Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Feb. 2019 - M 9 S 17.40251

bei uns veröffentlicht am28.02.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16. Mai 2017 gegen Ziff. 3 des Bescheids vom 5. Mai 2017, Gz. 6075580-232, wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig.

Mit Bescheid vom 5. Mai 2017, bekanntgegeben am 9. Mai 2017 (vgl. Bl. 162 d. BA), lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i. F.: Bundesamt) die am 10. August 2015 (Bl. 8 d. Behördenakts - i. F.: BA -) gestellten Asylanträge als unzulässig ab (Ziff. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2). Die Antragsteller wurden aufgefordert, das Bundesgebiet binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, widrigenfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Italien angedroht (Ziff. 3). Das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 4). Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Antragsteller hätten bereits in Italien Asylanträge gestellt. Im Rahmen des dortigen Asylverfahrens sei ihnen internationaler Schutz gewährt worden. Die Antragsteller hätten die entsprechenden italienischen Aufenthaltstitel hierfür vorgelegt, welche auch mit den EURODAC-Ergebnissen korrespondierten. Wegen des Bescheidinhalts im Übrigen wird auf diesen Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Bevollmächtigte der Antragsteller hat am 16. Mai 2017 Klage und Eilantrag gegen den Bescheid erhoben. Sie beantragt im hiesigen Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Wegen der Begründung wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

Das Bundesamt stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG e contrario und nach § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG zulässige Antrag ist begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.

Maßstab ist dabei, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog. Angegriffener Verwaltungsakt in diesem Sinne ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die nach § 35, § 36 Abs. 1, § 34 Abs. 1, Abs. 2 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung als selbstständiger Verwaltungsakt (vgl. BVerwG, B.v. 23.10.2015 - 1 B 41/15 - juris; BeckOK AuslR, AsylG, Stand: 18. Ed. 1.8.2017, § 34 Rn. 36ff.). Ernstliche Zweifel sind nur dann gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - juris; Marx, AsylG, Stand: 9. Auflage 2017, § 36 Rn. 51). Maßnahme in diesem Sinne ist die Abschiebungsandrohung - mit nachfolgender Abschiebung des Betroffenen -, die sich hier auf die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig stützt und die deren Folge ist, weswegen Anknüpfungspunkt der (summarischen) Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - vermittelt über § 36 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 35 AsylG - die Frage sein muss, ob das Bundesamt den Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt hat (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - juris; Marx, AsylG, Stand: 9. Auflage 2017, § 36 Rn. 43). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG.

Die Voraussetzungen der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sind vorliegend nicht gegeben.

Die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG setzt voraus, dass ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 gewährt hat. Durch den Verweis auf § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist klargestellt, dass mit der Gewährung internationalen Schutzes (nur) die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und/oder die Gewährung subsidiären Schutzes gemeint ist (BeckOK AuslR, Stand: 20. Ed. 1.11.2018, AsylG § 29 Rn. 76).

Der Behördenakte ist zu entnehmen, dass die italienischen Aufenthaltstitel („PERMESSO DI SOGGIORNO“) aus humanitären und familiären Gründen („MOTIVI UMANITARI“/„MOTIVI FAMILIARI“) erteilt worden sind (Bl. 30ff. d. BA bzw. Bl. 83f. d. BA). Damit wird nicht dargetan, dass Italien den Klägern internationalen Schutz gewährt hätte. Erforderlich ist dafür eine förmliche Schutzgewährung, während die bloße Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechts nicht ausreicht (statt aller BayVGH, B.v. 15.2.2018 - 10 ZB 17.30437 -; VG München, B.v. 3.8.2017 - M 21 S 17.42162 -; VG Augsburg, U.v. 25.4.2017 - Au 7 K 17.30260 - jeweils zitiert nach juris). Die Antragsgegnerin selbst stellte u. a. in einer Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover (Bundesamt an VG Hannover v. 24.9.18 - 7 A 1616/17 -, recherchiert über Asylfact) klar, dass ein Aufenthaltstitel mit der Bezeichnung „MOTIVI UMANITARI“ nur bedeute, dass humanitärer Schutz „ähnl. unseren Abschiebungsverboten“ gewährt worden sei. Der Verwaltungsvorgang enthält darüber hinaus weder die angeblichen EURODAC-Erkenntnisse noch ein Inforequest an Italien, das zu einer weiteren (Auf-) Klärung hätte beitragen können, vgl. Art. 34 Abs. 2 lit. e und g Dublin III-VO. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nicht einmal von den Antragstellern unterzeichnete Anhörungsbögen/Formulare in der Behördenakte zu finden sind.

Die Entscheidung kann auch nicht auf Basis von § 29 Abs. 1 Nr. 4 AsylG aufrechterhalten werden, da die diesbezüglichen Voraussetzungen - folgerichtig - nicht geprüft wurden.

Auf die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG wird hingewiesen.

Die Kostenfolge fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Feb. 2019 - M 9 S 17.40251

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Feb. 2019 - M 9 S 17.40251

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Feb. 2019 - M 9 S 17.40251 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen: 1. Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder2. internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vo

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 35 Abschiebungsandrohung bei Unzulässigkeit des Asylantrags


In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 37 Weiteres Verfahren bei stattgebender gerichtlicher Entscheidung


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Feb. 2019 - M 9 S 17.40251 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Feb. 2019 - M 9 S 17.40251 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 03. Aug. 2017 - M 21 S 17.42162

bei uns veröffentlicht am 03.08.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Die Antragstellerin ist nigerianische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. April 2016 von

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 25. Apr. 2017 - Au 7 K 17.30260

bei uns veröffentlicht am 25.04.2017

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. Januar 2017 (Gesch.Z.: ...) wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Parteien tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahr

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2018 - 10 ZB 17.30437

bei uns veröffentlicht am 15.02.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der zulässige Antrag auf Zulassung

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Okt. 2015 - 1 B 41/15

bei uns veröffentlicht am 23.10.2015

Gründe I 1 Der Kläger, nach eigenem Vortrag ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im Augus

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

Gründe

I

1

Der Kläger, nach eigenem Vortrag ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im August 2013 zusammen mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern nach Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zuvor war der Familie bereits in Ungarn subsidiärer Schutz gewährt worden. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2013 entschied das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylVfG unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2).

2

Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen erhobenen Anfechtungsklage stattgegeben. Mit "Ergänzungsbescheid" vom 28. April 2015 hat das Bundesamt Ziffer 2 des Bescheids vom 13. Dezember 2013 in eine Abschiebungsandrohung nach Ungarn geändert. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Anschlussberufung des Klägers mit Urteil vom 29. April 2015 festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheids erledigt hat, und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Begründet hat er dies damit, dass die ursprüngliche Verantwortlichkeit Ungarns zur Prüfung des Asylantrags des Klägers nicht mehr fortbestehe, nachdem das Bundesamt bezüglich der weiteren Familienangehörigen von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht habe. Die Entscheidung des Bundesamts würde sich auch nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage als im Ergebnis zutreffend darstellen, insbesondere sei die Beklagte nicht wegen der subsidiären Schutzgewährung in Ungarn an einer erneuten Sachentscheidung gehindert. Der Antrag sei als Folgeschutzgesuch zu werten, das die Beklagte nach § 71a AsylVfG prüfen müsse. Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung habe sich der Rechtsstreit mit dem "Ergänzungsbescheid" der Beklagten erledigt. Dieser enthalte nicht nur eine inhaltliche Modifikation, sondern stelle einen neuen Verwaltungsakt dar, der den früheren jedenfalls konkludent ersetze.

3

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der diese die Zulassung der Revision erstrebt.

II

4

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 (BVerwGE 150, 29) liegt nicht vor. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur gegeben, wenn die Vorinstanz einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widerspricht.

6

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Asylantrag des Klägers nicht schon deshalb unzulässig ist, weil ihm in einem anderen Mitgliedstaat subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Dies steht nicht in Widerspruch zu der von der Beschwerde herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieser lag eine andere Fallkonstellation zugrunde, da der Kläger im dortigen Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannt worden war. Eine solche ausländische Flüchtlingsanerkennung hat zur Folge, dass der Betroffene nach § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG kraft nationalen Rechts nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden darf; einen Anspruch auf eine (neuerliche) Statusanerkennung durch das Bundesamt hat er nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG aber nicht. Dies gilt über § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auch in Bezug auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes. Vorliegend geht es hingegen um die Konsequenzen, die sich aus der Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei gleichzeitiger Gewährung subsidiären Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat für einen erneuten Asylantrag im Bundesgebiet ergeben. Hierzu sind der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine tragenden Rechtssätze zu entnehmen, von denen das Berufungsgericht abgewichen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung insbesondere nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass jede Form einer im Ausland bereits erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes den Ausschluss einer nochmaligen materiellen Prüfung im Bundesgebiet zur Folge hat. Die Entscheidung verhält sich insbesondere nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat auch einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht.

7

2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).

8

a) Die Beschwerde hält zunächst - für den Fall, dass es an einer höchstrichterlichen Klärung fehlt - für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob infolge der Regelung in § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG) jede Form einer im Ausland bereits erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes für das Bundesgebiet zur Folge hat, dass ein Anspruch auf ein nochmaliges materielles Prüfverfahren zu internationalem Schutz insgesamt ausgeschlossen ist."

9

Dazu führt sie ergänzend aus, dass die vom Berufungsgericht hierzu vertretenen Rechtsgrundsätze in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten seien und sich weder unmittelbar noch mit Hilfe anerkannter Auslegungsgrundsätze aus dem Gesetz ergäben. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige Frage auf, die eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigt.

10

Soweit die Beschwerde auf die ihrer Auffassung nach divergierende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs München in seinen Beschlüssen vom 16. Juni 2015 - 20 B 15.50058 - (juris) und vom 18. Juni 2015 - 20 B 15.300117 - (juris) verweist, betrafen beide Verfahren die (nochmalige) Zuerkennung subsidiären Schutzes für eine in einem anderen Mitgliedstaat bereits als schutzberechtigt anerkannte Person, während der Kläger mit seinem Asylantrag vorliegend (auch) die - von den ungarischen Behörden abgelehnte - Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und damit eine Aufstockung seines Schutzes begehrt.

11

Soweit die Beschwerde im Übrigen hinsichtlich des Umfangs der aus § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abzuleitenden Unzulässigkeit eines materiellen Prüfverfahrens darauf hinweist, dass die Ablehnung der Durchführung eines erneuten Asylverfahrens wegen der Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 S. 60) - Asylverfahrensrichtlinie n.F. - entspreche, wonach die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Dublin-Bestimmungen einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig betrachten dürfen, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat, übersieht sie die Übergangsregelung in Art. 52 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2013/32/EU. Danach wenden die Mitgliedstaaten die in Umsetzung dieser Richtlinie nach Art. 51 Abs. 1 erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf förmlich gestellte Anträge auf internationalem Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher an; für vor diesem Datum gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften "nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG" (Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Zu den dieser Übergangsregelung unterfallenden Bestimmungen zählt auch die Ermächtigung in Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU, die regelt, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin-Verordnungen ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen Unzulässigkeit nicht prüfen müssen. Folglich darf ein - wie hier - vor dem Stichtag (20. Juli 2015) gestellter Asylantrag nur nach Maßgabe der Regelung in Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig betrachtet werden. Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag wegen Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat aber nur als unzulässig betrachten, wenn der andere Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Daran fehlt es hier.

12

Da es sich bei der den Mitgliedstaaten in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten - und gegenüber der Vorgängerregelung erweiterten - Option um eine den Antragsteller belastende Änderung handelt, ermöglicht auch die Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Richtlinie 2013/32/EU keine vorzeitige Anwendung der Änderung auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge. Damit steht im vorliegenden Verfahren Unionsrecht der von der Beklagten angenommenen Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

13

b) Des Weiteren hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob sich die Abschiebungsanordnung als spezielle Ausformung der Abschiebungsandrohung darstellt bzw. jedenfalls insoweit teilidentisch ist, als unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung des Charakters als Ausreiseverfügung bei gleichbleibendem Zielstaatsbezug eine Abänderung in eine Abschiebungsandrohung möglich ist oder es sich dabei um völlig unterschiedliche Regelungen handelt, die nicht einmal teilidentisch sind, so dass die erfolgte Abänderung zur vollständigen Erledigung der verfügten Abschiebungsanordnung führt."

14

In diesem Zusammenhang verweist sie darauf, dass beide Maßnahmen der Umsetzung einer festgestellten Ausreiseverpflichtung dienten, der Prüfungsinhalt jedenfalls insoweit identisch sei, als es um die zielstaatsbezogene Gefährdungslage gehe und nach dem das Asylverfahren in besonderer Weise prägenden Grundsatz der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung es zielführender wäre, abschichtbare Regelungsbereiche - wie etwa die Frage einer zielstaatsbezogenen Gefährdungslage - umfassend bereits in einem anhängigen Streitverfahren einer Überprüfung zu unterziehen, anstatt sie mit neu ausgelösten Rechtsmittelfristen einer Überprüfung in einem eigenständigen und späteren Gerichtsverfahren zu überantworten.

15

Auch dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, da die aufgeworfene Rechtsfrage ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens anhand des Gesetzes beantwortet werden kann. Das Bundesamt hat die auf § 34a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung durch den "Ergänzungsbescheid" inhaltlich nicht lediglich modifiziert, sondern durch eine andere Regelung, nämlich eine Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG ersetzt. Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung stellen unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung dar, die nicht teilidentisch sind. Insbesondere stellt sich eine Abschiebungsanordnung nicht als spezielle Ausformung einer Abschiebungsandrohung dar und ist eine Abschiebungsandrohung nicht als Minus in jeder Abschiebungsanordnung mitenthalten. Auch der Umstand, dass beide Maßnahmen auf das gleiche Ziel gerichtet sind, nämlich auf eine Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet, und teilweise identische Prüfungsinhalte bestehen, begründet keine Teilidentität in dem Sinne, dass die Ersetzung einer (rechtswidrigen) Abschiebungsanordnung durch eine Abschiebungsandrohung nicht zur (vollständigen) Erledigung der Abschiebungsanordnung führt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Abschiebungsandrohung einer Fristsetzung bedarf. Außerdem soll in einer Abschiebungsandrohung zwar der Staat bezeichnet werden, in den der Betroffene abgeschoben werden soll; soweit keine Abschiebungsverbote bestehen, kann er auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung aber auch in jeden anderen Staat abgeschoben werden, in den er ausreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (§ 34 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 2 und 3 AufenthG). Die Abschiebungsanordnung bedarf hingegen nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung, darf aber nur in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat angeordnet werden und setzt voraus, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann.

16

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:

1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, nämlich die Versa-gung rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), nicht vorliegt.

1. Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (stRspr; siehe z.B. BVerfG, B.v. 1.8.2017 – 2 BvR 3068/14 – juris Rn. 51; BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D – juris Rn. 8 f. m.w.N.).

Von einer unzulässigen Überraschungsentscheidung kann aber dann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligen entspricht oder von ihm für unrichtig gehalten werden. Nach ständiger Rechtsprechung besteht keine, auch nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitende, generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche oder rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. Dass es im Asylprozess, soweit entscheidungserheblich, stets auch um die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden und die Glaubhaftigkeit seines Vortrags geht, ist selbstverständlich und bedarf grundsätzlich nicht des besonderen Hinweises durch das Gericht (stRspr, BVerfG, B.v. 15.2.2017 – 2 BvR 395/16 – juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 10 ZB 17.30486 – nicht veröffentl.; BayVGH, B.v. 6.12.2017 – 11 ZB 17.31423 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 21 ZB 17.30468 – juris Rn. 4).

1.1 Die Kläger bringen vor, das Verwaltungsgericht habe unter dem prozessualen Gesichtspunkt der Überraschungsentscheidung das rechtliche Gehör der Kläger verletzt (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), weil es den Vortrag der Kläger, sie hätten bereits in Italien humanitären Schutz erhalten und die entsprechenden Dokumente nach Einreise in das Bundesgebiet in einer Aufnahmeeinrichtung abgegeben, unberücksichtigt gelassen habe. Das Verwaltungsgericht sei seiner Verpflichtung, den Sachverhalt vollständig bis zur Grenze des Zumutbaren zu ermitteln, nicht nachgekommen, obwohl es schon wegen des etwa eineinhalbjährigen Aufenthalts der Kläger in Italien konkreten Anlass gegeben habe zu ermitteln, ob tatsächlich eine Schutzzuerkennung vorliege, die „dann eine Abschiebung in den Heimatstaat Nigeria rechtswidrig“ mache. Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG dürfe eine Abschiebung nach Nigeria nicht erfolgen, sodass die ihre Androhung insoweit rechtswidrig sei. Die Kläger hätten nunmehr Kopien ihrer als Anlage zur Zulassungsschrift übermittelten italienischen Dokumente gefunden, die eine Schutzzuerkennung in Italien belegten. Das angefochtene Urteil setze sich in seinen Gründen mit einer bereits bestehenden Asylanerkennung nicht auseinander; dies führe in überraschender Weise dazu, dass die Kläger nach Nigeria abgeschoben werden könnten.

1.2 Eine Auslegung des Zulassungsvorbringens der Kläger ergibt, dass sie sich im Zulassungsverfahren nur noch insoweit gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wenden, als mit ihm die Anfechtungsklage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung (Bescheid d. Beklagten v. 8.11.2016, Zi. 5 Satz 2) mit der Benennung des Zielstaats Nigeria abgewiesen wurde. Die Klageabweisung im weiteren, also soweit sie sich auf den Bescheid in seinen Ziffern 1. bis 4. (Ablehnung der Anträge der Kläger auf Asylanerkennung, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzstatus sowie die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots) bezieht, wird im Zulassungsverfahren nicht beanstandet.

1.3 Mit dem insoweit beschränkten Vortrag der Kläger ist jedoch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung – bezogen auf die Abschiebungsandrohung – nicht dargelegt. Wie sich aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. März 2017 ergibt, hat die Bevollmächtigte dort erstmals erklärt, den Klägern sei „in Italien ein Schutzstatus zuerkannt worden“ und sie hätten ein Aufenthaltsdokument bekommen; eine Glaubhaftmachung ist in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt. Das Gericht hat demgegenüber darauf hingewiesen, die Kläger hätten bei ihrer Erstbefragung am 6. Juli 2016 die Frage nach einem von einem anderen Staat ausgestellten Aufenthaltsdokument mit „Nein“ beantwortet. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Einzelrichterin die damit verbundenen Argumente abgewogen hat, auch wenn eine Befassung in den Entscheidungsgründen nicht stattgefunden hat; sie hat insbesondere die Kläger mit ihrem Vortrag angehört, sie seien „der Meinung…, ihnen wäre in Italien ein Schutzstatus zuerkannt worden“, hat diesen Tatsachenvortrag jedoch wegen der vorangegangenen gegenteiligen Angaben als nicht glaubhaft angesehen. Damit liegen jedoch die Voraussetzungen des Verstoßes gegen das rechtliche Gehör nach den eingangs dargestellten Maßstäben nicht vor.

Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretenen Kläger haben es weiter unterlassen, durch geeignete prozessuale Mittel im Rahmen des Zumutbaren den aus ihrer Sicht drohenden Gehörsverstoß abzuwenden. Hierzu konnte von ihnen wenigstens verlangt werden, lesbare Kopien der ihnen offenbar in Italien erteilten Aufenthaltserlaubnisse („permesso di soggiorno“) in der mündlichen Verhandlung vorzulegen oder auf andere Weise ihren neuen Vortrag zu untermauern. Die Nachholung dieses Versäumnisses im Rahmen des Zulassungsverfahrens ist demgegenüber zur Begründung eines Gehörsverstoßes unbehelflich. Im Übrigen sind – soweit sich dies aus den zum großen Teil unleserlichen Fotokopien entnehmen lässt – die befristeten italienischen Aufenthaltstitel aus humanitären und familiären Gründen („motivi umanitari“/„motivi familiari“) erteilt worden. Damit wird nicht dargetan, dass Italien den Klägern internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Asylgesetz gewährt hatte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 2, § 35 AsylG); erforderlich ist dafür eine förmliche Schutzgewährung, während die bloße Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechts nicht ausreicht (Hailbronner, AuslR, Stand: August 2017, B 2 § 35 AsylG Rn. 3, 5).

Die Kläger hatten bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht niemals eine Schutzgewährung in Italien behauptet. Träfe dieser Vortrag zu, hätten ihre Asylanträge in Deutschland gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden müssen. Wenn sie sich in nunmehr im gerichtlichen Verfahren (mittelbar) auf die Unzulässigkeit ihrer Asylanträge mit dem Ziel berufen, einen aus ihrer

Sicht „vorzugswürdigeren“ Abschiebezielstaat (§ 35 AsylG) zu erhalten, ohne die damit verbundene Aussage auch nur glaubhaft zu machen, liegt ein Gehörverstoß in der vorliegenden Situation nicht vor. Auch die Aussage im Zulassungsvorbringen, die (angeblich nun erst aufgefundenen) Kopien der italienischen Ausweisdokumente würden eine „Zuerkennung in Italien belegen“, trifft nicht zu.

Das Zulassungsvorbringen beruft sich weiter auf § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Diese Vorschrift kann jedoch nur im Falle einer – hier gerade abgelehnten – Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60 AufenthG eingreifen (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 59 Rn. 42). Damit geht die Forderung der Kläger, in der Abschiebungsandrohung hätte Nigeria als der Staat bezeichnet werden müssen, in den sie nicht abgeschoben werden dürften, ins Leere. Bei unterstellter Annahme einer Schutzgewährung durch Italien hätte eine Androhung der Abschiebung nach Italien gemäß § 35 AsylG ergehen müssen. Diese Vorschrift modifiziert und verdrängt § 59 AufenthG (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 35 Rn. 2). Schließlich stünde es den Klägern im Falle des tatsächlichen Vorliegens der behaupteten Schutzgewährung jederzeit frei, die ihnen obliegende Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet dadurch zu erfüllen, dass sie nach Italien ausreisen (vgl. § 50 Abs. 3 Satz 1 AufenthG).

2. Soweit die Kläger zur Begründung ihrer Gehörsrüge vortragen, das Verwaltungsgericht habe seine nach § 86 Abs. 1 VwGO bestehende Sachaufklärungspflicht dadurch verletzt, dass es nicht von Amts wegen Ermittlungen zur Frage der vorangegangenen Schutzgewährung in Italien angestellt habe (vgl. zum Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht im Hinblick auf die internationale Schutzgewährung in einem anderen EU-Mitgliedstaat: BVerwG, U.v. 21.11.2017 – 1 C 39.16 – juris Rn. 22 f.), ist dem schon entgegenzuhalten, dass von der Schutzwirkung des hier maßgeblichen Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG diejenigen Aufklärungspflichten nicht umfasst sind, die über die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen, sich zu dem zugrunde gelegten Sachverhalt zu äußern, auch wenn sie im einfachen Prozessrecht verankert sind (BayVerfGH, E.v. 29.1.2014 – Vf. 18-VI-12 – juris Rn. 35). Bei der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht handelt es sich schon nicht um einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO, der von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG erfasst wäre (BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 25.3.2015 – 13 A 493/15.A – juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Ver-waltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AslyG).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist nigerianische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. April 2016 von Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 20. Juni 2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Antrag auf Asyl.

In ihrem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 20. Juni 2016 gab die Antragstellerin an, in keinem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt zu haben. Eine am selben Tag durchgeführte Eurodac-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 für den Mitgliedstaat Italien. In der Behördenakte finden sich zudem Kopien einer italienischen Reisepasses für Flüchtlinge, ein permesso di soggiorno und eine carta d‘identita. Zu den Gründen der Schutzgewährung heißt es dort „motivi umanitari“.

Am 9. August 2016 erklärte die Antragstellerin anlässlich einer Beschuldigtenvernehmung durch die Polizeiinspektion Lindau, sie ziehe ihren Asylantrag zurück. Sodann erklärte sie am 4. September 2016 erneut bei der Bundespolizeiinspektion Rosenheim, sie ziehe ihren Asylantrag zurück und kehre nach Italien zurück. Dort besitze sie einen gültigen Aufenthaltstitel.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20. Mai 2017 wurde das Asylverfahren der Antragstellerin eingestellt (Nr. 1). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und die Antragstellerin unter Androhung einer Abschiebung nach Nigeria aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Hiergegen hat die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten am 24. Mai 2017 Klage erhoben (Az. M 21 K 17.42160), über die noch nicht entschieden ist, und gleichzeitig nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Eine Begründung erfolgte auch nach einem Wechsel des Bevollmächtigten nicht.

Die Beklagte hat die Behördenakte vorgelegt und sich zum Verfahren nicht weiter geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, soweit damit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 75 i.V.m. §§ 71a Abs. 4, 36 AsylG) sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids erreicht werden soll. Die Antragstellung erfolgte auch fristgerechnet innerhalb der Wochenfrist des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Bundesamt aufgrund der Rücknahme des Asylantrags das Asylverfahren der Antragstellerin gemäß § 32 AsylG eingestellt. Zweifel an der Wirksamkeit der von der Antragstellerin zweimal in einem zeitlichen Abstand von etwa einem Monat geäußerten Rücknahmeerklärung bestehen nicht.

Auch die Androhung der Abschiebung der Antragstellerin in den Herkunftsstaat Nigeria ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Zwar ist der Antragstellerin ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Ausweispapiere, die ihr durch den Mitgliedstaat Italien ausgestellt worden sind, in Italien ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen gewährt worden. Eine solche Aufenthaltsgestattung aus humanitären Gründen beruht aber allein auf (nationalem) italienischem Recht und wird gerade dann erteilt, wenn die italienischen Behörden davon ausgehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes nicht erfüllt werden (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Leitfaden Italien, Aktualisierte Fassung Oktober 2014, S. 22, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/leitfaden-italien.pdf? blob=publicationFile).

Daher wäre der Asylantrag der Antragstellerin, hätte sie diesen nicht zurückgenommen, nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig gewesen mit der Folge, dass nach§ 35 AsylG die Abschiebung in einen Staat anzudrohen gewesen wäre, in dem der Antragstellerin keine Verfolgung droht. Es spricht vielmehr vieles dafür, dass der Antrag als Zweitantrag nach § 71a AsylG zu behandeln gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund hätte der Antragstellerin, unterstellt die Voraussetzungen des § 71a AsylG hätten nicht vorgelegen, zwar auch die Abschiebung nach Italien angedroht werden können, da sie dort ein Aufenthaltsrecht besitzt (vgl. § 59 Abs. 2 AufenthG). Zwingend wäre dies jedoch nicht gewesen, so dass auch die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat Nigeria, dessen Staatsangehörige die Antragstellerin nach eigenen Angaben ist, rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheides, denen das Gericht folgt, verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Abschiebungsandrohung mit der einwöchigen Ausreisefrist nach §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist damit von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. Januar 2017 (Gesch.Z.: ...) wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Parteien tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger zu 1 bis 3, nigerianische Staatsangehörige, wenden sich gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig.

1. Der Kläger zu 1, seine Ehefrau, die Klägerin zu 2, und ihr gemeinsames Kind, die Klägerin zu 3 (geboren am ...2011 in Italien) reisten am 31. März 2013 aus Italien per Flugzeug in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Kläger zu 1 und 2 waren jeweils im Besitz eines von den italienischen Behörden ausgestellten Reiseausweises für Ausländer („Titolo di Viaggio per Stranieri“), die am 19. Januar 2013 abgelaufen waren. Zudem legten sie Aufenthaltsgenehmigungen vor („Permesso di Soggiorno“), in denen als Art des Aufenthaltstitels („Tipo die Permesso“) die Angabe „Motivi Umanitari“ angegeben ist (s. Bl. 51 bis 57 der Bundesamtsakte); die Aufenthaltstitel sind am 12. September 2013 abgelaufen.

Am 11. April 2013 stellten die Kläger zu 1 bis 3 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) Asylanträge.

Am 9. November 2016 wurden die Kläger zu 1 und 2 getrennt voneinander angehört. Der Kläger zu 1 gab u.a. an, er sei vier Jahre in Libyen und zwei Jahre in Italien gewesen. In Italien habe er die Flüchtlingsanerkennung bekommen und einen Aufenthaltstitel gehabt. Zwischen 2004 und 2007 sei er geschäftlich zwischen Nigeria und Libyen gereist. 2007 habe er sich entschlossen, Nigeria endgültig zu verlassen. Seine nationale ID-Card habe er dort zurückgelassen. Er mache hier die gleichen Asylgründe wie in Italien geltend. Im weiteren Verlauf der Anhörung gab der Kläger zu 1 an, er habe einen humanitären Aufenthaltstitel gehabt.

Die Klägerin zu 2 gab u.a. an, sie habe Nigeria 2007 verlassen. Ihren Mann habe sie 2007 in Libyen kennengelernt. Im Oktober 2010 seien sie nach Nigeria zurückgekehrt und hätten dort traditionell geheiratet. Libyen hätten sie wegen dem Krieg verlassen. In Italien habe sie einen Aufenthaltstitel gehabt. Sie hätten Italien aus wirtschaftlichen bzw. finanziellen Gründen verlassen.

Die Kläger zu 1 und 2 übergaben dem Bundesamt ihre nigerianischen Geburtsurkunden (Bl. 132 und 134 der Bundesamtsakte). Außerdem legten die Kläger zu 1 und 2 folgende Dokumente zu ihren in Italien betriebenen Asylverfahren vor:

– die italienischen Anhörungsprotokolle („Verbale di Audizione“) vom 26. August 2011 zu ihren Asylgründen in Italien (Bl. 136 bis 146 der Bundesamtsakte).

– die Entscheidungen der italienischen Behörde vom 12. September 2011über ihre Asylanträge, aus denen sich ergibt, dass dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 jeweils der internationale Schutz versagt wurde („DECIDE: di non riconoscere la protezione internazionale“), ihnen aber humanitärer Schutz („protezione umanitaria“) nach „art. 5, comma 6, del Decreto Legislativo n. 286/1998“ gewährt wurde (s. Bl. 147 bis 151 der Bundesamtsakte).

2. Mit Bescheid vom 9. Januar 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2 des Bescheids). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Sollten sie die Ausreisefrist nicht einhalten, würden sie nach Italien abgeschoben. Sie könnten auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. Die Antragsteller dürften nicht nach Nigeria abgeschoben werden (Nr. 3 des Bescheids). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4 des Bescheids).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Asylanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig seien, da den Klägern bereits in Italien internationaler Schutz gewährt worden sei.

Der Bescheid wurde den Klägern zu 1 und 2 laut Postzustellungsurkunde (PZU) am 18. Januar 2017 zugestellt.

3. Am 20. Januar 2017 ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen,

1. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass sie die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes erfüllen, hilfsweise festzustellen, dass für sie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, hilfsweise das Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben bzw. kürzer zu befristen.

2. Der Bescheid des Bundesamts vom 9. Januar 2017 wird aufgehoben, soweit er der o.g. Verpflichtung entgegensteht.

Gleichzeitig wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheids vom 9. Januar 2017 anzuordnen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Kläger zu 1 und 2 Eltern einer weiteren Tochter (geboren am ...2013 in ...) geworden seien. Das Schicksal dieses kleinen Kindes sei ungewiss, wenn ihre Eltern ausreisen müssten oder abgeschoben würden, ein Ergebnis, was schon im Hinblick auf Art. 6 GG nicht rechtmäßig sein könne.

Das Bundesamt legte für die Beklagte am 26. Januar 2017 die Behördenakten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. März 2017 (Az.: Au 7 S. 17.30261) wurde die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 9. Januar 2017 angeordnet.

Mit Schreiben vom 13. April 2017 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung Einverständnis bestehe.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 25. April 2017 der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylG).

4. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da alle Beteiligten - der Kläger durch Erklärung seines Bevollmächtigten vom 13. April 2017, die Beklagte durch allgemeine Prozesserklärung - auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben.

1. Die Klage ist nur zum Teil zulässig.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid unter Ziffer 1 („Der Asylantrag ist unzulässig“) eine rechtsgestaltende Regelung über die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) getroffen; hiergegen ist die Anfechtungsklage die allein statthafte Klageart (BVerwG, U.v. 9.8.2016 - 1 C 6/16 - NVwZ 2016, 1492-​1495, juris; U.v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 234-246, juris). Damit erweist sich die Verpflichtungsklage (Klageantrag Nr. 1 der Klageschrift vom 20.1.2017) als unzulässig.

2. Soweit die Klage als Anfechtungsklage zulässig ist, hat sie auch in der Sache Erfolg.

Der Bescheid des Bundesamts vom 9. Januar 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen, unter denen ein Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG wegen der Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union unzulässig ist, liegen nicht vor (nachfolgend unter a)). Die (Unzulässigkeits-​) Entscheidung kann nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten bleiben (nachfolgend unter b)). Damit fehlt es auch an den Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung (nachfolgend unter c)).

Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, ist nach § 77 Abs. 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Entscheidung abzustellen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist damit das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert mit Wirkung vom 10. November 2016 durch das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460).

a) Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegen nicht vor. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, gewährt hat.

Die Kläger haben in Italien entgegen der Behauptung des Bundesamtes keinen internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011[EU-Qualifikationsrichtlinie, ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9]), erhalten. Vielmehr ergibt sich aus den in der Bundesamtsakte befindlichen „permesso di soggiorno“ (Bl. 52 der Bundesamtsakte) ganz eindeutig, dass den Klägern (nur) ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen (motivi umanitari) zugebilligt worden war. Dasselbe ergibt sich aus den von den Antragstellern zu 1 und 2 vorgelegten beiden Entscheidungen der italienischen Behörde („La Commissione Territoriale per il Riconoscimento della Protezione Internazionale - Siracusa“) vom 12. September 2011 über deren Asylanträge. Diese Entscheidungen enthalten jeweils den eindeutigen Ausspruch, dass internationaler Schutz nicht gewährt wird („DECIDE: di non riconoscere la protezione internazionale“), jedoch (unter Berücksichtigung der bestehenden Schwangerschaft der Klägerin zu 2) humanitärer Schutz („protezione umanitaria“) zugebilligt wird.

Eine solche Aufenthaltsgestattung aus humanitären Gründen beruht auf (nationalem) italienischem Recht und wird gerade dann erteilt, wenn die italienischen Behörden davon ausgehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes nicht erfüllt werden (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Leitfaden Italien, Aktualisierte Fassung Oktober 2014, S. 22, abrufbar unter http: …www.b...de).

Damit liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht vor.

b) Ziffer 1 des Bescheids kann auch nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten bleiben. Hierzu wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 9. August 2016 (Az.: 1 C 6/16, NVwZ 2016, 1492-​1495, juris Rn. 21):

abei kann dahinstehen, ob der Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig ist, weil es sich um einen Zweitantrag handelt und die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylG nicht vorliegen. Denn bei einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG in Verbindung mit § 71a AsylG gestützten (Unzulässigkeits-​) Entscheidung würde es sich prozessual um einen anderen Streitgegenstand mit für den Kläger ungünstigeren Rechtsfolgen handeln, weil sie zur Folge hätte, dass der (Zweit-​)Antrag des Klägers auch von keinem anderen Staat geprüft würde und er grundsätzlich in jeden zu seiner Aufnahme bereiten Staat einschließlich seines Herkunftslands abgeschoben werden könnte (BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - Buchholz 451.902 Europ Ausländeru Asylrecht Nr. 78 Rn. 26 ff.). Die Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids kann auch nicht in eine andere (rechtmäßige) Entscheidung umgedeutet werden.“

Zwar erging das o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu einer (rechtswidrigen) Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamts, die auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (anderweitige internationaler Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags) gestützt wurde. Die obigen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts können aber auch auf den hier vorliegenden Fall einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützten Unzulässigkeitsentscheidung übertragen werden. Denn eine Umdeutung scheitert auch im vorliegenden Fall daran, dass die Rechtsfolgen einer Entscheidung nach § 71a AsylG für die Kläger ungünstiger wären. Dabei sind nicht nur die unmittelbaren, sondern auch die mittelbaren Rechtsfolgen der Entscheidung in den Blick zu nehmen. Folglich ist zu berücksichtigen, dass eine Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nur zur Überstellung des Ausländers in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union führt, in dem der Ausländer bereits internationalen Schutz erhalten und damit bereits ein Aufenthaltsrecht erworben hat. Eine die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylG hätte hingegen zur Folge, dass der Asylantrag auch von keinem anderen Staat weiter geprüft würde und der Betroffene - nach Erlass einer entsprechenden Abschiebungsandrohung und vorbehaltlich des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbotes - in jeden zu seiner Aufnahme bereiten Staat einschließlich seines Herkunftslands abgeschoben werden könnte. Die Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids kann schließlich auch nicht in eine andere (rechtmäßige) Entscheidung umgedeutet werden.

c) Hat das Bundesamt den Asylantrag zu Unrecht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt und ist der Bescheid insoweit aufzuheben, liegen auch die Voraussetzungen für eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG (hier: Abschiebezielstaat Italien) nicht vor.

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 AsylG).

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.