Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Dez. 2015 - M 8 SN 15.4541

bei uns veröffentlicht am16.12.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom ... August 2015 (Az: ...) wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf Euro 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ...-str. 44, das mit einem viergeschossigen Gebäude bebaut ist. Im Erdgeschoss befinden sich gewerbliche Nutzungen, ab dem ersten Obergeschoss Wohnnutzungen. Mit ihrer Anfechtungsklage vom 7. August 2015 wendet sie sich gegen eine von der Antragsgegnerin der Beigeladenen unter dem ... August 2015 erteilte Baugenehmigung für das östlich angebaute Anwesen auf dem Grundstück FlNr. ..., ...-str. 42. Mit dieser wurde der Umbau einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss, Nutzungsänderung eines Lagers zu einem Gastraum und einer Ausstellungsfläche im Untergeschoss befristet bis zum 30. April 2018 genehmigt.

In der Baugenehmigung wird ausdrücklich auf die Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 Bezug genommen und das Vorhaben als Sonderbau genehmigt. Die Genehmigung enthält einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt, wonach bei berechtigten und begründeten Lärmbeschwerden von Anrainern aufgrund des Betriebs der Gaststätte der Erlass zusätzlicher Lärmschutzauflagen bis hin zu einer Beschränkung der Öffnungszeit der Gaststätte sowie im Falle fortgesetzter ernsthafter Verstöße der Widerruf der Baugenehmigung vorbehalten wird. Als Begründung hierfür wird ausgeführt, es handle sich bei dem vorliegenden Gebiet um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Gründe, die gegen die Erteilung einer Genehmigung für die Gaststätte im beantragten Umfang sprächen, lägen derzeit nicht vor. Da es jedoch in ähnlichen Fällen immer wieder zu Nutzungskonflikten und berechtigten Beschwerden wegen Ruhestörung komme, werde die Genehmigung mit diesem Auflagen- und Widerrufsvorbehalt erteilt.

Zudem enthält die streitgegenständliche Baugenehmigung in den Ziffern 1.1 bis 1.16 zahlreiche Immissionsschutzauflagen. Unter anderem wurde in Ziffer 1.2 festgesetzt, dass in Wohnungen und sonstigen schutzbedürftigen Räumen, die mit den Gaststättenräumen sowie zugehörigen Betriebsräumen und -einrichtungen baulich verbunden sind, die nachstehenden Richtwerte nicht überschritten werden dürfen:

tagsüber 35 dB(A) (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr),

nachts 25 dB(A) (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr).

In Ziffer 1.11 ist festgelegt, dass die Lautstärke der Musikanlage zu begrenzen ist. Die dazu erforderliche Schallpegelmessung mit Überprüfung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte in betroffenen schutzbedürftigen Räumen und Musikeinstellung ist von einem anerkannten Sachverständigen umgehend vornehmen zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2015, bei Gericht am 13. Oktober 2015 eingegangen, beantragen die Bevollmächtigten der Antragstellerin:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom ... August 2015, Az: ..., wird angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben verstoße voraussichtlich gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Gehe es um die Lösung eines Immissionskonflikte, reiche es zwar in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben werde, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris). Überschritten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Emissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genüge es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr müsse die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002, BayVBl. 2003, 503).

Die Bewohner des klägerischen Anwesens seien während der Öffnungszeiten des bereits in Betrieb genommenen Vorhabens ständig unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt. Diese würden von einem fortlaufenden Pochen und Klopfen, verursacht durch die Musikanlage, insbesondere während der Nachtzeit empfindlich gestört. Das „Rhythmuspochen“ in der Kommunwand sei so intensiv, dass dies den Bewohnern den Schlaf raube. Auch in der Vergangenheit durchgeführte Dämmversuche hätten keinen durchgreifenden Erfolg erzielt. Dies sei der Antragsgegnerin auch mit Schreiben vom 7. August 2015 mitgeteilt und beantragt worden, hiergegen unverzüglich einzuschreiten.

Grundsätzlich sei es Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien einhalte. An die vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien seien hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall „auf der sicheren Seite“ liegen müsse (OVG NRW, B. v. 26.2.2003 - 7 B 2434/02 - juris). Einen solchen Nachweis habe der Bauherr im Genehmigungsverfahren nicht erbracht, eine Überschreitung der für die Antragstellerin noch zumutbaren Richtwerte sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Insbesondere befasse sich weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene mit den in Nr. 7.3 TA Lärm i. V. m. Nr. A.1.5 angesprochenen tieffrequenten Geräuschen. Es lasse sich daher nicht feststellen, ob die nach der DIN 45680 („Messung und Bewertung tieffrequenter Geräusche in der Nachbarschaft“) maßgeblichen Anhaltswerte eingehalten würden. Da deren Vorgaben grundsätzlich den Gehalt der Rücksichtnahme konkretisierten, hätten die Antragsteller einen Anspruch darauf, dass die nach der DIN 45680 maßgeblichen Anhaltswerte beim Betrieb des Vorhabens eingehalten würden (VG Minden, U. v. 17.3.2005 - 9 K 1894/04 - juris). Gerade tieffrequente Geräuschimmissionen führten in der Nachbarschaft auch dann zu Klagen und Beschwerden, wenn die im Übrigen anzuwendenden Beurteilungskriterien nach der TA Lärm eingehalten würden, da die Wahrnehmung und Wirkung tieffrequenter Geräusche deutlich von der Wahrnehmung und Wirkung mittel- oder hochfrequenter, schmal- oder breitbandiger Geräusche abweiche. Insbesondere zu Zeiten, wenn andere Geräuschbelastungen niedrig seien, könnten tieffrequente Geräusche im Wohnbereich zu erheblichen Belästigungen führen, auch wenn sie gerade eben wahrgenommen würden (Umweltbundesamt, Wissenswertes über tieffrequenten Schall - Messungen und Bewertungen tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft - DIN 45680, Stand: 12.8.2008). Im vorliegenden Fall sei die Begutachtung der tieffrequenten Geräusche unerlässlich. Die basshaltige Musik, somit die tieffrequenten Geräusche, würden allein durch den Discobetrieb im Anwesen der Beigeladenen hervorgerufen. Dieser finde bis in die frühen Morgenstunden statt, d. h. in einer Zeit, in der das Ruhebedürfnis besonders ausgeprägt sei. Dieser Umstand falle besonders deshalb ins Gewicht, weil die Situation in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks der Antragsteller von Wohnnutzung und lediglich solchen gewerblichen Nutzungen (Büros, Hotels etc.) geprägt werde, von denen zur Nachtzeit keine vergleichbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgingen. Vor diesem Hintergrund sei im Übrigen auch zweifelhaft, ob der der Antragstellerin im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung der für ein Mischgebiet zulässige Immissionsrichtwert von nachts bis zu 45 dB(A) überhaupt zuzumuten sei, oder ob aus Gründen der Rücksichtnahme nicht vielmehr von vornherein von einem etwas niedrigeren Richtwert ausgegangen werden müsse. Aufgrund der vorgefundenen baulichen Verhältnisse könne es zu „unerwünschten Hohlraumresonanzen“ kommen, eine weitergehende Untersuchung habe diesbezüglich nicht stattgefunden.

Abgesehen davon sei das Vorhaben auch bauplanungsrechtlich unzulässig. Die nähere Umgebung entspreche einem faktischen Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, in dem das streitgegenständlichen Vorhaben als kerngebietstypische Vergnügungsstätte unzulässig sei. Alleine durch die Genehmigung dieser gebietswidrigen Nutzung würde die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, da ihr ein nachbarschützender Gebietsgewährleistungsanspruch zustehe. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO seien in den Teilen eines Mischgebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt würden, lediglich Vergnügungsstätten zulässig, die nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig seien. Vorliegend handle es sich schon nicht um eine Schank- oder Speisewirtschaft, vielmehr handle es sich um eine Diskothek. Es stehe nicht die Bewirtung mit Speisen und Getränken im Vordergrund, sondern ein Barbetrieb und die Unterhaltung der Gäste mittels Tonträgern und einer von einem DJ dargebotenen Musik (BVerwG, B. v. 9.10.1990 - 4 B 120.90). Der Betrieb sei wegen seines typischen Erscheinungsbildes und der mit ihm typischerweise verbundenen Störungen für die Wohnruhe einem Kerngebiet und nicht nur einem Mischgebiet zuzuordnen. Hierfür spreche insbesondere die genehmigte Betriebszeit bis ca. 5.00 Uhr an Sonn- und Feiertagen. Die Anlage spreche damit nach Art einer Nachtbar ein Publikum an, das das nächtliche Vergnügen suche. Insoweit enthalte die Baugenehmigung keine Beschränkung und sei damit für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar. Die Betriebszeiten brächten ein Mehr an Beeinträchtigungen der Wohnruhe, wie sie typischerweise von zentralen innerstädtischen Einrichtungen ausgingen und in Kerngebieten hinzunehmen seien, nicht aber in Mischgebieten, bei denen die Wohnnutzung mindestens gleichberechtigt neben die gewerbliche Nutzung trete. Betriebszeiten bis in die frühen Morgenstunden bedingten regelmäßig Störungen der Nachtruhe durch lärmendes Verhalten der Gäste im Freibereich sowie den Zu- und Abgangsverkehr. Diese Lärmbeeinträchtigungen ließen sich durch Auflagen kaum steuern (OVG NRW, B. v. 14.10.1996 - 10 A 3062/93 - juris).

Werde die Baugenehmigung keinen Bestand haben, müsse zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin verhindert werden, dass die nachbarrechtswidrigen Zustände, die durch die in Angriff genommenen Baumaßnahmen bereits geschaffen worden seien, weiter verfestigt und intensiviert würden.

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen und legte einen schalltechnischen Bericht des Akustikbüros ... und Partner vom 22. Oktober 2015 vor, aus dem sich ergebe, dass eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm für das klägerische Anwesen nicht vorliege.

Der schalltechnische Bericht erfolgte aufgrund von akustischen Messungen am 9. September 2015 in der streitgegenständlichen Bar/Gaststätte. Zur Aufgabenstellung wird ausgeführt, dass im Nachgang zu den erfolgten Umbauarbeiten in einer angrenzenden Wohnung die Lärmbelastung durch Musik ermittelt werden solle. Zu diesem Zweck wurden am 9. September 2015 Schallimmissions-Messungen in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 durchgeführt. Im Bericht solle weiterhin aufgezeigt werden, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet sei und welche passiven und aktiven Schallschutzmaßnahmen gegebenenfalls zusätzlich durchzuführen seien. Die Messungen erfolgten im Wohn- und Schlafzimmer. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde im Wohnzimmer ein maximaler Mittelungspegel von 24,5 dB(A) gemessen. Hierzu wurde gemäß A.3.3.6 TA Lärm ein Impulszuschlag von +3 dB(A) hinzugerechnet sowie ein Abschlag von -3 dB(A) auf Grundlage von Nr. 6.9 TA Lärm („Messunsicherheit“) vorgenommen. Insgesamt wird damit ein Beurteilungspegel von 25 dB(A) dargestellt. Im Schlafzimmer ergab sich ein maximaler Mittelungspegel von 22,4 dB(A), der nach Hinzurechnung des Impulszuschlags sowie Herausrechnung eines Messabschlags von 3 dB(A) einen Gesamtwert von 22 dB(A) ergibt. In der Zusammenfassung kommt der schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu dem Ergebnis, dass der mittlere Beurteilungspegel durch die Musik in der ...-str. 42 den Anforderungen aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. der TA Lärm im Wohn- und Schlafzimmer der Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 genüge. Eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die angefochtene Baugenehmigung vom ... August 2015 rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung Gebrauch machen zu können, das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiege.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei nicht der Betrieb einer Vergnügungsstätte beantragt, sondern der Umbau und die Erweiterung der bereits bestehenden Schank- und Speisewirtschaft, was die Baugenehmigung auch selbst mit dem Hinweis auf Seite 5 unter b) klarstelle. Nach der Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 solle es sich um eine Bar mit Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst sowie Theater und Varieteedarbietungen handeln, die im Untergeschoss durch einen weiteren Gastraum und durch eine Ausstellungsfläche ohne Gastronomie erweitert werden solle.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstoße nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, da sie den Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Lärmbelästigungen gewährleiste. Sie lege zahlreiche immissionsschutzrechtliche Auflage sowie einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt fest, welche einen effektiven Lärmschutz der Nachbarn gewährleisteten.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die Antragsgegnerin Lärmmessungen veranlassen wolle, Bewohner des Anwesens der Antragstellerin nachvollziehbar mit einer nicht unerheblichen Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung mit der Neueröffnung des streitgegenständlichen Clubs bis ca. Mitte November 2015 rechneten, da trotz entsprechender baulicher Maßnahmen gleichwohl das Dröhnen der Musikanlage (Basstöne) unvermindert deutlich wahrnehmbar sei.

Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 übermittelte der Bevollmächtigte der Beigeladenen einen weiteren schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 über akustische Messungen am 25. September 2015 in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes ...-str. 44. Im Flur der Wohnung wurde ein maximaler Mittelungspegel der Musik von 23,4 dB(A) gemessen. Hierzu erfolgte ein Zuschlag von +3 dB(A) als Impulszuschlag sowie ein Messunsicherheitsabschlag von -3 dB(A), so dass ein Beurteilungspegel von 23 dB(A) ermittelt wurde. In der Zusammenfassung kommt der Bericht zu dem Ergebnis, eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die vorgelegten Lärmmessungen vom 9. September 2015 bzw. 25. September 2015 für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblich seien, da sie gerade das von der Antragstellerseite monierte Dröhnen der Musikanlage, d. h. die tieffrequentierte Geräuschentwicklung nicht zum Gegenstand hätten. Die Antragsgegnerseite sei eigens darauf hingewiesen worden, gerade diese tieffrequente Geräuschentwicklung zu überprüfen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 13. November 2015 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ihren Vortrag zur Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Antragstellerin vertieft. Die Umgebungsbebauung im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB sei nach der Art der baulichen Nutzung als Allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne des § 4 BauNVO anzusehen. Dies habe die Antragsgegnerin selbst in der vorangegangenen Baugenehmigung vom ... Januar 2004 auf Seite 6 unter Hinweis für das streitgegenständliche Vorhaben bestätigt. In der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 werde für die Umgebungsbebauung „ein hoher Wohnanteil“ konstatiert. Laut Baubeschreibung sei ein Diskothekenbetrieb nicht beabsichtigt. Anhand eines Zeitungsartikels aus der ... Zeitung vom ... Dezember 2014 sei jedoch festzustellen, dass jedenfalls laute Musik über eine Anlage von einem DJ-Pult aus abgespielt werde, dass vor allem alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und auch eine Tanzfläche vorhanden sei. Bei dem Vorhaben handle es sich somit um eine den Gebietscharakter störende Vergnügungsstätte, die in einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO auch nicht ausnahmsweise zulässig sei. In einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO seien Vergnügungsstätten wie Varietees, Nacht- und Tanzbars, alle anderen Tanzlokale und -cafes nicht zulässig, auch nicht ausnahmsweise. Selbst wenn man vorliegend von einem Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO ausgehe, seien Schank- und Speisewirtschaften gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zwar allgemein zulässig, Vergnügungsstätten im Sinne von § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO aber nur in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt seien. Dies sei nach eigener Feststellung der Antragsgegnerin nicht der Fall. Unabhängig davon diene das streitgegenständliche Vorhaben nicht der Versorgung des Gebiets, weshalb es auch nicht als sonstige Schank- und Speisewirtschaft nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig wäre und angesichts der andauernden Lärmbeeinträchtigung der Antragstellerseite auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könnte, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Das Vorhaben sei jedenfalls nicht als Schank- und Speisewirtschaft im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zu qualifizieren.

Die Baugenehmigung verstoße auch gegen § 12 Abs. 2 BauNVO. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass sich ein Nachbar auch in einem faktischen Baugebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB weitergehend als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO auf die Erfüllung der durch diese Vorschrift vorgegebene Bedarfsvoraussetzung hinsichtlich der Stellplätze und Garagen berufen dürfe (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91). Die Regelung bezwecke, die ruhebedürftigen Wohngebiete davor zu bewahren, Standort lärmintensiver Parkflächen zu werden. Dieser Zweck werde vorliegend nicht erreicht. Nach der Baubeschreibung vom 23. Juni 2015 betrage die Fläche der Gasträume 278 m², nach Maßgabe der Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin wären somit 30 Stellplätze (1 Stellplatz je 10 m² Gastraumfläche) für das Vorhaben auf dem Baugrundstück nachzuweisen. Tatsächlich würden aber laut Baugenehmigung auf dem Baugrundstück nur 6 Stellplätze hergestellt, eine Ablösevereinbarung ergebe sich nicht aus der Akte. Im Ergebnis würden somit 24 Stellplätze stillschweigend mitgenehmigt, ohne dass diese auf dem Baugrundstück hergestellt werden müssten, womit der durch das Vorhaben verursachte Stellplatzbedarf in die nähere Umgebung und damit auch in Richtung der Antragstellerin verlagert werde. Der Bedarf an Stellplätzen für einen im Allgemeinen Wohngebiet ohnehin unzulässigen Gewerbebetrieb dürfe aber gerade nicht in der näheren Umgebung befriedigt werden (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91).

Unabhängig davon würde die Antragstellerin durch die Anordnung der konkret genehmigten, das Fehlen der eigentlich erforderlichen Stellplätze und die Zuwegung in den Innenhofbereich im Sinne des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots rücksichtslos beeinträchtigt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien bauliche Anlagen im Einzelfall auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar seien, was vorliegend der Fall sei, da eine für ein Wohngebiet untypisch große Anzahl von Stellplätzen in unmittelbarer Nachbarschaft der Antragstellerseite errichtet bzw. faktisch der näheren Umgebung aufgebürdet würde. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Stellplätze in einem Wohngebiet bzw. einem Gebiet mit hohem Wohnanteil zugeordnet würden. Insofern stellten die Beeinträchtigungen durch das Anlegen der Stellplätze sowie die Suche nach nicht vorhandenen Stellplätzen eine qualifizierte Störung dar, die die Antragstellerin als unmittelbare Nachbarin träfen. Vor allem aufgrund der besonderen örtlichen Situation im Innenhofbereich, sei es nicht auszuschließen, dass der An- und Abfahrtsverkehr einen Grad annehme, welcher das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Antragstellerin überschreite (BayVGH, B. v. 7.11.2011 - 2 CS 11.2149 - juris RdNr. 4).

Mit Schriftsatz vom 23. November 2015 haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin weiter ausgeführt, es habe sich mit der Neueröffnung am ... November 2015 eine nicht unerhebliche Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung ergeben. Eine Bewohnerin des Anwesens der Antragstellerin beschreibe eine schlaflose Nacht mit unfassbar lautem Basslärm, der bis nach 5.00 Uhr morgens angehalten habe. Eine Kontaktaufnahme mit dem Betreiber der streitgegenständliche Anlage sei erfolglos gewesen. Die Dimension des Lärmens in dieser Nacht sei völlig neu gewesen. Eine Beschreibung als Gaststätte mit Varieteedarbietungen sei völlig verfehlt, tatsächlich handle es sich um eine Diskothek („Mega-Club mit ohrenbetäubender Musik“). Mit weiterem Schriftsatz vom 27. November 2015 wurde u. a. darauf hingewiesen, dass auf dem Newsletter des streitgegenständlichen Vorhabens wie bereits in der Vergangenheit lediglich auf die eingeladenen und auftretenden DJs verwiesen werde. Von einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung werde mit keinem Wort gesprochen, weil ein derartiges Vorhaben vorliegend auch nicht ausgeführt werde. Es gehe ausschließlich um eine Diskothekennutzung, wofür das Auftreten von wechselnden DJs und das Vorhandensein einer Tanzfläche sprächen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass zwischenzeitlich durch das Referat für Gesundheit und Umwelt Lärmmessungen vorgenommen worden seien und hat hierzu die Protokolle und Messberichte vorgelegt. Zudem hat sie mitgeteilt, dass am 11./12. Dezember 2015 erneut Messungen stattfinden werden. Insoweit wurden zur Messung vom 8. November 2015 in der Zeit von 00.03 Uhr bis 2.15 Uhr zwei Formulare mit der Überschrift „Messbericht nach TA Lärm“ vorgelegt, deren Unterschied sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015 von 18.02 Uhr und 51 Sekunden erfolgt die Berechnung des Beurteilungspegels nach dem gemessenen Mittelungspegel von 21,5 dB(A), zu dem 3 dB(A) als Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit sowie 2,1 dB(A) als Zuschlag für Impulshaltigkeit hinzugerechnet werden, wovon ein Abschlag in Höhe von 3 dB(A) für die Messunsicherheit nach TA Lärm erfolgt. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,6 dB(A) wird dann aufgerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015, 18.03 Uhr und 55 Sekunden erfolgt eine identische Berechnung, nur dass als Zuschlag für die Impulshaltigkeit statt 2,1 dB(A) ein Wert von 2,4 dB(A) angesetzt wird. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,9 dB(A) wird wiederum mathematisch gerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt, wobei ebenfalls ein Abschlag für Messunsicherheit nach TA Lärm in Höhe von 3 dB(A) erfolgt ist.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 hat der Bevollmächtigte der Beigeladenen ausgeführt, in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 seien hinsichtlich des Immissionsschutzes verschiedene Auflagen enthalten, die geeignet seien, schädliche Umwelteinwirkungen für die Antragstellerin zu vermeiden. Bereits im Genehmigungsverfahren habe der Bauherr Art und technische Merkmale der geplanten Anlage darzustellen und nachzuweisen, dass das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufe (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07 - juris RdNr. 20). Messungen, die im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durchgeführt würden, seien ebenfalls der genehmigenden Tätigkeit der Behörde zuzurechnen. Diesbezüglich seien von der Beklagten u. a. verschiedene akustische Messungen vorgelegt worden. Hierbei sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die hier relevanten Immissionsrichtwerte von 35 dB(A) am Tag und insbesondere 25 dB(A) nachts jeweils eingehalten würden.

Bei der Ermittlung der jeweiligen Werte habe der Gutachter aufgrund Messunsicherheit nach Nr. 6.9 TA Lärm einen Messabschlag von 3 dB(A) abgezogen, andererseits einen Impulszuschlag von 3 dB(A) hinzugerechnet. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm bei der Erteilung der Baugenehmigung bzw. auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn nicht anwendbar wäre, da der Messunsicherheitsabschlag nur „bei der Überwachung“, nicht jedoch im Rahmen der Genehmigung vorzunehmen sei, sei vorliegend darauf hinzuweisen, dass entsprechend ein (Sicherheits-)Impulszuschlag von 3 dB(A) ebenfalls nicht veranlasst sei, da nach den Ausführungen des Gutachters während der Messungen kaum Musik zu hören gewesen sei („… auffällige tonale Komponenten konnten nicht festgestellt werden“, Bl. 7 der akustischen Messung vom 25.9.2015 und Bl. 8 der akustischen Messung vom 9.9.2015). Damit sei nach den Ausführungen des Gutachters selbst bei Nichtberücksichtigung des Messunsicherheitsabzugs und des Impulszuschlags der relevante Immissionsrichtwert von 25 dB(A) für die Nachtzeit eingehalten. Darüber hinaus habe der Sachverständige in den vorliegenden Gutachten davon abgesehen, eine erforderliche Korrektur der Umgebungsgeräusche vorzunehmen, was zu einer zusätzlichen Absenkung des Beurteilungspegels geführt hätte. Nach den vorgelegten Messungen sei bei Nichtberücksichtigung von Messunsicherheiten sowie des Impulszuschlags davon auszugehen, dass jedenfalls der Immissionsgrenzwert von 25 dB(A) an den betroffenen Immissionsstellen eingehalten werde. Dies sei im Ergebnis auch von der am 8. November 2015 durchgeführten Messung der Antragsgegnerin bestätigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und damit gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 60 BayBO zu prüfen sind, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hauptsacheverfahren wird die streitgegenständliche Baugenehmigung daher aufzuheben sein, weshalb von einem überwiegendem Suspensivinteresse der Antragstellerin auszugehen ist und die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage angeordnet wurde.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Beim Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 RdNr. 146; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 RdNr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 RdNr. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehbarkeit.

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Eine Verletzung drittschützender Normen durch die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht. Soweit das Prüfprogramm der Behörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben eingeschränkt ist, scheidet eine Verletzung von außerhalb dieses Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zulasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der baubehördlichen Entscheidung aus.

Das streitgegenständliche Vorhaben wurde zu Recht gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO als Sonderbau eingestuft, so dass das umfassende Prüfprogramm des Art. 60 BayBO zur Anwendung kommt und damit sowohl drittschützende Bestimmungen des Bauordnungsrechts als auch des Bauplanungsrechts von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung umfasst sind.

3. Ob der Antragstellerin gegen das Vorhaben ein planungsrechtlicher Gebietserhaltungsanspruch zusteht, muss derzeit als offen angesehen werden. Vorliegend verstößt die streitgegenständliche Baugenehmigung aber voraussichtlich zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, so dass die Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraussichtlich aufzuheben sein wird.

3.1 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Ob es sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO beurteilt, hängt davon ab, ob sich die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen als faktisches Baugebiet qualifizieren lässt oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage muss im Eilverfahren ohne Durchführung eines Augenscheins als offen angesehen werden. Während die Antragsgegnerin vom Vorliegen einer Gemengelage mit hohem Wohnanteil ausgeht, geht die Antragstellerseite von einem faktischen Mischgebiet (MI) oder sogar einem faktischen WA aus. Allein anhand der Lagepläne lässt sich diese Frage jedoch nicht beantworten.

Ebenso ist die Art der Nutzung des Vorhabens nicht eindeutig. Laut Betriebsbeschreibung soll es sich um eine Schank- und Speisegaststätte mit Hintergrundmusik handeln. Hiergegen sprechen jedoch auf den ersten Blick die in der Baugenehmigung enthaltenen 16 Auflagen zum Immissionsschutz sowie der lärmbezogene Auflagen- und Widerrufsvorbehalt. Gegen eine bloße Hintergrundmusik spricht auch, dass nach den Bauplänen sowohl im EG als auch im UG eigene Bereiche für Musik bzw. DJ vorgesehen sind. Insgesamt sprechen diese Umstände eher dafür, dass es sich nicht um eine „normale“ Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik handelt, sondern die Musikunterhaltung im Vordergrund steht und es sich daher um eine Vergnügungsstätte handelt. Zwar sehen die Pläne keine gesondert ausgewiesene Tanzfläche vor. Dass tatsächlich nach Zeitungsberichten eine solche vorhanden sein soll, ändert am Inhalt der Baugenehmigung nichts. Allerdings ist eine solche für die Einstufung als Vergnügungsstätte nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist hierfür, dass die Musikunterhaltung im Vordergrund steht. Dies belegen auch die Annahmen im Messbericht vom 23. September 2014, wonach bei der Gaststätte im UG von Schalldruckpegeln ausgegangen wird, die teilweise bei über 95 dB(A) liegen. Bei derartigen Werten kann nicht mehr von einer „Hintergrundmusik“ ausgegangen werden, vielmehr steht bei diesen Werten die Musik eindeutig im Vordergrund. Auch entsprechen derartige Schallpegel typischerweise einer Diskothek. Im Übrigen ist die Betriebsbeschreibung auch hinsichtlich der Betriebszeiten nicht hinreichend bestimmt, wenn insoweit lediglich „Voraussichtliche Betriebszeiten im Untergeschoss“ angegeben werden, die damit jederzeit ausgeweitet werden können und letztendlich einen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen die Woche zulassen.

Ob der Antragstellerin gegen das voraussichtlich als Vergnügungsstätte einzustufende Vorhaben ein Gebietserhaltungsanspruch zusteht, hängt entscheidend davon ab, ob die nähere Umgebung als faktisches Baugebiet eingestuft werden kann und ob diese Art der Nutzung nach der BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig ist. Handelt es sich dagegen um eine Gemengelage, scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch von vorneherein aus. Da die Gebietseinstufung derzeit als offen anzusehen ist, gilt dies auch für die Frage des Bestehens eines Gebietserhaltungsanspruchs.

3.2 Ob sich vorliegend das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, kann dahinstehen, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (BVerwG B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

3.2.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris RdNr. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris RdNr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris RdNr. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4).

3.2.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (BVerwG U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl. 2003, 503 - juris Rn. 53-61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

3.2.3 Vorliegend belegen die vorgelegten Messungen durchgängig, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) durch die Musik aus dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht eingehalten wird.

Bei den erfolgten Messungen sowohl durch das von der Beigeladenen beauftragte Akustikbüro als auch das Referat für Umwelt und Gesundheit der Antragsgegnerin war kein Messabschlag von 3 dB(A) nach Nr. 6.9 TA Lärm vorzunehmen, da es sich bei den vorgenommenen Messungen um keine Überwachungsmessung im Sinne dieser Bestimmung handelt. Anerkanntermaßen ist der Messabschlag nicht im Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Gleiches gilt im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer noch nicht bestandskräftigen Genehmigung (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 36; OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 36 ff.). Der Messabschlag bezieht sich in der Regel auf Messungen, die veranlasst werden, um festzustellen, ob Anordnungen oder sonstige Eingriffe gegenüber bestehenden Anlagen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebes erforderlich sind und soll gewährleisten, dass derartige Maßnahmen nur dann getroffen werden, wenn Rechtsverletzungen aufgrund von Lärmimmissionen mit ausreichender Sicherheit anzunehmen sind (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 35 ff.). Der Messabschlag trägt dem Umstand Rechnung, dass in die Berechnung Messwerte einfließen, die wegen geräte- und umweltbedingter Toleranzen Wahrscheinlichkeitsgrößen sind, mit der Folge, dass auch das Berechnungsergebnis selbst eine gewisse Unsicherheit aufweist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 38 m. w. N.). Mit dem Abzug von 3 dB(A) soll jegliches Risiko eines rechtswidrigen Eingriffes vermieden werden (BVerwG, U. v. 16.05.2001- 7 C 16.00 - juris Rn. 19 a.E.). Im Genehmigungsverfahren ist der Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm indessen nicht anzusetzen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39), da hier der Antragsteller nachzuweisen hat, dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“ sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

Diese Einschätzung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm nicht anzuwenden ist, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung die auf das betreffende Gebäude einwirkenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch eine Messung ermittelt worden sind. Denn es handelt sich nicht um eine „Messung bei der Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte“, also eine sogenannte Überwachungsmessung (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07, BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 17). Die unterschiedliche Behandlung von Messungen im Genehmigungsverfahren einerseits und Messungen im Rahmen der Überwachung andererseits ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es für den Anlagenbetreiber eine höhere Belastung darstellt, wenn er Umbauten vornehmen oder Einschränkungen des Betriebs hinnehmen muss, nachdem er die Investitionen auf der Grundlage einer bestandskräftigen Genehmigung getätigt hat, als wenn ihm im Genehmigungsstadium Auflagen erteilt werden (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 19). Die entscheidende Zäsur für die Unterscheidung einer noch dem Genehmigungsverfahren unterliegenden Messung ohne Messabschlag und einer Überwachungsmessung mit Messabschlag bildet damit die Bestandskraft der Genehmigung.

3.2.4 Der von der Beigeladenen vorgelegte schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 9. September belegt entgegen der Einschätzung des Erstellers somit nicht, dass der mittlere Beurteilungspegel den Anforderungen nach der TA Lärm genügt und damit keine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm vorliegt.

Auf Seite 8 des Berichts wird in Tabelle 3 der Beurteilungspegel für das Wohnzimmer und das Schlafzimmer der Wohnung im 1. Obergeschoss im Anwesen der Antragstellerin dargestellt. In beiden Fällen erfolgt in der vorletzten Spalte ein Abschlag von 3 dB(A) unter Hinweis auf die Messunsicherheit und Nr. 6.9 der TA Lärm. Zudem werden die in der ersten Spalte angegebenen ermittelten Mittelungspegel von 24,5 dB(A) und 22,4 dB(A) bei der Ermittlung des Beurteilungspegels in der letzten Spalte mathematisch gerundet. Bedenken bestehen auch hinsichtlich der mathematischen Rundung, da im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung (anders als etwa in der TA Luft) nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29; VG München, U. v. 20.4.2015 - M 8 K 13.2272 - juris Rn. 73).

Ohne den Messabschlag und ohne mathematische Rundung ergeben sich daher nach dem schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 für das Wohnzimmer 27,5 dB(A) und für das Schlafzimmer 25,4 dB(A). Damit wird aber der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohnzimmer überschritten.

Gleiches gilt für den schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 25. September 2015, woraus sich ohne den Messabschlag bei einem ermittelten maximalen Mittelungspegel von 23,4 dB(A) als Beurteilungspegel nicht gerundete 23 dB(A), sondern 26,4 dB(A) ergeben.

Bei den beiden Berichten dürfte zudem zu Unrecht ein Zuschlag für die Ton- und Informationshaltigkeit nach A.3.3.5 TA Lärm unterblieben sein. Eine Informationshaltigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn in der Geräuschimmission der konkrete Verursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, Anhang Nr. A.3 Rn. 13). Der Zuschlag beträgt je nach Auffälligkeit 3 oder 6 dB(A). Da eine eindeutige Zuordnung der Musik zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich sein dürfte, wären die Beurteilungspegel daher nochmals um 3 dB(A) zu erhöhen, zumal in Berichten festgehalten wurde, dass die Musik während der Messungen subjektiv leicht erkennbar war (jeweils S. 8).

Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Beigeladenen erfolgte ein Impulszuschlag für die Musikimmissionen von 3 dB(A) nach A.3.3.6 TA Lärm zu Recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trägt der Zuschlag für Impulshaltigkeit dem Umstand Rechnung, dass in ihrer Lautstärke kurzzeitig stark zu- und wieder abnehmende Geräusche als deutlich störender empfunden werden, als Geräusche mit weitgehend gleich bleibender Lautstärke. Auslegungsmaßstab ist somit der im Hinblick auf die besonders hohe Pegeländerung außergewöhnliche Grad an Störung, der von den Geräuschen ausgeht. Eine enge Auslegung des Begriffs der Impulshaltigkeit würde diesem Ziel nicht gerecht, weshalb eine Impulshaltigkeit nicht lediglich in den häufig erwähnten extremen Fällen eines Hammerschlags, Peitschenknalls oder Pistolenschusses anzunehmen ist (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 30). Entscheidend ist, ob die Geräuschkomponenten bzw. Pegeländerungen in ihrer störenden Auffälligkeit deutlich wahrnehmbar sind (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 28). Dies dürfte bei moderner Musik grundsätzlich der Fall sein.

Für die Messungen des RGU der Antragsgegnerin ergibt sich ebenfalls bei Nichtberücksichtigung des Messabschlags und ohne mathematische Rundung, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) überschritten wird. Statt 24 dB(A) ergeben sich 26,6 dB(A) und 26,9 dB(A).

Wegen der erheblichen Überschreitungen des Immissionsrichtwertes, kommt es auf die weiteren von der Antragstellerseite aufgeworfenen Fragen zu den Stellplätzen jedenfalls für das Eilverfahren nicht an.

3.2.5 Da mit den Berichten aufgezeigt werden sollte, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet ist, hat die dem Bericht zugrundeliegende Lärmmessung gezeigt, dass durch die immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen in der streitgegenständlichen Baugenehmigung voraussichtlich kein ausreichender Lärmschutz für die Räume im Anwesen der Antragstellerin gewährleitet wird. Entsprechend verstößt damit die Baugenehmigung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot und wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben. Zwar wurden in der Baugenehmigung nicht nur Lärmrichtwerte festgesetzt, sondern weitergehende Auflagen, etwa zum Einbau eines Limiters in die Musikanlage gemacht. Allerdings wurde hierbei kein maximal zulässiger Schallpegel festgesetzt, dessen Einhaltung auch die sichere Einhaltung der Richtwerte in den angrenzenden schutzbedürftigen Räumen sicherstellt.

Im Hinblick auf die zum Teil erheblichen Überschreitungen des Lärmrichtwerts in der Nachtzeit um bis zu 2,5 dB(A) und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Anwohner im Nachbaranwesen, überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragsteller deutlich das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung auf der Grundlage des § 212a BauGB auch während einer anhängigen Nachbarklage weiterhin Gebrauch machen zu können. Entsprechend war die beantragte aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), waren die Kosten allein der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.

(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

(3) Unzulässig sind

1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten,
2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.

(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 13.2272

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. April 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Baunachbarklage;

Nachbarschutz;

Rücksichtnahmegebot;

Bestimmtheitsgebot;

Festsetzung von Immissionsrichtwerten;

Mittelwertbildung;

Seltenes Ereignis im Sinne der TA-Lärm

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... vertreten durch: Hausverwaltung ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen Baugenehmigung ... Str. 173, FlNr. ... Gem. ... - Nachbarklage

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015 am 20. April 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Baugenehmigung der Beklagten vom ... April 2013, Az. ..., in der Gestalt der Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom ... April 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung iHv 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks ...-Straße 5 in ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Bei diesem Grundstück handelt es sich um ein Eckgrundstück, das im Süden an die ...-straße und im Westen an die ...-Straße grenzt.

Sie wendet sich mit ihrer Klage gegen ein auf dem südlich von ihrem Anwesen auf der anderen Seite der ...-straße geplantes Bauvorhaben, das die Errichtung einer Wohnanlage mit 15 Wohneinheiten und einer Kinderkrippe, südlich dahinter eines kulturellen Bürgerhauses sowie einer Tiefgarage umfasst.

Auf den streitgegenständlichen Grundstücken beabsichtigt das Sozialreferat der ... die Verwirklichung des zweiten Bauabschnitts des sog. „... Trafo“, für den die Beklagte bereits am ... Februar 2011 eine Baugenehmigung erteilt hatte. Diese hatte das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Mai 2011 (Az. M 8 K 11.881) aufgehoben, da bei der Festsetzung der einzuhaltenden Lärmimmissionsrichtwerte von einem unzutreffenden (zu geringen) Schutzniveau ausgegangen worden war. Statt von einer Gemengelage zwischen einem Allgemeinen Wohngebiet und einem Mischgebiet auszugehen und einen Mittelwert zwischen den Immissionsrichtwerten beider Gebiete festzusetzen, war in der Baugenehmigung von einem Schutzniveau eines Mischgebiets ausgegangen worden. Zudem war im Urteil vom 23. Mai 2011 ein Abstandsflächenverstoß festgestellt worden.

Am 30. Juli 2012 beantragte das Sozialreferat der Beklagten nach Änderung der Planung erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus mit 15 geförderten Wohnungen und einer Kinderkrippe sowie für ein kulturelles Bürgerhaus und eine Tiefgarage (... Trafo, 2. Bauabschnitt) auf den Grundstücken FlNr. ..., ..., ..., ... und ..., Gemarkung ... in der ...-straße und ...-str. 173 in ...

Nach den eingereichten Plänen sind zwei Bauteile vorgesehen. Im Norden soll entlang der an der ...-straße verlaufenden Baulinie als Bauteil 1 ein Wohnhaus mit Kinderkrippe und Tiefgarage errichtet werden. Die Länge entlang der Straße beträgt 29,35 m, die Tiefe 16,05 m. Das Gebäude weist sechs Vollgeschosse auf, davon ist das oberste als Terrassengeschoss zurückversetzt. Die Gebäudehöhe beträgt 14,74 m, einschließlich des Terrassengeschosses 17,67 m. Im nordöstlichen Gebäudebereich ist die Zufahrt zur Tiefgarage geplant. Der Bauteil 2 liegt ca. 9,73 m südlich des Bauteils 1. Er grenzt mit seiner Ostseite an das Bestandsgebäude ... Str. 171 (FlNr. ...) und mit dem östlichsten Teil seiner Nordwand an das Bestandsgebäude ... Str. 173 (FlNr. ...) an. In der West-Ostrichtung misst es 35,42 m, seine Nord-Süd-Breite beträgt 13,44 m, es hat zwei Geschosse bei einer Gesamthöhe von 7,5 m.

Nach dem Erläuterungsbericht zur Genehmigungsplanung vom ... Juni 2012 (Behördenakte S. 109) soll in Bauteil 1 im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß eine Kinderkrippe mit vier Gruppen eingerichtet werden. Im 2. bis 5. Obergeschoß sollen 15 geförderte Wohnungen entstehen. Der Bauteil 2 wird als „Kulturelles Bürgerhaus“ bezeichnet, das im Erdgeschoß eine Versammlungsstätte aus Bürgersaal mit Foyer, ein Bistro mit Freischankfläche sowie Verwaltungsräume erhalten soll. Im 1. Obergeschoß sollen 4 Gruppenräume geschaffen werden, im Untergeschoß ist ein Musikübungsraum vorgesehen. Beide Gebäude werden auf einer Tiefgarage mit 55 Stellplätzen errichtet. Zwischen den beiden Bauteilen liegt ein Hof, über den sowohl der Zugang zu den Wohnungen wie die Anlieferungen für das Bürgerhaus erfolgen sollen. Für die öffentlichen Nutzungen im Bürgersaalgebäude ist die Erschließung über einen Fußweg im Süden (Grundstück FlNr. ...) in direkter Anbindung an die ... Straße und die dortige U-Bahn-Station vorgesehen.

Zusammen mit den Planungsunterlagen wurde eine im Auftrag der Beklagten erstellte Schallimmissionsprognose „Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen bei der benachbarten Bebauung durch das Bauvorhaben „... Trafo, 2. Bauabschnitt“ in ...“ vom 13. Juli 2012 vorgelegt: Dieses geht hinsichtlich der Einstufung der näheren Umgebung des Bauvorhabens entsprechend dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2011 davon aus, dass eine Gemengelage vorliegt und daher ein Immissionsrichtwert beansprucht werden könne, der einem Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und für ein Allgemeines Wohngebiet bilde. Bei den Immissionsorten wurde u. a. ein Punkt an der Fassade des klägerischen Grundstücks zur ...-straße (IO 7) ausgewählt. Die Untersuchung geht von dem Betriebskonzept des Betreibers des Bürgerhauses aus, wonach maximal 300 Besucher vorgesehen sind sowie ein Bistro mit ca. 40 Personen innen und 16 auf der Freischankfläche. Veranstaltungen sollen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr im Regelfall nur dann stattfinden, wenn die Geräuschentwicklung sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewege. Der Freibereich solle nur bis maximal 22 Uhr genutzt werden, Musikdarbietungen oder Veranstaltungen mit Verstärkern seien im Freibereich nicht zulässig. Für die Nutzung wurden fünf Szenarien erstellt. Szenario 1 - Geräusche während Veranstaltungen im Bürgersaal/Foyer/Bistro in der lautesten Nachtstunde; Szenario 2 - Geräusche nach Veranstaltungsende im Bürgersaal/Foyer/Bistro in der lautesten Nachtstunde; Szenario 3 - Geräusche während Veranstaltungen (z. B. bis 22.30 Uhr) und nach Veranstaltungsende im Bürgersaal/Foyer/Bistro in derselben lautesten Nachtstunde; Szenario 4 - Geräusche durch das geplante Bauvorhaben im Tageszeitraum; Szenario 5 - Geräusche während besonderer Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus, Beurteilung nach seltenen Ereignissen der TA Lärm zur lautesten Nachtstunde. Ergänzend wurde für alle Szenarien ein Nutzungsmodell hinsichtlich der Fahrbewegungen von Pkw in der geplanten Tiefgarage erstellt. Für die lauteste Nachtstunde wurde dabei angenommen, dass maximal 20 Pkw der Nichtanwohner aus der Tiefgarage ausfahren.

Für den Immissionsort am Klägergrundstück ...-Straße (IO 7) wurden für die Szenarien 1 bis 5 in Tabelle 10 und 11 des Gutachtens (S. 32 und 34) folgende Beurteilungspegel angegeben: Nach Tabelle 10 bzw. Anlage 4 des Gutachtens in der ungünstigsten Geschosslage maximal 41 dB(A) bzw. 41,2 dB(A) nach Anlage 4 für die Szenarien 1 bis 3 sowie 47 dB(A) und 44 dB(A) bzw. 46,5 dB(A) und 44,3 dB(A) nach Anlage 4 für die Szenarien 4 und 5. Die unterschiedlichen Werte resultieren offenbar daraus, dass die Werte in Tabelle 10 mathematisch auf- und abgerundet wurden. Als Immissionsrichtwerte könnten die umliegenden schützenswerten Nutzungen einen Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und ein Allgemeines Wohngebiet beanspruchen. Daher würden die Immissionsrichtwerte beider Gebietsarten aufgeführt, für die Nachtstunden 40/45 dB(A) und für den Tageszeitraum 55/60 dB(A) sowie für die besonderen Ereignisse 55 dB(A) nachts (vgl. Tabelle 10, S. 32). Der zu erwartende Maximalpegel am Immissionsort IO 7 sei für das Szenario 4 tagsüber 67 dB(A) bzw. 66,7 dB(A) nach Anlage 4.4, für das Szenario 1 nachts 60 dB(A) bzw. 60,3 dB(A) nach Anlage 4 des Gutachtens (vgl. Tabelle 11, S. 34 und Anlage 4 zum Gutachten).

In der Schallimmissionsprognose wurden verschiedene Schallschutzmaßnahmen für erforderlich gehalten. Durch organisatorische Maßnahmen sei sicherzustellen, dass sich im dem Bürgerhaus maximal 300 Personen aufhalten. Veranstaltungen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr müssten sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewegen, die Nutzung des Freibereichs sei bis maximal 22 Uhr möglich. Weitere organisatorische Maßnahmen betreffen Einschränkungen bei der Nutzung des Freibereichs, beim Anlieferverkehr und hinsichtlich des nächtlichen Verkehrs aus der Tiefgarage (maximal 20 Ausfahrten). Die Wände und die Decke der Zufahrt zur Tiefgarage seien einschließlich des Vordachs schallabsorbierend zu verkleiden. Die Außenbauteile des Bürgerhauses seien entsprechend der den Berechnungen zugrunde gelegten Schalldämm-Maßen auszuführen, die Fenster von Bürgersaal, Foyer und Bistro seien bei Veranstaltungen geschlossen zu halten. Bei regelmäßigen Veranstaltungen im Bürgersaal sei der Innenpegel auf 92 dB(A) zu begrenzen, bei Besonderen Veranstaltungen als seltenes Ereignis auf 102 dB(A).

Nach der Betriebsbeschreibung des Kindergartens vom 13. September 2012 werden 48 Kinder im Alter von 9 Wochen bis 3 Jahren in vier Gruppen betreut. Jede Gruppe habe einen eigenen Raum und zwei Fachkräfte. Im hauswirtschaftlichen Bereich sollen drei bis vier Personen arbeiten. Die Betriebszeit sei Montag bis Freitag von 6.30 bis 17.00 Uhr, die Bring- bzw. Abholzeiten 6.30 bis 9.30 Uhr sowie 15.00 bis 17.00 Uhr.

In einer Darstellung „Organisation der Tiefgarage“ vom 21. September 2012 wird erläutert, dass die Stellplätze durch Beschilderung den verschiedenen Nutzungsarten (1. Bauabschnitt, Wohnnutzung, Kinderkrippe und Bürgerhaus) eindeutig zugeordnet werden. Eine Zufahrtsschranke lasse nach 22.00 Uhr nur Wohnnutzer passieren, eine weitere Nachtschranke lasse für die Stellplätze der Nichtwohnnutzer (Alten- und Servicezentrum - ASZ, Stadtbibliothek, Volkshochschule - VHS, Geschichtswerkstatt und Kinderkrippe) nach 22.00 Uhr weder die Ein- noch die Ausfahrt zu. Nur die Nichtwohnnutzungs-Stellplätze des Bürgerhauses (Bürgersaal/Foyer, Gruppenräume und Bistro) würden auch im Nachtzeitraum nach 22.00 Uhr genutzt. Durch die geregelte Zufahrtsschranke (keine Einfahrt für Nichtwohnutzung nach 22.00 Uhr) und die geregelte interne Nachtschranke (keine Ausfahrt für die Stellplätze der Nichtwohnungsnutzung nach 22.00 Uhr) könnten maximal 20 Fahrzeuge der Nichtwohnnutzung (Bürgerhaus) nach 22.00 Uhr aus der Tiefgarage ausfahren.

Das Betriebskonzept für das kulturelle Bürgerhaus in der Fassung vom 21. September 2012 sieht vor, dass sich dort nach 22.00 Uhr maximal 300 Personen aufhalten. Im Bistro seien 32 Sitzplätze an Tischen und 8 an der Theke vorgesehen, bei 5 weiteren Personen als Reserve ergäbe sich eine Gesamtzahl von 45. Davon ausgehend würden für die übrigen Räume - Bürgersaal, Foyer, Gruppenräume, Musikübungsraum - 255 Personen verbleiben, wobei bei der Gesamtzahl das beschäftigte Personal mitgerechnet werde. Die Anzahl soll über Eintrittskarten oder Türsteher mit Klickzählern begrenzt werden. Im Nutzungsvertrag für das kulturelle Bürgerhaus werde der Innenpegel auf 92 dB(A) und bei besonderen Veranstaltungen auf 102 dB(A) begrenzt. Die Fenster seien bei Veranstaltungen geschlossen zu halten, die Lüftung erfolge über Lüftungsanlagen. Die Fenster seien absperrbar. Der Freibereich dürfe nur bis 22.00 Uhr genutzt werden, dasselbe gelte für die Freischankfläche des Bistro. Für den Eingangsbereich zum Bürgerhaus werde der Nutzungsvertrag vorsehen, dass durch eine Beschilderung die Nutzer zum ruhigen Verhalten nach 22.00 Uhr anzuhalten seien. Die fußläufige Verbindung zur ... Straße verlaufe ausschließlich über den südlichen Fußweg. Der Freibereich des Bürgersaales dürfe nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Saal, Foyer und Gruppenräumen genutzt werden, Musikdarbietungen und Veranstaltungen mit Verstärkern seien unzulässig. Die Nutzung sei nur bis maximal 22.00 Uhr zulässig. Der Anlieferverkehr sei außerhalb der Ruhezeiten nur zwischen 7:00 und 20:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 9:00 und 13:00 Uhr sowie 15:00 und 20:00 Uhr zulässig.

Mit Bescheid vom ... April 2013 erteilte die Beklagte ihrem Sozialreferat die beantragte Baugenehmigung für den „... Trafo“ 2. Bauabschnitt nach Plan-Nr. ... und Plan-Nr. ... als Sonderbau. Als Auflage wurde u. a. festgesetzt, dass insgesamt 55 Kfz-Stellplätze plangemäß in der Tiefgarage zu errichten seien, davon 27 aus dem genehmigten Vorhaben (Ziff. 1). Unter Ziffer 5 wurden folgende Auflagen zum Schutz der Nachbarn (Nutzungsbeschränkung aufgrund der Schallschutzprognose Nr. ...) angeordnet:

„a) Durch Beschränkung der Veranstaltungen nach Anzahl und Dauer und durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass sich in dem kulturellen Bürgerhaus (Bürgersaal, Foyer, Bistro und Gruppenräume) in der Zeit von 22 bis 6 Uhr maximal 300 Personen (Besucher + Personal) aufhalten bzw. nur noch maximal 300 Personen das Grundstück nach 22 Uhr verlassen.

b) Dabei ist sicherzustellen, dass im Regelfall Veranstaltungen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr nur dann stattfinden, sofern deren Geräuschentwicklung sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewegt. In diesem Fall ist keine relevante Schallabstrahlung über die Außenbauteile zu erwarten. Die Anzahl von 300 Personen im gesamten kulturellen Bürgerhaus darf nicht überschritten werden.

c) Die Nutzung des Freibereichs des kulturellen Bürgerhauses sowie der Freischankfläche des Bistros ist nur bis maximal 22 Uhr zulässig. Die Nutzung des Freibereichs im Eingangsbereich zum kurzfristigen Aufenthalt z. B. durch Raucher ist möglich, die Besucher sollten dann angehalten werden, sich ruhig zu verhalten.

d) Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Besucher, die bei Veranstaltungsende das kulturelle Bürgerhaus verlassen, die fußläufige Beziehung über den Haupteingangsbereich zur ... Straße wählen.

e) Die Nutzung des Freibereichs des kulturellen Bürgerhauses am Tag ist, mit Ausnahme der Freischankfläche des Bistros, nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Saal, Foyer und den Gruppenräumen zulässig. Musikdarbietungen oder Veranstaltungen mit Verstärkern in den Freibereichen sind nicht zulässig.

f) Anlieferverkehr ist ausschließlich auf den Tageszeitraum außerhalb der Ruhezeiten zwischen 7 und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 13 Uhr sowie 15 und 20 Uhr zu begrenzen.

g) Besondere Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus können an bis zu 10 Tagen oder Nächten im Jahr stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.3 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betreibstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und in den Freibereichen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaals für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern) ist zu unterlassen.

h) Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass durch die Nutzung des kulturellen Bürgerhauses (Bürgersaal, Foyer, Bistro und Gruppenräume) in der Zeit von 22 - 6 Uhr maximal 20 Pkw über die Tiefgarage ausfahren.

i) Maßnahmen in der Tiefgarage

i 1) Über der Tiefgaragenöffnung ist ein Vordach von mindestens 1,5 m Tiefe vorzusehen.

i 2) Die Wände und die Decke der Tiefgaragenzufahrt sowie das Vordach sind schallabsorbierend zu verkleiden.“

Unter Ziffer 6 behielt sich die Beklagte vor, die Baugenehmigung aus Gründen des Lärmschutzes nachträglich durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu ändern oder zu ergänzen (Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG).

Der Hausverwaltung der Klägerin wurde eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung mit Postzustellungsurkunde am 19. April 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2013, am 17. Mai 2014 per Fax bei Gericht eingegangen, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und stellten den Antrag,

der Baugenehmigungsbescheid vom ...04.2013, Az.: ..., wird aufgehoben.

In der Klagebegründung vom 25. November 2013 führten sie aus, dass der Bescheid gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Die nähere Umgebung des klägerischen Gebäudes sei von wohngenutzten Gebäuden geprägt. Das Verwaltungsgericht München habe in seiner Entscheidung vom 23. Mai 2011 ausgeführt, dass das klägerische Grundstück zwar nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet zu liegen komme, jedoch das Schutzniveau eines solchen beanspruchen könne. Das Baugrundstück sei einer anderen Schutzniveaukategorie zuzuordnen und ein Mittelwert zu bilden. Für die Bildung dieses Mittelwertes sei auf Ziffer 6.7 Absatz 2 der TA Lärm zurückzugreifen. Danach stelle die TA Lärm für die Festlegung des Zwischenwertes maßgeblich auf den Immissionsort ab. Es sei die „Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes maßgeblich“, ebenso sei die „Prägung des Einwirkungsgebiets“ wesentlich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2011 sei das Geviert, in dem das Klägeranwesen liegt, überwiegend von Wohnnutzung geprägt. Auch sei die Wohnnutzung wesentlich früher verwirklicht worden als die vorgesehene Nutzung des Vorhabens. Damit könne die Klägerin das Schutzniveau eines allgemeinen Wohngebietes für sich beanspruchen. Es seien demzufolge Immissionsrichtwerte von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) mit Spitzenpegeln von 85 bzw. 60 dB(A) einzuhalten. Es seien jedoch weit höhere Beurteilungspegel zu erwarten. Die Annahmen über die Zu- und Abfahrten der Tiefgarage seien unrealistisch. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil in der Auflage 5 g) besondere Veranstaltungen für zulässig erklärt werden, ohne konkrete Immissionsrichtwerte festzusetzen. Auch für den Regelbetrieb seien die zu beachtenden Immissionsrichtwerte nicht festgeschrieben. Damit sei es weder für die Klägerin noch für den Betreiber ersichtlich, welches Schutzniveau einzuhalten sei. Die Baugenehmigung sei insoweit unbestimmt und ungenügend. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die zugelassenen seltenen Ereignisse. Das Vorhaben sei auch deshalb rücksichtslos, weil der im öffentlichen Straßenraum abzuwickelnde und dem Vorhaben zuzurechnende Parksuchverkehr zu unzumutbaren Lärmeinwirkungen führe. Für den Bürgersaal seien 300 Besucher zugelassen, in der Tiefgarage stünden dafür nur 20 Stellplätze zur Verfügung. Bei einer Belegung mit zwei Personen je Pkw könnten so nur 13% der Besucher einen Stellplatz finden, die übrigen seien auf den öffentlichen Parkraum angewiesen und würden bei der Parkplatzsuche das klägerische Anwesen passieren. Schon ein einziger Parkvorgang vor dem Anwesen werde zur Überschreitung der zulässigen Richtwerte führen. Schließlich sei das Bauvorhaben überdimensioniert und füge sich nicht in die vorhandene Struktur ein. Ein Vorhaben dieser Größenordnung erfordere die nachprüfbare Abwägung der betroffenen Belange in einem Bebauungsplanverfahren. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 ergänzten die Bevollmächtigten ihre Ausführung durch die Vorlage einer schalltechnischen Überprüfung der Schallschutzprognose der Beklagten vom 13. Juli 2012. Danach könnten theoretisch mehr als die in der Schallschutzprognose angenommenen 21 Fahrtbewegungen nach 22 Uhr auftreten. Aber auch nach der Prognose ergäbe sich am klägerischen Anwesen ein Beurteilungspegel von 42 dB(A), der den nächtlichen Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für ein allgemeines Wohngebiet deutlich überschreite. Weiter sei als Grenze der Zuordnung der Fahrzeuge zum Vorhabensgrundstück die Grenze zwischen Fußgängerweg und Fahrbahn anzusehen. Im Bereich des Fahrweges könnten Schallleistungspegel in Höhe von LWA,max = 92,5 dB(A) auftreten.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2014 wies die Beklagte darauf hin, dass sich im Gebäude ...-straße 4 die Nutzung geändert habe, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss befinde sich nun ein Architekturbüro, im 2. Obergeschoss ebenfalls ein Büro. Weiterhin mache man auf die Untersuchung zu den Nutzungen der umgebenden Bebauung vom 16. Mai 2012 aufmerksam.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 stellte die Beklagte den Antrag,

die Klage wird abgewiesen.

Es läge kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Die Klägerin könne nicht die Schutzbedürftigkeit eines Allgemeinen Wohngebietes geltend machen vielmehr sei nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes München im Urteil vom 23. Mai 2011 unter Ziffer 1.1 von einem Immissionsrichtwert auszugehen, der einen Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und für ein Allgemeines Wohngebiet bilde. Daher werde in dem Gutachten vom 13. Juli 2012 richtigerweise ein nächtlicher Beurteilungspegel von 41 dB(A) im Hinblick auf das klägerische Grundstück im Falle der Regelbeurteilung (Szenarien 1 bis 3) als zumutbar angesehen (S. 32). Dieser werde nicht überschritten. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass es zu einem höheren Beurteilungspegel kommen werde. Die in dem Gutachten berücksichtigten 21 Fahrbewegungen seien nicht zu beanstanden. Die Ermittlung der der Wohnnutzung zuzuordnenden Fahrbewegungen erfolge nach der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Die Fahrwege der Fahrzeuge auf öffentlichem Verkehrswegen seien ausreichend berücksichtigt. Die Auflage Ziffer 5 g) verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Nutzung bei besonderen Ereignissen sei in der Schallimmissionsprognose unter 4.1.2 für das Nutzungsszenario 5 definiert. Die Betriebstätigkeit des Regelfalls werde in den Szenarien 1 bis 4 definiert. Die Schallimmissionsprognose sowie das Betriebskonzept seien Bestandteil des Bescheids, ihnen könne im Ergebnis entnommen werden, dass das Vorhaben nachbarschützenden Vorschriften entspreche. Es läge auch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf den vorgetragenen Parkplatzsuchverkehr vor. Für das geplante Vorhaben bestehe eine außerordentlich gute Anbindung an U-Bahn, Bus und Straßenbahn. Eine Trambahnhaltestelle und eine U-Bahn-Station befänden sich in unmittelbarer Nähe. Daher sei davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Besucher diese Möglichkeiten nutze. Das Bürgerhaus wende sich laut Betriebsbeschreibung an Besucher aus der örtlichen Bevölkerung, diese könnten das Bürgerhaus auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. Es sei daher nicht zu erwarten, dass ein größerer Teil der Besucher mit dem Pkw kommen werde.

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2014 bestritten die Bevollmächtigten der Klägerin, dass sich relevante tatsächliche Änderungen im näheren Umgriff des Vorhabens ergeben hätten. Die Umgebung des klägerischen Anwesens entspreche vielmehr einem reinen Wohngebiet. Mit Schriftsatz vom 14. August 2014 bestritten sie die Auffassung der Beklagten, dass eine Anreise von Besuchern des Bürgersaals fast ausschließlich mit dem öffentlichen Nahverkehr erfolgen werde. Dies werde vor allem in den Abend- und Nachtstunden nicht zutreffen. Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 legten sie eine erste Einschätzung des von der Klägerin beauftragten Lärmschutzgutachters vor. Danach sei unter Zugrundelegung der Geschossflächen mit einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von 235 Fahrten pro Tag durch das Vorhaben zu rechnen, davon 63 in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr. Dafür seien 50 Stellplätze erforderlich, weniger als die Hälfte seien vorgesehen. Ein erhöhter Parkplatzsuchverkehr durch die geplanten Nutzungen sei nicht auszuschließen.

Unter dem Eingangsdatum des 10. November 2014 stellte das Sozialreferat der Beklagten einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... April 2013. Dabei ging es im Wesentlichen um die Absenkung der Höhe des Daches des zurückversetzten Terrassengeschosses von Bauteil 1.

Mit Bescheid vom ... Dezember 2014 erteilte die Beklagte die beantragte Änderungsgenehmigung nach Pl.Nr. ... in Abänderung der Baugenehmigung vom ... April 2013 als Sonderbau - hier: Absenkung des 5. Staffelgeschosses im Bauteil 1, Tektur zu ...

Die Nutzungsbeschreibungen und die Nutzungsbeschränkungen vom 21.09.2012 (eingegangen am 24.09.2012) nach Nr. ... für das kulturelle Bürgerhaus und für die Organisation der Tiefgarage (Ausfahrt von maximal 20 Pkw nach 22 Uhr) und die Schallschutzprognose vom 13.07.2012 nach Nr. ... seien Bestandteil der Genehmigung. Folgende Auflagen seien zu beachten:

„1. Die Auflagen, Bedingungen, Befreiungen, Abweichungen und Ausnahmen des Genehmigungsbescheides vom ...04.2013 mit Ausnahme der Ziff. 5g gelten weiter.

2. Besondere Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus können an bis zu 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.2 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betriebstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und den Freibereichen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaales für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagesfeiern) ist zu unterlassen.“

Eine Nachbarausfertigung des Bescheids vom ... Dezember 2014 wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 20. Dezember 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015 bezogen die Bevollmächtigten der Klägerin den Bescheid vom ... Dezember 2014 in das Verfahren ein und beantragten nunmehr,

die Baugenehmigung vom ...12.2014, Tektur zu ..., wird aufgehoben.

Hilfsweise:

Die Baugenehmigung vom ...04.2013 in der Fassung vom ...12.2014 wird aufgehoben.

Auf die Klagebegründung vom 25. November 2013 werde verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 20. April 2015 ergänzte die Beklagte die streitgegenständliche Baugenehmigung dahingehend, dass am Standort „I0 7“ - ...-Str. 5 tagsüber ein Immissionsrichtwert von 57 dB(A) und nachts ein Wert von 42 dB(A) einzuhalten ist. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Zu den seltenen Ereignissen wurde ergänzend zu Protokoll gegeben, dass es sich bei den besonderen Veranstaltungen beispielsweise um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handle, die nachts - auch nach 22.00 Uhr - stattfinden, aber nicht mehr als 50 Personen im Außenbereich zulassen. Die Klägerbevollmächtigten stellten den Antrag aus dem Schriftsatz vom 12. Januar 2015, mit der Maßgabe, dass die Änderungen, soweit sie zu Protokoll erklärt worden seien - in das Verfahren miteinbezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf das Lärmschutzgutachten vom 13. Juli 2012 sowie auf das zwischen den Parteien rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 (M 8 K 11.881) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. April 2015 sowie die Niederschrift über den Augenschein und die mündliche Verhandlung im Verfahren M 8 K 11.881 vom 23. Mai 2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet, da die streitgegenständliche Baugenehmigung vom ... April 2013 in Gestalt der Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Dritte können sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.1969 - IV C 234.65 - BayVBl 1969, 390 - juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BayVBl 1977, 639 - juris Rn. 25; BVerwG, U. v. 19.9.1986 - 4 C 8/84 - BayVBl 1987, 151- juris Rn. 9; BVerwG, U. v. 26.9.1991 - 4 C 5/87 - BVerwGE 89, 69 - juris Rn. 18) gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B. v. 26.07.2011 - 14 CS 11.535 - juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

2. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 6, 7 a, 12 BayBO), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört. Das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung in ihrer konkreten Fassung zugelassene Bauvorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gegen das Rücksichtnahmegebot und damit drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 60 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1 Dabei kann offen bleiben, ob das Rücksichtnahmegebot vorliegend aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder aber dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB zu entnehmen ist, da seine Anforderungen in beiden Fällen inhaltlich identisch sind.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 - ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

Liegt kein faktisches Baugebiet vor, ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, das im Begriff des sich Einfügens eines Vorhabens in die nähere Umgebung enthalten ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10). Im Hinblick auf die gebotene Rücksichtnahme gilt dabei bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB nichts anderes als im Rahmen von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO (vgl. BVerwG, U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 12).

2.2 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 20; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22).

2.3. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (vgl. BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Nach dem zwischen der Klägerin und der Beklagten rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 findet die TA Lärm für das streitgegenständliche Vorhaben Anwendung (vgl. VG München, U. v. 23.5.2011 - M 8 K 11.881 - juris Rn. 41). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

2.4. Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl 2003, 503 - juris Rn. 53 - 61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

Das Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Nachbarrechte werden bereits dann verletzt, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U. v. 8.8.2000 - 26 B 96.1956 - juris Rn. 42). Dies bedeutet für die streitgegenständliche Baugenehmigung, dass es nicht ausreichend ist, die genehmigte Nutzung durch Auflagen einzuschränken, sondern dass vielmehr konkrete Immissionsrichtwerte festzusetzen sind (vgl. BayVGH, U. v. 24.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 35).

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist daher ohne entsprechende Immissionsrichtwerte im Hinblick auf den auf der Hand liegenden Immissionskonflikt, insbesondere für die Nutzung des Bürgerhauses rechtswidrig und verletzt den betroffenen Nachbarn gegenüber das Gebot der Rücksichtnahme.

2.4.1 Die Beklagte hat das Defizit der fehlenden Festsetzung von Immissionsrichtwerten als Grenzwerte auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 zu Protokoll erklärte Ergänzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung behoben bzw. geheilt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015 die streitgegenständliche Baugenehmigung dahingehend ergänzt, dass am Standort „I0 7“ (...-Str. 5) tagsüber ein Immissionsrichtwert von 57 dB(A) und nachts ein Wert von 42 dB(A) einzuhalten ist. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Nach dem zwischen den Parteien rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 kann die Klägerin als Schutzniveau für ihr Grundstück einen Immissionsrichtwert beanspruchen, der einen Mittelwert zwischen dem für ein Allgemeines Wohngebiet und dem für ein Mischgebiet geltenden Immissionsrichtwert bildet (vgl. VG München, U. v. 23.5.2011 - M 8 K 11.881 - juris Rn. 76). Danach ist wegen des städtebaulichen Konflikts in der vorliegenden Gemengelage mit aufeinanderprallenden unterschiedlichen Nutzungen im Rahmen des Rücksichtnahmegebots eine Art Mittelwert zu bilden. Insoweit ist jedoch schon fraglich, ob die nachträgliche Festsetzung der Immissionsrichtwerte den Anforderungen einer Mittelwertbildung genügt (vgl. nachfolgend unter 2.4.2). Hinzu kommt, dass für die zugelassenen seltenen Ereignisse nach wie vor die Festsetzung der hier zu beachtenden Immissionsrichtwerte fehlt (vgl. nachfolgend unter 2.5).

2.4.2 Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich bei einem Mittelwert nicht lediglich um das arithmetische Mittel zweier Richtwerte, sondern um einen „Zwischenwert“ für die Bestimmung der Zumutbarkeit, die sich nach tatsächlichen, von der Würdigung konkreter Begebenheiten des Einzelfalls abhängender Faktoren beurteilt (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32). Bei einem solchermaßen zu gewinnenden Mittelwert müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit zudem die Ortsüblichkeit und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzung von Bedeutung ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32; BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24.07 - juris Rn. 4). Wesentliches Kriterium für die Höhe des Zwischenwertes und damit für die konkrete Schutzbedürftigkeit eines zum Wohnen dienenden Grundstücks ist, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht worden ist. Ob der emittierende Betrieb an das dem Wohnen dienende Gebiet herangerückt ist oder ob sich das zum Wohnen dienende Gebiet - umgekehrt - in Richtung auf den emittierenden Betrieb ausgeweitet hat (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32; BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24/07 - juris Rn. 4).

Dieser von der Beklagten nach den oben dargestellten Kriterien zu bildende Mittelwert muss daher die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid und aus den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 20. April 2015 ist nicht ersichtlich, ob die Beklagte die nachträglich festgesetzten Mittelwerte lediglich deshalb herangezogen hat, weil diese Lärmrichtwerte nach der vorgelegten Schallschutzprognose Nr. 2012-18285 vom 13. Juli 2012 für den Normalbetreib sowohl tags wie auch nachts in den vier untersuchten Szenarien des Regelbetriebs - auch unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Geräuschpegel für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen am klägerischen Anwesen eingehalten werden, oder ob die festgesetzten Mittelwerte von der Beklagten unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und des Rücksichtnahmegebots auf Grundlage einer umfassenden Abwägung gewählt wurden.

Das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 - M 8 K 11.881 führt zur umliegenden Umgebung aus, dass das klägerische Grundstück im Geviert ...-Straße/...-straße/... Straße/...-straße liegt und es weder als Mischgebiet noch als allgemeines oder gar reines Wohngebiet angesehen werden könne, sondern vielmehr eine Gemengelage vorliege. Allerdings weise diese Gemengelage einen relativ hohen Wohnanteil auf. Der Schwerpunkt der gewerblichen und der freiberuflichen Nutzung liege im nordöstlichen Bereich des Quartiers, wohingegen entlang der ...-straße im Süden und der ...-Straße im Westen das Wohnen dominiere (vgl. VG München, M 8 K 11.881 - juris Rn. 54). Insoweit erscheint es nach Auffassung der Kammer naheliegend, dass der von der Beklagten zu bildende Mittelwert sich stärker an den Immissionsrichtwerten orientiert, die nach Nr. 6.1 und 6.2 der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet gelten. Die Beklagte hat zwar insoweit im Schreiben vom 15. Juli 2014 geltend gemacht, dass sich im Gebäude ...-straße 4 die Nutzung geändert habe, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss befinde sich nun ein Architekturbüro, im 2. Obergeschoss ebenfalls ein Büro. Angesichts des Fehlens einer nachvollziehbaren, auf einer umfassenden Abwägung beruhenden Mittelwertbildung kommt es darauf für die vorliegende Entscheidung nicht an. Dies kann jedoch - sofern die Nutzungsänderung tatsächlich erfolgt ist - bei der von der Beklagten voraussichtlich erfolgenden Neuverbescheidung und der hierbei von ihr festzusetzenden Mittelwerte berücksichtigt werden. Für die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des festzusetzenden Mittelwerts auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung erachtet das Gericht insoweit Ausführungen zur vorzunehmenden Mittelwertbildung - gegebenenfalls unter fachkundiger Beratung eines Lärmschutzgutachters - nicht nur für sinnvoll, sondern für notwendig.

2.5 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist zudem im Hinblick auf die Festsetzungen zu den sog. „seltenen Ereignissen“ rechtswidrig. Es wurden zum einen keine verbindlichen Lärmrichtwerte bei seltenen Ereignissen festgesetzt, zum anderen weist das von der Beklagten vorgelegte Lärmschutzgutachten, das Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist, Widersprüchlichkeiten hinsichtlich der prognostizierten Lärmrichtwerte bei seltenen Ereignissen auf, und schließlich ist weder für den Betreiber der Anlage noch für die betroffenen Nachbarn eindeutig ersichtlich, wann ein seltenes Ereignis i. S. v. Nr. 7.2 der TA Lärm vorliegt und wann es sich lediglich um Schwankungen im Normalbetrieb handelt. Ziffer 2 des Bescheids vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 verletzt daher in Bezug auf die Regelung von „Besonderen Veranstaltungen“ im kulturellen Bürgerhaus das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist insoweit inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und verstößt daher gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 VwVfG. Eine Baugenehmigung ist nur dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn sie Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lässt. Der Bauherr muss die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Diese Forderung hat gerade bei Veranstaltungsstätten besondere Bedeutung, bei denen die konkrete Betriebsgestaltung hinreichend klar in der Baugenehmigung festzulegen ist. Zu unbestimmt ist daher eine Baugenehmigung, wenn sie unter Einbeziehung der genehmigten Bauvorlagen das Vorhaben nicht ausreichend beschreibt und sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale bezieht, deren Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen (vgl. OVG NRW, U. v. 16.12.2014 - 7 A 2623/13 - juris Rn. 33).

Insbesondere muss eine Baugenehmigung sicherstellen, dass durch die beantragte Nutzung keine Lärmimmissionen hervorgerufen werden, die nach dem Gebot der Rücksichtnahme unzumutbar wären; sie muss die mit Rücksicht auf schutzwürdige nachbarschaftliche Belange gegebenenfalls erforderlichen Beschränkungen selbst klar und im sachlich gebotenen Umfang regeln. Es ist gerade Sinn und Zweck des Baugenehmigungsverfahrens, vor Ausführung des Vorhabens Verletzungen von Nachbarrechten verbindlich und verlässlich auszuschließen und deren Behebung nicht ungewissen und unbestimmten Verfahrensweisen in der Zukunft oder einem begleitenden Verwaltungsvollzug zu überlassen (vgl. BVerwG, B. v. 14.06.2011 - 4 B 3/11 - juris Rn. 6/10). Die Sicherung von Nachbarrechten bei einem Vorhaben, dessen Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, erfordert, dass Nutzungsmöglichkeiten des Vorhabens unter Umständen durch konkrete Regelungen beschränkt und maßgebliche Immissionsrichtwerte oder Beurteilungspegel als Grenzwerte bereits in der Baugenehmigung festgelegt werden (vgl. BayVGH, U. v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 35).

2.5.1 Nach Ziffer 2 des Änderungsbescheids vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 können im kulturellen Bürgerhaus an bis zu 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden besondere Veranstaltungen stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.2 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betreibstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und den Freiflächen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaals für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern) ist zu unterlassen. In der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 ergänzte der Vertreter der Beklagten Ziffer 2 des Änderungsbescheids dahingehend, dass es sich bei besonderen Veranstaltungen beispielsweise um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handle, die nachts - auch nach 22.00 Uhr - stattfinden, aber nicht mehr als 50 Personen im Außenbereich zulassen. Nach der Schallschutzprognose vom 13. Juli 2012, die zum Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemacht wurde, wurde bei besonderen Veranstaltungen (Beurteilung als seltenes Ereignis der TA Lärm) im Bürgersaal ein Innenpegel L = 102 dB(A) angesetzt (S. 41 und 27 des Gutachtens). Dabei wurde angenommen, dass sich bei besonderen Veranstaltungen im Nachtzeitraum 50 Personen in den Freibereichen westlich und südlich des kulturellen Bürgerhauses aufhalten und ein gegenüber den Szenarien 1 bis 4 erhöhter Emissionsansatz von Lw = 70 dB(A) (= Schalleistung für 1 Person bei Sprechen gehoben) gewählt (S. 22 des Gutachtens). Für die lauteste Nachstunde werde für Szenario 5 (besondere Veranstaltung) ein bestimmter Betriebsgang zugrunde gelegt (S. 18 des Gutachtens), der u. a. davon ausgeht, dass sich durchgehend 50 Personen im Freibereich des Bürgersaals aufhalten. Unter Ziffer 4.1.2 des Gutachtens (vgl. S. 13) wird Szenario 5 (Besondere Veranstaltungen, lauteste Nachtstunde), Beurteilung nach „seltenen Ereignissen“ als „Geräusche während besonderen Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus, Beurteilung nach seltenen Ereignissen der TA Lärm, lautestes Nachtstunde“ definiert. Eine weitergehende Bestimmung bzw. Definition der besonderen Ereignisse findet sich im Übrigen weder in der Baugenehmigung noch im Lärmschutzgutachten.

2.5.2 Nach Nr. 7.2 TA Lärm kann eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der Nrn. 6.1 und 6.2 TA Lärm zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betreib der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1. und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Dabei ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Dauer und der Zeiten der Überschreitungen, der Häufigkeit der Überschreitungen durch verschiedene Betreiber insgesamt sowie von Minderungsmöglichkeiten durch organisatorische und betriebliche Maßnahmen zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Nachbarschaft eine höhere als die nach den Nummern 6.1 und 6.2 zulässige Belastung zugemutet werden kann (Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm). Als äußerste Grenze sind gemäß Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 3 TA Lärm die (besonderen) Richtwerte gemäß Nr. 6.3 für seltene Ereignisse zu beachten (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 93). Dementsprechend ist bei der Zulassung seltener Ereignisse ein entsprechender Lärmrichtwert in der Baugenehmigung festzusetzen.

In der streitgegenständlichen Baugenehmigung sind für die zugelassenen seltenen Ereignisse keine Lärmrichtwerte festgesetzt. Auch das Lärmschutzgutachten vom 13. Juli 2012 sieht keine konkreten Lärmrichtwerte für seltene Ereignisse vor. In Tabelle 10 auf S. 32 des Gutachtens wird lediglich für das Szenario 5 als Immissionsrichtwert 55 dB(A) aufgeführt. Tabelle 11 auf S. 34 des Gutachtens enthält keine Angaben zu einzelnen kurzzeitigen Geräuschspitzen bei seltenen Ereignissen. Da nach Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm im Einzelfall zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang der Nachbarschaft eine höhere als die nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zulässige Belastung zugemutet werden kann, ist eine Festsetzung von Lärmrichtwerten bei seltenen Ereignissen erforderlich. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob bei einer fehlenden Festsetzung unmittelbar auf die Regelungen der TA Lärm zurückgegriffen werden kann, da im Bescheid nicht auf die TA Lärm verwiesen wird und zudem von einem ausreichenden Nachbarschutz nicht auszugehen ist, wenn die betroffenen Nachbarn zunächst vergeblich im streitgegenständlichen Bescheid nach konkreten Lärmrichtwerten suchen und nachdem sie auch in dem über 40seitigen Lärmschutzgutachten (mit über 54 Seiten Anhang), das Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist, ebenfalls keine konkreten Lärmrichtwertfestsetzung für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen finden konnten, schließlich auf die Regelung der TA Lärm verwiesen werden.

Darüber hinaus ist das vorgelegte Lärmschutzgutachten hinsichtlich der prognostizierten Lärmwerte bei seltenen Ereignissen teilweise widersprüchlich. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Beklagten ausgeführt, dass bei Szenario 5 (seltene Ereignisse) ein unrichtiger und zu hoher Spitzenpegelwert von 115 dB(A) statt 90 dB(A) angesetzt worden sei, so dass die prognostizierten Spitzenwerte in Anlage 5.5. auf Seite 3 falsch bzw. zu hoch seien.

Demgegenüber findet sich im Gutachten bei der „Beurteilung der Ergebnisse“ zu den kurzzeitigen Geräuschspitzen im Nachtzeitraum die Aussage, dass an den Immissionsorten der bestehenden schutzwerten Gebäude die auftretenden Spitzenpegel bei maximal 61 dB(A) liegen (vgl. S. 37 des Gutachtens), was nicht mit den in der Anlage 5.5 enthaltene Einzelwerten korrespondiert.

Diese Fehler und Widersprüche wecken Zweifel hinsichtlich der Zuverlässigkeit der prognostizierten Maximalpegel bei seltenen Ereignissen. Bedenken bestehen auch insoweit, als im Gutachten offenbar die einzelnen ermittelten Lärmwerte bei der Übertragung aus dem Anhang in den Hauptteil des Gutachtens gerundet wurden (vgl. die Tabellen 10 und 11 auf S. 32 und 34 gegenüber den Einzelwerten in Anlage 4), obwohl im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29). Wegen der notwendigen, aber fehlenden Festsetzung von Immissionsrichtwerten für die zugelassenen seltenen Ereignisse können diese Zweifel aber dahinstehen, da die Baugenehmigung bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben ist.

2.5.3 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist auch deshalb rechtswidrig, da in der Baugenehmigung Art und Zahl der seltenen Ereignisse konkret festzusetzen sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.2011 - 4 B 3/11 - juris Rn. 6 und 10), und eine entsprechende Festsetzung fehlt.

Ein seltenes Ereignis muss ein besonderes, vom regulären Betrieb abweichendes Ereignis sein, das gegenüber dem „Normalbetrieb“ eine eigenständige Bedeutung hat (vgl. BayVGH, U. v. 24.08.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405 - juris Rn. 33). Bloße Schwankungen innerhalb des Normalbetriebs der Anlage, die bei wertender Betrachtung nicht als außergewöhnlicher Betriebszustand angesehen werden können, stellen keine seltenen Ereignisse im Sinn von Nr. 7.2 TA Lärm dar (vgl. OVG Münster, Urt. v. 15.05.2013 - 2 A 3010/11, NVwZ-RR 2013, 951 - juris Rn. 56). Ferner muss aus der Baugenehmigung selbst ersichtlich sein, wie die zahlenmäßige Begrenzung auf zehn Ereignisse an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden durchgesetzt werden soll (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95).

Nach der in der Baugenehmigung und dem Lärmschutzgutachten enthaltenen Beschreibung der seltenen Ereignisse muss die Klägerin an sich jederzeit damit rechnen, dass Veranstaltungen stattfinden, die wegen ihrer besonderen Lautstärke nur ausnahmsweise zulässig sind. Denn schon nach der Planung haben deutlich mehr als 10 Veranstaltungen das Potential, seltene Ereignisse zu sein, zumal der Bürgersaal für 300 Personen ausgelegt ist. Nach den getroffenen Festlegungen zu den seltenen Ereignissen in der Baugenehmigung und im Lärmschutzgutachten ist nicht anhand objektiver, nachprüfbarer Kriterien erkennbar, ob eine Veranstaltung, die für normale Veranstaltungen festgelegten Richtwerte einhält oder überschreitet und damit ungeplant zu einem seltenen Ereignis wird. Das würde bedeuten, dass bei jeder in die Nachtzeit hinreichenden Veranstaltung erst während der Veranstaltung festgestellt werden könnte (wohl durch Messung), ob der am 20. April 2015 in der mündlichen Verhandlung festgesetzte Nachtrichtwert für den Normalbetrieb am klägerischen Anwesen überschritten wird und die Veranstaltung aus diesem Grund auf das Kontingent der „seltenen Ereignisse“ anzurechnen ist. Abgesehen davon, dass die Baugenehmigung eine Nebenbestimmung, die dies vorschreibt, nicht enthält, ist es offensichtlich, dass eine solche Regelung nicht praktikabel wäre (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95). Zudem stellt die Baugenehmigung nicht hinreichend sicher, dass es nicht zu mehr als 10 seltenen Ereignissen kommt. Die dort getroffenen Regelungen sind unklar und auch ungeeignet, da nach diesen Regelungen nicht vorhersehbar ist, ob es sich um eine Veranstaltung im „Normalbetrieb“ handelt oder um ein seltenes Ereignis. Darüber hinaus wäre im Hinblick auf die Beschränkung und Kontingentierung auf maximal 10 seltene Ereignisse im Jahr eine „Buchführung“ erforderlich (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95). Ob die Voraussetzungen der Ziffer 2 der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 vorliegen und die jeweilige Veranstaltung aus diesem Grund auf das Kontingent der „seltenen Ereignisse“ anzurechnen ist, lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit im Voraus feststellen. Zwar ist geregelt, dass es sich um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handeln soll und sich im Freibereich nach 22.00 Uhr nicht mehr als 50 Personen aufhalten dürfen. Es ist aber weder geregelt, welche weiteren Veranstaltungen ein seltenes Ereignis darstellen, noch sind Maßnahmen festgelegt, die sicherstellen, dass sich im Freibereich nach 22.00 Uhr trotz der zwei getrennten Ausgänge, nicht mehr als 50 Personen aufhalten.

Darüber hinaus ist es der Klägerin nicht möglich festzustellen, ob die in 7.2 TA Lärm enthaltene Regelung, wonach seltene Ereignisse nicht an mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, eingehalten wird.

Ohne hinreichend bestimmte Regelung in der Baugenehmigung ist es daher für die Klägerin weder vorhersehbar, ob es sich bei einer Veranstaltung um ein seltenes Ereignis im Sinn von 7.2 TA Lärm handelt, bei dem höhere Lärmimmissionen von den Nachbarn hinzunehmen sind, noch, welche konkreten Lärmimmissionen im Falle eines seltenen Ereignisses den Nachbarn zumutbar sind. Ferner kann die Klägerin nicht nachprüfen, ob das Kontingent von 10 seltenen Ereignissen und die Wochenendregelung bereits ausgeschöpft sind, und sie deshalb kein weiteres seltenes Ereignis (an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden) mehr hinnehmen muss. Auch der Betreiber muss wissen, welche Nutzungsarten noch vom Genehmigungsumfang gedeckt sind, ohne Nachbarrechte zu verletzen.

Da die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassenen zehn seltenen Ereignisse anders als etwa in der Baugenehmigung vom ... Februar 2011 ihrem Charakter nach nicht hinreichend bestimmt umrissen sind und weitere konkrete objektive Kriterien, die die Einordnung einer Veranstaltung als „seltenes Ereignis“ im Voraus ermöglichen und für alle Beteiligten nachprüfbar gestalten, fehlen, ist im Hinblick auf die ausnahmsweise Zulassung seltener Ereignisse ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht gewährleistet. Die Regelung über die seltenen Ereignisse ist so, wie sie im Bescheid vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 getroffen wurde, nicht praktikabel, weil nicht festgestellt werden kann, welche Veranstaltungen auf das Kontingent der seltenen Ereignisse anzurechnen sind (vgl. BayVGH, U. v. 18.07.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl 2003, 503 - juris Rn. 63).

Dass für die Durchführung bestimmter größerer Veranstaltungen, die als seltenes Ereignisse einzustufen sind, unter Umständen zusätzlich eine eigene gaststättenrechtliche oder sicherheitsrechtliche Genehmigung einzuholen ist, ist von der bauplanungsrechtlichen Beurteilung zu unterscheiden und führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn soweit die Lärmbeeinträchtigungen aufgrund der Baugenehmigung dem Vorhaben zuzurechnen sind, muss durch die Baugenehmigung selbst sichergestellt werden, dass Verletzungen des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen werden (vgl. BayVGH, U. v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 37).

Da die streitgegenständliche Baugenehmigung schon im Hinblick auf die notwendige Mittelwertbildung sowie die unzureichenden Immissionsrichtwerte hinsichtlich seltener Ereignisse sich als rechtswidrig darstellt und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, kommt es auf die weiteren von der Klägerin gerügten rechtlichen Defizite nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.