Verwaltungsgericht Münster Urteil, 27. Mai 2015 - 1 K 115/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger war Beschuldigter in dem Ermittlungsverfahren 91 Js 2508/13 der Staatsanwaltschaft Münster wegen Nachstellung. Er soll über einen längeren Zeitraum (mindestens von August bis Oktober 2013) versucht haben, sowohl seine ehemalige Ehefrau als auch seine Ex-Freundin unabhängig voneinander durch Drohungen und Einschüchtern mittels ständiger (auch nächtlicher) SMS, Anrufe und via Internet dazu zu bewegen, die Trennung rückgängig zu machen bzw. die Beziehung aufrecht zu halten. Hierzu soll er nicht nur mit seinem eigenen Tod gedroht haben, sondern auch psychischen Druck aufgebaut haben, indem er die Geschädigten für seine schlechte Lage verantwortlich machte. Ferner soll er den Geschädigten körperliche Gewalt angedroht haben. Die Geschädigten hätten sich deshalb nicht mehr frei bewegen können und seien auch bei den Arbeitgebern schon verhaltensauffällig geworden. Das Ermittlungsverfahren wurde im November 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und die Anzeigeerstatterinnen/Geschädigten wurden auf den Privatklageweg verwiesen.
3Zuvor war bereits im Jahr 2009 ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung (Staatsanwaltschaft Münster, 92 Js 5820/ 09) geführt worden. Er soll im Rahmen einer Auseinandersetzung vor einer Disco einer Frau mit dem Schuh vor das Schienbein getreten haben, so dass diese eine Prellung am rechten Unterschenkel erlitt. Auch dieses Verfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und die Anzeigeerstatterin auf den Privatklageweg verwiesen.
4Ferner waren in den Jahren 2013, 2011 und 2009 sechs weitere Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Sachbeschädigung und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz anhängig, die sämtlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden.
5Nach vorheriger Anhörung ordnete die Kreispolizeibehörde Borken durch Bescheid vom 00.00.0000die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers an und lud ihn für den 00.00.0000vor. Gleichzeitig drohte sie dem Kläger für den Fall des Nichterscheinens ein Zwangsgeld in Höhe von 250 Euro an. Zur Begründung verwies sie auf die bisher gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren und führte aus, es bestehe Wiederholungsgefahr. Die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen könnte unter anderem den Zweck haben, den Kläger von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.
6Der Kläger hat am 00.00.0000Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren seien sämtlich eingestellt worden. Deshalb rechtfertigten diese die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht. Das Ermittlungsverfahren wegen Nachstellung habe zudem einen familiären Hintergrund und es bestünden deshalb Zweifel an der Objektivität der Anzeigeerstatterinnen. Ferner sei er bisher nicht strafrechtlich verurteilt worden und habe sich auch in der Zwischenzeit straffrei verhalten. Deshalb bestünde keine Wiederholungsgefahr.
7In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Vorladung übereinstimmend für erledigt erklärt.
8Der Kläger beantragt nunmehr,
9die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sowie die Androhung des Zwangsgeldes aus dem Bescheid des Landrats als Kreispolizeibehörde Borken vom 00.00.0000aufzuheben.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung verweist er zunächst auf die Anlasstat der Nachstellung. Aufgrund der Art und Weise, Dauer und Intensität der Nachstellungen spräche derzeit nichts dafür, dass der Kläger unter Einfluss seiner sehr sprunghaften Stimmungsschwankungen von seinem strafrechtlich relevanten Tun ablassen werde. Insgesamt seien acht strafrechtlliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger geführt worden, die zwar sämtlich eingestellt worden seien. Jedoch sei die große Zahl der gegen den Kläger erstatteten Anzeigen als auch das enge Deliktsfeld „Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Sachbeschädigung“ aus kriminalistischer Sicht sehr besorgniserregend und in jedem Fall handlungsrelevant. Eine Wiederholungsgefahr sei deshalb zu bejahen. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich des vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
16Im Übrigen ist die Klage als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.
17Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung im Bescheid des Landrats als Kreispolizeibehörde Borken vom 00.00.0000ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18Die angefochtene Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung findet ihre Grundlage in § 14 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW. Danach kann die Polizei erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil die betroffene Person verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und der Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.
19Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet. In Betracht kommen danach insbesondere Maßnahmen gegen Personen, die nicht oder nicht mehr Beschuldigte i.S.d. § 81b 2. Alt. Strafprozessordnung (StPO) sind, also z.B. rechtskräftig Verurteilte oder Strafunmündige.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2014 – 5 A 1692/13 –, juris, Rn. 4.
21Das Ermittlungsverfahren wegen Nachstellung wurde am 14. November 2013 eingestellt. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung erfolgte am 6. Januar 2015, also zu einem Zeitpunkt, als der Kläger nicht mehr Beschuldigter war.
22Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. Die streitgegenständlichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen sind zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich, weil der Kläger verdächtig ist, insbesondere in Form der Nachstellung (§ 238 StGB) eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und der Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.
23Die Notwendigkeit der Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW bemisst sich danach, ob der den Betroffenen belastende Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls – insbesondere der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten und seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, währenddessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist – Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen dazu beitragen könnten, ihn künftig von der Begehung erneuter Straftaten abzuhalten.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2014 – 5 A 1692/13 –, juris, Rn. 6.
25Ausgehend hiervon ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten notwendig sind. Insbesondere aus der Anlasstat der Nachstellung ergibt sich ein Straftatverdacht gegen den Kläger und es besteht auch die Gefahr der Wiederholung vergleichbarer oder sogar schwererer Straftaten. Aus dem im Ermittlungsverfahren wegen Nachstellung festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Kläger seine ehemalige Ehefrau und seine Ex-Freundin unabhängig voneinander über Monate hinweg durch ständige (auch nächtliche) SMS, Anrufe und via Internet bedroht und eingeschüchtert hat. Die in den Ermittlungsakten des Beklagten enthaltenen WhatsApp-Protokolle belegen eindrucksvoll, wie beständig und hartnäckig der Kläger die beiden Geschädigten bedrängt und eingeschüchtert hat. Auch die von ihm ausgesprochenen Bedrohungen sind dort dokumentiert. So hat er beiden Frauen körperliche Gewalt angedroht. Beispielhaft zitiert das Gericht aus den WhatsApp-Nachrichten des Klägers: „Pass auf, wenn ich Dich in die Finger bekomme“; „Ich lass Dich ab jetzt nicht mehr in Ruhe“, „Ich mach euch beide platt“. Der Beklagte hat zutreffend und nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der Art und Weise, der Dauer und Intensität der Nachstellungen derzeit nichts dafür spricht, dass der Kläger, dessen Persönlichkeit durch sehr sprunghafte Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist (die ebenfalls in den WhatsApp-Nachrichten nachzuvollziehen sind), von seinem strafrechtlich relevanten Tun ablassen wird. Das Gericht schließt sich ferner der Einschätzung des Beklagten an, dass die große Zahl der gegen den Kläger erstatteten Anzeigen und auch das enge Deliktsfeld „Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Sachbeschädigung“ aus kriminalistischer Sicht sehr besorgniserregend und in jedem Fall handlungsrelevant sind.
26Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe sich in der Zwischenzeit straffrei verhalten. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 00.00.0000 waren seit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Nachstellung nur wenige Wochen vergangen. Weitere mögliche Straftaten des Klägers sind zwar nicht aktenkundig, dennoch sind im insoweit maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung,
27vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 – 1 C 29.79 -, BVerwGE 66, 192,
28erst ca. 19 Monate vergangen. Dieser Zeitraum ist angesichts der in Rede stehenden Delikte zu kurz bemessen, um bereits eine positive Prognoseentscheidung dahingehend treffen zu können, der Kläger werde sich in Zukunft straffrei verhalten. Der Beklagte weist zudem zutreffend daraufhin, dass dieses Klageverfahren ebenfalls Einfluss auf das Verhalten des Klägers gehabt haben könnte.
29Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch nicht entgegen, dass sämtliche Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden. Entscheidend ist allein, ob ein hinreichender Verdacht besteht, die betroffene Person werde künftig wieder straffällig werden. Ein solcher (Rest-)Verdacht kann auch dann vorliegen, wenn alle Strafverfahren gegen die betroffene Person eingestellt worden sind.
30Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 2002 – 1 BvR 2257/01-, juris, Rn. 11; VGH Mannheim, Beschluss vom 20. Februar 2011 – 1 S 2054/00 -, NVwZ 2001, 1289 (1290); Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, § 14 Rn. 11.
31Gegen den Kläger besteht nach den obigen Ausführungen nach wie vor ein „Restverdacht“. Aus den ausführlichen Darlegungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 00.00.0000und den in den übersandten Verwaltungsvorgängen enthaltenen Strafanzeigen ergibt sich, dass gegen den Kläger seit 2009 insgesamt acht strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt wurden. Der Restverdacht beruht – wie oben bereits geschildert - insbesondere auf den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wegen Nachstellung. Die gegen den Kläger geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurden nicht nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil der Kläger die Taten erwiesenermaßen nicht begangen hat, sondern weil oftmals Aussage gegen Aussage stand oder weil – wie im Fall der Nachstellung – eine Anklageerhebung nicht im öffentlichen Interesse lag.
32Die im angefochtenen Bescheid vom 6. Januar 2014 angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen sind in § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 PolG NRW gesetzlich vorgesehen und daher für Zwecke des Erkennungsdienstes geeignet.
33Die verfügten Maßnahmen sind für Zwecke des Erkennungsdienstes auch erforderlich. Es ist davon auszugehen, dass die Durchführung der Maßnahmen den Kläger davon abhalten könnte, künftig erneut entsprechende Straftaten zu begehen. Mildere, weniger in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) eingreifende, aber genauso effektive Maßnahmen der Gefahrenabwehr sind nicht ersichtlich.
34Die erkennungsdienstliche Behandlung ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Der dem Kläger zugemutete Grundrechtseingriff ist in Anbetracht des gegen ihn bestehenden Tatverdachts sowie im Hinblick auf das hohe Schutzgut (insbesondere der körperlichen Unversehrtheit anderer Menschen) nicht außer Verhältnis zu dem mit den Maßnahmen verfolgten öffentlichen Interesse an der Verhinderung solcher Straftaten. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang wiederum zutreffend darauf hin, dass die kriminalistische Erfahrung zeige, dass Kapitaldelikten an Frauen durch ihre ehemaligen Partner oder Verehrer häufig Bedrohungen und Nachstellungen vorausgegangen seien. Dieser Umstand ist dem Gericht aufgrund medialer Berichterstattung ebenfalls bekannt.
35Die Zwangsgeldandrohung rechtfertigt sich aus §§ 50, 51 Abs. 1 Nr. 2, 53, 56 PolG NRW und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist das angedrohte Zwangsgeld nicht unverhältnismäßig hoch.
36Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des streitigen Teils der Entscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils, der Vorladung, erlegt das Gericht die Kosten gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung des Sach- und Streitstands ebenfalls dem Kläger auf. Denn die Vorladung erwies sich im Zeitpunkt der Erledigung ebenfalls als rechtmäßig, wenn die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung rechtmäßig war, da sie allein erfolgte, um die erkennungsdienstliche Behandlung durchzuführen und die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW vorlagen.
37Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen, indem er wiederholt
- 1.
die räumliche Nähe dieser Person aufsucht, - 2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht, - 3.
unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person - a)
Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder - b)
Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen,
- 4.
diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht, - 5.
zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c begeht, - 6.
eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, - 7.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder - 8.
eine mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbare Handlung vornimmt.
(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 7 wird die Nachstellung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
durch die Tat eine Gesundheitsschädigung des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht, - 2.
das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, - 3.
dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt, - 4.
bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist, - 5.
eine durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangte Abbildung bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 6 verwendet, - 6.
einen durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangten Inhalt (§ 11 Absatz 3) bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 7 verwendet oder - 7.
über einundzwanzig Jahre ist und das Opfer unter sechzehn Jahre ist.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.