Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 10 S 17.789

bei uns veröffentlicht am06.04.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger und wurde am … Dezember 1994 in Hamburg geboren. Er ist in Hamburg und München aufgewachsen. Die Mutter ist aufgrund einer psychischen Erkrankung Frührentnerin. Der Vater des Antragstellers lebt in Serbien. Die Eltern waren gerichtlichen Feststellungen zufolge nicht verheiratet und haben sich 1997 getrennt. Im Alter von sechs Jahren wurde der Antragsteller in München eingeschult. In der 3. Klasse war der Antragsteller für neun Monate im …-Heim, da die Mutter in einer Klinik behandelt werden musste. Im Alter von elf Jahre war der Antragsteller nochmals in einem Heim. Er erkrankte an dem Tourette-Syndrom, unter dem er noch heute leidet. Über das Projekt „Picasso“ hat er den Hauptschulabschluss nachgemacht. Danach hat der Antragsteller verschiedene Praktika absolviert. Er hat eine Ausbildung als Bäcker begonnen, jedoch nach 3 Monaten abgebrochen. Vor seiner Inhaftierung arbeitete der Antragsteller nicht und erhielt etwa 400,- EUR vom Jobcenter. Aufgrund der chronischen Erkrankung „Tourette-Syndrom“ steht der Antragsteller unter Betreuung.

Dem Antragsteller wurde erstmals am 24. April 2001 eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Zuvor war sein Aufenthalt geduldet worden. Die befristete Aufenthaltserlaubnis wurde laufend verlängert, zuletzt bis zum 25. Oktober 2014. Der Antragsteller sprach am 21. Oktober 2014 in der Ausländerbehörde vor und beantragte mündlich die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Die Ausländerbehörde stellte dem Antragsteller an diesem Tag eine Fiktionsbescheinigung aus. Den schriftlichen Antrag reichte der jetzige Betreuer des Antragstellers am 18. März 2015 nach. Über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entschied die Ausländerbehörde zunächst nicht, da der Antragsteller wiederholt straffällig wurde.

Der Antragsteller ist ledig und hat keine Kinder. Seine Mutter lebt noch in München. Sie war zwischenzeitlich mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet und ist inzwischen geschieden.

Strafrechtlich trat der Antragsteller wie folgt in Erscheinung:

1. Von der Verfolgung eines Diebstahls geringwertiger Sachen sah die Staatsanwaltschaft München II mit Beschluss vom 25. Mai 2009 gemäß § 45 Abs. 1 JGG ab.

2. Wegen versuchten Diebstahls in Mittäterschaft erging am 21. Januar 2010 eine richterliche Ermahnung durch das Amtsgericht München.

3. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 8. Februar 2010 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 1 Woche Jugendarrest verurteilt. Zusätzlich erging eine richterliche Weisung.

Die Ausländerbehörde ermahnte den Antragsteller mit Schreiben vom 19. August 2010 und machte ihn auf die ausländerrechtlichen Folgen seines strafbaren Handelns aufmerksam.

4. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung erging am 4. März 2010 eine richterliche Weisung durch das Amtsgericht München.

5. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 23. September 2013 wurde der Antragsteller wegen Raubes in Mittäterschaft in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu 1 Woche Jugendarrest verurteilt.

6. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 11. August 2014 wurde der Antragsteller wegen Unterschlagung in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu 4 Wochen Jugendarrest verurteilt.

Zusätzlich erging eine richterliche Weisung.

7. Am 11. Februar 2015 sprach das Amtsgericht München den Antragsteller wegen räuberischen Diebstahls in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Diebstahl in zwei tatmehrheitlichen Fällen schuldig und verhängte eine Jugendstrafe von 1 Jahr. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Einbezogen wurden zwei nicht registerpflichtige Entscheidungen.

8. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 28. Juli 2016 wurde der Antragsteller wegen räuberischen Diebstahls in Tatmehrheit mit Diebstahl in vier Fällen in Tatmehrheit mit Hehlerei zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt. Einbezogen wurde das Urteil vom 11. Februar 2015.

Rechtskraft trat am 5. August 2016 ein.

Seit seiner Festnahme am 28. Juni 2016 befindet sich der Antragsteller in Haft. Derzeit verbüßt er die Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt … Als Haftende ist der 27. August 2018 vorgemerkt. Zwei Drittel seiner Haftstrafe wird der Antragsteller am 6. Dezember 2017 verbüßt haben.

Mit Schreiben vom 30. September 2016 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Versagung des Aufenthaltstitels und der Ausweisung an und forderte ihn zur Beantwortung von Fragen zu den persönlichen Verhältnissen auf.

Daraufhin nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 19. Oktober 2016 Stellung. Er teilt mit: Er sei in Deutschland geboren und aufgewachsen. Er habe zu Serbien keinen Bezug, außer dass er dort gelegentlich mit seiner Familie im Urlaub gewesen sei. Sein leiblicher Vater lebe zwar angeblich in Serbien, zu ihm habe er aber nie Kontakt gehabt. Der Aufenthaltsort seines leiblichen Vaters sei ihm unbekannt. Er würde seit seinem 9. Lebensjahr unter dem „Tourette-Syndrom“ leiden. Hier in Deutschland könne er deswegen richtig behandelt werden. Er sei zu 50% schwerbehindert. Er bekäme in Serbien keine Arbeit und könnte dort nicht für sich sorgen. Er würde mit der serbischen Mentalität nicht zurechtkommen. Damit sich das „Tourette-Syndrom“ nicht verschlechtern würde, müsse er sich einigermaßen sicher fühlen. Er habe in Serbien noch eine Großmutter und eine Tante, zu denen er aber keinen Kontakt habe. Er spreche kein Serbisch. Ein wenig könne er mit seiner Mutter in Serbisch sprechen. Seine Familie sei in Deutschland (Mutter, Stiefvater und zwei Stiefgeschwister). Zu allen hätte er guten Kontakt. Die Nachbarin kenne er noch sehr gut. Er habe eine feste Freundin. Seit drei Jahren habe zudem einen Betreuer, Herrn R. H., der ihm sehr viel helfe. Er empfinde es nicht so, dass er massiv straffällig geworden sei. Die Diebstähle habe er damals begangen, weil er kein Geld gehabt habe. Er habe nie jemanden verletzen wollen. Bei den Straftaten bei den Prostituierten habe er sich wegen seiner Krankheit nur schwer verständlich machen können. Sie hätten überreagiert. Es tue ihm leid. Nach der Entlassung aus der Haft könne er wieder zuhause wohnen. Er werde sich in therapeutische Behandlung begeben. Er habe eine Arbeit in Aussicht.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2017, dem ehemaligen Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt, wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziff. 1 des Bescheides), lehnte die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 21. Oktober 2014 sowie vom 18. März 2015 ab (Ziff. 2 des Bescheides) und befristete - unter der Bedingung, dass Straffreiheit nachgewiesen wird - das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf fünf Jahre. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, beträgt die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot sieben Jahre ab Ausreise (Ziff. 3 des Bescheides). Dem Antragsteller wurde mitgeteilt, dass er nach erfülltem Strafanspruch des Staates und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus der Haft nach Serbien abgeschoben wird. Sollte der Antragsteller aus der Haft entlassen werden, bevor seine Abschiebung durchgeführt werden kann, ist der Antragsteller verpflichtet, das Bundesgebiet bis spätestens 4 Wochen nach Haftentlassung zu verlassen. Im Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Antragsteller die Abschiebung - insbesondere nach Serbien - angedroht (Ziff. 4 des Bescheides).

Zur Begründung der Ausweisungsverfügung (Ziff. 1) führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus: Das Ausweisungsinteresse wiege bei dem Antragsteller besonders schwer, da er wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt worden sei (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Darüber hinaus habe er den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr.1a AufenthG verwirklicht, da er wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten - vor allem gegen das Eigentum - zur obigen Jugendstrafe verurteilt worden sei und die Eigentumsdelikte auch serienmäßig begangen worden seien. Ein Bleibeinteresse nach § 55 AufenthG - insbesondere nach§ 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG - könne der Antragsteller mangels einer Aufenthaltserlaubnis nicht geltend machen. Bereits seit seinem 13. Lebensjahr trete der Antragsteller polizeilich in Erscheinung. Er habe sich in seiner Delinquenz kontinuierlich gesteigert, bis er nunmehr zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt worden sei. Er sei immer wieder durch Eigentumsdelikte und Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Antragsteller habe gezeigt, dass er nicht gewillt oder in der Lage sei, sich an die Rechtsordnung zu halten. Diese Einstellung werde auch durch sein Schreiben vom 19. Oktober 2016 sehr deutlich. Er sei nach wie vor der Meinung, dass er nicht massiv straffällig geworden sei. Von einer Auseinandersetzung mit den Taten könne keine Rede sein. Der Antragsteller leide und habe bereits im Zeitraum der begangenen Taten an einem „Tourette-Syndrom“ und an einer Störung der Persönlichkeitsentwicklung gelitten. Seine Fähigkeit, das Unrecht seines Tuns einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, sei aber weder erheblich vermindert noch gar aufgehoben. Bei seiner letzten Verurteilung habe das Gericht berücksichtigt, dass der Antragsteller ganz überwiegend geständig gewesen sei. Allerdings liege auch keine Schuldeinsicht vor. Zu Lasten des Antragstellers würden jedoch in aller Deutlichkeit die Taten gehen. Die von dem Antragsteller begangenen Straftaten seien im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Der bisherige Lebenslauf des Antragstellers lasse deutlich erkennen, dass es sich bei den zuletzt abgeurteilten Straftaten nicht um eine einmalige Verfehlung handele, sondern vielmehr um den bisherigen Höhepunkt seiner „strafrechtlichen Karriere“. Zum Tatzeitpunkt sei er schon zwanzig Jahre alt gewesen, so dass schon aus diesem Grund nicht mehr von reinen Jugendverfehlungen gesprochen werden könne. Bei den Eigentumsdelikten habe der Antragsteller bei der Tatbegehung eine immer größer werdende Risikobereitschaft an den Tag gelegt. Die Vielzahl der begangenen Straftaten zeige, dass bei dem Antragsteller inzwischen eine ausgesprochen niedrige Hemmschwelle vorhanden sei. Die letzten sechs Straftaten habe der Antragsteller in kurzem zeitlichen Zusammenhang in einer offenen Bewährung begangen. Eine hohe Gefahr für weitere Straftaten sehe die Ausländerbehörde darin, dass der Antragsteller so gut wie keine Schuldeinsicht an den Tag lege. Sie sehe deshalb die konkrete Gefahr weiterer schwerer Straftaten. Sämtliche gerichtlichen Maßnahmen hätten bislang keinen Eindruck bei dem Antragsteller hinterlassen können. Aufgrund der drohenden Wiederholungsgefahr müssten im Fall des Antragstellers die privaten Belange zurückstehen. Der Antragsteller lebe zwar seit seiner Geburt im Bundesgebiet, seine Integration in der Bundesrepublik Deutschland stütze sich allerdings allein auf den langen Aufenthalt und die Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen sei. Aktive Integrationsleistungen hätte er kaum erbracht. Er habe zwar einen Hauptschulabschluss erreicht; eine Ausbildung habe er aber nicht absolviert. Seine beruflichen Möglichkeiten seien aus Sicht der Ausländerbehörde in dem Land seiner Staatsangehörigkeit nicht schlechter einzuschätzen als ein Deutschland. Mangels einer Berufsausbildung werde es in allen Ländern schwer haben, eine Anstellung zu finden. Er könne auch in Serbien seinen Lebensunterhalt - zumindest mit einfacher Arbeit - selbst bestreiten. Es sei davon auszugehen, dass die Sprachkenntnisse des Antragstellers immerhin für eine erste Verständigung in seiner Heimat ausreichen würden. Es sei auch davon auszugehen, dass die Mutter als Migrantin der ersten Generation dem Antragsteller immerhin die Grundlagen der Verständigung in der Muttersprache beigebracht haben dürfte. In der Haft hätte der Antragsteller Gelegenheit und Zeit, etwaige Defizite abzubauen. Als erste Anlaufstelle könne er evlt. zu seinem Vater, der Großmutter oder der Tante in Serbien. Auch in Serbien gebe es für Personen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung eine gesetzliche Krankenversicherung. Arbeitnehmer wären anspruchsberechtigt. Jedoch auch arbeitslose und behinderte Personen seien von der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst. Eine medizinische Versorgung sei in Serbien gewährleistet. Eine Gleichwertigkeit der medizinischen Versorgung mit derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland sei nicht erforderlich. Auch eine flächendeckende Versorgung sei nicht erforderlich. Dem Antragsteller sei es zumutbar, sich in einen bestimmten Teil Serbiens zu begeben, in den für ihn eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet sei. Die Beziehung zur Mutter sowie zum Stiefvater habe den Antragsteller nicht daran gehindert, seit Jahren fortlaufende teils schwerwiegende Straftaten zu begehen. Der Antragsteller besitze im Bundesgebiet keine eigene Kernfamilie und sei nicht mehr auf die Fürsorge und den Beistand seiner in München lebenden Mutter angewiesen. Als erwachsener Mann sei es ihm zuzumuten, alleine zurecht zu kommen. Zur Begründung der Versagung eines Aufenthaltstitels (Ziff. 2 des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt: Es sei ein Versagungsgrund erfüllt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Auf die weiteren Ausführungen im Bescheid wird Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Telefax vom 24. Februar 2017 beim Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen,

den Ausweisungsbescheid der … … vom 1. Februar 2017 aufzuheben.

Zugleich wurde beantragt,

gegen den sofortigen Vollzug der Versagung des Aufenthaltstitels die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Der Ausweisungsbescheid der Antragsgegnerin verstoße gegen den Wesensgehalt von Grund und Menschenrechten des Grundgesetzes, gegen das Rechtsstaatsprinzip sowie die Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten - insbesondere gegen Art. 8 EMRK, und sei deshalb aufzuheben. Die Straftaten des Antragstellers hätten ihre Wurzeln hauptsächlich in einer unglücklich verlaufenden Jugend. Der Antragsteller habe darunter gelitten, dass sich sein leiblicher Vater geweigert habe, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Als der Antragsteller etwa acht Jahre alt gewesen sei, habe sich zudem bei seiner Mutter allmählich die schwere geistige Erkrankung gezeigt. Ein schwerer Schock habe ihn mit neun Jahren überfallen, als seine Mutter während ihrer jetzt akut gewordenen Schizophrenie von der Polizei und einem Rettungsdienst vor seinen Augen sich sträubend in eine psychiatrische Klinik gebracht worden sei. Seit dieser Zeit leide er an einem „Tourette-Syndrom“ und einer starken Persönlichkeitsstörung. Er sei dann in ein Jugendheim und später in ein heilpädagogisches Jugendheim verbracht worden. Als er wieder nach Hause entlassen worden sei, habe er sich für seine kranke Mutter verantwortlich gefühlt. Er habe sich darum bemüht, diese zu versorgen. Der Antragsteller sei faktischer Inländer. Außer seiner Staatsangehörigkeit habe er keinerlei Bezug zu Serbien. Er spreche nur holpriges Serbisch. Der Antragsteller habe sich immer als Deutscher gefühlt und seinen sozialen Mittelpunkt in Deutschland gehabt. Er habe viele deutsche Freunde und sei seit seinem 14. Lebensjahr verliebt. Der Antragsteller werde bei einer Ausweisung völlig mittellos in Serbien ankommen. Er habe dort kein Obdach. Der Verweis auf Großmutter, Tante und Vater des Antragstellers gehe völlig ins Leere. Die betagte, gebrechliche und kränkliche Großmutter und die psychisch und physisch angeschlagene Tante würden in räumlich ganz beschränkten Verhältnissen leben. Sie könnten dem Kläger kein Obdach geben. Wo sein Vater lebe, wisse der Antragsteller nicht. Er könne dies auch nicht ermitteln. Die Großmutter lebe mehr schlecht als recht von einer kleinen Rente in Höhe von umgerechnet knapp 60,- EUR. Die Tante halte sich mit den wenigen Mitteln, die sie durch Gelegenheitsarbeiten verdiene, mühsam über Wasser. Beide Verwandte seien psychisch so labil, dass sie dem kranken Antragsteller keine Stütze sein könnten. Der Gesundheitszustand des Antragstellers sei sehr schlecht. Eine fundierte medizinische Behandlung in Serbien sei aufgrund seiner eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit und wegen der fehlenden Sprachfähigkeiten wenig zielführend. Qualifizierte Ärzte zu finden, die Krankenkassenpatienten behandeln würden, dürfte ohne die Unterstützung eines rechtskundigen Serben nahezu unmöglich sein. Für seine soziale Betreuung bedürfte der Antragsteller auch einer Sozialarbeiterin, die ihm helfe, in einer fremden Welt heimisch zu werden und in die Krankenversicherung hineinzukommen. Aufgrund seiner schweren Gesundheitsstörung sei der Kläger zu 50% behindert und in seiner Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Dies werde ihm auch durch das Referat für Gesundheit um Umwelt der … … in einem Gesundheitszeugnis vom 5. Juli 2016 attestiert. Aufgrund seiner Krankheit könne der Antragsteller in Serbien keine Ausbildung machen und erst recht nicht einer normalen Arbeit nachgehen. Negativ für die überwiegend orthodoxen Serben dürfte auch sein, dass der Antragsteller Moslem sei. In Serbien herrsche ein großer Mangel an Arbeitsplätzen. Mangels Obdach und Einkommen bestünde die große Gefahr, dass der Antragsteller - um wenigsten seinen Hunger zu stillen - sein kleinkriminelles Leben wieder aufnehmen werde. Schon seine dauernden ungesteuerten, unkontrollierten und unkontrollierbaren Kopfbewegungen, das permanente Augenverdrehen sowie seine fahrigen Hand- und Armbewegungen würden ihm ungewollt ein so spezifisches Aussehen geben, dass sich jeder, der mit der ihm Kontakt habe, immer wieder an ihn erinnere. Die archaische serbische „Volksjustiz“ würde ihn sehr schnell aburteilen, und zwar auf der Grundlage des biblischen Tallionsprinzips. Bei der serbischen Justiz würde ein geradezu rigides Strafrechtsdenken herrschen und allseits bekannte schlimme Gefängnisaufenthalte. Falls der Antragsteller die Kraft aufbrächte, dort allen kriminellen Anwandlungen zu widerstehen, würde er sich halb verhungert und mit letzter Kraft über grüne Grenzen in seine „Heimat“ Deutschland aufmachen. Um in Deutschland nicht sofort erkannt zu werden, müsste er in einem kleinkriminellen Kreis untertauchen. Nach kurzer Zeit würde er von der Polizei wieder aufgegriffen und nach Serbien zurücktransportiert. Der Antragsteller habe in der Justizvollzugsanstalt ein wirkliches Damaskus-Erlebnis gehabt. Mit Hilfe liebevoller Freunde und Familienmitglieder werde er einen seriösen Lebensweg beginnen. Seine Mutter habe im letzten Jahr endlich eine hochkompetente psychiatrische Behandlung gefunden. Sie sei medikamentös gut eingestellt. Sie habe jetzt die Kraft, für ihn eine liebevolle emotionale Stütze zu sein. Das Gleiche gelte für seine Jugendliebe, mit der er sich verlobt habe. Sein Stiefvater, ein gestandener bayerischer Handwerksmeister, werde ihm helfen, einen behindertengerechten Arbeitsplatz oder gar eine entsprechende Ausbildungsstätte zu finden. Auch sein bisheriger Betreuer werde ihm bei seinem Leben tatkräftig beistehen. Der Antragsteller habe eine echte Chance, in Deutschland in die rechte Spur zu kommen. Das Interesse des Antragstellers am weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiege nach alledem das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des kranken und behinderten Antragstellers.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen und die Klage abzuweisen.

Der Zwei-Drittel-Zeitpunkt werde am 24. November 2017 erreicht. Aufgrund des Jugendstrafrechts könnte eine Entlassung allerdings auch erheblich früher erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig aber unbegründet.

Hat eine Anfechtungsklage - wie hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG undArt. 21a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) - entgegen der Regel des§ 80 Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung nach§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, wobei es das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen hat. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, allerdings nicht das alleinige Indiz für und gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind. Ergibt die im Eilverfahren allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Erfolgsaussichten, dass die Klage offensichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angegriffene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hingegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung und nach summarischer Prüfung erfolglos bleiben wird. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

Die Antragsgegnerin hat die Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu Recht abgelehnt. Die Abschiebungsandrohung begegnet ebenso keinen rechtlichen Bedenken. Der angefochtene Bescheid erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels steht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AufenthG bereits die Sperrwirkung der in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Ausweisung entgegen. Nach dieser Vorschrift wird einem Ausländer, der ausgewiesen worden ist, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Die Sperrwirkung der Ausweisung greift gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wonach die Wirksamkeit der Ausweisung von Widerspruch und Klage unberührt bleibt, unabhängig davon ein, ob die Ausweisungsverfügung sofort vollziehbar oder bestandskräftig ist (vgl. Hailbronner, AufenthG, 91. Aktualisierung, September 2015, § 11 Rz. 18 f.). Eine Durchbrechung der Sperrwirkung ist aufgrund des sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Gebotes effektiven Rechtsschutzes jedoch dann erforderlich, wenn ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels unter Bezugnahme auf eine gleichzeitig erlassene Ausweisung abgelehnt wurde und sich die Ausweisung als rechtswidrig darstellt. In solchen Fällen ist im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung des Titels inzident auch die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Ausweisungsverfügung summarisch zu prüfen (vgl. BVerfG, Kammerb.v. 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 - NVwZ 2007, 948 ff.; HessVGH, B.v. 17.8.1995 - 13 TH 3304/94 - NVwZ-RR 1996, 112ff.; VG München, B.v. 25.11.2013 - M 25 S. 13.2682 - juris - Rn. 55).

Aufgrund dieser summarischen Prüfung ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisung, sodass die von ihr entfaltete Sperrwirkung der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegensteht.

Nach § 53 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an der einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

a) Vom Antragsteller geht nach summarischer Prüfung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die freiheitliche demokratische Grundordnung aus, § 53 Abs. 1 AufenthG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose hinsichtlich der Wiederholungsgefahr zu treffen, ohne dass sie an die Feststellungen der Strafgerichte rechtlich gebunden sind (vgl. zum Erfordernis etwa BVerwG, U.v. 26.2.2002 - 1 C 21/00 - juris Rn. 22). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Tat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18). Der Rang des bedrohten Rechtsguts bestimmt dabei die mögliche Schadenshöhe, wobei jedoch keine zu geringen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden dürfen (BVerwG, U.v. 10.7.2012, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben geht das Gericht nach summarischer Prüfung davon aus, dass vom Antragsteller eine entsprechende Wiederholungsgefahr ausgeht und sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass vom Antragsteller die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgeht. Der Antragsteller hat schwere Straftaten begangen. Das vergangene Verhalten des Antragstellers, aus dem hinsichtlich der Wiederholungsgefahr Rückschlüsse zu ziehen sind, legt eine hohe Rückfallgefahr nahe. Besonders schwer wiegt, dass der Antragsteller seit früher Jugend polizeilich in Erscheinung getreten ist und seine Delinquenz kontinuierlich gesteigert hat, bis er nunmehr zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt worden ist. Die Vielzahl der begangenen Straftaten zeigt, dass bei dem Antragsteller inzwischen eine ausgesprochen niedrige Hemmschwelle vorhanden ist. Er zeigt kaum Schuldeinsicht.

b) Es liegt ein Ausweisungsinteresse vor, dem Bleibeinteressen des Antragstellers gegenüberstehen. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG zu treffende Abwägung ergibt, dass nach summarischer Prüfung das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Antragstellers überwiegt.

Es liegt beim Antragsteller das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Denn er ist 2016 zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt worden. Der Verurteilung lagen Vorsatztaten zu Grunde.

Es ist nach Art. 8 EMRK zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in Deutschland geboren ist und sein Leben in Deutschland verbracht hat und er somit faktischer Inländer ist.

§ 53 AufenthG gestaltet die Ausweisung als Ergebnis einer umfassenden, ergebnisoffenen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus. Diese Abwägung ist voll gerichtlich überprüfbar. Sofern das öffentliche Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet nach dieser Gesamtabwägung überwiegt, ist die Ausweisung rechtmäßig. In die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG sind die in§§ 54, 55 AufenthG vorgesehenen Ausweisungs- und Bleibeinteressen mit der im Gesetz vorgenommenen grundsätzlichen Gewichtung einzubeziehen. Neben den dort explizit aufgeführten Interessen sind aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar. Die in den §§ 54 f. AufenthG genannten Ausweisungs- und Bleibeinteressen werden nur allgemein als schwer bzw. besonders schwer typisiert, ohne im Sinne eines Automatismus die letztliche Interessenabwägung zu bestimmen. Erforderlich ist vielmehr eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles bereits auf Ebene des Tatbestands (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.; HessVGH, B.v. 5.2.2016 - 9 B 16/16 - juris Rn. 5; VG Düsseldorf, U.v. 11.2.2016 - 8 K 1493/15 - juris Rn. 45 ff.; VG München, B.v. 4.4.2016 - M 10 S. 15.5791 - juris; Hailbronner, AuslR, § 53 Rn. 7 ff., 27; VG München, B.v. 7.11.2016 - M 10 K 15.5640).

Es sind für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung auch die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen (vgl. nur EGMR, U.v. 18.10.2006 - Üner, Nr. 46410/99 - juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 - Boultif, Nr. 54273/00 - InfAuslR 2001, 476-481). Hiernach sind vor allem die Art und die Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das seitherige Verhalten des Ausländers, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland zu berücksichtigen (VG Oldenburg, U.v. 11.1.2016 - 11 A 892/15 - juris Rn. 24).

Die Bleibeinteressen des Antragstellers sind auch im Einzelfall beachtlich. Für den Antragsteller wird es mit beachtlichen Schwierigkeiten verbunden sein, sich in Serbien zurechtzufinden, nachdem er die Sprache nach eigenen Angaben nicht sonderlich gut beherrscht und auch kaum familiäre Kontakte dorthin hat und auch noch nie in Serbien gelebt hat. Vielmehr hat er sein gesamtes Leben in Deutschland verbracht und auch alle seine sozialen Kontakte sind in Deutschland. Diese Belange zu berücksichtigen gebieten Art. 8 EMRK undArt. 6 GG. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens; dies umfasst sämtliche persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen für die Entfaltung der Persönlichkeit bei fortdauerndem Aufenthalt wachsende Bedeutung zukommt (EGMR, U.v. 9.10.2003 - 48321/99 - EuGRZ 2006, 560). Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer (EGMR, Entscheidung v. 24.3.2015 - 37074/13 - EuGRZ 2015. 464). Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, Vor §§ 53-56 Rn. 96 ff.). Dieser Maßstab gilt entsprechend auch für die Beurteilung, ob ein derartiger Eingriff verhältnismäßig im Sinne von Art. 6 GG,Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ist (vgl. dazu BVerfG, B.v. 10.5.2008 - 2 BvR 588/08 - juris Rn. 11). Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Antragstellers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris - Rn. 16; BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Im Rahmen dieser Einzelfallabwägung ist das Gewicht des Rechts auf Familienleben an der tatsächlichen Verbundenheit zu messen (vgl. VGH München, B. v. 24.11.2008 - 10 CE 08.3014 - juris; VGH München, B. v. 17.5.2013 - 10 CE 13.1065 - juris, VG München B. v. 23.10.2013 - M 10 E 13.3727 - juris). Der Antragsteller ist ledig und hat noch keine eigene Kernfamilie gegründet. Er ist inzwischen 22 Jahre alt und damit nicht mehr auf die Fürsorge seiner in Deutschland lebenden Mutter angewiesen. In einem ihm weitgehend unbekannten Land zu leben, ist für den Antragsteller schwierig. Er ist faktischer Inländer. Jedoch stellt sich die Ausweisung des Antragstellers auch mit Blick auf die strengen Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK angesichts der wiederholten Straftaten und der Chancen, die der Antragsteller nicht genutzt hat, nach summarischer Prüfung als verhältnismäßig dar. Straftaten können auch zur Ausweisung führen, wenn der ausländische Straftäter faktischer Inländer ist. Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller in Serbien als serbischer Staatsangehöriger besonderen Repressalien ausgesetzt sein wird. Soweit er wegen seiner Tourette-Erkrankung auf ärztliche Behandlung angewiesen sein sollte, ist darauf zu verweisen, dass es auch in Serbien eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung gibt. Kostenfrei behandelt werden unter anderem gemeldete Arbeitslose, die Arbeitslosenhilfe beziehen, sowie Sozialhilfeempfänger. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können (Bericht des Auswärtigen Amts im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, Stand: September 2016).

Die Straftaten des Antragstellers wiegen schwer. Es handelt sich bei den Taten um schwere Delikte, die keinesfalls der Bagatellkriminalität zugerechnet werden können. Der Antragsteller hat mehrere Chancen, ein straffreies Leben zu führen, nicht ergriffen. Die Ausländerbehörde hat den Antragsteller über die ausländerrechtliche Relevanz bereits seiner ersten Taten früh informiert. Der Antragsteller wurde 2010 verwarnt; ihm war klar, dass weitere Straftaten zur Ausweisung führen können.

Der in den Sanktionen des Jugendstrafrechts zum Ausdruck kommende Erziehungsgedanke hat trotz der ergriffenen Maßnahmen beim Antragsteller nicht zu einer Abkehr von seinem kriminellen Verhalten geführt.

Nachdem bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung damit nicht bestehen, entfaltet diese die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Damit ist davon auszugehen, dass die Ablehnung der Erteilung bzw. Verlängerung des Aufenthaltstitels zu Recht erfolgte und die Klage insoweit erfolglos bleibe wird.

2. Die in Ziff. 4 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung erweist sich bei summarischer Prüfung ebenfalls als rechtmäßig. Der Erlass einer Abschiebungsandrohung setzt voraus, dass der Ausländer zur Ausreise verpflichtet ist. Vorliegend ergibt sich die Ausreisepflicht des Antragstellers bereits aus dem Umstand, dass er keinen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel (mehr) besitzt. Die am 21. Oktober 2014 und am 18. März 2015 gestellten Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels wurden in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids abgelehnt, womit auch die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG entfallen ist. Im Übrigen entspricht die Abschiebungsandrohung den gesetzlichen Anforderungen. Die gesetzte Ausreisefrist hält sich im Rahmen des § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, besondere Umstände des Einzelfalls im Sinne des§ 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG, die eine längere Ausreisefrist erfordern würden, liegen nicht vor. Nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu bezeichnende Staaten, in die eine Abschiebung nicht erfolgen darf, sind nicht ersichtlich. Da sich bei summarischer Prüfung damit auch die Abschiebungsandrohung als rechtmäßig erweist, setzt sich das öffentliche Interesse an dem vom Gesetzgeber in Art. 21a VwZVG vorgesehenen Sofortvollzug gegenüber dem Wunsch des Antragstellers nach der vorläufigen Suspendierung der Abschiebungsandrohung durch.

3. Nachdem ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit weder hinsichtlich der Ablehnung des Aufenthaltstitels noch hinsichtlich der Abschiebungsandrohung bestehen und das Hauptsacheverfahren damit insoweit voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, war der vorliegende Eilantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2,§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 10 S 17.789

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 10 S 17.789 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 81 Beantragung des Aufenthaltstitels


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 4 Erfordernis eines Aufenthaltstitels


(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 84 Wirkungen von Widerspruch und Klage


(1) Widerspruch und Klage gegen 1. die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,1a. Maßnahmen nach § 49,2. die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,2a. Auflagen zur Sicherun

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 45 Absehen von der Verfolgung


(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen. (2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits dur

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 10 S 17.789 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640

bei uns veröffentlicht am 08.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Feb. 2016 - 8 K 1493/15

bei uns veröffentlicht am 11.02.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages

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(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.

(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.

Der Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. Der am … September 1992 in … geborene Kläger wuchs mit seinem jüngeren Bruder aufgrund schwerer Vernachlässigung durch die Eltern ab dem Grundschulalter bei einer Pflegemutter auf. Nach Streitigkeiten mit der Pflegemutter zog der Kläger zu seiner Lebensgefährtin. Der Kläger war bis zu seiner ersten Festnahme am 5. September 2010 ohne Beschäftigung; er hatte eine Ausbildung zum Friseur begonnen, aber abgebrochen. Die Lebensgefährtin des Klägers ist die Mutter des gemeinsamen deutschen Kindes „…“, geboren am … Februar 2011. Der Kläger hat die Vaterschaft zu seinem Kind anerkannt. Mutter und Kind lebten längere Zeit in einem Mutter-Kind-Heim, sind aber wohl mittlerweile ausgezogen. Während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten unter anderem in der JVA … schloss der Kläger eine Ausbildung zum Friseur erfolgreich ab. Der Kläger hat bereits als Kind Marihuana konsumiert, später nahm er auch andere Betäubungsmittel.

Der Kläger ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, die ihm am 1. Dezember 2008 erteilt wurde.

Der Kläger ist bisher wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1. Bußgeldbescheid des Amtes für Ausbildungsförderung vom 11. Januar 2011 über 90,- EUR.

2. Das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht München verurteilte den Kläger am 27. Januar 2011 wegen Geiselnahme in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten.

Der Verurteilung lagen ein Überfall auf ein Spielcasino und ein Überfall auf eine Tankstelle zugrunde. Der Kläger war beim Überfall auf das Spielcasino mit einem Messer, bei dem Überfall auf die Tankstelle mit einem Teleskopschlagstock bewaffnet; auch die anderen Täter waren bewaffnet. Der Kläger übte insbesondere bei dem Überfall auf die Tankstelle, der nach dem Strafurteil seine Idee war, eine tragende Rolle aus; er selbst bedrohte den Kassierer und forderte ihn auf, das Geld zu übergeben.

3. Wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit vier Fällen des vorsätzlichen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln verurteilte das Amtsgericht München den Kläger am 10. April 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Grund für die Verurteilung war der Verkauf bzw. Verkaufsversuch von Marihuana und Kokaingemisch.

Der Kläger befand sich aufgrund seiner ersten Verurteilung vom 5. September 2010 bis zum 8. Februar 2013 (Ablauf von 2/3 der verhängten Freiheitsstrafe) in Haft, wobei die Bewährungszeit zunächst bis 18. Dezember 2015 lief, und befindet sich derzeit aufgrund seiner letzten Verurteilung seit dem 28. Juni 2014 in Haft in der Justizvollzugsanstalt … 2/3 der Strafe wird der Kläger am 15. Mai 2017 verbüßt haben. Das Strafende ist für den 16. März 2018 vorgemerkt.

Bereits nach der ersten Verurteilung wurde der Kläger mit Schreiben vom 8. April 2011 auf die Möglichkeit einer Ausweisung hingewiesen und dazu angehört. Mit Schreiben vom 13. April 2011 erklärte der Kläger aus der Haft, die ersten Straftaten habe er wegen seiner Drogensucht und Geldproblemen begangen und er wolle nach der Haft eine Ausbildung beginnen und mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind umziehen. Er habe in der Haft viel nachgedacht. In einem weiteren Schreiben vom 29. August 2011 teilte der Kläger mit, er habe seine Friseurlehre in der JVA wieder aufgenommen und bitte um die Chance, seiner Tochter ein guter Vater zu sein. Seine Tochter solle nicht ohne Vater aufwachsen. Die Beklagte schrieb dem Kläger am 28. Dezember 2011, dass seine Straffälligkeit zur Ausweisung führen könne. In Anbetracht der Bindungen zu seiner Freundin und seiner Tochter werde eine Entscheidung über die Ausweisung für ca. ein Jahr zurückgestellt. Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 verwarnte die Ausländerbehörde den Kläger und wies darauf hin, dass er bei erneuter schwerer Straffälligkeit mit einer Ausweisung zu rechnen habe.

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen an. Daraufhin gab der Kläger mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 an, dass er nur Deutschland kennen würde. Das Herkunftsland seiner Eltern sei ihm dagegen unbekannt. Serbien sei für ihn ein fremdes Land und er sei dessen Sprache keineswegs mächtig. In Serbien würde er niemanden kennen. Seine Eltern hätten sich nicht um ihn gekümmert und als er 6 Jahre alt gewesen sei, hätten sein Vater und dessen Frau seine Kleidung in Mülltüten gepackt und vor die Tür seiner späteren Pflegemutter gestellt, die sich vorher als Tagesmutter um ihn gekümmert habe. Bereits mit 12 Jahren habe er begonnen, Marihuana zu rauchen und andere Drogen zu konsumieren. Unterstützung bekomme er jetzt von seiner Verlobten und seiner Tochter, die eine große Motivation für ihn seien. Er würde bald eine Suchttherapie im Therapiezentrum … antreten. Das Verhältnis zu seiner Verlobten und der Tochter sei sehr eng. Die Mutter des gemeinsamen Kindes gab mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 lediglich an, dass der Kläger sich bald in einer Therapieeinrichtung befinden werde und sie bitte, auf den Therapieerfolg des Klägers zu warten.

Mit Bescheid vom 27. November 2015 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziffer 1 des Bescheides). Gemäß Ziffer 2 des Bescheides befristete die Beklagte unter der Bedingung, dass Straf- und Drogenfreiheit nach-gewiesen werden, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Jahre. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, beträgt die Sperrfrist acht Jahre ab Ausreise. Gemäß Ziffer 3 des Bescheides wird der Kläger nach erfülltem Strafanspruch des Staates und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus der Haft nach Serbien abgeschoben. Sollte der Kläger aus der Haft entlassen werden, bevor die Abschiebung durchgeführt werden kann, wird der Kläger verpflichtet, das Bundesgebiet bis spätestens 4 Wochen nach Haftentlassung und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht zu verlassen. Sollte der Kläger nicht fristgerecht ausreisen, werde er nach Serbien abgeschoben.

Zur Begründung des Bescheides wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestände des § 53 Nrn. 1 und 2 AufenthG aufgrund der rechtskräftigen Verurteilungen vom 27. Januar 2011 und 10. April 2015 zu Freiheitsstrafen von 3 Jahren und 8 Monaten sowie 2 Jahren und 6 Monaten wegen einer Betäubungsmittelstraftat erfüllt seien. Der Kläger besitze besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, da er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei und sich seit mehr als 5 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Ebenso erfülle er den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG, da er mit seiner Tochter, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, bis zur Festnahme in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Diesen besonderen Ausweisungsschutz billige die Beklagte dem Kläger zu, obwohl er melderechtlich nicht in der …str. 115 erfasst gewesen sei. Der Kläger habe aus der Wohnung seiner Lebensgefährtin den Drogenhandel betrieben und sei dort auch festgenommen worden. Es liege daher nahe, dass er sich auch überwiegend in dieser Wohnung aufgehalten habe. Aufgrund des festgestellten besonderen Ausweisungsschutzes dürfe der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Die Beklagte sehe durchaus, dass der Kläger unter äußerst schwierigen und problematischen Umständen seine früheste Kindheit verbracht hätte. Dennoch habe er 10 Jahre in Vollzeitpflege bei seiner Pflegemutter leben dürfen und so auch die Hauptschule beenden können. Die Pflegemutter und auch seine Lebensgefährtin hätten auch in der Zeit, in der er wegen Geiselnahme in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verbüßt hatte, weiterhin zu ihm gestanden und ihn in dieser Zeit in der JVA regelmäßig besucht. In der JVA hätte er auch seine abgebrochene Ausbildung wieder aufgenommen und erfolgreich zum Abschluss bringen können. Mit dieser abgeschlossenen Ausbildung als Friseur und eventuell mit Erlangen des Meistertitels hätte der Kläger nach der Entlassung aus der JVA am 8. Februar 2013 die Möglichkeit gehabt, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Im Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt … vom 15. Januar 2013 werde angegeben, dass von dem früheren Ausbildungsplatz des Klägers eine Arbeitsplatzzusage vorgelegen habe. Ebenso sei auch seine Pflegemutter bereit gewesen, den Kläger wieder in ihrer Wohnung aufzunehmen. Der Kläger habe aber seine guten Vorsätze nicht umgesetzt. Bereits Anfang des Jahres 2014, also nur 10 Monate nach seiner Haftentlassung, habe dem Kläger Drogenhandel nachgewiesen werden können. Verantwortungslos sei vor allem, dass er als Vater eines dreijährigen Kindes den Drogenhandel aus der Wohnung in der …str. 115 betrieben habe und dadurch auch die Gesundheit seines Kindes gefährdet habe. Er habe die Drogen in der Wohnung in Reichweite des Kindes gelagert, ohne die Folgen zu bedenken, wenn seine Tochter das Marihuana gefunden hätte. Bei der Beurteilung habe das Gericht zu seinen Lasten die Vorbelastung des Klägers gesehen, dass er innerhalb einer offenen Reststrafenbewährung gehandelt habe und lediglich ein Jahr nach der Haftentlassung erneut in erheblichem Maße straffällig geworden sei. Außerdem sei zu Lasten des Klägers berücksichtigt worden, dass er die geringe Menge an Betäubungsmitteln deutlich überschritten habe, wie auch die Fremdgefährdung, die mit dem Handeltreiben einhergehe. In den Verhandlungen vor Gericht am 27. Januar 2011 und 10. April 2015 habe der Kläger unterschiedliche Angaben zum Beginn seines Drogenkonsums gemacht. Jedoch stehe laut Aussage des Herrn Prof. … fest, dass die Werte bei THC hoch gewesen seien und für einen häufigen regelmäßigen Konsum sprächen. Die festgestellten Werte für MDMA und MMC sprächen für einen regelmäßigen intensiven Konsum. Bei Kokain habe der festgestellte Wert für einen gelegentlichen Konsum, der nicht gewohnheitsmäßig gewesen sei, gesprochen. Der Kläger habe aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit Straftaten in erheblichem Umfang begangen und hätte bereits nach der ersten Verurteilung, aufgrund derer er sich fast 2,5 Jahre in Haft befunden habe, um eine Therapie bemühen müssen. Suchtgefährdete, Suchtkranke bzw. durch eine Suchterkrankung seelisch Behinderte würden in Oberbayern durch ein differenziertes, stationäres, ambulantes und teilambulantes Suchthilfesystem versorgt. Die Leistungen der Einrichtungen und Dienste der Suchthilfe würden auf der Grundlage der Sozialgesetzgebung von verschiedenen Kostenträgern finanziert. Für die Entwöhnungsbehandlung bei Drogenabhängigen stünden in Oberbayern insgesamt 26 stationäre Einrichtungen mit 190 Plätzen zur Verfügung. Der Kläger hätte also zu jeder Zeit Hilfe erhalten, sofern er diese auch gewünscht hätte. Die Ausländerbehörde sehe in seinem jetzigen Therapiebestreben keine ungewöhnlich große, von der Menge gleichgelagerter Fälle sich deutlich abhebende Bereitschaft, sich von der Drogenabhängigkeit zu lösen. Selbst wenn der Kläger nun therapiewillig sei, bestehe die konkrete Gefahr, dass er erneut Drogen konsumiere und strafrechtlich in Erscheinung treten werde. Bekanntermaßen sei die Rückfallquote auch bei erfolgreich abgeschlossener stationärer Drogentherapie hoch, insbesondere, wenn die Person wie im Fall des Klägers über einen längeren Zeitraum erheblich abhängig gewesen sei. Der Kläger sei relativ schnell nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder in das Drogenmilieu zurückgekehrt und habe wieder Drogen konsumiert. Es gelinge nur wenigen Personen, sich auf Dauer von ihrer Drogenabhängigkeit zu befreien. Ob der Kläger sich allerdings unter anderen Umständen ebenfalls für eine Drogentherapie entschieden hätte, müsse in Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger sich vor seiner Inhaftierung trotz seiner erheblichen Abhängigkeit nicht um eine Therapie bemüht habe, bezweifelt werden. Daher sei davon auszugehen, dass der Kläger in absehbarer Zeit in entsprechender Weise strafrechtlich in Erscheinung treten werde. Diese, sich in konkreten Umrissen abzeichnende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei daher nicht nur mit den Mitteln des Strafrechts, sondern auch mit allen rechtlich zulässigen Mitteln des Ausländerrechts zu begegnen. Überdies sei zu beachten, dass die Unterstützung durch die Tagesmutter oder durch die Lebensgefährtin und vor allem die Verantwortung gegenüber der Tochter den Kläger nicht zu einer Abkehr vom Drogenmilieu bewegen konnte. Eine günstige Entwicklung des Klägers erscheine in Anbetracht der Gesamtumstände keineswegs als gesichert. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe seien so gewichtig, dass die Anwesenheit des Klägers auch bei Anlegung strenger Maßstäbe nicht länger hingenommen werden könne. Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass durch die weitere Anwesenheit des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland auch künftig schwerwiegend gefährdet würde. Nach Art und Umfang der begangenen Straftat müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit von der konkreten Gefahr erneuter Störungen ausgegangen werden. Zusammenfassend sei die Beklagte der Auffassung, dass die vom Kläger verübten Straftaten im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln seien, eine erhöhte Wiederholungsgefahr bestehe und somit vom Kläger die ernsthafte Gefahr weiterer besonders schwerwiegender Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgehe. Somit lägen hier besonders schwerwiegende Gründe vor. Es sei zu prüfen, ob ein von der Regelbewertung abweichender Gesetzesvollzug notwendig sei. Als Umstand, der einen atypischen Sachverhalt darstelle, werte die Beklagte den langjährigen Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sowie die Bindung zu seiner Tochter. Somit sei die Ausweisung eine Ermessensentscheidung. Die Beklagte gehe bei der Güter- und Interessenabwägung von dem vom Strafgericht festgestellten Tathergang aus. Eigene Ermittlungen seien nicht erforderlich gewesen. Die abgeurteilten Straftaten stellten eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar und es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der weiteren Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet auch künftig schwerwiegend gefährdet würde. Durch den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung in der JVA … habe nur bedingt eine Integration in die deutschen Lebensverhältnisse stattgefunden. Der Kläger habe nach der Entlassung aus der Strafhaft mit einer enormen Rückfallgeschwindigkeit wieder Straftaten begangen. Die vom Kläger begangenen Straftaten seien im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Den strafrechtlichen Entscheidungen lägen mittlerweile auch general- und spezialpräventive Überlegungen zugrunde. Schutzwürdige Interessen des Klägers - wie Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - seien bei der Entscheidung berücksichtigt worden, führten jedoch zu keiner anderen Entscheidung. Der Kläger sei faktischer Inländer, da er in … geboren sei und sich seitdem hier aufhalte. Sein langjähriger Aufenthalt habe jedoch nicht ausschlaggebend ins Gewicht fallen können. Das Verhalten des Klägers weise einen erheblichen Unrechtsgehalt auf und laufe schwerwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Die Folgen der Ausweisung träfen den Kläger jedoch nicht unverhältnismäßig; es sei ihm zuzumuten, sich in Serbien zurechtzufinden. Die Chance für das Gelingen einer dortigen Integration sei trotz seiner noch begrenzten Kenntnisse der serbokroatischen Sprache nicht schlechter zu beurteilen als die Chance einer Einfügung in die Gesellschaft der Bundesrepublik, die dem Kläger bisher nicht gelungen sei. Zum Zeitpunkt der Geburt seiner deutschen Tochter habe sich der Kläger bereits in Haft befunden und sei zwei Tage nach dem zweiten Geburtstag der Tochter entlassen worden. Nach nur 16 Monaten sei der Kläger erneut festgenommen worden. Die Mutter der Tochter sei während der Verbüßung der Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten noch bereit gewesen, mit dem Kind in die Justizvollzugsanstalt zu fahren, um den Kläger dort zu besuchen. Sie habe so eine Beziehung zwischen dem Kläger und dem Kind aufbauen wollen. Eine Nachfrage bei der JVA … habe aber ergeben, dass er während der aktuellen Inhaftierung keine Besuche erhalten habe. Die Entfernung … - … betrage lediglich 19 km und es bestehe eine regelmäßige Busverbindung mit einer Fahrzeit von maximal 25 Minuten. Die Mutter der Tochter sei im Rahmen des rechtlichen Gehörs auf keine der gestellten Fragen eingegangen und habe lediglich darum gebeten, dem Kläger eine Therapie zu ermöglichen. Inwieweit der Kläger einen Erziehungsbeitrag geleistet, die Mutter während des täglichen Lebens auch unterstützt habe, Unterhaltszahlungen geleistet und vor allem von seiner Tochter auch als Vater gesehen worden sei, könne die Beklagte ohne die Aussage der Mutter nicht einschätzen. Fakt sei allerdings, dass die Tochter lediglich die Zeit zwischen ihrem zweiten Geburtstag bis zum Alter von 3 ¼ Jahren mit dem Kläger verbracht habe. Seit seiner Festnahme am 28. Juni 2014 sei der Kontakt zu dem Kind abgebrochen. Aufgrund der vom Kläger begangenen Straftaten und Verurteilungen müssten jedoch die Interessen des Klägers und die seiner Tochter zurücktreten. Umstände, die eine besondere Fürsorgebedürftigkeit der Tochter begründen würden, seien nicht ersichtlich und seien weder vom Kläger noch von der Mutter der Tochter vorgetragen worden. Die Ausweisung sei daher insgesamt nicht unverhältnismäßig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.

Das Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot werde bei Erfüllung der genannten Bedingung auf 6 Jahre befristet. Die Behörde entscheide über die Länge der Frist nach Ermessen. Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter sowie der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erachte die Beklagte auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet einen Zeitraum von 6 Jahren für erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotential Rechnung tragen zu können.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 hat der damalige Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2015 aufzuheben.

Am 5. Januar 2016 ging beim Gericht ein Schreiben der Freundin des Klägers ein, in dem sie ihre Gründe angibt, weshalb der Kläger nicht abgeschoben werden sollte: Die gemeinsame Tochter liebe den Kläger sehr, sie rede jeden Tag über ihren Vater und vermisse ihn sehr. Für die gemeinsame Tochter sei es nicht gut, in die JVA zu fahren, denn die Lebensgefährtin des Klägers erzähle der Tochter immer, dass ihr Vater in der Arbeit sei. Der Kläger habe sich immer super um die Tochter gekümmert. Abends sei … oft traurig und wolle zu ihrem Vater. Sie frage dann, wann er komme und wo er sei. Sie erzähle auch anderen sehr oft von ihrem Vater. Die Lebensgefährtin des Klägers sei sich 100%ig sicher, dass er sich ändern werde. Darüber hinaus liebten sie und die Tochter ihn sehr und wollten ihn nicht verlieren, denn … solle nicht ohne Vater aufwachsen. Demnächst würden Mutter und Tochter den Kläger gemeinsam besuchen.

Die Beklagte hat am 18. Januar 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zudem stellt sie klar, dass der Zweidrittelzeitpunkt bereits am 25. Februar 2016 erreicht sei.

Am 25. Mai 2016 ging beim Gericht eine Erklärung der JVA … ein, nach der der Zweidrittelzeitpunkt auf den 15. Mai 2017 datiere und das Strafende für den 16. März 2018 vorgemerkt sei. Es könne sich durch den Erwerb von - bisher noch nicht zur Verfügung stehenden - Freistellungstagen ein früheres Strafende ergeben. Von den Mitarbeitern werde der Kläger als ruhiger und umgänglicher Insasse beschrieben. Er sei höflich und zurückhaltend; im Umgang mit anderen Häftlingen passe er sich an; Streitigkeiten seien nicht bekannt. Der Kläger komme seiner Arbeitspflicht nach. Disziplinarisch sei der Kläger einmal aufgefallen, als er sich weigerte, Urin zur Feststellung unerlaubten Betäubungsmittelkonsums abzugeben. Dennoch und trotz der Bindung an seine Lebensgefährtin sowie einer angestrebten Therapie werde dem Kläger keine positive Legalprognose ausgestellt angesichts der für sein Alter erheblichen Vorbelastung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, der Tatbegehung unter offener Reststrafenbewährung und der massiven Betäubungsmittelproblematik. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen. Beigefügt waren die Besuchsliste vom 25. Mai 2016 sowie die Vollstreckungsdaten des Klägers. Seine Lebensgefährtin hat den Kläger ab dem 9. Dezember 2015 fünf Mal in der JVA besucht.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2016 gab der Kläger an, er habe nach seiner ersten Haftstrafe gedacht, er könne selbst von den Drogen loskommen. Er plane nunmehr eine stationäre Therapie; den Therapie Platz habe er bereits. Er telefoniere regelmäßig mit seiner Tochter aus der JVA heraus. Der Kläger hat nach eigenen Angaben nach der Haftentlassung im Februar 2013 seine Tochter täglich gesehen und ist im Mai 2013 auch bereits wieder bei der gemeinsamen Tochter, seiner Lebensgefährtin und deren Mutter eingezogen. Die Lebensgefährtin erläuterte im Rahmen einer informatorischen Befragung, dass die Tochter denke, der Kläger sei arbeiten. Sie habe das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter. Dies sei von Anfang an so beantragt gewesen, da der Kläger sich in Haft befunden habe. Von Januar bis März 2016 habe der Kläger täglich mit der gemeinsamen Tochter telefoniert, später nur noch ein- oder zweimal wöchentlich, da die Telefonate mit dem Handy stattgefunden hätten. Offizielle Anträge auf Telefongespräche seien immer abgelehnt worden. Es hätten ein oder zwei offizielle Telefonate mit der Tochter stattgefunden. Der Beklagtenvertreter stellte eine Bewährungsduldung unter der Bedingung der Zustimmung durch seine Vorgesetzte in Aussicht. Es wurde eine Bestätigung der Externen Suchtberatung sowie ein weiterer Brief der Lebensgefährtin übergeben, Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die überreichten Schriftstücke Bezug genommen.

Am 12. Juli 2016 teilte die Beklagte mit, dass eine Duldungsbewährung nicht erteilt werden könne. Am 25. Juli 2016 ging bei Gericht ein Brief des Klägers ein, in dem er erneut um eine letzte Chance bat und bekräftigte, wie wichtig ihm seine Familie sei und dass er in Serbien niemanden habe. Er legte einen Brief des Hauses … vor, wonach ihm ein Therapie Platz freigehalten werde.

Am 26. Juli 2016 hat die derzeitige Klägerbevollmächtigte beantragt, dem Kläger unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 7. November 2016 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Mit Schreiben vom 21. November 2016 bat der Kläger erneut um eine Chance, bei seiner Familie leben zu dürfen.

Nach Auskunft der JVA … wurde gegen den Kläger am 12. Oktober 2016 erneut eine empfindliche Disziplinarmaßnahme angeordnet, da er das geordnete Zusammenleben gestört habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2016 hat die Klägerbevollmächtigte erneut die Bedeutung der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter sowie der langen Aufenthaltsdauer in Deutschland betont.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Denn der Bescheid vom 27. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Den gewichtigen Belangen des Klägers nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK steht das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegenüber. Dieses überwiegt in der Abwägung und vom Kläger geht trotz seiner Bemühungen um eine drogenfreie Zukunft eine Wiederholungsgefahr aus.

Zur Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses vom 7. November 2016 Bezug genommen, mit dem der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass auch für eine Wiederholungsgefahr spricht, dass der Kläger in der Strafhaft negativ aufgefallen ist. Wie bereits im Beschluss vom 7. November 2016 ausgeführt, widerspricht es entgegen der Ansicht der Klägerbevollmächtigten nicht den Menschenrechten, auch einen faktischen Inländer auszuweisen.

Im Übrigen haben die Beteiligten nichts über das bisherige Vorbringen Hinausgehendes vorgetragen. Auch bei umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage verbleibt es bei der rechtlichen Würdigung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.