Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Juli 2015 - M 25 K 14.1200

published on 08/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Juli 2015 - M 25 K 14.1200
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der äthiopische Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung mit vierjähriger Wiedereinreisesperre.

Der nach eigenen Angaben im September 1993 geborene Kläger ist – ebenfalls nach eigenen Angaben – äthiopischer Staatsangehöriger und im September 2009 in das Bundesgebiet eingereist. Ein Asylerst- und ein Folgeverfahren sind rechtskräftig negativ abgeschlossen. Der Kläger leidet an einer chronischen Hepatitis-B-Infektion. Ab Ende September 2011 lebte der Kläger in einer Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Drei Versuche, den Hauptschulabschluss zu erwerben, scheiterten.

Das gemeinsame Kind mit der geduldeten äthiopischen Staatsangehörigen Frau ... wurde am ... Oktober 2012 in München geboren. Es besitzt die äthiopische Staatsangehörigkeit und lebt bei der Mutter. Am ... November 2012 erkannte der Kläger die Vaterschaft an; am ... Juli 2014 erklärten die Eltern vor einem Notar, die elterliche Sorge für ihren Sohn gemeinsam übernehmen zu wollen. Die Kindsmutter ist derzeit bis zum ... September 2015 geduldet. Für den Sohn wurde am ... Juni 2013 Asylantrag gestellt, über den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch nicht entschieden hat; die Aufenthaltsgestattung ist derzeit bis zum ... September 2015 befristet.

Strafrechtlich ist der Kläger bis zum Erlass der Ausweisungsverfügung wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Zwei Tage Jugendarrest wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei tatmehrheitlichen Fällen sachlich zusammentreffend mit zwei tatmehrheitlichen Fällen des Diebstahls (AG München, U.v. ...8.2011, rechtskräftig seit ...8.2011)

2. Richterliche Weisung wegen Diebstahl (AG München v. ...11.2011, rechtskräftig seit ...12.2011)

3. Zwei Tage Jugendarrest wegen gefährlicher Körperverletzung und richterliche Weisung (AG München, U.v. ...4.2011, rechtskräftig seit ...4.2011)

4. Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (AG München, U.v. ...10.2012, rechtskräftig seit ...11.2012)

5. Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Einbeziehung des Urteils vom 2. Oktober 2012 wegen gefährlicher Körperverletzung (AG München, U.v. ...4.2013), abgeändert durch Urteil des Landgerichts München I vom 17. September 2012 auf zwei Jahre Einheitsjugendstrafe Der letzten Tat lag zugrunde, dass der Kläger am ... November 2012 eine äthiopische Bekannte angegriffen und so stark gewürgt hat, dass die Geschädigte einige Zeit weder ein- noch ausatmen konnte; außerdem riss er der Geschädigten ein Haarbüschel aus und biss ihr in den Rücken. Bei seiner Flucht stürzte der Kläger ca. sechs Meter in die Tiefe und verletzte sich am Rücken. Nach seiner vorläufigen Festnahme am ... November 2012 befand sich der Kläger zunächst bis zum ... Dezember 2012 im Krankenhaus und im Anschluss bis zum ... März 2014 in Untersuchungsbzw. Strafhaft. Während seiner Inhaftierung wurde der Kläger zwei Mal disziplinarisch geahndet: Am ... Juni 2013, weil er der Anordnung eines Betriebsbeamten nicht Folge leistete, am ... Juli 2013, weil er einen anderen Gefangenen heftig geschlagen hatte. Wegen des letzten Vorfalls leitete die Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung ein, über dessen Stand nichts bekannt ist. Vollzugslockerungen wurden von der Justizvollzugsanstalt mangels Eignung nicht gewährt.

Im Rahmen der Anhörung trug der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dass der Kläger sein Familienleben mit Kind und Lebensgefährtin aufrecht erhalte und beabsichtige, das Kind unter Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts großzuziehen. Es liege ein Ausnahmefall vor. Außerdem leide der Kläger an Wirbelfrakturen und einer chronischen Hepatitis-B-Infektion. Die gesundheitliche Situation sei bei der Beurteilung eines Ausnahmefalls zu berücksichtigen. Die Kindsmutter und Verlobte des Klägers trug vor, sie besuche den Kläger zusammen mit dem Sohn so oft wie möglich. Vor der Inhaftierung sei es so gewesen, dass der Kläger sich ständig um sie gekümmert habe und meistens bei ihnen gewesen sei.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1) und untersagte die Wiedereinreise für fünf Jahre (Nr. 2). Die Abschiebung nach Äthiopien bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat nach erfülltem Strafanspruch wurde angeordnet (Nr. 3). Die Ausweisung wurde als Regelausweisung gemäß § 54 Nr. 1 AufenthG verfügt, die Notwendigkeit eines von der Regelbewertung abweichenden Gesetzesvollzugs verneint. Hinsichtlich schutzwürdiger Interessen des Klägers wurde darauf abgestellt, dass er erst seit etwa fünf Jahren in Deutschland lebt, zwei Versuche zur Erlangung des Hauptschulabschlusses gescheitert sind und der Besuch eines BVJ seit September 2012 aufgrund der Inhaftierung im November 2012 abgebrochen wurde. Im Hinblick auf Art. 6 GG wurde darauf abgestellt, dass die nach ihren Angaben ebenfalls äthiopische Mutter des gemeinsamen Kindes geduldet ist und der äthiopische Sohn seit Stellung seines Asylantrags am... Juni 2013 eine Asylgestattung besitzt. Eine besonders enge Beziehung zum Sohn, der im Zeitpunkt der Inhaftierung etwa einen Monat alt gewesen sei, liege nicht vor. Die regelmäßigen Besuche des Kindes in der Haft würden gesehen. Sohn und Kindsmutter besäßen aber keine gefestigte aufenthaltsrechtliche Position und könnten gemeinsam mit dem Kläger nach Äthiopien ausreisen. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Schwerkriminalität spreche für die Ausweisung.

Hiergegen ließ der Kläger unter Beifügung des klägerischen Vortrags und des Vortrags der Lebensgefährtin im Anhörungsverfahren mit Schriftsatz vom ... März 2014 Klage erheben mit dem Antrag,

den Bescheid aufzuheben.

Mit Beschluss vom ... März 2014, rechtskräftig seit ... März 2014, setzte das Amtsgericht München die weitere Vollstreckung des Rests der Einheitsjugendstrafe mit Wirkung ab dem ... März 2014 zur Bewährung aus, bestimmte eine Bewährungszeit von drei Jahren, ordnete für die Dauer von zwei Jahren Bewährungshilfe an und erteilte Weisungen, u.a. den Konsum von Alkohol und Drogen „strikt“ zu unterlassen. Dem lag eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt München vom ... Dezember 2013 zugrunde, wonach angesichts der erstmaligen Einwirkung des Strafvollzugs, des Bestehens von festen tragfähigen Bindungen und den gezeigten Bemühungen unter Zurückstellung nicht unerheblicher Bedenken hinsichtlich der zahlreichen Vorstrafen, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, des Bewährungsversagens und der nicht immer einwandfreien vollzuglichen Führung ein letztmaliger Erprobungsversuch als vertretbar angesehen und einer Reststrafenaussetzung zur Bewährung nicht entgegengetreten werde.

Mit Schreiben vom ... April 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts München vom 16. Oktober 2014 wurde der Kläger freigesprochen (Verfahren ... Ls ... Js ...14 jug). Ihm war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, am ... Juni 2014 seine Verlobte durch Schläge verletzt und einen Tablet-PC und den Kinderwagen der Geschädigten dauerhaft an sich genommen zu haben. Die Verlobte des Klägers berief sich im Strafverfahren auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, der Kläger bestritt die Vorwürfe. Bei der polizeilichen Aufnahme des Sachverhalts hatte ein mit dem Handalkomaten durchgeführter Alkoholtest beim Kläger einen Wert von 0,4 mg/l ergeben.

Mit Urteil vom ... April 2015, nicht rechtskräftig, verurteilte das Amtsgericht München den Kläger wegen des Sich-Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (Verfahren ... Ds ... Js ...14). Der Kläger war am ... Oktober 2014 polizeilich aufgegriffen worden und hatte sich mit einer Duldung ausgewiesen, deren Gültigkeitsende verändert worden war. Bei diesem Aufgriff ergab ein Atemalkoholtest einen Wert von 0,85 mg/l.

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2015 trug der Prozessbevollmächtigte weiter vor, der Kläger habe täglichen Umgang mit seinem Sohn, pflege das familiäre Zusammensein mit Sohn und Kindsmutter trotz deren anderweitiger Unterbringung und nehme Termine in der Kinderkrippe wahr. Er absolviere seit ... April 2014 ein Jugendhilfepraktikum, das am ... August 2015 ende. Ab ... September 2015 könne er in der Werkstatt ... e.V. in ein Ausbildungsverhältnis zum Fahrradmonteur übernommen werden. Vorgelegt wurde auch eine Bestätigung der Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe vom ... April 2015 – Frau ... – zur Vorlage bei Gericht, wonach der Kläger seit über zwei Jahren alkoholabstinent lebe und er seine Kompetenzen für den Umgang mit Konflikten und in sozialen Konfliktsituationen kontinuierlich verbessere.

Die Kammer hat am ... Juli 2015 mündlich in der Hauptsache verhandelt und die Verlobte und die Bewährungshelferin des Klägers als Zeuginnen gehört.

Die Beklagte ergänzte ihren Bescheid mit Schreiben vom ... Juli 2015 vorsorglich um Ermessenserwägungen, auf die gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO verwiesen wird, und hat die Wiedereinreisesperre in der mündlichen Verhandlung auf vier Jahre verkürzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, die Gerichtsakten, die vorgelegten Behördenakten sowie die beigezogenen Strafakten zu den Aktenzeichen ... Js ...12, ... Js ...12, ... Js ...12, ... Js ...12 und ... Js ...12.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig, sie verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO).

Die erstmalige Ausübung von Ermessen im gerichtlichen Verfahren war zulässig, weil die Regelausweisung bis zur Klageerhebung rechtmäßig war und sich neue Umstände erst danach ergeben haben. Auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung erweist sich als rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die nach Ermessen verfügte Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig, die Beklagte hat ihr Ermessen erkannt und ohne Fehler ausgeübt; auch die erstmalige Ausübung von Ermessen im gerichtlichen Verfahren ist zulässig.

1.1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts abzustellen (BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19/11 – juris Rn. 12).

1.2. Die tatbestandlichen Ausweisungsvoraussetzungen sind erfüllt: Der Kläger hat durch die rechtskräftige, strafgerichtliche Verurteilung vom ... April 2013 bzw. ... September 2013 wegen einer vorsätzlichen Straftat unter Einbeziehung des Urteils vom ... Oktober 2012 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren den Regelausweisungsgrund des § 54 Nr. 1 AufenthG verwirklicht. Es spielt keine Rolle, dass es sich bei der Verurteilung um eine nachträgliche Einheitsjugendstrafenbildung handelt (OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 5.1.1998 – 18 B 450/96 – NVwZ 1998, Beil. Nr. 9, 92 f., juris Ls 2 und Rn. 5, Discher in: GK-AufenthG, Aktualisierung: Juli 2014, Stand: Januar 2007, § 53 Rn. 137) und dass die Vollstreckung der Strafe der früheren, einbezogenen Verurteilung zur Bewährung ausgesetzt worden war (Discher in: GK-AufenthG, a.a.O.).

1.3. Zulässiger Weise hat die Beklagte die zunächst als Regelausweisung gemäß § 54 AufenthG verfügte Ausweisung erst in der mündlichen Verhandlung durch Bejahung eines Ausnahmefalls vorsorglich zur Ermessensausweisung herabgestuft.

Der Grundsatz, dass § 114 Satz 2 VwGO der Behörde nur die Ergänzung (defizitärer) Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren, nicht jedoch die nachträgliche, erstmalige Ausübung von Ermessen erlaubt (vgl. etwa BVerwG, U.v. 5.9.2006 - 1 C 20.05 – juris Ls. und Rn. 22), wurde vom Bundesverwaltungsgericht nämlich für solche Fälle entwickelt, in denen die Entscheidung von vornherein in das Ermessen der Behörde gestellt war. Vorliegend hat sich die Notwendigkeit einer Ermessensausübung jedoch erst aufgrund neuer Umstände nach Klageerhebung ergeben. Unter diesen Voraussetzungen hindert § 114 Satz 2 VwGO jedenfalls im Fall aufenthaltsbeendender Maßnahmen, für deren Rechtmäßigkeit es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, die Behörde nicht daran, eine Ermessensentscheidung erstmals im gerichtlichen Verfahren zu treffen und zur gerichtlichen Prüfung zu stellen (BVerwG, U.v. 13.12.2011 – 1 C 14/19 – juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Bis zur Klageerhebung ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausweisung des Klägers als Regelausweisung ergehen kann.

Die Beklagte durfte die Ausweisung rechtmäßig gemäß § 54 Nr. 1 AufenthG als Regelausweisung verfügen. Ein Ausnahmefall von der Regelausweisung und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2007 – 1 C 10/07 – juris Ls) lag vor Klageerhebung nicht vor. Weder haben bedeutsame atypische Umstände des Einzelfalls das ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2007, a.a.O., Rn. 23) noch haben durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles geboten (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2007, a.a.O., Ls und Rn. 24).

1.3.1. Der vorliegende Fall weicht weder durch die Umstände der strafgerichtlichen Verurteilung noch durch sonstige Verhältnisse in der Person des Klägers von der der gesetzlichen Regelung zugrundeliegenden Typisierung ab. Der Kläger ist am ... November 2012 nur wenige Wochen nach der Geburt seines Sohnes am ... Oktober 2012 und seiner – zum Zeitpunkt der Ausweisung vorletzten – Verurteilung am ... Oktober 2012 in offener Bewährung erneut einschlägig straffällig geworden. Ein Ausnahmefall ist auch nicht im Hinblick auf die gesundheitliche Situation des Klägers aufgrund seiner chronischen Hepatitis-B-Infektion bzw. seiner bei der Tat erlittenen Wirbelsäulenverletzung gegeben. Auch der Umstand, dass der Kläger mit am Tag der Klageerhebung rechtskräftig gewordenem Beschluss des Amtsgerichts München vom ... März 2014 wenige Tage nach Klageerhebung vorzeitig unter Auflagen und Weisungen auf Bewährung aus der Haft entlassen wurde, genügt in der Gesamtschau nicht, vorliegend von einem Ausnahmefall von der Regelausweisung auszugehen.

1.3.2. Auch die Beziehungen des Klägers zu seinem minderjährigen Kind, das sich im Asylverfahren befindet, und zu seiner in Deutschland geduldeten Verlobten als durch das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK bzw. ggf. durch Grundrecht von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Belange haben nach Auffassung der Kammer vor Klageerhebung keinen Ausnahmefall i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet.

Bei der Beurteilung, ob die Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung im Rahmen einer Ermessensentscheidung gebieten, geht das Gericht von folgenden Überlegungen aus: Zwar weist das Bundesverwaltungsgericht zutreffend darauf hin, dass die Ermessensentscheidung in der Verwaltungspraxis höhere Gewähr für eine Berücksichtigung aller Aspekte des jeweiligen Einzelfalls und die angemessene Gewichtung anlässlich der Entscheidung über die Ausweisung bietet (BVerwG, U.v. 23.10.2007, a.a.O., juris Rn. 25), allerdings bejaht es nicht zwangsläufig in jedem Fall der Berührung der Schutzbereiche von insbesondere Art. 8 EMRK und Art. 6 GG gleichsam automatisch einen Ausnahmefall, sondern verlangt eine Wertung seitens der Ausländerbehörden bzw. der Gerichte. Auf der Hand liegt, dass die Belange des Ausländers einerseits nicht so stark sein müssen, dass sie ihm bereits besonderen Ausweisungsschutz z.B. gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vermitteln. D.h. es ist nicht erforderlich, dass der Ausländer – wie vorliegend nicht – mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Andererseits genügt für die Annahme eines Ausnahmefalls - auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Bundesverwaltungsgericht die Schwelle für die Annahme eines Ausnahmefalls bewusst in vielen Fällen abgesenkt hat (BVerwG, U.v. 23.10.2007, a.a.O., juris Rn. 26) – nicht bereits der Umstand, dass ein Familienmitglied des Ausländers von der Ausweisung betroffen ist. Das gestufte nationale System von zwingender Ausweisung, Regel- und Ermessensausweisung würde seine Bedeutung ansonsten nämlich weitestgehend verlieren. Diese Aspekte stellen die jeweiligen Eckpunkte für die vom Gericht vorzunehmende Wertung, ob der Einzelfall eine Berücksichtigung aller relevanten Belange im Rahmen einer Ermessensentscheidung gebietet, dar.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg geht bei Regelausweisungen von Ausländern der 2. Generation grundsätzlich davon aus, dass für Ausländer, die entweder bereits im Bundesgebiet geboren oder als Kleinkind in das Bundesgebiet eingereist sind und seitdem rechtmäßig hier gelebt haben – wie vorliegend nicht –, ein Ausnahmefall i.S.v. § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG anzunehmen ist (U.v. 25.11.2010 – 11 LB 481/09 – juris Rn. 25). Den Umkehrschluss, dass ein Ausnahmefall im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur bei Ausländern der 2. Generation bzw. faktischen Inländern vorliegt, hält das Gericht allerdings für unzulässig, weil sich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hierfür kein Anhaltspunkt entnehmen lässt, eher im Gegenteil (BVerwG, U.v. 23.10.2007, a.a.O., Rn. 25). Damit ist die Gebotenheit einer Ermessensentscheidung im vorliegenden Fall, in dem der Kläger ersichtlich weder Ausländer der 2. Generation noch faktischer Inländer ist, also nicht von vornherein ausgeschlossen.

1.3.2.1. Bei der Beurteilung der Gebotenheit einer Ermessensentscheidung spielt nach Einschätzung der Kammer in den Fällen, in denen Familienmitglieder betroffen sind, eine Rolle, ob diese Familienmitglieder über die gleiche Staatsangehörigkeit wie der Ausländer verfügen, weil diese eine gemeinsame Rückkehr in die Heimat ermöglicht. Dies ist vorliegend der Fall.

1.3.2.2. Ein maßgeblicher Aspekt ist auch, ob sich der Kläger und seine Familienmitglieder rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG). Weder der Kläger noch seine Verlobte verfügten bzw. verfügen über ein Aufenthaltsrecht, beide sind vollziehbar ausreisepflichtig. Der Sohn besaß zwar schon im Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung eine Aufenthaltsgestattung für die Dauer seines Asylverfahrens und hielt sich somit rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Andererseits war und ist dieser Aufenthalt zeitlich auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt, was in die Wertung bzgl. der Gebotenheit einzustellen ist. Die Kammer übersieht hierbei nicht, dass nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Beurteilung, ob eine Ermessensentscheidung geboten ist, die in den Blick zu nehmenden Gesichtspunkte über den Katalog der in § 55 Abs. 3 AufenthG aufgeführten Aspekte hinausgehen (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2007, a.a.O., juris Rn. 23); allerdings ist das Interesse eines Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet in Fällen, in denen kein gesichertes Aufenthaltsrecht besteht, im Rahmen der Gebotenheit anders zu bewerten als der Fall, in dem zumindest einer der Betroffenen über ein solches Aufenthaltsrecht verfügt. Das private Interesse des lediglich geduldeten Klägers, zusammen mit seiner ebenfalls nur geduldeten Verlobten und seinem nur über ein vorübergehendes Bleiberecht verfügenden Kind im Bundesgebiet zu verbleiben, hat ein weniger starkes Gewicht.

1.3.2.3. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei der Beurteilung der Folgen einer Ausweisung für Familienmitglieder ist nach Auffassung des Gerichts bereits bei der Beurteilung der Gebotenheit einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, ob die Familie in einer Zeit aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit gegründet wurde (vgl. EGMR, U.v. 4.12.2010 – 47017/09 – Butt gg. Norwegen, Nr. 79, U.v. 28.6.2011 – Nr. 55597/09 – Nunez gg. Norwegen, Nr. 70, U.v. 16.4.2013 – 12.202/09 Udeh gg. Schweiz, InfAuslR 2014, 179, 180), was vorliegend der Fall ist. Es war sowohl dem Kläger als auch seiner Verlobten von Anfang der Beziehung an klar, dass beider Aufenthalt im Bundesgebiet nicht gesichert und somit prekär ist. Die Verlobte, die den Kläger nach ihren Angaben bereits unmittelbar nach ihrer Ankunft in der Asylunterkunft kennenlernte, kannte das strafrechtliche Vorleben des Klägers und hat sich trotz dieser Situation auf eine Familiengründung mit ihm eingelassen. Der Kläger war bis April 2011 bereits zweimal rechtskräftig zu Jugendarrest verurteilt wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls, Diebstahls und Körperverletzung und hatte auch schon zwei richterliche Weisungen erhalten. Sein Asylverfahren war außerdem erfolglos verlaufen.

1.3.2.4. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der durch Art. 8 Abs. 1 EMRK bzw. evtl. durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Beziehungen des Klägers zu seinem minderjährigen Kind und seiner Verlobten und ihrem Gewicht bei der Beurteilung der Gebotenheit ist einerseits von Belang, dass der Kläger zwar inhaftiert wurde, als sein Sohn gerade einen Monat alt war, er aber in der Folge von beiden nach viermonatiger „Funkstille“ wöchentlich regelmäßig besucht wurde. Andererseits hat noch nie – auch nicht bis zur Klageerhebung – eine häusliche Lebensgemeinschaft mit der Verlobten oder dem Kind bestanden. Dies schließt zwar grundsätzlich eine durch Art. 6 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft nicht zwingend aus (BVerwG, B.v. 22.5.2013 – 1 B 25/12 – juris Rn. 4 zur ehelichen Lebensgemeinschaft) und ist für den Schutz des Privatlebens des Klägers durch Art. 8 Abs. 1 EMRK ebenfalls unschädlich. Allerdings ist hinsichtlich des Gewichts der durch Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Belange zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 GG den Staat bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen nur verpflichtet, die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zur bringen (BVerfG, Kammerb. v. 5.6.2013 – 2 BvR 586/13 – juris Rn. 12). Somit kann die Beziehung zur Verlobten im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG von vornherein außer Betracht bleiben. Aber auch bezüglich der Beziehung zum für die Dauer seines Asylverfahrens aufenthaltsberechtigten Kind ist für Art. 6 Abs. 1 GG erforderlich, dass es im Fall einer dauerhaften räumlichen Trennung zusätzliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft i.S.v. Art. 6 Abs. 1 GG gibt, damit das Fehlen eines gemeinsamen Lebensmittelpunktes ausgeglichen wird. Zumindest bis zur Klageerhebung gab es solche Anhaltspunkte nicht.

Allein die in diesem Zeitpunkt seit einem Jahr wöchentlich stattfindenden Besuche genügen hierfür auch in Verbindung mit dem Vortrag der Verlobten im Anhörungsverfahren nicht. Es muss nämlich erkennbar sichergestellt sein, dass eine familiäre Beistandsgemeinschaft, die über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausreicht, besteht, etwa durch eine jedenfalls erforderliche intensive Kommunikation zwischen den Eheleuten bzw. Verlobten als Indiz für eine gemeinsame Lebensgestaltung, durch Beistandsleistungen oder Besuche im Rahmen des Möglichen (BVerwG, B.v. 22.5.2013, a.a.O., juris Rn. 4, vgl. OVG Saarland, B.v. 18.5.2011 – 2 A 314/10 – juris Ls 6). Maßgeblich ist der nachweisbar betätigte Wille, mit der Partnerin bzw. dem Kind als wesentlicher Bezugsperson ein gemeinsames Leben zu führen. Hierfür müssen die Betroffenen regelmäßigen Kontakt pflegen, der über bloße Besuche hinausgeht und in dem die besondere persönliche und emotionale Verbundenheit im Sinne einer Beistandsgemeinschaft zum Ausdruck kommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar hatte der Kläger bereits am ... November 2012 mit Zustimmung der Kindsmutter die Vaterschaft für seinen Sohn anerkannt; die Erklärung des Klägers und seiner Verlobten, die elterliche Sorge für den Sohn gemeinsam übernehmen zu wollen, wurde indes erst nach Klageerhebung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens am ... Juli 2014 abgegeben.

Von beachtlicher Bedeutung ist ferner, dass die Verlobte des Klägers im Rahmen einer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am ... November 2012, also unmittelbar vor Begehung der die Ausweisung veranlassenden Straftat ausgesagt hat, dass weder sie noch der Kläger zusammen leben wollten, obwohl das Kind zu diesem Zeitpunkt bereits geboren war. Diese Angabe lässt die Tatsache, dass die fehlende häusliche Gemeinschaft auch den äußeren Lebensumständen durch Unterbringung in verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften geschuldet war, weniger beachtlich erscheinen. Die Einlassung der Verlobten in der mündlichen Verhandlung auf entsprechenden Vorhalt der Beklagten, dass die damalige Vernehmung ohne Dolmetscher erfolgt sei und sie die Frage wohl missverstanden habe, ist ausweislich des vorgelegten Aktenauszugs unglaubhaft und wird als Schutzbehauptung gewertet. Die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung erfolgte mit Dolmetscher, was die Zeugin per Unterschrift bestätigt hat. Unter diesen Umständen ist der im Rahmen der Anhörung bis zur Klageerhebung geäußerte pauschale Vortrag der Kindsmutter, der Kläger habe sich vor der Inhaftierung ständig um sie gekümmert und sei meistens bei ihr und dem Sohn gewesen, auch in Verbindung mit den regelmäßigen Besuchen in der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend, um das Fehlen des gemeinsamen Lebensmittelpunktes auszugleichen und den Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG in einem solchen Umfang auszulösen, dass eine Ermessensentscheidung geboten gewesen wäre.

Die genannten Aspekte schwächen nach Auffassung des Gerichts auch die Bedeutung der durch Art. 8 Abs. 1 EMRK zwar geschützten Belange des Klägers hinsichtlich seiner Verlobten und seines Kindes. Anhaltspunkte für den nachweisbar betätigten Willen des Klägers bis zur Klageerhebung, mit der Partnerin bzw. dem Kind als wesentlicher Bezugsperson ein gemeinsames Leben zu führen zu wollen, sind für das Gericht vorliegend nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der Aussage der Verlobten am ... November 2012 und ihren ausländerrechtlichen Status berücksichtigend, hat sich weder aus der Beziehung des Klägers zu seiner Verlobten noch zu seinem Kind – auch unter Berücksichtigung der Aufenthaltsgestattung – ein derart stark geschützter Belang ergeben, dass Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK eine Ermessensentscheidung geboten hätten.

Die Beklagte hat die Ausweisung zu Recht als Regelausweisung ohne Annahme eines Ausnahmefalls verfügt, denn die angesprochenen Umstände führen im Ergebnis auch nicht dazu, dass die Ausweisung unverhältnismäßig ist.

1.4. Die vorsorgliche Ermessensausweisung des Klägers erweist sich als ermessenfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig (§ 114 Satz VwGO).

1.4.1. Ob sich die Umstände nach Klageerhebung durch die Haftentlassung des Klägers unter Aussetzung des Strafrestes auf Bewährung, die Aufnahme eines Praktikums und die Beziehung zu seiner Verlobten und seinem Sohn tatsächlich so maßgebend geändert haben, dass nunmehr von einem Ausnahmefall von der Regelausweisung auszugehen ist und eine Ermessensentscheidung getroffen werden muss, bedarf keiner abschließenden Entscheidung durch das Gericht, weil die Beklagte dies zu Gunsten des Klägers zumindest hilfsweise angenommen hat und eine erstmalige Ermessensausübung im laufenden Gerichtsverfahren zulässig war (s.o.). Im nationalen Stufensystem der Ausweisung stellt nämlich die Ermessensausweisung die mildeste Form der Ausweisung dar; wenn bereits sie rechtmäßig ist, hat die Ausweisung in jedem Fall Bestand, ohne dass es darauf ankommt, ob sie auch als zwingende Ausweisung oder als Regelausweisung hätte erfolgen können. Eine Verletzung des Klägers in seinen subjektiven Rechten mit der Folge eines Anspruchs auf Aufhebung einer fehlerhaft begründeten Ausweisung kommt daher nicht in Betracht, wenn bereits die Ermessensausweisung nicht zu beanstanden ist. Dies ist hier der Fall.

1.4.2. Anders als in den Fällen, in denen ein Ausländer besonderen Ausweisungsschutz gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit privilegierenden Folgen sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2014 - 1 B 13/14 – juris OS) genießt, müssen bei einer als Ausnahme von der Regelausweisung gemäß § 54 AufenthG verfügten Ermessensausweisung keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein.

1.4.3. Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist vom Gericht im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO nur daraufhin zu überprüfen, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Vorliegend erweist sich die Ausweisung auch mit Blick auf die Bestimmungen des Völkervertragsrechts in Art. 8 Abs. 1 EMRK und des höherrangigen Verfassungsrechts in Art. 6 GG nicht als ermessensfehlerhaft und insbesondere als verhältnismäßig (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2015 – 10 ZB 13.1437 – juris Rn. 15, 17). Die Beklagte hat den völkervertraglichen und verfassungsrechtlichen Schutz der familiären Beziehung des Klägers zu seiner Verlobten und seinem Sohn gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. zu Art. 6 GG BVerfG, B.v. 5.6.2013 – 2 BvR 586/13 – juris Rn. 14) erkannt, zutreffend berücksichtigt und ist ihm auch im Ergebnis gerecht geworden.

1.4.3.1. In den Schutzbereich des Rechts des Klägers auf Achtung des Privat- und Familienlebens i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK wird durch seine Ausweisung zwar eingegriffen; der Eingriff ist aber gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, wenn er u.a. notwendig ist. Dies ist vorliegend der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. U.v. 2.8.2001 – 54273/00 – [Boultif], InfAuslR 2001, 476, U.v. 18.10.2006 – 46410/99 – [Üner], NVwZ 2007, 1279, U.v. 23.6.2008 – 1683/04 – [Maslov II], InfAuslR 2008, 333, U.v. 25.3.2010 – 40601/05 – [Mutlag], InfAuslR 2010, 325) ist bei der Beurteilung der Notwendigkeit des Eingriffs von einem bestimmten, nicht notwendigerweise abschließenden Kriterien- und Prüfkatalog auszugehen, den so genannten Boultif/Üner-Kriterien: Dies sind die Art und Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten; das Alter des Ausländers bei der Begehung der Straftaten; die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet; die seit der Straftat verstrichene Zeit sowie das Verhalten des Klägers während dieser Zeit; die Staatsangehörigkeit der verschiedenen betroffenen Personen; die familiäre Situation des Klägers, wie die Länge der Ehe und andere Faktoren, die die Wirksamkeit des Familienlebens eines Paares ausdrücken; ob der Gatte zu dem Zeitpunkt um die Straftat wusste, als eine familiäre Beziehung aufgenommen wurde; ob Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind und wenn ja, deren Alter; das Gewicht der Schwierigkeiten, auf die die Familienangehörigen wahrscheinlich in dem Land stoßen werden, in das der Kläger ausgewiesen werden soll; die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bande mit dem Gastland und mit dem Heimatland und schließlich, ob der Kläger bereits als Kind, im jugendlichen Alter oder erst als Erwachsener in das Bundesgebiet gekommen ist oder gar hier geboren wurde.

Nach diesen Kriterien, die sich zum Teil mit den Überlegungen decken, die das Gericht bereits bei der Wertung, ob eine Ermessensentscheidung geboten ist, angestellt hat (s.o.), ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Kläger mehrfach einschlägig im Bereich der Gewaltstraftaten gegen Frauen straffällig geworden ist, zuletzt während offener Bewährung nur wenige Wochen nach einer Hauptverhandlung, die eine Freiheitsstrafe zur Bewährung zum Ergebnis hatte. Der Kläger hält sich erst seit gut fünf Jahren im Bundesgebiet auf, hiervon fast zweieinhalb Jahre in Haft. Obwohl sein Verhalten in der Justizvollzugsanstalt nicht einwandfrei war und zwei Disziplinarmaßnahmen gegen ihn verhängt wurden, hat das Amtsgericht München den Kläger vorzeitig unter Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung unter richterlichen Weisungen entlassen. Seither wurde der Kläger bereits zweimal alkoholisiert von der Polizei aufgegriffen, obwohl er gemäß richterlicher Weisung den Konsum von Alkohol und Drogen strikt zu unterlassen hat. In beiden Fällen kam es zur Anklage durch die Staatsanwaltschaft, die in einem Fall zu einem Freispruch und im anderen zu einer noch nicht rechtskräftigen, allerdings nicht einschlägigen Verurteilung führte. Der Kläger absolviert seit seiner Entlassung – offenbar ohne Beanstandung – ein Praktikum und hat eine Ausbildungsstelle in Aussicht. Seine Verlobte und sein Kind sind wie der Kläger äthiopische Staatsangehörige. Die Verlobte kannte das strafrechtliche Vorleben des Klägers und wusste auch um seinen prekären Aufenthaltsstatus, als sie eine Beziehung mit ihm einging bzw. eine Familie mit ihm gründete. Soziale und kulturelle Bindungen des Klägers an sein Gastland sind nicht ersichtlich. Lebensnah ist davon auszugehen, dass der Sohn des Klägers trotz Besuchs der Kinderkrippe zumindest auch die Muttersprache seiner Eltern lernt, weil zumindest die Deutschkenntnisse seiner Mutter, bei der er lebt, offenbar begrenzt sind. Schwierigkeiten bei der Rückkehr ins Heimatland sind somit zumindest in sprachlicher Hinsicht für kein Familienmitglied ersichtlich. Der Kläger behauptet, über keine Kontakte zu seiner Heimat mehr zu verfügen. Dies ist indes nicht ausschlaggebend, weil der Kläger als erwachsener Mann in der Lage sein muss, seinen und den Lebensunterhalt seiner Verlobten und seines Kindes durch Arbeit zu verdienen, wie dies von seinen Landsleuten in Äthiopien auch erwartet wird. Eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse ist dem Kläger nicht gelungen, er ist vollziehbar ausreisepflichtig, einen Mittelschulabschluss hat er in drei Versuchen nicht erwerben können.

All diese Umstände berücksichtigend, ist der Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens notwendig i.S.v. Art. 8 Abs. 2 EMRK. Art und Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten dürfen hierbei nämlich nicht aus dem Blick gelassen werden. Die Ausweisung als ordnungsrechtliche Maßnahme verfolgt nicht den Zweck der Ahndung eines bestimmten Verhaltens, sondern soll vielmehr künftige Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder Beeinträchtigungen sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Aufenthalts von Ausländern im Inland verhindern bzw. ihnen vorbeugen (BVerfG, B.v. 10.8.2007 – 2 BvR 535/06 – juris Rn. 23). Dieser Aspekt überwiegt im vorliegenden Fall (s. nachfolgend 1.4.3.3.).

1.4.3.2. Auch Art. 6 GG schließt die Ausweisung eines Ausländers nicht generell aus (BayVGH, B.v. 14.4.2015 – 10 ZB 14.2534 – juris Rn. 9 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 7.12.2011 – 1 B 6.11 – juris Rn. 8), weil sich auch gewichtige familiäre Belange bei der Abwägung der gegenläufigen öffentlichen und privaten Interessen nicht stets durchsetzen müssen (BayVGH, B.v. 14.4.2015, a.a.O.). Die Beklagte ist zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen, dass die vom Kläger zu seinem Sohn nach der Haftentlassung aufgebaute Beziehung nunmehr grundsätzlich dem Schutzbereich des Art. 6 GG unterfällt und das Kind in einem Alter ist, in dem es in besonderem Maße auf den Beistand der Eltern angewiesen ist. Allerdings ist das Bleiberecht des Kindes durch die Dauer des Asylverfahrens derzeit befristet. Auch wenn man auf die Sicht des Kindes abstellt und seine und die Belange des Klägers umfassend würdigt, ist der Eingriff in den Schutzbereich von Art. 6 GG vorliegend verhältnismäßig. Beide Eltern sind vollziehbar ausreisepflichtig und haben somit unabhängig von der Ausweisung kein Bleiberecht in Deutschland; aufgrund der Staatsangehörigkeit ist eine gemeinsame Rückkehr nach Äthiopien möglich.

Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist somit weder im Hinblick auf Völkerver-trags- noch auf Verfassungsrecht zu beanstanden.

1.4.3.3. Auf Seiten des öffentlichen Interesses wird zulässigerweise berücksichtigt, dass beim Kläger mit Blick auf sein bisheriges Verhalten von einer hohen Gefahr der Wiederholung bzw. der Begehung auch schwerer Straftaten auszugehen ist, denn die individuelle Prüfung der Wiederholungsgefahr führt vorliegend zum Ergebnis, dass diese gegeben ist, obwohl das Strafgericht die Vollstreckung der Reststrafe des Klägers mit Beschluss vom ... März 2014 zur Bewährung ausgesetzt hat.

Zwar sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei der aufenthaltsrechtlichen Gefahrenprognose anlässlich des Erlasses bzw. der Überprüfung einer spezialpräventiven Ausweisung nicht an die Entscheidungen der Strafgerichte über eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests zur Bewährung gebunden; ihnen kommt aber ein tatsächliches Gewicht zu, und sie stellen bei der ausländerrechtlichen Prognose ein wesentliches Indiz dar (BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10/22 – Ls 1 und Rn. 18). Vorliegend ist die Bedeutung dieses Indizes angesichts des klägerischen Verhaltens nach seiner Haftentlassung aber nur von untergeordneter Bedeutung. Denn die Prognose des Amtsgerichts vom ... März 2014, dass der Kläger in der Lage sein werde, künftig ein straffreies Leben zu führen, hat sich nicht erfüllt. Vielmehr ist der Kläger in den beiden Fällen des Alkoholgenusses, die jeweils anlässlich von Polizeikontrollen festgestellt wurden, immerhin Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen geworden. Zwar führten diese in einem Fall zu einem Freispruch, in dem anderen aber zu einer Verurteilung, auch wenn diese weder einschlägig, noch rechtskräftig ist. Der Kläger hat damit nach Auffassung des Gerichts aber deutlich gemacht, dass er keine Lehren aus der erlittenen Untersuchungs- und Strafhaft gezogen und sich auch die richterliche Weisung, den Konsum von Alkohol und Drogen strikt zu unterlassen, nicht zu Herzen genommen und sein Verhalten entsprechend geändert hat.

Vom Kläger geht nach Auffassung des Gerichts nach wie vor eine Gefahr der Begehung auch schwerer Straftaten aus: Die Anlasstaten für die Ausweisung (gefährliche Körperverletzung, versuchte sexuelle Nötigung, vorsätzliche Körperverletzung) waren schwerwiegend und wurden vom Strafgericht entsprechend hoch sanktioniert. Das Nachtatverhalten in der Justizvollzugsanstalt führte zu zwei Disziplinarmaßnahmen. Die Bewährungshelferin des Klägers hat als Zeugin in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass der Reifeprozess des Klägers noch nicht abgeschlossen sei und er weiterer Unterstützung bedürfe. Seit seiner Entlassung im März 2014 hat der Kläger in mindestens zwei Fällen gegen die richterliche Weisung im Beschluss des Amtsgerichts vom 19. März 2014, wonach er den Konsum von Alkohol und illegalen Drogen strikt zu unterlassen hat, verstoßen. Hiervon geht das Gericht trotz der nicht nachvollziehbaren, anderslautenden schriftlichen Erklärung von Frau ... von der Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe vom ... April 2015 aus, die dem Kläger Alkoholabstinenz seit über zwei Jahren attestiert. Zu Ungunsten des Klägers wertet das Gericht auch, dass der Kläger den Alkoholkonsum vom ... Oktober 2014 weder gegenüber seiner Betreuerin bei der Münchener Zentralstelle für Straffälligenhilfe noch gegenüber seiner Bewährungshelferin eingestanden hat, bevor er im jüngsten Strafverfahren Ende April 2015 zur Sprache kam.

Dass das Strafgericht aus den Verstößen gegen die richterliche Weisung im Beschluss vom ... März 2014 keine Konsequenzen zieht, spielt für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr durch das erkennende Gericht, in dessen Verfahren es um Gefahrenabwehr und nicht um Resozialisierung geht, keine Rolle. Aus diesem Grund ist auch nicht entscheidend, dass der Kläger seit April 2014 ein Praktikum absolviert und eine Ausbildungsstelle in Aussicht hat. Auch dies hat sich bislang offenbar noch nicht hinreichend stabilisierend auf ihn ausgewirkt.

Nach Auffassung des Gerichts bestehen somit Anhaltspunkte dafür, dass auch in Zukunft eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht. Die Abwägungsentscheidung der Beklagten, dass das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr das private Interesse des vollziehbar ausreisepflichtigen Klägers an seinem Verbleib im Bundesgebiet auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes überwiegt, ist nicht zu beanstanden. Es entspricht im Übrigen der kontinuierlichen Ausweisungspraxis der Beklagten, Gewaltstraftäter auch aus generalpräventiven Zwecken aus der Bundesrepublik auszuweisen. Sonstige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Die Ausweisung ist somit rechtmäßig.

2. Auch die Befristung der Wirkung der Ausweisung auf vier Jahre ist nicht zu beanstanden.

Die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, was vorliegend der Fall ist. Bei der Bemessung der Frist ist in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrunds und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Zunächst bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen - das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt - das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Selbst wenn die Voraussetzungen für ein Überschreiten der zeitlichen Grenze von fünf Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG vorliegen, ist davon auszugehen, dass in der Regel ein Zeitraum von maximal zehn Jahren den Zeithorizont darstellt, für den eine Prognose realistischer Weise noch gestellt werden kann (BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20/11 – juris Rn. 40).

Die auf diese Weise ermittelte Frist muss sich aber an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 7 GRCharta, Art. 8 EMRK messen lassen und ist daher gegebenenfalls in einem zweiten Schritt zu relativieren. Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Klägers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung ist nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorzunehmen bzw. von den Verwaltungsgerichten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung des Gerichts vollumfänglich zu überprüfen (BVerwG, U.v. 13.12.2012, a.a.O., Rn. 41).

Unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers zum Bundesgebiet erscheint eine Frist von vier Jahren erforderlich, aber auch ausreichend und angemessen, um einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Gewaltstraftaten zu begegnen. Dabei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass der Kläger einen Sohn hat, der (zunächst) für die Dauer seines Asylverfahrens über eine Aufenthaltsgestattung, jedoch ebenso wie die Kindsmutter und Verlobte des Klägers über die gleiche Staatsangehörigkeit wie der Kläger verfügt.

Auch aus generalpräventiven Gründen ist eine Einreisesperre von vier Jahren an-gemessen und erforderlich.

3. Keinen Bedenken begegnet die auf §§ 59, 58 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung.

Die Klage ist somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 19/05/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
published on 14/04/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt. Gr
published on 01/09/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. April 2014 wird zurückgewiesen.
published on 05/06/2013 00:00

Tenor Den Beschwerdeführern wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
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Annotations

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.