Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Apr. 2018 - M 18 S 18.50476

bei uns veröffentlicht am23.04.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) angedrohte Abschiebung nach Italien im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens.

Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben nigerianische Staatsangehörige, am … … … geboren und traditionell mit einem ebenfalls nigerianischen Staatsangehörigen verheiratet. Sie wurde am … gemeinsam mit ihrem Ehemann bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland mit gefälschten Papieren aufgegriffen, äußerte am … … … über der Regierung von Oberbayern - Zentrale Ausländerbehörde - ein Asylgesuch und stellte am … … … einen förmlichen Asylantrag.

Aufgrund einer Eurodac-Recherche vom … ermittelte das Bundesamt Treffer für Italien der Kategorie 2 sowie 1.

Das Bundesamt stellte am ... ein Wiederaufnahmegesuch nach Art. 18 Absatz 1 Buchst. b Dublin-III-VO an Italien, welches unbeantwortet blieb.

Am … erfolgte die Anhörung der Antragstellerin zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, am … die Anhörung gemäß § 25 AsylG. Die Antragstellerin führte hierbei insbesondere aus, dass sie ihr Heimatland im Februar 2016 verlassen habe. Sie habe zunächst ca. ein Jahr in Italien gelebt und dort einen Asylantrag gestellt. Dieser sei negativ beschieden und ihr die Aufenthaltsgestattung abgenommen worden. Sie habe 2013 am Neujahrstag traditionell geheiratet, jedoch mit ihrem Mann nicht zusammengelebt. Ihr Mann habe Nigeria bereits 2014 oder 2015 verlassen, genau wisse sie dies nicht. Sie habe nach ihrer Ankunft in Italien Kontakt zu ihrem Mann aufgenommen. Sie sei in Italien gezwungen worden, auf dem Straßenstrich zu arbeiten, nach drei Monaten habe sie fliehen können. Hinsichtlich der weiteren Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.

Ergänzend machte die Antragstellerin Angaben in den ihr zusätzlich postalisch übersandten Anhörungsbögen. Hierbei gab sie ergänzend an, dass ihr Ehemann entschieden habe, gemeinsam mit ihr nach Deutschland zu gehen, nachdem ihr Asylantrag abgelehnt worden sei und sie das Haus hätten verlassen müssen; sie hätten danach auf der Straße gelebt.

Bei der Anhörung durch die Regierung von Oberbayern am … gab die Antragstellerin an, dass sie den Namen ihres Ehemanns angenommen habe.

Mit Bescheid vom …, zugestellt am …, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2 des Bescheids), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3 des Bescheids) und befristet das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate (Nr. 4 des Bescheids). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung:in englischer Sprache beigefügt.

Die Bevollmächtigte erhob am 12. Februar 2018 beim Verwaltungsgericht München Klage und beantragte, den Bescheid der Antragsgegnerin vom … aufzuheben (Verfahren M 18 K 18.50475).

Zudem beantragte sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wieder herzustellen.

Zur Begründung führte die Bevollmächtigte insbesondere aus, dass das Land Italien die Übernahme nach Dublin-Verfahren abgelehnt habe. Die Parlamentswahlen fänden am 3. März 2018 statt, es bleibe abzuwarten, ob dann eine Abschiebung nach Italien stattfinden könne. Im Übrigen sei die Klägerin schwanger, eine Rückführung nach Italien erscheine daher ausgeschlossen. Als Anlage wurde eine auszugsweise Kopie des Elternpasses vorgelegt, gemäß dem der 17. September 2018 der berechnete Entbindungstermin sei.

Das Bundesamt legte die Behördenakte elektronisch vor, eine Antragstellung unterblieb.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Hauptsacheverfahren (M 18 K 18.50475) sowie auf die Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 Nr. 1, 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist zulässig; insbesondere wurde die Antragsfrist gemäß § 34a Abs. 2 AsylG eingehalten.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung dürfte die Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) unbegründet sein.

Im Rahmen des Verfahrens nach § 34a Abs. 2 AsylG ist hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage eine reine Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Beklagten mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers vorzunehmen, welches sich maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert (vgl. BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.8.2017, § 34a Rn. 32; Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage, § 34a AsylG, Rn. 35).

Der Bescheid der Antragsgegnerin … … … erweist sich nach vorläufiger Prüfung als rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin-III-VO).

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist ohne weiteres Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin Italien und wird durch den Eurodac-Treffer für Italien bestätigt. Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen.

Auch aus Art. 10 bzw. 11 Dublin-III-VO dürfte sich keine Sonderzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Antragstellerin ergeben. Die Antragstellerin gibt insoweit an, gemeinsam mit ihrem Ehemann in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, mit dem sie seit 2013 traditionell verheiratet sei. Aus der Akte des Bundesamtes der Antragstellerin ergibt sich insoweit lediglich, dass die Antragstellerin gemeinsam mit dem von ihr benannten Ehemann nach Deutschland eingereist ist und für diesen ebenfalls ein Verfahren vor dem Bundesamt (Aktenzeichen …*) anhängig sein dürfte. Die Frage, ob zwischen beiden Personen eine auch in Deutschland anzuerkennende Eheschließung nach nigerianischen Recht vorliegt, sodass die Antragstellerin möglicherweise als Familienangehörige im Sinne des Art. 2 Buchst. g Dublin-III-VO anzusehen wäre, kann jedoch offenbleiben, da zumindest erhebliche Zweifel an einer tatsächlich geführten Lebensgemeinschaft und dauerhaften Beziehung in Nigeria aufgrund der Aussagen der Antragstellerin bestehen. So führte die Antragstellerin insbesondere aus, dass sie nach der Eheschließung weiterhin bei ihrer Mutter gelebt habe, sie nicht genau wisse, ob ihr Mann Nigeria 2014 oder 2015 verlassen habe und sie ihren Ehemann erst in Italien nach ca. drei Monaten wieder getroffen habe. Dementsprechend ist im vorliegenden Eilverfahren auch nicht relevant, ob für den angeblichen Ehemann ebenfalls ein Dublin-Verfahren oder ein nationales Verfahren durchgeführt wird.

Italien ist folglich weiterhin der zuständige Mitgliedstaat und damit nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin-III-VO - bzw. für den Fall dass die Angaben der Antragstellerin korrekt sind und ihr Asylverfahren in Italien bereits negativ abgeschlossen wurde - nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-VO verpflichtet, die Antragstellerin wieder aufzunehmen.

Das Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland wurde fristgerecht innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Eurodac-Treffermeldung gestellt, Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO. Da die italienischen Behörden hierauf nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Die Zuständigkeit ist nach summarischer Prüfung auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Alleine die Annahme, dass die wirtschaftliche Situation für die Antragstellerin in Italien schlechter sein wird als in der Bundesrepublik Deutschland reicht nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung gemäß Art. 3 EMRK zu überschreiten (EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336).

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechte-Charta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für der Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechte-Charta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Auch unter Auswertung neuerer Erkenntnismittel können für Italien derzeit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im oben dargestellten Sinne angenommen werden. Italien verfügt auch unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese - weder für sich genommen noch insgesamt - als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedsstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert. Ein im konkreten Fall kritischer Punkt ist die Zeitspanne zwischen der Wiederankunft des Antragstellers in der für die Weiterbearbeitung des Asylantrags zuständigen Questura und die Gewährung einer Unterkunft und Lebensunterhalts. Bei Verlassen der in Italien zugewiesenen Unterkunft ohne Bewilligung verliert der Antragsteller seinen Anspruch auf Unterbringung im staatlichen Asylsystem (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.28, AIDA - Country Report Italy, Update Dezember 2016, S. 40, 64f., 67). Bei Rücküberstellung eines Asylsuchenden, der bereits in Italien Asyl beantragt hatte, ist für die Wiederaufnahme des Asylverfahrens ein Antrag bei der vormals zuständigen Questura erforderlich (AIDA - Country Report Italy, Update Dezember 2016, S. 40, 64f., 67). Eine Unterbringung im staatlichen System kann erst nach einem Termin bei der Präfektur der Questura und nach manchmal längeren Wartezeiten (Wartelisten) wiedergewährt werden (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.28). Zur Überbrückung der Wartezeit stehen nichtstaatliche Unterkünfte regelmäßig zur Verfügung. Die Kapazitäten und Verfügbarkeiten von nichtstaatlichen Unterkunftsstellen sind nicht bezifferbar, da es große regionale Unterschiede gibt und eine zentrale Steuerung bzw. Koordinierung derselben nicht vorliegt. Dort wird jedoch zumeist eine Übernachtungsmöglichkeit, sowie kostenfreie Mahlzeiten und Beratung angeboten (AIDA - Country Report Italy, Update Dezember 2016, S.72; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.63f und vgl. speziell für Rom: S. 41f). Unter den beim Projekt MEDU angetroffenen, obdachlosen Asylbewerbern befinden sich nur wenige Personen, die im Dublin-Verfahren rücküberstellt wurden, wobei mangels flächendeckenden Angebots keine Aussage zu den Gründen möglich ist (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.29). Daher ist nach einer gewissen Wartezeit von einer zumeist regelhaft stattfindenden Aufnahme der Überstellten ins staatliche Unterkunftssystem auszugehen.

Im Ergebnis ist anzunehmen, dass in Italien eine weiterhin stark angespannte Unterkunftssituation gegeben ist, die jedoch laufend an die aktuellen Anforderungen weiter angepasst wird. Angesichts der laufenden Kapazitätserweiterungen der vergangenen Jahre bezüglich der Abarbeitung von Asylverfahren und Eröffnung von Unterkünften (aktuelle Gesamtkapazität 175.734 Plätze nach AIDA, a.a.O, S.69) ist auch zukünftig mit einer weiteren Kapazitätsausweitung zu rechnen. Bezüglich der Berichte von Obdachlosigkeit während eines laufenden Asylverfahrens ist festzuhalten, dass diese vor allem in großen Städten auftritt, die von Flüchtlingen auch schwerpunktmäßig entgegen ihrer Zuweisung zu einer Unterkunft aufgesucht werden (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.5, 6). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Personengruppe der nicht-vulnerablen Dublin-Rückkehrer lässt sich den Berichten trotz einzelner Mängel im Unterbringungswesens nach der Würdigung des Gerichts nicht entnehmen.

Eine andere Beurteilung der Situation in Italien gebietet sich auch nicht vor dem Hintergrund des Vorlagebeschlusses des BVerwG vom 27. Juni 2017 (Az. 1 C 26.16 - juris) und des Vorabentscheidungsersuchen des VGH Baden-Württemberg an den EuGH vom 15. März 2017 (Az. A 11 S 2151/16 - juris), die sich mit der Frage der Situation von Personen mit Schutzstatus in Italien beschäftigen, da die Antragstellerin keiner solchen Personengruppe angehört. Darüber hinaus würde selbst dies allein nicht zum Erfordernis der Aussetzung des Verfahrens aufgrund Vorgreiflichkeit führen. Vielmehr bedarf es insoweit eines individuellen Vortrags der Antragstellerin zur Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlich ungeklärten Rechtsfragen (vgl. BVerfG, B.v. 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 - juris).

Die Antragstellerin gehört auch - zumindest noch - nicht einer vulnerablen Personengruppe an (vgl. EGMR U.v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12 - Tarakhel ./. Schweiz - NVwz 2014, 127; BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris) für die gegebenenfalls zusätzliche individuelle Garantieerklärungen des italienischen Staates erforderlich sind. Zwar ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin seit Januar 2018 schwanger ist, sodass sie grundsätzlich zu einem schutzbedürftigen Personenkreis gehört, vgl. Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass eine Schwangerschaft im 4. Monat - wie vorliegend - nicht zu besonderen Schutzmaßnahmen Anlass gibt. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Antragstellerin um eine Risikoschwangerschaft handeln könnte, wurden weder vorgetragen noch sind solche erkennbar.

Auch die medizinische Versorgung ist in Italien, auch für Schwangere, in ausreichendem Maße sichergestellt. Italien verfügt nach den vorliegenden Erkenntnismitteln über eine umfassende Gesundheitsfürsorge, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist (vgl. etwa Länderbericht des Europäischen Flüchtlingsrats (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database - zu Italien, Update Februar 2017, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy, S. 79 sowie den Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe von August 2016, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, S. 54ff). Demnach funktionieren die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung. Alle, auch irregulär anwesende Personen in Italien haben ein Recht auf kostenlose medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall sowie auf Präventivbehandlung zur Wahrung der individuellen und öffentlichen Gesundheit.

Weitere individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art.17 Dublin-III-VO notwendig machen, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Die Abschiebung nach Italien kann auch im Sinne des § 34a AsylG durchgeführt werden. Der Abschiebung stehen zumindest derzeit weder zielstaatsbezogene noch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG entgegen. Weder die Schwangerschaft noch der Vortrag, in Italien der Zwangsprostitution ausgesetzt gewesen zu sein, können solche begründen. Eine Reiseunfähigkeit von Schwangeren wird nach der Rechtsprechung regelmäßig nur für den Zeitraum des gesetzlichen Mutterschutzes angenommen (vgl. VG München, B.v. 8.1.2018 - M 1 S 17.53683 - juris Rn. 19 m.w.N.; B.v. 4.9.2017 - M 1 S7 17.52014 - juris Rn. 12). Im Übrigen wird gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen; darüber hinaus liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Risikoschwangerschaft vor. Der Vortrag der Zwangsprostitution erscheint zum einen bereits unglaubhaft, zum anderen besteht insoweit die Möglichkeit, in Italien die Hilfe der italienischen Strafverfolgungsbehörden in Anspruch zu nehmen; das Gericht verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid.

Mangels eindeutiger Antragstellung geht das Gericht gemäß § 88 VwGO davon aus, dass sich der Antrag hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auch gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Nr. 4 des Bescheids) richtet. Im Übrigen wäre ein solcher Antrag zwar zulässig, § 34a Abs. 2 Satz 3 AsylG, vorliegend jedoch unbegründet, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Antragsgegnerin insoweit ihr Ermessen, vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, nicht pflichtgemäß ausgeübt hat.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

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(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt, um nach Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichthofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen einzuholen:

1. Ist ein Asylbewerber nur dann flüchtig im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) 604/2013, wenn er sich gezielt und bewusst dem Zugriff der für die Durchführung der Überstellung zuständigen nationalen Behörden entzieht, um die Überstellung zu vereiteln bzw. zu erschweren, oder genügt es, wenn er sich über einen längeren Zeitraum nicht mehr in der ihm zugewiesenen Wohnung aufhält und die Behörde nicht über seinen Verbleib informiert ist und deshalb eine geplante Überstellung nicht durchgeführt werden kann?

Kann sich der Betroffene auf die richtige Anwendung der Vorschrift berufen und in einem Verfahren gegen die Überstellungsentscheidung einwenden, die Überstellungsfrist von sechs Monaten sei abgelaufen, weil er nicht flüchtig gewesen sei?

2. Kommt eine Verlängerung der Frist nach Art. 29 Abs. 1 UA 1 VO (EU) 604/2013 allein dadurch zustande, dass der überstellende Mitgliedstaat noch vor Ablauf der Frist den zuständigen Mitgliedstaat darüber informiert, dass der Betreffende flüchtig ist, und zugleich eine konkrete Frist benennt, die 18 Monate nicht übersteigen darf, bis zu der die Überstellung durchgeführt werden wird, oder ist eine Verlängerung nur in der Weise möglich, dass die beteiligten Mitgliedstaaten einvernehmlich eine verlängerte Frist festlegen?

3. Ist eine Überstellung des Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat unzulässig, wenn er für den Fall einer Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus dort im Hinblick auf die dann zu erwartenden Lebensumstände einem ernsthaften Risikos ausgesetzt wäre, eine Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh zu erfahren?

Fällt diese Fragestellung noch in den Anwendungsbereich des Unionsrechts?

Nach welchen unionsrechtlichen Maßstäben sind die Lebensverhältnisse des anerkannten international Schutzberechtigten zu beurteilen?

Der Senat beantragt die Anordnung eines Eilvorabentscheidungsverfahrens.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist nach seinen Angaben ein am 23. Oktober 1992 geborener Staatsangehöriger Gambias. Er wendet sich gegen seine Überstellung nach Italien zur Durchführung eines Asylverfahrens.
Er stellte am 23. Dezember 2014 einen Asylantrag, nachdem er Gambia am 5. Oktober 2012 verlassen und Italien über den Seeweg erreichte hatte. Von Italien aus reiste er nach Deutschland weiter. Auf Grundlage eines Eurodac-Treffers, wonach er in Italien einen Asylantrag gestellt habe (vgl. Art. 18 Abs. 1 lit. b) VO (EU) 604/2013), ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Italien am 26. Januar 2015 um die Wiederaufnahme des Klägers. Eine Reaktion Italiens auf dieses Ersuchen blieb in der Folgezeit aus.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Nr. 2).
Der Kläger erhob am 4. März 2015 Klage und stellte am 12. März 2015 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, den das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 30. April 2015 als unzulässig ablehnte, weil verspätet gestellt. Auf einen weiteren Eilantrag hin ordnete später das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 18. Februar 2016 an.
Am 8. Juni 2015 sollte der Kläger nach Italien überstellt werden, was jedoch misslang, da er in seinem Wohnbereich in der Gemeinschaftsunterkunft in Heidelberg nicht angetroffen werden konnte. Nach entsprechenden Nachfragen des Regierungspräsidiums Karlsruhe teilte die "Fachstelle für Wohnungsnotfälle" der Stadt Heidelberg unter dem 16. Juni 2015 dem Regierungspräsidium Karlsruhe mit, der Kläger sei seit längerem nicht in der Gemeinschaftsunterkunft anzutreffen, dieses habe der zuständige Hausmeister bestätigt. In der mündlichen Verhandlung des Senates erklärte der Kläger - erstmals im gesamten gerichtlichen Verfahren - hierzu, dass er Anfang Juni zu einem in Freiberg/Neckar lebenden Freund gereist sei, um ihn zu besuchen. Nach etwa ein bis zwei Wochen habe er einen Anruf von seinem Zimmergenossen aus Heidelberg erhalte, dass die Polizei ihn suche. Er habe sich entschieden, nach Heidelberg zurückzugehen, habe aber kein Geld gehabt, um die Rückfahrt zu bezahlen; er habe sich dieses erst leihen müssen: Etwa nach zwei Wochen sei er wieder in Heidelberg gewesen und sei dort zum Sozialamt der Stadt Heidelberg gegangen und habe gefragt, ob er noch sein Zimmer habe, was bejaht worden sei. Darüber, dass er seine längere Abwesenheit melden müsse, habe ihn niemand belehrt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterrichtete das italienische Innenministerium mit einem Formblatt am 16. Juni 2015, dass eine Überstellung derzeit nicht möglich sei, weil der Kläger flüchtig sei. Dies sei ihm seit dem 16. Juni 2016 bekannt. Weiter heißt es in dem Formular, dass eine Überstellung bis spätestens zum 10. August 2016 "gem. Art. 29 Abs. 2 Dublin-VO" erfolgen werde.
Am 3. Februar 2016 sollte der Kläger erneut überstellt werden; die Überstellung scheiterte erneut, weil der Kläger sich weigerte, das Flugzeug zu besteigen.
Durch Urteil vom 6. Juni 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.
Auf den Antrag des Klägers ließ der Senat die Berufung zu. Im Berufungsverfahren vertritt der Kläger nach wie vor die Auffassung, er sei im Juni 2015 nicht flüchtig gewesen, auch habe das Bundesamt die Fristverlängerung nicht, wie geschehen, bewirken können. Die Verfügung sein auch deshalb aufzuheben, weil bislang keine seit 6. August 2016 erforderliche Entscheidung zum Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots erfolgt sei. Eine Überstellung nach Italien sei auch deshalb unzulässig, weil das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen dort systemischen Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO (EU) Nr. 604/2013 aufweise. Schließlich sei die Abschiebungsanordnung im Hinblick auf seine mit Erlaubnis der Ausländerbehörde aufgenommene Ausbildung aufzuheben.
10 
Während des Berufungsverfahrens konnte das Bundesamt in Erfahrung bringen, dass dem Kläger in Italien ein nationaler Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erteilt worden war, der ein Jahr gültig und am 9. Mai 2015 abgelaufen war.
II.
11 
Der Senat setzt den Rechtsstreit aus, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) zu den im Tenor formulierten Fragen einzuholen. Die Fragen betreffen die Auslegung von Unionsrecht, insbesondere Art. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und Art. 29 Abs. 2 VO (EU) 604/2013.
12 
1.Folgende nationale Vorschriften bilden rechtlichen Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits:
13 
§ 60a Aufenthaltsgesetz i.d.F.v. 31.07.2016 (BGBl. I, S. 1939)
Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von Satz 3 ist zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. In den Fällen nach Satz 4 wird die Duldung für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer der Berufsausbildung erteilt…
14 
§ 29 Asylgesetz i.d.F.v. 31.07.2016 (BGBl. I, S. 1939)
Unzulässige Anträge
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
ein anderer Staat
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr.604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) oder
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist…
15 
§ 31 Asylgesetz
Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird.
16 
§ 34a Asylgesetz
Abschiebungsanordnung
Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig...
17 
Auf die Auslegung der unionsrechtlichen Vorschriften kommt es nach Auffassung des Senats entscheidungserheblich an. Denn zum einen steht die vom Kläger aufgenommene Ausbildung einer Überstellung nicht entgegen, insbesondere konnte der Kläger kein schützenwertes Vertrauen entwickeln, auch in der Zukunft nach einem negativen Ausgang dieses Rechtsstreits weiter in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben zu können. Dem Kläger wird keine Duldung nach § 60 Abs. 2 Satz 4 AufenthG zu erteilen sein, denn mit Erlass der Abschiebungsanordnung waren aufenthaltsbeendende Maßnahmen bereits eingeleitet. Auch die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG scheidet aus, insbesondere kommt mit Rücksicht auf das nicht schutzwürdige Vertrauen in eine Fortsetzung der Ausbildung keine Ermessensreduzierung in Betracht, wie der Kläger meint. Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel, insbesondere dem Bericht von aida "Country Report: Italy" (February 2017) leiden das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen trotz diverser erheblicher Mängel an keinen systemischen Schwachstellen, die gerade den allein stehenden Kläger, der keine gesundheitlichen Einschränkungen hat, dem beachtlichen Risiko einer Schlechtbehandlung im Sinne Art. 4 GRCh aussetzen würde, wenn er zur Durchführung eines (wohl weiteren) Asylverfahrens nach Italien überstellt werden würde. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die angegriffenen Bescheide auch nicht aufzuheben, auch wenn das Bundesamt noch nicht über das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten entschieden hat. Dies beruht darauf, dass § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der hier maßgeblichen Fassung, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht gegolten hatte, sondern erst am 6. August 2016 in Kraft getreten ist. Im Anschluss an vergleichbare in der Vergangenheit aufgetretene Fallkonstellationen geht der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass dieser Streitgegenstand im Berufungsverfahren angewachsen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1992 – 9 C 59.91 – NVwZ 1992, 892 zu § 51 Abs. 1 AuslG, vom 08.09.2011 – 10 C 14.10 und 10 C 15.10 – jew. juris zu § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.).
18 
Nach Auffassung des Senats führt auch die in Italien erfolgte Erteilung eines ein Jahr gültigen Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen nicht zur Unanwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 604/2013. Mit der Erteilung dieses Titels ist dem Kläger kein internationaler Schutz im Sinne der RL 2011/95/EU gewährt worden.
19 
Zur ersten Vorlagefrage:
20 
Eine erste zentrale Weichenstellung nimmt der vorliegende Fall mit der Beantwortung der Frage, ob der Kläger 16. Juni 2015, d.h. am Tag der Meldung des Bundesamts an das italienische Innenministerium, "flüchtig" im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr.604/2013 war. Denn durch die spätere Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 18. Februar 2016, der erst nach Ablauf der 6-Montsfrist ergangen war, hätte die abgelaufene Frist nicht mehr verlängert oder unterbrochen werden können. Die Fragestellung erfährt im vorliegenden Fall insofern eine ungewöhnliche Zuspitzung als nach dem unstreitigen Sachverhalt der Kläger sich genau an dem Tag, an dem die Mitteilung an die italienischen Behörden erfolgt war, wieder bei der Stadt Heidelberg gemeldet hat, eine entsprechende Information aber nicht mehr an das Bundesamt gelangt war. Es ist nicht feststellbar, ob zum genauen Zeitpunkt der Meldung bei der Stadt Heidelberg die Information des italienischen Innenministeriums durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits erfolgt war oder nicht. Geht man von der Legaldefinition der Fluchtgefahr in Art. 2 lit. n) Verordnung (EU) Nr.604/2013 aus, wonach ein "Entziehen" durch Flucht festgestellt werden muss, so liegt auch nach dem allgemeinen Wortsinn nahe, im Begriff des "Entziehens" ein Element des Planvollen und Vorsätzlichen bzw. Bewussten zu sehen, mit anderen Worten ein Verhalten, das bewusst in Bezug auf die erwartete Überstellung erfolgt ist. Ein Flüchtigsein wäre nicht schon dann anzunehmen, wenn der oder die Betreffende nicht angetroffen wird und bei dieser Gelegenheit der aktuelle Aufenthaltsort nicht ermittelt werden kann. Die englische Fassung spricht in Art. 2 lit. n) bzw. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr.604/2013 allerdings (nur) von "risk of absconding" bzw. von "if the person concerned absconds"; im Französischen ist demgegenüber wiederum Rede von "risque de fuite" und "si la personne concernée prend la fuite". Jedenfalls die deutsche wie auch die französische Fassungen legen ein weites Verständnis nicht nahe. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich aus den öffentlich zugänglichen Materialien des Normsetzungsverfahrens nichts Erhellendes ablesen lässt. Die Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr.604/2013 entspricht wörtlich der des Art. 20 Abs. 2 Verordnung (EG) 343/2003. Im Kommissionsentwurf (KOM/2001/0447endg – ABl. C 2001, 304 E, 192) war der hier interessierende Satz 2 noch gar nicht enthalten. Er wurde, soweit ersichtlich, erst im Kontext der abschließenden Beratungen des Rates eingefügt. Andererseits sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ein missbilligtes Verhalten des Ausländers sanktioniert werden soll. Der Senat versteht Sinn und Zweck der Vorschrift dahin gehend, dass das effektive Funktionieren des Dublin-Systems gesichert werden soll. Dieses Funktionieren kann erheblich beeinträchtigt werden, wenn die Überstellungen nicht zeitnah erfolgen können, weil dem Gründe entgegen stehen, die nicht in die Verantwortungssphäre des überstellenden Mitgliedstaat fallen. Im Übrigen würden praktisch gesehen oftmals erhebliche Ermittlungs- bzw. Beweisschwierigkeiten bestehen, wenn den Betroffenen nachgewiesen werden müsste, dass sie sich gerade, um eine Überstellung unmöglich zu machen oder zu erschweren, von ihrer Wohnung entfernt bzw. sich verborgen hatten. Hiervon ausgehend sprechen gute Gründe dafür, es ausreichen zu lassen, dass der zuständigen Behörde der Aufenthalt zum Zeitpunkt des Überstellungsversuchs und auch noch zum Zeitpunkt der Information der zuständige Behörde des zuständigen Mitgliedstaat nicht bekannt war und es auch keine verlässlichen Anhaltspunkte für diese gab, wie der aktuelle Aufenthalt in zumutbarer Weise zu ermitteln sein könnte. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass zuständige Behörden hier im konkreten Fall das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - für das Asylverfahren - sowie das Regierungspräsidium Karlsruhe - für die Durchführung der Überstellung - waren. Legt man diese weitere Verständnis der Norm zugrunde, so wäre der Kläger, insbesondere nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung auch noch am 16. Juni 2015 flüchtig gewesen, zumal sich aus diesen noch nicht einmal entnehmen lässt, ob überhaupt oder ggf. wann er wieder nach Heidelberg zurückkehren wollte.
21 
Im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Urteil vom 07. Juni 2016 (C-63/15) geht der Senat davon aus, dass durch die Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 auch unmittelbar Rechte des Ausländers berührt werden.
22 
Zur zweiten Vorlagefrage:
23 
Was die Frage betrifft, auf welche Weise die Fristverlängerung im Falle der Flucht (oder Krankheit) bewirkt wird, legt der Wortlaut des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 auf den ersten Blick die Herstellung eines Einvernehmens zwischen den Mitgliedstaaten nahe. Denn es heißt dort gerade nicht, dass "sich die Frist verlängert". Andererseits deckt der Wortlaut – auf den zweiten Blick – auch ein Verständnis dahin gehend, dass der überstellende Mitgliedstaat die Fristverlängerung einseitig herbeiführen kann, indem er den aufnehmenden Mitgliedstaat vor Ablauf der regulären Frist informiert und eine konkrete Frist benennt, bis zu der die Überstellung durchgeführt werden wird; die Frist darf dann auch durchaus, wie hier geschehen den Spielraum von 18 Monaten nicht ausschöpfen. Der rechtliche Ansatz einer einvernehmlichen Verlängerung wäre nach Auffassung des Senats unpraktikabel und hätte vorhersehbar zur Folge, dass die Norm in vielen Fällen leer liefe. Von diesem Verständnis lässt sich offensichtlich auch der weiterhin gültige Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 leiten, der das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hier praktizierte Verfahren festlegt. Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass diese Verordnung selbstverständlich nicht geeignet ist, das Verordnungsrecht des Rates materiell zu ändern. Da aber der Wortlaut der hier auszulegenden Bestimmung eine Auslegung in diesem Sinn nicht gänzlich ausschließt, legt nicht zuletzt der Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts ein entsprechendes Normverständnis nahe.
24 
Zur dritten Vorlagefrage:
25 
Die Frage ist nach Auffassung des Senats nicht schon deshalb irrelevant, weil der Kläger unstreitig in Italien (noch) nicht als international Schutzberechtigter anerkannt worden ist. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem beschränkt sich nämlich nach Auffassung des Senats nicht nur darauf, die Phase der Aufnahme der Flüchtlinge und des Verfahrens auf Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus zweckentsprechend in einer Art und Weise zu regeln, die geeignet ist, einen effektiven und menschenwürdegemäßen Flüchtlingsschutz zu gewährleisten (vgl. etwa den 2., 8., 9., 10. und 11. Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/33/EU vom 26.06.2013 bzw. den 2., 11., 15. und 25. Erwägungsrund der Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013). Vielmehr hat es auch diejenigen Personen in den Blick zu nehmen, die nach Durchlaufen des Verfahrens von dem zuständigen Mitgliedstaat einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben (vgl. Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Ein effektives und menschenwürdiges Gemeinsames Europäisches Asylsystem steht und fällt auch mit den verheißenen und sodann realisierten Schutzstandards für die anerkannten Menschen. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 u.a.; vom 14.11.2013 – C-14/11; vom 10.12.2013 – C-394/12) ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass insoweit keine umfassende Bewertung gerade auch unionsrechtlich geboten sein könnte, mit anderen Worten, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem die Augen davor verschließen dürfte, in welcher Situation sich im Anschluss an die Aufnahme zum Zwecke der Verfahrensdurchführung die Schutzberechtigten befinden werden, wenn man den Schutzsuchenden nach dem Mechanismus des Dublin-Systems eine freie Wahl des Zufluchtlandes verwehrt und ihnen grundsätzlich nur einen Verfahrensweg in dem zuständigen Mitgliedstaat eröffnet. Denn notwendige und zwingende Kehrseite dieses Mechanismus muss sein, dass dann auch diese Betroffenen ein menschenwürdiges Leben in dem zuerkennenden Mitgliedstaat führen können. Dieser erweiterte Blickwinkel ist der systemimmanenten Logik dieses Mechanismus geschuldet. Daraus folgt dann auch, dass die Prüfung, ob in einem Mitgliedstaat sog. systemische Schwachstellen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013) bestehen, sich nicht auf die Beantwortung der Frage beschränken darf, ob die Aufnahmebedingungen während des Verfahren und das Verfahren selbst frei von solchen Mängel sind, sondern auch die Lage danach einbeziehen muss. Dieses hat dann aber notwendigerweise zur Konsequenz, dass systemische, nicht menschenwürdegemäße Mängel auch nur in einer Phase insgesamt dazu führen, dass die Betroffenen nicht auf das Verfahren in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat verwiesen werden können, wenn die Betroffenen andernfalls das reale Risiko eingingen, eine Schlechtbehandlung im Sinne des Art.4 GRCh zu erfahren. Mit anderen Worten: Die besten Aufnahmebedingungen während des Anerkennungsverfahrens wären unzureichend, wenn den Betroffenen anschließend nach einer Anerkennung Verelendung droht, und umgekehrt. Ungeachtet dessen gebietet es ohnehin jedenfalls Art. 3 EMRK, vor einer Überstellung außerhalb des Dublinmechanismus (auf welcher Rechtsgrundlage auch immer), aus gegebenem Anlass eine Prüfung vorzunehmen. Allerdings ist dem Senat bewusst, dass die Qualifikationsrichtlinie, was die Existenzbedingungen der Schutzberechtigten betrifft, in der Regel nur Inländerbehandlung verspricht (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, 77) und unionsrechtlich nach dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem keine bestimmten (Mindest-)Standards vorgegeben werden (vgl. allerdings auch Art. 32 QRL, der nur Gleichbehandlung mit anderen Drittstaatszugehörigen verlangt). Inländerbehandlung kann allerdings unzureichend sein, selbst wenn die Standards für die Inländer noch menschenwürdegemäß sein sollten. Denn die Union muss bei alledem in den Blick nehmen, dass es sich hier typischerweise um verletzliche und entwurzelte Menschen, jedenfalls um Menschen mit vielerlei Handicaps handelt, die nicht ohne weiteres oder auch gar nicht in der Lage sein werden, allein gestellt die Rechtspositionen, die die Rechtsordnung des Aufnahmestaats an sich formal gewährleistet auch effektiv geltend zu machen. Sie müssen daher erst in die gleiche oder eine vergleichbare faktische Position einrücken, aus der heraus die einheimische Bevölkerung ihre Rechte in Anspruch nimmt und nehmen kann. Erst mit diesem realen sozialen Hintergrund erfährt Inländerbehandlung ihre innere Rechtfertigung und Tragfähigkeit. Deshalb fordert Art. 34 QRL aus gutem Grund von den Mitgliedstaaten, den effektiven Zugang zu Integrationsprogrammen zu gewährleisten, denen eine spezifisch kompensatorische Funktion zukommt, und dieses bedingungs- und einschränkungslos. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte berücksichtigte in seiner Rechtsprechung (Entscheidung vom 21.01.2011 – Nr. 30696/09 ) im Kontext des Art. 3 EMRK ausdrücklich den Umstand, dass der hier zu betrachtende und zu würdigende Personenkreis in besonderem Maße verletzlich und/oder hilfsbedürftig ist und entwickelt die mit Blick auf Art. 3 EMRK einzuhaltenden (höheren) Standards – in Abweichung von der für die Beurteilung der in Abschiebezielstaaten allgemein herrschenden humanitären Zuständen herausgebildeten eigenen Spruchpraxis (vgl. nunmehr aber auch EGMR, Urteil vom 13.12.2016 – 41738/16 ) spezifisch auch unter diesem Gesichtspunkt sowie den Verheißungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Konkret bedeutet dies dann auch, dass dieses Gemeinsame Europäische Asylsystem zumindest ein entsprechend dimensioniertes und den Defiziten des hier zu betrachtenden Personenkreises gerecht werdendes Integrationsprogramm gewährleisten muss, soweit dieses erforderlich ist, um jedenfalls die Inländerbehandlung faktisch und nicht nur formal rechtlich zu gewährleisten und sicherzustellen, was dann von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anforderungen bedingen kann. Dieser Standard stellt im Kontext des Unionsrechts ein flüchtlings- und menschenrechtliches Minimum dar. Er ist letztlich die Rechtfertigung und der Geltungsgrund des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, namentlich des dieses entscheidend prägenden Dublinsystems, der es den Flüchtlingen grundsätzlich verwehrt, einen effektiven Flüchtlingsschutz auch in einem anderen Mitgliedstaat zu suchen und zu finden. Dieses flüchtlings- und menschenrechtliche Minimum ist gewissermaßen die Kehrseite des Dublinsystems.
26 
Auf die vom Senat aufgeworfene Problematik kommt es im vorliegenden Verfahren auch an. Denn dem Senat liegt u.a. der ausführliche Recherchebericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe "Aufnahmebedingungen in Italien" vom August 2016 (vgl. dort S. 33 ff.) vor, aus dem sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass international Schutzberechtigte einem konkreten Risiko ausgesetzt sein könnten, bei einem Leben völlig am Rande der Gesellschaft obdachlos zu werden und zu verelenden. Dieser Bericht gibt, sofern die hier aufgeworfene Frage zu bejahen ist, Anlass diesen Anhaltspunkten weiter nachzugehen und eine abschließende Klärung herbeizuführen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe betont mehrfach, dass das völlig unzureichend entwickelte Sozialsystem in weiten Teilen durch den Rückhalt in familiären Strukturen zu erklären ist, bzw. anders gewendet nur wegen dieses Rückhalt unter der italienischen Bevölkerung Not nicht ein generelles Phänomen darstellt. Diese Strukturen fehlen aber bei den Schutzberechtigten völlig. Dass hier die kompensatorisch greifenden Integrationsprogramme in Italien gegenwärtig weitgehend fehlen und namentlich der Zugang zu den unerlässlichen Sprachkursen mehr oder weniger dem Zufall überlassen ist, beschreibt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (S. 53 f.) eindrücklich. Zwar soll ein Integrationsplan verabschiedet werden, er existiert allerdings noch nicht, geschweige denn, dass er umgesetzt würde; aktuell wird weiter hiervon geredet, mehr aber nicht (vgl. etwa Tagesspiegel v. 01.01.2017). Wenn überhaupt, werden einige wenige Projekte nur von Nichtregierungsorganisationen organisiert. Bei dieser Ausgangslage wäre es in Ermangelung eines ausgebauten vielfältigen sozialen Sicherungssystems unrealistisch, die Schutzberechtigten auf einen Rechtsweg zu verweisen, weil schon wegen teilweiser fehlender Ansprüche der Aspekt der Inländerbehandlung ins Abseits führen muss. Abgesehen davon dürfte die Effektivität ernsthaft infrage stehen. Dass die großen strukturellen Defizite des staatlichen Sozialsystems im weitesten Sinne angesichts der in den vergangenen Jahren stark angestiegenen Flüchtlingszahlen in Italien effektiv durch Nichtregierungsorganisationen und Kirchen ausgeglichen werden können, lässt der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe nicht erkennen; wäre dieses der Fall, könnten die von ihr beschriebenen Verhältnisse so nicht eingetreten sein. Jedenfalls wäre dieser Frage gegebenenfalls noch weiter nachzugehen (vgl. zur Funktion und Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen und Kirchen in Italien vor Jahren bei wesentlich geringeren Flüchtlingszahlen VGH Bad-Württ., Urteil vom 16.04.2014 – A 11 S 1721/13).
27 
Namentlich für diese ggf. noch anzustellenden Ermittlungen ist es im Übrigen für den Senat von erheblicher Bedeutung, dass geklärt wird, welche unionsrechtlichen und menschenrechtlichen Standards für die Beurteilung der Verhältnisse in dem jeweiligen Mitgliedstaat gelten und anzuwenden sind.
28 
Der Senat erachtet es für geboten, über das Ersuchen im Eilvorabentscheidungsverfahren zu entscheiden (Art. 107 VerfO i.V.m. Art. 23a der Satzung des Gerichthofs), da die dritte Vorlagefrage von weitreichender Bedeutung ist. Sie hat Relevanz für alle Italien betreffenden Überstellungsverfahren im gesamten Dublinsystem; sie ist daher vorgreiflich in einer unübersehbaren Zahl von Verfahren. Die Ungewissheit über ihren Ausgang birgt die Gefahr, das Funktionieren des durch die Verordnung 604/2013 eingeführten Systems zu beeinträchtigen und das Gemeinsame Europäischen Asylsystem zu schwächen (vgl. EuGH, Beschluss vom 15.02.2017 - C-670/16 -, ECLI:EU:C:2017:120).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige und Eltern eines am 12. Februar 2014 geborenen Sohnes. Sie reisten im März 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatten sie bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wenden sich gegen einen am 3. März 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 27a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 3. Februar 2014 versagt wurde, sie auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II) nach Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Maßgabe ab, dass die angeordnete Abschiebung unter Berücksichtigung einer zweimonatigen "Mutterschutzfrist" (in Anlehnung an § 6 MuSchG) nicht vor dem 1. Mai 2014 vollzogen werden dürfe. Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung bestehe nicht. Weder sei ein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben, noch lägen systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) vor, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber oder Flüchtling tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Systemische Mängel, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gebieten könnten, seien auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Italien aufgrund der Auskunftslage derzeit nicht erkennbar (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336).

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 3. April 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG.

4

a) Die Beschwerdeführer befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Etwas anderes gelte allenfalls für besonders schutzbedürftige Personen. Allerdings gälten Familien mit beiden Elternteilen in Italien nicht als verletzlich. Auch wenn es zu einer staatlichen Unterbringung kommen sollte, bestehe die Gefahr, dass sie nicht als Familie untergebracht würden, sondern dass es zu einer Unterbringung von Mutter und Kind in der einen, des Vaters aber in einer anderen Einrichtung komme. Eine Trennung der Familie, um die Wahrscheinlichkeit der Unterbringung zu erhöhen, könne ihnen jedoch nach Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden. Gerade im Hinblick auf ihr neugeborenes Kind erscheine die Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung und Nahrung dramatisch.

5

b) Das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, die Berufung auf das Asyl-Grundrecht werde in Dublin-Fällen durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. Die Dublin-Fälle richteten sich vielmehr allein nach der - spezielleren - Vorschrift des Art. 16a Abs. 5 GG und den Vorgaben des - zwischenzeitlich vergemeinschafteten - europäischen Asylsystems. Während Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den materiell-rechtlichen Gewährleistungsinhalt des Grundrechts auf Asyl grundsätzlich einschränke und den Prüfungsmaßstab nach dem Konzept der normativen Vergewisserung festlege, liege der Kompetenzübertragung nach Art. 16a Abs. 5 in Verbindung mit Art. 23 GG die Idee zugrunde, dass die Bundesrepublik den Gewährleistungsinhalt von Art. 16a Abs. 1 GG einer europäischen Zuständigkeitsregelung unterwerfe und zugleich an ihr normsetzend mitwirke. Die Pflichten, die die Bundesrepublik sich mit Art. 16a Abs. 1 GG auferlegt habe, könne sie danach nur soweit delegieren, wie die Verheißung eines im Gebiet der Dublin-Verordnung geltenden Flüchtlingsschutzes im anderen Mitgliedstaat auch wirklich eingelöst werde. Sei dies nicht der Fall, treffe die Bundesrepublik kraft des wechselseitigen und auf Solidarität sowie Mindeststandards beruhenden Lastenausgleichssystems die Rolle eines "Ausfallbürgen". Europäische Asylstandards würden in Italien jedoch nicht gewahrt; nach allem, was über die dortige Situation von Asylbewerbern bekannt sei, würden dort entscheidende Bestimmungen aus der Verfahrens-, Aufnahme- und Qualifikationsrichtlinie ebenso verletzt wie Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK.

6

Aus der Pflicht der Bundesrepublik zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführer bei Überstellung an einen Dublin-Zielstaat keine Rechtsverletzungen an anderen Rechtsgütern erlitten, folge, dass die Bundesrepublik sich derartige Rechtsverletzungen zurechnen lassen müsse. Ihnen drohe in Italien Obdachlosigkeit und eine defiziente Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, die in die reale Gefahr der Verelendung führe; hierin liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen auch gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die einfachgesetzlich geltenden Normen der EMRK verfehlt interpretiert habe. In ihrem Falle sei Art. 3 EMRK zu berücksichtigen gewesen, der mit dem Verbot "unmenschlicher" oder "erniedrigender" Behandlung nach allgemeiner Auffassung gerade die Situation der Verelendung umschreibe, die durch den Zielstaat der Überstellung zu unterbleiben habe. Die drohende Trennung der Familie verletze Art. 6 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1. und 2.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des von der Rückführung betroffenen Kleinkindes der Beschwerdeführer zu treffen haben (dazu 3.).

8

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG und Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK rügen, zeigen sie schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Die Beschwerdeführer setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>), des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

9

2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit und einer Trennung der Eltern von ihrem neugeborenen Kind bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit und Trennung der Familie zu rechnen haben und ihrem Sohn als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

10

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

11

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

12

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

13

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

14

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

15

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

16

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

17

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist nach ihren Angaben nigerianische Staatsangehörige und wurde am …11.2017 von den Grenzbehörden bei ihrer unerlaubten Einreise nach Deutschland angetroffen.

Nachdem eine EURODAC-Abfrage ergab, dass sich die Antragstellerin zuvor in Italien aufgehalten hatte, richtete das Bundesamt für ... (Bundesamt) am 21.11.2017 ein Übernahmeersuchen an Italien, das unbeantwortet blieb.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2017, der Antragstellerin zugestellt am 11. Dezember 2017, ordnete das Bundesamt die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung.

Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Die Antragstellerin erhob am … Dezember 2017 gegen den Bescheid Klage (M 1 K 17.53682) und beantragte gleichzeitig,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Klage und Antrag wurden nicht begründet.

Den Akten des Bundesamts, in die die Bevollmächtigten der Antragstellerin Einsicht erhielten, ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin schwanger ist (errechneter Geburtstermin 11.3.2018).

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Antrag ist unzulässig, da der streitgegenständliche Bescheid ausweislich der PZU am 11. Dezember 2017 zugestellt wurde und daher die erst am 19. Dezember 2017 erhobene Klage und der erst an diesem Tag gestellte Eilantrag außerhalb der Ein-Wochen-Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1, § 74 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG erhoben bzw. gestellt wurden und daher verfristet sind.

Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet.

Die von der Antragstellerin eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Das Bundesamt hat zu Recht keine eigene Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens angenommen (1.) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten oder -hindernissen (2.) verneint.

1. Italien hat das fristgerecht gestellte Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht beantwortet. Sonach ist gemäß Art. 22 Abs. 7 bzw. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass von italienischer Seite dem Übernahmeersuchen stattgegeben, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen.

Besondere Umstände, welche die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Antragstellerin ihrer Überstellung nach Italien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, sodass eine Überstellung nach Italien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO).

Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. aktuell OVG NRW, B.v. 12.10.2016 – 13 A 1624/16.A – juris; OVG NRW, U.v. 21.6.2016 – 13 A 1896/14.A – juris Rn 32 ff; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 13.01.2015 (Nr. 51428/10) und vom 30.06.2015 (Nr. 39350/13); VG München, U.v.10.5.2016 – M 12 K 15.50474 – juris Rn. 43).

2. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe, die bei der Abschiebungsanordnung zu prüfen sind (siehe BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris), liegen nicht vor.

Insbesondere begründet der Umstand, dass die Antragstellerin schwanger ist, keine solche Einwendung.

2.1 Im Fall der Schwangerschaft einer Antragstellerin nimmt das Gericht in ständiger Rechtsprechung nur für den Zeitraum des gesetzlichen Mutterschutzes ein Abschiebungsverbot an (VG München, B.v. 8.5.2017 – M 1 S. 17.50991; B.v. 9.11.2016 – M 1 S. 16.50757; B.v. 19.7.2016 – M 12 S. 16.50456 – juris Rn. 33). In Anlehnung an das Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (MuSchG) beginnt der Abschiebungsschutz sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und endet acht bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG). Nachdem der voraussichtliche Geburtstermin des Kindes der Antragstellerin der 11. März 2018 ist, befindet sich die Antragstellerin derzeit nicht im gesetzlichen Mutterschutz.

2.2 Für die medizinische Versorgung der Antragstellerin ist mit Blick auf die von ihr geltend gemachte Schwangerschaft auch in Italien gesorgt, sodass zudem kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis für Italien vorliegt. Insbesondere liegt kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Es ist nach der aktuellen Erkenntnislage davon auszugehen, dass die Antragstellerin in Italien hinreichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung erhält. Asylbewerber haben nach entsprechender Registrierung und unter Vorlage einer Gesundheitskarte einen effektiven Zugang zu allen wesentlichen Formen der Gesundheitsversorgung in Italien (vgl. aktuell z.B. VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 – 12 L 3754/16.A – juris Rn. 29f.). Die umfassende Gesundheitsfürsorge, über die Italien verfügt, ist für italienische Staatsbürgern sowie Flüchtlinge, Asylbewerber und unter humanitären Schutz stehende Personen gleichermaßen zugänglich. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass dies für die Antragstellerin im Hinblick auf die von ihr vorgetragene Schwangerschaft nicht gelten könnte, sodass auch im Hinblick auf ihre medizinische Betreuung und Versorgung keine Verpflichtung der Antragsgegnerin gegeben, das Asylverfahren in Deutschland durchzuführen oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse für Italien anzuerkennen.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

4. Abzulehnen war damit auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten hatte, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.