Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Nov. 2016 - M 8 K 16.2281

bei uns veröffentlicht am28.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Baugenehmigung vom ... Mai 2016, Plannr. ..., wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. 862 der Gemarkung ... (...-straße 44), wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte (Änderungs-)Baugenehmigung für den Umbau einer Schank- und Speisewirtschaft mit Bar und regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieténutzung im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sowie für die Nutzungsänderung eines Lagers zu einem Gastraum im Untergeschoss auf dem östlich benachbarten Grundstück FlNr. 865 („Die Registratur“; ...-straße 42) mit sechs Kfz-Stellplätzen auf dem Grundstück FlNr. 849/7.

Nachdem die Kammer für eine für das ursprüngliche Vorhaben der Beigeladenen von der Beklagten erteilte, befristete und mit zahlreichen Nebenbestimmungen insbesondere zum Immissionsschutz versehene Baugenehmigung vom ... August 2015 mit Beschluss vom 9. Oktober 2015, M 8 SN 15.4541, auf den Antrag der Klägerin nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hin die aufschiebende Wirkung der Klage (M 8 K 15.3370) gegen diese Genehmigung angeordnet hatte, reichte die Beigeladene unter dem ... März 2016 einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... August 2015 bei der Beklagten ein. Gegenstand des Änderungsantrags war eine geänderte Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 in der Fassung vom ... Mai 2016, mit der für die geplante Schank- und Speisewirtschaft mit Bar sowie mit regelmäßigen Kunst- und Musikdarbietungen („Erlebnisgaststätte“) - neben verschiedenen baulichen Modifikationen (Küche im Erdgeschoss, Foodstand im Untergeschoss, Veränderung der Zahl und Anordnung der Gast(sitz)plätze) - die Zulassung erweiterter Öffnungszeiten (dienstags und mittwochs 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr, donnerstags bis samstags 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr, sonntags 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr) begehrt wurde. Zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude ...-straße 44 befindliche Wohnnutzung sah der Änderungsantrag schalltechnische Maßnahmen entsprechend den ausdrücklich in Bezug genommenen schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016 vor. Diese sahen neben bauakustischen Maßnahmen insbesondere einen maximalen Innenpegel der Musikdarbietungen von 95 dB(A) vor, unter dessen Einhaltung die Beigeladene verlässlich von einer Vermeidung unzumutbarer Schalleinwirkungen auf die Nachbarbebauung ausging.

Seit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss der Kammer vom 16. Dezember 2015 erfolgt der Betrieb des Lokals der Beigeladenen auf der Grundlage einer Baugenehmigung vom ... Januar 2004 für eine Bar/Schank- und Speisewirtschaft („...“) in Gestalt des Nachgangsbescheids vom ... Februar 2016. Dort waren sofort vollziehbare Auflagen zum Immissionsschutz in Umsetzung des Beschlusses der Kammer vom 16. Dezember 2016 vorgesehen. Hiergegen sowie gegen die aufgrund eines Tekturantrags der Beigeladenen vom ... März 2016 ergangene Änderungsgenehmigung vom ... April 2016 waren bei Gericht Klagen der Klägerin (M 8 K 16.1794 und M 8 K 16.1795) anhängig.

Mit streitbefangener Änderungsgenehmigung vom ... Mai 2016, der Klägerin zugestellt am ... Mai 2016, erteilte die Beklagte unter verschiedenen Auflagen zum Immissionsschutz die beantragte Baugenehmigung. Hinsichtlich der Auflagen, Befristung, Vorbehalte und Hinweise des Genehmigungsbescheids vom ... August 2015 verfügte die Beklagte ausdrücklich deren Fortgeltung.

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016, bei Gericht eingegangen am 19. Mai 2016, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt,

die Baugenehmigung vom ... Mai 2016 aufzuheben.

Mit Schriftsätzen vom 28. August 2016, 18. November 2016 und 23. November 2016 trugen die Klägerbevollmächtigten im Wesentlichen vor, das Vorhaben verstoße gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin. Es handele sich um eine maßgeschneiderte Baugenehmigung für eine im Geviert unzulässige Vergnügungsstätte. Die nähere Umgebung des Vorhabens entspreche hinsichtlich der Nutzungsstrukturen am ehesten einem allgemeinen Wohngebiet. Wegen der von ihm ausgehenden Lärmimmissionen verletze das Vorhaben das Rücksichtnahmegebot. Die erteilte Baugenehmigung erweise sich in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt, da ihr nicht entnommen werden könne, ob das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Bauvorhabens auf das benachbarte Grundstück der Klägerin gewahrt werde. Auch die Betriebsbeschreibung erweise sich als unbestimmt. Zudem seien vom Betrieb der zugelassenen Stellplätze ebenfalls unzumutbare Lärmeinwirkungen auf das Anwesen der Klägerin zu erwarten. Schließlich verstoße das Vorhaben gegen abstandsflächenrechtliche Bestimmungen.

Die Beigeladene (vgl. Beschluss vom 20. Mai 2016) nahm mit Schriftsätzen ihrer Bevollmächtigten vom 14. Oktober 2016 und 18. November 2016 zur Sache Stellung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, bei der Umgebungsbebauung handle es sich um eine Gemengelage. Bei dem Vorhaben handle es sich nicht um eine Vergnügungsstätte, sondern um einen schwerpunktmäßig gastronomisch ausgerichteten Betrieb. Auch verstoße das Vorhaben nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. In lärmtechnischer Hinsicht seien in der streitbefangenen Änderungsgenehmigung in Verbindung mit der Ausgangsgenehmigung sowie in der Betriebsbeschreibung eine Vielzahl von Maßnahmen enthalten, die einen adäquaten Schutz der Klägerin bzw. der jeweils vermeintlich betroffenen Sondereigentümer sicherstellten. Dies ergebe sich insbesondere aus den schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016. Zudem sei auf die Stellungnahme des Büros ... vom ... Februar 2016 zu verweisen. Die erteilte Baugenehmigung erweise sich hinsichtlich der Betriebsmodalitäten sowie der vorzunehmenden Maßnahmen des Schallschutzes auch als hinreichend bestimmt. Bezüglich der zugelassenen Kfz-Stellplätze könne die Klägerin nichts für ihre Rechtsposition herleiten. Die Stellplätze seien wie genehmigt zulässig. Hinsichtlich der abstandsflächenrechtlichen Situation ergebe sich kein Rechtsverstoß zulasten der Klägerin.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016 legte die Beklagte die Behördenakten vor, nahm zur Sache unter Vorlage von Messberichten vom ... Oktober 2016 Stellung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin komme eine Nachbarrechtsverletzung aufgrund des Gebietserhaltungsanspruchs vorliegend nicht in Betracht. Es handele sich um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Das Vorhaben sei als Gaststätte und nicht als Vergnügungsstätte einzuordnen, da der Schwerpunkt der genehmigten Nutzung noch innerhalb der Variationsbreite einer Schank- und Speisewirtschaft liege. Eine solche verliere durch das Abspielen von Musik und durch gelegentliche DJ-Veranstaltungen sowie einzelne, auch regelmäßige, Tanzveranstaltungen nicht ihren Charakter als Schank- und Speisewirtschaft. Dies gelte auch für die streitbefangene „Erlebnisgaststätte“. Auch erweise sich die Baugenehmigung nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt. Aus der Baugenehmigung, den Planunterlagen sowie der zugehörigen Betriebsbeschreibung ergebe sich die konkrete Ausgestaltung der beabsichtigten Nutzung. Insbesondere ließen sich den genehmigten Unterlagen die genauen Öffnungszeiten, das Betriebskonzept und die im Hinblick auf die Gewährleistung einer effektiven Einhaltung der festgesetzten Lärmwerte notwendigen Maßnahmen entnehmen. Auch erweise sich das Vorhaben nicht als rücksichtslos. Dies gelte sowohl hinsichtlich der zugelassenen Stellplätze als auch hinsichtlich der zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen. Die vorgelegten Messergebnisse zeigten, dass der einzuhaltende Nachtwert von 25 dB(A) nicht überschritten werde. Auch der Vortrag der Klägerin bezüglich der Abstandsflächen vermöge keine Nachbarrechtsverletzung zu begründen. Mit Schreiben vom 17. November 2016 äußerte sich die Beklagte unter Vertiefung des bisher Ausgeführten nochmals zur Sache.

Das Gericht hat am 28. November 2016 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tage, namentlich der dort abgegebenen übereinstimmenden Erledigterklärung im Verfahren zur Ausgangsbaugenehmigung vom ... August 2015 (M 8 K 15.3370), wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in den weiteren zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren M 8 K 15.3370, M 8 K 16.1368, M 8 K 16.1794, M 8 K 16.1795, M 8 SN 15.4541 und M 8 E1 16.281 sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Die streitgegenständliche (Änderungs-)Baugenehmigung vom ... Mai 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die beim Betrieb des Lokals der Beigeladenen entstehenden Immissionen nicht wirksam auf ein für die Klägerin zumutbares Maß begrenzt sind.

1. Das streitgegenständliche, bauplanungsrechtlich nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilenden Vorhaben verstößt gegen das in dieser Vorschrift enthaltene, die Klägerin als Nachbarin schützende Rücksichtnahmegebot. Es fügt sich nicht im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein bzw. erweist sich als rücksichtlos, weil damit zu rechnen ist, dass die Klägerin durch vom klägerischen Betrieb ausgehende Geräusche unzumutbar belästigt wird. Der Schutz der Klägerin wird durch die Nebenbestimmungen der streitbefangenen Baugenehmigung und die Maßgaben der Betriebsbeschreibung der Beigeladenen nicht ausreichend gewährleistet. Es wird dadurch nicht hinreichend belastbar sichergestellt, dass die Immissionen wirkungsvoll auf ein für die Klägerin zumutbares Maß begrenzt werden.

Die Zumutbarkeitsgrenzen für Lärmimmissionen sind zwar im streitbefangenen Bescheid grundsätzlich in Gestalt verschiedener Auflagen zutreffend festgelegt. Es erweist sich aber nicht als gesichert, dass diese Grenzen von der Beigeladenen auch tatsächlich eingehalten werden (können). Vor allem genügt es unter den gegebenen Umständen nicht, für den Betrieb des Lokals der Beigeladenen lediglich vorzuschreiben, dass die maßgeblichen Richtwerte, insbesondere nach Nr. 6.2 der TA Lärm nicht überschritten werden dürfen und dazu verschiedene - zudem überwiegend eher allgemein gehaltene - Auflagen zu verfügen. Angesichts der Geräuschbelastung, die bei der nach der streitigen Genehmigung zulässigen umfangreichen Nutzung des Lokals während der Nachtzeit - namentlich donnerstags bis samstags jeweils bis 5.00 Uhr morgens - zu erwarten ist, hätte es jedenfalls für diese Zeit weiterer, den Betrieb und von ihm auf das klägerische Anwesen ausgehende Geräuschimmissionen konkret und ausreichend wirksam einschränkender Nebenbestimmungen bedurft, um verlässlich zu gewährleisten, dass die vorgesehenen Begrenzung der Immissionen letztlich nicht nur „auf dem Papier“ steht.

2. Die streitbefangene Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 Bayerische Bauordnung - BayBO -), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört.

2.1 Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB beurteilt. Das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht allerdings gegen das in § 34 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot und damit gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren. Das Rücksichtnahmegebot ist vorliegend jedenfalls - auch bei einer hier wohl vorliegenden Gemengelage - dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu entnehmen, wobei dessen Anforderungen mit denen des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO inhaltlich identisch sind.

2.1.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977, a. a. O.).

2.1.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503) heranzuziehen (BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG, U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die TA Lärm. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2 der TA Lärm) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 19).

2.1.3 Geht es um die Lösung einer Immissionskonfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte allerdings nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - juris Rn. 53 ff.; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Im Genehmigungsverfahren hat der Bauwerber dann nachzuweisen (vgl. auch § 1 Abs. 4 Alt. 2 Bauvorlagenverordnung - BauVorlV -), dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“, sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

2.1.4 Dies zugrunde gelegt, stellt die streitbefangene Baugenehmigung nicht in ausreichender Weise sicher, dass in den im Gebäude der Klägerin befindlichen betriebsfremden schutzbedürftigen (Wohn- und Schlaf-)Räume im 1. Obergeschoss (vgl. dazu den grundsätzlich zutreffenden Hinweis in Nr. 3 der Baugenehmigung vom 13.5.2016) der für die Nacht - unabhängig von der Gebietsart nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst a bis f der TA Lärm - geltende Immissionsrichtwert von 25 dB(A) nach Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm eingehalten werden kann. Die durch den Betrieb der Beigeladenen innerhalb von Gebäuden herrührenden Geräusch- bzw. Körperschallübertragungen werden weder durch die Maßgaben der Betriebsbeschreibung vom ... Februar/4. Mai 2016 noch durch die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom ... Mai 2016 in solcher Art und Weise begrenzt, dass die Einhaltung des nächtlichen Immissionsrichtwerts nach Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand des Lokals der Beigeladenen, also auch im Falle seiner Maximalauslastung in der Nachtzeit, d. h. von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr (vgl. zu den Beurteilungszeiten Nr. 6.4 der TA Lärm), ausreichend verlässlich gewährleistet ist.

2.1.4.1 Grundsätzlich zutreffend verfügt die streitbefangene Baugenehmigung im Wege der Nebenbestimmung nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG -) zwar insbesondere sowohl die Geltung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 der TA Lärm (vgl. Auflage Nr. 3 und Nr. 4 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Auflage Nr. 1.2 der Baugenehmigung vom 3.8.2015) als auch, dass Geräusche der Musikdarbietungen an den Immissionsorten nicht informations- und tonhaltig (und im Übrigen auch nicht erheblich tieffrequent) sein dürfen, um von einem entsprechenden Zuschlag nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm absehen zu können (vgl. Auflage Nr. 2 und 4 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Auflage Nr. 1.8 der Baugenehmigung vom ...8.2015). Allerdings zeigt sich trotz der von der Beigeladenen zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude der Klägerin befindliche Wohnnutzung erforderlich gehaltenen bauakustischen/schalltechnischen Maßnahmen (vgl. Betriebsbeschreibung vom ...2.5.2016 i. V. m. der schalltechnischen Stellungnahme des Büros ... vom ...2.2016 und ...3.2016) und der dazu im Einzelnen verfügten Nebenbestimmungen (vgl. Auflage Nr. 1 bis 4 des streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Auflagen Nr. 1.3 bis 1.16 der Baugenehmigung vom ...8.2015), dass (auch) damit eine Verhinderung ton- bzw. informationshaltiger Geräusche an den relevanten Immissionsorten im Anwesen der Klägerin (vgl. Nr. 3 des streitbefangenen Bescheids) nicht verlässlich sichergestellt werden kann.

Das von der Beigeladenen beauftragte Büro ... geht davon aus, ein Informationszuschlag müsse dann vergeben werden, wenn das Schallereignis zusätzlich eine Information beinhalte. Geräusche aus einer Gaststätte rechtfertigten keinen Informationszuschlag, nur weil eine Zuordnung zur Gaststätte hergestellt werden könne. Sei neben dem Takt eines Liedes auch die Melodie erkennbar, so sei ein Informationszuschlag gerechtfertigt und müsse vergeben werden (vgl. Schreiben vom ...2.2016, S. 2). Welche konkreten Konsequenzen hieraus bei der schalltechnischen Begutachtung allerdings im Einzelnen gezogen wurden, lässt sich jedoch weder der Stellungnahme vom ... Februar 2016 noch dem Schreiben vom ... Februar 2016 noch der weiteren Stellungnahme vom ... März 2016 entnehmen. Einerseits wird im Schreiben vom ... Februar 2016 nämlich ausgeführt, es werde pauschal ein Informationszuschlag von 3 dB(A) trotz fachlicher und rechtlicher Bedenken berücksichtigt, andererseits ist im Schreiben vom ... Februar 2016 davon die Rede, ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit erfolge, soweit notwendig.

Die Beklagte hat den Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit bei ihren nach Aktenlage zuletzt durchgeführten Messungen am ... Oktober 2016 - anders noch als in den Messungen vom ... November 2015 (vorgelegt in Anlage zum Schreiben vom ...12.2015 im Verfahren M 8 SN 15.4541) - ausdrücklich nicht berücksichtigt. Sie führt dazu aus, die Musikgeräusche aus der Gaststätte der Beigeladenen, in der am Tag der Messung offensichtlich kein nennenswerter Betrieb vorgeherrscht hatte, seien am jeweiligen Immissionsort zwar hörbar gewesen, jedoch nicht besonders hervortretend. Tieffrequentierte Geräusche (Bässe) seien auffälliger gewesen, rechtfertigten jedoch keinen Tonhaltigkeitszuschlag. Damit setzt sich die Beklagte in einen nicht aufgelösten fachlichen Widerspruch zu ihren früheren Aussagen zur Berücksichtigung (deutlich) wahrnehmbarer Bässe im Rahmen der Zuschlagsvergabe nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm.

Beklagte und Beigeladene übersehen dabei zudem, dass schon nach der Auflage Nr. 4 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Nr. 1.8 der Baugenehmigung vom ... August 2015 die Geräusche der Musikdarbietungen an den Immissionsorten (vgl. Nr. 3 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Nr. 1.2 und 1.8 der Baugenehmigung vom ...8.2015) gerade nicht informations- oder tonhaltig sein dürfen. Namentlich wenn die Beigeladene in ihrer ausdrücklich zum Gegenstand der Betriebsbeschreibung gemachten schalltechnischen ...-Stellungnahme vom ... Februar 2016 davon ausgeht, ein Zuschlag für Informationshaltigkeit nach Nr. A.3.3.5 der TA Lärm sei pauschal i. H. v. 3 dB(A) berücksichtigt, macht sie bereits selbst, gerade mit Blick auf das weitere ...-Schreiben vom ... Februar 2016, einen schalltechnisch nicht ausreichend verlässlich bestimmbaren bzw. begrenzten Betriebsumfang zum Bauantragsgegenstand. Bereits aus diesem Grunde erweist sich die vorgelegte Betriebsbeschreibung für die Darstellung eines realistischen Lokalbetriebs nicht als ausreichend.

Bei einer Gesamtschau der Aussagen der Beigeladenen zur Beschreibung ihres Betriebs und den Bewertungen der Messungen der Beklagten ist mithin festzustellen, dass dort kein hinreichend bestimmtes und realistisches Betriebsgeschehen zugrunde gelegt wurde, so dass sich die vorhabenbedingten Immissionsbelastungen der Klägerin schon vor diesem Hintergrund nicht als ausreichend konservativ bemessen („auf der sicheren Seite liegend“) und verlässlich dargestellt erweisen. Vielmehr wäre es notwendig gewesen, die vorhandenen Unsicherheiten bei einer - wie hier - unklaren Erkenntnislage zur Wahrnehmbarkeit und Intensität potentiell lästiger bzw. störender Bässe - durch entsprechende Sicherheitszuschläge nach Nr. A.3.3.5 der Anlage zur TA Lärm, auszugleichen.

2.1.4.2 Auch genügt die streitige Baugenehmigung nicht in ausreichender Weise dem Zuschlagssystem der TA Lärm.

Ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit eines Geräuschs ist nach den normkonkretisierenden Bestimmungen der TA Lärm dann geboten, wenn ein oder mehrere Töne hörbar hervortreten (Hansmann in: Landmann/Rohmer, Stand Mai 2016, TA Lärm, Anhang 3.3.5). Die TA Lärm enthält keine abschließenden Festlegungen, sondern umschreibt sie im Anhang unter Nr. A.2.5.2 und A.3.3.5 lediglich begrifflich.

Tonhaltigkeit erfasst dabei eine durch das Hervortreten einzelner Töne gekennzeichnete Auffälligkeit von Geräuschen. Sie war in Abschnitt 2.422.3 der TA Lärm 1968 noch mit den Worten „z. B. brummende, heulende, singende, kreischende und pfeifende Töne“ umschrieben. Dementsprechend können als tonhaltig solche Geräusche bezeichnet werden, die lautmalerisch darstellbar sind und/oder, wenn der konkrete Geräuschverursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeter, Stand 2014, TA Lärm, Anhang A.3 Rn. 13). Zu diesen durch den maßgeblichen Höreindruck zumeist deutlich identifizierbaren lästigen Komponenten tritt die von der TA Lärm nicht weiter umschriebene Informationshaltigkeit hinzu. Auch hierbei geht es, wie aus den Regelungen in A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm folgt, um ein auffälliges Geräuschgeschehen (etwa einer Außengastronomie oder einer Musikveranstaltung). Gemeinsames Kennzeichen der mit den Zuschlägen für Ton- und Informationshaltigkeit erfassten Lästigkeitskomponenten ist damit das Merkmal der Auffälligkeit. Wenn und soweit objektiv als lästig empfundene Komponenten aus dem übrigen Lärmgeschehen auffällig hervortreten, weil sie deutlich wahrnehmbar sind und eine besondere Störwirkung entfalten, soll der damit verbundenen Lästigkeit für den Menschen bei der Beurteilung nach der TA Lärm durch Zuschläge Rechnung getragen werden. Dies führt nach A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm bei der Ton- und Informationshaltigkeit im Ergebnis dazu, dass die in die Beurteilung einfließende Intensität der lästigen Geräuschkomponente so behandelt wird, als wäre die Geräuschquelle verdoppelt (3 dB(A)) bzw. sogar vervierfacht (6 dB(A); vgl. OVG NRW, U. v. 18.2.2013 - 2 A 2135.11 - juris Rn. 71 ff.).

Auch wenn die Vergabe der Zuschläge dabei in Abhängigkeit von der subjektiven gutachterlichen Wahrnehmung festgelegt wird, wobei auch Erfahrungswerte von vergleichbaren Anlagen zu berücksichtigen sind, sofern diese vorliegen (vgl. A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm), führt dies vorliegend dazu, dass der Betrieb der Beigeladenen ton- bzw. informationshaltige Schallimmissionen jedenfalls in den Wohnungen im 1. Obergeschoss des klägerischen Anwesens hervorruft. Ausweislich der Messberichte der Beklagten vom ... Oktober 2016 waren in beiden Wohnungen Musikgeräusche aus der Schank- und Speisewirtschaft der Beigeladenen hörbar, wenn auch nicht besonders hervortretend. Zudem war nach den Feststellungen des Lärmgutachters der Beklagten die beim üblichen Betrieb auftretende Lärmsituation nicht gegeben. Bässe waren dabei auffälliger wahrnehmbar. Dabei ergaben sich an den relevanten Immissionsort Messwerte des nächtlichen Beurteilungspegels von 22,7 dB(A) und 22,9 dB(A). Obwohl eine eindeutige Zuordnung der Bässe zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich war - und dort im Übrigen auch nur eine mäßige Betriebsauslastung festzustellen war, wurde von der Vergabe des (Mindest-)Zuschlags von 3 dB(A) für Ton- und Informationshaltigkeit nach Nr. A.3.3.5 der TA Lärm abgesehen. Im Falle der Vergabe dieses Zuschlags hätte sich an beiden relevanten Immissionsorten eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwerts von 25 dB(A) i. S. d. Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm ergeben. Es kann damit auch unter Berücksichtigung der Beschränkung des von der Beigeladenen vorgesehenen Maximalpegels der Musikanlage des Lokals der Beigeladenen auf 95 dB(A) sowie auch unter Einbeziehung der weiteren bauakustischen Schutzmaßnahmen, wie sie in der schalltechnischen Stellungnahme vom ... März 2016 im Einzelnen beschrieben sind und zudem (teilweise) auch Gegenstand der Auflagen der streitbefangenen Baugenehmigung sind, nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben die erforderliche Rücksichtnahme auf die nächtliche Wohnruhe des benachbarten Anwesens der Klägerin nimmt. Die Beigeladene hat es verabsäumt, die Unsicherheiten der vom Betrieb ihres Lokals ausgehenden Geräuschimmissionen durch entsprechende Sicherheitszuschläge und bauliche Maßnahmen der Schallentkoppelung verlässlich auszugleichen. Dies hat die Beklagte im streitbefangenen Bescheid nicht korrigiert. Damit konnte von der Beigeladenen nicht der notwendige Nachweis geliefert werden, dass sie mit ihrem Betrieb bauakustisch und schalltechnisch „auf der sicheren Seite liegt“. Zudem verstößt sie damit auch gegen die von der Beklagten verfügte Auflage Nr. 4 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Auflage Nr. 1.8 der Baugenehmigung vom ... August 2015, wonach die Geräusche der Musikdarbietungen an den Immissionsorten nicht informations- oder tonhaltig sein dürfen.

Dies wird vom schalltechnischen Bericht des von der Klägerin beauftragten Büros ...-... GmbH vom ... November 2016 bestätigt. Dieses stellt unter Zugrundelegung der aus Sicht dieses Büros notwendigen Zuschläge nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwerts nach Nr. 6.2 der TA Lärm um bis zu 1,9 dB(A) fest.

Nach Auffassung der Kammer geht ...-... dabei zutreffend davon aus, dass die in die schutzbedürftigen Räume des 1. Obergeschoss des klägerischen Anwesens übertragenen Schallanteile der Musikdarbietungen in den Räumen der Beigeladenen in einer Weise informationshaltig sind, dass dies die Vergabe eines Zuschlags nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm rechtfertigt. Kontinuierlich durchlaufende Bässe und rhythmische Schläge der klägerischen Musikdarbietungen in schutzbedürftigen Räumen sind in diesem Sinne als zuschlagsrelevante Schallkomponenten zu qualifizieren, wenn sie - wie hier - ausreichend deutlich wahrnehmbar sind und eine besondere Störwirkung entfalten. Aufgrund der damit verbundenen überdurchschnittlichen Lästigkeit für Menschen, die sich insbesondere während der Nachtzeit in schutzbedürftigen Räumen i. S. d. Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm i. V. m. DIN 4109 aufhalten, ist es nach Auffassung der Kammer nicht notwendig, dass daneben (auch) eine Melodie der klägerischen Musikdarbietungen erkennbar ist.

Die der streitbefangenen Baugenehmigung zugrundeliegenden schalltechnischen Untersuchungen und Auskünfte des von der Beigeladenen beauftragten Büros ... vom ... und ... Februar 2016 sowie vom ... März 2016 erweisen sich sonach insgesamt als nicht ausreichend aussagekräftig und rechtfertigen daher auch nicht die von der Beklagten im Genehmigungsverfahren - unter der Anordnung von etlichen, bislang zudem nicht nachweisbar vollzogenen Nebenbestimmungen (Sitzungsniederschrift vom 28.11.2016, S. 21) - angestellte Prognose, die Klägerin werde durch den Betrieb der Beigeladenen nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Aus Sicht der Kammer wäre es insbesondere notwendig gewesen, unter konkreter Berücksichtigung der bauakustischen Gegebenheiten der Anwesen ...-straße 42 und 44 (einschließlich der Maßnahmen in der ...-Stellungnahme vom ...3.2016 und deren abschirmender Leistungsfähigkeit) die Musikanlage so einzubauen, einzumessen und abzuregeln, dass die Geräusche der Musikdarbietungen an den maßgeblichen Immissionsorten die hier insbesondere maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 der TA Lärm auch einhalten. Bislang wurde, weder nach Aktenlage noch nach dem Vortrag der Beteiligten, ein ausreichend konservativ bemessener maximal zulässiger Innenpegel ermittelt und auch verbindlich festgelegt. Der von der Beigeladenen herangezogene Maximalpegel von 95 dB(A) ist hierzu ausweislich der zwischenzeitlichen messtechnischen Feststellungen der Klägerin und auch der Beklagten ebenso wenig ausreichend wie die Umsetzung der baulichen Schallschutzmaßnahmen (vgl. ...-Schreiben vom ...2 und ...3.2016). Entgegen der dort ausdrücklich vertretenen Auffassung der Gutachter der Beigeladenen kann bis dato gerade nicht davon die Rede sein, dass mit diesen bauakustischen Maßnahmen und der Einhaltung des maximalen Innenpegels von 95 dB(A) unzumutbare Schalleinwirkungen auf die Wohnungen im Anwesen der Klägerin auszuschließen sind. Es wäre aus Sicht der Kammer vorliegend vielmehr insbesondere notwendig gewesen, Musikdarbietungen in den Räumen der Beigeladenen ausnahmslos nur als Hintergrundbeschallung zuzulassen - dies vor allem auch mit Blick auf die Genehmigung als Schank- und Speisewirtschaft, ausdrücklich aber gerade nicht als Vergnügungsstätte - und diese zudem zu verpflichten, sie auf einen entsprechenden - wie vorstehend ausgeführt schalltechnisch belastbar ermittelt und ausreichend konservativ bemessenen - reduzierten maximalen Innenpegel dauerhaft und nachweisbar dokumentiert abzuregeln und hierüber auch einen unabhängigen, sachverständigen oder fachbehördlichen Nachweis einzufordern. Die Regelungen in der Auflage Nr. 4 des streitbefangenen Bescheids i. V. m. Nr. 1.11 der Baugenehmigung vom ... August 2015 und dem im Bescheid ebenfalls vorgesehenen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt bei „Lärmbeschwerden bzw. fortgesetzten ernsthaften Verstößen“ sind hierzu nicht ausreichend.

Auch hätte es nach Auffassung der Kammer nahegelegen, wenn die Beklagte die Aufnahme des Betriebs im Lokal der Beigeladenen jedenfalls zur Nachtzeit im Sinne einer aufschiebenden Bedingung davon abhängig gemacht hätte, dass sämtliche bauakustischen und schalltechnischen Maßnahmen von der Beigeladenen vollständig umgesetzt werden und hierüber sowie zur ausreichenden Abschirmungswirkung ein entsprechender, unabhängiger sachverständiger oder fachbehördlicher Nachweis erbracht wird. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch festzustellen, dass es die Beklagte nach eigener Aussage bislang unterlassen hat, zu überprüfen, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung (vgl. insbesondere Auflage Nr. 4 der Baugenehmigung vom ...5.2016 i. V. m. Auflagen Nr. 1.3 bis 1.16 der Baugenehmigung vom ...8.2015) auch tatsächlich bauakustisch und schallschutztechnisch umgesetzt worden ist (vgl. Sitzungsniederschrift vom 28.11.2016, S. 21).

2.2 Erweist sich nach dem vorstehend Ausgeführten die streitbefangene Baugenehmigung bereits wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme als nachbarrechtsverletzend, bedarf es keiner streitigen Entscheidung mehr zu der Frage, ob die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen (vgl. dazu die Feststellungen im Augenscheintermin vom 28.11.2016) als faktisches Mischgebiet oder als Gemengelage zu qualifizieren und welche Folge hieraus mit Blick auf den - im Falle der Annahme eines faktischen Baugebiets inmitten stehenden und drittschützenden - Gebietserhaltungsanspruch abzuleiten ist. Die Annahme eines faktischen Mischgebiets dürfte allerdings schon im Hinblick auf den überwiegenden Wohnanteil im Quartier problematisch sein. Erschwerend für dessen Annahme kommt hinzu, dass die Beklagte im bauaufsichtlichen Vollzug die kaum verschleierten diskothekenartigen bzw. -ähnlichen Nutzungen in der näheren Umgebung, namentlich in den nach Angaben der Beklagten lediglich als Gaststätten genehmigten Lokalen ... und ... bislang duldet (vgl. dazu Vermerk der Beklagten vom ...2.2016 und ihre Erklärung im Augenscheintermin und der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2016, Sitzungsniederschrift S. 8 und 21). Denn § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB stellt auf die tatsächlich vorhandene Bebauung und deren Nutzung ab, so dass es zunächst nicht darauf ankommt, ob diese genehmigt ist oder nur in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständige Behörde mit ihrem Vorhandensein abgefunden hat.

Ebenfalls nicht abschließend zu entscheiden ist über die Frage nach der Einordnung der Art der Nutzung des Lokals der Beigeladenen entweder als Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik oder als Vergnügungsstätte (diskothekenähnliche/-artige Nutzung; vgl. aktuell Decker in: Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 4a BauNVO Rn. 18 und 20 m. w. N.). Wie allerdings bereits im Beschluss vom 16. Dezember 2015, M 8 SN 15.4541, ausgeführt, spricht nach Auffassung der Kammer aufgrund von Art und Umfang des Betriebs des Lokals der Beigeladenen und seiner nachdrücklichen Schwerpunktsetzung (auch) auf Musikdarbietungen mit erheblicher Lautstärke, gerade auch mit Blick auf die im Augenschein gewonnenen Erkenntnisse, unverändert weit Überwiegendes für eine Einstufung als Vergnügungsstätte.

Schließlich bedarf es ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung dazu, ob sich die streitbefangene Änderungsgenehmigung hinsichtlich der (zumindest unklaren) Aussagen zu den Betriebszeiten als in nachbarrelevanter Weise unbestimmt erweist. Die Betriebsbeschreibung vom ... Februar/... Mai 2016 enthält Öffnungszeiten, die von denen nach der (aktualisierten) Betriebsbeschreibung vom ... Mai 2015 i. V. m. der Betriebsbeschreibung vom ... März 2015), die Bestandteil der Ausgangsbaugenehmigung vom ... August 2015 ist, erheblich divergieren. Während in der streitbefangenen Änderungsgenehmigung ein Betrieb zugelassen wird, der dienstags und mittwochs von 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr, donnerstags bis samstags von 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr und sonntags von 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr stattfindet, geht die Ausgangsbaugenehmigung vom 3. August 2015 von einen Betrieb dienstags bis donnerstags von 18.00 Uhr bis 2.00 Uhr, freitags und samstags von 18.00 Uhr bis 4.00 Uhr und sonntags von 18.00 Uhr bis 2.00 Uhr aus. Hiermit in signifikantem Widerspruch steht indes die Feststellung in der Begründung der streitbefangenen Änderungsgenehmigung (dort S. 3), wonach „die Betriebszeiten wie bisher genehmigt bleiben“. Ob dies als bloßer Hinweis der Beklagten gedacht ist und sich gegebenenfalls auf die Regelungen der im Verfahren M 8 K 16.1795 streitgegenständlichen, zur hier streitigen Baugenehmigung parallel erteilten weiteren Baugenehmigung vom ... April 2016 bezieht - dann träfe sie inhaltlich zu -, bedarf mit Blick auf das vorstehend unter Nr. 2.1 Ausgeführte keiner weiteren Aufklärung mehr.

Als fernliegend erweisen sich nach Auffassung der Kammer im Übrigen allerdings die Überlegungen der Klägerbevollmächtigten zum Schutz des klägerischen Anwesens vor Immissionen durch Zu- und Abfahrtsverkehr mit Kfz auf die genehmigten sechs Stellplätze auf dem Grundstück FlNr. 849/7. Gleiches gilt mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO hinsichtlich der von den Klägerbevollmächtigten ebenfalls thematisierten Frage der vorhabenbedingten Wahrung der Abstandsflächen.

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Baugenehmigung vom ... April 2016, Plannr. ..., wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. 862 der Gemarkung ... 1 (...-straße 44), wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte (Änderungs-)Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer ehemaligen Bankfiliale in eine kunstorientierte Bar/Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieténutzung im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss auf dem östlich benachbarten Grundstück FlNr. 865 (vormals ..., nunmehr „...“; ...-straße 42).

Unter dem ... Januar 2004 erteilte die Beklagte der früheren Betreiberin der Bar/Schank-und Speisewirtschaft ... in den nunmehr von der Beigeladenen genutzten Räumen im Anwesen ...-straße 42 unter Nebenbestimmungen die Baugenehmigung für die entsprechende Umnutzung einer ehemaligen Bankfiliale.

Nachdem die Kammer für eine für das ursprüngliche Vorhaben der Beigeladenen von der Beklagten erteilte, befristete und mit zahlreichen Nebenbestimmungen ins-besondere zum Immissionsschutz versehene Baugenehmigung vom ... August 2015 mit Beschluss vom 9. Oktober 2015, M 8 SN 15.4541, auf den Antrag der Klägerin nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hin die aufschiebende Wirkung der Klage (M 8 K 15.3370) gegen diese Genehmigung angeordnet hatte, erklärte die Beigeladene gegenüber der Beklagten, ihren Betrieb bis auf Weiteres ausschließlich auf der Grundlage der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 fortzusetzen. Nachdem über einen Widerspruch der Klägerin gegen die Baugenehmigung vom ... Januar 2004 nicht entschieden worden war, nahm die Beklagte die Erklärung der Beigeladenen zum Anlass, am ... Februar 2016 einen sogenannten Nachgangsbescheid zu erlassen, mit dem sie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verschiedene weitere immissionsschutzrechtliche Anordnungen zugunsten der Nachbarschaft traf. Ihre hiergegen gerichtete Klage vom 21. März 2016 (M 8 K 16.1368) nahm die Klägerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 zurück.

Am ... März 2016 reichte die Beigeladene bei der Beklagten einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... Januar 2014 ein. Gegenstand dieses Änderungsantrags war eine geänderte Betriebsbeschreibung vom 22. Februar 2016, mit der eine Erweiterung der Öffnungszeiten (dienstags und mittwochs 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr, donnerstags bis samstags 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr, sonntags 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr) begehrt wurde. Zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude ...-straße 44 befindliche Wohnnutzung sah der Änderungsantrag schalltechnische Maßnahmen entsprechend den ausdrücklich in der Betriebsbeschreibung in Bezug genommenen schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016 vor. Diese sahen neben bauakustischen Maßnahmen insbesondere einen maximalen Innenpegel der Musikdarbietungen von 95 dB(A) vor, unter dessen Einhaltung die Beigeladene verlässlich von einer Vermeidung unzumutbarer Schalleinwirkungen auf die Nachbarbebauung ausging.

Parallel dazu reichte die Beigeladene, ebenfalls unter dem ... März 2016, einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... August 2015 bei der Beklagten ein. Gegenstand dieses Änderungsantrags war eine geänderte Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 in der Fassung vom ... Mai 2016, mit der für die geplante Schank- und Speisewirtschaft mit Bar sowie mit regelmäßigen Kunst- und Musikdarbietungen („Erlebnisgaststätte“) - neben verschiedenen baulichen Modifikationen (Küche im Erdgeschoss, Foodstand im Untergeschoss, Veränderung der Zahl und Anordnung der Gast(sitz)plätze) - die Zulassung erweiterter Öffnungszeiten (dienstags und mittwochs 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr, donnerstags bis samstags 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr, sonntags 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr) begehrt wurde. Zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude ...-straße 44 befindliche Wohnnutzung sah der Änderungsantrag schalltechnische Maßnahmen entsprechend den auch zu diesem Änderungsantrag ausdrücklich im Bezug genommenen schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016 vor.

Mit streitbefangener Änderungsgenehmigung vom ... April 2016, der Klägerin zugestellt am ... April 2016, erteilte die Beklagte unter Bezugnahme auf die Regelungen der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 und des Nachgangsbescheids vom ... April 2016 die beantragte Baugenehmigung.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2016, bei Gericht eingegangen am 19. April 2016, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt,

die Baugenehmigung vom ... April 2016 aufzuheben.

Mit Schriftsätzen vom 28. August 2016, 18. November 2016 und 23. November 2016 trugen die Klägerbevollmächtigten im Wesentlichen vor, das Vorhaben verstoße gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin. Es handele sich um eine maßgeschneiderte Baugenehmigung für eine im Geviert unzulässige Vergnügungsstätte. Die nähere Umgebung des Vorhabens entspreche hinsichtlich der Nutzungsstrukturen am ehesten einem allgemeinen Wohngebiet. Wegen der von ihm ausgehenden Lärmimmissionen verletze das Vorhaben das Rücksichtnahmegebot. Die erteilte Baugenehmigung erweise sich in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt, da ihr nicht entnommen werden könne, ob das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Bauvorhabens auf das benachbarte Grundstück der Klägerin gewahrt werde. Auch die Betriebsbeschreibung erweise sich als unbestimmt. Auch sei das Vorhaben abstandsflächenrechtlich unzulässig.

Die Beigeladene (vgl. Beschluss vom 20. April 2016) nahm mit Schriftsätzen ihrer Bevollmächtigten vom 14. Oktober 2016 und 18. November 2016 zur Sache Stellung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, bei der Umgebungsbebauung handle es sich um eine Gemengelage. Bei dem Vorhaben handle es sich nicht um eine Vergnügungsstätte, sondern um einen schwerpunktmäßig gastronomisch aus-gerichteten Betrieb. Auch verstoße das Vorhaben nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. In lärmtechnischer Hinsicht seien in der streitbefangenen Änderungsgenehmigung in Verbindung mit der Ausgangsgenehmigung sowie in der Betriebsbeschreibung eine Vielzahl von Maßnahmen enthalten, die einen adäquaten Schutz der Klägerin bzw. der jeweils vermeintlich betroffenen Sondereigentümer sicherstellten. Dies ergebe sich insbesondere aus den schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016. Zudem sei auf die Stellungnahme des Büros ... vom ... Februar 2016 zu verweisen. Die erteilte Baugenehmigung erweise sich hinsichtlich der Betriebsmodalitäten sowie der vorzunehmenden Maßnahmen des Schallschutzes auch als hinreichend bestimmt. Das Vorhaben werfe hinsichtlich der Klägerin keine abstandsflächenrechtlich relevanten Fragen auf.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016 legte die Beklagte die Behördenakten vor, nahm zur Sache unter Vorlage von Messberichten vom ... Oktober 2016 Stellung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin komme eine Nachbarrechtsverletzung auf-grund des Gebietserhaltungsanspruchs vorliegend nicht in Betracht. Es handele sich um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Das Vorhaben sei als Gaststätte und nicht als Vergnügungsstätte einzuordnen, da der Schwerpunkt der genehmigten Nutzung noch innerhalb der Variationsbreite einer Schank- und Speisewirtschaft liege. Eine solche verliere durch das Abspielen von Musik und durch gelegentliche DJ-Veranstaltungen sowie einzelne, auch regelmäßige, Tanzveranstaltungen nicht ihren Charakter als Schank- und Speisewirtschaft. Dies gelte auch für die streitbefangene „Erlebnisgaststätte“. Auch erweise sich die Baugenehmigung nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt. Aus der Baugenehmigung, den Planunterlagen sowie der zugehörigen Betriebsbeschreibung ergebe sich die konkrete Ausgestaltung der beabsichtigten Nutzung. Insbesondere ließen sich den genehmigten Unterlagen die genauen Öffnungszeiten, das Betriebskonzept und die im Hinblick auf die Gewährleistung einer effektiven Einhaltung der festgesetzten Lärmwerte notwendigen Maßnahmen entnehmen. Auch erweise sich das Vorhaben nicht als rücksichtslos. Die vorgelegten Messergebnisse zeigten, dass der einzuhaltende Nachtwert von 25 dB(A) nicht überschritten werde. Zudem entspreche das Vorhaben dem Abstandsflächenrecht. Mit Schreiben vom 17. November 2016 äußerte sich die Beklagte unter Vertiefung des bisher Ausgeführten nochmals zur Sache.

Das Gericht hat am 28. November 2016 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augen-scheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tage, namentlich der dort abgegebenen übereinstimmenden Erledigterklärung im Verfahren zur Ausgangsbaugenehmigung vom ... Januar 2004 in Gestalt des Nachgangsbescheids vom ... Februar 2016 (M 8 K 16.1794), wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in den weiteren zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren M 8 K 15.3370, M 8 K 16.1368, M 8 K 16.1794, M 8 K 16.2281, M 8 SN 15.4541 und M 8 E1 16.281 sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Die streitgegenständliche (Änderungs-)Baugenehmigung vom ... April 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen Verfahrensvorschriften verstößt und zudem die beim Betrieb des Lokals der Beigeladenen entstehenden Immissionen nicht wirksam auf ein für die Klägerin zumutbares Maß begrenzt sind.

1. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen bauordnungsrechtliche Verfahrensvorschriften (Art. 64 Abs. 2 Satz 1 Bayerische Bauordnung - BayBO - i. V. m. §§ 1 ff. Bauvorlagenverordnung - BauVorlV -; Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO) und auch gegen das Gebot hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit der Baugenehmigung i. S. d. Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVfVfG).

Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei für den vorliegenden Fall in verordnungsrechtlicher Konkretisierung aus §§ 1, 3 BauVorlV und den in der letztgenannten Vorschrift in Bezug genommenen Regelungen des dritten Teils der Bauvorlagenverordnung. Mit diesen Formvorschriften für den Bauantrag korrespondiert unmittelbar die Bestimmung des Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO. Danach ist die Baugenehmigung dem Antragsteller - hier also der Beigeladenen - mit einer Ausfertigung der mit einem Genehmigungsvermerk zu versehenen Bauvorlagen zuzustellen.

In den vorgelegten Behördenakten zum Änderungsantrag Plannr. ... sind zwar eine Bauzeichnung vom ... März 2015 sowie ein dazugehöriger Lageplan als Planunterlage i. S. d. §§ 7, 8 BauVorlV enthalten. Allerdings finden sich dort entgegen Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO keine mit einem Genehmigungsvermerk versehen Bauvorlagen zur Genehmigung vom... April 2016.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und mit ihm die erkennende Kammer gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Nachbar zwar keinen materiellen Anspruch darauf hat, dass der Bauantragsteller einwandfreie Bauvorlagen einreicht, die Baugenehmigung aber dann aufzuheben ist, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 5.12.2001 - 26 ZB 01.1775 - juris Rn. 11 m. w. N.; aktuell z. B. VG München, U. v. 26.9.2016 - M 8 K 15.3757 - juris Rn. 45). Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zugrunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (BayVGH, U. v. 28.6.1999 - 1 B 97.3174 - juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte der Klägerin begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U. v. 28.6.1999 - 1 B 97.3174 - juris Rn. 16; B. v. 5.12.2001 a. a. O. juris Rn. 11 m. w. N.; Lechner in: Simon/Busse, BayBO Stand August 2016, Art. 68 Rn. 472 m. w. N.).

Zudem verlangt auch das Bestimmtheitsgebot (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Baumaßnahmen und Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften auszuschließen und - zusätzlich - wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat (vgl. VG München, a. a. O. juris Rn. 46).

Diesen Verfahren- und Formvorschriften ist vorliegend nicht genügt. Erst aus der beim Altakt Plannr. ... befindlichen und mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Planunterlage zur Baugenehmigung vom ... Januar 2004 in Gestalt des Nachgangsbescheids vom ... Februar 2016 lässt sich - in Verbindung mit der genehmigten und auch mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 im gegenständlichen Verfahren - der genehmigte Umfang des streitigen Vorhabens der Beigeladenen in den von ihr genutzten Räumen im Anwesen ...-straße 42 entnehmen. Die Kaskade der für das Vorhaben der Beigeladenen - auch parallel - beantragten und von der Beklagten erteilten, teilweise aufeinander aufbauenden, teilweise aber auch wieder erheblich voneinander abweichenden Baugenehmigungen (Bau-, Nachgangs- und Änderungsgenehmigungen vom ... Januar 2004, vom ... Februar 2016 und - letztlich hier streitgegenständlich - vom ... April 2016 einerseits sowie vom ... August 2015 und ... Mai 2016 andererseits) - jeweils mit ebenfalls teilweise identischen, teilweise abweichenden oder - wie hier - gar nicht vorhandenen bzw. widersprüchlichen Bauvorlagen - erweist sich bereits als solche als in erheblicher Weise uneindeutig und unklar und führt ohne eindeutige Zuordnung und Abgrenzung der entsprechenden Bauvorlagen zu- und voneinander sowie zu den zahlreichen Verwaltungsverfahren und dazu bei der Beklagten geführten Akten jedenfalls im vorliegenden Fall zur Unbestimmtheit der Bauvorlagen.

Dazu kommt, dass die zum gegenständlichen Verwaltungsvorgang der Beklagten genommene, ungenehmigte Planunterlage vom ... März 2015 anscheinend identisch ist mit der im Parallelverfahren M 8 K 15.3370 streitbefangenen Baugenehmigung vom ... August 2015 vorgelegten, dort indes undatierten aber mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Unterlage. Dies führt hinsichtlich der dort enthaltenen Darstellung einer gaststättenmäßigen Nutzung auch im Untergeschoss allerdings zu einem wiederum nicht belastbar auflösbaren Widerspruch zur Erklärung der Beigeladenen in der hier gegenständlichen Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016, wonach die Nutzung des Untergeschosses zu anderen als Lagerzwecken nicht Gegenstand des Änderungsantrags vom ... März 2016 war. Diese Aussage korrespondiert zwar ihrerseits mit der in der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 zugelassen Lagernutzung im Kellergeschoss, steht aber mit der beim gegenständlichen Verwaltungsvorgang befindlichen Bauvorlage vom ... März 2015 in erheblichem Widerspruch. Sonach erweisen sich die Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom ... April 2016 auch insoweit als unklar.

Im hier zu entscheidenden Fall der nachbarlichen Anfechtung geht die vorgenannte, jedenfalls im Rahmen einer Gesamtschau erhebliche Unklarheit bzw. Unvollständigkeit der Bauvorlagen und die damit korrespondierende Unvollständigkeit der streitigen Baugenehmigung zulasten des Bauherrn und der Genehmigungsbehörde. Dies deswegen, weil es sowohl Obliegenheit der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Amtsermittlung (Art. 24 BayVwVfG) als auch solche der Beigeladenen als Bauherrin im Rahmen ihrer Mitwirkung am Verwaltungsverfahren (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) gewesen wäre, vollständige, unzweideutige und im Einzelnen auch nachprüfbare und aus sich selbst heraus ausreichend schlüssige Bauvorlagen einzureichen bzw. der Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung zugrunde zu legen (vgl. Gaßner in: Simon/Busse, a. a. O. Art. 64 Rn. 80; VG München, U. v. 11.4.2016 - M 8 K 15.597 - juris Rn. 22). Dies entspricht im Übrigen auch der normativen Wertung, die § 13 BauVorV für das Baugenehmigungsverfahren zu entnehmen ist.

Mithin verstößt die aufgrund fehlender und zudem auch widersprüchlicher Bauvorlagen erteilte Baugenehmigung vom 12. April 2016 schon aus Gründen des hier ausnahmsweise drittschützenden Verfahrensrechts gegen Rechte der Klägerin.

2. Das streitgegenständliche, bauplanungsrechtlich nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilenden Vorhaben verstößt gegen das in dieser Vorschrift enthaltene, die Klägerin als Nachbarin schützende Rücksichtnahmegebot. Es fügt sich nicht im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein bzw. erweist sich als rücksichtlos, weil damit zu rechnen ist, dass die Klägerin durch vom klägerischen Betrieb ausgehende Geräusche unzumutbar belästigt wird. Der Schutz der Klägerin wird durch die Nebenbestimmungen der streitbefangenen Bau-genehmigung und die Maßgaben der Betriebsbeschreibung der Beigeladenen nicht ausreichend gewährleistet. Es wird dadurch nicht hinreichend belastbar sichergestellt, dass die Immissionen wirkungsvoll auf ein für die Klägerin zumutbares Maß begrenzt werden.

Die Zumutbarkeitsgrenzen für Lärmimmissionen sind zwar im streitbefangenen Be-scheid grundsätzlich in Gestalt verschiedener Auflagen zutreffend festgelegt. Es er-weist sich aber nicht als gesichert, dass diese Grenzen von der Beigeladenen auch tatsächlich eingehalten werden (können). Vor allem genügt es unter den gegebenen Umständen nicht, für den Betrieb des Lokals der Beigeladenen lediglich vorzuschreiben, dass die maßgeblichen Richtwerte, insbesondere nach Nr. 6.2 der TA Lärm nicht überschritten werden dürfen und dazu verschiedene - zudem überwiegend eher allgemein gehaltene - Auflagen zu verfügen. Angesichts der Geräuschbelastung, die bei der nach der streitigen Genehmigung zulässigen umfangreichen Nutzung des Lokals während der Nachtzeit - namentlich donnerstags bis samstags jeweils bis 5.00 Uhr morgens - zu erwarten ist, hätte es jedenfalls für diese Zeit weiterer, den Betrieb und von ihm auf das klägerische Anwesen ausgehende Geräuschimmissionen konkret und ausreichend wirksam einschränkender Nebenbestimmungen bedurft, um verlässlich zu gewährleisten, dass die vorgesehenen Begrenzung der Immissionen letztlich nicht nur „auf dem Papier“ steht.

3. Die streitbefangene Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 Bayerische Bauordnung - BayBO -), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vor-habens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört.

3.1 Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich das Vorhaben bauplanungs-rechtlich nach § 34 BauGB beurteilt. Das mit der streitgegenständlichen Baugeneh-migung zugelassene Bauvorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht allerdings gegen das in § 34 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot und damit gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren. Das Rücksichtnahmegebot ist vorliegend jedenfalls - auch bei einer hier wohl vorliegenden Gemengelage - dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu entnehmen, wobei dessen Anforderungen mit denen des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO inhaltlich identisch sind.

3.1.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vor-haben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977, a. a. O.).

3.1.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurück-gegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503) heranzuziehen (BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG, U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die TA Lärm. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2 der TA Lärm) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 19).

3.1.3 Geht es um die Lösung einer Immissionskonfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte allerdings nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - juris Rn. 53 ff.; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Im Genehmigungsverfahren hat der Bauwerber dann nachzuweisen (vgl. auch § 1 Abs. 4 Alt. 2 BauVorlV), dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“, sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

3.1.4 Dies zugrunde gelegt, stellt die streitbefangene Baugenehmigung nicht in ausreichender Weise sicher, dass in den im Gebäude der Klägerin befindlichen betriebsfremden schutzbedürftigen (Wohn- und Schlaf-)Räume im 1. Obergeschoss der für die Nacht - unabhängig von der Gebietsart nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst a bis f der TA Lärm - geltende Immissionsrichtwert von 25 dB(A) nach Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm eingehalten werden kann (vgl. dazu grundsätzlich zutreffend Auflage Nr. 1 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Nr. 1 des Nachgangsbescheids vom 24.2.2016). Die durch den Betrieb der Beigeladenen innerhalb von Gebäuden herrührenden Geräusch- bzw. Körperschallübertragungen werden weder durch die Maßgaben der Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 noch durch die Nebenbestimmungen der streitbefangenen Baugenehmigung in solcher Art und Weise begrenzt, dass die Einhaltung des nächtlichen Immissionsrichtwerts nach Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand des Lokals der Beigeladenen, also auch im Falle seiner Maximalauslastung in der Nachtzeit, d. h. von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr (vgl. zu den Beurteilungszeiten Nr. 6.4 der TA Lärm), ausreichend verlässlich gewährleistet ist.

3.1.4.1 Grundsätzlich zutreffend verfügt die streitbefangene Baugenehmigung im Wege der Nebenbestimmung nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG) zwar insbesondere die Geltung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 der TA Lärm (vgl. Auflage Nr. 1 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Nr. 1 des Nachgangsbescheids vom ...2.2016). Allerdings zeigt sich trotz der von der Beigeladenen zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude der Klägerin befindliche Wohnnutzung erforderlich gehaltenen bauakustischen/schalltechnischen Maßnahmen (vgl. Betriebsbeschreibung vom ...2.2016 i. V. m. der schalltechnischen Stellungnahme des Büros ... vom ...2.2016 und ...3.2016) und der verfügten Nebenbestimmung (vgl. Auflage Nr. 1 des streitbefangenen Baugenehmigung), dass (auch) damit eine Verhinderung ton- bzw. informationshaltiger Geräusche an den relevanten Immissionsorten im Anwesen der Klägerin (vgl. Nr. 3 des streitbefangenen Bescheids) nicht verlässlich sichergestellt werden kann.

Das von der Beigeladenen beauftragte Büro ... geht davon aus, ein Informations-zuschlag müsse dann vergeben werden, wenn das Schallereignis zusätzlich eine Information beinhalte. Geräusche aus einer Gaststätte rechtfertigten keinen Informationszuschlag, nur weil eine Zuordnung zur Gaststätte hergestellt werden könne. Sei neben dem Takt eines Liedes auch die Melodie erkennbar, so sei ein Informationszuschlag gerechtfertigt und müsse vergeben werden (vgl. Schreiben vom ...2.2016, S. 2). Welche konkreten Konsequenzen hieraus bei der schalltechnischen Begutachtung allerdings im Einzelnen gezogen wurden, lässt sich jedoch weder der Stellungnahme vom ... Februar 2016 noch dem Schreiben vom ... Februar 2016 noch der weiteren Stellungnahme vom ... März 2016 entnehmen. Einerseits wird im Schreiben vom ... Februar 2016 nämlich ausgeführt, es werde pauschal ein Informationszuschlag von 3 dB(A) trotz fachlicher und rechtlicher Bedenken berücksichtigt, andererseits ist im Schreiben vom ... Februar 2016 davon die Rede, ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit erfolge, soweit notwendig.

Die Beklagte hat den Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit bei ihren nach Aktenlage zuletzt durchgeführten Messungen am ... Oktober 2016 - anders noch als in den Messungen vom ... November 2015 (vorgelegt in Anlage zum Schreiben vom ...12.2015 im Verfahren M 8 SN 15.4541) - ausdrücklich nicht berücksichtigt. Sie führt dazu aus, die Musikgeräusche aus der Gaststätte der Beigeladenen, in der am Tag der Messung offensichtlich kein nennenswerter Betrieb vorgeherrscht hatte, seien am jeweiligen Immissionsort zwar hörbar gewesen, jedoch nicht besonders hervortretend. Tieffrequentierte Geräusche (Bässe) seien auffälliger gewesen, rechtfertigten jedoch keinen Tonhaltigkeitszuschlag. Damit setzt sich die Beklagte in einen nicht aufgelösten fachlichen Widerspruch zu ihren früheren Aussagen zur Berücksichtigung (deutlich) wahrnehmbarer Bässe im Rahmen der Zuschlagsvergabe nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm.

Wenn die Beigeladene in ihrer ausdrücklich zum Gegenstand der Betriebsbeschreibung gemachten schalltechnischen ...-Stellungnahme vom ... Februar 2016 davon ausgeht, ein Zuschlag für Informationshaltigkeit nach Nr. A.3.3.5 des TA Lärm sei pauschal i. H. v. 3 dB(A) berücksichtigt, macht sie zudem bereits selbst, gerade mit Blick auf das weitere ...-Schreiben vom ... Februar 2016, einen schalltechnisch nicht ausreichend verlässlich bestimmbaren bzw. begrenzten Betriebsumfang zum Bauantragsgegenstand. Bereits aus diesem Grunde erweist sich die vorgelegte Betriebsbeschreibung für die Darstellung eines realistischen Lokalbetriebs nicht als ausreichend.

Bei einer Gesamtschau der Aussagen der Beigeladenen zur Beschreibung ihres Betriebs und den Bewertungen der Messungen der Beklagten ist mithin festzustellen, dass dort kein hinreichend bestimmtes und realistisches Betriebsgeschehen zugrunde gelegt wurde, so dass sich die vorhabenbedingten Immissionsbelastungen der Klägerin schon vor diesem Hintergrund nicht als ausreichend konservativ bemessen („auf der sicheren Seite liegend“) und verlässlich dargestellt erweisen. Vielmehr wäre es notwendig gewesen, die vorhandenen Unsicherheiten bei einer - wie hier - unklaren Erkenntnislage zur Wahrnehmbarkeit und Intensität potentiell lästiger bzw. störender Bässe - durch entsprechende Sicherheitszuschläge nach Nr. A.3.3.5 der Anlage zur TA Lärm, auszugleichen.

3.1.4.2 Auch genügt die streitige Baugenehmigung nicht in ausreichender Weise dem Zuschlagssystem der TA Lärm.

Ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit eines Geräuschs ist nach den normkonkretisierenden Bestimmungen der TA Lärm dann geboten, wenn ein oder mehrere Töne hörbar hervortreten (Hansmann in: Landmann/Rohmer, Stand Mai 2016, TA Lärm, Anhang 3.3.5). Die TA Lärm enthält keine abschließenden Festlegungen, sondern umschreibt sie im Anhang unter Nr. A.2.5.2 und A.3.3.5 lediglich begrifflich.

Tonhaltigkeit erfasst dabei eine durch das Hervortreten einzelner Töne gekennzeichnete Auffälligkeit von Geräuschen. Sie war in Abschnitt 2.422.3 der TA Lärm 1968 noch mit den Worten „z. B. brummende, heulende, singende, kreischende und pfeifende Töne" umschrieben. Dementsprechend können als tonhaltig solche Geräusche bezeichnet werden, die lautmalerisch darstellbar sind und/oder, wenn der konkrete Geräuschverursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeter, Stand 2014, TA Lärm, Anhang A.3 Rn. 13). Zu diesen durch den maßgeblichen Höreindruck zumeist deutlich identifizierbaren lästigen Komponenten tritt die von der TA Lärm nicht weiter umschriebene Informationshaltigkeit hinzu. Auch hierbei geht es, wie aus den Regelungen in A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm folgt, um ein auffälliges Geräuschgeschehen (etwa einer Außengastronomie oder einer Musikveranstaltung). Gemeinsames Kennzeichen der mit den Zuschlägen für Ton- und Informationshaltigkeit erfassten Lästigkeitskomponenten ist damit das Merkmal der Auffälligkeit. Wenn und soweit objektiv als lästig empfundene Komponenten aus dem übrigen Lärmgeschehen auffällig hervortreten, weil sie deutlich wahrnehmbar sind und eine besondere Störwirkung entfalten, soll der damit verbundenen Lästigkeit für den Menschen bei der Beurteilung nach der TA Lärm durch Zuschläge Rechnung getragen werden. Dies führt nach A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm bei der Ton- und Informationshaltigkeit im Ergebnis dazu, dass die in die Beurteilung einfließende Intensität der lästigen Geräuschkomponente so behandelt wird, als wäre die Geräuschquelle verdoppelt (3 dB(A)) bzw. sogar vervierfacht (6 dB(A); vgl. OVG NRW, U. v. 18.2.2013 - 2 A 2135.11 - juris Rn. 71 ff.).

Auch wenn die Vergabe der Zuschläge dabei in Abhängigkeit von der subjektiven gutachterlichen Wahrnehmung festgelegt wird, wobei auch Erfahrungswerte von vergleichbaren Anlagen zu berücksichtigen sind, sofern diese vorliegen (vgl. A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm), führt dies vorliegend dazu, dass der Betrieb der Beigeladenen ton- bzw. informationshaltige Schallimmissionen jedenfalls in den Wohnungen im 1. Obergeschoss des klägerischen Anwesens hervorruft. Ausweislich der Messberichte der Beklagten vom ... Oktober 2016 waren in beiden Wohnungen Musikgeräusche aus der Schank- und Speisewirtschaft der Beigeladenen hörbar, wenn auch nicht besonders hervortretend. Zudem war nach den Feststellungen des Lärmgutachters der Beklagten die beim üblichen Betrieb auftretende Lärmsituation nicht gegeben. Bässe waren dabei auffälliger wahrnehmbar. Dabei ergaben sich an den relevanten Immissionsort Messwerte des nächtlichen Beurteilungspegels von 22,7 dB(A) und 22,9 dB(A). Obwohl eine eindeutige Zuordnung der Bässe zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich war - und dort im Übrigen auch nur eine mäßige Betriebsauslastung festzustellen war, wurde von der Vergabe des (Mindest-)Zuschlags von 3 dB(A) für Ton- und Informationshaltigkeit nach Nr. A.3.3.5 der TA Lärm abgesehen. Im Falle der Vergabe dieses Zuschlags hätte sich an beiden relevanten Immissionsorten eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwerts von 25 dB(A) i. S. d. Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm ergeben. Es kann damit auch unter Berücksichtigung der Beschränkung des von der Beigeladenen vorgesehenen Maximalpegels der Musikanlage des Lokals der Beigeladenen auf 95 dB(A) sowie auch unter Einbeziehung der weiteren bauakustischen Schutzmaßnahmen, wie sie in der schalltechnischen Stellungnahme vom ... März 2016 im Einzelnen beschrieben sind und zudem (teilweise) auch Gegenstand der Auflagen der streitbefangenen Baugenehmigung sind, nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben die erforderliche Rücksichtnahme auf die nächtliche Wohnruhe des benachbarten Anwesens der Klägerin nimmt. Die Beigeladene hat es verabsäumt, die Unsicherheiten der vom Betrieb ihres Lokals ausgehenden Geräuschimmissionen durch entsprechende Sicherheitszuschläge und bauliche Maßnahmen der Schallentkoppelung verlässlich auszugleichen. Dies hat die Beklagte im streitbefangenen Bescheid nicht korrigiert. Damit konnte von der Beigeladenen nicht der notwendige Nachweis geliefert werden, dass sie mit ihrem Betrieb bauakustisch und schalltechnisch „auf der sicheren Seite liegt“. Zudem verstößt sie damit auch gegen die von der Beklagten verfügte Auflage Nr. 4 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Auflage Nr. 1.8 der Baugenehmigung vom ... August 2015, wonach die Geräusche der Musikdarbietungen an den Immissionsorten nicht informations- oder tonhaltig sein dürfen.

Dies wird vom schalltechnischen Bericht des von der Klägerin beauftragten Büros ...-... GmbH vom ... November 2016 bestätigt. Dieses stellt unter Zugrunde-legung der aus Sicht dieses Büros notwendigen Zuschläge nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwerts nach Nr. 6.2 der TA Lärm um bis zu 1,9 dB(A) fest.

Nach Auffassung der Kammer geht ...-... dabei zutreffend davon aus, dass die in die schutzbedürftigen Räume des 1. Obergeschoss des klägerischen Anwesens übertragenen Schallanteile der Musikdarbietungen in den Räumen der Beigeladenen in einer Weise informationshaltig sind, dass dies die Vergabe eines Zuschlags nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm rechtfertigt. Kontinuierlich durchlaufende Bässe und rhythmische Schläge der klägerischen Musikdarbietungen in schutzbedürftigen Räumen sind in diesem Sinne als zuschlagsrelevante Schallkomponenten zu qualifizieren, wenn sie - wie hier - ausreichend deutlich wahrnehmbar sind und eine besondere Störwirkung entfalten. Aufgrund der damit verbundenen überdurchschnittlichen Lästigkeit für Menschen, die sich insbesondere während der Nachtzeit in schutzbedürftigen Räumen i. S. d. Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm i. V. m. DIN 4109 aufhalten, ist es nach Auffassung der Kammer nicht notwendig, dass daneben (auch) eine Melodie der klägerischen Musikdarbietungen erkennbar ist.

Die der streitbefangenen Baugenehmigung zugrundeliegenden schalltechnischen Untersuchungen und Auskünfte des von der Beigeladenen beauftragten Büros ... vom ... und ... Februar 2016 sowie vom ... März 2016 erweisen sich sonach insgesamt als nicht ausreichend aussagekräftig und rechtfertigen daher auch nicht die von der Beklagten im Genehmigungsverfahren - unter der Anordnung von etlichen, bislang zudem nicht nachweisbar vollzogenen Nebenbestimmungen (Sitzungsniederschrift vom 28.11.2016, S. 21) - angestellte Prognose, die Klägerin werde durch den Betrieb der Beigeladenen nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Aus Sicht der Kammer wäre es insbesondere notwendig gewesen, unter konkreter Berücksichtigung der bauakustischen Gegebenheiten der Anwesen ...-straße 42 und 44 (einschließlich der Maßnahmen in der ...-Stellungnahme vom ...3.2016 und deren abschirmender Leistungsfähigkeit) die Musikanlage so einzubauen, einzumessen und abzuregeln, dass die Geräusche der Musikdarbietungen an den maßgeblichen Immissionsorten die hier insbesondere maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 der TA Lärm auch einhalten. Bislang wurde, weder nach Aktenlage noch nach dem Vortrag der Beteiligten, ein ausreichend konservativ bemessener maximal zulässiger Innenpegel ermittelt und auch verbindlich festgelegt. Der von der Beigeladenen herangezogene Maximalpegel von 95 dB(A) ist hierzu ausweislich der zwischenzeitlichen messtechnischen Feststellungen der Klägerin und auch der Beklagten ebenso wenig ausreichend wie die Umsetzung der baulichen Schallschutzmaßnahmen (vgl. ...-Schreiben vom ...2 und ...3.2016). Entgegen der dort ausdrücklich vertretenen Auffassung der Gutachter der Beigeladenen kann bis dato gerade nicht davon die Rede sein, dass mit diesen bauakustischen Maßnahmen und der Einhal-tung des maximalen Innenpegels von 95 dB(A) unzumutbare Schalleinwirkungen auf die Wohnungen im Anwesen der Klägerin auszuschließen sind. Es wäre aus Sicht der Kammer vorliegend vielmehr insbesondere notwendig gewesen, Musikdarbietungen in den Räumen der Beigeladenen ausnahmslos nur als Hintergrundbeschallung zuzulassen - dies vor allem auch mit Blick auf die Genehmigung als Schank- und Speisewirtschaft, ausdrücklich aber gerade nicht als Vergnügungsstätte - und diese zudem zu verpflichten, sie auf einen entsprechenden - wie vorstehend ausgeführt schalltechnisch belastbar ermittelt und ausreichend konservativ bemessenen - reduzierten maximalen Innenpegel dauerhaft und nachweisbar dokumentiert abzuregeln und hierüber auch einen unabhängigen, sachverständigen oder fachbehördlichen Nachweis einzufordern. Die Regelungen im streitbefangenen Bescheids i. V. m. der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 und dem Nachgangsbescheid vom ... Februar 2016 sind hierzu nicht ausreichend.

Auch hätte es nach Auffassung der Kammer nahegelegen, wenn die Beklagte die Aufnahme des Betriebs im Lokal der Beigeladenen jedenfalls zur Nachtzeit im Sinne einer aufschiebenden Bedingung davon abhängig gemacht hätte, dass sämtliche bauakustischen und schalltechnischen Maßnahmen von der Beigeladenen vollständig umgesetzt werden und hierüber sowie zur ausreichenden Abschirmungswirkung ein entsprechender, unabhängiger sachverständiger oder fachbehördlicher Nachweis erbracht wird. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch festzustellen, dass es die Beklagte nach eigener Aussage bislang unterlassen hat, zu überprüfen, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung auch tatsächlich bauakustisch und schallschutztechnisch umgesetzt worden ist (vgl. Sitzungsniederschrift vom 28.11.2016, S. 21).

3.2 Erweist sich nach dem vorstehend Ausgeführten die streitbefangene Baugenehmigung bereits wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme als nachbarrechtsverletzend, bedarf es keiner streitigen Entscheidung mehr zu der Frage, ob die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen (vgl. dazu die Feststellungen im Augenscheintermin vom 28.11.2016) als faktisches Mischgebiet oder als Gemengelage zu qualifizieren und welche Folge hieraus mit Blick auf den - im Falle der Annahme eines faktischen Baugebiets inmitten stehenden und drittschützenden - Gebietserhaltungsanspruch abzuleiten ist. Die Annahme eines faktischen Mischgebiets dürfte allerdings schon im Hinblick auf den überwiegenden Wohnanteil im Quartier problematisch sein. Erschwerend für dessen Annahme kommt hinzu, dass die Beklagte im bauaufsichtlichen Vollzug die kaum verschleierten diskothekenartigen bzw. -ähnlichen Nutzungen in der näheren Umgebung, namentlich in den nach Angaben der Beklagten lediglich als Gaststätten genehmigten Lokalen ... und ... bislang duldet (vgl. dazu Vermerk der Beklagten vom ...2.2016 und ihre Erklärung im Augenscheintermin und der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2016, Sitzungsniederschrift S. 8 und 21). Denn § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB stellt auf die tatsächlich vorhandene Bebauung und deren Nutzung ab, so dass es zunächst nicht darauf ankommt, ob diese genehmigt ist oder nur in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständige Behörde mit ihrem Vorhandensein abgefunden hat.

Ebenfalls nicht abschließend zu entscheiden ist über die Frage nach der Einordnung der Art der Nutzung des Lokals der Beigeladenen entweder als Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik oder als Vergnügungsstätte (diskothekenähnliche/-artige Nutzung; vgl. aktuell Decker in: Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 4a BauNVO Rn. 18 und 20 m. w. N.). Wie allerdings bereits im Beschluss vom 16. Dezember 2015, M 8 SN 15.4541, ausgeführt, spricht nach Auffassung der Kammer aufgrund von Art und Umfang des Betriebs des Lokals der Beigeladenen und seiner nachdrücklichen Schwerpunktsetzung (auch) auf Musikdarbietungen mit erheblicher Lautstärke, gerade auch mit Blick auf die im Augenschein gewonnenen Erkenntnisse, unverändert weit Überwiegendes für eine Einstufung als Vergnügungsstätte.

Fernliegend dürfte indes mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO die Auffassung der Klägerbevollmächtigten sein, das Vorhaben widerspreche dem Abstandsflächen recht.

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom ... August 2015 (Az: ...) wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf Euro 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ...-str. 44, das mit einem viergeschossigen Gebäude bebaut ist. Im Erdgeschoss befinden sich gewerbliche Nutzungen, ab dem ersten Obergeschoss Wohnnutzungen. Mit ihrer Anfechtungsklage vom 7. August 2015 wendet sie sich gegen eine von der Antragsgegnerin der Beigeladenen unter dem ... August 2015 erteilte Baugenehmigung für das östlich angebaute Anwesen auf dem Grundstück FlNr. ..., ...-str. 42. Mit dieser wurde der Umbau einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss, Nutzungsänderung eines Lagers zu einem Gastraum und einer Ausstellungsfläche im Untergeschoss befristet bis zum 30. April 2018 genehmigt.

In der Baugenehmigung wird ausdrücklich auf die Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 Bezug genommen und das Vorhaben als Sonderbau genehmigt. Die Genehmigung enthält einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt, wonach bei berechtigten und begründeten Lärmbeschwerden von Anrainern aufgrund des Betriebs der Gaststätte der Erlass zusätzlicher Lärmschutzauflagen bis hin zu einer Beschränkung der Öffnungszeit der Gaststätte sowie im Falle fortgesetzter ernsthafter Verstöße der Widerruf der Baugenehmigung vorbehalten wird. Als Begründung hierfür wird ausgeführt, es handle sich bei dem vorliegenden Gebiet um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Gründe, die gegen die Erteilung einer Genehmigung für die Gaststätte im beantragten Umfang sprächen, lägen derzeit nicht vor. Da es jedoch in ähnlichen Fällen immer wieder zu Nutzungskonflikten und berechtigten Beschwerden wegen Ruhestörung komme, werde die Genehmigung mit diesem Auflagen- und Widerrufsvorbehalt erteilt.

Zudem enthält die streitgegenständliche Baugenehmigung in den Ziffern 1.1 bis 1.16 zahlreiche Immissionsschutzauflagen. Unter anderem wurde in Ziffer 1.2 festgesetzt, dass in Wohnungen und sonstigen schutzbedürftigen Räumen, die mit den Gaststättenräumen sowie zugehörigen Betriebsräumen und -einrichtungen baulich verbunden sind, die nachstehenden Richtwerte nicht überschritten werden dürfen:

tagsüber 35 dB(A) (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr),

nachts 25 dB(A) (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr).

In Ziffer 1.11 ist festgelegt, dass die Lautstärke der Musikanlage zu begrenzen ist. Die dazu erforderliche Schallpegelmessung mit Überprüfung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte in betroffenen schutzbedürftigen Räumen und Musikeinstellung ist von einem anerkannten Sachverständigen umgehend vornehmen zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2015, bei Gericht am 13. Oktober 2015 eingegangen, beantragen die Bevollmächtigten der Antragstellerin:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom ... August 2015, Az: ..., wird angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben verstoße voraussichtlich gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Gehe es um die Lösung eines Immissionskonflikte, reiche es zwar in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben werde, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris). Überschritten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Emissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genüge es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr müsse die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002, BayVBl. 2003, 503).

Die Bewohner des klägerischen Anwesens seien während der Öffnungszeiten des bereits in Betrieb genommenen Vorhabens ständig unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt. Diese würden von einem fortlaufenden Pochen und Klopfen, verursacht durch die Musikanlage, insbesondere während der Nachtzeit empfindlich gestört. Das „Rhythmuspochen“ in der Kommunwand sei so intensiv, dass dies den Bewohnern den Schlaf raube. Auch in der Vergangenheit durchgeführte Dämmversuche hätten keinen durchgreifenden Erfolg erzielt. Dies sei der Antragsgegnerin auch mit Schreiben vom 7. August 2015 mitgeteilt und beantragt worden, hiergegen unverzüglich einzuschreiten.

Grundsätzlich sei es Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien einhalte. An die vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien seien hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall „auf der sicheren Seite“ liegen müsse (OVG NRW, B. v. 26.2.2003 - 7 B 2434/02 - juris). Einen solchen Nachweis habe der Bauherr im Genehmigungsverfahren nicht erbracht, eine Überschreitung der für die Antragstellerin noch zumutbaren Richtwerte sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Insbesondere befasse sich weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene mit den in Nr. 7.3 TA Lärm i. V. m. Nr. A.1.5 angesprochenen tieffrequenten Geräuschen. Es lasse sich daher nicht feststellen, ob die nach der DIN 45680 („Messung und Bewertung tieffrequenter Geräusche in der Nachbarschaft“) maßgeblichen Anhaltswerte eingehalten würden. Da deren Vorgaben grundsätzlich den Gehalt der Rücksichtnahme konkretisierten, hätten die Antragsteller einen Anspruch darauf, dass die nach der DIN 45680 maßgeblichen Anhaltswerte beim Betrieb des Vorhabens eingehalten würden (VG Minden, U. v. 17.3.2005 - 9 K 1894/04 - juris). Gerade tieffrequente Geräuschimmissionen führten in der Nachbarschaft auch dann zu Klagen und Beschwerden, wenn die im Übrigen anzuwendenden Beurteilungskriterien nach der TA Lärm eingehalten würden, da die Wahrnehmung und Wirkung tieffrequenter Geräusche deutlich von der Wahrnehmung und Wirkung mittel- oder hochfrequenter, schmal- oder breitbandiger Geräusche abweiche. Insbesondere zu Zeiten, wenn andere Geräuschbelastungen niedrig seien, könnten tieffrequente Geräusche im Wohnbereich zu erheblichen Belästigungen führen, auch wenn sie gerade eben wahrgenommen würden (Umweltbundesamt, Wissenswertes über tieffrequenten Schall - Messungen und Bewertungen tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft - DIN 45680, Stand: 12.8.2008). Im vorliegenden Fall sei die Begutachtung der tieffrequenten Geräusche unerlässlich. Die basshaltige Musik, somit die tieffrequenten Geräusche, würden allein durch den Discobetrieb im Anwesen der Beigeladenen hervorgerufen. Dieser finde bis in die frühen Morgenstunden statt, d. h. in einer Zeit, in der das Ruhebedürfnis besonders ausgeprägt sei. Dieser Umstand falle besonders deshalb ins Gewicht, weil die Situation in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks der Antragsteller von Wohnnutzung und lediglich solchen gewerblichen Nutzungen (Büros, Hotels etc.) geprägt werde, von denen zur Nachtzeit keine vergleichbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgingen. Vor diesem Hintergrund sei im Übrigen auch zweifelhaft, ob der der Antragstellerin im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung der für ein Mischgebiet zulässige Immissionsrichtwert von nachts bis zu 45 dB(A) überhaupt zuzumuten sei, oder ob aus Gründen der Rücksichtnahme nicht vielmehr von vornherein von einem etwas niedrigeren Richtwert ausgegangen werden müsse. Aufgrund der vorgefundenen baulichen Verhältnisse könne es zu „unerwünschten Hohlraumresonanzen“ kommen, eine weitergehende Untersuchung habe diesbezüglich nicht stattgefunden.

Abgesehen davon sei das Vorhaben auch bauplanungsrechtlich unzulässig. Die nähere Umgebung entspreche einem faktischen Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, in dem das streitgegenständlichen Vorhaben als kerngebietstypische Vergnügungsstätte unzulässig sei. Alleine durch die Genehmigung dieser gebietswidrigen Nutzung würde die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, da ihr ein nachbarschützender Gebietsgewährleistungsanspruch zustehe. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO seien in den Teilen eines Mischgebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt würden, lediglich Vergnügungsstätten zulässig, die nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig seien. Vorliegend handle es sich schon nicht um eine Schank- oder Speisewirtschaft, vielmehr handle es sich um eine Diskothek. Es stehe nicht die Bewirtung mit Speisen und Getränken im Vordergrund, sondern ein Barbetrieb und die Unterhaltung der Gäste mittels Tonträgern und einer von einem DJ dargebotenen Musik (BVerwG, B. v. 9.10.1990 - 4 B 120.90). Der Betrieb sei wegen seines typischen Erscheinungsbildes und der mit ihm typischerweise verbundenen Störungen für die Wohnruhe einem Kerngebiet und nicht nur einem Mischgebiet zuzuordnen. Hierfür spreche insbesondere die genehmigte Betriebszeit bis ca. 5.00 Uhr an Sonn- und Feiertagen. Die Anlage spreche damit nach Art einer Nachtbar ein Publikum an, das das nächtliche Vergnügen suche. Insoweit enthalte die Baugenehmigung keine Beschränkung und sei damit für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar. Die Betriebszeiten brächten ein Mehr an Beeinträchtigungen der Wohnruhe, wie sie typischerweise von zentralen innerstädtischen Einrichtungen ausgingen und in Kerngebieten hinzunehmen seien, nicht aber in Mischgebieten, bei denen die Wohnnutzung mindestens gleichberechtigt neben die gewerbliche Nutzung trete. Betriebszeiten bis in die frühen Morgenstunden bedingten regelmäßig Störungen der Nachtruhe durch lärmendes Verhalten der Gäste im Freibereich sowie den Zu- und Abgangsverkehr. Diese Lärmbeeinträchtigungen ließen sich durch Auflagen kaum steuern (OVG NRW, B. v. 14.10.1996 - 10 A 3062/93 - juris).

Werde die Baugenehmigung keinen Bestand haben, müsse zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin verhindert werden, dass die nachbarrechtswidrigen Zustände, die durch die in Angriff genommenen Baumaßnahmen bereits geschaffen worden seien, weiter verfestigt und intensiviert würden.

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen und legte einen schalltechnischen Bericht des Akustikbüros ... und Partner vom 22. Oktober 2015 vor, aus dem sich ergebe, dass eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm für das klägerische Anwesen nicht vorliege.

Der schalltechnische Bericht erfolgte aufgrund von akustischen Messungen am 9. September 2015 in der streitgegenständlichen Bar/Gaststätte. Zur Aufgabenstellung wird ausgeführt, dass im Nachgang zu den erfolgten Umbauarbeiten in einer angrenzenden Wohnung die Lärmbelastung durch Musik ermittelt werden solle. Zu diesem Zweck wurden am 9. September 2015 Schallimmissions-Messungen in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 durchgeführt. Im Bericht solle weiterhin aufgezeigt werden, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet sei und welche passiven und aktiven Schallschutzmaßnahmen gegebenenfalls zusätzlich durchzuführen seien. Die Messungen erfolgten im Wohn- und Schlafzimmer. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde im Wohnzimmer ein maximaler Mittelungspegel von 24,5 dB(A) gemessen. Hierzu wurde gemäß A.3.3.6 TA Lärm ein Impulszuschlag von +3 dB(A) hinzugerechnet sowie ein Abschlag von -3 dB(A) auf Grundlage von Nr. 6.9 TA Lärm („Messunsicherheit“) vorgenommen. Insgesamt wird damit ein Beurteilungspegel von 25 dB(A) dargestellt. Im Schlafzimmer ergab sich ein maximaler Mittelungspegel von 22,4 dB(A), der nach Hinzurechnung des Impulszuschlags sowie Herausrechnung eines Messabschlags von 3 dB(A) einen Gesamtwert von 22 dB(A) ergibt. In der Zusammenfassung kommt der schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu dem Ergebnis, dass der mittlere Beurteilungspegel durch die Musik in der ...-str. 42 den Anforderungen aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. der TA Lärm im Wohn- und Schlafzimmer der Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 genüge. Eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die angefochtene Baugenehmigung vom ... August 2015 rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung Gebrauch machen zu können, das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiege.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei nicht der Betrieb einer Vergnügungsstätte beantragt, sondern der Umbau und die Erweiterung der bereits bestehenden Schank- und Speisewirtschaft, was die Baugenehmigung auch selbst mit dem Hinweis auf Seite 5 unter b) klarstelle. Nach der Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 solle es sich um eine Bar mit Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst sowie Theater und Varieteedarbietungen handeln, die im Untergeschoss durch einen weiteren Gastraum und durch eine Ausstellungsfläche ohne Gastronomie erweitert werden solle.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstoße nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, da sie den Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Lärmbelästigungen gewährleiste. Sie lege zahlreiche immissionsschutzrechtliche Auflage sowie einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt fest, welche einen effektiven Lärmschutz der Nachbarn gewährleisteten.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die Antragsgegnerin Lärmmessungen veranlassen wolle, Bewohner des Anwesens der Antragstellerin nachvollziehbar mit einer nicht unerheblichen Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung mit der Neueröffnung des streitgegenständlichen Clubs bis ca. Mitte November 2015 rechneten, da trotz entsprechender baulicher Maßnahmen gleichwohl das Dröhnen der Musikanlage (Basstöne) unvermindert deutlich wahrnehmbar sei.

Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 übermittelte der Bevollmächtigte der Beigeladenen einen weiteren schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 über akustische Messungen am 25. September 2015 in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes ...-str. 44. Im Flur der Wohnung wurde ein maximaler Mittelungspegel der Musik von 23,4 dB(A) gemessen. Hierzu erfolgte ein Zuschlag von +3 dB(A) als Impulszuschlag sowie ein Messunsicherheitsabschlag von -3 dB(A), so dass ein Beurteilungspegel von 23 dB(A) ermittelt wurde. In der Zusammenfassung kommt der Bericht zu dem Ergebnis, eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die vorgelegten Lärmmessungen vom 9. September 2015 bzw. 25. September 2015 für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblich seien, da sie gerade das von der Antragstellerseite monierte Dröhnen der Musikanlage, d. h. die tieffrequentierte Geräuschentwicklung nicht zum Gegenstand hätten. Die Antragsgegnerseite sei eigens darauf hingewiesen worden, gerade diese tieffrequente Geräuschentwicklung zu überprüfen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 13. November 2015 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ihren Vortrag zur Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Antragstellerin vertieft. Die Umgebungsbebauung im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB sei nach der Art der baulichen Nutzung als Allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne des § 4 BauNVO anzusehen. Dies habe die Antragsgegnerin selbst in der vorangegangenen Baugenehmigung vom ... Januar 2004 auf Seite 6 unter Hinweis für das streitgegenständliche Vorhaben bestätigt. In der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 werde für die Umgebungsbebauung „ein hoher Wohnanteil“ konstatiert. Laut Baubeschreibung sei ein Diskothekenbetrieb nicht beabsichtigt. Anhand eines Zeitungsartikels aus der ... Zeitung vom ... Dezember 2014 sei jedoch festzustellen, dass jedenfalls laute Musik über eine Anlage von einem DJ-Pult aus abgespielt werde, dass vor allem alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und auch eine Tanzfläche vorhanden sei. Bei dem Vorhaben handle es sich somit um eine den Gebietscharakter störende Vergnügungsstätte, die in einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO auch nicht ausnahmsweise zulässig sei. In einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO seien Vergnügungsstätten wie Varietees, Nacht- und Tanzbars, alle anderen Tanzlokale und -cafes nicht zulässig, auch nicht ausnahmsweise. Selbst wenn man vorliegend von einem Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO ausgehe, seien Schank- und Speisewirtschaften gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zwar allgemein zulässig, Vergnügungsstätten im Sinne von § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO aber nur in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt seien. Dies sei nach eigener Feststellung der Antragsgegnerin nicht der Fall. Unabhängig davon diene das streitgegenständliche Vorhaben nicht der Versorgung des Gebiets, weshalb es auch nicht als sonstige Schank- und Speisewirtschaft nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig wäre und angesichts der andauernden Lärmbeeinträchtigung der Antragstellerseite auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könnte, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Das Vorhaben sei jedenfalls nicht als Schank- und Speisewirtschaft im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zu qualifizieren.

Die Baugenehmigung verstoße auch gegen § 12 Abs. 2 BauNVO. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass sich ein Nachbar auch in einem faktischen Baugebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB weitergehend als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO auf die Erfüllung der durch diese Vorschrift vorgegebene Bedarfsvoraussetzung hinsichtlich der Stellplätze und Garagen berufen dürfe (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91). Die Regelung bezwecke, die ruhebedürftigen Wohngebiete davor zu bewahren, Standort lärmintensiver Parkflächen zu werden. Dieser Zweck werde vorliegend nicht erreicht. Nach der Baubeschreibung vom 23. Juni 2015 betrage die Fläche der Gasträume 278 m², nach Maßgabe der Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin wären somit 30 Stellplätze (1 Stellplatz je 10 m² Gastraumfläche) für das Vorhaben auf dem Baugrundstück nachzuweisen. Tatsächlich würden aber laut Baugenehmigung auf dem Baugrundstück nur 6 Stellplätze hergestellt, eine Ablösevereinbarung ergebe sich nicht aus der Akte. Im Ergebnis würden somit 24 Stellplätze stillschweigend mitgenehmigt, ohne dass diese auf dem Baugrundstück hergestellt werden müssten, womit der durch das Vorhaben verursachte Stellplatzbedarf in die nähere Umgebung und damit auch in Richtung der Antragstellerin verlagert werde. Der Bedarf an Stellplätzen für einen im Allgemeinen Wohngebiet ohnehin unzulässigen Gewerbebetrieb dürfe aber gerade nicht in der näheren Umgebung befriedigt werden (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91).

Unabhängig davon würde die Antragstellerin durch die Anordnung der konkret genehmigten, das Fehlen der eigentlich erforderlichen Stellplätze und die Zuwegung in den Innenhofbereich im Sinne des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots rücksichtslos beeinträchtigt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien bauliche Anlagen im Einzelfall auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar seien, was vorliegend der Fall sei, da eine für ein Wohngebiet untypisch große Anzahl von Stellplätzen in unmittelbarer Nachbarschaft der Antragstellerseite errichtet bzw. faktisch der näheren Umgebung aufgebürdet würde. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Stellplätze in einem Wohngebiet bzw. einem Gebiet mit hohem Wohnanteil zugeordnet würden. Insofern stellten die Beeinträchtigungen durch das Anlegen der Stellplätze sowie die Suche nach nicht vorhandenen Stellplätzen eine qualifizierte Störung dar, die die Antragstellerin als unmittelbare Nachbarin träfen. Vor allem aufgrund der besonderen örtlichen Situation im Innenhofbereich, sei es nicht auszuschließen, dass der An- und Abfahrtsverkehr einen Grad annehme, welcher das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Antragstellerin überschreite (BayVGH, B. v. 7.11.2011 - 2 CS 11.2149 - juris RdNr. 4).

Mit Schriftsatz vom 23. November 2015 haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin weiter ausgeführt, es habe sich mit der Neueröffnung am ... November 2015 eine nicht unerhebliche Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung ergeben. Eine Bewohnerin des Anwesens der Antragstellerin beschreibe eine schlaflose Nacht mit unfassbar lautem Basslärm, der bis nach 5.00 Uhr morgens angehalten habe. Eine Kontaktaufnahme mit dem Betreiber der streitgegenständliche Anlage sei erfolglos gewesen. Die Dimension des Lärmens in dieser Nacht sei völlig neu gewesen. Eine Beschreibung als Gaststätte mit Varieteedarbietungen sei völlig verfehlt, tatsächlich handle es sich um eine Diskothek („Mega-Club mit ohrenbetäubender Musik“). Mit weiterem Schriftsatz vom 27. November 2015 wurde u. a. darauf hingewiesen, dass auf dem Newsletter des streitgegenständlichen Vorhabens wie bereits in der Vergangenheit lediglich auf die eingeladenen und auftretenden DJs verwiesen werde. Von einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung werde mit keinem Wort gesprochen, weil ein derartiges Vorhaben vorliegend auch nicht ausgeführt werde. Es gehe ausschließlich um eine Diskothekennutzung, wofür das Auftreten von wechselnden DJs und das Vorhandensein einer Tanzfläche sprächen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass zwischenzeitlich durch das Referat für Gesundheit und Umwelt Lärmmessungen vorgenommen worden seien und hat hierzu die Protokolle und Messberichte vorgelegt. Zudem hat sie mitgeteilt, dass am 11./12. Dezember 2015 erneut Messungen stattfinden werden. Insoweit wurden zur Messung vom 8. November 2015 in der Zeit von 00.03 Uhr bis 2.15 Uhr zwei Formulare mit der Überschrift „Messbericht nach TA Lärm“ vorgelegt, deren Unterschied sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015 von 18.02 Uhr und 51 Sekunden erfolgt die Berechnung des Beurteilungspegels nach dem gemessenen Mittelungspegel von 21,5 dB(A), zu dem 3 dB(A) als Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit sowie 2,1 dB(A) als Zuschlag für Impulshaltigkeit hinzugerechnet werden, wovon ein Abschlag in Höhe von 3 dB(A) für die Messunsicherheit nach TA Lärm erfolgt. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,6 dB(A) wird dann aufgerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015, 18.03 Uhr und 55 Sekunden erfolgt eine identische Berechnung, nur dass als Zuschlag für die Impulshaltigkeit statt 2,1 dB(A) ein Wert von 2,4 dB(A) angesetzt wird. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,9 dB(A) wird wiederum mathematisch gerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt, wobei ebenfalls ein Abschlag für Messunsicherheit nach TA Lärm in Höhe von 3 dB(A) erfolgt ist.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 hat der Bevollmächtigte der Beigeladenen ausgeführt, in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 seien hinsichtlich des Immissionsschutzes verschiedene Auflagen enthalten, die geeignet seien, schädliche Umwelteinwirkungen für die Antragstellerin zu vermeiden. Bereits im Genehmigungsverfahren habe der Bauherr Art und technische Merkmale der geplanten Anlage darzustellen und nachzuweisen, dass das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufe (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07 - juris RdNr. 20). Messungen, die im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durchgeführt würden, seien ebenfalls der genehmigenden Tätigkeit der Behörde zuzurechnen. Diesbezüglich seien von der Beklagten u. a. verschiedene akustische Messungen vorgelegt worden. Hierbei sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die hier relevanten Immissionsrichtwerte von 35 dB(A) am Tag und insbesondere 25 dB(A) nachts jeweils eingehalten würden.

Bei der Ermittlung der jeweiligen Werte habe der Gutachter aufgrund Messunsicherheit nach Nr. 6.9 TA Lärm einen Messabschlag von 3 dB(A) abgezogen, andererseits einen Impulszuschlag von 3 dB(A) hinzugerechnet. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm bei der Erteilung der Baugenehmigung bzw. auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn nicht anwendbar wäre, da der Messunsicherheitsabschlag nur „bei der Überwachung“, nicht jedoch im Rahmen der Genehmigung vorzunehmen sei, sei vorliegend darauf hinzuweisen, dass entsprechend ein (Sicherheits-)Impulszuschlag von 3 dB(A) ebenfalls nicht veranlasst sei, da nach den Ausführungen des Gutachters während der Messungen kaum Musik zu hören gewesen sei („… auffällige tonale Komponenten konnten nicht festgestellt werden“, Bl. 7 der akustischen Messung vom 25.9.2015 und Bl. 8 der akustischen Messung vom 9.9.2015). Damit sei nach den Ausführungen des Gutachters selbst bei Nichtberücksichtigung des Messunsicherheitsabzugs und des Impulszuschlags der relevante Immissionsrichtwert von 25 dB(A) für die Nachtzeit eingehalten. Darüber hinaus habe der Sachverständige in den vorliegenden Gutachten davon abgesehen, eine erforderliche Korrektur der Umgebungsgeräusche vorzunehmen, was zu einer zusätzlichen Absenkung des Beurteilungspegels geführt hätte. Nach den vorgelegten Messungen sei bei Nichtberücksichtigung von Messunsicherheiten sowie des Impulszuschlags davon auszugehen, dass jedenfalls der Immissionsgrenzwert von 25 dB(A) an den betroffenen Immissionsstellen eingehalten werde. Dies sei im Ergebnis auch von der am 8. November 2015 durchgeführten Messung der Antragsgegnerin bestätigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und damit gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 60 BayBO zu prüfen sind, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hauptsacheverfahren wird die streitgegenständliche Baugenehmigung daher aufzuheben sein, weshalb von einem überwiegendem Suspensivinteresse der Antragstellerin auszugehen ist und die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage angeordnet wurde.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Beim Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 RdNr. 146; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 RdNr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 RdNr. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehbarkeit.

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Eine Verletzung drittschützender Normen durch die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht. Soweit das Prüfprogramm der Behörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben eingeschränkt ist, scheidet eine Verletzung von außerhalb dieses Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zulasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der baubehördlichen Entscheidung aus.

Das streitgegenständliche Vorhaben wurde zu Recht gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO als Sonderbau eingestuft, so dass das umfassende Prüfprogramm des Art. 60 BayBO zur Anwendung kommt und damit sowohl drittschützende Bestimmungen des Bauordnungsrechts als auch des Bauplanungsrechts von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung umfasst sind.

3. Ob der Antragstellerin gegen das Vorhaben ein planungsrechtlicher Gebietserhaltungsanspruch zusteht, muss derzeit als offen angesehen werden. Vorliegend verstößt die streitgegenständliche Baugenehmigung aber voraussichtlich zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, so dass die Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraussichtlich aufzuheben sein wird.

3.1 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Ob es sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO beurteilt, hängt davon ab, ob sich die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen als faktisches Baugebiet qualifizieren lässt oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage muss im Eilverfahren ohne Durchführung eines Augenscheins als offen angesehen werden. Während die Antragsgegnerin vom Vorliegen einer Gemengelage mit hohem Wohnanteil ausgeht, geht die Antragstellerseite von einem faktischen Mischgebiet (MI) oder sogar einem faktischen WA aus. Allein anhand der Lagepläne lässt sich diese Frage jedoch nicht beantworten.

Ebenso ist die Art der Nutzung des Vorhabens nicht eindeutig. Laut Betriebsbeschreibung soll es sich um eine Schank- und Speisegaststätte mit Hintergrundmusik handeln. Hiergegen sprechen jedoch auf den ersten Blick die in der Baugenehmigung enthaltenen 16 Auflagen zum Immissionsschutz sowie der lärmbezogene Auflagen- und Widerrufsvorbehalt. Gegen eine bloße Hintergrundmusik spricht auch, dass nach den Bauplänen sowohl im EG als auch im UG eigene Bereiche für Musik bzw. DJ vorgesehen sind. Insgesamt sprechen diese Umstände eher dafür, dass es sich nicht um eine „normale“ Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik handelt, sondern die Musikunterhaltung im Vordergrund steht und es sich daher um eine Vergnügungsstätte handelt. Zwar sehen die Pläne keine gesondert ausgewiesene Tanzfläche vor. Dass tatsächlich nach Zeitungsberichten eine solche vorhanden sein soll, ändert am Inhalt der Baugenehmigung nichts. Allerdings ist eine solche für die Einstufung als Vergnügungsstätte nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist hierfür, dass die Musikunterhaltung im Vordergrund steht. Dies belegen auch die Annahmen im Messbericht vom 23. September 2014, wonach bei der Gaststätte im UG von Schalldruckpegeln ausgegangen wird, die teilweise bei über 95 dB(A) liegen. Bei derartigen Werten kann nicht mehr von einer „Hintergrundmusik“ ausgegangen werden, vielmehr steht bei diesen Werten die Musik eindeutig im Vordergrund. Auch entsprechen derartige Schallpegel typischerweise einer Diskothek. Im Übrigen ist die Betriebsbeschreibung auch hinsichtlich der Betriebszeiten nicht hinreichend bestimmt, wenn insoweit lediglich „Voraussichtliche Betriebszeiten im Untergeschoss“ angegeben werden, die damit jederzeit ausgeweitet werden können und letztendlich einen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen die Woche zulassen.

Ob der Antragstellerin gegen das voraussichtlich als Vergnügungsstätte einzustufende Vorhaben ein Gebietserhaltungsanspruch zusteht, hängt entscheidend davon ab, ob die nähere Umgebung als faktisches Baugebiet eingestuft werden kann und ob diese Art der Nutzung nach der BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig ist. Handelt es sich dagegen um eine Gemengelage, scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch von vorneherein aus. Da die Gebietseinstufung derzeit als offen anzusehen ist, gilt dies auch für die Frage des Bestehens eines Gebietserhaltungsanspruchs.

3.2 Ob sich vorliegend das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, kann dahinstehen, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (BVerwG B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

3.2.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris RdNr. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris RdNr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris RdNr. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4).

3.2.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (BVerwG U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl. 2003, 503 - juris Rn. 53-61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

3.2.3 Vorliegend belegen die vorgelegten Messungen durchgängig, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) durch die Musik aus dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht eingehalten wird.

Bei den erfolgten Messungen sowohl durch das von der Beigeladenen beauftragte Akustikbüro als auch das Referat für Umwelt und Gesundheit der Antragsgegnerin war kein Messabschlag von 3 dB(A) nach Nr. 6.9 TA Lärm vorzunehmen, da es sich bei den vorgenommenen Messungen um keine Überwachungsmessung im Sinne dieser Bestimmung handelt. Anerkanntermaßen ist der Messabschlag nicht im Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Gleiches gilt im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer noch nicht bestandskräftigen Genehmigung (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 36; OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 36 ff.). Der Messabschlag bezieht sich in der Regel auf Messungen, die veranlasst werden, um festzustellen, ob Anordnungen oder sonstige Eingriffe gegenüber bestehenden Anlagen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebes erforderlich sind und soll gewährleisten, dass derartige Maßnahmen nur dann getroffen werden, wenn Rechtsverletzungen aufgrund von Lärmimmissionen mit ausreichender Sicherheit anzunehmen sind (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 35 ff.). Der Messabschlag trägt dem Umstand Rechnung, dass in die Berechnung Messwerte einfließen, die wegen geräte- und umweltbedingter Toleranzen Wahrscheinlichkeitsgrößen sind, mit der Folge, dass auch das Berechnungsergebnis selbst eine gewisse Unsicherheit aufweist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 38 m. w. N.). Mit dem Abzug von 3 dB(A) soll jegliches Risiko eines rechtswidrigen Eingriffes vermieden werden (BVerwG, U. v. 16.05.2001- 7 C 16.00 - juris Rn. 19 a.E.). Im Genehmigungsverfahren ist der Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm indessen nicht anzusetzen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39), da hier der Antragsteller nachzuweisen hat, dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“ sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

Diese Einschätzung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm nicht anzuwenden ist, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung die auf das betreffende Gebäude einwirkenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch eine Messung ermittelt worden sind. Denn es handelt sich nicht um eine „Messung bei der Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte“, also eine sogenannte Überwachungsmessung (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07, BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 17). Die unterschiedliche Behandlung von Messungen im Genehmigungsverfahren einerseits und Messungen im Rahmen der Überwachung andererseits ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es für den Anlagenbetreiber eine höhere Belastung darstellt, wenn er Umbauten vornehmen oder Einschränkungen des Betriebs hinnehmen muss, nachdem er die Investitionen auf der Grundlage einer bestandskräftigen Genehmigung getätigt hat, als wenn ihm im Genehmigungsstadium Auflagen erteilt werden (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 19). Die entscheidende Zäsur für die Unterscheidung einer noch dem Genehmigungsverfahren unterliegenden Messung ohne Messabschlag und einer Überwachungsmessung mit Messabschlag bildet damit die Bestandskraft der Genehmigung.

3.2.4 Der von der Beigeladenen vorgelegte schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 9. September belegt entgegen der Einschätzung des Erstellers somit nicht, dass der mittlere Beurteilungspegel den Anforderungen nach der TA Lärm genügt und damit keine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm vorliegt.

Auf Seite 8 des Berichts wird in Tabelle 3 der Beurteilungspegel für das Wohnzimmer und das Schlafzimmer der Wohnung im 1. Obergeschoss im Anwesen der Antragstellerin dargestellt. In beiden Fällen erfolgt in der vorletzten Spalte ein Abschlag von 3 dB(A) unter Hinweis auf die Messunsicherheit und Nr. 6.9 der TA Lärm. Zudem werden die in der ersten Spalte angegebenen ermittelten Mittelungspegel von 24,5 dB(A) und 22,4 dB(A) bei der Ermittlung des Beurteilungspegels in der letzten Spalte mathematisch gerundet. Bedenken bestehen auch hinsichtlich der mathematischen Rundung, da im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung (anders als etwa in der TA Luft) nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29; VG München, U. v. 20.4.2015 - M 8 K 13.2272 - juris Rn. 73).

Ohne den Messabschlag und ohne mathematische Rundung ergeben sich daher nach dem schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 für das Wohnzimmer 27,5 dB(A) und für das Schlafzimmer 25,4 dB(A). Damit wird aber der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohnzimmer überschritten.

Gleiches gilt für den schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 25. September 2015, woraus sich ohne den Messabschlag bei einem ermittelten maximalen Mittelungspegel von 23,4 dB(A) als Beurteilungspegel nicht gerundete 23 dB(A), sondern 26,4 dB(A) ergeben.

Bei den beiden Berichten dürfte zudem zu Unrecht ein Zuschlag für die Ton- und Informationshaltigkeit nach A.3.3.5 TA Lärm unterblieben sein. Eine Informationshaltigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn in der Geräuschimmission der konkrete Verursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, Anhang Nr. A.3 Rn. 13). Der Zuschlag beträgt je nach Auffälligkeit 3 oder 6 dB(A). Da eine eindeutige Zuordnung der Musik zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich sein dürfte, wären die Beurteilungspegel daher nochmals um 3 dB(A) zu erhöhen, zumal in Berichten festgehalten wurde, dass die Musik während der Messungen subjektiv leicht erkennbar war (jeweils S. 8).

Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Beigeladenen erfolgte ein Impulszuschlag für die Musikimmissionen von 3 dB(A) nach A.3.3.6 TA Lärm zu Recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trägt der Zuschlag für Impulshaltigkeit dem Umstand Rechnung, dass in ihrer Lautstärke kurzzeitig stark zu- und wieder abnehmende Geräusche als deutlich störender empfunden werden, als Geräusche mit weitgehend gleich bleibender Lautstärke. Auslegungsmaßstab ist somit der im Hinblick auf die besonders hohe Pegeländerung außergewöhnliche Grad an Störung, der von den Geräuschen ausgeht. Eine enge Auslegung des Begriffs der Impulshaltigkeit würde diesem Ziel nicht gerecht, weshalb eine Impulshaltigkeit nicht lediglich in den häufig erwähnten extremen Fällen eines Hammerschlags, Peitschenknalls oder Pistolenschusses anzunehmen ist (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 30). Entscheidend ist, ob die Geräuschkomponenten bzw. Pegeländerungen in ihrer störenden Auffälligkeit deutlich wahrnehmbar sind (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 28). Dies dürfte bei moderner Musik grundsätzlich der Fall sein.

Für die Messungen des RGU der Antragsgegnerin ergibt sich ebenfalls bei Nichtberücksichtigung des Messabschlags und ohne mathematische Rundung, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) überschritten wird. Statt 24 dB(A) ergeben sich 26,6 dB(A) und 26,9 dB(A).

Wegen der erheblichen Überschreitungen des Immissionsrichtwertes, kommt es auf die weiteren von der Antragstellerseite aufgeworfenen Fragen zu den Stellplätzen jedenfalls für das Eilverfahren nicht an.

3.2.5 Da mit den Berichten aufgezeigt werden sollte, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet ist, hat die dem Bericht zugrundeliegende Lärmmessung gezeigt, dass durch die immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen in der streitgegenständlichen Baugenehmigung voraussichtlich kein ausreichender Lärmschutz für die Räume im Anwesen der Antragstellerin gewährleitet wird. Entsprechend verstößt damit die Baugenehmigung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot und wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben. Zwar wurden in der Baugenehmigung nicht nur Lärmrichtwerte festgesetzt, sondern weitergehende Auflagen, etwa zum Einbau eines Limiters in die Musikanlage gemacht. Allerdings wurde hierbei kein maximal zulässiger Schallpegel festgesetzt, dessen Einhaltung auch die sichere Einhaltung der Richtwerte in den angrenzenden schutzbedürftigen Räumen sicherstellt.

Im Hinblick auf die zum Teil erheblichen Überschreitungen des Lärmrichtwerts in der Nachtzeit um bis zu 2,5 dB(A) und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Anwohner im Nachbaranwesen, überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragsteller deutlich das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung auf der Grundlage des § 212a BauGB auch während einer anhängigen Nachbarklage weiterhin Gebrauch machen zu können. Entsprechend war die beantragte aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), waren die Kosten allein der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom ... August 2015 (Az: ...) wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf Euro 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ...-str. 44, das mit einem viergeschossigen Gebäude bebaut ist. Im Erdgeschoss befinden sich gewerbliche Nutzungen, ab dem ersten Obergeschoss Wohnnutzungen. Mit ihrer Anfechtungsklage vom 7. August 2015 wendet sie sich gegen eine von der Antragsgegnerin der Beigeladenen unter dem ... August 2015 erteilte Baugenehmigung für das östlich angebaute Anwesen auf dem Grundstück FlNr. ..., ...-str. 42. Mit dieser wurde der Umbau einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss, Nutzungsänderung eines Lagers zu einem Gastraum und einer Ausstellungsfläche im Untergeschoss befristet bis zum 30. April 2018 genehmigt.

In der Baugenehmigung wird ausdrücklich auf die Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 Bezug genommen und das Vorhaben als Sonderbau genehmigt. Die Genehmigung enthält einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt, wonach bei berechtigten und begründeten Lärmbeschwerden von Anrainern aufgrund des Betriebs der Gaststätte der Erlass zusätzlicher Lärmschutzauflagen bis hin zu einer Beschränkung der Öffnungszeit der Gaststätte sowie im Falle fortgesetzter ernsthafter Verstöße der Widerruf der Baugenehmigung vorbehalten wird. Als Begründung hierfür wird ausgeführt, es handle sich bei dem vorliegenden Gebiet um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Gründe, die gegen die Erteilung einer Genehmigung für die Gaststätte im beantragten Umfang sprächen, lägen derzeit nicht vor. Da es jedoch in ähnlichen Fällen immer wieder zu Nutzungskonflikten und berechtigten Beschwerden wegen Ruhestörung komme, werde die Genehmigung mit diesem Auflagen- und Widerrufsvorbehalt erteilt.

Zudem enthält die streitgegenständliche Baugenehmigung in den Ziffern 1.1 bis 1.16 zahlreiche Immissionsschutzauflagen. Unter anderem wurde in Ziffer 1.2 festgesetzt, dass in Wohnungen und sonstigen schutzbedürftigen Räumen, die mit den Gaststättenräumen sowie zugehörigen Betriebsräumen und -einrichtungen baulich verbunden sind, die nachstehenden Richtwerte nicht überschritten werden dürfen:

tagsüber 35 dB(A) (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr),

nachts 25 dB(A) (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr).

In Ziffer 1.11 ist festgelegt, dass die Lautstärke der Musikanlage zu begrenzen ist. Die dazu erforderliche Schallpegelmessung mit Überprüfung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte in betroffenen schutzbedürftigen Räumen und Musikeinstellung ist von einem anerkannten Sachverständigen umgehend vornehmen zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2015, bei Gericht am 13. Oktober 2015 eingegangen, beantragen die Bevollmächtigten der Antragstellerin:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom ... August 2015, Az: ..., wird angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben verstoße voraussichtlich gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Gehe es um die Lösung eines Immissionskonflikte, reiche es zwar in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben werde, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris). Überschritten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Emissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genüge es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr müsse die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002, BayVBl. 2003, 503).

Die Bewohner des klägerischen Anwesens seien während der Öffnungszeiten des bereits in Betrieb genommenen Vorhabens ständig unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt. Diese würden von einem fortlaufenden Pochen und Klopfen, verursacht durch die Musikanlage, insbesondere während der Nachtzeit empfindlich gestört. Das „Rhythmuspochen“ in der Kommunwand sei so intensiv, dass dies den Bewohnern den Schlaf raube. Auch in der Vergangenheit durchgeführte Dämmversuche hätten keinen durchgreifenden Erfolg erzielt. Dies sei der Antragsgegnerin auch mit Schreiben vom 7. August 2015 mitgeteilt und beantragt worden, hiergegen unverzüglich einzuschreiten.

Grundsätzlich sei es Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien einhalte. An die vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien seien hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall „auf der sicheren Seite“ liegen müsse (OVG NRW, B. v. 26.2.2003 - 7 B 2434/02 - juris). Einen solchen Nachweis habe der Bauherr im Genehmigungsverfahren nicht erbracht, eine Überschreitung der für die Antragstellerin noch zumutbaren Richtwerte sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Insbesondere befasse sich weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene mit den in Nr. 7.3 TA Lärm i. V. m. Nr. A.1.5 angesprochenen tieffrequenten Geräuschen. Es lasse sich daher nicht feststellen, ob die nach der DIN 45680 („Messung und Bewertung tieffrequenter Geräusche in der Nachbarschaft“) maßgeblichen Anhaltswerte eingehalten würden. Da deren Vorgaben grundsätzlich den Gehalt der Rücksichtnahme konkretisierten, hätten die Antragsteller einen Anspruch darauf, dass die nach der DIN 45680 maßgeblichen Anhaltswerte beim Betrieb des Vorhabens eingehalten würden (VG Minden, U. v. 17.3.2005 - 9 K 1894/04 - juris). Gerade tieffrequente Geräuschimmissionen führten in der Nachbarschaft auch dann zu Klagen und Beschwerden, wenn die im Übrigen anzuwendenden Beurteilungskriterien nach der TA Lärm eingehalten würden, da die Wahrnehmung und Wirkung tieffrequenter Geräusche deutlich von der Wahrnehmung und Wirkung mittel- oder hochfrequenter, schmal- oder breitbandiger Geräusche abweiche. Insbesondere zu Zeiten, wenn andere Geräuschbelastungen niedrig seien, könnten tieffrequente Geräusche im Wohnbereich zu erheblichen Belästigungen führen, auch wenn sie gerade eben wahrgenommen würden (Umweltbundesamt, Wissenswertes über tieffrequenten Schall - Messungen und Bewertungen tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft - DIN 45680, Stand: 12.8.2008). Im vorliegenden Fall sei die Begutachtung der tieffrequenten Geräusche unerlässlich. Die basshaltige Musik, somit die tieffrequenten Geräusche, würden allein durch den Discobetrieb im Anwesen der Beigeladenen hervorgerufen. Dieser finde bis in die frühen Morgenstunden statt, d. h. in einer Zeit, in der das Ruhebedürfnis besonders ausgeprägt sei. Dieser Umstand falle besonders deshalb ins Gewicht, weil die Situation in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks der Antragsteller von Wohnnutzung und lediglich solchen gewerblichen Nutzungen (Büros, Hotels etc.) geprägt werde, von denen zur Nachtzeit keine vergleichbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgingen. Vor diesem Hintergrund sei im Übrigen auch zweifelhaft, ob der der Antragstellerin im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung der für ein Mischgebiet zulässige Immissionsrichtwert von nachts bis zu 45 dB(A) überhaupt zuzumuten sei, oder ob aus Gründen der Rücksichtnahme nicht vielmehr von vornherein von einem etwas niedrigeren Richtwert ausgegangen werden müsse. Aufgrund der vorgefundenen baulichen Verhältnisse könne es zu „unerwünschten Hohlraumresonanzen“ kommen, eine weitergehende Untersuchung habe diesbezüglich nicht stattgefunden.

Abgesehen davon sei das Vorhaben auch bauplanungsrechtlich unzulässig. Die nähere Umgebung entspreche einem faktischen Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, in dem das streitgegenständlichen Vorhaben als kerngebietstypische Vergnügungsstätte unzulässig sei. Alleine durch die Genehmigung dieser gebietswidrigen Nutzung würde die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, da ihr ein nachbarschützender Gebietsgewährleistungsanspruch zustehe. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO seien in den Teilen eines Mischgebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt würden, lediglich Vergnügungsstätten zulässig, die nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig seien. Vorliegend handle es sich schon nicht um eine Schank- oder Speisewirtschaft, vielmehr handle es sich um eine Diskothek. Es stehe nicht die Bewirtung mit Speisen und Getränken im Vordergrund, sondern ein Barbetrieb und die Unterhaltung der Gäste mittels Tonträgern und einer von einem DJ dargebotenen Musik (BVerwG, B. v. 9.10.1990 - 4 B 120.90). Der Betrieb sei wegen seines typischen Erscheinungsbildes und der mit ihm typischerweise verbundenen Störungen für die Wohnruhe einem Kerngebiet und nicht nur einem Mischgebiet zuzuordnen. Hierfür spreche insbesondere die genehmigte Betriebszeit bis ca. 5.00 Uhr an Sonn- und Feiertagen. Die Anlage spreche damit nach Art einer Nachtbar ein Publikum an, das das nächtliche Vergnügen suche. Insoweit enthalte die Baugenehmigung keine Beschränkung und sei damit für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar. Die Betriebszeiten brächten ein Mehr an Beeinträchtigungen der Wohnruhe, wie sie typischerweise von zentralen innerstädtischen Einrichtungen ausgingen und in Kerngebieten hinzunehmen seien, nicht aber in Mischgebieten, bei denen die Wohnnutzung mindestens gleichberechtigt neben die gewerbliche Nutzung trete. Betriebszeiten bis in die frühen Morgenstunden bedingten regelmäßig Störungen der Nachtruhe durch lärmendes Verhalten der Gäste im Freibereich sowie den Zu- und Abgangsverkehr. Diese Lärmbeeinträchtigungen ließen sich durch Auflagen kaum steuern (OVG NRW, B. v. 14.10.1996 - 10 A 3062/93 - juris).

Werde die Baugenehmigung keinen Bestand haben, müsse zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin verhindert werden, dass die nachbarrechtswidrigen Zustände, die durch die in Angriff genommenen Baumaßnahmen bereits geschaffen worden seien, weiter verfestigt und intensiviert würden.

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen und legte einen schalltechnischen Bericht des Akustikbüros ... und Partner vom 22. Oktober 2015 vor, aus dem sich ergebe, dass eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm für das klägerische Anwesen nicht vorliege.

Der schalltechnische Bericht erfolgte aufgrund von akustischen Messungen am 9. September 2015 in der streitgegenständlichen Bar/Gaststätte. Zur Aufgabenstellung wird ausgeführt, dass im Nachgang zu den erfolgten Umbauarbeiten in einer angrenzenden Wohnung die Lärmbelastung durch Musik ermittelt werden solle. Zu diesem Zweck wurden am 9. September 2015 Schallimmissions-Messungen in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 durchgeführt. Im Bericht solle weiterhin aufgezeigt werden, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet sei und welche passiven und aktiven Schallschutzmaßnahmen gegebenenfalls zusätzlich durchzuführen seien. Die Messungen erfolgten im Wohn- und Schlafzimmer. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde im Wohnzimmer ein maximaler Mittelungspegel von 24,5 dB(A) gemessen. Hierzu wurde gemäß A.3.3.6 TA Lärm ein Impulszuschlag von +3 dB(A) hinzugerechnet sowie ein Abschlag von -3 dB(A) auf Grundlage von Nr. 6.9 TA Lärm („Messunsicherheit“) vorgenommen. Insgesamt wird damit ein Beurteilungspegel von 25 dB(A) dargestellt. Im Schlafzimmer ergab sich ein maximaler Mittelungspegel von 22,4 dB(A), der nach Hinzurechnung des Impulszuschlags sowie Herausrechnung eines Messabschlags von 3 dB(A) einen Gesamtwert von 22 dB(A) ergibt. In der Zusammenfassung kommt der schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu dem Ergebnis, dass der mittlere Beurteilungspegel durch die Musik in der ...-str. 42 den Anforderungen aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. der TA Lärm im Wohn- und Schlafzimmer der Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 genüge. Eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die angefochtene Baugenehmigung vom ... August 2015 rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung Gebrauch machen zu können, das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiege.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei nicht der Betrieb einer Vergnügungsstätte beantragt, sondern der Umbau und die Erweiterung der bereits bestehenden Schank- und Speisewirtschaft, was die Baugenehmigung auch selbst mit dem Hinweis auf Seite 5 unter b) klarstelle. Nach der Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 solle es sich um eine Bar mit Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst sowie Theater und Varieteedarbietungen handeln, die im Untergeschoss durch einen weiteren Gastraum und durch eine Ausstellungsfläche ohne Gastronomie erweitert werden solle.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstoße nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, da sie den Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Lärmbelästigungen gewährleiste. Sie lege zahlreiche immissionsschutzrechtliche Auflage sowie einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt fest, welche einen effektiven Lärmschutz der Nachbarn gewährleisteten.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die Antragsgegnerin Lärmmessungen veranlassen wolle, Bewohner des Anwesens der Antragstellerin nachvollziehbar mit einer nicht unerheblichen Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung mit der Neueröffnung des streitgegenständlichen Clubs bis ca. Mitte November 2015 rechneten, da trotz entsprechender baulicher Maßnahmen gleichwohl das Dröhnen der Musikanlage (Basstöne) unvermindert deutlich wahrnehmbar sei.

Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 übermittelte der Bevollmächtigte der Beigeladenen einen weiteren schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 über akustische Messungen am 25. September 2015 in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes ...-str. 44. Im Flur der Wohnung wurde ein maximaler Mittelungspegel der Musik von 23,4 dB(A) gemessen. Hierzu erfolgte ein Zuschlag von +3 dB(A) als Impulszuschlag sowie ein Messunsicherheitsabschlag von -3 dB(A), so dass ein Beurteilungspegel von 23 dB(A) ermittelt wurde. In der Zusammenfassung kommt der Bericht zu dem Ergebnis, eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die vorgelegten Lärmmessungen vom 9. September 2015 bzw. 25. September 2015 für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblich seien, da sie gerade das von der Antragstellerseite monierte Dröhnen der Musikanlage, d. h. die tieffrequentierte Geräuschentwicklung nicht zum Gegenstand hätten. Die Antragsgegnerseite sei eigens darauf hingewiesen worden, gerade diese tieffrequente Geräuschentwicklung zu überprüfen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 13. November 2015 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ihren Vortrag zur Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Antragstellerin vertieft. Die Umgebungsbebauung im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB sei nach der Art der baulichen Nutzung als Allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne des § 4 BauNVO anzusehen. Dies habe die Antragsgegnerin selbst in der vorangegangenen Baugenehmigung vom ... Januar 2004 auf Seite 6 unter Hinweis für das streitgegenständliche Vorhaben bestätigt. In der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 werde für die Umgebungsbebauung „ein hoher Wohnanteil“ konstatiert. Laut Baubeschreibung sei ein Diskothekenbetrieb nicht beabsichtigt. Anhand eines Zeitungsartikels aus der ... Zeitung vom ... Dezember 2014 sei jedoch festzustellen, dass jedenfalls laute Musik über eine Anlage von einem DJ-Pult aus abgespielt werde, dass vor allem alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und auch eine Tanzfläche vorhanden sei. Bei dem Vorhaben handle es sich somit um eine den Gebietscharakter störende Vergnügungsstätte, die in einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO auch nicht ausnahmsweise zulässig sei. In einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO seien Vergnügungsstätten wie Varietees, Nacht- und Tanzbars, alle anderen Tanzlokale und -cafes nicht zulässig, auch nicht ausnahmsweise. Selbst wenn man vorliegend von einem Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO ausgehe, seien Schank- und Speisewirtschaften gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zwar allgemein zulässig, Vergnügungsstätten im Sinne von § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO aber nur in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt seien. Dies sei nach eigener Feststellung der Antragsgegnerin nicht der Fall. Unabhängig davon diene das streitgegenständliche Vorhaben nicht der Versorgung des Gebiets, weshalb es auch nicht als sonstige Schank- und Speisewirtschaft nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig wäre und angesichts der andauernden Lärmbeeinträchtigung der Antragstellerseite auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könnte, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Das Vorhaben sei jedenfalls nicht als Schank- und Speisewirtschaft im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zu qualifizieren.

Die Baugenehmigung verstoße auch gegen § 12 Abs. 2 BauNVO. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass sich ein Nachbar auch in einem faktischen Baugebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB weitergehend als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO auf die Erfüllung der durch diese Vorschrift vorgegebene Bedarfsvoraussetzung hinsichtlich der Stellplätze und Garagen berufen dürfe (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91). Die Regelung bezwecke, die ruhebedürftigen Wohngebiete davor zu bewahren, Standort lärmintensiver Parkflächen zu werden. Dieser Zweck werde vorliegend nicht erreicht. Nach der Baubeschreibung vom 23. Juni 2015 betrage die Fläche der Gasträume 278 m², nach Maßgabe der Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin wären somit 30 Stellplätze (1 Stellplatz je 10 m² Gastraumfläche) für das Vorhaben auf dem Baugrundstück nachzuweisen. Tatsächlich würden aber laut Baugenehmigung auf dem Baugrundstück nur 6 Stellplätze hergestellt, eine Ablösevereinbarung ergebe sich nicht aus der Akte. Im Ergebnis würden somit 24 Stellplätze stillschweigend mitgenehmigt, ohne dass diese auf dem Baugrundstück hergestellt werden müssten, womit der durch das Vorhaben verursachte Stellplatzbedarf in die nähere Umgebung und damit auch in Richtung der Antragstellerin verlagert werde. Der Bedarf an Stellplätzen für einen im Allgemeinen Wohngebiet ohnehin unzulässigen Gewerbebetrieb dürfe aber gerade nicht in der näheren Umgebung befriedigt werden (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91).

Unabhängig davon würde die Antragstellerin durch die Anordnung der konkret genehmigten, das Fehlen der eigentlich erforderlichen Stellplätze und die Zuwegung in den Innenhofbereich im Sinne des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots rücksichtslos beeinträchtigt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien bauliche Anlagen im Einzelfall auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar seien, was vorliegend der Fall sei, da eine für ein Wohngebiet untypisch große Anzahl von Stellplätzen in unmittelbarer Nachbarschaft der Antragstellerseite errichtet bzw. faktisch der näheren Umgebung aufgebürdet würde. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Stellplätze in einem Wohngebiet bzw. einem Gebiet mit hohem Wohnanteil zugeordnet würden. Insofern stellten die Beeinträchtigungen durch das Anlegen der Stellplätze sowie die Suche nach nicht vorhandenen Stellplätzen eine qualifizierte Störung dar, die die Antragstellerin als unmittelbare Nachbarin träfen. Vor allem aufgrund der besonderen örtlichen Situation im Innenhofbereich, sei es nicht auszuschließen, dass der An- und Abfahrtsverkehr einen Grad annehme, welcher das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Antragstellerin überschreite (BayVGH, B. v. 7.11.2011 - 2 CS 11.2149 - juris RdNr. 4).

Mit Schriftsatz vom 23. November 2015 haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin weiter ausgeführt, es habe sich mit der Neueröffnung am ... November 2015 eine nicht unerhebliche Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung ergeben. Eine Bewohnerin des Anwesens der Antragstellerin beschreibe eine schlaflose Nacht mit unfassbar lautem Basslärm, der bis nach 5.00 Uhr morgens angehalten habe. Eine Kontaktaufnahme mit dem Betreiber der streitgegenständliche Anlage sei erfolglos gewesen. Die Dimension des Lärmens in dieser Nacht sei völlig neu gewesen. Eine Beschreibung als Gaststätte mit Varieteedarbietungen sei völlig verfehlt, tatsächlich handle es sich um eine Diskothek („Mega-Club mit ohrenbetäubender Musik“). Mit weiterem Schriftsatz vom 27. November 2015 wurde u. a. darauf hingewiesen, dass auf dem Newsletter des streitgegenständlichen Vorhabens wie bereits in der Vergangenheit lediglich auf die eingeladenen und auftretenden DJs verwiesen werde. Von einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung werde mit keinem Wort gesprochen, weil ein derartiges Vorhaben vorliegend auch nicht ausgeführt werde. Es gehe ausschließlich um eine Diskothekennutzung, wofür das Auftreten von wechselnden DJs und das Vorhandensein einer Tanzfläche sprächen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass zwischenzeitlich durch das Referat für Gesundheit und Umwelt Lärmmessungen vorgenommen worden seien und hat hierzu die Protokolle und Messberichte vorgelegt. Zudem hat sie mitgeteilt, dass am 11./12. Dezember 2015 erneut Messungen stattfinden werden. Insoweit wurden zur Messung vom 8. November 2015 in der Zeit von 00.03 Uhr bis 2.15 Uhr zwei Formulare mit der Überschrift „Messbericht nach TA Lärm“ vorgelegt, deren Unterschied sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015 von 18.02 Uhr und 51 Sekunden erfolgt die Berechnung des Beurteilungspegels nach dem gemessenen Mittelungspegel von 21,5 dB(A), zu dem 3 dB(A) als Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit sowie 2,1 dB(A) als Zuschlag für Impulshaltigkeit hinzugerechnet werden, wovon ein Abschlag in Höhe von 3 dB(A) für die Messunsicherheit nach TA Lärm erfolgt. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,6 dB(A) wird dann aufgerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015, 18.03 Uhr und 55 Sekunden erfolgt eine identische Berechnung, nur dass als Zuschlag für die Impulshaltigkeit statt 2,1 dB(A) ein Wert von 2,4 dB(A) angesetzt wird. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,9 dB(A) wird wiederum mathematisch gerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt, wobei ebenfalls ein Abschlag für Messunsicherheit nach TA Lärm in Höhe von 3 dB(A) erfolgt ist.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 hat der Bevollmächtigte der Beigeladenen ausgeführt, in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 seien hinsichtlich des Immissionsschutzes verschiedene Auflagen enthalten, die geeignet seien, schädliche Umwelteinwirkungen für die Antragstellerin zu vermeiden. Bereits im Genehmigungsverfahren habe der Bauherr Art und technische Merkmale der geplanten Anlage darzustellen und nachzuweisen, dass das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufe (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07 - juris RdNr. 20). Messungen, die im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durchgeführt würden, seien ebenfalls der genehmigenden Tätigkeit der Behörde zuzurechnen. Diesbezüglich seien von der Beklagten u. a. verschiedene akustische Messungen vorgelegt worden. Hierbei sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die hier relevanten Immissionsrichtwerte von 35 dB(A) am Tag und insbesondere 25 dB(A) nachts jeweils eingehalten würden.

Bei der Ermittlung der jeweiligen Werte habe der Gutachter aufgrund Messunsicherheit nach Nr. 6.9 TA Lärm einen Messabschlag von 3 dB(A) abgezogen, andererseits einen Impulszuschlag von 3 dB(A) hinzugerechnet. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm bei der Erteilung der Baugenehmigung bzw. auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn nicht anwendbar wäre, da der Messunsicherheitsabschlag nur „bei der Überwachung“, nicht jedoch im Rahmen der Genehmigung vorzunehmen sei, sei vorliegend darauf hinzuweisen, dass entsprechend ein (Sicherheits-)Impulszuschlag von 3 dB(A) ebenfalls nicht veranlasst sei, da nach den Ausführungen des Gutachters während der Messungen kaum Musik zu hören gewesen sei („… auffällige tonale Komponenten konnten nicht festgestellt werden“, Bl. 7 der akustischen Messung vom 25.9.2015 und Bl. 8 der akustischen Messung vom 9.9.2015). Damit sei nach den Ausführungen des Gutachters selbst bei Nichtberücksichtigung des Messunsicherheitsabzugs und des Impulszuschlags der relevante Immissionsrichtwert von 25 dB(A) für die Nachtzeit eingehalten. Darüber hinaus habe der Sachverständige in den vorliegenden Gutachten davon abgesehen, eine erforderliche Korrektur der Umgebungsgeräusche vorzunehmen, was zu einer zusätzlichen Absenkung des Beurteilungspegels geführt hätte. Nach den vorgelegten Messungen sei bei Nichtberücksichtigung von Messunsicherheiten sowie des Impulszuschlags davon auszugehen, dass jedenfalls der Immissionsgrenzwert von 25 dB(A) an den betroffenen Immissionsstellen eingehalten werde. Dies sei im Ergebnis auch von der am 8. November 2015 durchgeführten Messung der Antragsgegnerin bestätigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und damit gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 60 BayBO zu prüfen sind, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hauptsacheverfahren wird die streitgegenständliche Baugenehmigung daher aufzuheben sein, weshalb von einem überwiegendem Suspensivinteresse der Antragstellerin auszugehen ist und die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage angeordnet wurde.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Beim Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 RdNr. 146; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 RdNr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 RdNr. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehbarkeit.

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Eine Verletzung drittschützender Normen durch die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht. Soweit das Prüfprogramm der Behörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben eingeschränkt ist, scheidet eine Verletzung von außerhalb dieses Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zulasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der baubehördlichen Entscheidung aus.

Das streitgegenständliche Vorhaben wurde zu Recht gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO als Sonderbau eingestuft, so dass das umfassende Prüfprogramm des Art. 60 BayBO zur Anwendung kommt und damit sowohl drittschützende Bestimmungen des Bauordnungsrechts als auch des Bauplanungsrechts von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung umfasst sind.

3. Ob der Antragstellerin gegen das Vorhaben ein planungsrechtlicher Gebietserhaltungsanspruch zusteht, muss derzeit als offen angesehen werden. Vorliegend verstößt die streitgegenständliche Baugenehmigung aber voraussichtlich zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, so dass die Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraussichtlich aufzuheben sein wird.

3.1 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Ob es sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO beurteilt, hängt davon ab, ob sich die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen als faktisches Baugebiet qualifizieren lässt oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage muss im Eilverfahren ohne Durchführung eines Augenscheins als offen angesehen werden. Während die Antragsgegnerin vom Vorliegen einer Gemengelage mit hohem Wohnanteil ausgeht, geht die Antragstellerseite von einem faktischen Mischgebiet (MI) oder sogar einem faktischen WA aus. Allein anhand der Lagepläne lässt sich diese Frage jedoch nicht beantworten.

Ebenso ist die Art der Nutzung des Vorhabens nicht eindeutig. Laut Betriebsbeschreibung soll es sich um eine Schank- und Speisegaststätte mit Hintergrundmusik handeln. Hiergegen sprechen jedoch auf den ersten Blick die in der Baugenehmigung enthaltenen 16 Auflagen zum Immissionsschutz sowie der lärmbezogene Auflagen- und Widerrufsvorbehalt. Gegen eine bloße Hintergrundmusik spricht auch, dass nach den Bauplänen sowohl im EG als auch im UG eigene Bereiche für Musik bzw. DJ vorgesehen sind. Insgesamt sprechen diese Umstände eher dafür, dass es sich nicht um eine „normale“ Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik handelt, sondern die Musikunterhaltung im Vordergrund steht und es sich daher um eine Vergnügungsstätte handelt. Zwar sehen die Pläne keine gesondert ausgewiesene Tanzfläche vor. Dass tatsächlich nach Zeitungsberichten eine solche vorhanden sein soll, ändert am Inhalt der Baugenehmigung nichts. Allerdings ist eine solche für die Einstufung als Vergnügungsstätte nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist hierfür, dass die Musikunterhaltung im Vordergrund steht. Dies belegen auch die Annahmen im Messbericht vom 23. September 2014, wonach bei der Gaststätte im UG von Schalldruckpegeln ausgegangen wird, die teilweise bei über 95 dB(A) liegen. Bei derartigen Werten kann nicht mehr von einer „Hintergrundmusik“ ausgegangen werden, vielmehr steht bei diesen Werten die Musik eindeutig im Vordergrund. Auch entsprechen derartige Schallpegel typischerweise einer Diskothek. Im Übrigen ist die Betriebsbeschreibung auch hinsichtlich der Betriebszeiten nicht hinreichend bestimmt, wenn insoweit lediglich „Voraussichtliche Betriebszeiten im Untergeschoss“ angegeben werden, die damit jederzeit ausgeweitet werden können und letztendlich einen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen die Woche zulassen.

Ob der Antragstellerin gegen das voraussichtlich als Vergnügungsstätte einzustufende Vorhaben ein Gebietserhaltungsanspruch zusteht, hängt entscheidend davon ab, ob die nähere Umgebung als faktisches Baugebiet eingestuft werden kann und ob diese Art der Nutzung nach der BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig ist. Handelt es sich dagegen um eine Gemengelage, scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch von vorneherein aus. Da die Gebietseinstufung derzeit als offen anzusehen ist, gilt dies auch für die Frage des Bestehens eines Gebietserhaltungsanspruchs.

3.2 Ob sich vorliegend das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, kann dahinstehen, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (BVerwG B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

3.2.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris RdNr. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris RdNr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris RdNr. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4).

3.2.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (BVerwG U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl. 2003, 503 - juris Rn. 53-61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

3.2.3 Vorliegend belegen die vorgelegten Messungen durchgängig, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) durch die Musik aus dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht eingehalten wird.

Bei den erfolgten Messungen sowohl durch das von der Beigeladenen beauftragte Akustikbüro als auch das Referat für Umwelt und Gesundheit der Antragsgegnerin war kein Messabschlag von 3 dB(A) nach Nr. 6.9 TA Lärm vorzunehmen, da es sich bei den vorgenommenen Messungen um keine Überwachungsmessung im Sinne dieser Bestimmung handelt. Anerkanntermaßen ist der Messabschlag nicht im Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Gleiches gilt im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer noch nicht bestandskräftigen Genehmigung (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 36; OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 36 ff.). Der Messabschlag bezieht sich in der Regel auf Messungen, die veranlasst werden, um festzustellen, ob Anordnungen oder sonstige Eingriffe gegenüber bestehenden Anlagen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebes erforderlich sind und soll gewährleisten, dass derartige Maßnahmen nur dann getroffen werden, wenn Rechtsverletzungen aufgrund von Lärmimmissionen mit ausreichender Sicherheit anzunehmen sind (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 35 ff.). Der Messabschlag trägt dem Umstand Rechnung, dass in die Berechnung Messwerte einfließen, die wegen geräte- und umweltbedingter Toleranzen Wahrscheinlichkeitsgrößen sind, mit der Folge, dass auch das Berechnungsergebnis selbst eine gewisse Unsicherheit aufweist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 38 m. w. N.). Mit dem Abzug von 3 dB(A) soll jegliches Risiko eines rechtswidrigen Eingriffes vermieden werden (BVerwG, U. v. 16.05.2001- 7 C 16.00 - juris Rn. 19 a.E.). Im Genehmigungsverfahren ist der Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm indessen nicht anzusetzen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39), da hier der Antragsteller nachzuweisen hat, dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“ sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

Diese Einschätzung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm nicht anzuwenden ist, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung die auf das betreffende Gebäude einwirkenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch eine Messung ermittelt worden sind. Denn es handelt sich nicht um eine „Messung bei der Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte“, also eine sogenannte Überwachungsmessung (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07, BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 17). Die unterschiedliche Behandlung von Messungen im Genehmigungsverfahren einerseits und Messungen im Rahmen der Überwachung andererseits ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es für den Anlagenbetreiber eine höhere Belastung darstellt, wenn er Umbauten vornehmen oder Einschränkungen des Betriebs hinnehmen muss, nachdem er die Investitionen auf der Grundlage einer bestandskräftigen Genehmigung getätigt hat, als wenn ihm im Genehmigungsstadium Auflagen erteilt werden (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 19). Die entscheidende Zäsur für die Unterscheidung einer noch dem Genehmigungsverfahren unterliegenden Messung ohne Messabschlag und einer Überwachungsmessung mit Messabschlag bildet damit die Bestandskraft der Genehmigung.

3.2.4 Der von der Beigeladenen vorgelegte schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 9. September belegt entgegen der Einschätzung des Erstellers somit nicht, dass der mittlere Beurteilungspegel den Anforderungen nach der TA Lärm genügt und damit keine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm vorliegt.

Auf Seite 8 des Berichts wird in Tabelle 3 der Beurteilungspegel für das Wohnzimmer und das Schlafzimmer der Wohnung im 1. Obergeschoss im Anwesen der Antragstellerin dargestellt. In beiden Fällen erfolgt in der vorletzten Spalte ein Abschlag von 3 dB(A) unter Hinweis auf die Messunsicherheit und Nr. 6.9 der TA Lärm. Zudem werden die in der ersten Spalte angegebenen ermittelten Mittelungspegel von 24,5 dB(A) und 22,4 dB(A) bei der Ermittlung des Beurteilungspegels in der letzten Spalte mathematisch gerundet. Bedenken bestehen auch hinsichtlich der mathematischen Rundung, da im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung (anders als etwa in der TA Luft) nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29; VG München, U. v. 20.4.2015 - M 8 K 13.2272 - juris Rn. 73).

Ohne den Messabschlag und ohne mathematische Rundung ergeben sich daher nach dem schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 für das Wohnzimmer 27,5 dB(A) und für das Schlafzimmer 25,4 dB(A). Damit wird aber der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohnzimmer überschritten.

Gleiches gilt für den schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 25. September 2015, woraus sich ohne den Messabschlag bei einem ermittelten maximalen Mittelungspegel von 23,4 dB(A) als Beurteilungspegel nicht gerundete 23 dB(A), sondern 26,4 dB(A) ergeben.

Bei den beiden Berichten dürfte zudem zu Unrecht ein Zuschlag für die Ton- und Informationshaltigkeit nach A.3.3.5 TA Lärm unterblieben sein. Eine Informationshaltigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn in der Geräuschimmission der konkrete Verursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, Anhang Nr. A.3 Rn. 13). Der Zuschlag beträgt je nach Auffälligkeit 3 oder 6 dB(A). Da eine eindeutige Zuordnung der Musik zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich sein dürfte, wären die Beurteilungspegel daher nochmals um 3 dB(A) zu erhöhen, zumal in Berichten festgehalten wurde, dass die Musik während der Messungen subjektiv leicht erkennbar war (jeweils S. 8).

Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Beigeladenen erfolgte ein Impulszuschlag für die Musikimmissionen von 3 dB(A) nach A.3.3.6 TA Lärm zu Recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trägt der Zuschlag für Impulshaltigkeit dem Umstand Rechnung, dass in ihrer Lautstärke kurzzeitig stark zu- und wieder abnehmende Geräusche als deutlich störender empfunden werden, als Geräusche mit weitgehend gleich bleibender Lautstärke. Auslegungsmaßstab ist somit der im Hinblick auf die besonders hohe Pegeländerung außergewöhnliche Grad an Störung, der von den Geräuschen ausgeht. Eine enge Auslegung des Begriffs der Impulshaltigkeit würde diesem Ziel nicht gerecht, weshalb eine Impulshaltigkeit nicht lediglich in den häufig erwähnten extremen Fällen eines Hammerschlags, Peitschenknalls oder Pistolenschusses anzunehmen ist (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 30). Entscheidend ist, ob die Geräuschkomponenten bzw. Pegeländerungen in ihrer störenden Auffälligkeit deutlich wahrnehmbar sind (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 28). Dies dürfte bei moderner Musik grundsätzlich der Fall sein.

Für die Messungen des RGU der Antragsgegnerin ergibt sich ebenfalls bei Nichtberücksichtigung des Messabschlags und ohne mathematische Rundung, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) überschritten wird. Statt 24 dB(A) ergeben sich 26,6 dB(A) und 26,9 dB(A).

Wegen der erheblichen Überschreitungen des Immissionsrichtwertes, kommt es auf die weiteren von der Antragstellerseite aufgeworfenen Fragen zu den Stellplätzen jedenfalls für das Eilverfahren nicht an.

3.2.5 Da mit den Berichten aufgezeigt werden sollte, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet ist, hat die dem Bericht zugrundeliegende Lärmmessung gezeigt, dass durch die immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen in der streitgegenständlichen Baugenehmigung voraussichtlich kein ausreichender Lärmschutz für die Räume im Anwesen der Antragstellerin gewährleitet wird. Entsprechend verstößt damit die Baugenehmigung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot und wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben. Zwar wurden in der Baugenehmigung nicht nur Lärmrichtwerte festgesetzt, sondern weitergehende Auflagen, etwa zum Einbau eines Limiters in die Musikanlage gemacht. Allerdings wurde hierbei kein maximal zulässiger Schallpegel festgesetzt, dessen Einhaltung auch die sichere Einhaltung der Richtwerte in den angrenzenden schutzbedürftigen Räumen sicherstellt.

Im Hinblick auf die zum Teil erheblichen Überschreitungen des Lärmrichtwerts in der Nachtzeit um bis zu 2,5 dB(A) und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Anwohner im Nachbaranwesen, überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragsteller deutlich das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung auf der Grundlage des § 212a BauGB auch während einer anhängigen Nachbarklage weiterhin Gebrauch machen zu können. Entsprechend war die beantragte aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), waren die Kosten allein der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom ... August 2015 (Az: ...) wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf Euro 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ...-str. 44, das mit einem viergeschossigen Gebäude bebaut ist. Im Erdgeschoss befinden sich gewerbliche Nutzungen, ab dem ersten Obergeschoss Wohnnutzungen. Mit ihrer Anfechtungsklage vom 7. August 2015 wendet sie sich gegen eine von der Antragsgegnerin der Beigeladenen unter dem ... August 2015 erteilte Baugenehmigung für das östlich angebaute Anwesen auf dem Grundstück FlNr. ..., ...-str. 42. Mit dieser wurde der Umbau einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss, Nutzungsänderung eines Lagers zu einem Gastraum und einer Ausstellungsfläche im Untergeschoss befristet bis zum 30. April 2018 genehmigt.

In der Baugenehmigung wird ausdrücklich auf die Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 Bezug genommen und das Vorhaben als Sonderbau genehmigt. Die Genehmigung enthält einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt, wonach bei berechtigten und begründeten Lärmbeschwerden von Anrainern aufgrund des Betriebs der Gaststätte der Erlass zusätzlicher Lärmschutzauflagen bis hin zu einer Beschränkung der Öffnungszeit der Gaststätte sowie im Falle fortgesetzter ernsthafter Verstöße der Widerruf der Baugenehmigung vorbehalten wird. Als Begründung hierfür wird ausgeführt, es handle sich bei dem vorliegenden Gebiet um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Gründe, die gegen die Erteilung einer Genehmigung für die Gaststätte im beantragten Umfang sprächen, lägen derzeit nicht vor. Da es jedoch in ähnlichen Fällen immer wieder zu Nutzungskonflikten und berechtigten Beschwerden wegen Ruhestörung komme, werde die Genehmigung mit diesem Auflagen- und Widerrufsvorbehalt erteilt.

Zudem enthält die streitgegenständliche Baugenehmigung in den Ziffern 1.1 bis 1.16 zahlreiche Immissionsschutzauflagen. Unter anderem wurde in Ziffer 1.2 festgesetzt, dass in Wohnungen und sonstigen schutzbedürftigen Räumen, die mit den Gaststättenräumen sowie zugehörigen Betriebsräumen und -einrichtungen baulich verbunden sind, die nachstehenden Richtwerte nicht überschritten werden dürfen:

tagsüber 35 dB(A) (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr),

nachts 25 dB(A) (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr).

In Ziffer 1.11 ist festgelegt, dass die Lautstärke der Musikanlage zu begrenzen ist. Die dazu erforderliche Schallpegelmessung mit Überprüfung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte in betroffenen schutzbedürftigen Räumen und Musikeinstellung ist von einem anerkannten Sachverständigen umgehend vornehmen zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2015, bei Gericht am 13. Oktober 2015 eingegangen, beantragen die Bevollmächtigten der Antragstellerin:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom ... August 2015, Az: ..., wird angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben verstoße voraussichtlich gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Gehe es um die Lösung eines Immissionskonflikte, reiche es zwar in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben werde, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris). Überschritten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Emissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genüge es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr müsse die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002, BayVBl. 2003, 503).

Die Bewohner des klägerischen Anwesens seien während der Öffnungszeiten des bereits in Betrieb genommenen Vorhabens ständig unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt. Diese würden von einem fortlaufenden Pochen und Klopfen, verursacht durch die Musikanlage, insbesondere während der Nachtzeit empfindlich gestört. Das „Rhythmuspochen“ in der Kommunwand sei so intensiv, dass dies den Bewohnern den Schlaf raube. Auch in der Vergangenheit durchgeführte Dämmversuche hätten keinen durchgreifenden Erfolg erzielt. Dies sei der Antragsgegnerin auch mit Schreiben vom 7. August 2015 mitgeteilt und beantragt worden, hiergegen unverzüglich einzuschreiten.

Grundsätzlich sei es Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien einhalte. An die vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien seien hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall „auf der sicheren Seite“ liegen müsse (OVG NRW, B. v. 26.2.2003 - 7 B 2434/02 - juris). Einen solchen Nachweis habe der Bauherr im Genehmigungsverfahren nicht erbracht, eine Überschreitung der für die Antragstellerin noch zumutbaren Richtwerte sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Insbesondere befasse sich weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene mit den in Nr. 7.3 TA Lärm i. V. m. Nr. A.1.5 angesprochenen tieffrequenten Geräuschen. Es lasse sich daher nicht feststellen, ob die nach der DIN 45680 („Messung und Bewertung tieffrequenter Geräusche in der Nachbarschaft“) maßgeblichen Anhaltswerte eingehalten würden. Da deren Vorgaben grundsätzlich den Gehalt der Rücksichtnahme konkretisierten, hätten die Antragsteller einen Anspruch darauf, dass die nach der DIN 45680 maßgeblichen Anhaltswerte beim Betrieb des Vorhabens eingehalten würden (VG Minden, U. v. 17.3.2005 - 9 K 1894/04 - juris). Gerade tieffrequente Geräuschimmissionen führten in der Nachbarschaft auch dann zu Klagen und Beschwerden, wenn die im Übrigen anzuwendenden Beurteilungskriterien nach der TA Lärm eingehalten würden, da die Wahrnehmung und Wirkung tieffrequenter Geräusche deutlich von der Wahrnehmung und Wirkung mittel- oder hochfrequenter, schmal- oder breitbandiger Geräusche abweiche. Insbesondere zu Zeiten, wenn andere Geräuschbelastungen niedrig seien, könnten tieffrequente Geräusche im Wohnbereich zu erheblichen Belästigungen führen, auch wenn sie gerade eben wahrgenommen würden (Umweltbundesamt, Wissenswertes über tieffrequenten Schall - Messungen und Bewertungen tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft - DIN 45680, Stand: 12.8.2008). Im vorliegenden Fall sei die Begutachtung der tieffrequenten Geräusche unerlässlich. Die basshaltige Musik, somit die tieffrequenten Geräusche, würden allein durch den Discobetrieb im Anwesen der Beigeladenen hervorgerufen. Dieser finde bis in die frühen Morgenstunden statt, d. h. in einer Zeit, in der das Ruhebedürfnis besonders ausgeprägt sei. Dieser Umstand falle besonders deshalb ins Gewicht, weil die Situation in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks der Antragsteller von Wohnnutzung und lediglich solchen gewerblichen Nutzungen (Büros, Hotels etc.) geprägt werde, von denen zur Nachtzeit keine vergleichbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgingen. Vor diesem Hintergrund sei im Übrigen auch zweifelhaft, ob der der Antragstellerin im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung der für ein Mischgebiet zulässige Immissionsrichtwert von nachts bis zu 45 dB(A) überhaupt zuzumuten sei, oder ob aus Gründen der Rücksichtnahme nicht vielmehr von vornherein von einem etwas niedrigeren Richtwert ausgegangen werden müsse. Aufgrund der vorgefundenen baulichen Verhältnisse könne es zu „unerwünschten Hohlraumresonanzen“ kommen, eine weitergehende Untersuchung habe diesbezüglich nicht stattgefunden.

Abgesehen davon sei das Vorhaben auch bauplanungsrechtlich unzulässig. Die nähere Umgebung entspreche einem faktischen Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, in dem das streitgegenständlichen Vorhaben als kerngebietstypische Vergnügungsstätte unzulässig sei. Alleine durch die Genehmigung dieser gebietswidrigen Nutzung würde die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, da ihr ein nachbarschützender Gebietsgewährleistungsanspruch zustehe. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO seien in den Teilen eines Mischgebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt würden, lediglich Vergnügungsstätten zulässig, die nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig seien. Vorliegend handle es sich schon nicht um eine Schank- oder Speisewirtschaft, vielmehr handle es sich um eine Diskothek. Es stehe nicht die Bewirtung mit Speisen und Getränken im Vordergrund, sondern ein Barbetrieb und die Unterhaltung der Gäste mittels Tonträgern und einer von einem DJ dargebotenen Musik (BVerwG, B. v. 9.10.1990 - 4 B 120.90). Der Betrieb sei wegen seines typischen Erscheinungsbildes und der mit ihm typischerweise verbundenen Störungen für die Wohnruhe einem Kerngebiet und nicht nur einem Mischgebiet zuzuordnen. Hierfür spreche insbesondere die genehmigte Betriebszeit bis ca. 5.00 Uhr an Sonn- und Feiertagen. Die Anlage spreche damit nach Art einer Nachtbar ein Publikum an, das das nächtliche Vergnügen suche. Insoweit enthalte die Baugenehmigung keine Beschränkung und sei damit für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar. Die Betriebszeiten brächten ein Mehr an Beeinträchtigungen der Wohnruhe, wie sie typischerweise von zentralen innerstädtischen Einrichtungen ausgingen und in Kerngebieten hinzunehmen seien, nicht aber in Mischgebieten, bei denen die Wohnnutzung mindestens gleichberechtigt neben die gewerbliche Nutzung trete. Betriebszeiten bis in die frühen Morgenstunden bedingten regelmäßig Störungen der Nachtruhe durch lärmendes Verhalten der Gäste im Freibereich sowie den Zu- und Abgangsverkehr. Diese Lärmbeeinträchtigungen ließen sich durch Auflagen kaum steuern (OVG NRW, B. v. 14.10.1996 - 10 A 3062/93 - juris).

Werde die Baugenehmigung keinen Bestand haben, müsse zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin verhindert werden, dass die nachbarrechtswidrigen Zustände, die durch die in Angriff genommenen Baumaßnahmen bereits geschaffen worden seien, weiter verfestigt und intensiviert würden.

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen und legte einen schalltechnischen Bericht des Akustikbüros ... und Partner vom 22. Oktober 2015 vor, aus dem sich ergebe, dass eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm für das klägerische Anwesen nicht vorliege.

Der schalltechnische Bericht erfolgte aufgrund von akustischen Messungen am 9. September 2015 in der streitgegenständlichen Bar/Gaststätte. Zur Aufgabenstellung wird ausgeführt, dass im Nachgang zu den erfolgten Umbauarbeiten in einer angrenzenden Wohnung die Lärmbelastung durch Musik ermittelt werden solle. Zu diesem Zweck wurden am 9. September 2015 Schallimmissions-Messungen in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 durchgeführt. Im Bericht solle weiterhin aufgezeigt werden, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet sei und welche passiven und aktiven Schallschutzmaßnahmen gegebenenfalls zusätzlich durchzuführen seien. Die Messungen erfolgten im Wohn- und Schlafzimmer. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde im Wohnzimmer ein maximaler Mittelungspegel von 24,5 dB(A) gemessen. Hierzu wurde gemäß A.3.3.6 TA Lärm ein Impulszuschlag von +3 dB(A) hinzugerechnet sowie ein Abschlag von -3 dB(A) auf Grundlage von Nr. 6.9 TA Lärm („Messunsicherheit“) vorgenommen. Insgesamt wird damit ein Beurteilungspegel von 25 dB(A) dargestellt. Im Schlafzimmer ergab sich ein maximaler Mittelungspegel von 22,4 dB(A), der nach Hinzurechnung des Impulszuschlags sowie Herausrechnung eines Messabschlags von 3 dB(A) einen Gesamtwert von 22 dB(A) ergibt. In der Zusammenfassung kommt der schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu dem Ergebnis, dass der mittlere Beurteilungspegel durch die Musik in der ...-str. 42 den Anforderungen aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. der TA Lärm im Wohn- und Schlafzimmer der Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens ...-str. 44 genüge. Eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die angefochtene Baugenehmigung vom ... August 2015 rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung Gebrauch machen zu können, das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiege.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei nicht der Betrieb einer Vergnügungsstätte beantragt, sondern der Umbau und die Erweiterung der bereits bestehenden Schank- und Speisewirtschaft, was die Baugenehmigung auch selbst mit dem Hinweis auf Seite 5 unter b) klarstelle. Nach der Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2015 solle es sich um eine Bar mit Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst sowie Theater und Varieteedarbietungen handeln, die im Untergeschoss durch einen weiteren Gastraum und durch eine Ausstellungsfläche ohne Gastronomie erweitert werden solle.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstoße nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, da sie den Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Lärmbelästigungen gewährleiste. Sie lege zahlreiche immissionsschutzrechtliche Auflage sowie einen Auflagen- und Widerrufsvorbehalt fest, welche einen effektiven Lärmschutz der Nachbarn gewährleisteten.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die Antragsgegnerin Lärmmessungen veranlassen wolle, Bewohner des Anwesens der Antragstellerin nachvollziehbar mit einer nicht unerheblichen Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung mit der Neueröffnung des streitgegenständlichen Clubs bis ca. Mitte November 2015 rechneten, da trotz entsprechender baulicher Maßnahmen gleichwohl das Dröhnen der Musikanlage (Basstöne) unvermindert deutlich wahrnehmbar sei.

Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 übermittelte der Bevollmächtigte der Beigeladenen einen weiteren schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 über akustische Messungen am 25. September 2015 in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes ...-str. 44. Im Flur der Wohnung wurde ein maximaler Mittelungspegel der Musik von 23,4 dB(A) gemessen. Hierzu erfolgte ein Zuschlag von +3 dB(A) als Impulszuschlag sowie ein Messunsicherheitsabschlag von -3 dB(A), so dass ein Beurteilungspegel von 23 dB(A) ermittelt wurde. In der Zusammenfassung kommt der Bericht zu dem Ergebnis, eine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 teilten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die vorgelegten Lärmmessungen vom 9. September 2015 bzw. 25. September 2015 für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblich seien, da sie gerade das von der Antragstellerseite monierte Dröhnen der Musikanlage, d. h. die tieffrequentierte Geräuschentwicklung nicht zum Gegenstand hätten. Die Antragsgegnerseite sei eigens darauf hingewiesen worden, gerade diese tieffrequente Geräuschentwicklung zu überprüfen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 13. November 2015 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ihren Vortrag zur Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Antragstellerin vertieft. Die Umgebungsbebauung im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB sei nach der Art der baulichen Nutzung als Allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne des § 4 BauNVO anzusehen. Dies habe die Antragsgegnerin selbst in der vorangegangenen Baugenehmigung vom ... Januar 2004 auf Seite 6 unter Hinweis für das streitgegenständliche Vorhaben bestätigt. In der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 werde für die Umgebungsbebauung „ein hoher Wohnanteil“ konstatiert. Laut Baubeschreibung sei ein Diskothekenbetrieb nicht beabsichtigt. Anhand eines Zeitungsartikels aus der ... Zeitung vom ... Dezember 2014 sei jedoch festzustellen, dass jedenfalls laute Musik über eine Anlage von einem DJ-Pult aus abgespielt werde, dass vor allem alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und auch eine Tanzfläche vorhanden sei. Bei dem Vorhaben handle es sich somit um eine den Gebietscharakter störende Vergnügungsstätte, die in einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO auch nicht ausnahmsweise zulässig sei. In einem Wohngebiet nach § 4 BauNVO seien Vergnügungsstätten wie Varietees, Nacht- und Tanzbars, alle anderen Tanzlokale und -cafes nicht zulässig, auch nicht ausnahmsweise. Selbst wenn man vorliegend von einem Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO ausgehe, seien Schank- und Speisewirtschaften gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zwar allgemein zulässig, Vergnügungsstätten im Sinne von § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO aber nur in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt seien. Dies sei nach eigener Feststellung der Antragsgegnerin nicht der Fall. Unabhängig davon diene das streitgegenständliche Vorhaben nicht der Versorgung des Gebiets, weshalb es auch nicht als sonstige Schank- und Speisewirtschaft nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig wäre und angesichts der andauernden Lärmbeeinträchtigung der Antragstellerseite auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könnte, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Das Vorhaben sei jedenfalls nicht als Schank- und Speisewirtschaft im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zu qualifizieren.

Die Baugenehmigung verstoße auch gegen § 12 Abs. 2 BauNVO. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass sich ein Nachbar auch in einem faktischen Baugebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB weitergehend als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO auf die Erfüllung der durch diese Vorschrift vorgegebene Bedarfsvoraussetzung hinsichtlich der Stellplätze und Garagen berufen dürfe (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91). Die Regelung bezwecke, die ruhebedürftigen Wohngebiete davor zu bewahren, Standort lärmintensiver Parkflächen zu werden. Dieser Zweck werde vorliegend nicht erreicht. Nach der Baubeschreibung vom 23. Juni 2015 betrage die Fläche der Gasträume 278 m², nach Maßgabe der Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin wären somit 30 Stellplätze (1 Stellplatz je 10 m² Gastraumfläche) für das Vorhaben auf dem Baugrundstück nachzuweisen. Tatsächlich würden aber laut Baugenehmigung auf dem Baugrundstück nur 6 Stellplätze hergestellt, eine Ablösevereinbarung ergebe sich nicht aus der Akte. Im Ergebnis würden somit 24 Stellplätze stillschweigend mitgenehmigt, ohne dass diese auf dem Baugrundstück hergestellt werden müssten, womit der durch das Vorhaben verursachte Stellplatzbedarf in die nähere Umgebung und damit auch in Richtung der Antragstellerin verlagert werde. Der Bedarf an Stellplätzen für einen im Allgemeinen Wohngebiet ohnehin unzulässigen Gewerbebetrieb dürfe aber gerade nicht in der näheren Umgebung befriedigt werden (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91).

Unabhängig davon würde die Antragstellerin durch die Anordnung der konkret genehmigten, das Fehlen der eigentlich erforderlichen Stellplätze und die Zuwegung in den Innenhofbereich im Sinne des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots rücksichtslos beeinträchtigt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO seien bauliche Anlagen im Einzelfall auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar seien, was vorliegend der Fall sei, da eine für ein Wohngebiet untypisch große Anzahl von Stellplätzen in unmittelbarer Nachbarschaft der Antragstellerseite errichtet bzw. faktisch der näheren Umgebung aufgebürdet würde. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Stellplätze in einem Wohngebiet bzw. einem Gebiet mit hohem Wohnanteil zugeordnet würden. Insofern stellten die Beeinträchtigungen durch das Anlegen der Stellplätze sowie die Suche nach nicht vorhandenen Stellplätzen eine qualifizierte Störung dar, die die Antragstellerin als unmittelbare Nachbarin träfen. Vor allem aufgrund der besonderen örtlichen Situation im Innenhofbereich, sei es nicht auszuschließen, dass der An- und Abfahrtsverkehr einen Grad annehme, welcher das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Antragstellerin überschreite (BayVGH, B. v. 7.11.2011 - 2 CS 11.2149 - juris RdNr. 4).

Mit Schriftsatz vom 23. November 2015 haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin weiter ausgeführt, es habe sich mit der Neueröffnung am ... November 2015 eine nicht unerhebliche Verschlimmerung der Lärmbeeinträchtigung ergeben. Eine Bewohnerin des Anwesens der Antragstellerin beschreibe eine schlaflose Nacht mit unfassbar lautem Basslärm, der bis nach 5.00 Uhr morgens angehalten habe. Eine Kontaktaufnahme mit dem Betreiber der streitgegenständliche Anlage sei erfolglos gewesen. Die Dimension des Lärmens in dieser Nacht sei völlig neu gewesen. Eine Beschreibung als Gaststätte mit Varieteedarbietungen sei völlig verfehlt, tatsächlich handle es sich um eine Diskothek („Mega-Club mit ohrenbetäubender Musik“). Mit weiterem Schriftsatz vom 27. November 2015 wurde u. a. darauf hingewiesen, dass auf dem Newsletter des streitgegenständlichen Vorhabens wie bereits in der Vergangenheit lediglich auf die eingeladenen und auftretenden DJs verwiesen werde. Von einer Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieteenutzung werde mit keinem Wort gesprochen, weil ein derartiges Vorhaben vorliegend auch nicht ausgeführt werde. Es gehe ausschließlich um eine Diskothekennutzung, wofür das Auftreten von wechselnden DJs und das Vorhandensein einer Tanzfläche sprächen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass zwischenzeitlich durch das Referat für Gesundheit und Umwelt Lärmmessungen vorgenommen worden seien und hat hierzu die Protokolle und Messberichte vorgelegt. Zudem hat sie mitgeteilt, dass am 11./12. Dezember 2015 erneut Messungen stattfinden werden. Insoweit wurden zur Messung vom 8. November 2015 in der Zeit von 00.03 Uhr bis 2.15 Uhr zwei Formulare mit der Überschrift „Messbericht nach TA Lärm“ vorgelegt, deren Unterschied sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015 von 18.02 Uhr und 51 Sekunden erfolgt die Berechnung des Beurteilungspegels nach dem gemessenen Mittelungspegel von 21,5 dB(A), zu dem 3 dB(A) als Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit sowie 2,1 dB(A) als Zuschlag für Impulshaltigkeit hinzugerechnet werden, wovon ein Abschlag in Höhe von 3 dB(A) für die Messunsicherheit nach TA Lärm erfolgt. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,6 dB(A) wird dann aufgerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt. Im Messbericht vom 8. Dezember 2015, 18.03 Uhr und 55 Sekunden erfolgt eine identische Berechnung, nur dass als Zuschlag für die Impulshaltigkeit statt 2,1 dB(A) ein Wert von 2,4 dB(A) angesetzt wird. Der so ermittelte Takt-Maximal-Mittelungspegel von 23,9 dB(A) wird wiederum mathematisch gerundet als Beurteilungspegel in Höhe von 24 dB(A) dargestellt, wobei ebenfalls ein Abschlag für Messunsicherheit nach TA Lärm in Höhe von 3 dB(A) erfolgt ist.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 hat der Bevollmächtigte der Beigeladenen ausgeführt, in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... August 2015 seien hinsichtlich des Immissionsschutzes verschiedene Auflagen enthalten, die geeignet seien, schädliche Umwelteinwirkungen für die Antragstellerin zu vermeiden. Bereits im Genehmigungsverfahren habe der Bauherr Art und technische Merkmale der geplanten Anlage darzustellen und nachzuweisen, dass das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufe (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07 - juris RdNr. 20). Messungen, die im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durchgeführt würden, seien ebenfalls der genehmigenden Tätigkeit der Behörde zuzurechnen. Diesbezüglich seien von der Beklagten u. a. verschiedene akustische Messungen vorgelegt worden. Hierbei sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die hier relevanten Immissionsrichtwerte von 35 dB(A) am Tag und insbesondere 25 dB(A) nachts jeweils eingehalten würden.

Bei der Ermittlung der jeweiligen Werte habe der Gutachter aufgrund Messunsicherheit nach Nr. 6.9 TA Lärm einen Messabschlag von 3 dB(A) abgezogen, andererseits einen Impulszuschlag von 3 dB(A) hinzugerechnet. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm bei der Erteilung der Baugenehmigung bzw. auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn nicht anwendbar wäre, da der Messunsicherheitsabschlag nur „bei der Überwachung“, nicht jedoch im Rahmen der Genehmigung vorzunehmen sei, sei vorliegend darauf hinzuweisen, dass entsprechend ein (Sicherheits-)Impulszuschlag von 3 dB(A) ebenfalls nicht veranlasst sei, da nach den Ausführungen des Gutachters während der Messungen kaum Musik zu hören gewesen sei („… auffällige tonale Komponenten konnten nicht festgestellt werden“, Bl. 7 der akustischen Messung vom 25.9.2015 und Bl. 8 der akustischen Messung vom 9.9.2015). Damit sei nach den Ausführungen des Gutachters selbst bei Nichtberücksichtigung des Messunsicherheitsabzugs und des Impulszuschlags der relevante Immissionsrichtwert von 25 dB(A) für die Nachtzeit eingehalten. Darüber hinaus habe der Sachverständige in den vorliegenden Gutachten davon abgesehen, eine erforderliche Korrektur der Umgebungsgeräusche vorzunehmen, was zu einer zusätzlichen Absenkung des Beurteilungspegels geführt hätte. Nach den vorgelegten Messungen sei bei Nichtberücksichtigung von Messunsicherheiten sowie des Impulszuschlags davon auszugehen, dass jedenfalls der Immissionsgrenzwert von 25 dB(A) an den betroffenen Immissionsstellen eingehalten werde. Dies sei im Ergebnis auch von der am 8. November 2015 durchgeführten Messung der Antragsgegnerin bestätigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und damit gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 60 BayBO zu prüfen sind, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hauptsacheverfahren wird die streitgegenständliche Baugenehmigung daher aufzuheben sein, weshalb von einem überwiegendem Suspensivinteresse der Antragstellerin auszugehen ist und die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage angeordnet wurde.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Beim Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 RdNr. 146; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 RdNr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 RdNr. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehbarkeit.

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Eine Verletzung drittschützender Normen durch die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht. Soweit das Prüfprogramm der Behörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben eingeschränkt ist, scheidet eine Verletzung von außerhalb dieses Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zulasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der baubehördlichen Entscheidung aus.

Das streitgegenständliche Vorhaben wurde zu Recht gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO als Sonderbau eingestuft, so dass das umfassende Prüfprogramm des Art. 60 BayBO zur Anwendung kommt und damit sowohl drittschützende Bestimmungen des Bauordnungsrechts als auch des Bauplanungsrechts von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung umfasst sind.

3. Ob der Antragstellerin gegen das Vorhaben ein planungsrechtlicher Gebietserhaltungsanspruch zusteht, muss derzeit als offen angesehen werden. Vorliegend verstößt die streitgegenständliche Baugenehmigung aber voraussichtlich zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, so dass die Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraussichtlich aufzuheben sein wird.

3.1 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Ob es sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO beurteilt, hängt davon ab, ob sich die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen als faktisches Baugebiet qualifizieren lässt oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage muss im Eilverfahren ohne Durchführung eines Augenscheins als offen angesehen werden. Während die Antragsgegnerin vom Vorliegen einer Gemengelage mit hohem Wohnanteil ausgeht, geht die Antragstellerseite von einem faktischen Mischgebiet (MI) oder sogar einem faktischen WA aus. Allein anhand der Lagepläne lässt sich diese Frage jedoch nicht beantworten.

Ebenso ist die Art der Nutzung des Vorhabens nicht eindeutig. Laut Betriebsbeschreibung soll es sich um eine Schank- und Speisegaststätte mit Hintergrundmusik handeln. Hiergegen sprechen jedoch auf den ersten Blick die in der Baugenehmigung enthaltenen 16 Auflagen zum Immissionsschutz sowie der lärmbezogene Auflagen- und Widerrufsvorbehalt. Gegen eine bloße Hintergrundmusik spricht auch, dass nach den Bauplänen sowohl im EG als auch im UG eigene Bereiche für Musik bzw. DJ vorgesehen sind. Insgesamt sprechen diese Umstände eher dafür, dass es sich nicht um eine „normale“ Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik handelt, sondern die Musikunterhaltung im Vordergrund steht und es sich daher um eine Vergnügungsstätte handelt. Zwar sehen die Pläne keine gesondert ausgewiesene Tanzfläche vor. Dass tatsächlich nach Zeitungsberichten eine solche vorhanden sein soll, ändert am Inhalt der Baugenehmigung nichts. Allerdings ist eine solche für die Einstufung als Vergnügungsstätte nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist hierfür, dass die Musikunterhaltung im Vordergrund steht. Dies belegen auch die Annahmen im Messbericht vom 23. September 2014, wonach bei der Gaststätte im UG von Schalldruckpegeln ausgegangen wird, die teilweise bei über 95 dB(A) liegen. Bei derartigen Werten kann nicht mehr von einer „Hintergrundmusik“ ausgegangen werden, vielmehr steht bei diesen Werten die Musik eindeutig im Vordergrund. Auch entsprechen derartige Schallpegel typischerweise einer Diskothek. Im Übrigen ist die Betriebsbeschreibung auch hinsichtlich der Betriebszeiten nicht hinreichend bestimmt, wenn insoweit lediglich „Voraussichtliche Betriebszeiten im Untergeschoss“ angegeben werden, die damit jederzeit ausgeweitet werden können und letztendlich einen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen die Woche zulassen.

Ob der Antragstellerin gegen das voraussichtlich als Vergnügungsstätte einzustufende Vorhaben ein Gebietserhaltungsanspruch zusteht, hängt entscheidend davon ab, ob die nähere Umgebung als faktisches Baugebiet eingestuft werden kann und ob diese Art der Nutzung nach der BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig ist. Handelt es sich dagegen um eine Gemengelage, scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch von vorneherein aus. Da die Gebietseinstufung derzeit als offen anzusehen ist, gilt dies auch für die Frage des Bestehens eines Gebietserhaltungsanspruchs.

3.2 Ob sich vorliegend das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, kann dahinstehen, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (BVerwG B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

3.2.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris RdNr. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris RdNr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris RdNr. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris RdNr. 4).

3.2.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (BVerwG U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl. 2003, 503 - juris Rn. 53-61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

3.2.3 Vorliegend belegen die vorgelegten Messungen durchgängig, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) durch die Musik aus dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht eingehalten wird.

Bei den erfolgten Messungen sowohl durch das von der Beigeladenen beauftragte Akustikbüro als auch das Referat für Umwelt und Gesundheit der Antragsgegnerin war kein Messabschlag von 3 dB(A) nach Nr. 6.9 TA Lärm vorzunehmen, da es sich bei den vorgenommenen Messungen um keine Überwachungsmessung im Sinne dieser Bestimmung handelt. Anerkanntermaßen ist der Messabschlag nicht im Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Gleiches gilt im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer noch nicht bestandskräftigen Genehmigung (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 36; OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 36 ff.). Der Messabschlag bezieht sich in der Regel auf Messungen, die veranlasst werden, um festzustellen, ob Anordnungen oder sonstige Eingriffe gegenüber bestehenden Anlagen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebes erforderlich sind und soll gewährleisten, dass derartige Maßnahmen nur dann getroffen werden, wenn Rechtsverletzungen aufgrund von Lärmimmissionen mit ausreichender Sicherheit anzunehmen sind (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 77. ErgL 2015, Nr. 6 TA Lärm Rn. 35 ff.). Der Messabschlag trägt dem Umstand Rechnung, dass in die Berechnung Messwerte einfließen, die wegen geräte- und umweltbedingter Toleranzen Wahrscheinlichkeitsgrößen sind, mit der Folge, dass auch das Berechnungsergebnis selbst eine gewisse Unsicherheit aufweist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 38 m. w. N.). Mit dem Abzug von 3 dB(A) soll jegliches Risiko eines rechtswidrigen Eingriffes vermieden werden (BVerwG, U. v. 16.05.2001- 7 C 16.00 - juris Rn. 19 a.E.). Im Genehmigungsverfahren ist der Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm indessen nicht anzusetzen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39), da hier der Antragsteller nachzuweisen hat, dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“ sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

Diese Einschätzung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Regelung über den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm nicht anzuwenden ist, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung die auf das betreffende Gebäude einwirkenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch eine Messung ermittelt worden sind. Denn es handelt sich nicht um eine „Messung bei der Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte“, also eine sogenannte Überwachungsmessung (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2/07, BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 17). Die unterschiedliche Behandlung von Messungen im Genehmigungsverfahren einerseits und Messungen im Rahmen der Überwachung andererseits ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es für den Anlagenbetreiber eine höhere Belastung darstellt, wenn er Umbauten vornehmen oder Einschränkungen des Betriebs hinnehmen muss, nachdem er die Investitionen auf der Grundlage einer bestandskräftigen Genehmigung getätigt hat, als wenn ihm im Genehmigungsstadium Auflagen erteilt werden (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 19). Die entscheidende Zäsur für die Unterscheidung einer noch dem Genehmigungsverfahren unterliegenden Messung ohne Messabschlag und einer Überwachungsmessung mit Messabschlag bildet damit die Bestandskraft der Genehmigung.

3.2.4 Der von der Beigeladenen vorgelegte schalltechnische Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 9. September belegt entgegen der Einschätzung des Erstellers somit nicht, dass der mittlere Beurteilungspegel den Anforderungen nach der TA Lärm genügt und damit keine Lärmbeeinträchtigung im Sinne der TA Lärm vorliegt.

Auf Seite 8 des Berichts wird in Tabelle 3 der Beurteilungspegel für das Wohnzimmer und das Schlafzimmer der Wohnung im 1. Obergeschoss im Anwesen der Antragstellerin dargestellt. In beiden Fällen erfolgt in der vorletzten Spalte ein Abschlag von 3 dB(A) unter Hinweis auf die Messunsicherheit und Nr. 6.9 der TA Lärm. Zudem werden die in der ersten Spalte angegebenen ermittelten Mittelungspegel von 24,5 dB(A) und 22,4 dB(A) bei der Ermittlung des Beurteilungspegels in der letzten Spalte mathematisch gerundet. Bedenken bestehen auch hinsichtlich der mathematischen Rundung, da im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung (anders als etwa in der TA Luft) nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29; VG München, U. v. 20.4.2015 - M 8 K 13.2272 - juris Rn. 73).

Ohne den Messabschlag und ohne mathematische Rundung ergeben sich daher nach dem schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 für das Wohnzimmer 27,5 dB(A) und für das Schlafzimmer 25,4 dB(A). Damit wird aber der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohnzimmer überschritten.

Gleiches gilt für den schalltechnischen Bericht vom 22. Oktober 2015 zu Messungen am 25. September 2015, woraus sich ohne den Messabschlag bei einem ermittelten maximalen Mittelungspegel von 23,4 dB(A) als Beurteilungspegel nicht gerundete 23 dB(A), sondern 26,4 dB(A) ergeben.

Bei den beiden Berichten dürfte zudem zu Unrecht ein Zuschlag für die Ton- und Informationshaltigkeit nach A.3.3.5 TA Lärm unterblieben sein. Eine Informationshaltigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn in der Geräuschimmission der konkrete Verursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, Anhang Nr. A.3 Rn. 13). Der Zuschlag beträgt je nach Auffälligkeit 3 oder 6 dB(A). Da eine eindeutige Zuordnung der Musik zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich sein dürfte, wären die Beurteilungspegel daher nochmals um 3 dB(A) zu erhöhen, zumal in Berichten festgehalten wurde, dass die Musik während der Messungen subjektiv leicht erkennbar war (jeweils S. 8).

Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Beigeladenen erfolgte ein Impulszuschlag für die Musikimmissionen von 3 dB(A) nach A.3.3.6 TA Lärm zu Recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trägt der Zuschlag für Impulshaltigkeit dem Umstand Rechnung, dass in ihrer Lautstärke kurzzeitig stark zu- und wieder abnehmende Geräusche als deutlich störender empfunden werden, als Geräusche mit weitgehend gleich bleibender Lautstärke. Auslegungsmaßstab ist somit der im Hinblick auf die besonders hohe Pegeländerung außergewöhnliche Grad an Störung, der von den Geräuschen ausgeht. Eine enge Auslegung des Begriffs der Impulshaltigkeit würde diesem Ziel nicht gerecht, weshalb eine Impulshaltigkeit nicht lediglich in den häufig erwähnten extremen Fällen eines Hammerschlags, Peitschenknalls oder Pistolenschusses anzunehmen ist (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 30). Entscheidend ist, ob die Geräuschkomponenten bzw. Pegeländerungen in ihrer störenden Auffälligkeit deutlich wahrnehmbar sind (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. - juris Rn. 28). Dies dürfte bei moderner Musik grundsätzlich der Fall sein.

Für die Messungen des RGU der Antragsgegnerin ergibt sich ebenfalls bei Nichtberücksichtigung des Messabschlags und ohne mathematische Rundung, dass der Immissionsrichtwert innerhalb von Räumen in der Nachtzeit nach Nr. 6.2 TA Lärm von 25 dB(A) überschritten wird. Statt 24 dB(A) ergeben sich 26,6 dB(A) und 26,9 dB(A).

Wegen der erheblichen Überschreitungen des Immissionsrichtwertes, kommt es auf die weiteren von der Antragstellerseite aufgeworfenen Fragen zu den Stellplätzen jedenfalls für das Eilverfahren nicht an.

3.2.5 Da mit den Berichten aufgezeigt werden sollte, ob der Schutzanspruch der Anwohner vor schädigenden Geräuschimmissionen gewährleistet ist, hat die dem Bericht zugrundeliegende Lärmmessung gezeigt, dass durch die immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen in der streitgegenständlichen Baugenehmigung voraussichtlich kein ausreichender Lärmschutz für die Räume im Anwesen der Antragstellerin gewährleitet wird. Entsprechend verstößt damit die Baugenehmigung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung zulasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot und wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben. Zwar wurden in der Baugenehmigung nicht nur Lärmrichtwerte festgesetzt, sondern weitergehende Auflagen, etwa zum Einbau eines Limiters in die Musikanlage gemacht. Allerdings wurde hierbei kein maximal zulässiger Schallpegel festgesetzt, dessen Einhaltung auch die sichere Einhaltung der Richtwerte in den angrenzenden schutzbedürftigen Räumen sicherstellt.

Im Hinblick auf die zum Teil erheblichen Überschreitungen des Lärmrichtwerts in der Nachtzeit um bis zu 2,5 dB(A) und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Anwohner im Nachbaranwesen, überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragsteller deutlich das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung auf der Grundlage des § 212a BauGB auch während einer anhängigen Nachbarklage weiterhin Gebrauch machen zu können. Entsprechend war die beantragte aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), waren die Kosten allein der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I.

Die Baugenehmigung vom ... April 2016, Plannr. ..., wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. 862 der Gemarkung ... 1 (...-straße 44), wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte (Änderungs-)Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer ehemaligen Bankfiliale in eine kunstorientierte Bar/Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßiger Kleinkunst-, Theater- und Varieténutzung im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss auf dem östlich benachbarten Grundstück FlNr. 865 (vormals ..., nunmehr „...“; ...-straße 42).

Unter dem ... Januar 2004 erteilte die Beklagte der früheren Betreiberin der Bar/Schank-und Speisewirtschaft ... in den nunmehr von der Beigeladenen genutzten Räumen im Anwesen ...-straße 42 unter Nebenbestimmungen die Baugenehmigung für die entsprechende Umnutzung einer ehemaligen Bankfiliale.

Nachdem die Kammer für eine für das ursprüngliche Vorhaben der Beigeladenen von der Beklagten erteilte, befristete und mit zahlreichen Nebenbestimmungen ins-besondere zum Immissionsschutz versehene Baugenehmigung vom ... August 2015 mit Beschluss vom 9. Oktober 2015, M 8 SN 15.4541, auf den Antrag der Klägerin nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hin die aufschiebende Wirkung der Klage (M 8 K 15.3370) gegen diese Genehmigung angeordnet hatte, erklärte die Beigeladene gegenüber der Beklagten, ihren Betrieb bis auf Weiteres ausschließlich auf der Grundlage der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 fortzusetzen. Nachdem über einen Widerspruch der Klägerin gegen die Baugenehmigung vom ... Januar 2004 nicht entschieden worden war, nahm die Beklagte die Erklärung der Beigeladenen zum Anlass, am ... Februar 2016 einen sogenannten Nachgangsbescheid zu erlassen, mit dem sie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verschiedene weitere immissionsschutzrechtliche Anordnungen zugunsten der Nachbarschaft traf. Ihre hiergegen gerichtete Klage vom 21. März 2016 (M 8 K 16.1368) nahm die Klägerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 zurück.

Am ... März 2016 reichte die Beigeladene bei der Beklagten einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... Januar 2014 ein. Gegenstand dieses Änderungsantrags war eine geänderte Betriebsbeschreibung vom 22. Februar 2016, mit der eine Erweiterung der Öffnungszeiten (dienstags und mittwochs 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr, donnerstags bis samstags 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr, sonntags 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr) begehrt wurde. Zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude ...-straße 44 befindliche Wohnnutzung sah der Änderungsantrag schalltechnische Maßnahmen entsprechend den ausdrücklich in der Betriebsbeschreibung in Bezug genommenen schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016 vor. Diese sahen neben bauakustischen Maßnahmen insbesondere einen maximalen Innenpegel der Musikdarbietungen von 95 dB(A) vor, unter dessen Einhaltung die Beigeladene verlässlich von einer Vermeidung unzumutbarer Schalleinwirkungen auf die Nachbarbebauung ausging.

Parallel dazu reichte die Beigeladene, ebenfalls unter dem ... März 2016, einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... August 2015 bei der Beklagten ein. Gegenstand dieses Änderungsantrags war eine geänderte Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 in der Fassung vom ... Mai 2016, mit der für die geplante Schank- und Speisewirtschaft mit Bar sowie mit regelmäßigen Kunst- und Musikdarbietungen („Erlebnisgaststätte“) - neben verschiedenen baulichen Modifikationen (Küche im Erdgeschoss, Foodstand im Untergeschoss, Veränderung der Zahl und Anordnung der Gast(sitz)plätze) - die Zulassung erweiterter Öffnungszeiten (dienstags und mittwochs 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr, donnerstags bis samstags 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr, sonntags 12.00 Uhr bis 2.00 Uhr) begehrt wurde. Zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude ...-straße 44 befindliche Wohnnutzung sah der Änderungsantrag schalltechnische Maßnahmen entsprechend den auch zu diesem Änderungsantrag ausdrücklich im Bezug genommenen schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016 vor.

Mit streitbefangener Änderungsgenehmigung vom ... April 2016, der Klägerin zugestellt am ... April 2016, erteilte die Beklagte unter Bezugnahme auf die Regelungen der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 und des Nachgangsbescheids vom ... April 2016 die beantragte Baugenehmigung.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2016, bei Gericht eingegangen am 19. April 2016, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt,

die Baugenehmigung vom ... April 2016 aufzuheben.

Mit Schriftsätzen vom 28. August 2016, 18. November 2016 und 23. November 2016 trugen die Klägerbevollmächtigten im Wesentlichen vor, das Vorhaben verstoße gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin. Es handele sich um eine maßgeschneiderte Baugenehmigung für eine im Geviert unzulässige Vergnügungsstätte. Die nähere Umgebung des Vorhabens entspreche hinsichtlich der Nutzungsstrukturen am ehesten einem allgemeinen Wohngebiet. Wegen der von ihm ausgehenden Lärmimmissionen verletze das Vorhaben das Rücksichtnahmegebot. Die erteilte Baugenehmigung erweise sich in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt, da ihr nicht entnommen werden könne, ob das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Bauvorhabens auf das benachbarte Grundstück der Klägerin gewahrt werde. Auch die Betriebsbeschreibung erweise sich als unbestimmt. Auch sei das Vorhaben abstandsflächenrechtlich unzulässig.

Die Beigeladene (vgl. Beschluss vom 20. April 2016) nahm mit Schriftsätzen ihrer Bevollmächtigten vom 14. Oktober 2016 und 18. November 2016 zur Sache Stellung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, bei der Umgebungsbebauung handle es sich um eine Gemengelage. Bei dem Vorhaben handle es sich nicht um eine Vergnügungsstätte, sondern um einen schwerpunktmäßig gastronomisch aus-gerichteten Betrieb. Auch verstoße das Vorhaben nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. In lärmtechnischer Hinsicht seien in der streitbefangenen Änderungsgenehmigung in Verbindung mit der Ausgangsgenehmigung sowie in der Betriebsbeschreibung eine Vielzahl von Maßnahmen enthalten, die einen adäquaten Schutz der Klägerin bzw. der jeweils vermeintlich betroffenen Sondereigentümer sicherstellten. Dies ergebe sich insbesondere aus den schalltechnischen Stellungnahmen des Büros ... vom ... Februar 2016 und ... März 2016. Zudem sei auf die Stellungnahme des Büros ... vom ... Februar 2016 zu verweisen. Die erteilte Baugenehmigung erweise sich hinsichtlich der Betriebsmodalitäten sowie der vorzunehmenden Maßnahmen des Schallschutzes auch als hinreichend bestimmt. Das Vorhaben werfe hinsichtlich der Klägerin keine abstandsflächenrechtlich relevanten Fragen auf.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016 legte die Beklagte die Behördenakten vor, nahm zur Sache unter Vorlage von Messberichten vom ... Oktober 2016 Stellung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin komme eine Nachbarrechtsverletzung auf-grund des Gebietserhaltungsanspruchs vorliegend nicht in Betracht. Es handele sich um eine Gemengelage mit hohem Wohnanteil. Das Vorhaben sei als Gaststätte und nicht als Vergnügungsstätte einzuordnen, da der Schwerpunkt der genehmigten Nutzung noch innerhalb der Variationsbreite einer Schank- und Speisewirtschaft liege. Eine solche verliere durch das Abspielen von Musik und durch gelegentliche DJ-Veranstaltungen sowie einzelne, auch regelmäßige, Tanzveranstaltungen nicht ihren Charakter als Schank- und Speisewirtschaft. Dies gelte auch für die streitbefangene „Erlebnisgaststätte“. Auch erweise sich die Baugenehmigung nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt. Aus der Baugenehmigung, den Planunterlagen sowie der zugehörigen Betriebsbeschreibung ergebe sich die konkrete Ausgestaltung der beabsichtigten Nutzung. Insbesondere ließen sich den genehmigten Unterlagen die genauen Öffnungszeiten, das Betriebskonzept und die im Hinblick auf die Gewährleistung einer effektiven Einhaltung der festgesetzten Lärmwerte notwendigen Maßnahmen entnehmen. Auch erweise sich das Vorhaben nicht als rücksichtslos. Die vorgelegten Messergebnisse zeigten, dass der einzuhaltende Nachtwert von 25 dB(A) nicht überschritten werde. Zudem entspreche das Vorhaben dem Abstandsflächenrecht. Mit Schreiben vom 17. November 2016 äußerte sich die Beklagte unter Vertiefung des bisher Ausgeführten nochmals zur Sache.

Das Gericht hat am 28. November 2016 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augen-scheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tage, namentlich der dort abgegebenen übereinstimmenden Erledigterklärung im Verfahren zur Ausgangsbaugenehmigung vom ... Januar 2004 in Gestalt des Nachgangsbescheids vom ... Februar 2016 (M 8 K 16.1794), wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in den weiteren zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren M 8 K 15.3370, M 8 K 16.1368, M 8 K 16.1794, M 8 K 16.2281, M 8 SN 15.4541 und M 8 E1 16.281 sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Die streitgegenständliche (Änderungs-)Baugenehmigung vom ... April 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen Verfahrensvorschriften verstößt und zudem die beim Betrieb des Lokals der Beigeladenen entstehenden Immissionen nicht wirksam auf ein für die Klägerin zumutbares Maß begrenzt sind.

1. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen bauordnungsrechtliche Verfahrensvorschriften (Art. 64 Abs. 2 Satz 1 Bayerische Bauordnung - BayBO - i. V. m. §§ 1 ff. Bauvorlagenverordnung - BauVorlV -; Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO) und auch gegen das Gebot hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit der Baugenehmigung i. S. d. Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVfVfG).

Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei für den vorliegenden Fall in verordnungsrechtlicher Konkretisierung aus §§ 1, 3 BauVorlV und den in der letztgenannten Vorschrift in Bezug genommenen Regelungen des dritten Teils der Bauvorlagenverordnung. Mit diesen Formvorschriften für den Bauantrag korrespondiert unmittelbar die Bestimmung des Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO. Danach ist die Baugenehmigung dem Antragsteller - hier also der Beigeladenen - mit einer Ausfertigung der mit einem Genehmigungsvermerk zu versehenen Bauvorlagen zuzustellen.

In den vorgelegten Behördenakten zum Änderungsantrag Plannr. ... sind zwar eine Bauzeichnung vom ... März 2015 sowie ein dazugehöriger Lageplan als Planunterlage i. S. d. §§ 7, 8 BauVorlV enthalten. Allerdings finden sich dort entgegen Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO keine mit einem Genehmigungsvermerk versehen Bauvorlagen zur Genehmigung vom... April 2016.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und mit ihm die erkennende Kammer gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Nachbar zwar keinen materiellen Anspruch darauf hat, dass der Bauantragsteller einwandfreie Bauvorlagen einreicht, die Baugenehmigung aber dann aufzuheben ist, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 5.12.2001 - 26 ZB 01.1775 - juris Rn. 11 m. w. N.; aktuell z. B. VG München, U. v. 26.9.2016 - M 8 K 15.3757 - juris Rn. 45). Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zugrunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (BayVGH, U. v. 28.6.1999 - 1 B 97.3174 - juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte der Klägerin begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U. v. 28.6.1999 - 1 B 97.3174 - juris Rn. 16; B. v. 5.12.2001 a. a. O. juris Rn. 11 m. w. N.; Lechner in: Simon/Busse, BayBO Stand August 2016, Art. 68 Rn. 472 m. w. N.).

Zudem verlangt auch das Bestimmtheitsgebot (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Baumaßnahmen und Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften auszuschließen und - zusätzlich - wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat (vgl. VG München, a. a. O. juris Rn. 46).

Diesen Verfahren- und Formvorschriften ist vorliegend nicht genügt. Erst aus der beim Altakt Plannr. ... befindlichen und mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Planunterlage zur Baugenehmigung vom ... Januar 2004 in Gestalt des Nachgangsbescheids vom ... Februar 2016 lässt sich - in Verbindung mit der genehmigten und auch mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 im gegenständlichen Verfahren - der genehmigte Umfang des streitigen Vorhabens der Beigeladenen in den von ihr genutzten Räumen im Anwesen ...-straße 42 entnehmen. Die Kaskade der für das Vorhaben der Beigeladenen - auch parallel - beantragten und von der Beklagten erteilten, teilweise aufeinander aufbauenden, teilweise aber auch wieder erheblich voneinander abweichenden Baugenehmigungen (Bau-, Nachgangs- und Änderungsgenehmigungen vom ... Januar 2004, vom ... Februar 2016 und - letztlich hier streitgegenständlich - vom ... April 2016 einerseits sowie vom ... August 2015 und ... Mai 2016 andererseits) - jeweils mit ebenfalls teilweise identischen, teilweise abweichenden oder - wie hier - gar nicht vorhandenen bzw. widersprüchlichen Bauvorlagen - erweist sich bereits als solche als in erheblicher Weise uneindeutig und unklar und führt ohne eindeutige Zuordnung und Abgrenzung der entsprechenden Bauvorlagen zu- und voneinander sowie zu den zahlreichen Verwaltungsverfahren und dazu bei der Beklagten geführten Akten jedenfalls im vorliegenden Fall zur Unbestimmtheit der Bauvorlagen.

Dazu kommt, dass die zum gegenständlichen Verwaltungsvorgang der Beklagten genommene, ungenehmigte Planunterlage vom ... März 2015 anscheinend identisch ist mit der im Parallelverfahren M 8 K 15.3370 streitbefangenen Baugenehmigung vom ... August 2015 vorgelegten, dort indes undatierten aber mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Unterlage. Dies führt hinsichtlich der dort enthaltenen Darstellung einer gaststättenmäßigen Nutzung auch im Untergeschoss allerdings zu einem wiederum nicht belastbar auflösbaren Widerspruch zur Erklärung der Beigeladenen in der hier gegenständlichen Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016, wonach die Nutzung des Untergeschosses zu anderen als Lagerzwecken nicht Gegenstand des Änderungsantrags vom ... März 2016 war. Diese Aussage korrespondiert zwar ihrerseits mit der in der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 zugelassen Lagernutzung im Kellergeschoss, steht aber mit der beim gegenständlichen Verwaltungsvorgang befindlichen Bauvorlage vom ... März 2015 in erheblichem Widerspruch. Sonach erweisen sich die Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom ... April 2016 auch insoweit als unklar.

Im hier zu entscheidenden Fall der nachbarlichen Anfechtung geht die vorgenannte, jedenfalls im Rahmen einer Gesamtschau erhebliche Unklarheit bzw. Unvollständigkeit der Bauvorlagen und die damit korrespondierende Unvollständigkeit der streitigen Baugenehmigung zulasten des Bauherrn und der Genehmigungsbehörde. Dies deswegen, weil es sowohl Obliegenheit der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Amtsermittlung (Art. 24 BayVwVfG) als auch solche der Beigeladenen als Bauherrin im Rahmen ihrer Mitwirkung am Verwaltungsverfahren (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) gewesen wäre, vollständige, unzweideutige und im Einzelnen auch nachprüfbare und aus sich selbst heraus ausreichend schlüssige Bauvorlagen einzureichen bzw. der Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung zugrunde zu legen (vgl. Gaßner in: Simon/Busse, a. a. O. Art. 64 Rn. 80; VG München, U. v. 11.4.2016 - M 8 K 15.597 - juris Rn. 22). Dies entspricht im Übrigen auch der normativen Wertung, die § 13 BauVorV für das Baugenehmigungsverfahren zu entnehmen ist.

Mithin verstößt die aufgrund fehlender und zudem auch widersprüchlicher Bauvorlagen erteilte Baugenehmigung vom 12. April 2016 schon aus Gründen des hier ausnahmsweise drittschützenden Verfahrensrechts gegen Rechte der Klägerin.

2. Das streitgegenständliche, bauplanungsrechtlich nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilenden Vorhaben verstößt gegen das in dieser Vorschrift enthaltene, die Klägerin als Nachbarin schützende Rücksichtnahmegebot. Es fügt sich nicht im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein bzw. erweist sich als rücksichtlos, weil damit zu rechnen ist, dass die Klägerin durch vom klägerischen Betrieb ausgehende Geräusche unzumutbar belästigt wird. Der Schutz der Klägerin wird durch die Nebenbestimmungen der streitbefangenen Bau-genehmigung und die Maßgaben der Betriebsbeschreibung der Beigeladenen nicht ausreichend gewährleistet. Es wird dadurch nicht hinreichend belastbar sichergestellt, dass die Immissionen wirkungsvoll auf ein für die Klägerin zumutbares Maß begrenzt werden.

Die Zumutbarkeitsgrenzen für Lärmimmissionen sind zwar im streitbefangenen Be-scheid grundsätzlich in Gestalt verschiedener Auflagen zutreffend festgelegt. Es er-weist sich aber nicht als gesichert, dass diese Grenzen von der Beigeladenen auch tatsächlich eingehalten werden (können). Vor allem genügt es unter den gegebenen Umständen nicht, für den Betrieb des Lokals der Beigeladenen lediglich vorzuschreiben, dass die maßgeblichen Richtwerte, insbesondere nach Nr. 6.2 der TA Lärm nicht überschritten werden dürfen und dazu verschiedene - zudem überwiegend eher allgemein gehaltene - Auflagen zu verfügen. Angesichts der Geräuschbelastung, die bei der nach der streitigen Genehmigung zulässigen umfangreichen Nutzung des Lokals während der Nachtzeit - namentlich donnerstags bis samstags jeweils bis 5.00 Uhr morgens - zu erwarten ist, hätte es jedenfalls für diese Zeit weiterer, den Betrieb und von ihm auf das klägerische Anwesen ausgehende Geräuschimmissionen konkret und ausreichend wirksam einschränkender Nebenbestimmungen bedurft, um verlässlich zu gewährleisten, dass die vorgesehenen Begrenzung der Immissionen letztlich nicht nur „auf dem Papier“ steht.

3. Die streitbefangene Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 Bayerische Bauordnung - BayBO -), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vor-habens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört.

3.1 Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich das Vorhaben bauplanungs-rechtlich nach § 34 BauGB beurteilt. Das mit der streitgegenständlichen Baugeneh-migung zugelassene Bauvorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht allerdings gegen das in § 34 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot und damit gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren. Das Rücksichtnahmegebot ist vorliegend jedenfalls - auch bei einer hier wohl vorliegenden Gemengelage - dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu entnehmen, wobei dessen Anforderungen mit denen des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO inhaltlich identisch sind.

3.1.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vor-haben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977, a. a. O.).

3.1.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurück-gegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503) heranzuziehen (BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (BVerwG, U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die TA Lärm. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2 der TA Lärm) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 19).

3.1.3 Geht es um die Lösung einer Immissionskonfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte allerdings nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - juris Rn. 53 ff.; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Im Genehmigungsverfahren hat der Bauwerber dann nachzuweisen (vgl. auch § 1 Abs. 4 Alt. 2 BauVorlV), dass er die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Deshalb sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der richtigen Seite zu liegen“, sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U. v. 31.5.2005 - 1 LB 4/05 - juris Rn. 39).

3.1.4 Dies zugrunde gelegt, stellt die streitbefangene Baugenehmigung nicht in ausreichender Weise sicher, dass in den im Gebäude der Klägerin befindlichen betriebsfremden schutzbedürftigen (Wohn- und Schlaf-)Räume im 1. Obergeschoss der für die Nacht - unabhängig von der Gebietsart nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst a bis f der TA Lärm - geltende Immissionsrichtwert von 25 dB(A) nach Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm eingehalten werden kann (vgl. dazu grundsätzlich zutreffend Auflage Nr. 1 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Nr. 1 des Nachgangsbescheids vom 24.2.2016). Die durch den Betrieb der Beigeladenen innerhalb von Gebäuden herrührenden Geräusch- bzw. Körperschallübertragungen werden weder durch die Maßgaben der Betriebsbeschreibung vom ... Februar 2016 noch durch die Nebenbestimmungen der streitbefangenen Baugenehmigung in solcher Art und Weise begrenzt, dass die Einhaltung des nächtlichen Immissionsrichtwerts nach Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand des Lokals der Beigeladenen, also auch im Falle seiner Maximalauslastung in der Nachtzeit, d. h. von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr (vgl. zu den Beurteilungszeiten Nr. 6.4 der TA Lärm), ausreichend verlässlich gewährleistet ist.

3.1.4.1 Grundsätzlich zutreffend verfügt die streitbefangene Baugenehmigung im Wege der Nebenbestimmung nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG) zwar insbesondere die Geltung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 der TA Lärm (vgl. Auflage Nr. 1 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Nr. 1 des Nachgangsbescheids vom ...2.2016). Allerdings zeigt sich trotz der von der Beigeladenen zur Verhinderung unzumutbarer Geräuscheinwirkungen auf die im Gebäude der Klägerin befindliche Wohnnutzung erforderlich gehaltenen bauakustischen/schalltechnischen Maßnahmen (vgl. Betriebsbeschreibung vom ...2.2016 i. V. m. der schalltechnischen Stellungnahme des Büros ... vom ...2.2016 und ...3.2016) und der verfügten Nebenbestimmung (vgl. Auflage Nr. 1 des streitbefangenen Baugenehmigung), dass (auch) damit eine Verhinderung ton- bzw. informationshaltiger Geräusche an den relevanten Immissionsorten im Anwesen der Klägerin (vgl. Nr. 3 des streitbefangenen Bescheids) nicht verlässlich sichergestellt werden kann.

Das von der Beigeladenen beauftragte Büro ... geht davon aus, ein Informations-zuschlag müsse dann vergeben werden, wenn das Schallereignis zusätzlich eine Information beinhalte. Geräusche aus einer Gaststätte rechtfertigten keinen Informationszuschlag, nur weil eine Zuordnung zur Gaststätte hergestellt werden könne. Sei neben dem Takt eines Liedes auch die Melodie erkennbar, so sei ein Informationszuschlag gerechtfertigt und müsse vergeben werden (vgl. Schreiben vom ...2.2016, S. 2). Welche konkreten Konsequenzen hieraus bei der schalltechnischen Begutachtung allerdings im Einzelnen gezogen wurden, lässt sich jedoch weder der Stellungnahme vom ... Februar 2016 noch dem Schreiben vom ... Februar 2016 noch der weiteren Stellungnahme vom ... März 2016 entnehmen. Einerseits wird im Schreiben vom ... Februar 2016 nämlich ausgeführt, es werde pauschal ein Informationszuschlag von 3 dB(A) trotz fachlicher und rechtlicher Bedenken berücksichtigt, andererseits ist im Schreiben vom ... Februar 2016 davon die Rede, ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit erfolge, soweit notwendig.

Die Beklagte hat den Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit bei ihren nach Aktenlage zuletzt durchgeführten Messungen am ... Oktober 2016 - anders noch als in den Messungen vom ... November 2015 (vorgelegt in Anlage zum Schreiben vom ...12.2015 im Verfahren M 8 SN 15.4541) - ausdrücklich nicht berücksichtigt. Sie führt dazu aus, die Musikgeräusche aus der Gaststätte der Beigeladenen, in der am Tag der Messung offensichtlich kein nennenswerter Betrieb vorgeherrscht hatte, seien am jeweiligen Immissionsort zwar hörbar gewesen, jedoch nicht besonders hervortretend. Tieffrequentierte Geräusche (Bässe) seien auffälliger gewesen, rechtfertigten jedoch keinen Tonhaltigkeitszuschlag. Damit setzt sich die Beklagte in einen nicht aufgelösten fachlichen Widerspruch zu ihren früheren Aussagen zur Berücksichtigung (deutlich) wahrnehmbarer Bässe im Rahmen der Zuschlagsvergabe nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm.

Wenn die Beigeladene in ihrer ausdrücklich zum Gegenstand der Betriebsbeschreibung gemachten schalltechnischen ...-Stellungnahme vom ... Februar 2016 davon ausgeht, ein Zuschlag für Informationshaltigkeit nach Nr. A.3.3.5 des TA Lärm sei pauschal i. H. v. 3 dB(A) berücksichtigt, macht sie zudem bereits selbst, gerade mit Blick auf das weitere ...-Schreiben vom ... Februar 2016, einen schalltechnisch nicht ausreichend verlässlich bestimmbaren bzw. begrenzten Betriebsumfang zum Bauantragsgegenstand. Bereits aus diesem Grunde erweist sich die vorgelegte Betriebsbeschreibung für die Darstellung eines realistischen Lokalbetriebs nicht als ausreichend.

Bei einer Gesamtschau der Aussagen der Beigeladenen zur Beschreibung ihres Betriebs und den Bewertungen der Messungen der Beklagten ist mithin festzustellen, dass dort kein hinreichend bestimmtes und realistisches Betriebsgeschehen zugrunde gelegt wurde, so dass sich die vorhabenbedingten Immissionsbelastungen der Klägerin schon vor diesem Hintergrund nicht als ausreichend konservativ bemessen („auf der sicheren Seite liegend“) und verlässlich dargestellt erweisen. Vielmehr wäre es notwendig gewesen, die vorhandenen Unsicherheiten bei einer - wie hier - unklaren Erkenntnislage zur Wahrnehmbarkeit und Intensität potentiell lästiger bzw. störender Bässe - durch entsprechende Sicherheitszuschläge nach Nr. A.3.3.5 der Anlage zur TA Lärm, auszugleichen.

3.1.4.2 Auch genügt die streitige Baugenehmigung nicht in ausreichender Weise dem Zuschlagssystem der TA Lärm.

Ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit eines Geräuschs ist nach den normkonkretisierenden Bestimmungen der TA Lärm dann geboten, wenn ein oder mehrere Töne hörbar hervortreten (Hansmann in: Landmann/Rohmer, Stand Mai 2016, TA Lärm, Anhang 3.3.5). Die TA Lärm enthält keine abschließenden Festlegungen, sondern umschreibt sie im Anhang unter Nr. A.2.5.2 und A.3.3.5 lediglich begrifflich.

Tonhaltigkeit erfasst dabei eine durch das Hervortreten einzelner Töne gekennzeichnete Auffälligkeit von Geräuschen. Sie war in Abschnitt 2.422.3 der TA Lärm 1968 noch mit den Worten „z. B. brummende, heulende, singende, kreischende und pfeifende Töne" umschrieben. Dementsprechend können als tonhaltig solche Geräusche bezeichnet werden, die lautmalerisch darstellbar sind und/oder, wenn der konkrete Geräuschverursacher deutlich erkennbar ist (vgl. Feldhaus/Tegeter, Stand 2014, TA Lärm, Anhang A.3 Rn. 13). Zu diesen durch den maßgeblichen Höreindruck zumeist deutlich identifizierbaren lästigen Komponenten tritt die von der TA Lärm nicht weiter umschriebene Informationshaltigkeit hinzu. Auch hierbei geht es, wie aus den Regelungen in A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm folgt, um ein auffälliges Geräuschgeschehen (etwa einer Außengastronomie oder einer Musikveranstaltung). Gemeinsames Kennzeichen der mit den Zuschlägen für Ton- und Informationshaltigkeit erfassten Lästigkeitskomponenten ist damit das Merkmal der Auffälligkeit. Wenn und soweit objektiv als lästig empfundene Komponenten aus dem übrigen Lärmgeschehen auffällig hervortreten, weil sie deutlich wahrnehmbar sind und eine besondere Störwirkung entfalten, soll der damit verbundenen Lästigkeit für den Menschen bei der Beurteilung nach der TA Lärm durch Zuschläge Rechnung getragen werden. Dies führt nach A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm bei der Ton- und Informationshaltigkeit im Ergebnis dazu, dass die in die Beurteilung einfließende Intensität der lästigen Geräuschkomponente so behandelt wird, als wäre die Geräuschquelle verdoppelt (3 dB(A)) bzw. sogar vervierfacht (6 dB(A); vgl. OVG NRW, U. v. 18.2.2013 - 2 A 2135.11 - juris Rn. 71 ff.).

Auch wenn die Vergabe der Zuschläge dabei in Abhängigkeit von der subjektiven gutachterlichen Wahrnehmung festgelegt wird, wobei auch Erfahrungswerte von vergleichbaren Anlagen zu berücksichtigen sind, sofern diese vorliegen (vgl. A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm), führt dies vorliegend dazu, dass der Betrieb der Beigeladenen ton- bzw. informationshaltige Schallimmissionen jedenfalls in den Wohnungen im 1. Obergeschoss des klägerischen Anwesens hervorruft. Ausweislich der Messberichte der Beklagten vom ... Oktober 2016 waren in beiden Wohnungen Musikgeräusche aus der Schank- und Speisewirtschaft der Beigeladenen hörbar, wenn auch nicht besonders hervortretend. Zudem war nach den Feststellungen des Lärmgutachters der Beklagten die beim üblichen Betrieb auftretende Lärmsituation nicht gegeben. Bässe waren dabei auffälliger wahrnehmbar. Dabei ergaben sich an den relevanten Immissionsort Messwerte des nächtlichen Beurteilungspegels von 22,7 dB(A) und 22,9 dB(A). Obwohl eine eindeutige Zuordnung der Bässe zu dem streitgegenständlichen Vorhaben möglich war - und dort im Übrigen auch nur eine mäßige Betriebsauslastung festzustellen war, wurde von der Vergabe des (Mindest-)Zuschlags von 3 dB(A) für Ton- und Informationshaltigkeit nach Nr. A.3.3.5 der TA Lärm abgesehen. Im Falle der Vergabe dieses Zuschlags hätte sich an beiden relevanten Immissionsorten eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwerts von 25 dB(A) i. S. d. Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm ergeben. Es kann damit auch unter Berücksichtigung der Beschränkung des von der Beigeladenen vorgesehenen Maximalpegels der Musikanlage des Lokals der Beigeladenen auf 95 dB(A) sowie auch unter Einbeziehung der weiteren bauakustischen Schutzmaßnahmen, wie sie in der schalltechnischen Stellungnahme vom ... März 2016 im Einzelnen beschrieben sind und zudem (teilweise) auch Gegenstand der Auflagen der streitbefangenen Baugenehmigung sind, nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben die erforderliche Rücksichtnahme auf die nächtliche Wohnruhe des benachbarten Anwesens der Klägerin nimmt. Die Beigeladene hat es verabsäumt, die Unsicherheiten der vom Betrieb ihres Lokals ausgehenden Geräuschimmissionen durch entsprechende Sicherheitszuschläge und bauliche Maßnahmen der Schallentkoppelung verlässlich auszugleichen. Dies hat die Beklagte im streitbefangenen Bescheid nicht korrigiert. Damit konnte von der Beigeladenen nicht der notwendige Nachweis geliefert werden, dass sie mit ihrem Betrieb bauakustisch und schalltechnisch „auf der sicheren Seite liegt“. Zudem verstößt sie damit auch gegen die von der Beklagten verfügte Auflage Nr. 4 der streitbefangenen Baugenehmigung i. V. m. Auflage Nr. 1.8 der Baugenehmigung vom ... August 2015, wonach die Geräusche der Musikdarbietungen an den Immissionsorten nicht informations- oder tonhaltig sein dürfen.

Dies wird vom schalltechnischen Bericht des von der Klägerin beauftragten Büros ...-... GmbH vom ... November 2016 bestätigt. Dieses stellt unter Zugrunde-legung der aus Sicht dieses Büros notwendigen Zuschläge nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwerts nach Nr. 6.2 der TA Lärm um bis zu 1,9 dB(A) fest.

Nach Auffassung der Kammer geht ...-... dabei zutreffend davon aus, dass die in die schutzbedürftigen Räume des 1. Obergeschoss des klägerischen Anwesens übertragenen Schallanteile der Musikdarbietungen in den Räumen der Beigeladenen in einer Weise informationshaltig sind, dass dies die Vergabe eines Zuschlags nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm rechtfertigt. Kontinuierlich durchlaufende Bässe und rhythmische Schläge der klägerischen Musikdarbietungen in schutzbedürftigen Räumen sind in diesem Sinne als zuschlagsrelevante Schallkomponenten zu qualifizieren, wenn sie - wie hier - ausreichend deutlich wahrnehmbar sind und eine besondere Störwirkung entfalten. Aufgrund der damit verbundenen überdurchschnittlichen Lästigkeit für Menschen, die sich insbesondere während der Nachtzeit in schutzbedürftigen Räumen i. S. d. Nr. 6.2 Satz 1 der TA Lärm i. V. m. DIN 4109 aufhalten, ist es nach Auffassung der Kammer nicht notwendig, dass daneben (auch) eine Melodie der klägerischen Musikdarbietungen erkennbar ist.

Die der streitbefangenen Baugenehmigung zugrundeliegenden schalltechnischen Untersuchungen und Auskünfte des von der Beigeladenen beauftragten Büros ... vom ... und ... Februar 2016 sowie vom ... März 2016 erweisen sich sonach insgesamt als nicht ausreichend aussagekräftig und rechtfertigen daher auch nicht die von der Beklagten im Genehmigungsverfahren - unter der Anordnung von etlichen, bislang zudem nicht nachweisbar vollzogenen Nebenbestimmungen (Sitzungsniederschrift vom 28.11.2016, S. 21) - angestellte Prognose, die Klägerin werde durch den Betrieb der Beigeladenen nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Aus Sicht der Kammer wäre es insbesondere notwendig gewesen, unter konkreter Berücksichtigung der bauakustischen Gegebenheiten der Anwesen ...-straße 42 und 44 (einschließlich der Maßnahmen in der ...-Stellungnahme vom ...3.2016 und deren abschirmender Leistungsfähigkeit) die Musikanlage so einzubauen, einzumessen und abzuregeln, dass die Geräusche der Musikdarbietungen an den maßgeblichen Immissionsorten die hier insbesondere maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 der TA Lärm auch einhalten. Bislang wurde, weder nach Aktenlage noch nach dem Vortrag der Beteiligten, ein ausreichend konservativ bemessener maximal zulässiger Innenpegel ermittelt und auch verbindlich festgelegt. Der von der Beigeladenen herangezogene Maximalpegel von 95 dB(A) ist hierzu ausweislich der zwischenzeitlichen messtechnischen Feststellungen der Klägerin und auch der Beklagten ebenso wenig ausreichend wie die Umsetzung der baulichen Schallschutzmaßnahmen (vgl. ...-Schreiben vom ...2 und ...3.2016). Entgegen der dort ausdrücklich vertretenen Auffassung der Gutachter der Beigeladenen kann bis dato gerade nicht davon die Rede sein, dass mit diesen bauakustischen Maßnahmen und der Einhal-tung des maximalen Innenpegels von 95 dB(A) unzumutbare Schalleinwirkungen auf die Wohnungen im Anwesen der Klägerin auszuschließen sind. Es wäre aus Sicht der Kammer vorliegend vielmehr insbesondere notwendig gewesen, Musikdarbietungen in den Räumen der Beigeladenen ausnahmslos nur als Hintergrundbeschallung zuzulassen - dies vor allem auch mit Blick auf die Genehmigung als Schank- und Speisewirtschaft, ausdrücklich aber gerade nicht als Vergnügungsstätte - und diese zudem zu verpflichten, sie auf einen entsprechenden - wie vorstehend ausgeführt schalltechnisch belastbar ermittelt und ausreichend konservativ bemessenen - reduzierten maximalen Innenpegel dauerhaft und nachweisbar dokumentiert abzuregeln und hierüber auch einen unabhängigen, sachverständigen oder fachbehördlichen Nachweis einzufordern. Die Regelungen im streitbefangenen Bescheids i. V. m. der Baugenehmigung vom ... Januar 2004 und dem Nachgangsbescheid vom ... Februar 2016 sind hierzu nicht ausreichend.

Auch hätte es nach Auffassung der Kammer nahegelegen, wenn die Beklagte die Aufnahme des Betriebs im Lokal der Beigeladenen jedenfalls zur Nachtzeit im Sinne einer aufschiebenden Bedingung davon abhängig gemacht hätte, dass sämtliche bauakustischen und schalltechnischen Maßnahmen von der Beigeladenen vollständig umgesetzt werden und hierüber sowie zur ausreichenden Abschirmungswirkung ein entsprechender, unabhängiger sachverständiger oder fachbehördlicher Nachweis erbracht wird. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch festzustellen, dass es die Beklagte nach eigener Aussage bislang unterlassen hat, zu überprüfen, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung auch tatsächlich bauakustisch und schallschutztechnisch umgesetzt worden ist (vgl. Sitzungsniederschrift vom 28.11.2016, S. 21).

3.2 Erweist sich nach dem vorstehend Ausgeführten die streitbefangene Baugenehmigung bereits wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme als nachbarrechtsverletzend, bedarf es keiner streitigen Entscheidung mehr zu der Frage, ob die nähere Umgebung nach den vorhandenen Nutzungen (vgl. dazu die Feststellungen im Augenscheintermin vom 28.11.2016) als faktisches Mischgebiet oder als Gemengelage zu qualifizieren und welche Folge hieraus mit Blick auf den - im Falle der Annahme eines faktischen Baugebiets inmitten stehenden und drittschützenden - Gebietserhaltungsanspruch abzuleiten ist. Die Annahme eines faktischen Mischgebiets dürfte allerdings schon im Hinblick auf den überwiegenden Wohnanteil im Quartier problematisch sein. Erschwerend für dessen Annahme kommt hinzu, dass die Beklagte im bauaufsichtlichen Vollzug die kaum verschleierten diskothekenartigen bzw. -ähnlichen Nutzungen in der näheren Umgebung, namentlich in den nach Angaben der Beklagten lediglich als Gaststätten genehmigten Lokalen ... und ... bislang duldet (vgl. dazu Vermerk der Beklagten vom ...2.2016 und ihre Erklärung im Augenscheintermin und der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2016, Sitzungsniederschrift S. 8 und 21). Denn § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB stellt auf die tatsächlich vorhandene Bebauung und deren Nutzung ab, so dass es zunächst nicht darauf ankommt, ob diese genehmigt ist oder nur in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständige Behörde mit ihrem Vorhandensein abgefunden hat.

Ebenfalls nicht abschließend zu entscheiden ist über die Frage nach der Einordnung der Art der Nutzung des Lokals der Beigeladenen entweder als Schank- und Speisewirtschaft mit Hintergrundmusik oder als Vergnügungsstätte (diskothekenähnliche/-artige Nutzung; vgl. aktuell Decker in: Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 4a BauNVO Rn. 18 und 20 m. w. N.). Wie allerdings bereits im Beschluss vom 16. Dezember 2015, M 8 SN 15.4541, ausgeführt, spricht nach Auffassung der Kammer aufgrund von Art und Umfang des Betriebs des Lokals der Beigeladenen und seiner nachdrücklichen Schwerpunktsetzung (auch) auf Musikdarbietungen mit erheblicher Lautstärke, gerade auch mit Blick auf die im Augenschein gewonnenen Erkenntnisse, unverändert weit Überwiegendes für eine Einstufung als Vergnügungsstätte.

Fernliegend dürfte indes mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO die Auffassung der Klägerbevollmächtigten sein, das Vorhaben widerspreche dem Abstandsflächen recht.

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.