Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640

bei uns veröffentlicht am08.12.2016

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.

Der Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. Der am … September 1992 in … geborene Kläger wuchs mit seinem jüngeren Bruder aufgrund schwerer Vernachlässigung durch die Eltern ab dem Grundschulalter bei einer Pflegemutter auf. Nach Streitigkeiten mit der Pflegemutter zog der Kläger zu seiner Lebensgefährtin. Der Kläger war bis zu seiner ersten Festnahme am 5. September 2010 ohne Beschäftigung; er hatte eine Ausbildung zum Friseur begonnen, aber abgebrochen. Die Lebensgefährtin des Klägers ist die Mutter des gemeinsamen deutschen Kindes „…“, geboren am … Februar 2011. Der Kläger hat die Vaterschaft zu seinem Kind anerkannt. Mutter und Kind lebten längere Zeit in einem Mutter-Kind-Heim, sind aber wohl mittlerweile ausgezogen. Während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten unter anderem in der JVA … schloss der Kläger eine Ausbildung zum Friseur erfolgreich ab. Der Kläger hat bereits als Kind Marihuana konsumiert, später nahm er auch andere Betäubungsmittel.

Der Kläger ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, die ihm am 1. Dezember 2008 erteilt wurde.

Der Kläger ist bisher wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1. Bußgeldbescheid des Amtes für Ausbildungsförderung vom 11. Januar 2011 über 90,- EUR.

2. Das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht München verurteilte den Kläger am 27. Januar 2011 wegen Geiselnahme in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten.

Der Verurteilung lagen ein Überfall auf ein Spielcasino und ein Überfall auf eine Tankstelle zugrunde. Der Kläger war beim Überfall auf das Spielcasino mit einem Messer, bei dem Überfall auf die Tankstelle mit einem Teleskopschlagstock bewaffnet; auch die anderen Täter waren bewaffnet. Der Kläger übte insbesondere bei dem Überfall auf die Tankstelle, der nach dem Strafurteil seine Idee war, eine tragende Rolle aus; er selbst bedrohte den Kassierer und forderte ihn auf, das Geld zu übergeben.

3. Wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit vier Fällen des vorsätzlichen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln verurteilte das Amtsgericht München den Kläger am 10. April 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Grund für die Verurteilung war der Verkauf bzw. Verkaufsversuch von Marihuana und Kokaingemisch.

Der Kläger befand sich aufgrund seiner ersten Verurteilung vom 5. September 2010 bis zum 8. Februar 2013 (Ablauf von 2/3 der verhängten Freiheitsstrafe) in Haft, wobei die Bewährungszeit zunächst bis 18. Dezember 2015 lief, und befindet sich derzeit aufgrund seiner letzten Verurteilung seit dem 28. Juni 2014 in Haft in der Justizvollzugsanstalt … 2/3 der Strafe wird der Kläger am 15. Mai 2017 verbüßt haben. Das Strafende ist für den 16. März 2018 vorgemerkt.

Bereits nach der ersten Verurteilung wurde der Kläger mit Schreiben vom 8. April 2011 auf die Möglichkeit einer Ausweisung hingewiesen und dazu angehört. Mit Schreiben vom 13. April 2011 erklärte der Kläger aus der Haft, die ersten Straftaten habe er wegen seiner Drogensucht und Geldproblemen begangen und er wolle nach der Haft eine Ausbildung beginnen und mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind umziehen. Er habe in der Haft viel nachgedacht. In einem weiteren Schreiben vom 29. August 2011 teilte der Kläger mit, er habe seine Friseurlehre in der JVA wieder aufgenommen und bitte um die Chance, seiner Tochter ein guter Vater zu sein. Seine Tochter solle nicht ohne Vater aufwachsen. Die Beklagte schrieb dem Kläger am 28. Dezember 2011, dass seine Straffälligkeit zur Ausweisung führen könne. In Anbetracht der Bindungen zu seiner Freundin und seiner Tochter werde eine Entscheidung über die Ausweisung für ca. ein Jahr zurückgestellt. Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 verwarnte die Ausländerbehörde den Kläger und wies darauf hin, dass er bei erneuter schwerer Straffälligkeit mit einer Ausweisung zu rechnen habe.

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen an. Daraufhin gab der Kläger mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 an, dass er nur Deutschland kennen würde. Das Herkunftsland seiner Eltern sei ihm dagegen unbekannt. Serbien sei für ihn ein fremdes Land und er sei dessen Sprache keineswegs mächtig. In Serbien würde er niemanden kennen. Seine Eltern hätten sich nicht um ihn gekümmert und als er 6 Jahre alt gewesen sei, hätten sein Vater und dessen Frau seine Kleidung in Mülltüten gepackt und vor die Tür seiner späteren Pflegemutter gestellt, die sich vorher als Tagesmutter um ihn gekümmert habe. Bereits mit 12 Jahren habe er begonnen, Marihuana zu rauchen und andere Drogen zu konsumieren. Unterstützung bekomme er jetzt von seiner Verlobten und seiner Tochter, die eine große Motivation für ihn seien. Er würde bald eine Suchttherapie im Therapiezentrum … antreten. Das Verhältnis zu seiner Verlobten und der Tochter sei sehr eng. Die Mutter des gemeinsamen Kindes gab mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 lediglich an, dass der Kläger sich bald in einer Therapieeinrichtung befinden werde und sie bitte, auf den Therapieerfolg des Klägers zu warten.

Mit Bescheid vom 27. November 2015 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziffer 1 des Bescheides). Gemäß Ziffer 2 des Bescheides befristete die Beklagte unter der Bedingung, dass Straf- und Drogenfreiheit nach-gewiesen werden, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Jahre. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, beträgt die Sperrfrist acht Jahre ab Ausreise. Gemäß Ziffer 3 des Bescheides wird der Kläger nach erfülltem Strafanspruch des Staates und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus der Haft nach Serbien abgeschoben. Sollte der Kläger aus der Haft entlassen werden, bevor die Abschiebung durchgeführt werden kann, wird der Kläger verpflichtet, das Bundesgebiet bis spätestens 4 Wochen nach Haftentlassung und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht zu verlassen. Sollte der Kläger nicht fristgerecht ausreisen, werde er nach Serbien abgeschoben.

Zur Begründung des Bescheides wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestände des § 53 Nrn. 1 und 2 AufenthG aufgrund der rechtskräftigen Verurteilungen vom 27. Januar 2011 und 10. April 2015 zu Freiheitsstrafen von 3 Jahren und 8 Monaten sowie 2 Jahren und 6 Monaten wegen einer Betäubungsmittelstraftat erfüllt seien. Der Kläger besitze besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, da er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei und sich seit mehr als 5 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Ebenso erfülle er den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG, da er mit seiner Tochter, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, bis zur Festnahme in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Diesen besonderen Ausweisungsschutz billige die Beklagte dem Kläger zu, obwohl er melderechtlich nicht in der …str. 115 erfasst gewesen sei. Der Kläger habe aus der Wohnung seiner Lebensgefährtin den Drogenhandel betrieben und sei dort auch festgenommen worden. Es liege daher nahe, dass er sich auch überwiegend in dieser Wohnung aufgehalten habe. Aufgrund des festgestellten besonderen Ausweisungsschutzes dürfe der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Die Beklagte sehe durchaus, dass der Kläger unter äußerst schwierigen und problematischen Umständen seine früheste Kindheit verbracht hätte. Dennoch habe er 10 Jahre in Vollzeitpflege bei seiner Pflegemutter leben dürfen und so auch die Hauptschule beenden können. Die Pflegemutter und auch seine Lebensgefährtin hätten auch in der Zeit, in der er wegen Geiselnahme in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verbüßt hatte, weiterhin zu ihm gestanden und ihn in dieser Zeit in der JVA regelmäßig besucht. In der JVA hätte er auch seine abgebrochene Ausbildung wieder aufgenommen und erfolgreich zum Abschluss bringen können. Mit dieser abgeschlossenen Ausbildung als Friseur und eventuell mit Erlangen des Meistertitels hätte der Kläger nach der Entlassung aus der JVA am 8. Februar 2013 die Möglichkeit gehabt, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Im Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt … vom 15. Januar 2013 werde angegeben, dass von dem früheren Ausbildungsplatz des Klägers eine Arbeitsplatzzusage vorgelegen habe. Ebenso sei auch seine Pflegemutter bereit gewesen, den Kläger wieder in ihrer Wohnung aufzunehmen. Der Kläger habe aber seine guten Vorsätze nicht umgesetzt. Bereits Anfang des Jahres 2014, also nur 10 Monate nach seiner Haftentlassung, habe dem Kläger Drogenhandel nachgewiesen werden können. Verantwortungslos sei vor allem, dass er als Vater eines dreijährigen Kindes den Drogenhandel aus der Wohnung in der …str. 115 betrieben habe und dadurch auch die Gesundheit seines Kindes gefährdet habe. Er habe die Drogen in der Wohnung in Reichweite des Kindes gelagert, ohne die Folgen zu bedenken, wenn seine Tochter das Marihuana gefunden hätte. Bei der Beurteilung habe das Gericht zu seinen Lasten die Vorbelastung des Klägers gesehen, dass er innerhalb einer offenen Reststrafenbewährung gehandelt habe und lediglich ein Jahr nach der Haftentlassung erneut in erheblichem Maße straffällig geworden sei. Außerdem sei zu Lasten des Klägers berücksichtigt worden, dass er die geringe Menge an Betäubungsmitteln deutlich überschritten habe, wie auch die Fremdgefährdung, die mit dem Handeltreiben einhergehe. In den Verhandlungen vor Gericht am 27. Januar 2011 und 10. April 2015 habe der Kläger unterschiedliche Angaben zum Beginn seines Drogenkonsums gemacht. Jedoch stehe laut Aussage des Herrn Prof. … fest, dass die Werte bei THC hoch gewesen seien und für einen häufigen regelmäßigen Konsum sprächen. Die festgestellten Werte für MDMA und MMC sprächen für einen regelmäßigen intensiven Konsum. Bei Kokain habe der festgestellte Wert für einen gelegentlichen Konsum, der nicht gewohnheitsmäßig gewesen sei, gesprochen. Der Kläger habe aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit Straftaten in erheblichem Umfang begangen und hätte bereits nach der ersten Verurteilung, aufgrund derer er sich fast 2,5 Jahre in Haft befunden habe, um eine Therapie bemühen müssen. Suchtgefährdete, Suchtkranke bzw. durch eine Suchterkrankung seelisch Behinderte würden in Oberbayern durch ein differenziertes, stationäres, ambulantes und teilambulantes Suchthilfesystem versorgt. Die Leistungen der Einrichtungen und Dienste der Suchthilfe würden auf der Grundlage der Sozialgesetzgebung von verschiedenen Kostenträgern finanziert. Für die Entwöhnungsbehandlung bei Drogenabhängigen stünden in Oberbayern insgesamt 26 stationäre Einrichtungen mit 190 Plätzen zur Verfügung. Der Kläger hätte also zu jeder Zeit Hilfe erhalten, sofern er diese auch gewünscht hätte. Die Ausländerbehörde sehe in seinem jetzigen Therapiebestreben keine ungewöhnlich große, von der Menge gleichgelagerter Fälle sich deutlich abhebende Bereitschaft, sich von der Drogenabhängigkeit zu lösen. Selbst wenn der Kläger nun therapiewillig sei, bestehe die konkrete Gefahr, dass er erneut Drogen konsumiere und strafrechtlich in Erscheinung treten werde. Bekanntermaßen sei die Rückfallquote auch bei erfolgreich abgeschlossener stationärer Drogentherapie hoch, insbesondere, wenn die Person wie im Fall des Klägers über einen längeren Zeitraum erheblich abhängig gewesen sei. Der Kläger sei relativ schnell nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder in das Drogenmilieu zurückgekehrt und habe wieder Drogen konsumiert. Es gelinge nur wenigen Personen, sich auf Dauer von ihrer Drogenabhängigkeit zu befreien. Ob der Kläger sich allerdings unter anderen Umständen ebenfalls für eine Drogentherapie entschieden hätte, müsse in Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger sich vor seiner Inhaftierung trotz seiner erheblichen Abhängigkeit nicht um eine Therapie bemüht habe, bezweifelt werden. Daher sei davon auszugehen, dass der Kläger in absehbarer Zeit in entsprechender Weise strafrechtlich in Erscheinung treten werde. Diese, sich in konkreten Umrissen abzeichnende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei daher nicht nur mit den Mitteln des Strafrechts, sondern auch mit allen rechtlich zulässigen Mitteln des Ausländerrechts zu begegnen. Überdies sei zu beachten, dass die Unterstützung durch die Tagesmutter oder durch die Lebensgefährtin und vor allem die Verantwortung gegenüber der Tochter den Kläger nicht zu einer Abkehr vom Drogenmilieu bewegen konnte. Eine günstige Entwicklung des Klägers erscheine in Anbetracht der Gesamtumstände keineswegs als gesichert. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe seien so gewichtig, dass die Anwesenheit des Klägers auch bei Anlegung strenger Maßstäbe nicht länger hingenommen werden könne. Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass durch die weitere Anwesenheit des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland auch künftig schwerwiegend gefährdet würde. Nach Art und Umfang der begangenen Straftat müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit von der konkreten Gefahr erneuter Störungen ausgegangen werden. Zusammenfassend sei die Beklagte der Auffassung, dass die vom Kläger verübten Straftaten im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln seien, eine erhöhte Wiederholungsgefahr bestehe und somit vom Kläger die ernsthafte Gefahr weiterer besonders schwerwiegender Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgehe. Somit lägen hier besonders schwerwiegende Gründe vor. Es sei zu prüfen, ob ein von der Regelbewertung abweichender Gesetzesvollzug notwendig sei. Als Umstand, der einen atypischen Sachverhalt darstelle, werte die Beklagte den langjährigen Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sowie die Bindung zu seiner Tochter. Somit sei die Ausweisung eine Ermessensentscheidung. Die Beklagte gehe bei der Güter- und Interessenabwägung von dem vom Strafgericht festgestellten Tathergang aus. Eigene Ermittlungen seien nicht erforderlich gewesen. Die abgeurteilten Straftaten stellten eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar und es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der weiteren Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet auch künftig schwerwiegend gefährdet würde. Durch den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung in der JVA … habe nur bedingt eine Integration in die deutschen Lebensverhältnisse stattgefunden. Der Kläger habe nach der Entlassung aus der Strafhaft mit einer enormen Rückfallgeschwindigkeit wieder Straftaten begangen. Die vom Kläger begangenen Straftaten seien im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Den strafrechtlichen Entscheidungen lägen mittlerweile auch general- und spezialpräventive Überlegungen zugrunde. Schutzwürdige Interessen des Klägers - wie Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - seien bei der Entscheidung berücksichtigt worden, führten jedoch zu keiner anderen Entscheidung. Der Kläger sei faktischer Inländer, da er in … geboren sei und sich seitdem hier aufhalte. Sein langjähriger Aufenthalt habe jedoch nicht ausschlaggebend ins Gewicht fallen können. Das Verhalten des Klägers weise einen erheblichen Unrechtsgehalt auf und laufe schwerwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Die Folgen der Ausweisung träfen den Kläger jedoch nicht unverhältnismäßig; es sei ihm zuzumuten, sich in Serbien zurechtzufinden. Die Chance für das Gelingen einer dortigen Integration sei trotz seiner noch begrenzten Kenntnisse der serbokroatischen Sprache nicht schlechter zu beurteilen als die Chance einer Einfügung in die Gesellschaft der Bundesrepublik, die dem Kläger bisher nicht gelungen sei. Zum Zeitpunkt der Geburt seiner deutschen Tochter habe sich der Kläger bereits in Haft befunden und sei zwei Tage nach dem zweiten Geburtstag der Tochter entlassen worden. Nach nur 16 Monaten sei der Kläger erneut festgenommen worden. Die Mutter der Tochter sei während der Verbüßung der Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten noch bereit gewesen, mit dem Kind in die Justizvollzugsanstalt zu fahren, um den Kläger dort zu besuchen. Sie habe so eine Beziehung zwischen dem Kläger und dem Kind aufbauen wollen. Eine Nachfrage bei der JVA … habe aber ergeben, dass er während der aktuellen Inhaftierung keine Besuche erhalten habe. Die Entfernung … - … betrage lediglich 19 km und es bestehe eine regelmäßige Busverbindung mit einer Fahrzeit von maximal 25 Minuten. Die Mutter der Tochter sei im Rahmen des rechtlichen Gehörs auf keine der gestellten Fragen eingegangen und habe lediglich darum gebeten, dem Kläger eine Therapie zu ermöglichen. Inwieweit der Kläger einen Erziehungsbeitrag geleistet, die Mutter während des täglichen Lebens auch unterstützt habe, Unterhaltszahlungen geleistet und vor allem von seiner Tochter auch als Vater gesehen worden sei, könne die Beklagte ohne die Aussage der Mutter nicht einschätzen. Fakt sei allerdings, dass die Tochter lediglich die Zeit zwischen ihrem zweiten Geburtstag bis zum Alter von 3 ¼ Jahren mit dem Kläger verbracht habe. Seit seiner Festnahme am 28. Juni 2014 sei der Kontakt zu dem Kind abgebrochen. Aufgrund der vom Kläger begangenen Straftaten und Verurteilungen müssten jedoch die Interessen des Klägers und die seiner Tochter zurücktreten. Umstände, die eine besondere Fürsorgebedürftigkeit der Tochter begründen würden, seien nicht ersichtlich und seien weder vom Kläger noch von der Mutter der Tochter vorgetragen worden. Die Ausweisung sei daher insgesamt nicht unverhältnismäßig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.

Das Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot werde bei Erfüllung der genannten Bedingung auf 6 Jahre befristet. Die Behörde entscheide über die Länge der Frist nach Ermessen. Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter sowie der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erachte die Beklagte auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet einen Zeitraum von 6 Jahren für erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotential Rechnung tragen zu können.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 hat der damalige Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2015 aufzuheben.

Am 5. Januar 2016 ging beim Gericht ein Schreiben der Freundin des Klägers ein, in dem sie ihre Gründe angibt, weshalb der Kläger nicht abgeschoben werden sollte: Die gemeinsame Tochter liebe den Kläger sehr, sie rede jeden Tag über ihren Vater und vermisse ihn sehr. Für die gemeinsame Tochter sei es nicht gut, in die JVA zu fahren, denn die Lebensgefährtin des Klägers erzähle der Tochter immer, dass ihr Vater in der Arbeit sei. Der Kläger habe sich immer super um die Tochter gekümmert. Abends sei … oft traurig und wolle zu ihrem Vater. Sie frage dann, wann er komme und wo er sei. Sie erzähle auch anderen sehr oft von ihrem Vater. Die Lebensgefährtin des Klägers sei sich 100%ig sicher, dass er sich ändern werde. Darüber hinaus liebten sie und die Tochter ihn sehr und wollten ihn nicht verlieren, denn … solle nicht ohne Vater aufwachsen. Demnächst würden Mutter und Tochter den Kläger gemeinsam besuchen.

Die Beklagte hat am 18. Januar 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zudem stellt sie klar, dass der Zweidrittelzeitpunkt bereits am 25. Februar 2016 erreicht sei.

Am 25. Mai 2016 ging beim Gericht eine Erklärung der JVA … ein, nach der der Zweidrittelzeitpunkt auf den 15. Mai 2017 datiere und das Strafende für den 16. März 2018 vorgemerkt sei. Es könne sich durch den Erwerb von - bisher noch nicht zur Verfügung stehenden - Freistellungstagen ein früheres Strafende ergeben. Von den Mitarbeitern werde der Kläger als ruhiger und umgänglicher Insasse beschrieben. Er sei höflich und zurückhaltend; im Umgang mit anderen Häftlingen passe er sich an; Streitigkeiten seien nicht bekannt. Der Kläger komme seiner Arbeitspflicht nach. Disziplinarisch sei der Kläger einmal aufgefallen, als er sich weigerte, Urin zur Feststellung unerlaubten Betäubungsmittelkonsums abzugeben. Dennoch und trotz der Bindung an seine Lebensgefährtin sowie einer angestrebten Therapie werde dem Kläger keine positive Legalprognose ausgestellt angesichts der für sein Alter erheblichen Vorbelastung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, der Tatbegehung unter offener Reststrafenbewährung und der massiven Betäubungsmittelproblematik. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen. Beigefügt waren die Besuchsliste vom 25. Mai 2016 sowie die Vollstreckungsdaten des Klägers. Seine Lebensgefährtin hat den Kläger ab dem 9. Dezember 2015 fünf Mal in der JVA besucht.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2016 gab der Kläger an, er habe nach seiner ersten Haftstrafe gedacht, er könne selbst von den Drogen loskommen. Er plane nunmehr eine stationäre Therapie; den Therapie Platz habe er bereits. Er telefoniere regelmäßig mit seiner Tochter aus der JVA heraus. Der Kläger hat nach eigenen Angaben nach der Haftentlassung im Februar 2013 seine Tochter täglich gesehen und ist im Mai 2013 auch bereits wieder bei der gemeinsamen Tochter, seiner Lebensgefährtin und deren Mutter eingezogen. Die Lebensgefährtin erläuterte im Rahmen einer informatorischen Befragung, dass die Tochter denke, der Kläger sei arbeiten. Sie habe das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter. Dies sei von Anfang an so beantragt gewesen, da der Kläger sich in Haft befunden habe. Von Januar bis März 2016 habe der Kläger täglich mit der gemeinsamen Tochter telefoniert, später nur noch ein- oder zweimal wöchentlich, da die Telefonate mit dem Handy stattgefunden hätten. Offizielle Anträge auf Telefongespräche seien immer abgelehnt worden. Es hätten ein oder zwei offizielle Telefonate mit der Tochter stattgefunden. Der Beklagtenvertreter stellte eine Bewährungsduldung unter der Bedingung der Zustimmung durch seine Vorgesetzte in Aussicht. Es wurde eine Bestätigung der Externen Suchtberatung sowie ein weiterer Brief der Lebensgefährtin übergeben, Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die überreichten Schriftstücke Bezug genommen.

Am 12. Juli 2016 teilte die Beklagte mit, dass eine Duldungsbewährung nicht erteilt werden könne. Am 25. Juli 2016 ging bei Gericht ein Brief des Klägers ein, in dem er erneut um eine letzte Chance bat und bekräftigte, wie wichtig ihm seine Familie sei und dass er in Serbien niemanden habe. Er legte einen Brief des Hauses … vor, wonach ihm ein Therapie Platz freigehalten werde.

Am 26. Juli 2016 hat die derzeitige Klägerbevollmächtigte beantragt, dem Kläger unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 7. November 2016 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Mit Schreiben vom 21. November 2016 bat der Kläger erneut um eine Chance, bei seiner Familie leben zu dürfen.

Nach Auskunft der JVA … wurde gegen den Kläger am 12. Oktober 2016 erneut eine empfindliche Disziplinarmaßnahme angeordnet, da er das geordnete Zusammenleben gestört habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2016 hat die Klägerbevollmächtigte erneut die Bedeutung der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter sowie der langen Aufenthaltsdauer in Deutschland betont.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Denn der Bescheid vom 27. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Den gewichtigen Belangen des Klägers nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK steht das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegenüber. Dieses überwiegt in der Abwägung und vom Kläger geht trotz seiner Bemühungen um eine drogenfreie Zukunft eine Wiederholungsgefahr aus.

Zur Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses vom 7. November 2016 Bezug genommen, mit dem der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass auch für eine Wiederholungsgefahr spricht, dass der Kläger in der Strafhaft negativ aufgefallen ist. Wie bereits im Beschluss vom 7. November 2016 ausgeführt, widerspricht es entgegen der Ansicht der Klägerbevollmächtigten nicht den Menschenrechten, auch einen faktischen Inländer auszuweisen.

Im Übrigen haben die Beteiligten nichts über das bisherige Vorbringen Hinausgehendes vorgetragen. Auch bei umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage verbleibt es bei der rechtlichen Würdigung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 10 K 15.5640.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Apr. 2017 - M 10 S 17.789

bei uns veröffentlicht am 06.04.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller ist serbischer

Verwaltungsgericht München Beschluss, 31. Jan. 2017 - M 10 S 16.6014

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller ist bosnisch-h

Referenzen

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.