im Außenbereich in rheinland-pfälzischen Dörfern anzutreffende Situation wie folgt skizziert:

40

Es handelt sich im Hinblick auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft um eine typische ländliche Gemengelage aus Wohnnutzung, ehemaliger landwirtschaftlicher Nutzung und verbliebener landwirtschaftlicher Nutzung in geringerem Umfang, die teils zu (ergänzenden) Erwerbszwecken und teils aus Hobbygründen betrieben wird.

41

Diese Beschreibung trifft auf das Areal H.-Straße-Zum N.-Am L. exakt zu. Neben der bereits beschriebenen Wohn- und landwirtschaftlichen Nutzung werden die von der Straße „Zum L.“ gut einsehbaren Weiden samt Schuppen von einem Landwirt genutzt, der seinen Betrieb aus Erwerbsgründen führt. Daneben finden sich kleinere Gewerbe (Maklertätigkeit) entlang der Straße „Zum N.“.

42

3. In einer Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter erweist sich der genehmigte Pferdeunterstand der Beigeladenen gegenüber der Wohnnutzung auf dem Anwesen der Kläger nicht als rücksichtslos.

43

Gegenstand der angegriffenen Baugenehmigung vom 7. April 2010 ist die Errichtung eines Pferdeunterstandes. Durch die Einbeziehung der Stellungnahmen der Wasser- und der Veterinärbehörden wurden zugleich Bestimmungen zur Versickerung des Niederschlagswassers, der Entsorgung der Fäkalien und der Bodenbeschaffenheit Inhalt der Baugenehmigung. Überdies erlaubt die Baugenehmigung keine Haltung von Großpferden.

44

Es ist nicht ersichtlich, dass die so verstandene Baugenehmigung nachbarschützende Vorschriften zu Lasten der Kläger, geschweige denn das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, das vorliegend aus dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltenen Erfordernis des Einfügens abzuleiten ist.

45

Dagegen spricht, dass sich die Hobbypferdehaltung, soweit sie von der Genehmigung mitumfasst ist, nach der Art der Nutzung in eine Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter einfügt. Vorhaben, die der vorhandenen Nutzung entsprechen, verletzen in der Regel nicht das Gebot der Rücksichtnahme (vgl. Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Komm., 97. Erg.Lfg. 2010, § 34 Rdnr. 48 a.E.). Es liegt auf der Hand, dass sich die hobbymäßige Haltung von Pferden in dem Rahmen hält, den die verbliebene Landwirtschaft in einer Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter vorgibt. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Die Wiesen südwestlich der Straße „Zum L.“ werden als Rinderweiden und damit ebenfalls für die Großtierhaltung genutzt.

46

Der Umstand, dass Tierhaltung in der Umgebung üblich ist, ist bei der Prüfung, ob die eine Hobbypferdehaltung das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, von besonderer Bedeutung. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat dazu im Urteil vom 30. April 2010 (a.a.O.) ausgeführt:

47

Während in Wohngebieten mit städtischem Gepräge eine emmissionsträchtige Tierhaltung regelmäßig unzulässig sein dürfte (vgl. Brügelmann, BauGB, § 34, Rn. 60), ist in Baugebieten mit dörflichem Charakter eine gewisse Geruchs- und Lärmbelästigung durch Nutztiere ortsüblich und darum im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme hinzunehmen, was in entsprechender Weise auch für eine gebietstypische Hobbytierhaltung gilt; andererseits muss aber auch der Tierhalter Rücksicht auf das Interesse der Wohnbevölkerung am Schutz vor unzumutbaren Immissionen nehmen (Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 58; BVerwG, Urteil vom 04.07.1980, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr 72).

48

<…> In diesen ländlich geprägten Siedlungen finden sich Wohnnutzung, Handwerk, weitere nicht störende Gewerbebetriebe, sowie auch Tierhaltungen in verschiedenen Ausprägungen. Ausschließlich in derartigen Gebieten ist eine Haltung von größeren Tieren wie Pferden zur Hobbytierhaltung – sei es in einem Dorfgebiet oder in einer Gemengelage – überhaupt möglich. Denn gerade im Außenbereich ist eine nicht auf (realistische) dauerhafte Gewinnerzielung gerichtete Pferdehaltung regelmäßig gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausgeschlossen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.04.1986, BauR 1986, 419).

49

Aus diesen Restriktionen folgt umgekehrt, dass in dörflich-ländlich geprägten Gebieten die Anforderungen an eine Hobbypferdehaltung auch im Hinblick auf die Verbreitung der Pferdehaltung und deren weitreichende Akzeptanz in der Bevölkerung nicht überspannt werden dürfen und dies auch bei der Abwägung im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme zu berücksichtigen ist. <…> In Ermangelung besonderer Regelungen ist vorliegend anhand der konkreten Umstände festzustellen, ob das Maß an Zumutbarkeit überschritten worden ist.

50

Im Fall der Kläger fehlt es an konkreten Umständen, die den Schluss zuließen, dass sie durch die Nutzung des genehmigten Pferdeunterstands absolut unzumutbar (so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O.) beeinträchtigt würden. Es fehlt bereits an der Darlegung von Beeinträchtigungen, die zumindest deutlich über das hinausgehen, was Anwohner in einer Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter an von Tierhaltung ausgehenden Beeinträchtigungen durch Geruch, Lärm und Ungeziefer üblicherweise hinzunehmen haben.

51

Bis dato haben die Kläger nur allgemein und ohne konkrete Belege Beeinträchtigungen durch die im Pferdeunterstand und auf der Koppel gehaltenen Pferde behauptet. Soweit sie konkrete Versäumnisse der Beigeladenen monierten, wurden diese abgestellt bzw. widerlegt. Nach den Ausführungen sachkundiger Personen (Wasserbehörde, Veterinär) ist insbesondere die Lagerung und Entsorgung der Fäkalien nicht zu beanstanden. Zudem wurden die zunächst festgestellten Mängel bei der Oberflächenwasserentsorgung abgestellt. Schließlich konnte sich der Veterinär den Rügen zur Oberfläche der Koppel nicht anschließen.

52

Gegen die Annahme von Beeinträchtigungen der Kläger, die eine Aufhebung der angegriffenen Baugenehmigung rechtfertigen könnten, sprechen überdies gewichtige Aspekte. So schirmt zunächst der genehmigte Unterstand das Wohnhaus der Kläger bei der regional üblichen West-Windrichtung von den Immissionen ab, die von der Dungstätte auf dem Grundstück 102/2 ausgehen. Zudem sind Beeinträchtigungen durch die Pferde selbst nicht ununterbrochen zu erwarten. Nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Beigeladenen werden die Tiere dort nur in den Wintermonaten und ansonsten nur vorrübergehend zur Beweidung der Koppel gehalten. Gerade in den Sommermonaten, die temperaturbedingt Tiergerüche und Ungeziefer begünstigen, stehen die Pferde nicht durchgehend auf dem Nachbargrundstück der Kläger. Hinzu kommt, dass die angegriffene Baugenehmigung diverse Bestimmungen enthält, die Beeinträchtigungen abmildern. Zu nennen sind hier wiederum diejenigen zur Oberflächenwasserversickerung, zur Beschaffenheit der Oberfläche der Koppel und zur Lagerung und Entsorgung von Dung und Jauche. Diese Bestimmungen sind geeignet, zumindest mittelbar die Entstehung von Gerüchen und das Anlocken von Ungeziefer zu reduzieren.

53

Als weiteres Indiz gegen die Annahme unzumutbarer Beeinträchtigungen durch den Pferdeunterstand kann auf die VDI-Richtlinie 3474 verwiesen werden (vgl. HessVGH, Urteil vom 12. November 2007 – 4 N 3204/05 –, nach juris). Diese – wenn auch überholt – ist aufschlussreich, da die dortige Abstandsregel nur anzuwenden ist, wenn die Bagatellgrenze (20 Pferde) überschritten wird (Ziffer 3.2); ansonsten ist anzunehmen, dass kein belästigendes Emissionspotential existiert. Bei vier Kleinpferden ist diese Bagatellgrenze deutlich unterschritten.

54

Die weiteren Einwände der Kläger überzeugen nicht. Soweit sie bemängeln, die Beigeladene halte die Pferde nicht artgerecht, ist dies hier ohne Belang. Denn die Regeln des Tierschutzes dienen den Tieren und nicht den Nachbarn. Soweit sie monieren, die Beigeladene halte die Auflagen in der Baugenehmigung nicht ein, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Zunächst hat die Beigeladene insoweit Abhilfe geschaffen. Zudem ist Gegenstand der vorliegenden Klage die angegriffene Baugenehmigung samt Nebenbestimmungen und nicht die konkrete Haltung der Tiere vor Ort. Folglich kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene die Nebenbestimmungen tatsächlich einhält, sondern darauf, ob diese geeignet und einhaltbar sind. Es ist nicht erkennbar, dass die Auflagen in der angegriffenen Baugenehmigung nicht umsetzbar wären.

55

Schließlich ist nicht erkennbar, dass das Gebäude „Pferdeunterstand“ als solches, die Kläger unzumutbar beeinträchtigt. Schon allein auf Grund seiner Größe ist auszuschließen, dass von ihm eine erdrückende Wirkung ausgeht, oder dass es die Belichtung und Belüftung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt.

56

4. Auf nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts können sich die Kläger schließlich ebenfalls nicht berufen. Denn die Baugenehmigung wurde im vereinfachten Verfahren erteilt. In diesem werden nach § 66 Abs. 3 Satz 1 der Landesbauordnung (LBauO Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht geprüft. Letztere sind folglich von der angegriffenen Baugenehmigung nicht umfasst.

57

5. Die Kostentragungspflicht der Kläger ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es ist angemessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen davon auszunehmen, da diese im vorliegenden Verfahren keinen Antrag gestellt hat und so kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 162 Abs. 3 und § 155 Abs. 3 VwGO).

58

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

59

Beschluss

60

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG). Die Kammer orientiert sich dabei an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

61

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. März 2011 - 9 K 963/10 - geändert.

Die baurechtliche Entscheidung der Beklagten vom 01. April 2009 wird hinsichtlich ihrer Ziffer 1, soweit mit ihr auch eine gewerbliche Nutzung des Sandplatzes für grundsätzlich zulässig erklärt wird, ihrer Ziffer 3 und der beigefügten „Auflagen“ aufgehoben. Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26. März 2010 wird insoweit aufgehoben, als er auch diese Ziffern und „Auflagen“ aufrechterhält. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger - als Gesamtschuldner - und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen einen den Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid für die Errichtung und Nutzung eines Sand-/Reitplatzes für Pferde.
Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst. Nr. 1/1 (H... Straße ...) auf Gemarkung ... der Beklagten. Dieses grenzt mit seiner südwestlichen Seite an das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flst. Nr. 1/2 (H... Straße ...) der Beigeladenen an. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des „Ortsbauplans Ortsdurchfahrt“ der vormals selbständigen Gemeinde ... vom 30.03.1960, der lediglich Baulinien und Baustreifen vorsieht. Der Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N.../E... stellt den Bereich entlang der H... Straße als Mischbaufläche dar.
Seit September 1999 hielten die Beigeladenen, die ihr Grundstück seinerzeit von den Klägern erworben hatten, zunächst gemeinsam mit diesen auf deren Grundstück Pferde. Seit Mitte 2000 brachten sie diese in einem dortigen Offenstall (fahrbare Weidehütte) unter. Unter dem 15.09.2002 wurde den Beigeladenen zunächst eine Baugenehmigung für die Umnutzung eines Kellers sowie eines Abstellraums in einen Pony-Unterstand erteilt. Mit Bescheid vom 13.10.2004 wurde ihnen dann die Errichtung eines Offenstalls mit drei Pferdeboxen im hinteren, nordwestlichen Teil ihres Grundstücks genehmigt. Östlich des Unterstandes war eine eingezäunte Auslauffläche vorgesehen. Den Beigeladenen wurde u. a. zur Auflage gemacht, den anfallenden Mist nicht auf dem Baugrundstück zu lagern, sondern regelmäßig abzufahren.
Im Dezember 2006 nahmen die Beigeladenen auf ihrem Grundstück zwischen Pferdeunterstand und Wohngebäude Erdarbeiten vor, über die sich die Kläger, die ihre Pferde noch 2005 veräußert hatten, erfolglos beschwerten. In der Folge stellten die Beigeladenen einen umzäunten Sandplatz mit einem Durchmesser von 16,50 m her, den sie seit Januar 2007 privat und seit 01.07.2007 auch zeitweise gewerblich nutzten (gewerbliche „Kinderbetreuung“).
Am 26.02.2007 wandten sich die Kläger an die Beklagte und beschwerten sich darüber, dass entgegen der ihnen von den Beigeladenen gemachten Zusagen drei Pferde gehalten würden, die sich auch ständig dort aufhielten. Da der Pferdeurin im Erdreich versickere, entstehe eine starke Geruchsbelästigung. Eine auf der Betonfläche aufgestellte Metallfutterraufe werde von den Pferden ständig umher geschoben, sodass hiervon insbesondere nachts erhebliche Geräuschbelästigungen ausgingen. Da sich die Beigeladenen uneinsichtig zeigten, möge dafür gesorgt werden, dass der Pferdeunterstand genehmigungskonform genutzt und der nicht genehmigte Reitplatz entfernt werde.
Mit Schreiben vom 16.07.2007 forderten die Kläger die Beklagte auf, die Nutzung der Reitanlage zu untersagen bzw. deren Beseitigung anzuordnen.
Mit Schreiben vom 03.08.2007 wies die Beklagte die Beigeladenen darauf hin, dass der Reitplatz genehmigungspflichtig sei. Da dieser inzwischen gewerblich genutzt werde („Kinderbetreuung“), stehe zudem eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung in Rede. So seien weitere Stellplätze notwendig. Insofern wurden sie gebeten, nachträglich einen Bauantrag zu stellen.
Mit Schreiben vom 02.10.2007 machten die Beigeladenen geltend, dass weder die mit einem Geländer umfasste Sandfläche noch die in Rede stehende Nutzungsänderung genehmigungsbedürftig sei. Anlässlich eines Gesprächs am 22.05.2007 sei ihnen die Verfahrensfreiheit des Sandplatzes einschließlich der Umzäunung sowie der privaten Nutzung bestätigt worden. Zu der beabsichtigten „geringfügigen“ gewerblichen „Kinderbetreuung“ sei trotz zugesagter Prüfung keine Aussage getroffen worden, sodass sie auch von deren Zulässigkeit ausgegangen seien. Der von den Kindern ausgehende Lärm sei aufgrund ihres Betreuungsangebots deutlich geringer als der von spielenden Kindern. Auch im Hinblick auf die eingesetzten Pferde komme es zu keiner zusätzlichen Lärm- oder Geruchsentwicklung.
Nachdem sich die Kläger mit Schreiben vom 15.07.2008 erneut an die Beklagte gewandt hatten, teilte diese den Beigeladenen unter dem 24.07.2008 mit, dass der von ihnen hergestellte „Reitplatz“ sehr wohl eine genehmigungsbedürftige bauliche Anlage darstelle. Jedenfalls stehe keine verfahrensfreie Nutzungsänderung in Rede, da an die neue Nutzung weitere Anforderungen - etwa im Hinblick auf die Gesundheit der Pferde - zu stellen seien. Die Beigeladenen wurden aufgefordert, spätestens bis 15.08.2008 ein Baugesuch einzureichen.
10 
Mit gleichlautenden baurechtlichen Entscheidungen vom 23.09.2008 untersagte die Beklagte den Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Nutzung des Reitplatzes bis zu einer Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren.
11 
Gegen diese Entscheidungen erhoben die Beigeladenen am 21.10.2008 Widerspruch und beantragten zur Klärung der Genehmigungsbedürftigkeit und -fähigkeit eines privat und gewerblich genutzten Sandplatzes für Pferde am 15.12.2008 einen Bauvorbescheid.
12 
Im Rahmen der Angrenzeranhörung erhoben die Kläger mit Schreiben vom 30.12.2008/02.01.2009 Einwendungen: Die von der Reitanlage ausgehenden Beeinträchtigungen durch Staub, Publikumsverkehr, Lärm und Einsehbarkeit ihres Grundstücks vom erhöhten Reitplatz seien unzumutbar. Sie bedeuteten eine erhebliche Wertminderung ihrer Immobilie. Im Zuge der Herstellung der Anlage seien Aufschüttungen von mehr als 1 m unmittelbar an der Grundstücksgrenze vorgenommen worden. Zusätzlich sei die Grenze mit Büschen bepflanzt worden, die höher als 1,5 m seien. Auch in der Vergangenheit hätten sich die Beigeladenen nicht an Absprachen und Auflagen gehalten.
13 
Am 20.01.2009 setzte die Beklagte den Sofortvollzug der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung bis zur Entscheidung über die Bauvoranfrage aus.
14 
Mit baurechtlicher Entscheidung vom 01.04.2009 stellte die Beklagte fest, dass die Anlegung des Sandplatzes entsprechend der Bauvoranfrage  g r u n d s ä t z l i c h  möglich sei. Die Nutzung bedürfe einer Baugenehmigung. Bei einer gewerblichen Nutzung sei ein weiterer Stellplatz herzustellen. Der Entscheidung wurden verschiedene „Auflagen“ beigefügt. Danach darf der Platz bei trockenem Sand nicht benutzt werden und muss regelmäßig und unmittelbar nach der jeweiligen Nutzungseinheit abgemistet werden. Der Mist darf nicht auf dem Baugrundstück ausgebracht werden, sondern muss regelmäßig, ggf. auch täglich, vom Baugrundstück entsorgt werden. Der Sandplatz darf montags bis freitags maximal drei Stunden täglich in der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.30 Uhr bis 16.30 Uhr und an Samstagen zu denselben Zeiten lediglich bis zu zwei Stunden privat durch Familienangehörige oder Freundinnen der Tochter genutzt werden. Mehr als sechs Kinder, drei Pferde und eine Trainerin dürfen nicht gleichzeitig zur Nutzung des Sandplatzes anwesend sein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Baugrundstück durch ein Wohngebäude und einen im hinteren Grundstücksteil gelegenen Pferdeunterstand geprägt sei. Auf den benachbarten Grundstücken befänden sich ebenfalls Wohngebäude; auf dem unmittelbar südwestlich angrenzenden Grundstück befänden sich eine Kirche und ein Gemeindehaus. Die nunmehr beabsichtigte Nutzung habe vor allem im Hinblick auf Gerüche und Lärm weitergehende Auswirkungen auf den Gebietscharakter. Bei Beachtung der Auflagen sei es unerheblich, ob der Reitplatz rein privat oder gewerblich genutzt werde. Die eingeschränkten Nutzungszeiten gewährleisteten ausreichende Ruhezeiten. Da auch die Anzahl der Nutzer beschränkt sei, sei auch nicht mit einem unzumutbaren Zu- und Abfahrtsverkehr zu rechnen, sodass die berechtigten Interessen der Nachbarschaft an der Aufrechterhaltung ihrer Wohnruhe gewährleistet seien. Auch bauordnungsrechtlich sei der Sandplatz als bauliche Anlage genehmigungsfähig. Bei einer gewerblichen Nutzung sei allerdings noch ein weiterer Stellplatz herzustellen.
15 
Mit baurechtlicher Entscheidung vom 27.04.2009 hob die Beklagte die unter dem 23.09.2008 verfügte Nutzungsuntersagung und den gleichzeitig angeordneten Sofortvollzug bis zur endgültigen baurechtlichen Entscheidung über das Bauvorhaben auf, da die Nutzung der bereits hergestellten baulichen Anlage mit dem positiven Bauvorbescheid dem Grunde nach zugelassen sei.
16 
Gegen die ihnen mit Schreiben vom 03.04.2009 übersandte baurechtliche Entscheidung vom 01.04.2009 legten die Kläger am 04.05.2009 Widerspruch ein. Sowohl nach Aufbau und Ausgestaltung als auch nach der Nutzung handle es sich um keinen Sand-, sondern um einen Reitplatz. Unverständlich sei eine Bauvoranfrage für eine bereits hergestellte Anlage. Ihre berechtigten Interessen seien nicht gewährleistet. Insbesondere seien aufgrund der gewerblichen Nutzung ein wesentlich höherer Verkehr und eine stärkere Frequentierung des Platzes zu erwarten. Nach den bisherigen Erfahrungen sei kaum anzunehmen, dass die Auflagen eingehalten würden.
17 
Auch die Beigeladenen erhoben am 05.05.2009 insoweit gegen die baurechtliche Entscheidung vom 01.04.2009 Widerspruch, als ihr Auflagen beigefügt worden waren. Für diese gebe es keine Rechtsgrundlage. Die Auflagen zur Mistabfuhr und zur Beschränkung der Anzahl der Nutzer seien zu unbestimmt. Sie unterbreiteten Vorschläge, wie die Auflagen umformuliert werden könnten, um der Nutzung des Platzes „gewissen Raum“ zu geben.
18 
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 26.03.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger und der Beigeladenen als unbegründet zurück. Die Zurückweisung des Widerspruchs der Beigeladenen wurde damit begründet, dass die nunmehr angefochtenen Auflagen im Wesentlichen ihrer Baubeschreibung bzw. ihren sonstigen Angaben entsprächen. Zur Zurückweisung des Widerspruchs der Kläger wurde ausgeführt, dass sich das Bauvorhaben in die nähere Umgebung einfüge. Die Nutzung in der näheren Umgebung sei zum großen Teil durch Wohnnutzung geprägt. Zwischen den Grundstücken H... Straße ... und ... seien jedoch auch verschiedene gewerbliche Nutzungen vorhanden (Brennstoffhandel, Unternehmensberatung, Film- und Videoproduktion, Kinderbetreuung, Software-Entwicklung, Transportunternehmen, Holzhandel, Gastwirtschaft, Baugeschäft). Auf dem Grundstück H... Straße ... befinde sich auch noch ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der Gebietscharakter komme aufgrund seiner Wohn- und Gewerbenutzung einem Mischgebiet nahe, weise jedoch vor allem wegen der genehmigten Pferdehaltung auf dem Baugrundstück und wegen des landwirtschaftlichen Betriebs eine baurechtliche „Gemengelage“ (diffuses Wohngebiet) auf. Jedenfalls könnten die Kläger nicht den Schutz wie in einem Wohngebiet beanspruchen. Entscheidend sei, dass sowohl das Bau- als auch das Nachbargrundstück durch den bereits vorhandenen Pferdeunterstand vorgeprägt seien. Insofern könne eine gesteigerte Bewegung der Pferde nicht generell untersagt werden. Aufgrund der Auflagen entstünden auch keine unzumutbaren Immissionen.
19 
Gegen diesen Widerspruchsbescheid haben die Kläger am 26.04.2010 Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und eine Verpflichtung der Beklagten begehrt, die sofortige Beseitigung des Sandplatzes zu veranlassen. Der Sandplatz und die damit verbundenen Nutzungen fügten sich nicht in die nähere Umgebung ein; diese werde nach Süden durch die H... Straße begrenzt, der aufgrund ihrer Ausmaße und ihrer Eigenschaft als Ortsdurchfahrt einer Landesstraße „trennende“ Wirkung zukomme. Die nähere Umgebung entspreche einem - wenn auch ländlich geprägten - Wohngebiet. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Baugrundstück befänden sich außer der Kirche nur Wohnnutzungen. Gewerbliche und landwirtschaftliche Nutzungen seien vom Baugrundstück weit entfernt und prägten dieses nicht mehr oder seien ohnehin als Fremdkörper anzusehen. Durch das Vorhaben würden erstmalig bodenrechtlich bewältigungsbedürftige Spannungen hervorgerufen, die es bislang auch bei Berücksichtigung des Pferdeunterstandes nicht gegeben habe, zumal der Sandplatz bis auf den Mindestgrenzabstand von 2,5 m an ihr Grundstück heranrücke. Damit seien Störungen und Beeinträchtigungen ihres rückwärtigen Grün- und Erholungsbereichs durch Geräusch- und insbesondere Geruchsbelästigungen sowie ein vermehrtes Insektenvorkommen verbunden. Nicht zuletzt sei ihre vor Blicken geschützte Privatsphäre betroffen. Solle ein Sand- bzw. Reitplatz in einem Gebiet zugelassen werden, das einem allgemeinen Wohngebiet entspreche, bedürfe es einer Planung. Auch gehe von dem Platz eine negative Vorbildwirkung aus. An der generellen Gebietsunverträglichkeit änderten auch die Auflagen nichts, die bei Ausübung der beabsichtigten Nutzung ohnehin nicht einzuhalten seien. Die Problematik werde so zu ihren Lasten auf die Vollzugsebene verlagert.
20 
Die Beklagte hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen. Der Gebietscharakter entspreche eher dem eines Mischgebiets. Die gesamte Umgebung des Ortsteils sei ländlich geprägt. An die Grundstücke der Kläger und der Beigeladenen grenzten Wiesen, Grünflächen und in weiterer Entfernung Waldgebiete an. Die Kläger seien durch die Auflagen ausreichend geschützt.
21 
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 30.03.2011 - 9 K 963/10 - abgewiesen. Die angefochtene Bescheide verstießen gegen keine Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt seien. Aufgrund ihrer Lage zwischen dem auf dem rückwärtigen Bereich des Grundstücks gelegenen Gemeindehaus und dem nur leicht versetzten Wohnhaus der Kläger, aber auch aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Pferdeunterstand mit Auslauf auf dem insoweit durch Nebenanlagen geprägten hinteren Bereich des Baugrundstücks nehme der Sandplatz am vorhandenen Bebauungszusammenhang teil. Dieser umfasse auch den Pferdeunterstand mit Auslauf. Nach den Ergebnissen des Augenscheins entspreche die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung aufgeführten Baugebiete. Der lediglich zweispurigen und normal befahrenen innerörtlichen H... Straße komme keine „trennende“ Wirkung zu. Aufgrund der lockeren und ungleichförmigen Bebauung beidseits der H... Straße und der Einwirkung entfernterer Grundstücksnutzungen lasse sich der prägende Bereich nicht auf eine Entfernung von 100 m entlang der H... Straße begrenzen. Entlang der H... Straße sei die Bebauung überwiegend von Wohnnutzung und nicht störendem Gewerbe geprägt. Der unmittelbare Bereich um die streitgegenständliche Anlage werde in besonderem Maße durch die vorhandene und genehmigte Pferdehaltung bestimmt. Auf dem etwa 130 m westlich entfernten Grundstück Flst Nr. 47/4 (H... Straße ...) werde zudem ein Gasthaus sowie auf dem östlichen Grundstücksteil eine Hobby-Landwirtschaft mit derzeit 12 Rindern und zwei Ziegen betrieben. Durch die Geräusch- und Geruchsimmissionen, die insbesondere beim Weidegang, der Anlieferung neuer Tiere oder der Abholung von Schlachtvieh denkbar seien, werde auch der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks beeinflusst. Bereits insofern sei von einer Gemengelage auszugehen. Als Dorfgebiet könne die nähere Umgebung freilich nicht qualifiziert werden, da Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Betriebe, die das Gebiet dörflich prägten, nicht mehr vorhanden seien. Weder bei der Pferdehaltung der Beigeladenen noch bei der vom Betreiber der Gastwirtschaft ausdrücklich als Hobby-Landwirtschaft bezeichneten Tierhaltung handle es sich um landwirtschaftliche (Neben-)Erwerbsbetriebe. Nach alledem stehe den Klägern kein Gebietserhaltungsanspruch zur Seite. Angesichts der bereits genehmigten Pferdehaltung komme es bei der gebotenen Rücksichtnahme nicht darauf an, ob die Pferdehaltung rücksichtslos sei, sondern, ob gerade der in Rede stehende Sandplatz und die mit seiner Nutzung verbundenen Beeinträchtigungen hinzunehmen seien. In die Interessenabwägung sei auch die Lage an der Grenze zum Außenbereich einzustellen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der engen Auflagen sei der Sandplatz den Klägern zumutbar, zumal er 12 m weit von der nordwestlichen Ecke ihres Wohnhauses entfernt sei. Etwa noch wahrnehmbare Immissionen durch Staub, Lärm oder Gerüche seien zeitlich erheblich eingeschränkt. Auch die Nutzungsbeschränkung auf sieben Personen und drei Pferde reduzierten die zu erwartenden Immissionen auf ein zumutbares Maß. Nicht zuletzt werde auf der lediglich einen Durchmesser von 16,50 m aufweisenden Anlage typischerweise nicht galoppiert. Anhaltspunkte für ein unzumutbares vermehrtes Insektenaufkommen seien nicht festzustellen. Die zu erwartenden Lärmimmissionen gingen bei Berücksichtigung der Auflagen nicht über die akustische Beeinträchtigung hinaus, die typischerweise mit der privaten Grundstücksnutzung durch eine Familie mit Kindern verbunden sei. Der im Rahmen der gewerblichen Nutzung ausschließlich an Werktagen und außerhalb der Ruhezeiten hinzukommende An- und Abfahrtsverkehr beschränke sich auf maximal sechs Fahrzeuge und falle neben den Immissionen der H... Straße im Bereich des weit zurückgesetzten Wohnhauses der Kläger nicht ins Gewicht. Mit der Auflage, den Sandplatz regelmäßig und unmittelbar nach der jeweiligen Nutzungseinheit abzumisten und den Mist nicht auf dem Baugrundstück auszubringen, würden auch die Geruchsimmissionen zu den ohnehin erheblich eingeschränkten Nutzungszeiten auf ein Minimum reduziert. Dass ihr Grundstück bei der Nutzung der Anlage eingesehen werden könne, begründe noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, zumal der rückwärtige Bereich auch so einsehbar sei.
22 
Auf rechtzeitigen Antrag der Kläger hat der Senat mit - den Klägern am 30.11.2011 zugestelltem - Beschluss vom 21.11.2011 - 5 S 1654/11 - die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen, soweit ihre Anfechtungsklage abgewiesen worden war.
23 
Ihre Berufung haben die Kläger am 28.12.2011 wie folgt begründet: Der streitgegenständliche Sand-/Reitplatz sei nicht genehmigungsfähig, da er sich nicht in die nähere Umgebung einfüge; jedenfalls würden sie aufgrund der von diesem ausgehenden Beeinträchtigungen unzumutbar beeinträchtigt. Das Verwaltungsgericht habe die örtlichen Verhältnisse unzutreffend bewertet. Aufgrund der Topografie und des Verlaufs der H... Straße sei die „nähere Umgebung" auf den Bereich zwischen der Kurve in der H... Straße nordöstlich unterhalb des Baugrundstücks bis etwa auf Höhe des Grundstücks H... Straße ... zu begrenzen. Die Stallungen der Hobby-Landwirtschaft auf dem Grundstück H... Straße ... befänden sich zudem im rückwärtigen Bereich und in einem mit einem Tor versehenen Scheunen- und Stallgebäude. Die Großviehhaltung, bei der es sich um den „Restbestand“ einer vormaligen erwerbswirtschaftlichen Landwirtschaft handle, könne von der Straße aus noch nicht einmal wahrgenommen werden. Im Rahmen des Ortstermins seien auch keinerlei Gerüche oder Geräusche festzustellen gewesen. Aufgrund der nicht mehr attraktiven Landwirtschaft und der geringen Erwerbschancen habe die landwirtschaftliche Nutzung immer mehr an prägendem Einfluss verloren und sich das Gebiet mehr und mehr zu einem Wohngebiet entwickelt. Von einer historisch übrig gebliebenen Restnutzung könne indes keine Prägung mehr zu einem „ländlich geprägten Wohngebiet" bzw. einer entsprechend geprägten Gemengelage ausgehen. Die auf dem Baugrundstück bereits vorhandene, im rückwärtigen Bereich konzentrierte Pferdehaltung (Pferdeunterstand) liege schließlich im Außenbereich. Auf den zum Innenbereich gehörenden Grundstücksteilen befänden sich in der Regel im vorderen Bereich lediglich Hauptnutzungen in Form einer Wohnnutzung. Bis auf das westlich an das Baugrundstück angrenzende Kirchengrundstück weise kein einziges Grundstück eine Hinterlandbebauung mit Nebenanlagen auf. Jedenfalls stellten der Pferdeunterstand und die Pferdehaltung auf dem Baugrundstück einen Fremdkörper dar. Auch handele es sich um eine relativ kleine Anlage, die schon aufgrund ihrer Größe nicht geeignet sei, die Umgebung zu prägen.
24 
Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhaben beurteile sich daher nach § 34 Abs. 2 BauGB, sodass ihnen bereits ein Gebietserhaltungsanspruch zustehe. Denn ein Sand-/Reitplatz sei nach der Art der baulichen Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Baugrundstück - mit Ausnahme der Kirche, die ebenfalls in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sei - fänden sich ausschließlich Wohnnutzungen. Die vereinzelten gewerblichen und sonstigen Nutzungen seien ausschließlich als nicht störendes Gewerbe oder Dienstleistungen bzw. selbständige Tätigkeiten zu qualifizieren und seien gegenüber der Wohnnutzung nur von untergeordneter Bedeutung. Sämtliche Nutzungen seien in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig. Die genehmigte Pferdehaltung habe bei der Beurteilung des Gebietscharakters außer Betracht zu bleiben. Gleiches gelte für die Gastwirtschaft mit Hobby-Landwirtschaft.
25 
Der Sand-/Reitplatz wäre freilich auch bei einer Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil er in der näheren Umgebung bodenrechtliche Spannungen auslöse bzw. verstärke. Eine vergleichbare Anlage gebe es in der näheren Umgebung nicht. Auch rücke er als emittierende Anlage bis auf den Mindestgrenzabstand an ihr Wohngrundstück heran. Insbesondere im Hinblick auf die sich nun regelmäßig auf und bei dem Sand-/Reitplatz aufhaltenden Personen träten erhebliche Störungen und gravierende Beeinträchtigungen des rückwärtigen Grün- und Erholungsbereichs auf. Ein ungestörter Aufenthalt sei nicht mehr möglich. Vom Platz gehe auch eine negative Vorbildwirkung aus, die eine städtebauliche Fehlentwicklung einleite.
26 
Jedenfalls werde das Rücksichtnahmegebot verletzt. Bislang seien sie keinen vergleichbaren Vorbelastungen ausgesetzt. Auf die Gastwirtschaft mit Hobbylandwirtschaft könne schon deshalb nicht abgehoben werden, weil sie nicht mehr zur näheren Umgebung gehöre. Abgesehen davon habe sie auch tatsächlich keine Auswirkungen auf ihr Grundstück. Auch gegenüber dem Pferdeunterstand im rückwärtigen Bereich des Baugrundstücks stelle der näher an ihren schutzwürdigen Außenwohnbereich heranrückende Sand-/Reitplatz eine deutlich andersartige, intensivere Belastung dar. Außerdem sei ihr Grundstück der Einsichtnahme durch einen größeren Personenkreis ausgesetzt. Anders als bei einer untergeordneten selbständigen oder gewerblichen Nutzung in einem ansonsten zu Wohnzwecken genutzten Gebäude werde ihre Privatsphäre erheblich beeinträchtigt, zumal Feste und sonstige Sonderveranstaltungen, die im Rahmen einer Kinderbetreuung angeboten würden, hinzukämen. Im mittleren Bereich des Baugrundstücks komme es auch erstmals bzw. verstärkt zu erheblichen Immissionen wie Staub, Lärm oder Gerüchen. Eine Nutzung des Sandplatzes mit schnellen Gangarten sei nach dem Bauvorbescheid keineswegs ausgeschlossen.
27 
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit könne auch nicht mit den beigefügten Nebenbestimmungen herbeigeführt werden. Eine „maßgeschneiderte“ Genehmigung könne nicht dazu führen, dass eine typischerweise unzulässige bauliche Anlage gebietsverträglich werde. Inhalts- und Nebenbestimmungen könnten gegenüber einer typisierenden Betrachtungsweise allenfalls dann Bedeutung gewinnen, wenn sie nicht nur "auf dem Papier" eine Konfliktbewältigung vortäuschten, sondern auf effektive Umsetzung angelegt seien, sodass bei realistischer Betrachtung mit ihrer Beachtung und insofern mit einem störungsarmen Betriebsablauf zu rechnen sei. Auch seien die Auflagen so eng gefasst, dass die Nutzung als solche nicht mehr wie gewünscht bzw. wie normalerweise üblich ausgeübt werden könnte. Dies werde schon daran deutlich, dass die Beigeladenen selbst gegen die Auflagen Widerspruch erhoben hätten. Die Gewährleistung der Gebietsverträglichkeit werde damit auf die Vollzugsebene verlagert. In Umkehrung der Verhältnisse müssten letztlich sie als Nachbarn nachweisen, dass die Auflagen nicht eingehalten würden. Diese seien noch nicht einmal geeignet, sie vor unzumutbaren Immissionen zu schützen. So könne der Sandplatz zwischen 13.30 Uhr und 16.30 Uhr, mithin gerade in dem Zeitraum, in dem auch ihr schutzwürdiger Außenwohnbereich hauptsächlich genutzt werde, ununterbrochen von einem größeren Personenkreis genutzt werden. Dabei sei noch nicht einmal geregelt, wie viele Personen sich außerhalb des Platzes - wartend bzw. beobachtend - aufhalten dürften. Die derzeit ca. 1,70 m hohe Hecke sei schon deshalb ungeeignet, unzumutbare Staubimmissionen zu verhindern, weil ihre Anpflanzung nicht gesichert sei.
28 
Die Kläger beantragen zuletzt,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30.03.2011 - 9 K 963/10 - abzuändern und die baurechtliche Entscheidung der Beklagten vom 01.04.2009 hinsichtlich ihrer Ziff. 1 und 3 und den diese aufrechterhaltenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.03.2010 aufzuheben.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Klagen abzuweisen.
32 
Hierzu führt sie aus: Bereits aufgrund der 2002 und 2004 erteilten Baugenehmigungen dürften auf dem Baugrundstück ganzjährig 3 bis 4 Pferde untergebracht werden. Ob sich die Situation für die Kläger durch den inzwischen aufgenommenen gewerbsmäßigen Reitbetrieb geändert habe, sei zweifelhaft. Der Sandplatz füge sich unabhängig davon in die nähere Umgebung ein, ob die Gastwirtschaft mit Hobbytierhaltung dazugehöre. Durch diese werde jedenfalls der nach wie vor prägende dörfliche und ländliche Charakter des Ortsteils belegt. So finde sich auf vielen Grundstücken, die teilweise im Innenbereich lägen, im angrenzenden Außenbereich noch Tierhaltung, insbesondere Pferdehaltung. Auch auf dem Grundstück der Kläger seien bis 2006 Pferde gehalten worden. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht angenommen, dass die nähere Umgebung nicht durch die H... Straße begrenzt werde. Ungeachtet dessen, dass die H... Straße in Richtung Südwesten ansteige, erstrecke sich die nähere Umgebung durchaus auf das Grundstück H... Straße ... Die dortige Gastwirtschaft mit Hobby-Landwirtschaft stelle auch keinen Fremdkörper dar. Die ländliche Prägung werde auch durch die Tierhaltung auf einer Reihe anderer Grundstücke belegt, etwa durch die Hühnerhaltung jenseits der H... Straße ... und die Pferdehaltung auf dem Grundstück H... Straße ...-... Jedenfalls werde das Baugrundstücks durch die Pferdehaltung im nahegelegenen Außenbereich geprägt. Da das gesamte Baugrundstück zum Innenbereich gehöre, sei auch der vorhandene Pferdeunterstand zu berücksichtigen. Nach der Argumentation der Kläger müsste auch ihr Garten bzw. ihre Terrasse zum Außenbereich gehören. Bereits in der Vergangenheit hätten die Beigeladenen ihr gesamtes Grundstück für ihre Pferdehaltung nutzen können. So hätten sich die Pferde zwischen beiden Unterständen bewegt. Der nunmehr „angedachte“ Sandplatz stelle insofern keine Intensivierung der vorhandenen Grundstücksnutzung dar. Vielmehr bewegten sich die Pferde fortan nur mehr kontrolliert auf dem Grundstück. Die in den Bauvorbescheid aufgenommenen Beschränkungen genügten, um die Interessen der Kläger zu schützen. Als Fremdkörper könne der Pferdeunterstand schon deshalb nicht angesehen werden, weil eine ähnliche bauliche Anlage auf ihrem eigenen Grundstück vorhanden sei und dort bis 2006 Pferde gehalten worden seien. Insofern sei ihre Schutzwürdigkeit mehr als zweifelhaft. Die Intensivierung der Nutzung wirke sich zudem ausschließlich auf ihre Terrasse aus, zu der jedoch immer noch ein Abstand von 12 m eingehalten sei. Schließlich grenzten beide Grundstücke an den Außenbereich, wo teilweise auch Pferde gehalten würden oder Landwirtschaft betrieben werde. Auch von dort gingen Staub- und Geruchsimmissionen aus.
33 
Unter dem 08.04.2013 haben die Kläger noch geltend gemacht, dass die Nutzungsänderungsgenehmigung vom 15.08.2002 seinerzeit nicht umgesetzt worden sei und daher nicht maßgeblich sein könne.
34 
Die Beigeladenen, die in der mündlichen Verhandlung der Klage entgegengetreten sind, haben keinen Antrag gestellt. Sie weisen darauf hin, den Sandplatz schon seit einiger Zeit nicht mehr gewerblich zu nutzen. Die als Ponyunterstand genehmigten Räumlichkeiten ihres Gebäude ließen sich jederzeit wieder als solche nutzen; bislang seien sie allerdings nur zwei- bis dreimal genutzt worden.
35 
Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen Umgebung in Augenschein genommen. Insoweit wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
36 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden Gerichts- und Behördenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
37 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Kläger gegen den ihre Anfechtungsklage abweisenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsbegründungsfrist gegenüber dem erkennenden Gerichtshof begründet (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO).
38 
Die Berufung ist auch teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage auch insoweit abgewiesen, als die baurechtliche Entscheidung der Beklagten vom 01.04.2009 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.03.2010 auch eine gewerbliche Nutzung des Sandplatzes für grundsätzlich zulässig erklärten (vgl. Ziffer 1 und 3); darüber hinaus waren die beigefügten, sich gleichermaßen auf eine private wie gewerbliche Nutzung beziehenden „Auflagen“ aufzuheben.
I.
39 
Die Anfechtungsklage ist statthaft (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO) und auch sonst zulässig. Die Kläger können insbesondere geltend machen, dass mit der baurechtlichen Entscheidung des Landratsamts Enzkreis vom 01.04.2009, mit der den Beigeladenen ein positiver Bauvorbescheid für einen Sand-/Reitplatz für Pferde erteilt worden war, gegen auch ihren Interessen zu dienen bestimmte Vorschriften des Bauplanungsrechts verstoßen wurde. Denn es erscheint zumindest möglich, dass das Bauvorhaben - insbesondere bei einer Nutzung des Platzes im Rahmen einer gewerblichen „Kinderbetreuung“ - ungeachtet der der Entscheidung beigefügten „Auflagen“ gegen das im Gebot des Einfügens in die nähere Umgebung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Entsprechenden Auswirkungen, wie sie typischerweise und auch im vorliegenden Fall mit einer solchen Nutzung verbunden sind, waren die Kläger aufgrund der auf dem Grundstück bereits stattfindenden Pferdehaltung bisher nicht ausgesetzt.
II.
40 
Die auf die Bauvoranfrage der Beigeladenen hin getroffene Entscheidung zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Anlegung und sinngemäß auch der Nutzung des „Sandplatzes“ (Ziff. 1) ist, soweit sie eine gewerbliche Nutzung einschließt, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit mit ihr lediglich eine private Nutzung für grundsätzlich zulässig erklärt wurde, verstößt die Entscheidung hingegen nicht gegen Vorschriften, die auch dem Schutze der Kläger zu dienen bestimmt sind.
41 
Maßgeblich für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist, da der Bauvorbescheid einen vorweggenommenen Teil der Baugenehmigung darstellt, wie bei deren Anfechtung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung des Bauvorbescheids (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.1978 - 4 C 96 u. 97.76 -, 406.11 § 34 BBauG Nr. 34, u. v. 14.01.1993 - 4 C 19.90 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155; Beschl. v. 23.04.1998 - 4 B 40.98 -, Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 87). Spätere Änderungen zu Lasten der Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu ihren Gunsten sind dagegen zu berücksichtigten.
42 
Bei der Beurteilung der angefochtenen, unter Ziffer 1 getroffenen Entscheidung kann dahinstehen, ob der zweifellos eine bauliche Anlage darstellende (umzäunte) Sandplatz verfahrensfrei errichtet werden konnte oder bereits seine Anlegung und nicht nur seine (private und/oder gewerbliche) Nutzung einer Baugenehmigung bedurfte. Entgegen der missverständlichen Formulierung in Ziffer 2 der Entscheidung („Nutzung bedarf der Baugenehmigung.“) ging die Beklagte in ihrer Begründung zu Recht von einer genehmigungspflichtigen Anlage aus. Diese kann nicht willkürlich in eine Einfriedigung im Innenbereich (vgl. Nr. 45 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO a.F.) und eine selbständige Aufschüttung bis 3 m Höhe (vgl. Nr. 67 des Anhangs) aufgespalten werden. Aufgrund ihres Durchmessers und ihres objektiven Nutzungszwecks kann auch nicht mehr von einer untergeordneten oder unbedeutenden baulichen Anlage i. S. der Nr. 72 des Anhangs gesprochen werden (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2008 - 6 K 778/08 -).
43 
Bauplanungsrechtlich ist die Zulässigkeit des Bauvorhabens - einer jedenfalls nicht mehr unter § 14 BauNVO unterfallenden Hauptnutzung - nach § 34 BauGB zu beurteilen. Denn der (mittlere) Teil des Baugrundstücks Flst. Nr. 1/2, auf dem das Bauvorhaben 2007 bereits verwirklicht wurde, liegt weder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 BauGB) noch im (angrenzenden) Außenbereich (§ 35 BauGB).
44 
1. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften kommt nicht schon unter dem Gesichtspunkt eines - von (unzumutbaren) Beeinträchtigungen unabhängigen - sog. Gebietsbewahrungsanspruchs in Betracht. Zwar wäre ein Sand-/Reitplatz für Pferde in der hier in Rede stehenden Größe, der auch nicht als Anlage für sportliche Zwecke i. S. des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO angesehen werden kann, aufgrund der mit einem solchen typischerweise verbundenen Störungen - Geruchsbelästigungen, Ansammlungen von Fliegen, Geräuschbelästigungen, Staubaufwirbelungen - mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht vereinbar (vgl. Senatsurt. v. 10.10.2003 - 5 S 1692/02 - m.w.N.; OVG Saarland, Beschl. v. 02.02.2009 - 2 B 439/08 -, BRS 74 Nr. 201). Zumindest bei einer gewerblichen Nutzung wäre er auch mit dem Gebietscharakter eines Mischgebiets unvereinbar, da er das Wohnen typischerweise wesentlich stören dürfte, (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.07.1988 - 1 A 46/87 -, BRS 48 Nr. 38). Aufgrund der nach der Baunutzungsverordnung gebotenen typisierenden Betrachtungsweise könnten daran auch die dem Bauvorbescheid beigefügten Auflagen nichts ändern; von einem atypischen Betrieb könnte jedenfalls nicht die Rede sein.
45 
Aufgrund des im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchgeführten Augenscheins hat der Senat indes nicht festzustellen vermocht, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO oder einem Mischgebiet i. S. des § 6 BauNVO34 Abs. 2 BauGB) entspräche, was indes hier Voraussetzung für einen Gebietsbewahrungsanspruch wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151; Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O.).
46 
a) Zunächst kann nicht von einem allgemeinen Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO ausgegangen werden; von einem reinen Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO könnte aufgrund der vorhandenen gewerblichen Nutzungen und der verschiedentlich als Hauptnutzung anzutreffenden Holzlagerplätze von vornherein nicht gesprochen werden.
47 
Ein allgemeines Wohngebiet kommt schon mit Rücksicht auf die auf dem Baugrundstück bereits stattfindende Pferdehaltung nicht in Betracht. Eine solche widerspricht grundsätzlich der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets (vgl. Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O., m.w.N.). Auch hier verhält es sich nicht anders. Zwar sind die von den Beigeladenen gehaltenen drei Islandpferde zumindest ganz überwiegend in dem 2004 genehmigten, im angrenzenden Außenbereich gelegenen Pferdeunterstand in der Nordwestecke des Baugrundstücks untergebracht und die Auslauffläche grundsätzlich auf die östlich davon angelegte, ebenfalls dem Außenbereich zuzuordnende Paddock-Fläche beschränkt (vgl. die Baubeschreibung v. 04.05.2004; zur Abgrenzung Innen-/Außenbereich VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.11.1993 - 5 S 1991/93 -; zur Teilnahme am Bebauungszusammenhang allerdings auch BVerwG, Beschl. v. 06.03.1992 - 4 B 35.92 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149). Insofern könnte die Pferdehaltung, die sich allerdings schon aus tatsächlichen Gründen nicht auf diesen Teil des Grundstücks begrenzen lässt (Führen bzw. Transport der Pferde über das Grundstück zur H... Straße; vgl. hierzu auch Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O., Rn. 39 a. E.), noch wohngebietsverträglich sein (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 15.10.2009 - 15 B 08.2380 -, BRS 74 Nr. 64). Dem stehen hier jedoch die eher engen räumlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück entgegen, die es ausschließen, die typischen mit der Pferdehaltung verbundenen Störungen auf ausreichend von den benachbarten Wohngrundstücken entfernte Grundstücksteile zu begrenzen. Dies gälte umso mehr, wenn - was hier letztlich dahinstehen kann - von den nach entsprechender Vorbereitung (Leerräumen, Einstreuen) (wieder) als Ponyunterstand nutzbaren Keller- bzw. Abstellräume im Wohngebäude der Beigeladenen noch zum 01.04.2009 eine entsprechende Prägung ausging; die Umnutzung dieser Räume war 2002 - ohne wesentliche Umbaumaßnahmen - genehmigt worden. Auf die weitere Wirksamkeit der Baugenehmigung käme es insoweit nicht an, vielmehr allein darauf, ob die einmal - wenn auch nur punktuell - aufgenommene Nutzung aufgrund der objektiven Beschaffenheit der Räume trotz der inzwischen ausgeübten anderweitigen Nutzungen noch prägende Wirkung entfaltete (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 C 6.01 -, Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 4). Die Pferdenutzung stellt entgegen der Auffassung der Kläger auch keinen bei der Beurteilung des Gebietscharakters nicht zu berücksichtigenden Fremdkörper dar (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 23.86 -, BVerwGE 84, 322; Urt. v. 07.12.2006 - 4 C 11.05 -, BVerwGE 127, 231). Dem stehen schon die in der nächsten Umgebung insbesondere im rückwärtigen Bereich noch anzutreffenden ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude (Scheunen, Schuppen) entgegen, die nach der Verkehrsauffassung noch für die (Wieder-)Aufnahme anderer (etwa landwirtschaftlicher oder gewerblicher) Nutzungen als dem Wohnen „anfällig“ sind (vgl. BayVGH, Urt. v. 19.09.2007 - 25 B 05.1076 -, BauR 2008, 1119). Denn für die Eigenart der näheren Umgebung sind nicht nur ausgeübte Nutzungen von Bedeutung, sondern auch all das, was sich, ohne Fremdkörper zu sein, in der vorhandenen Bebauung niederschlägt und so den bodenrechtlichen Charakter beeinflusst (vgl. BayVGH, Urt. v. 19.09.2007, a.a.O.).
48 
Darüber hinaus sprechen weitere Nutzungen in der näheren Umgebung gegen die Annahme eines allgemeinen Wohngebiets. Neben der Wohnnutzung, die weitgehend nicht planähnlich, sondern durch Aufgabe anderer, nämlich landwirtschaftlicher Nutzungen entstanden war, werden oder wurden zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung des Bauvorbescheids Nutzungen ausgeübt, die mit der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets nicht zu vereinbaren sind. So finden sich nördlich der H... Straße im Abschnitt zwischen den Gebäuden 12 (Ortseingang) und 36 in Höhe der S... Straße, die jedenfalls noch zur näheren Umgebung gehören, zunächst zahlreiche ehemalige landwirtschaftliche Gebäude (Scheunen, rückwärtig angebaute Schuppen), die nicht nur „anfällig“ für andere Nutzungen als dem Wohnen erscheinen (H... Straße ... und ...), sondern in denen teilweise auch derzeit nicht Wohnzwecken dienende Nutzungen ausgeübt werden. Dazu zählen das Unterstellen eines Traktors hinter dem Gebäude H... Straße ... und die Unterhaltung von Holzlagerplätzen, die schon aufgrund ihrer Größe keine zulässigen Nebenanlagen zur Wohnnutzung mehr darstellen (wie etwa auf dem Grundstück H... Straße ...), sondern als selbständige Hauptnutzungen anzusprechen sind und von denen bei zweckentsprechender Nutzung typischerweise Störungen ausgehen (Grundstücke H... Straße ..., ... und ...). Darüber hinaus finden sich in diesem Bereich eine ganze Reihe - wenn auch nicht störender - gewerblicher Nutzungen, welche in einem allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig wären (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). So wird auf dem klägerischen Grundstück ein Teehandel betrieben, auf dem Grundstück der Beigeladenen findet Film- und Videoproduktion statt und auf dem Grundstück H... Straße ... befindet sich ein „Garagenlädle“, in dem augenscheinlich „Filz/Stein/Schmuck“ vertrieben wird. Auf dem Grundstück H... Straße ... fand sich jedenfalls beim vom Verwaltungsgericht eingenommenen Augenschein auch noch ein Brennstoffhandel sowie auf dem Grundstück H...- Straße ... ein Vertrieb von Kosmetikartikeln (vgl. die hierüber gefertigte Niederschrift v. 24.03.2011, AS 105 der VG-Akten). Dafür, dass diese Nutzungen erst nach Erteilung des Bauvorbescheids aufgenommen worden wären, spricht nichts; auch die Kläger haben dies zu keiner Zeit behauptet.
49 
Das südlich der H... Straße und westlich der S... Straße gelegene Gasthaus/Pension/Café „...“ (H... Straße ...), das ca. 130 m vom Bauvorhaben entfernt ist, gehört dagegen bei einer natürlichen Betrachtungsweise - nicht zuletzt aufgrund der topografischen Verhältnisse (ansteigende S-Kurve) - nicht mehr zur näheren Umgebung, sodass dahinstehen kann, ob es lediglich der Gebietsversorgung i. S. des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO dient. Erst Recht rechnet das dazugehörende, zurückgesetzte Scheunen- bzw. Stallgebäude (H... Straße ...), in dem - äußerlich nicht ohne Weiteres erkennbar - Hobby-Großviehhaltung bzw. „Hobby-Landwirtschaft“ (zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch 12 Rinder und 2 Ziegen) betrieben wird, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mehr zur näheren Umgebung. Schon gar nicht gehört das auf dem Grundstück H... Straße ... in zweiter Reihe betriebene Baugeschäft, das ca. 180 m vom Bauvorhaben entfernte Transportunternehmen nebst Holzhandel auf dem Grundstück H... Straße ... sowie die auf dem Grundstück H... Straße ... betriebene Landwirtschaft (mit Pferdehaltung) noch zur näheren Umgebung (vgl. hierzu allerdings OVG Rh.-Pf. Urt. v. 30.04.2010 - 1 A 11294/09 -, Rn. 28). Gleiches gilt für die ca. 150 m gegenüber dem Baugrundstück entfernt stattfindende Hühnerhaltung weit jenseits der H...- Straße. Von den letzteren Nutzungen ausgehende Störwirkungen, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, ließen sich auf dem Baugrundstück nicht feststellen.
50 
Dass sich auf der gegenüberliegenden Seite der H... Straße im Abschnitt zwischen S... Straße und Ortseingang überwiegend Wohnnutzung findet, vermag vor diesem Hintergrund nicht dazu zu führen, dass das Baugebiet deswegen noch als allgemeines Wohngebiet anzusprechen wäre. Auch gehört diese Bebauung schon aufgrund ihrer abweichenden Nutzungsstruktur nicht mehr zur näheren Umgebung des Bauvorhabens. Zwar sind auch dort noch vereinzelt ehemalige Scheunengebäude festzustellen (H... Straße ... und ...), doch sind diese inzwischen ersichtlich der Wohnnutzung untergeordnet bzw. in diese integriert und insofern für andere Nutzungen nicht mehr „anfällig“. Auch gewerbliche Nutzungen finden sich in diesem Abschnitt nicht.
51 
b) Aber auch von einem Mischgebiet i. S. des § 6 BauNVO kann danach nicht die Rede sein, sodass ein Gebietsbewahrungsanspruch jedenfalls ausscheidet. Denn das Wohnen - nicht wesentlich - störende Gewerbebetriebe finden sich in der näheren Umgebung nicht. Hinzu kommt, dass die ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude eben auch noch für eine landwirtschaftliche Nutzung „anfällig“ sind.
52 
Steht - mangels in der näheren Umgebung noch vorhandener landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Betriebe - auch kein Dorfgebiet in Rede, ist von einer sog. Gemengelage auszugehen, bei der sich die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt.
53 
2. Im Hinblick auf den Ortsbauplan vom 30.03.1960, der einen auch im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlichen einfachen Bebauungsplan darstellen könnte, ließe sich jedenfalls noch kein Nachbarrechtsverstoß feststellen. Zwar bleibt das Bauvorhaben erheblich hinter der nach dem Ortsbauplan beizubehaltenden Baulinie zurück, doch ist eine solche „Zurückstellung“ nach der hier maßgeblichen Württembergischen Bauordnung - die Gemeinde der Beklagten gehörte seinerzeit noch zum Landkreis Calw und zu Württemberg-Baden - bis zu einer Tiefe von 50 m - gemessen ab der Linie - zulässig (vgl. Art. 34 Abs. 2 württ. BauO; hierzu Senatsurt. v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -; Urt. v. 10.05.1996 - 5 S 393/95 -), sodass es auf die Wirksamkeit und eine etwaige nachbarschützende Wirkung dieser Festsetzung (über die überbaubare Grundstücksfläche) nicht mehr ankommt.
54 
3. Als Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts kommt danach lediglich noch ein Verstoß gegen das im Gebot des Einfügens des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Rücksichtnahmegebot in Betracht; darauf, ob sich das Bauvorhaben in jeder Hinsicht i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt, insbesondere den aus der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen überschreitet oder doch im Verhältnis zu dieser bewältigungsbedürftige Spannungen begründet, kommt es dabei entgegen der Auffassung der Kläger nicht an.
55 
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzuwägen ist, was einerseits dem Rücksicht-nahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, Urt. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120). Dabei ist das Gebot der Rücksichtnahme nicht schon dann verletzt, wenn eine dem Nachbarn günstigere bauliche Lösung möglich ist. Andererseits setzt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auch nicht voraus, dass der Nachbar schwer und unerträglich betroffen ist (BVerwG, Beschl. v. 20.09.1984 - 4 B 181.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 62; Senatsurt. v. 20.05.2003 - 5 S 2750/01 -).
56 
Danach erweist sich das Bauvorhaben zwar insoweit gegenüber den Klägern als rücksichtslos, als eine gewerbliche Nutzung des Sand-/Reitplatzes in Rede steht. im Übrigen lässt sich jedoch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht feststellen.
57 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme folgt nicht schon daraus, dass die Haltung von Pferden und demzufolge auch die Nutzung des Sand-/Reitplatzes typischerweise zu nachteiligen Auswirkungen für die Umgebung durch Gerüche, Geräusche und Staub sowie durch Fliegen und Ungeziefer führt (vgl. Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. 04.02.2005 - 1 ME 291/04 -, RdL 2005, 121). Vielmehr sind im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot - anders als bei der oben aufgeworfenen Frage der Gebietsverträglichkeit - die konkreten Auswirkungen des gerade hier in Rede stehenden Vorhabens - privat wie gewerblich zu nutzender Sand-/Reitplatz in unmittelbarer Nähe der Außenwohnbereiche der Kläger - in den Blick zu nehmen. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen auf dem Baugrundstück bereits Islandpferde halten, was für die Umgebung schon bisher mit Störungen verbunden war. Diese erscheinen allerdings weniger störend, weil sie im Wesentlichen vom nordöstlichen, bereits zum Außenbereich gehörenden Teil des Baugrundstücks ausgehen, wo die Islandpferde der Beigeladenen untergebracht sind bzw. sich - nach der Baugenehmigung - im angrenzenden Auslauf (gummierte Auslauffläche, Sandauslauf) aufhalten. Auch kann im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der Kläger nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Bauvorhaben am Ortsrand und damit angrenzend an den ländlich - auch durch Pferdehaltung - geprägten Außenbereich ausgeführt wurde. Dies ändert gleichwohl nichts daran, dass die nähere Umgebung - ungeachtet ihrer Mitprägung durch nicht störende Gewerbebetriebe, Holzlagerplätze und ehemalige landwirtschaftliche, für andere Nutzungen „anfällige“ Gebäude - maßgeblich auch durch die in den Hauptgebäuden stattfindende Wohnnutzung bzw. Nutzungen geprägt wird, die auch in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig wären. Eine intensive Nutzung des Sand-/Reitplatzes, wie sie mit der gewerblichen „Kinderbetreuung“ schon im Hinblick auf die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht typischerweise und auch hier verbunden wäre (vgl. auch den von den Beigeladenen im Schreiben vom 04.06.2009 beanspruchten „gewissen Raum“), führte aufgrund der insgesamt zu erwartenden Störungen zu nachteiligen Auswirkungen für die Umgebung, die jedenfalls in unmittelbarer Nähe störungsempfindlicher Außenwohnbereiche nicht mehr zumutbar sind. Hierbei sind nicht nur Störungen zu berücksichtigen, die typischerweise mit einer Pferdehaltung verbunden sind, sondern auch solche, die gerade mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Sand-/Reitplatzes verbunden sind, nämlich nicht ganz zu vermeidende Staubaufwirbelungen, die von den zu betreuenden Kindern, etwaigen Zuschauern sowie den Betreuern ausgehenden Geräusche sowie mit dem An- und Abfahrtsverkehr verbundene Verkehrsemissionen. Daran ändert auch nichts, dass die Nutzung nach der Baubeschreibung in der Bauvoranfrage auf drei Stunden an den Werktagen beschränkt sein soll. Denn auch dies führte dazu, dass die rückwärtigen Außenwohnbereiche in einem gerade für die Erholung wesentlichen Zeitraum nicht mehr zweckentsprechend genutzt werden könnten. Auch die dem Bauvorbescheid beigefügten, zur effektiven Verhinderung von Störungen kaum geeigneten, weil wenig präzise und weitgehend vom „Wohlverhalten“ der Beigeladenen bzw. Dritter abhängigen Auflagen (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 04.12.2008 - 2 A 228/08 -) änderten daran nichts. Insofern kann dahinstehen, ob aufgrund der konkreten Bauvoranfrage, mit der erst die grundsätzliche Zulässigkeit der Bebauung und Nutzung geklärt werden sollte, überhaupt Raum für die von der Beklagten beigefügten Nebenbestimmungen war. Denn Nebenbestimmungen, die eine bestimmte Beschaffenheit des Vorhabens bzw. einen bestimmten - maximalen - Nutzungsumfang im Einzelnen sicherstellen sollen, sind in einem solchen Fall dem Baugenehmigungsverfahren vorzubehalten (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 03.04.1987 - 4 C 41.84 -, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 117).
58 
Mit vergleichbaren - kumulativ auftretenden - Störungen ist demgegenüber bei einer rein privaten Nutzung des Sand-/Reitplatzes, wie sie in der Baubeschreibung aufgezeigt wird, nicht zu rechnen. Zwar mag es auch dann - je nach den Windverhältnissen - zu Belästigungen durch aufgewirbelten Staub kommen, die nach dem Vorbringen der Kläger besonders störend sein sollen, doch erscheinen diese bei einer extensiven privaten Nutzung, wie sie hier in Rede steht, noch zumutbar, zumal im Baugenehmigungsverfahren erforderlichenfalls noch Auflagen zur Verhinderung eines übermäßigen Staubeintrags erteilt werden können. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil hinsichtlich der der Baugenehmigung vom 13.10.2004 beigefügten Auflagen offenbar ein von der Beklagten zu verantwortendes Vollzugsdefizit zu bestehen scheint. Auch die von den Klägern angeführten, schon bisher bestehenden Einsichtsmöglichkeiten auf ihr Grundstück führten ersichtlich noch nicht auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. Schließlich kann in vorliegendem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Außenwohnbereiche der Kläger nicht zuletzt auch durch die auf ihren eigenen Grundstücken ausgeübten Nutzungen - Pferdehaltung, Betreiben eines Lagerplatzes für Holzabfälle auch mit entsprechendem Großgerät - vorbelastet sind. Dass diese im angrenzenden Außenbereich stattfinden, ändert nichts daran, dass die Schutzwürdigkeit ihrer Außenwohnbereiche auch dadurch gemindert erscheint.
59 
4. Dass das Bauvorhaben grundsätzlich gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften (etwa über die einzuhaltenden Abstandsflächentiefen) verstieße, die zumindest auch dem Schutze der Kläger zu dienen bestimmt wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
60 
Nach alledem war der Berufung teilweise stattzugeben, das angefochtene Urteil abzuändern und die baurechtliche Entscheidung der Beklagten vom 01.04.2009 hinsichtlich ihrer Ziff. 1, soweit mit ihr auch eine gewerbliche Nutzung des Sandplatzes für grundsätzlich zulässig erklärt wurde, ihrer allein auf eine gewerbliche Nutzung bezogenen Ziffer 3 (Stellplatzauflage) und der weiteren, die Nutzung des Platzes betreffenden „Auflagen“ aufzuheben. Diese konnten, da sie gleichermaßen für eine private wie gewerbliche Nutzung gelten sollten, auch nicht teilweise aufrecht erhalten bleiben, zumal sie nicht effektiv gewährleisteten, dass es bei der grundsätzlich zulässigen privaten Nutzung des Platzes zu keinen Unzuträglichkeiten kommt. Die erforderlichen Auflagen (präzisere Auflagen hinsichtlich des Abmistens und der Mistabfuhr, ggf. Vorkehrungen gegen einen übermäßigen Staubeintrag bei ungünstigen Windverhältnissen (vgl. § 22 Abs. 1 BImSchG), Begrenzung der täglichen maximalen Nutzungszeit (etwa auf zwei bis drei Stunden) sowie Einhaltung bestimmter Ruhezeiten (etwa vor 9.00 Uhr, zwischen 12.00 und 13.30 Uhr und nach 18.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen) wären im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren neu festzulegen, nachdem über diese - im Hinblick auf die eingereichte Bauvoranfrage und die lediglich ausgesprochene grundsätzliche Zulässigkeit - nicht schon im Bauvorbescheidsverfahren abschließend zu entscheiden war. Hierzu bestand umso weniger Veranlassung, als dem Bauvorbescheid zu keiner Zeit eine Gestattungswirkung zukam. Sollten die „Auflagen“ lediglich als „minus“ zu der aufgehobenen Nutzungsuntersagung gedacht gewesen sei, wäre hierüber ggf. noch in einer gesonderten Entscheidung nach § 65 LBO zu befinden.
61 
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs. 1 u. 3, 155 Abs. 1 Satz 1 Satz 1, 159, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
63 
Beschluss vom 17. April 2013
64 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 7.500,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs).
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
37 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Kläger gegen den ihre Anfechtungsklage abweisenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsbegründungsfrist gegenüber dem erkennenden Gerichtshof begründet (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO).
38 
Die Berufung ist auch teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage auch insoweit abgewiesen, als die baurechtliche Entscheidung der Beklagten vom 01.04.2009 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.03.2010 auch eine gewerbliche Nutzung des Sandplatzes für grundsätzlich zulässig erklärten (vgl. Ziffer 1 und 3); darüber hinaus waren die beigefügten, sich gleichermaßen auf eine private wie gewerbliche Nutzung beziehenden „Auflagen“ aufzuheben.
I.
39 
Die Anfechtungsklage ist statthaft (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO) und auch sonst zulässig. Die Kläger können insbesondere geltend machen, dass mit der baurechtlichen Entscheidung des Landratsamts Enzkreis vom 01.04.2009, mit der den Beigeladenen ein positiver Bauvorbescheid für einen Sand-/Reitplatz für Pferde erteilt worden war, gegen auch ihren Interessen zu dienen bestimmte Vorschriften des Bauplanungsrechts verstoßen wurde. Denn es erscheint zumindest möglich, dass das Bauvorhaben - insbesondere bei einer Nutzung des Platzes im Rahmen einer gewerblichen „Kinderbetreuung“ - ungeachtet der der Entscheidung beigefügten „Auflagen“ gegen das im Gebot des Einfügens in die nähere Umgebung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Entsprechenden Auswirkungen, wie sie typischerweise und auch im vorliegenden Fall mit einer solchen Nutzung verbunden sind, waren die Kläger aufgrund der auf dem Grundstück bereits stattfindenden Pferdehaltung bisher nicht ausgesetzt.
II.
40 
Die auf die Bauvoranfrage der Beigeladenen hin getroffene Entscheidung zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Anlegung und sinngemäß auch der Nutzung des „Sandplatzes“ (Ziff. 1) ist, soweit sie eine gewerbliche Nutzung einschließt, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit mit ihr lediglich eine private Nutzung für grundsätzlich zulässig erklärt wurde, verstößt die Entscheidung hingegen nicht gegen Vorschriften, die auch dem Schutze der Kläger zu dienen bestimmt sind.
41 
Maßgeblich für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist, da der Bauvorbescheid einen vorweggenommenen Teil der Baugenehmigung darstellt, wie bei deren Anfechtung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung des Bauvorbescheids (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.1978 - 4 C 96 u. 97.76 -, 406.11 § 34 BBauG Nr. 34, u. v. 14.01.1993 - 4 C 19.90 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155; Beschl. v. 23.04.1998 - 4 B 40.98 -, Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 87). Spätere Änderungen zu Lasten der Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu ihren Gunsten sind dagegen zu berücksichtigten.
42 
Bei der Beurteilung der angefochtenen, unter Ziffer 1 getroffenen Entscheidung kann dahinstehen, ob der zweifellos eine bauliche Anlage darstellende (umzäunte) Sandplatz verfahrensfrei errichtet werden konnte oder bereits seine Anlegung und nicht nur seine (private und/oder gewerbliche) Nutzung einer Baugenehmigung bedurfte. Entgegen der missverständlichen Formulierung in Ziffer 2 der Entscheidung („Nutzung bedarf der Baugenehmigung.“) ging die Beklagte in ihrer Begründung zu Recht von einer genehmigungspflichtigen Anlage aus. Diese kann nicht willkürlich in eine Einfriedigung im Innenbereich (vgl. Nr. 45 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO a.F.) und eine selbständige Aufschüttung bis 3 m Höhe (vgl. Nr. 67 des Anhangs) aufgespalten werden. Aufgrund ihres Durchmessers und ihres objektiven Nutzungszwecks kann auch nicht mehr von einer untergeordneten oder unbedeutenden baulichen Anlage i. S. der Nr. 72 des Anhangs gesprochen werden (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2008 - 6 K 778/08 -).
43 
Bauplanungsrechtlich ist die Zulässigkeit des Bauvorhabens - einer jedenfalls nicht mehr unter § 14 BauNVO unterfallenden Hauptnutzung - nach § 34 BauGB zu beurteilen. Denn der (mittlere) Teil des Baugrundstücks Flst. Nr. 1/2, auf dem das Bauvorhaben 2007 bereits verwirklicht wurde, liegt weder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 BauGB) noch im (angrenzenden) Außenbereich (§ 35 BauGB).
44 
1. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften kommt nicht schon unter dem Gesichtspunkt eines - von (unzumutbaren) Beeinträchtigungen unabhängigen - sog. Gebietsbewahrungsanspruchs in Betracht. Zwar wäre ein Sand-/Reitplatz für Pferde in der hier in Rede stehenden Größe, der auch nicht als Anlage für sportliche Zwecke i. S. des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO angesehen werden kann, aufgrund der mit einem solchen typischerweise verbundenen Störungen - Geruchsbelästigungen, Ansammlungen von Fliegen, Geräuschbelästigungen, Staubaufwirbelungen - mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht vereinbar (vgl. Senatsurt. v. 10.10.2003 - 5 S 1692/02 - m.w.N.; OVG Saarland, Beschl. v. 02.02.2009 - 2 B 439/08 -, BRS 74 Nr. 201). Zumindest bei einer gewerblichen Nutzung wäre er auch mit dem Gebietscharakter eines Mischgebiets unvereinbar, da er das Wohnen typischerweise wesentlich stören dürfte, (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.07.1988 - 1 A 46/87 -, BRS 48 Nr. 38). Aufgrund der nach der Baunutzungsverordnung gebotenen typisierenden Betrachtungsweise könnten daran auch die dem Bauvorbescheid beigefügten Auflagen nichts ändern; von einem atypischen Betrieb könnte jedenfalls nicht die Rede sein.
45 
Aufgrund des im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchgeführten Augenscheins hat der Senat indes nicht festzustellen vermocht, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO oder einem Mischgebiet i. S. des § 6 BauNVO34 Abs. 2 BauGB) entspräche, was indes hier Voraussetzung für einen Gebietsbewahrungsanspruch wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151; Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O.).
46 
a) Zunächst kann nicht von einem allgemeinen Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO ausgegangen werden; von einem reinen Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO könnte aufgrund der vorhandenen gewerblichen Nutzungen und der verschiedentlich als Hauptnutzung anzutreffenden Holzlagerplätze von vornherein nicht gesprochen werden.
47 
Ein allgemeines Wohngebiet kommt schon mit Rücksicht auf die auf dem Baugrundstück bereits stattfindende Pferdehaltung nicht in Betracht. Eine solche widerspricht grundsätzlich der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets (vgl. Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O., m.w.N.). Auch hier verhält es sich nicht anders. Zwar sind die von den Beigeladenen gehaltenen drei Islandpferde zumindest ganz überwiegend in dem 2004 genehmigten, im angrenzenden Außenbereich gelegenen Pferdeunterstand in der Nordwestecke des Baugrundstücks untergebracht und die Auslauffläche grundsätzlich auf die östlich davon angelegte, ebenfalls dem Außenbereich zuzuordnende Paddock-Fläche beschränkt (vgl. die Baubeschreibung v. 04.05.2004; zur Abgrenzung Innen-/Außenbereich VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.11.1993 - 5 S 1991/93 -; zur Teilnahme am Bebauungszusammenhang allerdings auch BVerwG, Beschl. v. 06.03.1992 - 4 B 35.92 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149). Insofern könnte die Pferdehaltung, die sich allerdings schon aus tatsächlichen Gründen nicht auf diesen Teil des Grundstücks begrenzen lässt (Führen bzw. Transport der Pferde über das Grundstück zur H... Straße; vgl. hierzu auch Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O., Rn. 39 a. E.), noch wohngebietsverträglich sein (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 15.10.2009 - 15 B 08.2380 -, BRS 74 Nr. 64). Dem stehen hier jedoch die eher engen räumlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück entgegen, die es ausschließen, die typischen mit der Pferdehaltung verbundenen Störungen auf ausreichend von den benachbarten Wohngrundstücken entfernte Grundstücksteile zu begrenzen. Dies gälte umso mehr, wenn - was hier letztlich dahinstehen kann - von den nach entsprechender Vorbereitung (Leerräumen, Einstreuen) (wieder) als Ponyunterstand nutzbaren Keller- bzw. Abstellräume im Wohngebäude der Beigeladenen noch zum 01.04.2009 eine entsprechende Prägung ausging; die Umnutzung dieser Räume war 2002 - ohne wesentliche Umbaumaßnahmen - genehmigt worden. Auf die weitere Wirksamkeit der Baugenehmigung käme es insoweit nicht an, vielmehr allein darauf, ob die einmal - wenn auch nur punktuell - aufgenommene Nutzung aufgrund der objektiven Beschaffenheit der Räume trotz der inzwischen ausgeübten anderweitigen Nutzungen noch prägende Wirkung entfaltete (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 C 6.01 -, Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 4). Die Pferdenutzung stellt entgegen der Auffassung der Kläger auch keinen bei der Beurteilung des Gebietscharakters nicht zu berücksichtigenden Fremdkörper dar (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 23.86 -, BVerwGE 84, 322; Urt. v. 07.12.2006 - 4 C 11.05 -, BVerwGE 127, 231). Dem stehen schon die in der nächsten Umgebung insbesondere im rückwärtigen Bereich noch anzutreffenden ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude (Scheunen, Schuppen) entgegen, die nach der Verkehrsauffassung noch für die (Wieder-)Aufnahme anderer (etwa landwirtschaftlicher oder gewerblicher) Nutzungen als dem Wohnen „anfällig“ sind (vgl. BayVGH, Urt. v. 19.09.2007 - 25 B 05.1076 -, BauR 2008, 1119). Denn für die Eigenart der näheren Umgebung sind nicht nur ausgeübte Nutzungen von Bedeutung, sondern auch all das, was sich, ohne Fremdkörper zu sein, in der vorhandenen Bebauung niederschlägt und so den bodenrechtlichen Charakter beeinflusst (vgl. BayVGH, Urt. v. 19.09.2007, a.a.O.).
48 
Darüber hinaus sprechen weitere Nutzungen in der näheren Umgebung gegen die Annahme eines allgemeinen Wohngebiets. Neben der Wohnnutzung, die weitgehend nicht planähnlich, sondern durch Aufgabe anderer, nämlich landwirtschaftlicher Nutzungen entstanden war, werden oder wurden zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung des Bauvorbescheids Nutzungen ausgeübt, die mit der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets nicht zu vereinbaren sind. So finden sich nördlich der H... Straße im Abschnitt zwischen den Gebäuden 12 (Ortseingang) und 36 in Höhe der S... Straße, die jedenfalls noch zur näheren Umgebung gehören, zunächst zahlreiche ehemalige landwirtschaftliche Gebäude (Scheunen, rückwärtig angebaute Schuppen), die nicht nur „anfällig“ für andere Nutzungen als dem Wohnen erscheinen (H... Straße ... und ...), sondern in denen teilweise auch derzeit nicht Wohnzwecken dienende Nutzungen ausgeübt werden. Dazu zählen das Unterstellen eines Traktors hinter dem Gebäude H... Straße ... und die Unterhaltung von Holzlagerplätzen, die schon aufgrund ihrer Größe keine zulässigen Nebenanlagen zur Wohnnutzung mehr darstellen (wie etwa auf dem Grundstück H... Straße ...), sondern als selbständige Hauptnutzungen anzusprechen sind und von denen bei zweckentsprechender Nutzung typischerweise Störungen ausgehen (Grundstücke H... Straße ..., ... und ...). Darüber hinaus finden sich in diesem Bereich eine ganze Reihe - wenn auch nicht störender - gewerblicher Nutzungen, welche in einem allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig wären (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). So wird auf dem klägerischen Grundstück ein Teehandel betrieben, auf dem Grundstück der Beigeladenen findet Film- und Videoproduktion statt und auf dem Grundstück H... Straße ... befindet sich ein „Garagenlädle“, in dem augenscheinlich „Filz/Stein/Schmuck“ vertrieben wird. Auf dem Grundstück H... Straße ... fand sich jedenfalls beim vom Verwaltungsgericht eingenommenen Augenschein auch noch ein Brennstoffhandel sowie auf dem Grundstück H...- Straße ... ein Vertrieb von Kosmetikartikeln (vgl. die hierüber gefertigte Niederschrift v. 24.03.2011, AS 105 der VG-Akten). Dafür, dass diese Nutzungen erst nach Erteilung des Bauvorbescheids aufgenommen worden wären, spricht nichts; auch die Kläger haben dies zu keiner Zeit behauptet.
49 
Das südlich der H... Straße und westlich der S... Straße gelegene Gasthaus/Pension/Café „...“ (H... Straße ...), das ca. 130 m vom Bauvorhaben entfernt ist, gehört dagegen bei einer natürlichen Betrachtungsweise - nicht zuletzt aufgrund der topografischen Verhältnisse (ansteigende S-Kurve) - nicht mehr zur näheren Umgebung, sodass dahinstehen kann, ob es lediglich der Gebietsversorgung i. S. des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO dient. Erst Recht rechnet das dazugehörende, zurückgesetzte Scheunen- bzw. Stallgebäude (H... Straße ...), in dem - äußerlich nicht ohne Weiteres erkennbar - Hobby-Großviehhaltung bzw. „Hobby-Landwirtschaft“ (zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch 12 Rinder und 2 Ziegen) betrieben wird, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mehr zur näheren Umgebung. Schon gar nicht gehört das auf dem Grundstück H... Straße ... in zweiter Reihe betriebene Baugeschäft, das ca. 180 m vom Bauvorhaben entfernte Transportunternehmen nebst Holzhandel auf dem Grundstück H... Straße ... sowie die auf dem Grundstück H... Straße ... betriebene Landwirtschaft (mit Pferdehaltung) noch zur näheren Umgebung (vgl. hierzu allerdings OVG Rh.-Pf. Urt. v. 30.04.2010 - 1 A 11294/09 -, Rn. 28). Gleiches gilt für die ca. 150 m gegenüber dem Baugrundstück entfernt stattfindende Hühnerhaltung weit jenseits der H...- Straße. Von den letzteren Nutzungen ausgehende Störwirkungen, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, ließen sich auf dem Baugrundstück nicht feststellen.
50 
Dass sich auf der gegenüberliegenden Seite der H... Straße im Abschnitt zwischen S... Straße und Ortseingang überwiegend Wohnnutzung findet, vermag vor diesem Hintergrund nicht dazu zu führen, dass das Baugebiet deswegen noch als allgemeines Wohngebiet anzusprechen wäre. Auch gehört diese Bebauung schon aufgrund ihrer abweichenden Nutzungsstruktur nicht mehr zur näheren Umgebung des Bauvorhabens. Zwar sind auch dort noch vereinzelt ehemalige Scheunengebäude festzustellen (H... Straße ... und ...), doch sind diese inzwischen ersichtlich der Wohnnutzung untergeordnet bzw. in diese integriert und insofern für andere Nutzungen nicht mehr „anfällig“. Auch gewerbliche Nutzungen finden sich in diesem Abschnitt nicht.
51 
b) Aber auch von einem Mischgebiet i. S. des § 6 BauNVO kann danach nicht die Rede sein, sodass ein Gebietsbewahrungsanspruch jedenfalls ausscheidet. Denn das Wohnen - nicht wesentlich - störende Gewerbebetriebe finden sich in der näheren Umgebung nicht. Hinzu kommt, dass die ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude eben auch noch für eine landwirtschaftliche Nutzung „anfällig“ sind.
52 
Steht - mangels in der näheren Umgebung noch vorhandener landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Betriebe - auch kein Dorfgebiet in Rede, ist von einer sog. Gemengelage auszugehen, bei der sich die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt.
53 
2. Im Hinblick auf den Ortsbauplan vom 30.03.1960, der einen auch im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlichen einfachen Bebauungsplan darstellen könnte, ließe sich jedenfalls noch kein Nachbarrechtsverstoß feststellen. Zwar bleibt das Bauvorhaben erheblich hinter der nach dem Ortsbauplan beizubehaltenden Baulinie zurück, doch ist eine solche „Zurückstellung“ nach der hier maßgeblichen Württembergischen Bauordnung - die Gemeinde der Beklagten gehörte seinerzeit noch zum Landkreis Calw und zu Württemberg-Baden - bis zu einer Tiefe von 50 m - gemessen ab der Linie - zulässig (vgl. Art. 34 Abs. 2 württ. BauO; hierzu Senatsurt. v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -; Urt. v. 10.05.1996 - 5 S 393/95 -), sodass es auf die Wirksamkeit und eine etwaige nachbarschützende Wirkung dieser Festsetzung (über die überbaubare Grundstücksfläche) nicht mehr ankommt.
54 
3. Als Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts kommt danach lediglich noch ein Verstoß gegen das im Gebot des Einfügens des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Rücksichtnahmegebot in Betracht; darauf, ob sich das Bauvorhaben in jeder Hinsicht i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt, insbesondere den aus der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen überschreitet oder doch im Verhältnis zu dieser bewältigungsbedürftige Spannungen begründet, kommt es dabei entgegen der Auffassung der Kläger nicht an.
55 
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzuwägen ist, was einerseits dem Rücksicht-nahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, Urt. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120). Dabei ist das Gebot der Rücksichtnahme nicht schon dann verletzt, wenn eine dem Nachbarn günstigere bauliche Lösung möglich ist. Andererseits setzt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auch nicht voraus, dass der Nachbar schwer und unerträglich betroffen ist (BVerwG, Beschl. v. 20.09.1984 - 4 B 181.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 62; Senatsurt. v. 20.05.2003 - 5 S 2750/01 -).
56 
Danach erweist sich das Bauvorhaben zwar insoweit gegenüber den Klägern als rücksichtslos, als eine gewerbliche Nutzung des Sand-/Reitplatzes in Rede steht. im Übrigen lässt sich jedoch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht feststellen.
57 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme folgt nicht schon daraus, dass die Haltung von Pferden und demzufolge auch die Nutzung des Sand-/Reitplatzes typischerweise zu nachteiligen Auswirkungen für die Umgebung durch Gerüche, Geräusche und Staub sowie durch Fliegen und Ungeziefer führt (vgl. Senatsurt. v. 10.10.2003, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. 04.02.2005 - 1 ME 291/04 -, RdL 2005, 121). Vielmehr sind im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot - anders als bei der oben aufgeworfenen Frage der Gebietsverträglichkeit - die konkreten Auswirkungen des gerade hier in Rede stehenden Vorhabens - privat wie gewerblich zu nutzender Sand-/Reitplatz in unmittelbarer Nähe der Außenwohnbereiche der Kläger - in den Blick zu nehmen. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen auf dem Baugrundstück bereits Islandpferde halten, was für die Umgebung schon bisher mit Störungen verbunden war. Diese erscheinen allerdings weniger störend, weil sie im Wesentlichen vom nordöstlichen, bereits zum Außenbereich gehörenden Teil des Baugrundstücks ausgehen, wo die Islandpferde der Beigeladenen untergebracht sind bzw. sich - nach der Baugenehmigung - im angrenzenden Auslauf (gummierte Auslauffläche, Sandauslauf) aufhalten. Auch kann im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der Kläger nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Bauvorhaben am Ortsrand und damit angrenzend an den ländlich - auch durch Pferdehaltung - geprägten Außenbereich ausgeführt wurde. Dies ändert gleichwohl nichts daran, dass die nähere Umgebung - ungeachtet ihrer Mitprägung durch nicht störende Gewerbebetriebe, Holzlagerplätze und ehemalige landwirtschaftliche, für andere Nutzungen „anfällige“ Gebäude - maßgeblich auch durch die in den Hauptgebäuden stattfindende Wohnnutzung bzw. Nutzungen geprägt wird, die auch in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig wären. Eine intensive Nutzung des Sand-/Reitplatzes, wie sie mit der gewerblichen „Kinderbetreuung“ schon im Hinblick auf die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht typischerweise und auch hier verbunden wäre (vgl. auch den von den Beigeladenen im Schreiben vom 04.06.2009 beanspruchten „gewissen Raum“), führte aufgrund der insgesamt zu erwartenden Störungen zu nachteiligen Auswirkungen für die Umgebung, die jedenfalls in unmittelbarer Nähe störungsempfindlicher Außenwohnbereiche nicht mehr zumutbar sind. Hierbei sind nicht nur Störungen zu berücksichtigen, die typischerweise mit einer Pferdehaltung verbunden sind, sondern auch solche, die gerade mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Sand-/Reitplatzes verbunden sind, nämlich nicht ganz zu vermeidende Staubaufwirbelungen, die von den zu betreuenden Kindern, etwaigen Zuschauern sowie den Betreuern ausgehenden Geräusche sowie mit dem An- und Abfahrtsverkehr verbundene Verkehrsemissionen. Daran ändert auch nichts, dass die Nutzung nach der Baubeschreibung in der Bauvoranfrage auf drei Stunden an den Werktagen beschränkt sein soll. Denn auch dies führte dazu, dass die rückwärtigen Außenwohnbereiche in einem gerade für die Erholung wesentlichen Zeitraum nicht mehr zweckentsprechend genutzt werden könnten. Auch die dem Bauvorbescheid beigefügten, zur effektiven Verhinderung von Störungen kaum geeigneten, weil wenig präzise und weitgehend vom „Wohlverhalten“ der Beigeladenen bzw. Dritter abhängigen Auflagen (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 04.12.2008 - 2 A 228/08 -) änderten daran nichts. Insofern kann dahinstehen, ob aufgrund der konkreten Bauvoranfrage, mit der erst die grundsätzliche Zulässigkeit der Bebauung und Nutzung geklärt werden sollte, überhaupt Raum für die von der Beklagten beigefügten Nebenbestimmungen war. Denn Nebenbestimmungen, die eine bestimmte Beschaffenheit des Vorhabens bzw. einen bestimmten - maximalen - Nutzungsumfang im Einzelnen sicherstellen sollen, sind in einem solchen Fall dem Baugenehmigungsverfahren vorzubehalten (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 03.04.1987 - 4 C 41.84 -, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 117).
58 
Mit vergleichbaren - kumulativ auftretenden - Störungen ist demgegenüber bei einer rein privaten Nutzung des Sand-/Reitplatzes, wie sie in der Baubeschreibung aufgezeigt wird, nicht zu rechnen. Zwar mag es auch dann - je nach den Windverhältnissen - zu Belästigungen durch aufgewirbelten Staub kommen, die nach dem Vorbringen der Kläger besonders störend sein sollen, doch erscheinen diese bei einer extensiven privaten Nutzung, wie sie hier in Rede steht, noch zumutbar, zumal im Baugenehmigungsverfahren erforderlichenfalls noch Auflagen zur Verhinderung eines übermäßigen Staubeintrags erteilt werden können. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil hinsichtlich der der Baugenehmigung vom 13.10.2004 beigefügten Auflagen offenbar ein von der Beklagten zu verantwortendes Vollzugsdefizit zu bestehen scheint. Auch die von den Klägern angeführten, schon bisher bestehenden Einsichtsmöglichkeiten auf ihr Grundstück führten ersichtlich noch nicht auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. Schließlich kann in vorliegendem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Außenwohnbereiche der Kläger nicht zuletzt auch durch die auf ihren eigenen Grundstücken ausgeübten Nutzungen - Pferdehaltung, Betreiben eines Lagerplatzes für Holzabfälle auch mit entsprechendem Großgerät - vorbelastet sind. Dass diese im angrenzenden Außenbereich stattfinden, ändert nichts daran, dass die Schutzwürdigkeit ihrer Außenwohnbereiche auch dadurch gemindert erscheint.
59 
4. Dass das Bauvorhaben grundsätzlich gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften (etwa über die einzuhaltenden Abstandsflächentiefen) verstieße, die zumindest auch dem Schutze der Kläger zu dienen bestimmt wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
60 
Nach alledem war der Berufung teilweise stattzugeben, das angefochtene Urteil abzuändern und die baurechtliche Entscheidung der Beklagten vom 01.04.2009 hinsichtlich ihrer Ziff. 1, soweit mit ihr auch eine gewerbliche Nutzung des Sandplatzes für grundsätzlich zulässig erklärt wurde, ihrer allein auf eine gewerbliche Nutzung bezogenen Ziffer 3 (Stellplatzauflage) und der weiteren, die Nutzung des Platzes betreffenden „Auflagen“ aufzuheben. Diese konnten, da sie gleichermaßen für eine private wie gewerbliche Nutzung gelten sollten, auch nicht teilweise aufrecht erhalten bleiben, zumal sie nicht effektiv gewährleisteten, dass es bei der grundsätzlich zulässigen privaten Nutzung des Platzes zu keinen Unzuträglichkeiten kommt. Die erforderlichen Auflagen (präzisere Auflagen hinsichtlich des Abmistens und der Mistabfuhr, ggf. Vorkehrungen gegen einen übermäßigen Staubeintrag bei ungünstigen Windverhältnissen (vgl. § 22 Abs. 1 BImSchG), Begrenzung der täglichen maximalen Nutzungszeit (etwa auf zwei bis drei Stunden) sowie Einhaltung bestimmter Ruhezeiten (etwa vor 9.00 Uhr, zwischen 12.00 und 13.30 Uhr und nach 18.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen) wären im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren neu festzulegen, nachdem über diese - im Hinblick auf die eingereichte Bauvoranfrage und die lediglich ausgesprochene grundsätzliche Zulässigkeit - nicht schon im Bauvorbescheidsverfahren abschließend zu entscheiden war. Hierzu bestand umso weniger Veranlassung, als dem Bauvorbescheid zu keiner Zeit eine Gestattungswirkung zukam. Sollten die „Auflagen“ lediglich als „minus“ zu der aufgehobenen Nutzungsuntersagung gedacht gewesen sei, wäre hierüber ggf. noch in einer gesonderten Entscheidung nach § 65 LBO zu befinden.
61 
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs. 1 u. 3, 155 Abs. 1 Satz 1 Satz 1, 159, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
63 
Beschluss vom 17. April 2013
64 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 7.500,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs).
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16.01.2007 geändert:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Pferdestalls auf dem Grundstück T. Straße 4 in M. vom 30.11.2006 wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt 1/4, die Antragsgegnerin 3/4 der Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren trägt dieser selbst; im Beschwerdeverfahren trägt er sie zu 3/4 selbst, zu 1/4 die Antragstellerin.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegenüber der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Errichtung eines Pferdestalls mit einer Grundfläche von 9,5 x 6,34 m und eines angrenzenden Geräteschuppens nebst Heulager mit einer Grundfläche von 8,28 x 8,92 m. Die Grundstücke sowohl der Antragstellerin wie des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich der "Klarstellungssatzung mit Abrundungen und Erweiterungen für den im Zusammenhang bebauten Ortseil des Dorfes M.", die für einbezogene Außenbereichsflächen die textliche Festsetzung trifft, dass gemäß § 4 Abs. 2 Ziffer 1 BauNVO i.V.m. § 20 Abs. 1 BauNVO nur Wohngebäude mit einem Vollgeschoss zulässig sind.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Es hat ausgeführt: Es sei von einer Innenbereichslage nach § 34 Abs. 1 BauGB auszugehen. Die nähere Umgebung sei keinem der Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Es handele sich um eine Gemengelage. Der nachbarliche Abwehranspruch richte sich daher nach § 34 Abs. 1 BauGB i.V.m. dem darin enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme. Etwaige Geruchsbelästigungen hätte die Antragstellerin hinzunehmen. Sie habe nichts dafür vorgetragen, dass die Geruchsimmissionen nach Maßgabe der technischen Anleitung zur Reinhaltung Luft (TA Luft), der VDI Richtlinie 3471, des Entwurfs der VDI Richtlinie 3474 oder der Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (GIRL M-V vom 07.05.1998 bzw. nunmehr vom 10.11.2006) unzumutbar seien. Die Antragstellerin habe zudem an der gemeinsamen Grundstücksgrenze unter anderem ein Gehege für Tauben, Enten und Hühner, einen Tauben- und Hühnerstall sowie eine Futterkammer, einen eingezäunten Auslauf für Hühner und einen Geräteschuppen errichtet. Auf ihre Absicht, im rückwärtigen Bereich ein Ferienhaus zu errichten, komme es nicht an, da noch nicht einmal eine entsprechende Baugenehmigung vorgelegt worden sei.

3

Gegen diesen der Antragstellerin am 22.01.2007 zugestellten Beschluss hat sie am 02.02.2007 Beschwerde erhoben. Die Antragstellerin begründet sie mit am 07.02.2007 eingegangenem Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt: Der Schriftsatz vom 09.01.2007 sei außer Betracht geblieben, da der Beschluss schon zuvor gefasst worden sei. Der Beigeladene wolle eine gewerbsmäßige Pferdehaltung betreiben. Hiervon gingen unzumutbare Lärmbelästigungen aus, zumal das Schlafzimmer in Richtung zum Grundstück des Beigeladenen ausgerichtet sei. Es sei außerdem von Belästigungen durch Fliegen und Ratten auszugehen. Eine Vorbelastung durch ihre Kleintierhaltung könne ihr nicht entgegengehalten werden, da sie diese ankündigungsgemäß bereits völlig aufgegeben habe. Es sei überzogen, eine konkrete Baugenehmigung für den geplanten Bau eines Ferienbungalows zu verlangen.

4

Antragsgegnerin wie Beigeladener treten dem Antrag entgegen, letzterer, ohne ausdrücklich einen Antrag zu stellen.

II.

5

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

6

Maßgebend ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO das Vorbringen der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift. Weiteres, nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangenes Vorbringen kann nicht berücksichtigt werden. Hiervon ist allerdings eine Ausnahme zu machen, wenn eine im Ansatz im Verfahren eingeführter tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt vorliegt, der von ins Auge springender Bedeutung für einen potenziellen Mangel des strittigen Verwaltungsakts ist und allenfalls noch der klarstellenden Darlegung durch einen der anderen Beteiligten als dem Beschwerdeführer bedarf (vgl. Senatsbeschluss vom 19.10.2006 - 3 M 63/06 - NordÖR 2007, S. 80).

7

Ausgangspunkt der Entscheidung auch für das Oberverwaltungsgericht ist eine Interessenabwägung im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO. Dabei kommt den voraussichtlichen Aussichten des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die angefochtene Baugenehmigung wesentliche Bedeutung zu. Sie sind hier nach dem Ergebnis der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu bejahen.

8

Ausgangspunkt ist - entgegen dem angefochtenen Beschluss - die Festsetzung als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO, die die textlichen Festsetzungen der Satzung der Gemeinde nach § 34 Abs. 4 BauGB enthalten. Diese Tatsache hat die Antragstellerin zwar nicht ausdrücklich in ihrer Beschwerdeschrift gegen den angefochtenen Beschluss angesprochen. Dass die betroffenen Grundstücke im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB mit der genannten Festsetzung liegen, hat die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 12.12.2006 in das Verfahren eingeführt. Diese Rechtslage ist für die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgetragene Frage, inwieweit sie durch die genehmigte Nutzung in ihren Rechten verletzt wird, von Bedeutung. Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob überhaupt ein Gebiet nach § 34 Abs. 1 BauGB vorliegt und die vorhandene Bebauung einem der Gebietstypen der Baunutzungsverordnung im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB zuzuweisen ist, stellt sich somit nicht. Der von der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gestellte Gesichtspunkt, ob das Verwaltungsgericht den Grundsatz der Rücksichtnahme im konkreten Fall zutreffend angewandt hat, ist - wie nachfolgend darzulegen sein wird - in Anbetracht der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiet in Hinblick auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch zu modifizieren.

9

Das Plangebiet, zu dem das zu bebauende Grundstück gehört, ist als allgemeines Wohngebiet i.S. von § 4 BauNVO ausgewiesen. Bei summarischer Würdigung der Sach- und Rechtslage ist mit der Antragsgegnerin davon auszugehen, dass dieses Gebiet zu den einbezogenen Außenbereichsflächen gehört. Gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO dienen allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen. Die Hobbytierhaltung von 2 Reitpferden gehört nicht zu den zulässigen Vorhaben nach § 4 Abs. 2 BauNVO und nicht zu den ausnahmsweise nach § 4 Abs. 3 BauNVO zuzulassenden Vorhaben. Es wird, soweit ersichtlich, einhellig angenommen, dass die Haltung von Pferden nicht der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets entspricht, weil sie unter bestimmten Umständen zumindest zeitweise - vorwiegend - mit Geruchsbelästigungen und Ansammlungen von Fliegen sowie - weniger, aber auch - mit Geräuschbelästigungen verbunden ist (vgl. VGH Mannheim, U. v. 16.05.1990 - 3 S 218/90 -; OVG Saarlouis, B. v. 29.01.1988 - 2 R 363/86 - BRS 48 Nr. 52; OVG Lüneburg, U. v. 19.10.1982 - 1 A 46/78 - BRS 39 Nr. 62; OVG Münster, U. v. 06.11.1970 - X A 794/69 - BRS 23 Nr. 39). Selbst wenn die Wohnnutzung im vorliegenden Fall durch Nutzungen auf dem Grundstück der Antragsteller nicht erheblich beeinträchtigt wird, ändert es an dieser Beurteilung nichts (vgl. VGH Mannheim. B. v. 13.101.2003 - 5 S 1692/02). In einem durch Wohnbebauung geprägten Innenbereichsteil ist ein Pferdestall auch dann nach § 34 BauGB unzulässig, wenn er am Rand des Wohngebiets steht und im Zeitpunkt seiner Errichtung dort nur wenige Wohnhäuser vorhanden waren (OVG Saarlouis, B. 29.01.88 - 2 R 363/86 - BRS 48 Nr. 52 = BauR 89, 61).

10

Die Zulässigkeit des Vorhabens kann sich daher allenfalls aus § 14 Abs. 1 BauNVO ergeben. Dessen Voraussetzung lagen und liegen jedoch nicht vor. Der Stall ist keine untergeordnete Nebenanlage i.S. von § 14 Abs. 1 S. 2 BauNVO, da er nicht der Kleintierhaltung dient. Pferde gehören nicht zu den Kleintieren (OVG Lüneburg, U. v. 25.07.1988 - 1 A 46/87 -, BRS 48, Nr. 38; U. v. 23.11.1979 - I A 183/87 -, BRS 29, Nr. 163; VGH Mannheim, U. v. 16.05.1990 -3 S 218/90 -, zitiert nach Juris).

11

Allerdings führt dies nicht dazu, dass die Unterbringung von Reitpferden oder Ställe für andere "Großtiere" als Nebenanlagen ausgeschlossen sind. Ihre Zulässigkeit richtet sich vielmehr nach § 14 Abs. 1 S. 1 BauNVO (Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 10. Auflage, § 14 Rn 7; OVG Lüneburg, U. v. 25.07.1988, a.a.O.). Danach sind außer den in § 2 bis 13 BauNVO genannten Anlagen auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Diese Voraussetzungen sind nicht sämtlich gegeben. Zwar mag es sich in Anbetracht der geringen Größe des fraglichen Stalles bei diesem noch um eine untergeordnete Nebenanlage handeln. In den Blick zu nehmen ist jedoch das gesamte Vorhaben. Hierzu gehört zunächst der Geräteschuppen mit Heulager, der sogar noch größere Ausmaße hat, als der vorgesehene Pferdestall. Hinzu kommt, dass ein Pferdestall nicht dem Nutzungszweck des Grundstücks, nämlich dem Wohnen dient. Die Hobbytierhaltung von zwei Reitpferden gehört nach der Verkehrsanschauung nicht mehr zu einer zeitgemäßen, den berechtigten Wohnerwartungen und Wohngewohnheiten entsprechenden Wohnnutzung (so auch VGH Mannheim, U. v. 28.09.1988 - 3 F 735/88 -, zitiert nach Juris; offen gelassen in OVG Lüneburg, U. v. 23.11.1979 und vom 25.07.1988, a.a.O.).

12

Durch die Zulassung des nach der Art der Nutzung unzulässigen Vorhabens wird die Antragstellerin auch in ihren Rechten verletzt. Es greift der so genannte Gebietserhaltungsanspruch ein. Er beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Festsetzung eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass das Baugrundstück und das Grundstück desjenigen, der den Abwehranspruch geltend macht, im selben Plangebiet liegen (vgl. BVerwG, U. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 m.w.N.). Derselbe Nachbarschutz wie im überplanten Gebiet besteht im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht (BVerwG, U. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 - a.a.O.); dabei wird der die Erhaltung der Gebietsart betreffenden Nachbarschutz durch die wechselseitige Prägung der benachbarten Grundstücke begrenzt und muss keineswegs alle Grundstücke in der Umgebung umfassen, die zu derselben Baugebietskategorie gehören; die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innen- und Außenbereichs kann insoweit auf die Abgrenzung der näheren Umgebung i.S. von § 34 BauGB sinngemäß übertragen werden (BVerwG, B. v. 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105). Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Art der baulichen Nutzung in einer Satzung nach § 34 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 BauGB festgesetzt worden ist. Denn auch durch eine solche Festsetzung sind sämtliche Grundstücke gehindert, eine Art der baulichen Nutzung zu realisieren, die nicht mit der Vorgabe vereinbar ist.

13

Da die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung auch dann abgewehrt werden kann, wenn der Nachbar durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 02.02.2000 - 4 B 780/99 - NVwZ 2000, S. 679), kommt es im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, welche Immissionen im einzelnen von der beabsichtigten Nutzung der genehmigten Gebäude ausgehen werden.

14

Nach alledem musste die Beschwerde Erfolg haben.

15

Demgegenüber bleibt der Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bauarbeiten zur Errichtung der genehmigten Gebäude stillzulegen, ohne Erfolg. Ein solcher Ausspruch kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann in Betracht, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde nicht die notwendigen Schritte einleitet, um die Errichtung und Nutzung des Gebäudes zu unterbinden.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

17

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen; davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen der Beigeladenen genehmigten Pferdeunterstand.

2

Dieser befindet sich auf dem Grundstück 102/2, Flur … in R. Das Grundstück hat die Form eines Viertelkreises mit angesetztem Viereck. Der nach Norden weisende Bogen des Viertelkreises wird von der H.-Straße gebildet; das angrenzende Viereck stößt südwestlich an die Straße „Zum N.“, die von der H.-Straße nach Südosten führt. Parallel zur Südwestgrenze der Parzelle verläuft im Abstand von ca. 25 m die Straße „Zum L.“.

3

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks 101/6 in derselben Flur, das mit Südwest- und Nordwestseite an die Parzelle 102/2 grenzt.

4

Die Parzelle 102/2 ist mit einem Wohnhaus und landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut, die von der Beigeladenen unter anderem zur Lagerung von Heu genutzt werden. An diese Gebäude schließt sich nach Südwesten ein Mistplatz (36,48 m²) mit Jauchegrube (30.000 l) und nach Südosten ein Pferdeunterstand (23,50 m²) an. Daneben befindet sich ein mobiler Pferdeunterstand. Die Unterstände haben zusammen an der Grenze zum Grundstück der Kläger eine Länge von 9,75 m. Auf der Parzelle 102/2 stehen etwa 850 m² Fläche als Pferdekoppel zur Verfügung. Davon sind 8 m x 20 m mit Sand und Schotter befestigt. Es sollten ein Pony, zwei Kleinpferde und ein Großpferd gehalten werden.

5

Sämtliche Grundstücke liegen innerhalb des Ortslage von R. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Die Bebauung von R. gliedert sich grob in den Ortskern, der ringförmig um den sogenannten H. liegt, und zwei Ortsteile. Das fragliche Grundstück liegt am westlichen Rand des Ortskerns. Im Ortskern befinden sich laut Angaben des Beklagten 5 Gebäude, die als Scheune/Stall/Tierunterstand eingestuft sind, sowie 4 ehemalige Scheunen bzw. Ställe. Sie werden teils von einem Erwerbslandwirt, teils von Hobbylandwirten genutzt. Im Ortskern befinden sich weiter unter anderem ein Kfz-Teilehandel, ein Getränkehandel und eine Berufliche Schule. In der östlichen Verlängerung der H.-Straße („Am K.“) ist eine Bau- und Möbelschreinerei angesiedelt.

6

Nach einer wegen Beschwerden der Kläger durchgeführten Ortsbesichtigung forderte der Beklagte die Beigeladene zur Vorlage von Bauantragsunterlagen auf.

7

Am 9. Februar 2009 beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren für den feststehenden Pferdeunterstand.

8

Mit Bescheid vom 7. April 2010 wurde die beantragte Baugenehmigung erteilt. Der Beklagte machte Stellungnahmen seines Veterinärdienstes und der Unteren Wasserbehörde zum Bestandteil der Genehmigung:

9

Die Untere Wasserbehörde hatte gefordert, dass die anfallenden tierischen Ausscheidungen auf einer ausreichend bemessenen Dungstätte abzulagern seien. Flüssige Bestandteile seien in eine wasserdichte und ausreichend bemessene Jauchegrube einzuleiten und später zu verwerten. Niederschlagswasser vom Dach des Unterstands solle auf einer abgezäunten Fläche versickert werden.

10

Der Veterinärdienst hatte festgestellt, dass Tierschutzbelange dem Vorhaben nicht entgegenstünden. Die Deckenhöhe sei für Großpferde unzureichend. Die Mindestauslauffläche werde überschritten. Mutterboden sei für eine Ganzjahreshaltung ungeeignet.

11

Der Baugenehmigung widersprachen die Kläger am 7. Mai 2010. Sie trugen – teils wie bereits im Genehmigungsverfahren – vor, dass ein Pferdestall in einem reinen Wohngebiet nicht errichtet werden dürfe. Die Umgebung sei kein faktisches Dorfgebiet mehr, sondern habe sich in eine Wohnlage umgewandelt. Dort sei Großtierhaltung unzulässig. Wegen der Zahl der Tiere handele es sich nicht mehr nur um eine Hobbytierhaltung. Als Nachbarn dürften sie sich gegen Betriebe mit erheblicher Geruchs- und Ungezieferbelästigung wehren. Mistablage und Jauchegrube seien nicht dicht. Die Pferde würden nicht artgerecht gehalten, ihre Ausscheidungen nicht fachgerecht entsorgt. Mit steigenden Temperaturen nehme die Belästigung zu. Es stinke und die Mücken seien eine Plage. Das Oberflächenwasser werde auf das Nachbargrundstück abgeleitet.

12

Die Untere Wasserbehörde befand bei einer Ortsbesichtigung am 28. Juni 2010 Dungablage, Jauchegrube und Entleerungsturnus als ausreichend. Die Koppel sei frei von Pferdemist. Bemängelt wurde die Ableitung des Niederschlagswassers. Die Beigeladene wurde zur Behebung des Mangels aufgefordert.

13

Der Widerspruch der Kläger wurde mit Bescheid vom 22. Juli 2010 zurückgewiesen. Die Umgebung sei als Dorfgebiet zu klassifizieren; allenfalls sei von einer Gemengelage aus Wohnnutzung sowie landwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung auszugehen. Keinesfalls handele es sich um ein Wohngebiet. Denn bereits das an den Unterstand grenzende landwirtschaftliche Gehöft präge die Umgebung. Weitere landwirtschaftliche Betriebe fänden sich im Umkreis. In dörflich geprägten Gebieten sei eine gewisse Geruchs- und Lärmbelästigung durch Nutztiere hinzunehmen. Die Missstände an der Dungstätte und bei der Ableitung von Niederschlagswasser seien aufgegriffen worden.

14

Mit ihrer binnen eines Monats erhobenen Klage wenden sich die Kläger weiterhin gegen die benachbarte Pferdehaltung. Die Beigeladene halte die Pferde nicht artgerecht. Die Auflagen in der Baugenehmigung würden nicht eingehalten. Es dürfe nicht zwischen der Baugenehmigung und der Durchsetzung der Auflagen unterschieden werden. Aus der unzureichenden Dungstätte erwüchsen nicht hinnehmbare Immissionen. Der Mist bleibe das ganze Jahr liegen. Es handele sich bei der Umgebung um ein reines Wohngebiet. In der Umgebung gebe es keine landwirtschaftliche Nutzung mehr. Im einem allgemeinen Wohngebiet sei die Ansammlung von mehr als zwei Großvieheinheiten unzulässig.

15

Die Kläger beantragen,

16

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 7. April 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2010 aufzuheben.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er hält den Klägern entgegen, dass Fragen der artgerechten Haltung keinen Drittschutz begründeten. Bei einer erneuten Ortsbesichtigung sei festgestellt worden, dass die früher festgestellten Mängel beseitigt seien. Es seien keine tierschutzwidrigen Tatbestände festgestellt worden. Die Kotmengen seien üblich und deuteten auf eine fachgerechte Entmistung hin. Der Kreisveterinär habe am 10. September 2010 folgende Feststellungen getroffen:

20

Die Auslauffläche überschreite das Mindestmaß. Naturböden seien in strapazierten Bereichen nicht ausreichend; die Beigeladene habe diese mit einer Sandschicht versehen. Die Haltungshygiene sei nicht zu bemängeln.

21

Der Beigeladene ist der Klage entgegengetreten, hat aber keinen Antrag gestellt.

22

Die Kammer hat vom Beklagten zwei Auflistungen zur landwirtschaftlichen und gewerblichen Nutzung in der Umgebung des Pferdeunterstandes angefordert und erhalten. Bei der mündlichen Verhandlung vor Ort hat sich die Nutzung der dortigen Bebauung so dargestellt wie in diesen Auflistungen angegeben. Vor Ort ist weiter festgestellt worden, dass das fragliche Gelände nach Süden abfällt.

23

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage ist unbegründet.

25

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 7. April 2011 – samt Widerspruchsbescheid – nach § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese verletzt keine Vorschriften, die zumindest auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind. Insbesondere verstößt der genehmigte Pferdeunterstand nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Weder können sich die Kläger gegenüber dem im Innenbereich liegenden (1.) Unterstand auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen (2.), noch erweist sich der Unterstand samt seiner Nutzung ihnen gegenüber als rücksichtslos (3.).

26

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Pferdeunterstands bemisst sich nach § 34 des Baugesetzbuches (BauGB), da er noch innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortskerns von R. liegt.

27

Wo ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil endet und wo somit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft, ist anhand der örtlichen Verhältnisse zu bewerten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09 –, nach juris). Abzustellen ist darauf, wie weit die Bebauung trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper, allerdings können örtliche Besonderheiten die Annahme rechtfertigen, der bauliche Zusammenhang erstrecke sich noch bis zu einer markanten topografischen Linie (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 2010 – 4 C 7.10 –, nach juris).

28

Auf Grund der zur Verfügung gestellten Lichtbilder und Pläne sowie unter dem vor Ort gewonnenen Eindruck rechnet die Kammer das Grundstück 102/2 noch dem Bebauungszusammenhang von R. zu. Die dort stehenden Gebäude einschließlich des Pferdeunterstands gehören zur Bebauung an der H.-Straße. Südlich der H.-Straße sind die Grundstücke ab der Kirche bis zur Einmündung der Straße „Zum K.“, also etwa 200 m westlich und 100 m östlich des Grundstücks 102/2, mit Ausnahme eines Kleingrundstücks durchgehend bebaut. Zwar liegt der fragliche Pferdeunterstand hinter der Hauptbebauung auf der Parzelle 102/2, nämlich südöstlich der dortigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Mit diesen Gebäuden endet jedoch nicht der Zusammenhang der Bebauung von R. nach Südosten. Mit in die Betrachtung einzubeziehen sind die Gebäude entlang der Straße „Zum N.“, die Bebauung endet folglich nach Süden hin mit dem dortigen Anwesen Nummer 3. Die Einbeziehung dieser Gebäude ist gerechtfertigt, da sie trotz der Baulücke zwischen den beiden östlich der Straße gelegenen Häuser den Eindruck der Geschlossenheit vermitteln. Die Baulücke wird durch das ihr gegenüberliegende Gebäude auf der westlichen Straßenseite kompensiert. Zudem entfaltet die Straße auf Grund ihres Gefälles und der Vegetation verbindenden Charakter. Hinzu kommt, dass die Straße „Zum L.“ für die gesamte Bebauung nach Südwesten hin eine deutlich wahrnehmbare Zäsur darstellt. Das Gelände fällt nach Süden hin ab. Der Abhang wird aber durch die Straße „Zum L.“ unterbrochen, dessen Fundament von Süden angeschüttet wurde und gleichsam als Berme erscheint. Schließlich greift das südlichste Gebäude an der Straße „Zum N.“ die sich östlich anschließende Bebauung an der Straße „Am K.“ auf.

29

2. Gegen den folglich im baurechtlichen Innenbereich gelegenen Pferdeunterstand der Beigeladenen können sich die Kläger nicht auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen.

30

Dieser Anspruch beruht auf § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben seiner Art nach in die nähere Umgebung einfügen muss. Er gibt Nachbarn das Recht, sich gegen ein seiner Nutzung nach andersartiges Vorhaben zur Wehr zu setzen. Sie können somit unabhängig von ihrer eigenen Beeinträchtigung eine schleichende Umwandlung der Nutzungsart des fraglichen Gebiets verhindern (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 2. Januar 2008 – 1 BV 04.2737 –, nach juris). Der Abwehranspruch setzt allerdings nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass sich die in der näheren Umgebung bestehende Nutzungsart eindeutig ermitteln und einem der in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) definierten Baugebietstypen zuordnen lässt (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O.). Eine solche Zuordnung ist hier nicht möglich. Die in den Blick zu nehmende Umgebungsbebauung (a)) stellt sich insbesondere weder als Wohn- noch als Dorfgebiet dar (b)); sie ist vielmehr als eine typisch ländliche Gemengelage aus Wohnnutzung sowie ehemaliger und in geringem Umfang verbliebener landwirtschaftlicher Nutzung zu klassifizieren, die man als „Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter“ bezeichnen kann (c)).

31

a) Als hier maßgebliche Umgebung sieht die Kammer zunächst das Areal an, das von den Straßen „Zum L.“, „Zum N.“ und der H.-Straße eingefasst wird. Einzubeziehen ist weiter die Bebauung unmittelbar jenseits dieser Straßen.

32

Als nähere Umgebung im Sinne von § 34 BauGB ist der Bereich anzusehen, auf den sich das jeweilige Vorhaben auswirken kann und der seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks beeinflussen kann (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 –, nach juris). Solche bauplanungsrechtlich relevante Wechselwirkungen bestehen zwischen Pferdeunterstand und übriger Bebauung nur im vorgenannten Areal. Dies gilt auch in Anbetracht des Umstandes, dass in einem dörflich-ländlichen Umfeld die wechselseitige Prägung regelmäßig nicht auf die unmittelbare Umgebung des Vorhabengrundstücks zu beschränken ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O.). Im vorliegend zu untersuchenden Bereich von R. südöstlich des sogenannten H. hat die Kammer die baulichen und topografischen Verhältnisse jedoch so vorgefunden, dass nur das beschriebene Areal als nähere Umgebung des Pferdeunterstands in Betracht kommt. Entscheidend dafür sind zwei Punkte: Das massive, blockartige und mehrgeschossige Gebäude der Berufsschule und die starke Neigung des Geländes von der H.-Straße nach Süden. Der Schulkomplex macht es unmöglich, die Bebauung nordwestlich der H.-Straße noch als bauplanungsrechtliche Umgebung der Parzelle 102/2 anzusehen. Von diesem Grundstück aus gesehen erscheint das Schulgebäude als optischer und baulicher Riegel nach Nordwesten hin. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass das Gelände zur H.-Straße hin ansteigt. Diese abriegelnde Wirkung kommt der Bebauung entlang der H.-Straße von der Schule nach Osten hin ebenfalls zu. Von der deutlich tiefer liegenden Parzelle 102/2 aus betrachtet, erscheinen die dortigen Gebäude nördlich der H.-Straße als optischer Zaun, der jegliche Wechselwirkung mit den Gebäuden dahinter verhindert. Nach Südwesten hin fehlt es vom Grundstück 102/2 aus gesehen an einer Bebauung, zu der gegenseitige Beziehungen bestehen könnten. Solche bestehen nach Südosten nur zu den Gebäuden entlang der Straße „Zum N.“. Die weiter östlich liegenden Gebäude im Bereich der Straße „Am K.“ stellen einen in sich geschlossenen Komplex dar, der schon auf Grund der Entfernung (ca. 200 m) in keinen Wechselbeziehungen zum Grundstück 102/2 stehen kann.

33

b) Das Areal H.-Straße-Zum N.-Am L. kann nicht als einer der in § 1 Abs. 2 BauNVO genannten Baugebietstypen eingestuft werden. Denn die tatsächlich vorgefundene Bebauung weicht in wesentlichen Punkten von der in diesen Gebieten zulässigen Bebauung ab.

34

So verbietet die Existenz der Berufsschule zunächst die Annahme eines (reinen) Dorfgebiets im Sinne von § 5 BauNVO. Dorfgebiete dienen der Unterbringung von landwirtschaftlichen Hofstellen und dem Wohnen. Im fraglichen Areal findet sich zwar beides: Wohnhäuser etwa entlang der Straße „Zum N.“ und Hofstellen etwa auf den Grundstücken 102/2 und 103. Zusätzlich sind dort nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO Anlagen für kulturelle Zwecke zulässig, zu denen auch Bildungseinrichtungen zählen. Die vorgefundene Berufsschule widerspricht jedoch der Eigenart eines Dorfgebiets und wäre deshalb dort nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht zulässig. Denn Größe und Umfang der Schulgebäude sowie die Beschreibungen der Beteiligten belegen, dass nicht nur Schüler aus R. unterrichtet worden sind bzw. werden, sondern der Einzugsbereich deutlich größer, überörtlich ist. Eine Schule solchen Zuschnitts lässt sich mit dem Zweck eines Dorfgebiets nicht mehr in Einklang bringen.

35

Die vorgenannten Erwägungen sprechen zugleich gegen die Annahme, bei der näheren Umgebung des Grundstücks 102/2 handele es sich um ein Wohngebiet. In allgemeinen Wohngebieten sind Schulen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zwar ebenfalls zulässig, stehen aber ebenso wie in einem Dorfgebiet unter dem Vorbehalt der Verträglichkeit mit der Gebietstypik. Für reine Wohngebiet ist in § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO explizit geregelt, dass nur diejenigen Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zulässig sind, die den Bewohnern des Gebiets dienen. Eine überörtliche Schule dieses Ausmaßes dient jedoch nicht, nicht einmal überwiegend, dem örtlichen Bedarf.

36

Gegen die Annahme eines Wohngebiets spricht sodann, dass im fraglichen Areal zwei ehemalige Hofstellen zur Hobbytier- und Lagerhaltung genutzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. September 2010 – 4 B 31.10 –, nach juris). Die dadurch nachwirkende landwirtschaftliche Nutzung, die zudem jederzeit wieder aufgenommen werden kann, stellt in einem gleichermaßen durch Wohnbebauung und – ehemalige – Hofstellen gekennzeichneten Gebiet keinen Fremdkörper dar und prägt den Gebietscharakter mit. Folglich widerspricht diese landwirtschaftliche Nutzung der Annahme eines Wohngebiets. Im hier in Rede stehenden Areal finden sich zwei Hofstellen, die weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden: In den Gebäuden der Hofstelle auf dem Grundstück 102/2 lagert die Beigeladene Heu für ihre Hobbypferdehaltung. Die Gebäude auf der Parzelle 103 werden vom Sohn der Kläger zum Abstellen von landwirtschaftlichen Geräten genutzt. Beides entspricht der typischen Nutzung von Gebäuden durch Landwirte, gleich, ob diese die Landwirtschaft gewerblich oder als Hobby betreiben.

37

Ein weiteres Indiz gegen ein Wohngebiet sind sodann die Immissionen, die von der nahegelegenen Schreinerei (Am K. 1) zu erwarten sind. Wenngleich diese außerhalb des für die nähere Umgebung angenommenen Areals liegt, lässt sie doch Rückschlüsse zu, die gegen die Annahme eines allgemeinen oder reinen Wohngebiets sprechen. In beiden sind nur nicht störende Handwerksbetriebe zulässig (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 und § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Nach Größe und Beschreibung (Bau- und Möbelschreinerei) dürfte es sich bei der Schreinerei nicht um eine wohngebietsverträgliche handeln.

38

c) Die Umgebung des Pferdeunterstandes stellt sich als Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter dar.

39

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem bereits zitierten Urteil vom 30. April 2010 (a.a.O.) eine solche nach dem Rückgang der landwirtschaftlichen Familienbetriebe und der Ansiedlung landwirtschaftlicher Großbetriebe im Außenbereich in rheinland-pfälzischen Dörfern anzutreffende Situation wie folgt skizziert:

40

Es handelt sich im Hinblick auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft um eine typische ländliche Gemengelage aus Wohnnutzung, ehemaliger landwirtschaftlicher Nutzung und verbliebener landwirtschaftlicher Nutzung in geringerem Umfang, die teils zu (ergänzenden) Erwerbszwecken und teils aus Hobbygründen betrieben wird.

41

Diese Beschreibung trifft auf das Areal H.-Straße-Zum N.-Am L. exakt zu. Neben der bereits beschriebenen Wohn- und landwirtschaftlichen Nutzung werden die von der Straße „Zum L.“ gut einsehbaren Weiden samt Schuppen von einem Landwirt genutzt, der seinen Betrieb aus Erwerbsgründen führt. Daneben finden sich kleinere Gewerbe (Maklertätigkeit) entlang der Straße „Zum N.“.

42

3. In einer Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter erweist sich der genehmigte Pferdeunterstand der Beigeladenen gegenüber der Wohnnutzung auf dem Anwesen der Kläger nicht als rücksichtslos.

43

Gegenstand der angegriffenen Baugenehmigung vom 7. April 2010 ist die Errichtung eines Pferdeunterstandes. Durch die Einbeziehung der Stellungnahmen der Wasser- und der Veterinärbehörden wurden zugleich Bestimmungen zur Versickerung des Niederschlagswassers, der Entsorgung der Fäkalien und der Bodenbeschaffenheit Inhalt der Baugenehmigung. Überdies erlaubt die Baugenehmigung keine Haltung von Großpferden.

44

Es ist nicht ersichtlich, dass die so verstandene Baugenehmigung nachbarschützende Vorschriften zu Lasten der Kläger, geschweige denn das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, das vorliegend aus dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltenen Erfordernis des Einfügens abzuleiten ist.

45

Dagegen spricht, dass sich die Hobbypferdehaltung, soweit sie von der Genehmigung mitumfasst ist, nach der Art der Nutzung in eine Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter einfügt. Vorhaben, die der vorhandenen Nutzung entsprechen, verletzen in der Regel nicht das Gebot der Rücksichtnahme (vgl. Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Komm., 97. Erg.Lfg. 2010, § 34 Rdnr. 48 a.E.). Es liegt auf der Hand, dass sich die hobbymäßige Haltung von Pferden in dem Rahmen hält, den die verbliebene Landwirtschaft in einer Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter vorgibt. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Die Wiesen südwestlich der Straße „Zum L.“ werden als Rinderweiden und damit ebenfalls für die Großtierhaltung genutzt.

46

Der Umstand, dass Tierhaltung in der Umgebung üblich ist, ist bei der Prüfung, ob die eine Hobbypferdehaltung das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, von besonderer Bedeutung. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat dazu im Urteil vom 30. April 2010 (a.a.O.) ausgeführt:

47

Während in Wohngebieten mit städtischem Gepräge eine emmissionsträchtige Tierhaltung regelmäßig unzulässig sein dürfte (vgl. Brügelmann, BauGB, § 34, Rn. 60), ist in Baugebieten mit dörflichem Charakter eine gewisse Geruchs- und Lärmbelästigung durch Nutztiere ortsüblich und darum im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme hinzunehmen, was in entsprechender Weise auch für eine gebietstypische Hobbytierhaltung gilt; andererseits muss aber auch der Tierhalter Rücksicht auf das Interesse der Wohnbevölkerung am Schutz vor unzumutbaren Immissionen nehmen (Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 58; BVerwG, Urteil vom 04.07.1980, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr 72).

48

<…> In diesen ländlich geprägten Siedlungen finden sich Wohnnutzung, Handwerk, weitere nicht störende Gewerbebetriebe, sowie auch Tierhaltungen in verschiedenen Ausprägungen. Ausschließlich in derartigen Gebieten ist eine Haltung von größeren Tieren wie Pferden zur Hobbytierhaltung – sei es in einem Dorfgebiet oder in einer Gemengelage – überhaupt möglich. Denn gerade im Außenbereich ist eine nicht auf (realistische) dauerhafte Gewinnerzielung gerichtete Pferdehaltung regelmäßig gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausgeschlossen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.04.1986, BauR 1986, 419).

49

Aus diesen Restriktionen folgt umgekehrt, dass in dörflich-ländlich geprägten Gebieten die Anforderungen an eine Hobbypferdehaltung auch im Hinblick auf die Verbreitung der Pferdehaltung und deren weitreichende Akzeptanz in der Bevölkerung nicht überspannt werden dürfen und dies auch bei der Abwägung im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme zu berücksichtigen ist. <…> In Ermangelung besonderer Regelungen ist vorliegend anhand der konkreten Umstände festzustellen, ob das Maß an Zumutbarkeit überschritten worden ist.

50

Im Fall der Kläger fehlt es an konkreten Umständen, die den Schluss zuließen, dass sie durch die Nutzung des genehmigten Pferdeunterstands absolut unzumutbar (so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O.) beeinträchtigt würden. Es fehlt bereits an der Darlegung von Beeinträchtigungen, die zumindest deutlich über das hinausgehen, was Anwohner in einer Gemengelage mit nachwirkendem Dorfgebietscharakter an von Tierhaltung ausgehenden Beeinträchtigungen durch Geruch, Lärm und Ungeziefer üblicherweise hinzunehmen haben.

51

Bis dato haben die Kläger nur allgemein und ohne konkrete Belege Beeinträchtigungen durch die im Pferdeunterstand und auf der Koppel gehaltenen Pferde behauptet. Soweit sie konkrete Versäumnisse der Beigeladenen monierten, wurden diese abgestellt bzw. widerlegt. Nach den Ausführungen sachkundiger Personen (Wasserbehörde, Veterinär) ist insbesondere die Lagerung und Entsorgung der Fäkalien nicht zu beanstanden. Zudem wurden die zunächst festgestellten Mängel bei der Oberflächenwasserentsorgung abgestellt. Schließlich konnte sich der Veterinär den Rügen zur Oberfläche der Koppel nicht anschließen.

52

Gegen die Annahme von Beeinträchtigungen der Kläger, die eine Aufhebung der angegriffenen Baugenehmigung rechtfertigen könnten, sprechen überdies gewichtige Aspekte. So schirmt zunächst der genehmigte Unterstand das Wohnhaus der Kläger bei der regional üblichen West-Windrichtung von den Immissionen ab, die von der Dungstätte auf dem Grundstück 102/2 ausgehen. Zudem sind Beeinträchtigungen durch die Pferde selbst nicht ununterbrochen zu erwarten. Nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Beigeladenen werden die Tiere dort nur in den Wintermonaten und ansonsten nur vorrübergehend zur Beweidung der Koppel gehalten. Gerade in den Sommermonaten, die temperaturbedingt Tiergerüche und Ungeziefer begünstigen, stehen die Pferde nicht durchgehend auf dem Nachbargrundstück der Kläger. Hinzu kommt, dass die angegriffene Baugenehmigung diverse Bestimmungen enthält, die Beeinträchtigungen abmildern. Zu nennen sind hier wiederum diejenigen zur Oberflächenwasserversickerung, zur Beschaffenheit der Oberfläche der Koppel und zur Lagerung und Entsorgung von Dung und Jauche. Diese Bestimmungen sind geeignet, zumindest mittelbar die Entstehung von Gerüchen und das Anlocken von Ungeziefer zu reduzieren.

53

Als weiteres Indiz gegen die Annahme unzumutbarer Beeinträchtigungen durch den Pferdeunterstand kann auf die VDI-Richtlinie 3474 verwiesen werden (vgl. HessVGH, Urteil vom 12. November 2007 – 4 N 3204/05 –, nach juris). Diese – wenn auch überholt – ist aufschlussreich, da die dortige Abstandsregel nur anzuwenden ist, wenn die Bagatellgrenze (20 Pferde) überschritten wird (Ziffer 3.2); ansonsten ist anzunehmen, dass kein belästigendes Emissionspotential existiert. Bei vier Kleinpferden ist diese Bagatellgrenze deutlich unterschritten.

54

Die weiteren Einwände der Kläger überzeugen nicht. Soweit sie bemängeln, die Beigeladene halte die Pferde nicht artgerecht, ist dies hier ohne Belang. Denn die Regeln des Tierschutzes dienen den Tieren und nicht den Nachbarn. Soweit sie monieren, die Beigeladene halte die Auflagen in der Baugenehmigung nicht ein, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Zunächst hat die Beigeladene insoweit Abhilfe geschaffen. Zudem ist Gegenstand der vorliegenden Klage die angegriffene Baugenehmigung samt Nebenbestimmungen und nicht die konkrete Haltung der Tiere vor Ort. Folglich kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene die Nebenbestimmungen tatsächlich einhält, sondern darauf, ob diese geeignet und einhaltbar sind. Es ist nicht erkennbar, dass die Auflagen in der angegriffenen Baugenehmigung nicht umsetzbar wären.

55

Schließlich ist nicht erkennbar, dass das Gebäude „Pferdeunterstand“ als solches, die Kläger unzumutbar beeinträchtigt. Schon allein auf Grund seiner Größe ist auszuschließen, dass von ihm eine erdrückende Wirkung ausgeht, oder dass es die Belichtung und Belüftung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt.

56

4. Auf nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts können sich die Kläger schließlich ebenfalls nicht berufen. Denn die Baugenehmigung wurde im vereinfachten Verfahren erteilt. In diesem werden nach § 66 Abs. 3 Satz 1 der Landesbauordnung (LBauO Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht geprüft. Letztere sind folglich von der angegriffenen Baugenehmigung nicht umfasst.

57

5. Die Kostentragungspflicht der Kläger ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es ist angemessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen davon auszunehmen, da diese im vorliegenden Verfahren keinen Antrag gestellt hat und so kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 162 Abs. 3 und § 155 Abs. 3 VwGO).

58

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

59

Beschluss

60

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG). Die Kammer orientiert sich dabei an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

61

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.