Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2016 - M 17 K 15.5844

bei uns veröffentlicht am28.07.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine kommunale Gebietskörperschaft, begehrt als Trägerin der Kindertageseinrichtung „Kinderwelt ...“ für den Bewilligungszeitraum 2013/2014 von der Beklagten die Gewährung eines Zuschusses in Form einer Betriebskostenförderung nach Art. 18 ff. BayKiBiG für das seit dem ... September 2010 in ihrer Einrichtung betreute Kind ..., ... In ihrem Informationsblatt vom 9. Januar 2013 wies die Klägerin die Erziehungsberechtigte des Kindes darauf hin, dass für den Fall des Wegzugs ein Gastkindantrag nach Art. 23 BayKiBiG a. F. zu stellen sei. Sie wies zudem im Zuge der Gesetzesänderung durch Aushang in der Einrichtung und mit persönlichem Anschreiben an die Eltern auf deren Pflicht nach Art. 26a Satz 2 BayKiBiG hin, Änderungen der nach Satz 1 erforderlichen Daten dem Träger unverzüglich mitzuteilen.

Kurz vor der Einschulung im September 2014 zogen das Kind und seine Mutter zum ... Juni 2014 in das Gemeindegebiet der Beklagten um. Davon erlangte die Beklagte erstmalig aufgrund einer Abfrage aus dem Meldeportal, die sie im Rahmen der Endabrechnung für das Betreuungsjahr 2013/2014 routinemäßig durchführte, Kenntnis. Eine Gastkindmeldung erfolgte zeitgleich mit dem Antrag der Klägerin vom 29. April 2015 an die Beklagte auf Bewilligung von Fördermitteln in Höhe von insgesamt 1.522,16 € aus der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in den Monaten Juni, Juli und August 2014. Diese Summe setzt sich zusammen aus 1.222,16 € kindbezogener Förderung, davon 593,29 € kommunaler und 628,86 € staatlicher Förderanteil, sowie 300,00 € staatlichem Zuschuss zur Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres nach Art. 23 Abs. 3 BayKiBiG. Eine Mitteilung über den Wohnortwechsel durch die Mutter des Kindes erfolgte nicht.

Die Beklagte erließ am 30. Juni 2015 einen Endabrechnungsbescheid, mit dem die beantragten Fördermittel auf insgesamt 300,00 € (= Elternbeitragszuschuss für Juni, Juli und August 2014) gekürzt wurden. Die kindbezogene Förderung wurde in voller Höhe mit der Begründung abgelehnt, dass die Gastkindmeldung nicht gemäß Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG fristgemäß erfolgt sei.

Dagegen legte die Klägerin unter dem 7. August 2015 Widerspruch ein. Der Umzug des Kindes hätte ihr nicht bekannt sein können, da die Bestätigung der Kündigung des Betreuungsplatzes im Juli 2014 noch an die alte Wohnadresse zugestellt habe werden können. Aufgrund der persönlichen Verhältnisse der Mutter sei es schwierig, diese für die Verletzung Ihrer Mitteilungspflicht in Regress zu nehmen. Der Ablehnungsbescheid sei zudem erst nach Ablauf der materiellen Ausschlussfrist für die Beantragung staatlicher Mittel (30. Juni 2015) am 15. Juli 2015 zugegangen. Hätte der Bescheid die Klägerin noch vor dem Fristablauf erreicht, hätte sie über die Übernahme der kommunalen Förderung entscheiden und die staatlichen Mittel beim Landratsamt München beantragen können.

Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 28. September 2015 dem Landratsamt München zur Entscheidung vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2015 wurde dieser sodann zurückgewiesen. Die verspätete Umzugsmeldung stelle einen Verstoß gegen die Fördervoraussetzungen des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG dar. Der Wohnortwechsel des Kindes sei nicht innerhalb der Dreimonatsfrist in Textform angezeigt worden. Nach der Intention des Gesetzgebers sei es Aufgabe des Trägers, organisatorisch sicherzustellen, dass er über den Wechsel des Wohnortes der betreuten Kinder zeitnah Kenntnis erlangt. Rechtsfolge der verspäteten Meldung sei der Verlust des Förderanspruches der Klägerin gegenüber der Beklagten. Damit sei auch der Förderanspruch der Beklagten gegenüber dem Freistaat Bayern aus Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG entfallen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2015, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag zugegangen, Klage mit dem Antrag,

den Abrechnungsbescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24. November 2015 insoweit aufzuheben, als er die Gewährung einer weiteren kindbezogenen Förderung in Höhe von 1.222,16 € ablehnt sowie

die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin entsprechend wie im Antrag vom 29. April 2015 eine Betriebskostenförderung von weiteren 1.222,16 € zu gewähren.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 5. Februar 2016 ausgeführt, dass Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG nach seinem klaren Wortlaut, der Intention des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen sowie dem Reglungszusammenhang auf den Fall der nachträglichen Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht anwendbar sei. Wertungsmäßig handle es sich zudem um einen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag vergleichbaren Fall. Nach dem in Art. 104a Abs. 1 und 2 GG zum Ausdruck kommenden Grundsatz habe nicht der handelnde, sondern der an sich zuständige Verwaltungsträger die entstehenden Kosten zu tragen. Die Aufenthaltsgemeinde sei bei nachträglicher Änderung des Aufenthaltes des Gastkindes nicht schutzbedürftig, da zu diesem Zeitpunkt die Aufenthaltsgemeinde ihre finanziellen Planungen bereits abgeschlossen haben könnte. Anders als im gesetzlich geregelten Fall habe es der Einrichtungsträger bei der nachträglichen Änderung der Gastkommune nicht selbst in der Hand, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen und herbeizuführen. Andernfalls wäre die Klägerin zur Vermeidung förderrechtlicher Nachteile dazu verpflichtet, in mindestens dreimonatigen Abständen den gewöhnlichen Aufenthalt aller in ihrer Einrichtung betreuten Kinder regelmäßig zu überprüfen. Die Klägerin wäre auch hier auf die Mitwirkung der Eltern des betreuenden Kindes angewiesen. Eine fortdauernde Überprüfungspflicht bei Gastkindern wäre mit dem gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungsvereinfachung nicht in Einklang zu bringen. Dies ergebe sich auch im Umkehrschluss aus Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG. Diese Vorschrift enthalte zwar eine Pflicht zur vierteljährlichen Aktualisierung der kindbezogenen Daten. Eine entsprechende Erhebungspflicht sei damit jedoch nicht verbunden. Der Träger müsse die ihm bekannten Änderungen mitteilen. Dabei handele es sich zudem - anders als bei Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG - nicht um eine materielle Ausschlussfrist, sondern um eine Ordnungsfrist. Nur eine schuldhafte Versäumnis dieser Frist könne förderrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Zudem bestehe auch nach Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG keine Pflicht zur fortlaufenden Überprüfung der Daten, sondern nur zur Mitteilung bekannter Änderungen. Die Mitteilungspflicht diene in erster Linie der Schaffung einer verlässlicheren Datengrundlage für die Bedarfsplanung. Der Klägerin stehe jedenfalls ein Anspruch auf Erstattung der Förderung in Höhe des staatlichen Anteils nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Schadensersatzanspruches zu. Die Beklagte habe durch die verspätete Verbescheidung des Förderantrags der Klägerin eine Nebenpflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt und es ihr dadurch unmöglich gemacht, den kommunalen Förderanteil als für die Trägereinrichtung zuständige Kommune selbst zu übernehmen sowie die staatliche Förderung nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG zu beantragen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen mit Schriftsatz vom 8. März 2016 ausgeführt, dass es unzutreffend sei, dass die Beklagte mit der am 15. Juli 2014 zugestellten Förderentscheidung die rechtzeitige Beantragung der staatlichen Förderung nach § 18 Abs. 2 BayKiBiG direkt beim Landratsamt München vereitelt habe. Zum einen sei die Zustellung der Entscheidung der Beklagten an die Klägerin am 15. Juli 2015 erfolgt. Zum anderen sei ein Zeitraum von ca. zwei Wochen zwischen Erlass eines Bescheides und dessen Zustellung in der Verwaltungspraxis keinesfalls ungewöhnlich. Die einschränkende Interpretation des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG durch die Klägerin sei weder von Wortlaut noch dem gesetzgeberischen Willen gedeckt. Aus dem Willen des Gesetzgebers, Unsicherheiten bei der kommunalen Finanzplanung zu verhindern, werde deutlich, dass die Mitteilungspflicht des Trägers gerade nicht mit der erstmaligen Ausübung der Anzeige erlöschen soll. Dafür sprächen auch die Umstände, die zur seinerzeitigen Novellierung des BayKiBiG geführt hätten. In konsequenter Umsetzung der Rechtsprechung des BayVGH (U.v. 05.05.2008 - 12 BV 07.3085) habe sich der Gesetzgeber mit der Novellierung dafür entschieden, die Regelungen zur Bedarfsnotwendigkeit (Art. 7 Abs. 2 BayKiBiG a. F.) sowie die Gastkinderregelung (Art. 23 BayKiBiG a. F.) ersatzlos zu streichen. Zum Ausgleich dafür sei die Mitteilungspflicht des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG eingeführt worden. Angesichts der Mobilität der Gesellschaft würde es keinen Sinn machen, die Anzeigepflicht des Trägers lediglich auf die Erstaufnahme zu beschränken. Nach dem Regelungssystem des BayKiBiG trage das Finanzierungsrisiko grundsätzlich der Träger. Es handele sich nicht um einen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag vergleichbaren Fall, da die Finanzierung der Kindertagesbetreuung mit kommunalen Finanzmitteln letztlich - auch im Verhältnis zu freien Trägern - nur ergänzenden, subsidiären Charakter habe. Denn durch die öffentliche Förderung sollen die Träger nicht für die Erfüllung von gemeindlichen Aufgaben vergütet, sondern ausschließlich unterstützt werden. Die Träger würden also auch dann nicht zum Beauftragten oder Erfüllungsgehilfen der für die Sicherstellung eines hinreichenden Tagesbetreuungsangebotes zuständigen Kommunen (vgl. Art. 5 Abs. 1 BayKiBiG), wenn sie öffentliche Finanzmittel bezögen. Vielmehr nähmen sie weiterhin ihre eigenen Aufgaben wahr, obwohl sie in diesem Zusammenhang möglicherweise zugleich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erfüllten. Die Anzeigepflicht der Klägerin ergäbe sich zudem aus dem Regelungszusammenhang. Ausweislich der Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber bei der Mitteilungspflicht nach Art. 26a BayKiBiG vor alledem an das Problem eines Umzugs innerhalb des Bewilligungszeitraums gedacht. Um das Risiko von Förderausfällen beim Träger - infolge einer Nichterfüllung der Anzeigepflicht aus Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG durch fehlende rechtzeitige Mitteilung der Eltern - zu minimieren, habe der Gesetzgeber ergänzend geregelt, dass die Nichtbeachtung der Mitteilungspflicht der Eltern nach Art. 26b BayKiBiG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden könne. Die Argumentation der Klägerin stelle sich überdies als Fall der unzulässigen Rechtsausübung entsprechend § 242 BGB (venire contra factum proprium) dar, die auch im öffentlichen Recht Anwendung finde. Ausweislich der begleitenden E-Mail zum Förderantrag vom 29. April 2015 sei die Klägerin offenbar selbst davon ausgegangen, dass sie die Frist versäumt habe und deshalb ein Förderanspruch nicht gegeben sei. Sie habe lediglich die Auffassung vertreten, dass dies nicht ihr Verschulden sei. Damit habe die Klägerin aber zugleich deutlich gemacht, dass sie von einer andauernden Verpflichtung aus Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG ausgehe. Auch aus dem Informationsschreiben der Klägerin an die Eltern ergebe sich, dass die Klägerin dem Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG ganz offenkundig dasselbe Verständnis wie die Beklagte zugrunde lege. Es werde sowohl auf das Thema Umzug als auch auf die damit verbundene förderrechtliche Problematik hingewiesen. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bestehe nicht, da es an einer Rechtsgrundlage fehle und es sich bei dem staatlichen Teil der Förderung nach Art. 21 BayKiBiG nicht um eine selbstständig vom Träger einklagbare Leistung handele. Zudem mangele es an einem notwendigen Rechtsverhältnis zur fördernden Aufenthaltsgemeinde.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2016 ergänzte und vertiefte der Klägerbevollmächtigte sein Vorbringen. Eine unzulässige Rechtsausübung liege nicht vor, da die Klägerin immer der Auffassung gewesen sei, dass die verspätete Meldung des Gastkindes nicht förderschädlich sein könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte sowie der Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2016 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts München vom 24. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), denn ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung der weiteren Betriebskostenförderung gemäß Art. 18 ff. BayKiBiG für das Gastkind ... wegen Verstoßes gegen die Fördervoraussetzung des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG für den Zeitraum von Juni bis August 2014 nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1.1. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege i. d. F. vom 14. Juni 2016 (GVBl. S. 94) (Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz - BayKiBiG) haben Träger von Kindertageseinrichtungen unter den Voraussetzungen des Art. 19 und nach Maßgabe von Art. 22 einen kindbezogenen Förderanspruch gegenüber den Gemeinden, in denen die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) haben (Aufenthaltsgemeinden).

Mit der Änderung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes wurden die Fördervoraussetzungen in Art. 19 BayKiBiG gebündelt und erweitert (vgl. Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Vorbem. zu Art. 19 BayKiBiG). Als weitere Fördervoraussetzung wurde eine Anzeigepflicht bei Aufnahme ortsfremder Kinder in Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG verankert. Der Förderanspruch in Bezug auf Kindertageseinrichtungen nach Art. 18 Abs. 1 BayKiBiG setzt damit u. a. voraus, dass der Träger die Aufnahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung binnen drei Kalendermonaten der Aufenthaltsgemeinde oder in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 Satz 2 dem örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Textform anzeigt (Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG). Soweit die Einrichtung die Aufnahme eines Gemeindekindes nicht anzeigt, verliert sie für dieses Kind den Anspruch auf die kindbezogene Förderung durch die Aufenthaltsgemeinde (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 23).

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 31. August 2014 nicht zu, da sie ihrer Anzeigepflicht nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG nicht rechtzeitig nachkam. Dadurch, dass sie die (Wieder)Aufnahme des Kindes nach Verlegung ihres gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung (Umzug am 16. Juni 2016) unstreitig nicht innerhalb von drei Monaten und damit rechtzeitig im Sinne des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG der Beklagten in Textform anzeigte, fehlt es an der zwingenden Fördervoraussetzung des maßgeblichen Gastkindes für die Monate Juni bis August 2014.

Die Anzeigepflicht des Trägers nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG umfasst dabei im Wege der Gesetzesauslegung auch den Fall der nachträglichen Änderung des Aufenthaltsorts des betreuten Kindes.

1.1.1. Gegenstand der Auslegung ist das Gesetz selbst und der im Gesetz objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in dem sie steht (BVerfG, B.v. 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 - juris, NVwZ 2012, 504; Würdinger JuS 2016, 1; BVerfG, B.v. 25.01.2011 - 1 BvR 918/10 - juris - BVerfGE 128, 193 = NJW 2011, 836; BVerfG, B.v. 23.05.2016 - 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15 - juris).

Dem Auslegungsziel dienen, so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60 - juris - BVerfGE 11, 126 = NJW 1960, 1563), die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) und aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Um den objektiven Willen des Gesetzgebers zu erfassen, sind alle diese Auslegungsmethoden erlaubt. Sie schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Das gilt auch für die Heranziehung der Gesetzesmaterialien, soweit sie auf den objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung des Gesetzes allerdings nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat und er sich aus dem Sinnzusammenhang ergibt. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (BVerfG, B.v. 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60 - juris - BVerfGE 11, 126 = NJW 1960, 1563).

a) Entgegen der klägerischen Auffassung lässt es der Wortlaut des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG zu, auch die nachträgliche Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des betreuten Kindes unter die Anzeigepflicht fallen zu lassen. Für den Träger besteht die Verpflichtung, die „Aufnahme eines Kindes“ mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung binnen drei Kalendermonaten der Aufenthaltsgemeinde in Textform anzuzeigen. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist unter Aufnahme zwar die tatsächliche Aufnahme des Kindes in der Einrichtung zu verstehen („die Frist beginnt somit mit dem ersten regulären Besuchstag des Kindes“ vgl. LT-Drs. 16/12782, S. 23; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Erl. 8 zu Art. 19). Jedoch muss dies dem Wortlaut nach nicht der tatsächlich (aller)erste Besuchstag des Gastkindes in der Einrichtung sein (im Ergebnis so wohl auch VG Augsburg U.v. 28.07.2015 - AU 3 K 15.675 - juris Rn. 27; Dunkel/Eirich, BayKiBiG mit Ausführungsverordnung, 4. Auflage 2015, Art. 19 Rn. 8). Vielmehr kann darunter auch der erste reguläre Besuchstag des Gastkindes seit der Änderung seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes verstanden werden. Nach dem Wortlaut ist die Aufnahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung anzuzeigen. Im Hinblick auf den lediglich zeitlich geänderten Bezugspunkt der „Aufnahme“ stehen auch die terminologischen Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht entgegen, wonach unter Aufnahme dem Wortsinn nach und der indikativen Bedeutung nur die erstmalige Erbringung von Betreuungsleistungen anzusehen sei und ein aktives Tun erfordere. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung beziehen sich in erster Linie auf Erläuterungen zum Fristbeginn ohne die Begrifflichkeit der „Aufnahme“ als solche näher zu konkretisieren, so dass im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung auch der spätere Wohnortwechsel unter die Anzeigepflicht des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG fällt. Das betreute Kind wurde einen Tag nach seinem Umzug am 16. Juni 2014 in der Einrichtung der Klägerin (wieder) aufgenommen, so dass dieser Tag der erste reguläre Besuchstag des Kindes seit Änderung seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes war.

b) Bei der Auslegung des Gesetzes kann auch der Wille des Gesetzgebers berücksichtigt werden, da er in dem Wortlaut des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat und er sich aus dem Sinnzusammenhang ergibt. Soweit es in Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG heißt, „die Aufnahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung“ wird die Koppelung der Anzeigepflicht an den Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes hinreichend deutlich.

Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich bei der Pflicht zur Anzeige gemäß Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG um eine andauernde Verpflichtung, die nicht mit der einmaligen Prüfung des gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme des Kindes in der Einrichtung erlischt. Andernfalls würde dem Sinn und Zweck der Regelung nicht hinreichend Rechnung getragen werden. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zielte die Änderung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes zum 1. Januar 2013 auf eine Verschlankung der Verwaltungsvorgänge und damit einhergehend eine Entlastung der Träger, insbesondere durch die Einführung eines online-gestützten Abrechnungsverfahrens, das die Planungssicherheit für „alle Beteiligten“ erhöht. Als unerlässlich hierfür wurde die Einführung von Informations- und Anzeigepflichten erachtet. Der Anspruch auf kindbezogene Förderung setzt daher nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG seitdem voraus, dass der Einrichtungsträger die Aufnahme eines Kindes, dessen Aufenthalts- nicht mit der Sitzgemeinde der Einrichtung identisch ist, anzeigt (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 9). Diese Pflicht wurde „auf Wunsch der Gemeinden“ normiert. Die Anzeigepflicht soll Unsicherheiten bei der kommunalen Finanzplanung verhindern, die entstehen, wenn die Aufnahme von Gemeindekindern der Gemeinde erst nach Ablauf des Bewilligungsjahrs bei Übermittlung des Förderantrags bekannt wird (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 23; vgl. VG Augsburg, U.v. 28.7.2015 - Au 3 K 15.675 - juris Rn. 21 ff.).

Indem auch die nachträgliche Änderung des Aufenthaltsorts des betreuten Kindes unter Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG fällt, wird dem gesetzgeberischen Interesse ausreichend Rechnung getragen. Andernfalls würde die Anwendung des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG weitgehend leer laufen und sich der bezweckte Schutz der Aufenthaltsgemeinde auf die Fälle reduzieren, in denen das Gastkind (nur) zum Zeitpunkt des ersten Aufnahmetages seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde hat. Aus welchen Gründen allein dieser Umstand schützenswert sein sollte, der der nachträglichen Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts allerdings nicht, erschließt sich weder aus dem Wortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien.

Die klägerische Annahme, dass ein Wegfall der Förderung auch die Klägerin in besonderem Maße in ihrer finanziellen Planungssicherheit treffe, geht ins Leere, da durch Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG die kommunale Finanzplanung der Aufenthaltsgemeinde, nicht aber die finanzielle Planungssicherheit des Trägers, der in diesem Fall (zufällig) eine kommunale Gebietskörperschaft ist, geschützt werden soll. Für eine vorzunehmende Abwägung der Interessen der Aufenthaltsgemeinde und des Einrichtungsträgers, wie die Klagepartei meint, fehlt es an gesetzlichen Anhaltspunkten. Im Ansatz nicht weiterführend ist zudem die klägerische Behauptung, wonach die Aufenthaltsgemeinde bei nachträglicher Änderung des Aufenthaltes nicht schutzbedürftig sei, da anders als bei der erstmaligen Aufnahme eines Gastkindes der nachträgliche Wechsel des Aufenthalts zu einem Zeitpunkt erfolgen könne, zu dem die Aufenthaltsgemeinde ihre finanziellen Planungen bereits abgeschlossen habe. Zum einen kann die Berücksichtigung eines Kindes bei der gemeindlichen Haushalts- und Finanzplanung beispielsweise auch dann ausgeschlossen sein, wenn der tatsächlich (aller)erste Besuchstag des Kindes im Dezember eines Jahres stattfindet und die Trägereinrichtung erst Ende Februar die allererste Aufnahme anzeigt. Zum anderen sind dies Ausnahmefälle, die nicht geeignet sind, der Gemeinde die Schutzwürdigkeit an sich abzusprechen.

Der klägerische Vortrag, dem Träger könne eine fortdauernde Überprüfungspflicht nicht zugemutet werden, vermag die Anzeigepflicht eines nachträglichen Wohnortwechsels grundsätzlich nicht infrage zu stellen. Eine unzumutbare Belastung für den Träger ist schon deshalb nicht überzeugend dargetan, weil die Eltern nach Art. 26a Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 5 BayKiBiG verpflichtet sind, einen Wohnortwechsel dem Träger unverzüglich mitzuteilen. Ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 27) ist dies insbesondere dann von entscheidender Bedeutung, wenn innerhalb des Bewilligungszeitraums ein Umzug erfolgt, sich somit der Anspruchsgegner u. a. für die Ansprüche auf kindbezogene Förderung verändert. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass nicht wenige Eltern Änderungen des Aufenthaltsortes nicht oder verspätet mitteilen. Dies führt in Einzelfällen zu erheblichen Einnahmeausfällen und gefährdet die Finanzierung der betreffenden Einrichtungen. Eine Nichtbeachtung wird daher nach Art. 26b BayKiBiG als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf die in der Vergangenheit erfolgten verspäteten Mitteilungen der Eltern hat der Gesetzgeber reagiert, indem der Träger Gastkinder binnen drei Kalendermonaten an die Aufenthaltsgemeinde (Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG) und die Eltern den Umzug melden müssten (Dunkel/Eirich, BayKiBiG mit Ausführungsverordnung, 4. Auflage 2015, Art. 26a). Gegebenenfalls stünden insoweit auch Regressmöglichkeiten gegenüber den Eltern bei verschuldeter Nichtbeachtung im Raum. Soweit aufgrund eines Härtefalls darauf verzichtet wird, liegt dies im Verantwortungsbereich des Trägers und kann nicht zulasten der Aufenthaltsgemeinde geltend gemacht werden.

Eine fortdauernde Überprüfungspflicht steht auch entgegen der klägerischen Auffassung mit dem gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungsvereinfachung in Einklang, da dieses gesetzgeberische Ziel darauf gerichtet ist, mit der Vereinfachung der Vorgaben zur Bedarfsanerkennung und der Einführung eines netzwerk-gestützten Abrechnungsverfahrens den Verwaltungsaufwand in den Kommunen zur Abwicklung der Förderverfahren und nicht den Aufwand der Träger deutlich zu reduzieren.

c) Für eine die Klägerin treffende Anzeigepflicht eines nachträglichen Wohnortwechsels des Gastkindes im Sinne des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG spricht zudem der oben aufgezeigte Regelungszusammenhang zu Art. 26a BayKiBiG. Die klägerische Annahme, dass die systematische Auslegung für ihre Rechtsauffassung spreche, da Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG die Anzeige gegenüber der Aufenthaltsgemeinde bei erstmaliger Aufnahme der Betreuung statuiere, währenddessen Art.19 Nr. 8 BayKiBiG eine Pflicht zur Mitteilung von Änderungen und zur Aktualisierung nur gegenüber dem Landratsamt als datenführender Stelle enthalte, vermag das Gericht bereits deshalb nicht zu teilen, weil die beiden Ziffern in Art. 19 BayKiBiG selbstständig nebeneinander stehen und unterschiedliche Regelungszwecke verfolgen. So ist die von Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG beabsichtigte Sicherstellung der kommunalen Finanzplanung durch Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG nicht hinreichend gewährleistet. Es spricht nichts dafür, dass eine Datenübermittlung nach Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG die Meldung nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG entbehrlich machen könnte. Bei der vierteljährlichen Aktualisierung der Daten im KiBiG.web erfolgt alleine eine Meldung an das entsprechende Rechenzentrum. Die Aufenthaltsgemeinde erhält demgegenüber keine Information oder Mitteilung, dass Daten neu eingepflegt oder geändert worden sind. Die von der Änderung des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG gewollte Sicherheit für die kommunale Finanzplanung kann nur durch eine adressatenbezogene Meldung erreicht werden.

1.1.2. Auf die Frage, inwieweit Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG aufgrund einer vergleichbaren Interessenlage und planwidrigen Regelungslücke analog herangezogen werden kann, kommt es damit nicht mehr an.

1.1.3. Als ebenfalls nicht tragfähig erweist sich der klägerische Einwand, dass ein Verstoß gegen Art. 104a Abs. 1 und 2 GG vorliege, wonach nicht der handelnde, sondern der an sich zuständige Verwaltungsträger die entstehenden Kosten zu tragen habe, da dieser im Verhältnis zweier Gemeinden untereinander bereits keine Anwendung findet. Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschrift verbietet damit, dass der Bund die Erfüllung von Aufgaben eines Landes mitfinanziert und dass umgekehrt die Länder die Wahrnehmung von Aufgaben des Bundes mitfinanzieren (vgl. BVerfG, U.v. 27.5.1992 - 2 BvF 1, 2/88, 1/89 und 1/90 - juris - BVerfGE 86, 148; BVerwG, U.v. 15.3.1989 - 7 C 42.87 - juris - BVerwGE 81, 312). Die Gemeinden werden dabei als Glieder des betreffenden Landes behandelt und ihre Aufgaben und Ausgaben denen des Landes zugerechnet. Damit regelt Art. 104a Abs. 1 GG zwar auch das Verhältnis des Bundes zu den Gemeinden und verbietet es, finanzielle Lasten, die bei der Erledigung einer Aufgabe des Bundes anfallen, den Gemeinden zu überbürden (BVerfG, U.v. 27.5.1992 - 2 BvF 1, 2/88, 1/89 und 1/90 - a. a. O.; BVerwG, U.v. 8.2.1974 - 7 C 16.71 - juris - BVerwGE 44, 351; U.v. 15.3.1989 - 7 C 42.87 - a. a. O.), jedoch nicht das im Verhältnis zweier Gemeinden untereinander.

1.2. Einen Anspruch auf Gewährung einer weiteren kindbezogenen Förderung kann die Klägerin auch nicht aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB analog ableiten. Die Anwendung einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag ist bereits ausgeschlossen, da hinsichtlich der kindbezogenen Förderung die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des BayKiBiG erschöpfende Regelungen vorsehen (Sprau in: Palandt, BGB, 72. Auflage, 2013, Einführung vor § 677 Rn. 5 unter Hinweis auf BGH, U.v. 17.11.2011 - III ZR 53/11 - juris Rn. 15). Die Heranziehung der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag würde zur Umgehung der gesetzlich vorgegebenen Fördervoraussetzungen führen. Liegt die Fördervoraussetzung des § 19 Nr. 7 BayKiBiG nicht vor, darf keine Förderung über die Hintertür einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgen. Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die Betreuung des Gastkindes kein fremdes Geschäft geführt hat. Da die Klägerin als Trägerin der Einrichtung selbst einen Betreuungsvertrag mit der Erziehungsberechtigten des Gastkindes abgeschlossen hat, führt sie im Rahmen der Kinderbetreuung ein eigenes Geschäft.

1.3. Soweit die Klagepartei schließlich ihren Förderanspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Schadensersatzanspruch herzuleiten versucht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Dadurch, dass die Beklagte den Endabrechnungsbescheid (erst) am 30. Juni 2015 mit Ablauf der Ausschlussfrist des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG erließ, folgt für die Klägerin kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der streitgegenständlichen kindbezogenen Förderung.

Die Gemeinden können nach Art. 18 Abs. 2 BayKiBiG für die von ihnen nach Maßgabe des Art. 22 BayKiBiG geförderten Kindertageseinrichtungen einen gesetzlichen Förderanspruch gegenüber dem Freistaat Bayern geltend machen. Zwar spricht Abs. 2 generell von Gemeinden, damit ist aber in erster Linie die Aufenthaltsgemeinde (Art. 18 Abs. 1Satz 1 BayKiBiG) gemeint (Dunkl/Eirich, Kommentar zum BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Nr. 3.3.1 zu Art. 18). Zwar ist auch denkbar, dass eine nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayKiBiG verpflichtete Gemeinde eine kindbezogene Förderung einschließlich Eigenanteil nach Art. 22 BayKiBiG an einen Träger einer Kindertageseinrichtung erbringt. Unabhängig von der Frage, ob dies auch dann Geltung für sich beansprucht, wenn die Gemeinde zugleich selbst als Träger einer Kindertageseinrichtung Empfänger der kindbezogenen Förderung ist, scheitert ein Refinanzierungsanspruch gegen den Freistaat Bayern nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG jedenfalls an dem Umstand, dass der Träger alle Voraussetzungen nach Art. 19 BayKiBiG, mithin auch des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG zu erfüllen hat (BayVGH, B.v. 01.10.2015 - 12 ZB 15.1698 - juris Rn. 23). Dies ist aber vorliegend - wie dargestellt - nicht der Fall.

Unabhängig davon, ist eine schuldhafte Pflichtverletzung von Seiten der Beklagten nicht erkennbar. Es besteht kein Anspruch der Klägerin auf eine Entscheidung innerhalb einer bestimmten Frist. Der Klägerin hätte zudem die verwaltungsprozessuale Möglichkeit einer Untätigkeitsklage zur Verfügung gestanden. Im Übrigen wäre es ihr unbenommen gewesen, einen entsprechenden Förderantrag gegenüber dem Freistaat Bayern unabhängig von der Entscheidung der Beklagten fristwahrend zu stellen.

2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 188 Abs. 1 Halbsatz 1 VwGO gerichtskostenfrei.

3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

4. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da die Frage, ob Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG tatsächlich auch auf eine nachträgliche Änderung des Aufenthaltsorts des betreuten Kindes Anwendung findet, bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist. Diese Frage ist aber über den hier zu entscheidenden Fall hinaus von Bedeutung.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124 und 124a Abs. 1 VwGO kann die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Über die Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert wird auf EUR 1.222,16 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Gründe:

Die Klägerseite hat in der mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2016 die Festsetzung des Gegenstandswertes beantragt. Da in dem Rechtsstreit Gerichtskosten nicht erhoben werden, war der Gegenstandswert durch Beschluss gemäß § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen. Die Höhe des Gegenstandswertes richtet sich nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i. V. m. § 52 Abs. 3 GKG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Tenor 1. Das Urteil des Amtsgerichts Ehingen vom 9. Oktober 2008 - 2 Ds 42 Js 7583/07, AK 632/07 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 2 d

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(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.

(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes durchgeführt. Bei der Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird das Gesetz im Auftrage des Bundes ausgeführt, wenn der Bund drei Viertel der Ausgaben oder mehr trägt.

(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.

(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Das Urteil des Amtsgerichts Ehingen vom 9. Oktober 2008 - 2 Ds 42 Js 7583/07, AK 632/07 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes, soweit das Verfahren nicht durch Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2009 - 2 Ss 89/09 - eingestellt worden ist.

Das Urteil wird insoweit aufgehoben und die Sache wird an das Amtsgericht Ehingen zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2009 - 2 Ss 89/09 - gegenstandslos, soweit er die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Amtsgericht Ehingen bestätigt hat.

2. ...

3. Der Gegenstandswert wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen eine Verurteilung zu einem Bußgeld von 10.000 € wegen eines ihm zur Last gelegten Verstoßes gegen eine immissionsschutzrechtliche Auflage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).

2

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer einer als GmbH & Co. KG verfassten Firma, die in einer Halle auf ihrem Betriebsgelände eine Wertstoffsortieranlage für Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle betreibt.

3

Die abfall- und baurechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage einschließlich Hallenum- und -neubau erteilte das zuständige Landratsamt mit Bescheid vom 5. August 1991. Darin heißt es unter anderem:

4

"II. Nebenbestimmungen

5

1.  Errichtung der Wertstoffsortieranlage 

6

(…)

7

1.6 Folgende Flächen sind wasserdicht und chemikalienbeständig zu beschichten (z.B. mit sog. Industriefußboden oder Gußasphalt):

8

- Anlieferungsfläche

9

- Vorsortierfläche inclusive der daran anschließenden

10

- Fläche, die vom Bunker- und Steigband bis zu dessen Abwurf in die Siebtrommel überdeckt wird (ringsum mindestens ein Meter überstehend. Per Aufkantung oder per Gefälle ist sicherzustellen, dass evtl. austretende Flüssigkeiten auf der so befestigten Fläche verbleibt [sic!] und mindestens ca. 1 m³ zurückgehalten werden kann. Abläufe sind nicht zulässig.

11

Die übrigen Flächen sind wasserdicht (z.B. Beton oder Gußasphalt) und ohne Abläufe zu befestigen.

12

(…)

13

2.  Betrieb der Anlage 

14

(…)

15

2.9 Gepresste Ballen sind bis zum Abtransport unter Dach oder wasserdicht abgedeckt zwischenzulagern.

16

2.10 Andere Wertstoffe wie Holz, Metalle und Styropor sind nach Verfüllung der jeweiligen Container direkt zur Wiederverwertung bzw. zum Abnehmer zu transportieren.

17

(…)"

18

Mit weiterem Bescheid vom 8. September 1997 erteilte das Landratsamt der Firma die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Lagern und Brechen von Bauschutt und Hölzern ohne schädliche Verunreinigungen und Erstellung eines Lärmschutzwalles sowie die Erhöhung der Durchsatzleistung der Wertstoffsortieranlage. In dem Bescheid heißt es, dass die abfallrechtliche Genehmigung vom 5. August 1991 mit Ausnahme der Durchsatzleistung in vollem Umfang weiterhin Gültigkeit behalte.

19

2. Mit angegriffenem Urteil vom 9. Oktober 2008 verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer wegen eines Verstoßes gegen eine Auflage beim Betrieb einer genehmigungspflichtigen Anlage tateinheitlich mit der Lagerung von Abfall außerhalb einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage und tateinheitlich mit dem Verstellen einer Feuerwehrdurchfahrt zu einer Geldbuße von 20.000 €.

20

Das Gericht traf unter anderem die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 16. März 2006 auf bestimmten - im Urteil näher bezeichneten - Flächen außerhalb der Halle mindestens 100 Tonnen Müll gelagert habe. Etwa 20 % hiervon hätten sich auf einer näher bezeichneten unbefestigten Fläche befunden. Bis zum 24. April 2006 habe er den größten Teil des Mülls von unbefestigten Flächen entfernt. Am 24. April 2006 hätten sich aber immer noch einige Müllballen auf unbefestigter Fläche befunden.

21

Der Beschwerdeführer habe den Bußgeldtatbestand des § 62 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG verwirklicht. Er habe als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma Müll auf nicht befestigtem Untergrund gelagert.

22

Nach Nr. 1.6 der Nebenbestimmungen der Genehmigung vom 5. August 1991 seien "die übrigen Flächen" wasserdicht zu befestigen. Bei der im Urteil näher bezeichneten Fläche handele es sich um eine solche "übrige Fläche". Kernpunkt der Genehmigung sei zwar der Betrieb einer Wertstoffsortieranlage innerhalb einer Halle. Der Verteidiger habe argumentiert, der Begriff der "übrigen Flächen" beziehe sich daher nur auf Flächen innerhalb der Halle, in der die Wertstoffsortieranlage betrieben werde. Nach Auffassung des Gerichts sei mit dem Begriff "übrige Flächen" aber jede Fläche auf dem Betriebsgelände gemeint, auf der im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffsortieranlage Müll und Wertstoffe abgestellt würden. Dass innerhalb der Halle die Flächen befestigt seien und nicht etwa aus blankem Ackerboden bestünden, verstehe sich von selbst. Wenn mit dem Begriff "übrige Flächen" nur Bereiche innerhalb der Halle gemeint gewesen wären, wäre diese Klausel überflüssig gewesen.

23

Der Beschwerdeführer habe die Ordnungswidrigkeiten mindestens mit bedingtem Vorsatz begangen. Er sei der verantwortliche Geschäftsführer der Firma und als solcher mit dem täglichen Ablauf im Betrieb befasst. Er halte die Fäden in der Hand. Ohne seine Zustimmung sei auf dem Betriebsgelände nichts möglich.

24

Desweiteren verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer wegen Verstoß gegen Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und solche der Landesbauordnung sowie entsprechender Ausführungsverordnungen.

25

3. Auf die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt wurde, beschränkte das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 23. Dezember 2009 den Vorwurf auf den Verstoß gegen § 62 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG und reduzierte die Geldbuße auf 10.000 €. Im Hinblick auf die Verurteilung wegen des Verstoßes gegen eine immissionsschutzrechtliche Auflage verwarf es die Rechtsbeschwerde als unbegründet.

II.

26

Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 (Willkürverbot), Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 2 GG.

27

Die verfassungsrechtliche Gesetzesbestimmtheit sei verletzt, weil der Begriff der "übrigen Flächen" im zweiten Teil der Genehmigungsauflage Nr. II. 1.6 des Bescheides vom 5. August 1991 in hohem Maße unbestimmt sei. Ob nicht nur Flächen im Inneren der Halle "übrige Flächen" seien, sondern auch Außenflächen des Betriebshofs dann, wenn dort "im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffsortieranlage Müll und Wertstoffe abgestellt werden", lasse sich der Auflage nicht mit der verwaltungsrechtlich und rechtsstaatlich notwendigen Bestimmtheit entnehmen.

28

Es gebe in deren Wortlaut keine Anhaltspunkte dafür, sie auf alle Flächen des Betriebsgeländes zu beziehen, auf denen Müll und Wertstoffe abgestellt würden. Das Amtsgericht blende aus, dass die Auflage eine bestimmte Art und Weise der Befestigung - nämlich wasserdicht und ohne Abläufe - der "übrigen Flächen" vorschreibe und im Abschnitt über die Errichtung - und nicht dem folgenden Abschnitt über den Betrieb - der Anlage stehe.

III.

29

Die Akten des Ausgangsverfahrens sowie ein Teil der den Betrieb der Firma B. betreffenden Verwaltungsvorgänge - insbesondere zur abfall- und baurechtlichen Genehmigung vom 5. August 1991 - lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

30

Das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg hat von einer Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde abgesehen.

IV.

31

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b) BVerfGG zur Entscheidung an und gibt ihr zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG statt.

32

1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

33

Das Urteil des Amtsgerichts Ehingen vom 9. Oktober 2008, verletzt - soweit das Verfahren nicht durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2009 gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt worden ist - das grundrechtsgleiche Recht des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 2 GG. Mit seiner Auslegung der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 des Bescheides vom 5. August 1991 überschreitet das Amtsgericht die ihm durch Art. 103 Abs. 2 GG gezogenen Grenzen. Das vom Amtsgericht als Ordnungswidrigkeit sanktionierte Verhalten des Beschwerdeführers lässt sich der maßgeblichen Nebenbestimmung nicht mit der gebotenen Bestimmtheit als bußgeldbewehrt entnehmen.

34

a) aa) Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des sogenannten einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind grundsätzlich allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Soweit sich die Beschwerde gegen Gerichtsurteile wendet, kann das Bundesverfassungsgericht nicht untersuchen, ob diese vom einfachen Recht her "richtig" sind. Es kann vielmehr lediglich überprüfen, ob durch die Rechtsanwendung im konkreten Fall Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt worden sind. Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde ist erst dann eröffnet, wenn den Gerichten ein "spezifischer" Verfassungsverstoß unterlaufen ist. Die Kontrollkompetenz des Bundesverfassungsgerichts umfasst nur Auslegungsfehler, die eine grundsätzlich unrichtige Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, erkennen lassen und auch in ihrer materiellen Tragweite von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 42, 143 <149>; 62, 189 <192>; 85, 248 <257 f.>; BVerfGK 4, 243 <253>).

35

bb) Art. 103 Abs. 2 GG erfasst insbesondere Straf- und Bußgeldtatbestände (vgl. BVerfGE 81, 132 <135>; 87, 399 <411>). Die Norm enthält - neben dem hier unerheblichen Rückwirkungsverbot - ein besonderes Bestimmtheitsgebot. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen. Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Sie soll einerseits sicherstellen, dass die Normadressaten vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Sie soll andererseits gewährleisten, dass der Gesetzgeber über die Strafbarkeit oder die Bußgeldvoraussetzungen entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung oder einer Verhängung von Geldbußen festzulegen (vgl. BVerfGE 78, 374 <382>; 126, 170 <194>; BVerfGK 11, 337 <349>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 -, NJW 2010, S. 754 <755>).

36

Das schließt allerdings nicht eine Verwendung von Begriffen aus, die der Deutung durch den Richter bedürfen. Auch im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht steht der Gesetzgeber vor der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Lebens Rechnung zu tragen. Ferner ist es wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Straf- und Bußgeldnormen unvermeidlich, dass in Einzelfällen zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Jedenfalls im Regelfall muss der Normadressat aber anhand der gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar oder bußgeldbewehrt ist. In Grenzfällen ist auf diese Weise wenigstens das Risiko einer Ahndung erkennbar (vgl. BVerfGE 71, 108 <114 f.>; 78, 374 <381 f.>; 92, 1 <12>; 126, 170 <195>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 -, NJW 2010, S. 754 <755> - stRspr).

37

Der Gesetzgeber darf auch verwaltungsrechtliche Pflichten und verwaltungsbehördliche Anordnungen mit Strafen oder Geldbußen bewehren, um auf diese Weise der Gehorsamspflicht Nachdruck zu verleihen. Selbst Blanketttatbestände, die erst durch verwaltungsrechtliche Vorschriften ausgefüllt werden, können mit dem Grundgesetz vereinbar sein (vgl. BVerfGE 87, 399 <407>). Es ist jedoch erforderlich, dass sich die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Sanktion bereits aus dem Blankettgesetz selbst mit hinreichender Deutlichkeit ablesen lassen (vgl. BVerfGE 14, 245 <252>; 75, 329 <342>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 1990 - 2 BvR 385/87 -, NJW 1992, S. 35 <35>). Knüpft ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand an den Erlass eines Verwaltungsakts an, so hat das Gesetz Typus und Regelungsumfang der betreffenden Verwaltungsakte jedenfalls so weit festzulegen, wie der Verstoß gegen die entsprechende Verhaltenspflicht strafbewehrt sein soll. Darüber hinaus muss auch der die gesetzliche Regelung ausfüllende Verwaltungsakt in seinem konkreten Regelungsgehalt hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfGK 12, 308 <337 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2000 - 1 BvR 1627/95 -, GRUR 2001, S. 266 <270>).

38

cc) Für die Rechtsprechung folgt aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit ein Verbot analoger oder gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung oder Bußgeldbewehrung. Dabei ist "Analogie" nicht nur im engeren technischen Sinn zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in der Norm zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in dem sie steht. Dabei kommt im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht der grammatikalischen Auslegung eine herausgehobene Bedeutung zu; hier zieht der - aus Sicht des Normadressaten zu bestimmende - Wortsinn einer Vorschrift die unübersteigbare Grenze (vgl. BVerfGE 71, 108 <114 ff.>; 73, 206 <234 ff.>; 92, 1 <11 ff.>; 105, 135 <157>; 126, 170 <197>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 -, NJW 2010, S. 754 <755>).

39

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Sanktionsnorm sich - wie hier - aus einem gesetzlichen Blanketttatbestand und einer diesen ausfüllenden Behördenentscheidung zusammensetzt. Der Schutzzweck des Art. 103 Abs. 2 GG darf nicht dadurch unterlaufen oder ausgehöhlt werden, dass das eigentliche Verbot sich für den Adressaten nicht schon aus der Gesetzesnorm sondern erst aus der behördlichen Festlegung erschließt. Auch dann muss der Bereich sanktionierten Verhaltens im Vorhinein in Gesetzesnorm und Verwaltungsentscheidung für den Adressaten hinreichend klar erkennbar festgelegt sein, was der Auslegung auch der verwaltungsbehördlichen Konkretisierung durch die Strafgerichte entsprechende Grenzen setzt.

40

b) Gemessen an diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Amtsgerichts den sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen im Hinblick auf die Auslegung der Genehmigung aus dem Jahr 1991 nicht mehr gerecht und lässt eine grundsätzlich unrichtige Auffassung von der Bedeutung des genannten grundrechtsgleichen Rechts des Beschwerdeführers erkennen.

41

Die Auslegung der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 im Bescheid vom 5. August 1991 durch das Amtsgericht verletzt das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Bestimmtheitsgebot. Mit der Annahme, die Nebenbestimmung verpflichte den Beschwerdeführer, sämtliche - auch außerhalb der Halle mit der Wertstoffsortieranlage befindliche - Flächen, auf denen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffsortieranlage Müll und Wertstoffe abgestellt würden, wasserundurchlässig zu befestigen, hat das Amtsgericht dieser Verfügung eine Bedeutung beigemessen, die sich ihr mit den anerkannten Auslegungsmethoden vertretbar nicht entnehmen lässt und die deshalb bei Anlegung der aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Maßstäbe so für den Beschwerdeführer nicht als bußgeldbewehrt vorhersehbar war.

42

aa) Der vom Amtsgericht hergestellte Bezug zwischen der Beschaffenheit des Fußbodens und der Lagerung von Abfall lässt sich bei einer adressatenbezogenen Auslegung schon dem Wortlaut der Nebenbestimmung nicht entnehmen. Der Satz, "Die übrigen Flächen sind wasserdicht (z.B. Beton oder Gußasphalt) und ohne Abläufe zu befestigen", mag vom reinen Wortlaut her noch so zu verstehen gewesen sein, dass die gesamte (übrige) Fläche des Betriebsgeländes - also auch Bereiche außerhalb der Halle - in der beschriebenen Art und Weise zu befestigen ist. Eine so umfassende Versiegelungspflicht ist allerdings erkennbar nicht Sinn und Zweck der Regelung. In dieser Weite wurde sie denn auch vom Amtsgericht nicht verstanden; vielmehr verstand dieses hierunter all die Flächen, auf denen im Zusammenhang mit der Anlage Müll und Wertstoffe abgestellt werden. Die Nebenbestimmung enthält indes kein Wort, das den vom Amtsgericht hergestellten Bezug zwischen angeordneter Flächenversiegelung und dem Lagern von Abfällen tragen könnte. Zur Abfalllagerung schweigt die Regelung vielmehr.

43

bb) Neben den fehlenden Anhaltspunkten im Wortlaut der Nebenbestimmung war die ihr vom Amtsgericht entnommene Pflicht auch aufgrund der systematischen Stellung der Nebenbestimmung für den Beschwerdeführer nicht erkennbar.

44

Die Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 steht im Gesamtkontext des Bescheides vom 5. August 1991 unter der Rubrik "Errichtung der Wertstoffsortieranlage". Demgegenüber befasst sich der nächste Abschnitt Nr. II. 2. des Bescheides mit dem "Betrieb der Anlage". In diesem Zusammenhang finden sich dann unter Nr. II. 2.9 und Nr. II. 2.10 auch Vorgaben für die Lagerung von Wertstoffen. Danach sind die gepressten Ballen bis zum Abtransport unter Dach oder wasserdicht abgedeckt zwischenzulagern. Andere Wertstoffe wie Holz, Metalle und Styropor sind nach Verfüllung der jeweiligen Container direkt zur Wiederverwertung beziehungsweise zum Abnehmer zu transportieren.

45

Aus dieser Gliederung des Bescheides konnte der Adressat nur den Schluss ziehen, dass es in dessen Teil II. 1. um die Anforderungen an die im Zusammenhang mit der Errichtung der Wertstoffsortieranlage herzustellenden Bauwerke und sonstigen Anlagenteile geht. Der Abschnitt II. 2. betrifft dagegen aus seiner Sicht die Regelung der betrieblichen Abläufe, insbesondere der Lagerung von Müll und Wertstoffen. Angesichts dieser Aufteilung konnte der Beschwerdeführer keine auf das Lagern von Müll und Wertstoffen bezogenen Regelungen in den Nebenbestimmungen unter Nr. II. 1. des Bescheides vom 5. August 1991 erwarten.

46

cc) Schließlich ist die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung der Nebenbestimmung Nr. II 1.6 des Bescheides vom 5. August 1991 für den Beschwerdeführer als Adressaten der Regelung auch deshalb nicht erkenn- und damit auch nicht vorhersehbar, weil - was das Amtsgericht vollkommen ausblendet - die Art und Weise und nicht das "Ob" der Befestigung des Untergrundes im Vordergrund stehen. Das lässt sich daraus ableiten, dass in der Vorschrift genaue - und zudem im Hinblick auf die Durchlässigkeit des Untergrundes abgestufte - Angaben zur Art der Befestigung gemacht und anhand einer exemplarischen Aufzählung der in Betracht kommenden Ausführung erläutert werden. Damit entfällt jedoch ein wesentliches Begründungselement der amtsgerichtlichen Entscheidung, nämlich, dass nur die von ihm vorgenommene Auslegung des Begriffs der "übrigen Flächen" einen Sinn ergebe. Da sich die in der Nebenbestimmung davor aufgezählten Flächen, einschließlich der Anlieferungs- und Vorsortierflächen, ganz offensichtlich im Bereich der Wertstoffsortieranlage - und damit in der Halle - befinden, liegt für den Adressaten der Regelung der Schluss wesentlich näher, dass sich der letzte Satz der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 ebenfalls auf den Bereich in der Halle bezieht.

47

dd) Dass das Amtsgericht der maßgeblichen Nebenbestimmung eine für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbare Bedeutung beimisst, gilt auch dann, wenn man, ungeachtet der insoweit missverständlichen Formulierung im angegriffenen Urteil, das Amtsgericht im Hinblick auf die nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG in Verbindung mit der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 hier allein in Frage kommende Sanktionierung interessengerecht dahin versteht, dass es dem Beschwerdeführer nicht einen Verstoß gegen Anforderungen an die Art und Weise der Lagerung von im Betrieb anfallenden Stoffen, sondern gegen eine Vorgabe für die Herstellung des Untergrunds zum Vorwurf macht. In jedem Fall war für ihn der Umfang der zu befestigenden "übrigen Flächen" in dem Bescheid vom 5. August 1991 weder zeichnerisch, noch verbal, noch funktional durch einen Bezug zur Abfalllagerung verlässlich bestimmt. Damit fehlt es an der von Art. 103 Abs. 2 GG geforderten Vorhersehbarkeit seiner konkreten Handlungsverpflichtungen in diesem Bereich, um deren Nichtbefolgung als Ordnungswidrigkeit sanktionieren zu können.

48

2. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist aufzuheben und die Sache gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

49

Da die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG beruht, kommt es auf die im Übrigen gegen das amtsgerichtliche Urteil geltend gemachten Verfassungsverstöße nicht mehr an. Das gilt auch für den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 23. Dezember 2009, denn die Entscheidung wird aufgrund der Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils gegen-standslos, soweit sie dieses bestätigt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, inwieweit die gegenüber dem Oberlandesgericht erhobenen Rügen angesichts seiner im Rahmen einer Rechtsbeschwerde beschränkten Prüfungsbefugnisse berechtigt sind.

V.

50

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

VI.

51

Der Gegenstandswert für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>) auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Das Verfassungsbeschwerdeverfahren, in dem sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin eingelegt wurde, betraf die vom Bundesgerichtshof zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelte neue Rechtsprechung zu den "wandelbaren Lebensverhältnissen", verbunden mit der Berechnungsmethode der sogenannten Dreiteilung zur Feststellung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs.

2

2. Mit Beschluss vom 25. Januar 2011 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelte Rechtsprechung die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreitet und daher Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Es hat das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene, auf dieser Rechtsprechung beruhende Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts aufgehoben und dem Saarland aufgegeben, der Beschwerdeführerin deren notwendige Auslagen zu erstatten.

3

3. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 53.668 € beantragt. Er hat dies damit begründet, dass sich zwar das subjektive Interesse der Beschwerdeführerin lediglich nach dem im Ausgangsverfahren auf 13.417 € festgesetzten Streitwert bemesse, dieser Wert allerdings wegen der objektiven Bedeutung der Sache sowie der besonderen Schwierigkeit der anwaltlichen Bearbeitung zu vervierfachen sei.

4

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat den Gegenstandswert sodann gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG nach billigem Ermessen auf 45.000 € festgesetzt.

5

4. a) Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin die Festsetzung von Kosten in Höhe von 2.689,64 € beantragt. Seiner Kostenrechnung hat er hinsichtlich der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3208 VVRVG einen Gebührensatz von 2,3 zugrunde gelegt.

6

Zur Begründung hat er darauf verwiesen, angesichts der Bedeutung des verfassungsrechtlichen Verfahrens erscheine es angezeigt, die Verweisung des § 37 Abs. 2 RVG auf die Gebührentatbestände in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses nicht auf die Verfahrensgebühr der Nr. 3206 VVRVG, sondern der Nr. 3208 VVRVG zu beziehen. Nach Nr. 3208 VVRVG sei die Verfahrensgebühr um den Faktor 2,3 zu erhöhen, wenn sich die Beteiligten im Verfahren nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen könnten. Aufgrund der Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts als oberstes Gericht müsse dies für Verfassungsbeschwerdeverfahren ebenfalls gelten, selbst wenn der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers - wie er selbst - nicht beim Bundesgerichtshof zugelassen sei.

7

Wie sich aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. August 2004 ergebe (Hinweis auf BGH, Beschluss vom 12. August 2004 - I ZB 6/04 -, JurBüro 2005, S. 34 f.), rechtfertige sich die Erhöhung der Verfahrensgebühr für lediglich beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte nicht wegen deren Singularzulassung, sondern wegen des mit der Reduzierung der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesgerichtshof einhergegangenen regelmäßigen Entfalls der Verhandlungsgebühr in Verfahren vor dem Bundesgerichtshof. Diese Erwägung gelte im Verfassungsbeschwerdeverfahren gleichermaßen.

8

b) Das Saarland ist dem Kostenfestsetzungsantrag mit der Begründung entgegen getreten, gemäß § 37 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 3206 VVRVG sei die Verfahrensgebühr in Verfassungsbeschwerdeverfahren lediglich nach dem Faktor 1,6 zu berechnen. Die erhöhte Verfahrensgebühr nach Nr. 3208 VVRVG sei alleine für Verfahren vorgesehen, in denen sich die Beteiligten nur durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen könnten. Im Ausgangsverfahren sei jedoch weder eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich gewesen noch sei eine Vertretung durch einen solchen Rechtsanwalt erfolgt. Die erhöhte Gebühr für beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte bezwecke einen Ausgleich dafür, dass diese bei keinen anderen Gerichten tätig werden dürften. Dieser Ausgleich sei in Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht erforderlich.

9

c) Die Rechtspflegerin hat die erstattungsfähigen Kosten gemäß §§ 104 ff. ZPO in Verbindung mit Nr. 3206 VVRVG nach einer um den Faktor von 1,6 erhöhten Verfahrensgebühr auf 1.878,30 € festgesetzt und den Kostenfestsetzungsantrag der Beschwerdeführerin im Übrigen zurückgewiesen. Der dagegen erhobenen sofortigen Beschwerde hat sie nicht abgeholfen.

II.

10

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat die Kosten zu Recht nach der Verfahrensgebühr der Nr. 3206 VVRVG angesetzt.

11

1. Über die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 567 Abs. 2 ZPO und § 11 Abs. 1 RPflG - im Hinblick auf die über 200 € hinausgehende Beschwer -statthafte sofortige Beschwerde hat der Senat zu entscheiden.

12

2. Für Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verweist § 37 Abs. 2 Satz 1 RVG auf die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses für Verfahren insbesondere der Berufung und der Revision (Nr. 3206 ff. VVRVG). Nach Nr. 3206 VVRVG berechnet sich die Verfahrensgebühr in diesen Verfahren grundsätzlich nach dem 1,6-fachen der nach § 13 RVG bestimmten Gebühr. Eine Abrechnung nach einer um den Faktor 2,3 erhöhten Gebühr gemäß Nr. 3208 VVRVG ist dagegen für Verfahren vorgesehen, in denen sich die Beteiligten nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen konnten.

13

a) Da sich Beteiligte in Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht lediglich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können, der Kreis der Vertretungsberechtigten sich vielmehr nach § 22 Abs. 1 BVerfGG bestimmt, wird überwiegend davon ausgegangen, dass sich die Verweisung des § 37 Abs. 2 Satz 1 RVG nur auf Nr. 3206 VVRVG und nicht auf Nr. 3208 VVRVG beziehe und damit die Verfahrensgebühr in Verfassungsbeschwerdeverfahren nach dem Gebührensatz von 1,6 abzurechnen sei (vgl. Jungbauer, in: Bischof/Jungbauer, Kommentar zum RVG, 4. Auflage 2011, § 37 RVG, Rn. 19; Burhoff, in: Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, § 37 RVG, Rn. 9; Mayer/Kroiß, Handkommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 5. Auflage 2012, § 37 RVG, Rn. 15; Wahlen, in: Schneider/Wolf, Anwaltskommentar zum RVG, 6. Auflage 2012, § 37 RVG, Rn. 16).

14

b) Zum Teil wird allerdings angenommen, in Verfassungsbeschwerdeverfahren sei der Gebührensatz der Nr. 3208 VVRVG, also der 2,3-fache Wert, anzusetzen. Zwar sei Nr. 3208 VVRVG dem Wortlaut nach nicht auf Verfassungsbeschwerdeverfahren anwendbar, in denen die Beteiligten sich nicht ausschließlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen könnten. Doch rechtfertige die besondere Bedeutung vor dem Bundesverfassungsgericht geführter Verfahren, die in § 37 Abs. 2 Satz 1 RVG enthaltene Verweisung entgegen dem Wortlaut auf den Gebührensatz der Nr. 3208 VVRVG zu erstrecken (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage 2011, § 37 RVG, Rn. 5; Hartung, in: Hartung/Römermann/Schons, Praxiskommentar zum RVG, 2. Auflage 2006, § 37 RVG, Rn. 13; ders., in: Hartung/Schons/Enders, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 1. Auflage 2011, § 37 RVG, Rn. 11 ff.; Schneider, in: Riedel/Sußbauer/Schneider, Kommentar zum RVG, 9. Auflage 2005, § 37 RVG, Rn. 10).

15

c) Letzterer Ansicht kann nicht gefolgt werden. Sie widerspricht dem Wortlaut der Nr. 3208 VVRVG (aa) und dem hinter dieser Regelung stehenden Willen des Gesetzgebers (bb). Sie lässt sich außerdem weder mit der besonderen Bedeutung vor dem Bundesverfassungsgericht geführter Verfahren (cc) noch mit der seitens der Beschwerdeführerin angeführten geringen Anzahl mündlicher Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht rechtfertigen (dd).

16

(aa) Dem Wortlaut der Bestimmung nach kommt der Gebührensatz der Nr. 3208 VVRVG nur in Verfahren zur Anwendung, in denen sich die Beteiligten ausschließlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - V ZB 110/06 -, NJW 2007, S. 1461 <1462>; Mathias, in: Bischof/Jungbauer, Kommentar zum RVG, 4. Auflage 2011, Nr. 3206 ff. VVRVG, Rn. 7; Madert, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, Kommentar zur Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Auflage 2002, § 11 BRAGO, Rn. 10; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, VVRVG 3208, Rn. 11). Dieser Wortlaut steht der Anwendung der Nr. 3208 VVRVG in Verfassungsbeschwerdeverfahren entgegen, in denen gemäß § 22 Abs. 1 BVerfGG eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt nicht erforderlich ist.

17

(bb) Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung der Nr. 3208 VVRVG verbunden mit der Anwendung des dort vorgesehenen Gebührensatzes in Verfassungsbeschwerdeverfahren lässt sich nicht mit einem dahingehenden Willen des Gesetzgebers begründen. Aus dem Entwurf zum Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 11. November 2003 geht vielmehr hervor, dass die Verfahrensgebühr in Verfassungsbeschwerdeverfahren nach dem 1,6-fachen Gebührensatz bemessen werden soll.

18

Bereits in § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO war bestimmt, dass sich die Verfahrensgebühr (damals gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO als Prozessgebühr bezeichnet) in Berufungs- und Revisionsverfahren auf 13/10 des Gebührensatzes belaufen sollte. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO sollte sich diese Gebühr auf 20/10 erhöhen, wenn für ein Verfahren Kosten abzurechnen waren, in dem sich die Parteien durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt hatten vertreten lassen müssen. § 113 Abs. 2 Satz 2 BRAGO verwies für die in Verfassungsbeschwerdeverfahren festzusetzenden Gebühren nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO, sondern lediglich auf § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO. Die Verfahrensgebühr in Verfassungsbeschwerdeverfahren war danach auf 13/10 des Gebührensatzes festzusetzen.

19

Diese Differenzierung wollte der Gesetzgeber im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ausdrücklich fortschreiben. Im Entwurf zum Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 11. November 2003 hat er zur Festlegung der Gebühren im Berufungs- und Revisionsverfahren ausgeführt, die Neuregelungen des RVG sowie des VVRVG sollten insoweit die Regelungen der BRAGO übernehmen (vgl. BTDrucks 15/1971, S. 197). Zum Gebührensatz Nr. 3206 VVRVG-E hat er im Gesetzentwurf betont, wie im geltenden Recht (das heißt § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO) seien für Revisionsverfahren, in denen sich die Beteiligten nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssten, die gleichen Gebühren wie im Berufungsrechtszug vorgesehen. Dagegen hat er zum Gebührensatz Nr. 3208 VVRVG-E ausgeführt, dieser trete an die Stelle des § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO, wonach im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof der nur dort zugelassene Rechtsanwalt eine erhöhte Verfahrensgebühr erhalten solle (vgl. BTDrucks 15/1971, S. 214).

20

Aus dem Gesetzentwurf geht danach unmissverständlich hervor, dass der Gesetzgeber die erhöhte Verfahrensgebühr der Nr. 3208 VVRVG lediglich beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälten vorbehalten wollte, für alle anderen Rechtsanwälte aber - unverändert - eine Abrechnung nach dem Gebührensatz der Nr. 3206 VVRVG erfolgen sollte. Diese Differenzierung hat er auf Verfassungsbeschwerdeverfahren erstreckt, für die er über § 37 Abs. 2 RVG-E eine Verweisung auf diese Vorschriften vorgesehen und dies damit begründet hat, § 37 Abs. 2 RVG-E solle die Regelungen des § 113 Abs. 2 BRAGO übernehmen (vgl. BTDrucks 15/1971, S. 197).

21

(cc) Die Anwendung des nach Nr. 3208 VVRVG erhöhten Gebührensatzes lässt sich des Weiteren nicht mit der besonderen Bedeutung vor dem Bundesverfassungsgericht geführter Verfahren rechtfertigen, da diese bereits bei der Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 37 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG angemessene und abschließende Berücksichtigung findet.

22

Während sich der Streitwert in Unterhaltsverfahren vor den Fachgerichten gemäß § 42 GKG a.F. beziehungsweise § 51 FamGKG allein nach dem Wert der Forderung bestimmt, sind bei der Festsetzung des Gegenstandswertes in Verfassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG alle Umstände des konkreten Einzelfalls nach billigem Ermessen zu würdigen, wobei nicht nur das subjektive Interesse des Beschwerdeführers an der Sache und der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, sondern insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 2010 - 1 BvR 2736/08 -, juris Rn. 8). Dementsprechend wurde der Streitwert im Ausgangsverfahren von den Fachgerichten lediglich auf 13.417 € festgesetzt, während sich der Gegenstandswert im Verfassungsbeschwerdeverfahren unter Berücksichtigung dieser Kriterien auf 45.000 € beläuft. Dementsprechend hat auch der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin seine Gebühren im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren nach einem Gegenstandswert geltend machen können, der weit höher war als der Streitwert, nach dem im Falle der Revision ein ausschließlich beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt seine Kosten hätte ansetzen können.

23

(dd) Die Erstreckung der Anwendung des nach Nr. 3208 VVRVG erhöhten Gebührensatzes auf in Verfassungsbeschwerdeverfahren tätige Rechtsanwälte lässt sich schließlich entgegen dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin nicht mit der geringen Anzahl mündlicher Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht rechtfertigen. In dem von dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zur Begründung dieser Ansicht in Bezug genommenen Beschluss vom 1. Juli 2004 hat der Bundesgerichtshof sich mit der Frage der Zubilligung des erhöhten Gebührensatzes an nicht lediglich beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 2004 - I ZB 6/04 -, JurBüro 2005, S. 34 f.). Seiner Entscheidung lag zwar noch eine Gebührenbemessung nach § 11 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 BRAGO zugrunde. Seine Erwägungen können jedoch auf die Gebührensätze Nr. 3206 und Nr. 3208 VVRVG übertragen werden, führen diese doch die Regelungen des § 11 BRAGO inhaltlich fort (vgl. BTDrucks 15/1971, S. 214).

24

In dem Beschluss hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Erhöhung der Verfahrensgebühr in Verfahren vor dem Bundesgerichtshof für lediglich beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte ihrer besonderen Stellung und ihrem besonderen Aufgabenbereich geschuldet sei (vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 2004 - I ZB 6/04 -, JurBüro 2005, S. 34 <34>). Zwar hat der Bundesgerichtshof - wie seitens des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin insoweit zutreffend angeführt - darauf hingewiesen, dass die Änderungen durch das Gesetz zur Entlastung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen vom 15. August 1969 zu einer erheblichen Reduzierung mündlicher Verhandlungen und damit zu einem regelmäßigen Entfall der Verhandlungsgebühr geführt hätten, welche durch die Erhöhung der Verfahrensgebühr auszugleichen sei (vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 2004 - I ZB 6/04 -, JurBüro 2005, S. 34 <35>). Doch hat er diesen Ausgleich ausdrücklich allein beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälten vorbehalten. Da ihr Tätigkeitsfeld eng begrenzt sei, müssten ihre Einkommenseinbußen ausgeglichen werden, um beim Bundesgerichtshof eine leistungsfähige Anwaltschaft zu erhalten. Diese Erwägung kann für nicht ausschließlich beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte nicht fruchtbar gemacht werden, deren sonstiger beruflicher Wirkungskreis durch die Übernahme eines Mandats in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren keine Einschränkung erfährt.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 3 K 15.675

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 28. Juli 2015

3. Kammer

Sachgebiets-Nr. 411

Hauptpunkte:

Kindbezogene Betriebskostenförderung;

Fördervoraussetzungen;

Anzeigepflicht bei Aufnahme ortsfremder Kinder

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen kindbezogener Förderung nach dem Bayer. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2015 am 28. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um kindbezogene Betriebskostenförderungen für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013.

1. Der Kläger ist (freigemeinnütziger) Träger des Kindergartens „...“. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2013 beantragte er bei der Beklagten für den vorgenannten Bewilligungszeitraum die Endabrechnung der kindbezogenen Förderung nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz in Höhe von 9.638,13 EUR. Der beantragten Gesamtfördersumme lag die Buchung für zwei Kinder, die ab November 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Beklagten hatten, zugrunde; im einzelnen ... (geb. 15.10.2007, Gewichtungsfaktor (GF): 1,0, Zeitfaktor (ZF): 2,25, > 8 - 9 Stunden/täglich); ... (geb. 20.9.2010, GF: 2,0, ZF: 2,0, > 7 - 8 Stunden/täglich).

Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 25. Oktober 2013 (siehe Bl. 6 der Behördenakte) teilte die Geschäftsleiterin des Klägers am 23. Oktober 2013 telefonisch mit, dass die Mitteilung „Anzeige Gastkinder“ an die Klägerin vergessen worden sei. Am 28. Oktober 2013 ging bei der Verwaltungsgemeinschaft ... ein Schreiben des Klägers vom 19. Oktober 2013 ein, mit dem mitgeteilt wurde, dass im vergangenen Kindergartenjahr die beiden vorgenannten Kinder aus dem Gemeindegebiet der Klägerin die o.g. Einrichtung des Klägers ab November 2012 besuchten. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 (eingegangen am 4.11.2013) erfolgte die Gastkindanzeige des Klägers gegenüber der Klägerin als Aufenthaltsgemeinde für die beiden Kinder.

Der Gemeinderat der Beklagten beschloss ausweislich des Auszugs aus der Niederschrift vom 16. Dezember 2013 (siehe Bl. 13 der Behördenakte), dem Kläger entsprechend der fristgerechten Meldemodalitäten einen Gastkindbeitrag in Höhe von 1.915,04 EUR zu gewähren. Dem Beschluss lag ein Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft ... vom 26. November 2013 zugrunde; danach bestehe nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG ein Anspruch auf Gastkindbeiträge (alte Regelung) für die Monate November und Dezember 2012 sowie (neue Regelung) für die Monate Juli und August 2013. Nach der vorgenannten Regelung sei seit 1. Januar 2013 die Aufnahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung binnen drei Kalendermonaten gegenüber der Aufenthaltsgemeinde in Textform anzuzeigen. Nach der Berechnung des Förderanteils (Basiswert ... Zeitfaktor ... Gewichtungsfaktor: 12 Monate ... Besuchszeitmonate) ergebe sich ein kommunaler und staatlicher Förderanteil in Höhe von jeweils 1.915,04 EUR sowie ein staatlicher Qualitätsbonus von 25,16 EUR; die Gesamtfördersumme betrage demnach 3.855,24 EUR. Der staatliche Qualitätsbonus werde gewährt, sofern der Anstellungsschlüssel unter 11,0 liege und die erforderliche Mindestquote an Fachkraftstunden eingehalten werde.

Mit Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft ... vom 17. Juli 2014 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Gesamtfördersumme in Höhe von 3.855,24 EUR, die einen Förderanspruch der Beklagten gegenüber dem Freistaat Bayern in Höhe von 1.915,04 EUR enthält; die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung nennt Widerspruch oder Klage als mögliche Rechtsbehelfe. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da seitens des Klägers keine Anzeige der Gastkinder erfolgt sei, gelte der vorgenannte Antrag vom 19. Oktober 2013 gleichzeitig als Gastkindanzeige. Bei einem Basiswert von 919,22 EUR errechne sich auf der Grundlage der Belegungsdaten die Gesamtfördersumme von 3.855,24 EUR, dabei sei ein Qualitätsbonus in Höhe von 25,16 EUR berücksichtigt worden. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 2. August 2014 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2015 wies das Landratsamt ... den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Anzeigepflicht des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG solle Unsicherheiten bei der kommunalen Finanzplanung verhindern, die entstünden, wenn die Aufnahme von Gemeindekindern der Gemeinde erst nach Ablauf des Bewilligungsjahres bei Übermittlung des Förderantrags bekannt werde. Die Vorschrift gelte analog, wenn ein Kind bereits eine Tageseinrichtung besuche und sich die Aufenthaltsgemeinde während des Bewilligungszeitraumes ändere. Die Anzeige habe der Träger oder eine von ihm autorisierte Person vorzunehmen. Für die Anzeige in Textform genüge eine E-Mail. Für den Nachweis der Anzeige und deren rechtzeitigen Zugangs sei der Absender verantwortlich. Für die Erfüllung des Textformerfordernisses genüge ferner die Beantragung der Abschlagszahlung für ein Gastkind im Rahmen des KiBiG.web. Die Neuregelung gelte mit Wirkung ab 1. Januar 2013, soweit bisher kein Antrag nach dem KiBiG.web oder eine Anzeige in Textform vorliege, habe der Träger die Anzeige bis spätestens 30. April 2013 nachholen müssen, um förderrechtliche Nachteile zu vermeiden. Der Förderanspruch wirke maximal drei Monate in die Vergangenheit. Die Neuregelung stelle eine Schutzvorschrift zugunsten der Gemeinde dar. Übernehme die zuständige Gemeinde die kindbezogene Förderung und verzichte auf den Einspruch nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG, leiste der Freistaat für diese Monate ebenfalls die kindbezogene Förderung im Verhältnis zur Gemeinde. Entsprechendes gelte, wenn die Gemeinde auf das Formerfordernis der Textform verzichte. Alle Träger von Kindertageseinrichtungen im Landkreis ... und auch der klagende Verein seien vom Kreisjugendamt des Landratsamtes mit E-Mail vom 14. Februar 2013 vom Inhalt des Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 13. Februar 2013, das die vorgenannte Rechtsauffassung vertrete, informiert worden. Auf die Berechnung der Gesamtfördersumme wird Bezug genommen.

2. Der Kläger beantragt:

Der Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft ... vom 17. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes ... vom 7. April 2015 wird aufgehoben, soweit die Bewilligung von Betriebskostenförderung für den Zeitraum Januar bis einschließlich Juni 2013 abgelehnt wird.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Betriebskostenförderung in Höhe von 5.782,89 EUR für Januar bis Juni 2013 für die Kinder ... und ... zu bewilligen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beiden Kinder hätten ihren Wohnsitz zum 1. November 2012 von ... in das Gebiet der Beklagten verlegt. Die Beklagte sei der Auffassung, dass auch die vor dem 1. Januar 2013 aufgenommenen Kinder innerhalb von drei Monaten zu melden gewesen wären. Diese Auslegung ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung. Denn „Aufnahme“ bedeute neue Aufnahme eines Kindes in eine entsprechende Einrichtung, nicht jedoch das Verbleiben eines Kindes in der Kindertagesstätte. Der Gesetzentwurf (vgl. LT.-Drs 16/12782 S. 23) zu Art. 19 BayKiBiG beinhalte, dass „unter Aufnahme die tatsächliche Aufnahme in die Einrichtung zu verstehen sei“. Weiter sei ausgeführt, dass „die Frist mit dem ersten regulären Besuchstag des Kindes zu laufen beginne“. Von einem Kind, das bereits die ortsfremde Einrichtung vor Inkrafttreten des Gesetzes besuche, sei nicht die Rede. Dafür habe aus Sicht des Gesetzgebers wohl auch kein Grund bestanden, da mit Neueinführung des Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG auch vierteljährlich Daten über die zentrale Internetplattform gemeldet werden müssten und somit zusätzlich Planungssicherheit bestehe. Das Gesetz sei daher auf die Zukunft ausgerichtet und nicht darauf, bereits existierende Tatbestände neu zu regeln. Derartige Tatbestände würden, wie hier, notgedrungen durch die Jahresabrechnung reguliert und dann für die Zukunft aufgrund der neuen Regelung vermieden. Insofern bestehe künftig die angestrebte Planungssicherheit für die Gemeinden. Anderes ergebe sich auch nicht aus der angeführten Kommentierung zu Art. 19 BayKiBiG (vgl. Dunkl/Eirich, PDK zum BayKiBiG, Art. 19, Rn. 8 und 9). Auch hiernach solle die Anzeigefrist mit dem ersten regulären Besuchstag des Kindes beginnen und es werde nicht auf ein bereits aufgenommenes Kind abgestellt. Für Kinder, die wie vorliegend, bereits drei Monate vor Inkrafttreten des Gesetzes aufgenommen worden seien, wäre eine fristgerechte Anzeige gar nicht mehr möglich gewesen, weshalb die Auslegung der Beklagten fehl gehe.

3. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen nach dem Wortlaut des am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG n. F. habe der Träger einer Kindertageseinrichtung die Aufnahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung innerhalb von drei Monaten der Aufenthaltsgemeinde in Textform anzuzeigen. Bei einer streng an der Bedeutung des Wortes „Aufnahme“ orientierten „Interpretation“ der Vorschrift, liege der Schluss nahe, dass nur die tatsächliche Aufnahme, d. h. der Neueintritt eines Kindes die Anzeigepflicht auslöse. Dies werde jedoch der Problematik nicht gerecht, die der Neufassung der Bestimmung zugrunde gelegen habe. Grund für die Neufassung sei der Wunsch der Gemeinden gewesen, Unsicherheiten bei der Finanzplanung zu verhindern, die dadurch entstünden, dass die Aufnahme von Gemeindekindern der Gemeinde erst nach Ablauf des Bewilligungsjahres bei Übermittlung des Förderantrages bekannt werde (s. LT-Drs. 16/12782 S. 23). Dieses Ergebnis der unsicheren Finanzplanung, das es aus Sicht der Gemeinden zu vermeiden gelte, trete aber gleichermaßen ein, wenn Kinder die Aufenthaltsgemeinde wechselten. Der vorliegende Fall werde bei teleologischer Auslegung der Norm von der Anzeigepflicht des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG erfasst.

4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage statthafte und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 7. April 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), denn ihm steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

1. Die Klage richtet sich zutreffend gegen die beklagte Gemeinde, die Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft ... ist. Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich bei sachgerechter Auslegung als ablehnende Entscheidung der Beklagten dar; die Verwaltungsgemeinschaft ist insoweit als Behörde der Mitgliedsgemeinde tätig geworden (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsgemeinschaftsordnung für den Freistaat Bayern - VGemO; BayVGH U. v. 5.5.2008 - 12 BV 07.3085 - juris).

2. Anspruchsgrundlage für die begehrte kindbezogene Betriebskostenförderung ist Art. 18 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz - BayKiBiG). Danach haben Träger von Kindertageseinrichtungen unter den Voraussetzungen des Art. 19 und nach Maßgabe von Art. 22 einen kindbezogenen Förderanspruch gegenüber den Gemeinden, in denen die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) haben (Aufenthaltsgemeinden).

Ein Anspruch auf Betriebskostenförderung für die Kinder ... und ... für den streitgegenständlichen Zeitraum ist danach jedoch bereits dem Grunde nach nicht gegeben.

a) Mit der Änderung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes wurden die Fördervoraussetzungen in Art. 19 BayKiBiG gebündelt und erweitert (vgl. Dunkl/Eirich, PdK, 3. Aufl. 2013, Vorbem. zu Art. 19 BayKiBiG). Die Gesetzesänderung ist - abgesehen von einzelnen Abweichungen - am 1. Januar 2013 in Kraft getreten (vgl. Übergangsvorschrift in § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes vom 11.12.2012, GVBl S. 650). Als weitere Fördervoraussetzung wurde eine Anzeigepflicht bei Aufnahme ortsfremder Kinder in Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG verankert. Der Förderanspruch in Bezug auf Kindertageseinrichtungen nach Art. 18 Abs. 1 BayKiBiG setzt nun u. a. voraus, dass der Träger die Aufnahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung binnen drei Kalendermonaten der Aufenthaltsgemeinde oder in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 Satz 2 dem örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Textform anzeigt (Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG). Nach Art. 19 Nr. 6 BayKiBiG ist der vollständige Förderantrag bis spätestens 30. April des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres zu stellen. Die Vorschrift beinhaltet die zunächst in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayKiBiG a. F. enthaltene materielle Ausschlussfrist. Bewilligungszeitraum ist gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 3 BayKiBiG nunmehr das Kalenderjahr; die Umstellung vom Kindergarten- auf das Kalenderjahr erfolgte durch die vorgenannte Gesetzesänderung mit Wirkung ab 1. Januar 2015 (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des BayKiBiG vom 11.12.2012). Das Kindergartenjahr beginnt am 1. September eines Jahres und endet am 31. August des Folgejahres (Art. 26 Abs. 1 Satz 4 BayKiBiG). Übergangsweise endet der am 1. September 2013 beginnende Bewilligungszeitraum am 31. Dezember 2014 (§ 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des BayKiBiG vom 11.12.2012). Zudem wurde in Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG die Pflicht des Einrichtungsträgers festgelegt, die aktuellen Daten für die kindbezogene Förderung unter Verwendung des vom Freistaat kostenlos zur Verfügung gestellten Computerprogramms (KiBiG.web) jeweils vierteljährlich an das zuständige Rechenzentrum zu melden.

Die Vorschrift des Art. 22 BayKiBiG regelt den Umfang des Förderanspruchs. Das Förderverfahren bei Kindertageseinrichtungen ist in Art. 26 BayKiBiG normiert. Die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (AVBayKiBiG) konkretisiert in § 19 das Antragsverfahren für die kindbezogene Förderung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 AVBayKiBiG haben die freigemeinnützigen und sonstigen Träger gegen die Aufenthaltsgemeinde einen Anspruch auf mindestens vier Abschlagszahlungen, die unter Verwendung des bereitgestellten Computerprogramms zu beantragen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 3 AVBayKiBiG). Nimmt der Träger die in Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG aufgeführten Meldungen nicht rechtzeitig vor, so ist die nächste Auszahlung der Abschlagszahlungen an den Träger auszusetzen (§ 22 Abs. 4 AVBayKiBiG).

Ausweislich der Gesetzesmaterialien zielte die vorgenannte Gesetzesänderung auf eine Verschlankung der Verwaltungsvorgänge und damit einhergehend eine Entlastung der Träger, insbesondere durch die Einführung eines onlinegestützten Abrechnungsverfahrens, das die Planungssicherheit für „alle Beteiligten“ erhöhe. Als unerlässlich hierfür wurde die Einführung von Informations- und Anzeigepflichten erachtet. Der Anspruch auf kindbezogene Förderung setzt daher „künftig“ nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG voraus, dass der Einrichtungsträger die Aufnahme eines Kindes, dessen Aufenthalts- nicht mit der Sitzgemeinde der Einrichtung identisch ist, anzeigt (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 9).

Diese Pflicht wurde „auf Wunsch der Gemeinden“ normiert; zusätzlich wurde - ebenfalls zur Erhöhung der Planungssicherheit und Verbesserung der Datengrundlage für die weitere Bedarfsplanung - in Art. 19 Nr. 8 die Pflicht zur elektronischen Datenübermittlung verankert (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 23).

b) Ausgehend von diesen Maßgaben steht dem Kläger vorliegend der geltend gemachte Anspruch für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 nicht zu.

aa) Zwar ist der Kläger als (freigemeinnütziger) Träger des verfahrensgegenständlichen Kindergartens in ... grundsätzlich anspruchsberechtigt für die begehrte Förderung (Art. 18 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Art. 3 Abs. 3 BayKiBiG). Auch ist die Beklagte als Aufenthaltsgemeinde unter den Voraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG regelmäßig zur kindbezogenen Förderung für... und ... verpflichtet, da die beiden Kinder ab November 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Gemeindegebiet hatten (Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayKiBiG i. V. m. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I); dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Eine fehlende Leistungsfähigkeit i. S. v. Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayKiBiG wurde seitens der Beklagten weder vorgetragen noch dargelegt; danach richtet sich der Förderanspruch gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn die primär verpflichtete Gemeinde selbst nicht leistungsfähig ist (Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayKiBiG). Die Antragsfrist für den Förderantrag gemäß Art. 19 Nr. 6 BayKiBiG wurde ebenfalls eingehalten, da der klägerische Antrag auf „Endabrechung“ für den streitgegenständlichen Zeitraum im Oktober 2013 bei der Beklagten einging.

bb) Jedoch steht einem Anspruch auf Förderung für die Monate Januar bis einschließlich Juni 2013 vorliegend die Anzeigepflicht des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG entgegen. Die Kinder ... und ..., die den Kindergarten des Klägers in ... besuchen bzw. besuchten, hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt ab November 2012 im Gebiet der Beklagten, demnach außerhalb der Sitzgemeinde der Einrichtung. Die Regelung des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG ist für den streitgegenständlichen Zeitraum also anwendbar. Fördervoraussetzung ist daher die Anzeige der Aufnahme binnen drei Kalendermonaten gegenüber der Aufenthaltsgemeinde. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.

Eine Mitteilung „Anzeige Gastkinder“ ist ausweislich der Akten nicht erfolgt (s. Aktenvermerk Bl. 6 der Behördenakte), obwohl nach den Darlegungen der Beklagten auch der Kläger vom Kreisjugendamt des Landratsamtes ... mit E-Mail vom 14. Februar 2013 über den Inhalt des Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (vom 13.2.2013, Az. VI4/6511-1/180, AMS 01/2013) informiert wurde. Die Beklagte, die als Aufenthaltsgemeinde grundsätzlich zur kindbezogenen Förderung für die beiden o.g. Kinder nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayKiBiG verpflichtet gewesen ist, erhielt vielmehr erst mit Übermittlung des Förderantrags des Klägers im Oktober 2013 Kenntnis davon, dass zwei Gemeindekinder den Kindergarten des Klägers besuchen; dies ist seitens des Klägers auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht bestritten worden. Eine vierteljährliche elektronische Datenübermittlung gemäß Art. 19 Nr. 8 BayKiBiG, der als Ordnungsvorschrift die Sanktion nach § 22 Abs. 4 AVBayKiBiG nach sich zieht, ist ebenso wie ein Antrag auf Abschlagszahlungen für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgt.

Die Beklagte ging demnach zutreffend davon aus, dass der Kläger die Anzeige nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG bis spätestens30. April 2013 hätte vornehmen bzw. nachholen müssen, um förderrechtliche Nachteile zu vermeiden. Diese Auslegung steht sowohl mit dem Wortlaut der Vorschrift als auch mit deren Zweck in Einklang und trägt insbesondere der Planungssicherheit der Aufenthaltsgemeinde Rechnung. Ausgehend vom Wortlaut knüpft Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG an die „Aufnahme“ eines Kindes an, dessen Aufenthaltsgemeinde nicht mit der Sitzgemeinde der Einrichtung identisch ist, und führt eine Anzeigepflicht als Fördervoraussetzung ein. Das Unterlassen einer fristgerechten Anzeige führt also im Umkehrschluss dazu, dass ab 1. Januar 2013 kein Förderanspruch besteht. Der Gesetzeswortlaut sieht diese Pflicht gerade nicht nur für den Fall einer „tatsächlichen ersten“ Aufnahme bzw. einer „Neuaufnahme“ eines Kindes in einer Kindertageseinrichtung vor. Die Regelung findet vielmehr ab 1. Januar 2013 Anwendung, sobald - wie vorliegend - ein Kindergarten außerhalb der Aufenthaltsgemeinde besucht wird; hiervon ausgehend besuchten die beiden Kinder die Einrichtung des Klägers - ab Januar 2013 - als ortsfremde Kinder im Sinne der Neuregelung des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG, d. h. sie waren als Kinder mit Aufenthalt außerhalb von ... „aufgenommen“. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die gesamte Neuregelung grundsätzlich ab 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, hat hieran anknüpfend die Fristberechnung hinsichtlich Aufnahmezeitpunkt und Anzeigepflicht zu erfolgen; denn eine rückwirkende Änderung ist gerade nicht erfolgt. Die Förderung ab Januar 2013 für ortsfremde Kinder von einer Anzeige abhängig zu machen, bewirkt demnach keine Rechtsfolgen für einen abgelaufenen Zeitraum; auch für die gegebene Fallkonstellation liegt insoweit also keine tatbestandliche Rückanknüpfung vor. Unabhängig davon wäre diese in den Grenzen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfG, B. v. 9.12.2003 - 1 BvR 558/99 - BVerfGE 109, 96 <122>; B. v. 3.12.1997 - BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67; BVerwG, U. v. 10.12.2013 - 8 C 5/12 - NVwZ-RR 2014, 465).

Ziel der vorgenannten Gesetzesänderung war, wie dargelegt, die Planungssicherheit zu erhöhen (s.o. unter 2.a). Demnach ist davon auszugehen, dass die Intention des Gesetzgebers dahin ging, als Fördervoraussetzung ab Januar 2013 generell eine Anzeigepflicht für Kinder einzuführen, die eine nicht in ihrer Aufenthaltsgemeinde gelegene Kindertageseinrichtung besuchen. Dementsprechend ist auch in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die Einführung von Anzeigepflichten unerlässlich sei und der Förderanspruch „künftig“ die Anzeige nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG voraussetze (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 9). Zumal auch die vorgenannte Übergangsvorschrift des § 2 des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (vom 11.12.2012) für einen Förderanspruch der vorliegenden Fallkonstellation keine Übergangsregelung vorsieht. Diese Auslegung des Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG trägt auch der Änderungshistorie des Gesetzes Rechnung, denn mit der o.g. Änderung wurden zugleich die Gastkinderregelung - die Regelungen für Kinder beinhaltete, die eine Kindertageseinrichtung besuchten, die nicht in ihrer Aufenthaltsgemeinde gelegen war - und die Vorgaben zur Anerkennung von Plätzen als bedarfsnotwendig nach Art. 23 und 7 Abs. 2 und 3 BayKiBiG a. F. abgeschafft.

Der Einwand des Klägers, die Frist beginne mit dem „ersten regulären Besuchstag des Kindes zu laufen“, führt demnach zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Vielmehr trägt allein die dargelegte Auslegung dem Zweck der Anzeige, mit der vorgenannten Gesetzesänderung Unsicherheiten bei der kommunalen Finanzplanung zu verhindern (vgl. LT-Drs. 16/12782 S. 23; Bauer/Hundemeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Art. 19 BayKiBiG, Anm. 8, Dunkl/Eirich, PdK, Art. 19 Anm. 8; Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (vom 13.2.2013, Az. VI4/6511-1/180, AMS 01/2013), hinreichend Rechnung. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass für Fälle, in denen die rechtzeitige Anzeige unterbleibt, der Träger der Kindertageseinrichtung den Förderanspruch für das nicht oder zu spät gemeldete Kind „verliert“ (vgl. Bauer/Hundemeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Art. 19 BayKiBiG, Anm. 8). Die klägerische Ansicht würde demgegenüber im Ergebnis dazu führen, dass für alle Kinder, die (während des Kinderjahres 2012/2013) ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb die Sitzgemeinde einer bereits im Jahr 2012 besuchten Einrichtung verlegen, die Fördervoraussetzung nach Art. 19 Nr. 7 BayKiBiG nicht gelten würde.

Nachdem die Beklagte erst im Oktober 2013 Kenntnis davon erhielt, dass die beiden o.g. Kinder den Kindergarten des Klägers besuchen, besteht vorliegend kein Förderanspruch für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2013.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO, §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert wird auf 5.782,89 EUR festgesetzt (§ 33 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.

(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes durchgeführt. Bei der Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird das Gesetz im Auftrage des Bundes ausgeführt, wenn der Bund drei Viertel der Ausgaben oder mehr trägt.

(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.

(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

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cc) Die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken dagegen, Aufwendungsersatzansprüche des Klägers nach Maßgabe der §§ 677 ff BGB auf die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bestattungsgesetzes zu stützen, greifen nicht durch. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass auch öffentlich-rechtliche Pflichten eine Haftung als Geschäftsherr auslösen können (so schon Urteil vom 15. Dezember 1954 - II ZR 277/53, BGHZ 16, 12, 15 f). Allerdings sind die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag dann nicht anwendbar, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung vorsehen oder die Aufgabenerfüllung ausschließlich in die Zuständigkeit und das Ermessen einer Behörde legen (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1998 - III ZR 223/97, BGHZ 140, 102, 109 f und vom 2. April 1998 - III ZR 251/96, BGHZ 138, 281, 288 f; jeweils mwN). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trifft es jedoch nicht zu, dass es dann, wenn die von Gesetzes wegen Bestattungspflichtigen die Beerdigung eines Verstorbenen nicht vornehmen, allein Sache der für den Sterbe- und Auffindungsort zuständigen Gemeinde ist, im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung zu veranlassen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG Schl.-H. hat die Gemeinde, wenn Bestattungspflichtige nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen, erst und nur dann für die Beerdigung zu sorgen, wenn auch kein anderer die Bestattung veranlasst. Angesichts der Subsidiarität der gemeindlichen Verpflichtung (vgl. LT-Drucks. 15/3561 S. 47), wonach das Tätigwerden eines jeden Dritten - gleichgültig aus welchen Beweggründen und mit welchem (vermeintlichen oder tatsächlich vorliegenden) Rechtsgrund - die Gemeinde entlastet, hat sich der Kläger durch sein "eigenmächtiges" Handeln keineswegs behördliche Kompetenzen angemaßt, sondern lediglich bewirkt, dass sich ein behördliches Einschreiten erübrigt hat.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von Fördermitteln nach dem Bayer. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) und der Richtlinie zur Förderung der Betriebskosten von Plätzen für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (Bundesmittel) für die Kindertagesstätte in der ..., 85586 Poing.

1. Mit Bescheiden vom 30. Dezember 2011, 3. Dezember 2012, 4. Dezember 2013 bzw. 1. Oktober 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Einrichtung in der ... Landesmittel und Elternzuschüsse für die Betriebsjahre 2010/2011 bis 2012/2013 bzw. Abschlagszahlung für 2013/2014 und mit Bescheiden vom 2. Oktober 2012, 16. Oktober 2013 bzw. vom 26. September 2012 und 1. Oktober 2013 Bundesmittel für die Betriebsjahre 2010/2011 und 2011/2012 bzw. Abschlagszahlung für 2012/2013 und 2013/2014.

2. Bei der Prüfung der Einrichtung für die Kindergartenjahre 2010/2011 bis 2013/2014 stellte der Beklagte zahlreiche Fehler bzw. Verstöße gegen die Fördervoraussetzungen fest. Nach Anhörung der Klägerin nahm der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2014 die Bewilligungsbescheide gemäß Art. 18 ff. BayKiBiG zur Betriebskostenförderung der Landesmittel einschließlich der Elternzuschüsse vom 30. Dezember 2011, 3. Dezember 2012 und 4. Dezember 2013 sowie den Bewilligungsbescheid für das aktuelle Kindergartenjahr zur Zahlung der Abschläge vom 1. Oktober 2013 hinsichtlich der Abschlagszahlung einschließlich des dritten Abschlags am 15. April 2014 nach § 45 Abs. 1 SGB X zurück (Nr. 1). Die Bewilligungsbescheide hinsichtlich der Bundesmittel nach der Richtlinie zur Förderung der Betriebskosten von Plätzen für Kinder unter drei Jahren vom 2. Oktober 2012 und 16. Oktober 2013 für die Endabrechnungen der Jahre 2010/2011 bzw. 2011/2012 sowie den Bescheid vom 26. September 2012 für die Festsetzung der Abschläge für das Jahr 2012/2013 und der Bescheid vom 1. Oktober 2013 zur Zahlung der Abschläge für das laufende Kindergartenjahr 2013/2014 einschließlich des dritten Abschlags am 15. April 2014 wurden ebenfalls nach § 45 Abs. 1 SGB X zurückgenommen (Nr. 2). Die Klägerin wurde des Weiteren verpflichtet, die nach Nrn. 1 und 2 geleisteten Förderbeträge und Abschläge ab dem Betriebsbeginn der Kindertagesstätte in Höhe von 677.085,41 Euro Landesmittel, 144.283,96 Euro Bundesmittel und 9.658 Euro Elternzuschüsse, d. h. insgesamt 831.027,37 Euro, bis spätestens 31. Juli 2014 gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückzuerstatten (Nr. 3). Gebühren wurden nicht erhoben (Nr. 4), jedoch festgelegt, dass nach § 50 Abs. 2 a SGB X der Erstattungsanspruch mit 5 Prozent über dem Basiszinssatz für das Jahr ab Eintritt der Unwirksamkeit der Bescheide gemäß Nrn. 1 und 2 zu verzinsen sei (Nr. 5).

3. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 25. Juni 2015 als unbegründet ab. Die Bewilligungsbescheide seien auf der Grundlage von § 23 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (AVBayKiBiG) i. V. m. § 45 SGB X zu Recht zurückgenommen worden, weil die Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG, die nicht nur im Verhältnis zwischen dem Träger der Einrichtung und der Gemeinde, sondern auch im Verhältnis zwischen der Gemeinde und dem Staat Anwendung fänden, nicht erfüllt seien. Unstreitig sei ein endgültiges pädagogisches Konzept im Sinne des Art. 19 Nr. 2, 3 BayKiBiG erst Ende Mai 2014 veröffentlicht worden. Gegen Art. 19 Nr. 2 BayKiBiG sei zudem auch insoweit verstoßen worden, als in den Betriebsjahren 2010/2011, 2011/2012, 2012/2013 sowie in den Monaten September 2013 bis Februar 2014 unstreitig keine Elternbefragungen oder sonstige, gleichermaßen geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen stattgefunden hätten. Desgleichen seien die Elternbeiträge bis Mai 2014 nicht entsprechend den Vorgaben des Art. 19 Nr. 5 (bis 31.12.2012; Nr. 4) BayKiBiG gestaffelt worden. Zumindest in den Monaten September 2013 bis Juli 2014 sei zudem auch gegen Art. 19 Nr. 10 BayKiBiG verstoßen worden, da die Vorgaben des § 16 Abs. 6 (bis 31.8.2013: Abs. 5) AVBayKiBiG, betreffend die Anforderungen an pädagogische Fachkräfte, mangels Vorliegens der erforderlichen Ausnahmegenehmigungen nicht beachtet worden seien. Damit sei gegen Art. 19 Nr. 2, 3 und 5 BayKiBiG von Juni 2011 (Betriebsbeginn) bis Mai 2014 und gegen Art. 19 Nr. 10 BayKiBiG mindestens von September 2013 bis Juni 2014 (Betriebsende) verstoßen worden, so dass in keinem der streitgegenständlichen Monate sämtliche Fördervoraussetzungen erfüllt gewesen seien. Aus denselben Gründen sei zugleich auch die Bewilligung von Bundesmitteln und Elternbeitragszuschüssen rechtswidrig gewesen.

Die Klägerin könne sich dem Beklagten gegenüber auch nicht auf Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs. 2 SGB X berufen. Bezüglich der bewilligten Abschlagszahlungen scheide Vertrauensschutz bereits deswegen aus, weil die endgültige Höhe der Förderung erst im Rahmen der Endabrechnung festgesetzt werde und die Bewilligung des Abschlags nicht mit der Feststellung verbunden sei, dass alle Fördervoraussetzungen erfüllt seien. Aber auch hinsichtlich der endgültigen Bewilligung von Fördermitteln, komme Vertrauensschutz nicht in Betracht. Eine Behörde könne sich gegenüber einer anderen Behörde nicht auf Vertrauensschutz berufen. Dies gelte entgegen der Auffassung der Klägerin auch für die streitgegenständliche Bewilligung von Fördermitteln nach dem BayKiBiG. Sofern die Klägerin aufgrund der Insolvenz des Trägers der Kindertageseinrichtung bei diesem keinen Regress nehmen könne, rechtfertige es die Letztverantwortung der Gemeinde für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen und die im Vergleich zum Staat größere Nähe zu diesem Träger zugleich auch, dass die Gemeinde und nicht der Staat das Insolvenzrisiko zu tragen habe. Gemeinden dürften nicht darauf vertrauen, dass zu Unrecht gewährte Fördermittel nicht zurückverlangt würden. Vielmehr liege es in deren eigenem Interesse, den Träger bzw. seine Angaben engmaschiger zu überprüfen. Nehme die Gemeinde eine derartige Überprüfung, zu der sie gemäß § 23 Abs. 6 AVBayKiBiG ab dem 1. September 2013 berechtigt sei, nicht vor, so tue sie dies auf eigenes Risiko.

Ebenso wenig sei die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ermessensfehlerhaft. Bei einer rechtswidrigen Bewilligung von Fördermitteln reduziere sich das Rücknahmeermessen regelmäßig auf Null (sogenanntes intendiertes Ermessen). Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen von der im Gesetz intendierten Ermessensausübung rechtfertigen würde, sei vorliegend nicht gegeben. Nachdem die Bewilligungsbescheide gemäß § 45 SGB X i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 AVBayKiBiG zu Recht zurückgenommen worden seien, hätten auch die Fördermittel gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 AVBayKiBiG zurückgefordert werden können.

4. Hiergegen richtet sich der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung.

a) Eine Rücknahme der Förderbescheide nach § 45 Abs. 1 SGB X scheide schon dem Grunde nach aus. Die Beurteilung der Fördervoraussetzungen nach Art. 19 BayKiBiG innerhalb des Verfahrens der staatlichen Förderung der Gemeinde nach Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG habe sich nach den der Gemeinde zumutbaren und vom Staat eingeräumten tatsächlichen und wirtschaftlichen Prüfungsmöglichkeiten zu richten. Hiervon sei die Prüfung und Beurteilung der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG im Verfahren zur Förderung des Einrichtungsträgers nach Art. 18, 22 BayKiBiG zu unterscheiden, weshalb ein Bescheid über die staatliche Förderung der Gemeinde nach Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG im Sinne von § 45 SGB X dann nicht rechtswidrig sein könne, wenn die Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG aus der Sicht der Gemeinde vorlägen und die Gemeinde sämtliche ihrer Verpflichtungen erfüllt habe.

Eine Übertragung des Insolvenzrisikos des privaten Trägers auf die Gemeinden sei im Gesetzgebungsverfahren nicht beabsichtigt gewesen. Ebenso wenig sei es Ziel des Gesetzgebungsverfahrens gewesen, die Kommunen mit geradezu abstrusen, nahezu unmöglichen Anforderungen personeller und wirtschaftlicher Art zu verpflichten, Prüfungsmaßnahmen bei den Einrichtungsträgern durchzuführen. Nach § 23 AVBayKiBiG sei alleine der Staat verpflichtet, die Träger zu prüfen. Wenn das Verwaltungsgericht deshalb ausführe, es liege im eigenen Interesse der Gemeinde, den Träger engmaschiger zu überprüfen, würden keine derartigen Überprüfungen durchgeführt, handle die Gemeinde auf eigenes Risiko, so liege dies fernab jeder Realität. Eine Prüfpflicht der Gemeinden bestehe nach dem Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration an den Bayer. Gemeindetag vom 13. August 2015 - II 4/6512.01-1/708 - ausdrücklich nicht. Die Gemeinden könnten nicht einerseits darauf festgelegt werden, sich gegenüber dem Träger auf dessen Erklärungen zu verlassen (sogenanntes Erklärungsprinzip), andererseits aber verpflichtet werden, im wohlverstandenen Eigeninteresse umfassende Prüfpflichten wahrzunehmen, um im Falle der Insolvenz des Einrichtungsträgers die Rückforderung des staatlichen Förderanteils zu vermeiden.

b) Ungeachtet dessen müsse zugunsten der Klägerin die Vertrauensschutzregelung des § 45 Abs. 2 SGB X zur Anwendung kommen. Nach gängiger Rechtsprechung stehe Kommunen bei der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte zwar grundsätzlich kein Vertrauensschutz zur Seite. Das vorliegend in Rede stehende Förderverhältnis sei jedoch von Sonderaspekten geprägt, die zu einer anderen Beurteilung führen müssten. Zum einen sei die Klägerin nicht als endgültiger Empfänger der staatlichen Förderung (Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG) anzusehen. Zum anderen stehe von Anfang an fest, dass der staatliche Förderanteil endgültig alleine durch den Staat finanziert werden solle. In einem ähnlich gelagerten Fall habe das OVG NRW (U. v. 2.7.1997 - 12 A 1080/95 - juris, Rn. 10) Vertrauensschutz auch für Kommunen anerkannt. Für die Anwendung des § 45 Abs. 2 SGB X spreche ferner auch der Umstand, dass der Einrichtungsträger sich der Gemeinde gegenüber grundsätzlich auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 SGB X berufen könne. In einer solchen Konstellation falle die Kommune (auch bei einem solventen Träger) mit ihrer Rückforderung aus, sei aber gegenüber dem Staat gleichwohl dennoch zur Rückzahlung verpflichtet. Im Übrigen könne der Beklagte von der Kommune nicht später einfach die staatliche Zuwendung zurückfordern, wenn er selbst - wie hier - gegenüber dem Träger die Einhaltung der Fördervoraussetzungen (Vorlage eines endgültigen pädagogischen Konzepts, Elternbeitragsstaffelung) nicht nachhaltig einfordere.

c) Auch soweit das Verwaltungsgericht von einer Letztverantwortung der Gemeinde für den Betrieb der Kindertagesstätten ausgehe und daraus ableite, es liege in deren Risikobereich und nicht in demjenigen des Staates, wenn sich die Gemeinde eines ungeeigneten Träger bediene, werde verkannt, dass nicht die Gemeinde, sondern der Staat die Betriebserlaubnisse für die Träger erteile. Ebenso wenig komme den Gemeinden im Vergleich zum Staat in Bezug auf das Insolvenzrisiko des Einrichtungsträgers die größere Nähe zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zulassungsgründe liegen - soweit dargelegt - nicht vor (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist - im Ergebnis - zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligungsbescheide vom 30. Dezember 2011, 26. September 2012, 2. Oktober 2012, 3. Dezember 2012, 1. Oktober 2013, 16. Oktober 2013 und 4. Dezember 2013 von der Beklagten mit Bescheid vom 25. Juni 2014 auf der Grundlage von § 23 Abs. 4 Satz 1 AVBayKiBiG i. V. m. § 45 SGB X zu Recht zurückgenommen wurden, weil die Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG, die nicht nur im Verhältnis zwischen dem Träger der Einrichtung und der Gemeinde, sondern auch im Verhältnis zwischen der Gemeinde und dem Staat Anwendung finden (vgl. hierzu Bauer/Hundmeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Anm. 1 zu Art. 19 BayKiBiG; Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, Rn. 125; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Art. 19 Anm. 1), nicht erfüllt wurden.

a) Soweit die Klägerin dem entgegenhält, eine Rücknahme der Förderbescheide nach § 45 Abs. 1 SGB X scheide bereits dem Grunde nach aus, weil die Beurteilung der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG sich innerhalb des Verfahrens nach Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG (staatliche Förderung der Gemeinde) nach den der Gemeinde zumutbaren und von Staatswegen eingeräumten tatsächlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu richten habe, findet dies im Bay. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz keinerlei Stütze. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG bindet den Förderanspruch der Gemeinde gegenüber dem Staat ausdrücklich an die Einhaltung der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG durch den Einrichtungsträger:

„Die Gemeinde hat für Kindertageseinrichtungen, die die Fördervoraussetzungen nach Art. 19 erfüllen […], einen Förderanspruch gegenüber dem Staat […]“ (Hervorhebung des Senats).

Ausschließlich dann, wenn die Kindertageseinrichtungen, mit anderen Worten deren Träger, die Fördervoraussetzungen nach Art. 19 BayKiBiG einhalten, erwächst der Gemeinde ein entsprechender Förderanspruch nach Maßgabe von Art. 21 BayKiBiG gegenüber dem Staat. Ob die Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG vorliegen, kann sowohl für den Förderanspruch des Einrichtungsträgers gegenüber der Gemeinde aus Art. 18 Abs. 1, 22 BayKiBiG als auch für den Förderanspruch der Gemeinde gegenüber dem Staat aus Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG nur einheitlich beurteilt werden. Art. 19 BayKiBiG gilt für beide Ansprüche gleichermaßen. Eine Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG, einmal aus der Sicht des Trägers (Art. 18, 22 BayKiBiG) und ein weiteres Mal aus der Sicht der Gemeinde (Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG), kann deshalb entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht kommen; sie findet weder im Wortlaut des Gesetzes noch in dessen Systematik irgendeine Grundlage. Die Überlegungen der Klägerin liegen deshalb schlichtweg neben der Sache und vermögen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu wecken.

Dass die Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG durch den Einrichtungsträger nicht eingehalten wurden, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dem von der Klägerin erhobenen Vorwurf, der Beklagte habe die Rechtsverstöße des Einrichtungsträgers zu spät festgestellt bzw. sei zulange untätig geblieben, kommt deshalb keine Bedeutung zu. Maßgeblich ist aufgrund der in Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG angeordneten Bindung des Förderanspruchs der Gemeinde gegenüber dem Staat an die Einhaltung der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG durch den Einrichtungsträger allein, dass Letzterer diese nicht beachtet hat. Ebenso wenig kommt in diesem Zusammenhang der Frage Bedeutung zu, ob allein der Beklagte verpflichtet ist, die Träger zu prüfen (vgl. § 23 Abs. 1 AVBayKiBiG) oder ob in diesem Zusammenhang zugleich auch eine Prüfungspflicht der Gemeinden besteht, wogegen der Wortlaut des § 23 Abs. 6 Satz 1 BayKiBiG, „die Sitzgemeinden und Aufenthaltsgemeinden können Belegprüfungen bei den Trägern […] durchführen“, sprechen dürfte (in diese Richtung auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Integration vom 13. August 2015, II 4/65 12.01-1/708, S. 1).

b) Mit Recht ist das Verwaltungsgericht des Weiteren davon ausgegangen, dass sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht gemäß § 45 Abs. 2 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann. Bezüglich der bewilligten Abschlagszahlungen scheidet Vertrauensschutz bereits deswegen aus, weil die endgültige Höhe der Förderung erst im Rahmen der Endabrechnung festgesetzt wird und die Bewilligung des Abschlags nicht mit der Feststellung verbunden ist, dass alle Fördervoraussetzungen erfüllt sind. Es liegt gerade im Wesen der Vorläufigkeit derartiger Verwaltungsakte, dass Vertrauen auf die Endgültigkeit der Regelung nicht entstehen kann (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2014 - 12 ZB 14.752 -, Umdr. Rn. 21, 23 m. w. N.).

Aber auch hinsichtlich der endgültigen Bewilligung von Fördermitteln kommt Vertrauensschutz nicht in Betracht, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat. Eine Behörde kann sich gegenüber einer anderen Behörde nicht auf Vertrauensschutz berufen (vgl. BVerwG, U. v. 8.12.1965 - V C 21.64 -, BVerwGE 23, 25 [30]; U. v. 20.6.1967 - V C 175.66 -, BVerwGE 37, 215 [217 f.]; U. v. 29.5.1980 - 5 C 11.78 -, BVerwGE 60, 208 [211]; B. v. 29.4.1999 - 8 B 87/99 - juris, Rn. 4; st.Rspr.). Dies gilt auch für Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts, die an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden sind und nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustands vertrauen dürfen, sondern darauf achten müssen, dass öffentliche Mittel sachgerecht und rechtmäßig verwendet werden (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.1980 - 5 C 11/78 -, BVerwGE 60, 208 [211]; BayVGH, B. v. 11.2.2011 - 4 ZB 09.3145 - juris, Rn. 10; B. v. 31.7.2009 - 4 ZB 07.1297 - juris, Rn. 8 m. w. N.). Die Klägerin ist deshalb nicht anders zu behandeln als eine Gemeinde, die sich gegenüber einem Anspruch auf Erstattung ihr irrtümlich gewährter öffentlich-rechtlicher Leistungen nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann (vgl. BVerwG, U. v.17.9.1970 - II C 48.68 -, BVerwGE 36, 108 [114]; U. v. 29.5.1980 - 5 C 11.78 -, BVerwGE 60, 208 [211]).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das vorliegende Förderverhältnis auch nicht durch Sonderaspekte geprägt, die in Anlehnung an die Entscheidung des OVG NRW (Urt. vom 2. Juli 1997 - 12 A 1080/95 - juris, Rn. 10) eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Zwar ist die Klägerin hier wie dort nicht als endgültiger Empfänger des staatlichen Förderanteils gemäß Art. 18 Abs. 2, 21 BayKiBiG anzusehen und der staatliche Förderanteil soll hier wie dort allein durch den Beklagten, nicht aber durch die Klägerin finanziert werden. Gleichwohl lassen sich die in der Entscheidung des OVG NRW entwickelten Überlegungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Die Klägerin verkennt, dass ihr Förderanspruch aus Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG ausdrücklich an die Erfüllung der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG durch den jeweiligen Einrichtungsträger gebunden ist. Liegen die Fördervoraussetzungen nicht vor oder werden sie seitens des Trägers nicht beachtet, so steht der Klägerin als Gemeinde ein Förderanspruch aus Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG nicht zu. Werden gleichwohl Fördermittel ausgereicht, so unterliegen diese der Rückforderung, ohne dass sich die Gemeinde demgegenüber auf Vertrauensschutz berufen könnte. Ebenso wenig kann der Einwand, wenn bereits der Träger sich auf Vertrauensschutz berufen dürfe, müsse gleiches auch für die Kommune gelten, verfangen. Ein Träger, der die ihm bekannten Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG nicht einhält, vermag sich gegenüber niemanden auf Vertrauensschutz zu berufen. Ungeachtet dessen würde ein Sich-Berufen-dürfen der Gemeinde auf Vertrauensschutz zugleich auch voraussetzen, dass dieses Vertrauen tatsächlich betätigt worden wäre. Auch daran fehlt es, denn die Klägerin steht gerade auf dem Standpunkt, dass sie das Vorliegen der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG beim Einrichtungsträger nicht zu prüfen hat.

c) Ebenso wenig begegnet die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei nicht ermessensfehlerhaft, rechtlichen Bedenken. Zwar steht die Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 1 SGB X regelmäßig im Ermessen der Behörde (vgl. BVerwG, U. v. 17.9.1987 - 5 C 26.84 -, BVerwGE 78, 101 [105 f.]; U. v. 25.9.1992 - 8 C 68 und 70.90 -, BVerwGE 92, 82 [90 f.]), weshalb die Rechtmäßigkeit der Rücknahme grundsätzlich eine entsprechende Ermessensausübung voraussetzt. In dieser Beziehung gelten jedoch Besonderheiten, wenn der zu treffenden Entscheidung durch das einschlägige Fachrecht eine bestimmte Richtung vorgegeben ist, d. h. kraft dieses Fachrechts das Ermessen im Regelfall nur durch eine bestimmte Entscheidung - hier: durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts - ausgeübt werden kann (sogenanntes intendiertes Ermessen), und ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vorliegt. Trifft das nämlich zu, so bedarf es, wenn in dem durch das Gesetz vorgegebenen Sinne entschieden wird, keiner Abwägung des Für und Wider mehr, womit zugleich eine nähere Begründungspflicht der Behörde entfällt (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1992 - 8 C 68 und 70.90 -, BVerwGE 92, 82 [90] m. w. N.).

So liegen die Dinge hier. Das Bayer. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz bestimmt in Art. 18 Abs. 2 Satz 1, dass ein Anspruch der Gemeinde auf staatliche Förderung nach Maßgabe des Art. 21 BayKiBiG nur dann besteht, wenn die Kindertageseinrichtung, mit anderen Worten deren Träger, die Fördervoraussetzungen nach Art. 19 BayKiBiG erfüllt. Das schließt für den Fall einer unter Verstoß gegen diese Vorschrift erfolgten Förderleistung die Anordnung der Rücknahme des entsprechenden Bewilligungsbescheids und die Rückforderung des gezahlten Betrages ein (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1992 - 8 C 68 und 70.90 -, BVerwGE 92, 82 [90 f.] - für die missbräuchliche Gewährung von Wohngeld). Auch die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zeichnen in der Regel die Rücknahme von Geldleistungsbescheiden als nicht weiter begründungsbedürftige Konsequenz vor (vgl. BVerwG, U. v. 16.6.1997 - 3 C 22.96 -, BVerwGE 105, 55 [57 f.]; U. v. 10.12.2003 - 3 C 22/02 -, NVwZ-RR 2004, 413 [415] m. w. N.). Bei der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nach § 45 Abs. 1 SGB X bleibt deshalb im Regelfall für die Ausübung von Ermessen kein Raum (vgl. BSG, U. v. 25.6.1986 - 9 a RVg 2/84 - juris, LS 3 u. Rn. 29; U. v. 4.2.1988 - 11 RAr 26/87 - juris, Rn. 11; U. v. 5.11.1997 - 9 RV 20/96 - juris, Rn. 16).

Zwar sind Ausnahmen denkbar, wenn besonders gewichtige Gründe eine andere Entscheidung rechtfertigen (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1992 - 8 C 68 und 70.90 -, BVerwGE 92, 82 [91]; U. v. 16.6.1997 - 3 C 22.96 -, BVerwGE 105, 55 [57 f.]). Stellt sich jedoch heraus, dass Vertrauensschutz zu versagen ist oder - wie hier - von vornherein nicht in Betracht kommt, so dass für eine Ermessensausübung keine Gesichtspunkte bleiben, ist das Rücknahmeermessen regelmäßig auf Null reduziert (vgl. BSG, U. v. 5.11.1997 - 9 RV 20/96 - juris, Rn. 16). In diesem Fall kann nur eine Entscheidung richtig sein, nämlich die Leistungsbewilligung zurückzunehmen (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1992 - 8 C 68 und 70.90 -, BVerwGE 92, 82 [90]; U. v. 16.6.1997 - 3 C 22.96 -, BVerwGE 105, 55 [57]).

Dies folgt letztlich unmittelbar aus Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG selbst, der den Förderanspruch der Klägerin gegenüber dem Staat an die Einhaltung der Fördervoraussetzungen durch den Einrichtungsträger bindet. Hält der Träger die Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG nicht ein, so muss die Gemeinde nicht nur ihren eigenen Förderanteil (Art. 18 Abs. 1, 22 BayKiBiG), sondern auch den staatlichen Anteil (Art. 18 Abs. 2, 21, 22 BayKiBiG) zurückfordern (§ 23 Abs. 4 AVBayKiBiG); sie ist aber ihrerseits zugleich auch dem Rückforderungsanspruch des Freistaats hinsichtlich des staatlichen Förderanteils ausgesetzt. Fällt der Einrichtungsträger aufgrund von Insolvenz als Rückforderungsschuldner aus, so erhält die Gemeinde weder den Eigenanteil (Art. 18 Abs. 1 BayKiBiG) noch den staatlichen Förderanteil (Art. 18 Abs. 2 BayKiBiG) vom Träger zurück; sie bleibt gegenüber dem Freistaat Bayern aber gleichwohl hinsichtlich des staatlichen Förderanteils zur Rückzahlung verpflichtet, da dieser an die Beachtung der Fördervoraussetzungen des Art. 19 BayKiBiG gekoppelt ist (vgl. Art. 18 Abs. 2 BayKiBiG), die gerade nicht eingehalten wurden.

Dass die Gemeinde das Insolvenzrisiko des Trägers nicht nur hinsichtlich ihres eigenen Förderanteils, sondern auch hinsichtlich des staatlichen Anteils trägt, ist unmittelbare Konsequenz der in Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG gewählten Konstruktion des Landesgesetzgebers, den Förderanspruch der Gemeinde gegenüber dem Staat an die Beachtung der Fördervoraussetzungen (Art. 19 BayKiBiG) durch den Einrichtungsträger zu binden. Abhilfe kann insoweit nur durch den Gesetzgeber selbst, nicht aber durch die Gerichte erfolgen. Angesichts der in Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG getroffenen Regelung, kommt es auf die weiteren vom Verwaltungsgericht angestellten und von der Klägerin gerügten Überlegungen zur „Letztverantwortung“ und zur größeren „Risikonähe“ der Gemeinde hinsichtlich des Insolvenzrisikos des Einrichtungsträgers entscheidungserheblich nicht an.

d) Dieses Ergebnis mag der betroffenen Gemeinde - da sie die staatlichen Fördergelder letztlich lediglich an den Träger weiterreicht - unbillig erscheinen. Die Gemeinde ist jedoch im Fall der Insolvenz des Einrichtungsträgers keineswegs rechtlos gestellt; es bleibt ihr unbenommen, einen Anspruch auf Mehrbelastungsausgleich gemäß Art. 83 Abs. 3 Satz 2 Bay. Verfassung (BV) geltend zu machen (vgl. hierzu näher Wolff, in: Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 2009, Art. 83 Rn. 127 ff.; Wollenschläger, in: Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaats Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 83 Rn. 75 ff.; Zieglmeier, NVwZ 2008, 270 [273 ff.]).

Überträgt der Staat den Gemeinden Aufgaben, verpflichtet er sie zur Erfüllung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis oder stellt er besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgaben, so hat er gemäß Art. 83 Abs. 3 Satz 1 BV gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen (siehe zur konnexitätsrechtlichen Relevanz der bayerischen Gemeinden durch Art. 5 BayKiBiG auferlegten Sicherstellungsverantwortung im Lichte des Kinderförderungsgesetzes 2008 umfassend Huber/Wollenschläger, Verwaltungsarchiv 2009 (100), 305 [330, 338 f.]).

Führt die Wahrnehmung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden, so ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Dieser Anspruch kann, trotz des Wortlauts des Art. 83 Abs. 3 Satz 2 BV, der von Gemeinden spricht, auch von einer einzelnen Gemeinde geltend gemacht werden (vgl. Huber/Wollenschläger, VerwArch 2009 (100), 305 [329] m. w. N.). Der Sache nach ist der Anspruch auf Vollkostenersatz gerichtet und aus dem Einzelplan des federführenden Staatsministeriums zu leisten (vgl. Nr. 2.5.1 der Vereinbarung über ein Konsultationsverfahren zwischen der Staatsregierung und den kommunalen Spitzenverbänden zur Umsetzung des Konnexitätsprinzips [Konsultationsvereinbarung - KonsultVer] vom 21.5.2004, GVBl. 218 [220]).

Ob der Freistaat Bayern gegenüber den Gemeinden im Falle der Insolvenz des Einrichtungsträgers Rückforderungsansprüche gemäß § 23 Abs. 4 AVBayKiBiG i. V. m. § 45 Abs. 1 SGB X hinsichtlich des staatlichen Förderanteils aus Art. 18 Abs. 2 Satz 1, 21 BayKiBiG geltend macht und durchsetzt, die möglicherweise eine Mehrbelastungshaftung gemäß Art. 83 Abs. 3 Satz 2 BV auslösen, mit anderen Worten in einem „Nullsummenspiel“ enden, ist zu allererst eine Frage der Steuerungsverantwortung des mit dem vorliegenden Fall bereits befassten Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Integration.

2. Die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 2 VwGO) hat die Klägerin lediglich behauptet, nicht aber den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Es fehlt insoweit an jeder Substantiierung.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb abzulehnen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

4. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Juni 2015 rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.