Verwaltungsgericht Minden Urteil, 05. Sept. 2014 - 6 K 2793/13
Tenor
Der Bescheid vom 15.7.2013 wird aufgehoben, soweit in ihm ein Rückzahlungsbetrag für das Kalenderjahr 2011 von mehr als 66.698,08 € festgesetzt wurde.
Das beklagte Land wird verpflichtet, über den bereits mit vorläufigem Bescheid vom 15.7.2013 festgesetzten Betrag von 154.989,80 € hinaus weitere 61,38 € an Erstattungen für Fahrgeldausfälle für das Kalenderjahr 2011 zugunsten der Klägerin festzusetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100,00 € abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen und führt auf der Basis entsprechender Liniengenehmigungen öffentlichen Personennahverkehr im Gebiet der Stadt M. durch.
3Mit Schreiben vom 14.12.2012 stellte die Klägerin bei der Bezirksregierung E1. einen Antrag auf Erstattung von Fahrgeldausfällen gem. §§ 148 Abs. 1, Abs. 5, 150 Abs. 1 S. 1 SGB IX für das Kalenderjahr 2011. Zur Berechnung des Erstattungsanspruchs fügte die Klägerin dem Antrag einen Nachweis über die im Kalenderjahr 2011 erzielten Fahrgeldeinnahmen i.H.v. 1.841.463 EUR sowie ein Testat der Ingenieurgruppe IVV GmbH & Co. KG (im Folgenden: IVV) vom 1.8.2011 über den durch Verkehrszählung ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten für das Erstattungsjahr 2010 bei. Für das Erstattungsjahr 2010 hatte die IVV auf Grundlage einer als Linienerhebung durchgeführten Stichprobenerhebung einen betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten von 15,85 % ermittelt und testiert. Der Landessatz gemäß § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX betrug für das Jahr 2011 3,76 %. Die Klägerin ermittelte aus den nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen und der durch die IVV testierten Quote einen Erstattungsanspruch i.H.v. 291.871 EUR und beantragte nach Abzug von für das Kalenderjahr 2011 erhaltenen Vorauszahlungen, die sie in ihrem Antrag mit 221.749 EUR angab, die Auszahlung eines Restbetrages von noch 70.123 EUR.
4Hinsichtlich der entsprechenden Erstattungsansprüche für die Kalenderjahre 2006 bis 2009 führte die Bezirksregierung E1. bereits seit Ende 2011 / Anfang 2012 ein Überprüfungsverfahren durch. Hintergrund dieser Überprüfung war, dass das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MAIS) die Bezirksregierung E1. mit Schreiben vom 31.10.2011 über Auffälligkeiten in den der Verkehrserhebung zu Grunde liegenden Zählprotokollen informiert hatte. Mit Schreiben vom 7.12.2011 setzte die Bezirksregierung E1. die Klägerin hierüber in Kenntnis und äußerte den Verdacht einer vorsätzlichen Manipulation der Zählprotokolle mit dem Ziel, einen höheren Schwerbehindertenquotienten zu erreichen. Mit Schreiben vom 31.1.2012 nahm die Klägerin ausführlich hierzu Stellung. Die Klägerin wies die Manipulationsvorwürfe zurück und erklärte die Absicht, die anstehende Zählung für das Kalenderjahr 2012 nicht mehr von eigenem Personal, sondern extern durchführen zu lassen. Mit Schreiben vom 15.2.2012 berichtete die Bezirksregierung E1. an das MAIS, dass zunächst abgewartet werden solle, ob die Klägerin die Erhebungen für 2012 tatsächlich durch ein externes Institut durchführen lasse. Die dadurch gewonnenen Ergebnisse könnten die Korrektheit der Zählergebnisse der Vorjahre bekräftigen. So könne der Vorwurf einer Manipulation entkräftet werden. Mit Schreiben vom 20.3.2012 teilte die Klägerin mit, dass die Erhebungen für das Kalenderjahr 2012 durch die „WVI Prof. Dr. X. Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH“ in C1. (im Folgenden: WVI) durchgeführt würden. Im Rahmen eines Gesprächs am 3.7.2012 teilte die Bezirksregierung E1. der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, Erstattungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009 zurückzufordern. Die Beteiligten vereinbarten, dass die Klägerin intern den Sachverhalt weiter aufklären solle, um die Manipulationsvorwürfe zu entkräften. Mit Schreiben vom 14.9.2012 nahm die Klägerin noch einmal zu den Vorwürfen Stellung und übermittelte der Bezirksregierung E1. die Ergebnisse der nachträglichen Befragung des eigenen Zählpersonals. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs zwischen den Beteiligten am 24.10.2012 informierte die Bezirksregierung E1. die Klägerin darüber, dass der Manipulationsverdacht fallen gelassen, jedoch die Richtigkeit der durch das Personal der Klägerin durchgeführten Verkehrszählung wegen formaler Fehler weiterhin in Zweifel gezogen werde und deshalb beabsichtigt sei, einen neuen, annähernd verlässlichen Schwerbehindertenquotienten festzulegen. Als Richtwert für die vergangenen Jahre könne man die laufende Schwerbehindertenzählung, die durch die WVI durchgeführt werde, heranziehen. Da gegenwärtig nur Zählergebnisse für die Frühjahrs- und Sommerperiode 2012 vorlägen und diese stark variierten, sollten die noch ausstehenden Ergebnisse für Herbst 2012 und Winter 2013 abgewartet werden, um ein verlässliches und einheitliches Bild zu bekommen. Gegebenenfalls seien Erstattungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009, möglicherweise bis 2011, zurückzufordern. Am 7.5.2013 ging bei der Bezirksregierung E1. ein von der Klägerin übersandtes Testat der WVI vom 30.4.2013 über den ermittelten Schwerbehindertenquotienten für das Kalenderjahr 2012 ein.
5Mit Bescheid vom 15.7.2013 setzte die Bezirksregierung E1. den Erstattungsbetrag für 2011 auf 154.998,80 EUR fest und informierte die Klägerin zugleich über einen sich unter Anrechnung der für 2011 ausgezahlten Vorauszahlungen ergebenden Rückzahlungsbetrag i.H.v. 66.759,46 EUR. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E1. aus, dass der durch die IVV ermittelte Schwerbehindertenquotient von 15,85 % nicht anerkannt werden könne. Sie habe die Zählprotokolle der Schwerbehindertenzählung aus dem Jahr 2010 eingesehen. Dabei sei festgestellt worden, dass viele Zählprotokolle Unregelmäßigkeiten aufwiesen, nämlich Verwendung von Tipp-Ex im Zählprotokoll, Verwendung mehrerer Stifte im Zählprotokoll, Zählungen außerhalb der Zählperiode, falsche Summenbildung, vertauschte Summen, keine Summenbildung und nachträglich beigefügte Zählstriche. Die Zählprotokolle enthielten in so erheblichem Umfang Unregelmäßigkeiten und formale Fehler, dass sie als belastbare Nachweise für den testierten Schwerbehindertenquotienten und damit als Bemessungsgrundlage für die Ausgleichsansprüche nicht anerkannt werden könnten. Sie lege daher den durch die WVI für das Jahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % für das Kalenderjahr 2011 zu Grunde. Diese sei der einzige in Frage kommende Wert. Hieraus ergebe sich unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX ein Erstattungsbetrag von 154.989,80 EUR.
6Die Klägerin hat am 16.8.2013 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass die abweichende Festsetzung des Erstattungsbetrages ohne vorherige Anhörung erfolgt sei. Die von der Bezirksregierung E1. bemängelten Unregelmäßigkeiten in der dem Testat der IVV vom 1.8.2011 zu Grunde liegenden Verkehrszählung lägen nicht vor bzw. erlaubten der Bezirksregierung nicht, den beantragten Wert anzuzweifeln. Die für das Jahr 2010 geltenden „Richtlinien zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr“ (Runderlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15.12.1987 – II B 1 – 4421.4, im Folgenden: Richtlinie 1987) regelten die Anforderungen an die Antragstellung sowie die Ermittlung des betriebsindividuellen Nachweises abschließend und träfen weder Aussagen zu einem Verbot von Tipp-Ex, noch zu der Verwendung mehrerer Stifte oder zu einer fehlenden Summenbildung. Da bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs bereits aus Vereinfachungsgründen eine Pauschalierung vorgenommen werde, dürften an die erforderlichen Verkehrszählungen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Als maßgeblich müssten die nach verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen aussagekräftigen Erhebungen gelten. Die im vorliegenden Fall beauftragte IVV sei in der Branche anerkannt und habe die Erhebung für das Jahr 2010 richtlinienkonform durchgeführt, so dass der durch die IVV ermittelte Wert auch für das Jahr 2011 zu Grunde zu legen sei. Das von der Bezirksregierung in Bezug genommene Testat der WVI vom 30.4.2013 beziehe sich dagegen ausdrücklich auf das Jahr 2012. Das Testat der WVI sei auf Grundlage einer neuen, ab 2012 geltenden Richtlinie erstellt worden. Hieraus könnten keine Rückschlüsse auf das Jahr 2011 gezogen werden. Die Bezirksregierung sei nicht berechtigt gewesen, einen von ihr – der Klägerin – nicht autorisierten Wert eigenmächtig für das Jahr 2011 zu übernehmen und diesen ohne ihre Veranlassung und gegen ihren Willen zur Ermittlung des Erstattungsbetrages zu Grunde zu legen.
7Die Klägerin beantragt,
8das beklagte Land zu verpflichten, der Klägerin unter Änderung des Bescheides vom 15.7.2013 für das Jahr 2011 weitere Erstattungsleistungen i.H.v. 113.863,80 EUR zu bewilligen.
9Die Bezirksregierung E1. als Vertreterin des beklagten Landes beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie führt ergänzend zu dem Vorbringen in dem angegriffenen Bescheid aus, dass der individuelle Schwerbehindertenquotient nur berücksichtigt werden könne, wenn er korrekt ermittelt worden sei. Wenn erhebliche Fehler vorhanden seien, die das Ergebnis infrage stellten, könne der individuell errechnete Schwerbehindertenquotient nicht anerkannt werden. Im vorliegenden Fall lägen 8,33 % der Zählprotokolle außerhalb der Zählperiode, 4,92 % wiesen ein verändertes oder unvollständiges Datum auf, bei 3,79 % wichen Zählername und -unterschrift voneinander ab und bei 3,41 % sei eine falsche Summenbildung vorhanden. Die Verlässlichkeit der erforderlichen Nachweise zur Gewährung eines betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten sei in der vorliegenden Form nicht ausreichend valide. Falls ein individuell errechneter Schwerbehindertenquotient wegen erheblicher Mängel nicht berücksichtigt werden könne, sei grundsätzlich nach der allgemeinen Landesquote abzurechnen. Sie sei jedoch bereit, ein anderes Verfahren zu akzeptieren, wenn damit nachgewiesen werden könne, dass der tatsächliche Schwerbehindertenquotient höher sei als die Landesquote. Es sei sachgerecht, zu Gunsten der Klägerin den von dem unabhängigen Institut WVI für das Jahr 2012 errechneten Wert auch für das Jahr 2011 heranzuziehen. Der hohe Schwerbehindertenquotient für die Linien der Klägerin stehe maßgeblich in Zusammenhang mit einer im Gebiet der Stadt M. gelegenen Einrichtung für behinderte Menschen. Die Zahl der in dieser Einrichtung wohnenden Personen habe sich von 2010 bis 2012 nur geringfügig verändert. Es gebe daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der Schwerbehindertenquotient im Jahr 2011 deutlich höher sei als im Jahr 2012. Der höhere Wert könne nur durch falsche Zahlen erklärt werden. Diese Vorgehensweise wirke sich zu Gunsten der Klägerin aus. Gäbe es keine korrekte Berechnung, hätte für das Jahr 2011 die Landesquote von 3,76 % angesetzt werden müssen. Die Klägerin sei auch angehört worden. Es habe mehrere Besprechungen mit der Klägerin gegeben, in denen die Problematik erörtert worden sei.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, des das Jahr 2010 betreffenden Verfahrens 6 K 1605/14 nebst Beiakte, des das Jahr 2006 betreffenden Verfahrens 6 K 806/14 nebst Beiakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung E1. Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14Die als Verpflichtungsklage, soweit die Klägerin einen weiteren Erstattungsbetrag von 113.863,80 EUR begehrt, und als (Teil-)Anfechtungsklage, soweit sie die Änderung des Bescheides vom 15.7.2013 hinsichtlich des darin festgesetzten Rückzahlungsbetrags von 66.759,46 EUR begehrt, statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
15Die Klägerin hat für das Kalenderjahr 2011 einen Erstattungsanspruch gegen das beklagte Land in Höhe von 155.051,18 EUR aus §§ 145 Abs. 3, 148 Abs. 1, Abs. 5 S. 1, 150 SGB IX wegen der aufgrund unentgeltlicher Beförderung schwerbehinderter Menschen entstandenen Fahrgeldausfällen. Zu dem mit Bescheid vom 15.7.2013 festgesetzten Erstattungsbetrag von 154.989,80 EUR ergibt sich eine Differenz in tenorierter Höhe. Darüber hinaus steht der Klägerin für das Jahr 2011 kein weitergehender Erstattungsanspruch zu. Da die Ablehnung einer weiteren Erstattung von 61,38 EUR insoweit rechtswidrig war und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist, war die Verpflichtung des beklagten Landes zur Festsetzung des Differenzbetrages auszusprechen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
16Unter Berücksichtigung für das Kalenderjahr 2011 erhaltener Vorauszahlungen i.H.v. 221.749,26 EUR – die Klägerin hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie in dem Erstattungsantrag vom 14.12.2012 auf die Angabe des Centbetrags verzichtet hatte – ergibt sich ein von der Klägerin zurück zu zahlender Betrag von 66.698,08 EUR. Soweit in dem angegriffenen Bescheid vom 15.7.2013 ein höherer Rückzahlungsbetrag festgesetzt wurde, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weswegen er insoweit aufzuheben war (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
17Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat die Bezirksregierung E1. den Bescheid auf §§ 145 Abs. 3, 148 Abs. 1 bis 3 und 5, 150 Abs. 1, 4 und 5 SGB IX gestützt. Gemäß § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, unentgeltlich befördert. Die durch die unentgeltliche Beförderung entstehenden Fahrgeldausfälle werden gemäß § 145 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach Maßgabe der §§ 148 bis 150 SGB IX erstattet. Nach § 148 Abs. 1 SGB IX werden Fahrgeldausfälle im Nahverkehr nach einem Prozentsatz der von den Unternehmern nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen im Nahverkehr erstattet. Der Prozentsatz im Sinne des Abs. 1 wird nach § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX für jedes Land von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde für jeweils ein Jahr bekannt gemacht. Weist ein Unternehmen durch Verkehrszählung nach, dass das Verhältnis zwischen den nach §§ 145 ff. SGB IX unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den nach Abs. 4 festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel übersteigt, wird gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX neben dem sich aus der Berechnung nach Absatz 4 ergebenden Erstattungsbetrag auf Antrag der nachgewiesene, über dem Drittel liegende Anteil erstattet.
18Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Dabei kann offen bleiben, ob – wie die Klägerin meint – im Verwaltungsverfahren entgegen § 28 Abs. 1 VwVfG NRW vor abweichender Festsetzung der Erstattungsleistungen ihre Anhörung erforderlich gewesen wäre und diese unterblieben ist. Nach dieser Vorschrift ist vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach § 150 Abs. 7 S. 1 SGB IX gelten für das Erstattungsverfahren hinsichtlich Fahrgeldausfällen das Verwaltungsverfahrensgesetz und die entsprechenden Gesetze der Länder. Ein entsprechender Verfahrensfehler wäre jedenfalls gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW unbeachtlich. Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG NRW nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, was nach Absatz 2 der Vorschrift bis zum Abschluss der 1. Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geschehen darf. Die Heilung des Verfahrensfehlers muss dabei nicht in einem parallel zum anhängigen Gerichtsverfahren geführten Verwaltungsverfahren erfolgen. Sie kann vielmehr auch in einem Austausch von Sachäußerungen in einem gerichtlichen Verfahren bestehen, sofern die Behörde den Vortrag des Betroffenen zum Anlass nimmt, ihre Entscheidung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und zu erwägen, ob sie unter Berücksichtigung der nunmehr vorgebrachten Tatsachen und rechtlichen Erwägungen an ihrer Entscheidung mit diesem konkreten Inhalt festhalten will und das Ergebnis der Überprüfung mitteilt.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1.6.2012 – 15 A 48/12 –, und Beschluss vom 14.6.2010 – 10 B 270/10 –, jeweils abrufbar unter: www.nrwe.de (= juris).
20Dies ist hier jedenfalls im Rahmen der Klageerwiderung geschehen, in der sich die Bezirksregierung E1. mit dem Vorbringen der Klägerin inhaltlich auseinander gesetzt hat. Durch die Stellung eines Klageabweisungsantrags in der mündlichen Verhandlung hat sie ferner dokumentiert, dass sie an dem Bescheid vom 15.7.2013 mit dessen konkretem Inhalt festhalten will.
21Ein eventueller Verfahrensfehler würde hier auch gem. § 46 VwVfG NRW nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides führen. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zu Stande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. So liegt der Fall hier. Der Klägerin war bereits seit Ende 2011 klar, dass bei der Bezirksregierung E1. ein Überprüfungsverfahren hinsichtlich der durch die eigenen Verkehrszählungen ermittelten Schwerbehindertenquotienten in den Jahren 2006 und 2008 stattfand. Die Bezirksregierung trat sogar mit Manipulationsvorwürfen an die Klägerin heran. Da – wie auch im Kalenderjahr 2010 – der im Erstattungsantrag hinsichtlich des Jahres 2011 angesetzte betriebsindividuelle Schwerbehindertenquotient auf der Verkehrszählung des Jahres 2010 beruhte, die noch vom Personal der Klägerin selbst durchgeführt wurde, musste die Klägerin damit rechnen, dass es nunmehr zu einer abweichenden Festsetzung kommen konnte. Dies gilt vorliegend umso mehr, als bereits in dem Gespräch am 24.10.2012 thematisiert wurde, dass hinsichtlich der Fahrgelderstattungen für die vergangenen Jahre rückwirkend ein Schwerbehindertenquotient angenommen werden könnte, der auf der durch das Institut WVI für das Kalenderjahr 2012 durchgeführten Verkehrszählung beruht. Hinsichtlich der Fahrgelderstattungen und möglicher Rückzahlungsansprüche für die Kalenderjahre 2006 bis 2009 hatte die Klägerin am 31.1.2012 und 3.5.2013 im Verwaltungsverfahren ausführlich Stellung genommen. Es wird von der Klägerin nicht vorgetragen und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, was die Klägerin im Erstattungsverfahren für das Kalenderjahr 2011 noch hätte vorbringen können, um die Bezirksregierung E1. von ihrem Entschluss, die Erstattungen auf Basis des Schwerbehindertenquotienten für das Jahr 2012 nachträglich neu festzusetzen, abzubringen. Im Gegenteil ergibt sich gerade daraus, dass die Bezirksregierung E1. im Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Fahrgelderstattungen für die Kalenderjahre 2006 bis 2010 trotz dort erfolgter Anhörung sämtliche ursprünglichen Festsetzungsbescheide zurücknahm und die jeweiligen Erstattungsbeträge auf Basis des Schwerbehindertenquotienten für das Jahr 2012 nachträglich neu festsetzte, dass eine eventuelle Verletzung des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW im vorliegenden Verfahren die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte.
22Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat als das den Personennahverkehr durchführende Unternehmen nicht gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX durch Verkehrszählung nachgewiesen, dass das Verhältnis zwischen den nach §§ 145 ff. SGB IX unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen im Kalenderjahr 2011 tatsächlich 15,85 % betrug und damit den Landesquotienten gem. § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX von 3,76 % um mindestens ein Drittel überstieg.
23Die Bezirksregierung E1. zieht dabei nicht grundsätzlich in Zweifel, dass bei der Klägerin ein den Landessatz um mehr als ein Drittel übersteigender betriebsindividueller Schwerbehindertenquotient vorliegt. Sie zweifelt lediglich den durch die Verkehrszählung im Jahr 2010 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 15,85 % der Höhe nach an. Sie beanstandet im Einzelnen bestimmte Fehler in den der Verkehrszählung des Jahres 2010 zugrunde liegenden Zählprotokollen, die nach ihrer Ansicht in der Gesamtschau so schwerwiegend sind, dass die Verkehrszählung des Jahres 2010 für die Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten nicht geeignet ist.
24Die Kammer folgt nach eigener Prüfung der Bezirksregierung in ihrer Einschätzung. § 148 Abs. 5 SGB IX enthält selbst keine näheren Regelungen darüber, wie ein Nachweis durch Verkehrszählung durchzuführen ist. Verkehrszählungen waren im Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 auf der Grundlage des Runderlasses des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15.12.1987 – II B 1 – 4421.4 („Richtlinien zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr“, im Folgenden: Richtlinie 1987) durchzuführen. Diese Richtlinien enthalten detaillierte Durchführungsbestimmungen zur Vornahme einer Verkehrszählung. Dabei ist die vorliegend als Stichprobenerhebung durchgeführte Linienerhebung gemäß Ziff. 4 und Ziff. 6 der Richtlinie 1987 zulässig. Die Richtlinie 1987 enthält in Ziffer 7 Regelungen darüber, welche Angaben in dem vom Zählpersonal auszufüllenden Zählprotokoll enthalten sein müssen. Dazu, welche Auswirkungen Verstöße gegen diese Regelungen haben oder wie gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen sind, verhält sich die Richtlinie 1987 dagegen nicht.
25Mangels gesetzlicher oder untergesetzlicher Vorgaben kann daher nur anhand allgemeiner Grundsätze beurteilt werden, ob im Einzelfall eine durchgeführte Verkehrszählung taugliche Grundlage für ein Erstattungsbegehren nach §§ 145 ff SGB IX sein kann. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei der Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, gem. § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX unentgeltlich zu befördern, um die Indienstnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe handelt.
26Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, NVwZ 2014, 1005, Rn. 17; und Urteil vom 17.10.1984 – 1 BvL 18/82, NVwZ 1985, 963, Rn. 37.
27Die Verkehrsunternehmen übernehmen kraft gesetzlicher Verpflichtung eine eigentlich dem Staat obliegende Aufgabe der sozialen Fürsorge. Bei der gesetzlich vorgesehenen Erstattung hierdurch entstehender Fahrgeldausfälle gem. § 145 Abs. 3 S. 1 SGB IX i.V.m. §§ 148 ff. SGB IX handelt es sich in der Folge um eine finanzielle Entschädigung des Privaten für seine Indienstnahme im öffentlichen Pflichtenkreis. Der Entschädigungscharakter der Erstattungsleistung bedingt auf der einen Seite, dass aus Sicht des Verkehrsunternehmens keine zu strengen Anforderungen an den Erhalt dieser Leistung gestellt werden dürfen, weil ansonsten die über Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit tangiert wäre. Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber das System der Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr in § 148 SGB IX bewusst – zur Vereinfachung der Handhabung für die Verwaltung aber auch für die betroffenen Verkehrsunternehmen – als pauschales Erstattungssystem ausgestaltet, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
28Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, a.a.O.; und Urteil vom 17.10.1984 – 1 BvL 18/82, a.a.O.
29Die in § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX für das Verkehrsunternehmen vorgesehene Möglichkeit, durch Verkehrszählung einen den Landessatz um mindestens ein Drittel übersteigenden betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nachzuweisen, stellt insoweit eine verfassungsrechtlich gebotene Härtefallregelung zu der an sich in § 148 Abs. 1 SGB IX vorgesehenen pauschalen Erstattung dar, deren konkrete gesetzliche Ausgestaltung ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, a.a.O.
31Wenn ein Verkehrsunternehmen statt der pauschalen Erstattung nach Landessatz in § 148 Abs. 1 bis Abs. 4 SGB IX einen betriebsindividuellen, höheren Prozentsatz an unentgeltlich beförderten Fahrgästen im Erstattungsverfahren gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX geltend macht, müssen an den Nachweis dieses betriebsindividuellen Prozentsatzes insoweit strengere Anforderungen gestellt werden, als der durch Verkehrszählung zu erbringende Nachweis schlüssig, nachvollziehbar und einer nachträglichen behördlichen Überprüfung zugänglich sein muss. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX, der einen „Nachweis“ fordert und nur der „nachgewiesene“, über dem Drittel des Landessatzes liegende Anteil der unentgeltlich beförderten Fahrgäste zusätzlich bei der Berechnung der Erstattungsleistung berücksichtigt wird.
32Dieser Nachweis ist als rein tatsächliches Tatbestandsmerkmal des Erstattungsanspruchs uneingeschränkt durch das Verwaltungsgericht überprüfbar.
33Die Richtlinie 1987 sieht in Ziffer 1.2 vor, dass die in § 62 Abs. 5 SchwbG (der Vorgängervorschrift zu § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX) geforderte Verkehrszählung als Nachweis anzuerkennen ist, wenn sie in Form einer eingeschränkten Vollerhebung oder als Stichprobenerhebung nach diesen Richtlinien durchgeführt worden ist, wobei die Stichprobenerhebung nach Ziffer 4 der Richtlinie 1987 als Linienerhebung oder als Querschnittserhebung durchgeführt werden kann. Bei einer eingeschränkten Vollerhebung werden nach Ziffer 5 der Richtlinie 1987 während jeder Linien- und Einsatzfahrt jedes Wochentags einmal innerhalb der Erhebungsperiode alle nach dem SchwbG unentgeltlich beförderten sowie alle sonstigen Fahrgäste erfasst. Im Falle einer Stichprobenerhebung wird nach Ziffer 6 der Richtlinie 1987 die Gesamtzahl der innerhalb einer Wageneinheit nach dem SchwbG unentgeltlich beförderten und der sonstigen Fahrgäste auf einzelnen Linienfahrten erfasst, die nach einem im Einzelnen vorgegebenen Auswahlverfahren bestimmt werden. Bei der als Linienerhebung durchgeführten Stichprobenerhebung werden nach Ziffer 6.2 der Richtlinie 1987 in der Wageneinheit jeder ausgewählten Linienfahrt alle Einsteiger auf der gesamten Fahrt befragt.
34Die eingeschränkte Vollerhebung bietet naturgemäß aufgrund ihrer breiteren und umfangreicheren Datenbasis eine höhere Gewähr für die Richtigkeit des Ergebnisses, ist für die Verkehrsunternehmen aber mit einem höheren Erhebungsaufwand verbunden. Die in der Durchführung im Vergleich „einfachere“ Stichprobenerhebung ist dagegen aufgrund ihrer geringeren Erhebungsdichte ungenauer, was dadurch ausgeglichen wird, dass bei der Berechnung des Prozentsatzes der unentgeltlich beförderten Fahrgäste bei Stichprobenerhebungen in Ziffer 9 ff. der Richtlinie 1987 im Unterschied zur Berechnung bei eingeschränkter Vollerhebung in Ziffer 8 ff. wesentlich umfangreichere Varianzberechnungen vorzunehmen sind und als Bemessungswert für die Erstattung der Fahrgeldausfälle nicht der Schwerbehindertenquotient, sondern nach Ziffer 9.23 die untere 95-Prozentgrenze des Schwerbehindertenquotienten errechnet wird.
35Entscheidet sich das Verkehrsunternehmen – wie vorliegend – zu der im Vergleich „einfacheren“ Stichprobenerhebung, dürfen auch insofern strengere Anforderungen an die Korrektheit der Verkehrszählung und insbesondere an die Korrektheit der ihr zugrunde liegenden Verkehrserhebung gestellt werden, als sich eventuelle Fehler in einzelnen Zählprotokollen, die naturgemäß bei jeder Verkehrserhebung vorkommen, wesentlich stärker auf das Gesamtergebnis auswirken können, als dies bei einer Vollerhebung der Fall wäre. Hierbei entzieht sich die Bewertung der Validität einer Verkehrszählung jeder schematischen Betrachtung. Es ist in jedem Einzelfall auf die Art der Fehlerhaftigkeit, die konkreten Auswirkungen des einzelnen Fehlers auf die Frage, ob das betroffene Zählprotokoll noch als Nachweis für die durchgeführte Zählung anerkannt werden kann und auf die Anzahl der von dem Fehler betroffenen Zählprotolle abzustellen. Nur im Rahmen einer insoweit gebotenen Gesamtbetrachtung anhand aller Umstände des Einzelfalles kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob diese noch als „Nachweis“ i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX anerkannt werden kann oder aufgrund einer in erheblicher Weise ergebnisrelevanten Fehlerhäufung schon nicht mehr geeignet ist, die Erstattungsbehörde bzw. das Gericht von der Richtigkeit des durch sie ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten zu überzeugen. Liegt eine Fehlerhäufung vor, die sicher ergebnisrelevant ist, kann die Verkehrszählung nicht mehr Gewähr für die Richtigkeit der durch sie ermittelten Ergebnisse bieten und nicht die erforderliche Überzeugung der Behörde oder des Gerichts tragen.
36An diesen Grundsätzen gemessen geht die Kammer nach ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 S. 1 VwGO) davon aus, dass die vorliegend der Berechnung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten zugrunde liegende Verkehrszählung nicht als „Nachweis“ i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX anerkannt werden kann.
37Hierbei wird die Überzeugungsbildung der Kammer bereits maßgeblich von folgenden von der Bezirksregierung E1. gerügten Fehlern in den Zählprotokollen getragen, so dass es auf die gerügten Fehler im Übrigen nicht mehr entscheidend ankommt:
38Die Bezirksregierung macht geltend, dass in 22 von 264 Zählprotokollen der Verkehrserhebung (8,33 % der Zählprotokolle) – die jeweilige Anzahl der betroffenen Protokolle wurde von der Klägerin nicht im Einzelnen angegriffen und konnte von der Kammer jeweils anhand der tabellarischen Auswertungen auf Blatt 23 ff. der Beiakte I nachvollzogen werden – eine Datumsangabe enthalten ist, die außerhalb der vorgeschriebenen Zählperiode liegt (Beispiel: Protokoll Linie 9883 – Abfahrt 15:28 – Ankunft 15:57 am 8.5.2010; die Frühjahrsperiode lag im Jahr 2010 in dem Zeitraum 12.4.2010 bis 30.4.2010).
39Gem. Ziffern 3 und 3.1 der Richtlinie 1987 werden als Erhebungsperioden für die Verkehrszählung vorgegeben: die drei vollständigen Schulwochen beginnend jeweils mit dem Montag nach Aschermittwoch (Winterperiode), die drei vollständigen Schulwochen beginnend mit dem Montag nach Ostermontag (Frühjahrsperiode), die zweite, dritte und vierte vollständige Ferienwoche der Sommerferien (Sommerperiode) sowie die drei ersten vollständigen Schulwochen im November (Herbstperiode). Die Klägerin trägt dazu vor, dass vereinzelt Erhebungen außerhalb der vorgeschriebenen Zählperioden durchgeführt wurden, wenn beispielsweise eine Fahrt ausgefallen oder die jeweilige Zählperson erkrankt war. Es sei dann ein „vergleichbares Datum“ zur Nacherhebung ausgewählt worden, damit eine Vergleichbarkeit weiterhin gegeben sei.
40Nach Auffassung der Kammer kann eine innerhalb der Erhebungsperiode zu prüfende Fahrt nicht ohne weiteres durch eine „vergleichbare Fahrt“ außerhalb der jeweiligen Erhebungsperiode ersetzt werden. Die genaue Vorgabe von Erhebungszeiträumen in der Richtlinie 1987 soll die Vergleichbarkeit der Zählergebnisse sicherstellen. Die später in Ziffer 9 ff. der Richtlinie 1987 vorgegebene Methode zur Berechnung des Prozentsatzes bei der Linienerhebung knüpft in Ziffer 9.217, 9.223, 9.224 und 9.225 der Richtlinie 1987 jeweils entweder mittelbar oder unmittelbar an die Zählergebnisse der jeweiligen Zählperiode an. Diese Berechnung wird abweichend beeinflusst, wenn Ergebnisse berücksichtigt werden, die außerhalb der Zählperioden erhoben wurden.
41Bei Ausfällen von Fahrten oder Zählpersonal hätte es der Klägerin daher oblegen, zu dokumentieren und deutlich zu machen, welche Fahrt im Einzelnen zusätzlich erhoben wurde, um welche ausgefallene Erhebung zu ersetzen. Allein aus dem Umstand, dass die Richtlinie 1987 – wie der Klägerin zuzugeben ist – an keiner Stelle Ausführungen dazu enthält, wie Abweichungen zu dokumentieren sind, kann die Klägerin nicht herleiten, dass eventuelle Abweichungen vom vorgeschriebenen Erhebungsmodus überhaupt nicht dokumentiert werden müssen. Im Gegenteil hat die Klägerin als das den Nachweis i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX führende Verkehrsunternehmen stets sicherzustellen, dass gerade im Falle von Abweichungen die jederzeitige Nachprüfbarkeit der Verkehrszählung erhalten bleibt.
42Die Bezirksregierung verweist weiter darauf, dass in 13 von 264 Zählprotokollen (4,92 %) eine entweder nur unvollständige Datumsangabe vorhanden oder die Datumsangabe nachträglich verändert worden ist (Beispiel: Protokoll Linie 9883 –Abfahrt 14:29 – Ankunft 14:58 am 7.4.2010 und Protokoll Linie 9883 – Abfahrt 14:58 – Ankunft 15:27 am 7./8.4.2010). Gemäß Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll eine Datumsangabe enthalten.
43Die Klägerin behauptet hierzu, dass die Angaben auf den betroffenen Protokollen lediglich korrigiert worden seien. Es könne vorkommen, dass sich ein Zähler verschreibe. Da dieser nur ein Protokoll zur Verfügung habe, sei eine Korrektur auf dem Protokoll besser, als dort ein falsches Datum stehen zu haben, dass im Nachhinein zu Irritationen und Zweifeln an der Korrektheit führe.
44Die Kammer hat sich durch Einsichtnahme in die Zählprotokolle ein Bild von den vorgenommenen Veränderungen verschafft. Diese sind nicht so erfolgt, dass das vorher eingetragene Datum durchgestrichen und durch ein neues ersetzt worden wäre. Stattdessen wurde das vorhandene Datum überschrieben, was am Beispiel des Protokolls der Linie 9883 – Abfahrt 14:58 – Ankunft 15:27 am 7.4. oder 8.4.2010 zur Folge hat, dass nicht mehr sicher festgestellt werden kann, welches Datum gemeint sein soll, bzw. ursprünglich eingetragen war und korrigiert werden sollte. Um die erforderliche Nachprüfbarkeit der Zählergebnisse sicherzustellen, wäre es dagegen angezeigt gewesen, den vorherigen Eintrag lediglich durchzustreichen, damit dieser noch erkannt werden kann, und die Korrektur daneben, darüber oder darunter vorzunehmen. Dies ist hier nicht geschehen. So kann weder die Erstattungsbehörde noch das Gericht überprüfen, welche Fahrt tatsächlich erhoben wurde und ob die Korrektur durch das Zählpersonal oder nachträglich durch einen Dritten erfolgte.
45Nach den unstreitigen Feststellungen der Bezirksregierung fehlt in 2 von 264 Zählprotokollen (0,76 %) die Angabe des Namens des Zählers. Dies betrifft die Protokolle Linie 9885 – Abfahrt 15:45 – Ankunft 16:12 am 23.2.2010 und Linie 9885 – Abfahrt 16:15 – Ankunft 16:45 am 23.2.2010. Gem. Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll den Namen des Zählers enthalten. Ohne die Namensangabe sind die beiden Protokolle zum Nachweis der während dieser Fahrt erhobenen Zahlen mangels Nachprüfbarkeit unbrauchbar.
46Sind danach aus den vorgenannten Gründen schon 37 von 264 Zählprotokollen der Verkehrserhebung 2010 (rund 14 %) unbrauchbar, kommen sie zur Überzeugung der Kammer insgesamt nicht mehr als zuverlässige Datenbasis zur Ermittlung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten in Betracht.
47Da das Gesetz eine Rechtsfolge für einen nicht ausreichenden Nachweis eines betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nicht vorsieht und die Fahrgelderstattung ansonsten pauschal gem. § 148 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 SGB IX nach Landessatz zu erfolgen hat, wäre es grundsätzlich richtig gewesen, dem Unternehmer, der den Nachweis nach § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX nicht korrekt führt, Fahrgelderstattungen nur nach dem Landessatz zuzugestehen. Dies wäre im hier vorliegenden Einzelfall jedoch unbillig, da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass der betriebsindividuelle Schwerbehindertenquotient aufgrund der im Gebiet der Klägerin gelegenen Stiftung F1. -F2. deutlich höher ist als der Landessatz.
48Obwohl dies einer gesetzlichen Grundlage entbehrt, ist es wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Erstattungsleistung als Ausgleich für die Indienstnahme eines Privaten im öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis in einem solchen Fall im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Bewilligungsbehörde einen anderen über dem Landessatz liegenden Schwerbehindertenquotienten für die Berechnung der Erstattungsleistungen zugrunde legt, sofern dieser nicht willkürlich bestimmt wird, sondern es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieser jedenfalls richtiger ist als der Landessatz. Die Bezirksregierung E1. ist so vorgegangen, indem sie anstelle des Wertes von 15,85 % den nachgewiesenen und von ihr anerkannten Schwerbehindertenquotienten aus dem Jahre 2012 von 9,67 % auch für das Jahr 2011 zum Zweck der Berechnung des Erstattungsanspruchs angenommen hat. Die Vorgehensweise der Bezirksregierung E1. weist daher einen sich zum Nachteil der Klägerin auswirkenden Rechtsanwendungsfehler nicht auf.
49Es ergibt sich nach alldem folgende Berechnung des Erstattungsanspruchs:
509,67 % - 1,25 % (ein Drittel des Landessatzes von 3,76 % als Selbstbehalt gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX) = 8,42 %
511.841.463,00 € (Fahrgeldeinnahmen 2011) / 100 x 8,42 = 155.051,18 €
52Die abweichende Festsetzung im Bescheid vom 15.7.2013 rührt daher, dass die Bezirksregierung E1. offenbar wie folgt gerechnet hat: 9,67 (angenommener Schwerbehindertenquotient aus 2012) – 3,76 / 3 (Drittel des Landessatzes) x 1.841.463,00 (Fahrgeldeinnahmen) / 100 = 154.989,80 €. Die von der Behörde zur Berechnung der Erstattungsleistung im Bescheid offenbar verwendete Rechenmethode berücksichtigt wesentlich mehr Nachkommastellen und gelangt so zu einem abweichenden Ergebnis.
53Die Berechnung ist dagegen auch bei der Berücksichtigung eines betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nach § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX so vorzunehmen, dass der einzustellende Prozentsatz auf zwei Nachkommastellen zu runden ist, wie es § 148 Abs. 4 S. 4 SGB IX vorsieht. Nach § 148 Abs. 4 S. 4 SGB IX sind bei der Festsetzung des Landessatzes sich ergebende Bruchteile von 0,005 und mehr auf ganze Hundertstel aufzurunden und im Übrigen abzurunden. Dies führt bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs nach Landessatz dazu, dass entsprechend mit einem auf zwei Nachkommastellen gerundeten Wert zu rechnen ist. Aus Sicht der Kammer gibt es keinen sachlichen Grund, bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs nach betriebsindividuellem Schwerbehindertenquotienten anders zu verfahren.
54Abzüglich erhaltener Vorauszahlungen für das Kalenderjahr 2011 von 221.749,26 € errechnet sich ein Rückzahlungsanspruch von 66.698,08 €.
55Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Es war sachgerecht, der Klägerin die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil das beklagte Land nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
56Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.
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(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100,00 € abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen und führt auf der Basis entsprechender Liniengenehmigungen öffentlichen Personennahverkehr im Gebiet der Stadt M. durch.
3Mit Schreiben vom 13.12.2011 stellte die Klägerin bei der Bezirksregierung E1. einen Antrag auf Erstattung von Fahrgeldausfällen gem. §§ 148 Abs. 1, Abs. 5, 150 Abs. 1 S. 1 SGB IX für das Kalenderjahr 2010. Zur Berechnung des Erstattungsanspruchs fügte die Klägerin dem Antrag einen Nachweis über die im Kalenderjahr 2010 erzielten Fahrgeldeinnahmen i.H.v. 1.965.373,45 EUR sowie ein Testat der Ingenieurgruppe IVV GmbH & Co. KG (im Folgenden: IVV) vom 1.8.2011 über den durch Verkehrszählung ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten für das Erstattungsjahr 2010 bei. Für das Erstattungsjahr 2010 hatte die IVV auf Grundlage einer als Linienerhebung durchgeführten Stichprobenerhebung einen betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten von 15,85 % ermittelt und testiert. Der Landessatz gemäß § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX betrug für das Jahr 2010 3,74 %. Die Klägerin ermittelte aus den nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen und der durch die IVV testierten Quote einen Erstattungsanspruch i.H.v. 311.118,62 EUR und beantragte nach Abzug von für das Kalenderjahr 2010 erhaltenen Vorauszahlungen, die sie in ihrem Antrag mit 324.859,87 EUR angab, die Auszahlung eines Restbetrages von noch 77.258,75 EUR.
4Mit „vorläufigem“ Bescheid vom 5.7.2012 setzte die Bezirksregierung E1. den Erstattungsbetrag unter Berücksichtigung der Drittelregelung in § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX abweichend auf 287.010,04 EUR fest und ermittelte nach Abzug der Vorauszahlungen, die sie mit 216.610,24 EUR bezifferte, noch einen Auszahlungsbetrag zugunsten der Klägerin von 70.399,80 EUR, der auch zur Auszahlung kam. Unter Ziffer 2 des Bescheides führte die Bezirksregierung E1. unter anderem aus, dass der festgesetzte Ausgleichsanspruch für das Jahr 2010 vorerst nur vorläufig gewährt werde, da die Ergebnisse der Überprüfung der Verkehrszählungen der Vorjahre Zweifel an der Richtigkeit der Angaben auch für das Jahr 2010 aufkommen ließen. Wegen der abweichenden Festsetzung aufgrund der Berücksichtigung der Drittelregelung in § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX erging der Bescheid gem. dessen Ziffer 4 vorläufig bis zum Abschluss eines anhängigen Musterstreitverfahrens zur Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. Der Bescheid enthielt ferner unter Ziffer 3 eine Regelung, wonach sich die Bewilligungsbehörde die Prüfung des festgesetzten Erstattungsbetrags durch Einsicht in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen im Unternehmen vorbehielt. Ferner enthielt der Bescheid die Verpflichtung, die vollständigen Unterlagen über die Verkehrszählung bis zum Ablauf von 5 Jahren nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides aufzubewahren.
5Hinsichtlich der entsprechenden Erstattungsansprüche für die Kalenderjahre 2006 bis 2009 führte die Bezirksregierung E1. bereits seit Ende 2011 / Anfang 2012 ein Überprüfungsverfahren durch. Hintergrund dieser Überprüfung war, dass das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MAIS) die Bezirksregierung E1. mit Schreiben vom 31.10.2011 über Auffälligkeiten in den der Verkehrserhebung zu Grunde liegenden Zählprotokollen informiert hatte. Mit Schreiben vom 7.12.2011 setzte die Bezirksregierung E1. die Klägerin hierüber in Kenntnis und äußerte den Verdacht einer vorsätzlichen Manipulation der Zählprotokolle mit dem Ziel, einen höheren Schwerbehindertenquotienten zu erreichen. Mit Schreiben vom 31.1.2012 nahm die Klägerin ausführlich hierzu Stellung. Die Klägerin wies die Manipulationsvorwürfe zurück und erklärte die Absicht, die anstehende Zählung für das Kalenderjahr 2012 nicht mehr von eigenem Personal, sondern extern durchführen zu lassen. Mit Schreiben vom 15.2.2012 berichtete die Bezirksregierung E1. an das MAIS, dass zunächst abgewartet werden solle, ob die Klägerin die Erhebungen für 2012 tatsächlich durch ein externes Institut durchführen lasse. Die dadurch gewonnenen Ergebnisse könnten die Korrektheit der Zählergebnisse der Vorjahre bekräftigen. So könne der Vorwurf einer Manipulation entkräftet werden. Mit Schreiben vom 20.3.2012 teilte die Klägerin mit, dass die Erhebungen für das Kalenderjahr 2012 durch die „WVI Prof. Dr. X. Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH“ in C1. (im Folgenden: WVI) durchgeführt würden. Im Rahmen eines Gesprächs am 3.7.2012 teilte die Bezirksregierung E1. der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, Erstattungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009 zurückzufordern. Die Beteiligten vereinbarten, dass die Klägerin intern den Sachverhalt weiter aufklären solle, um die Manipulationsvorwürfe zu entkräften. Mit Schreiben vom 14.9.2012 nahm die Klägerin noch einmal zu den Vorwürfen Stellung und übermittelte der Bezirksregierung E1. die Ergebnisse der nachträglichen Befragung des eigenen Zählpersonals. Laut internem Vermerk vom 26.9.2012 wurde die Bezirksregierung E1. in einem internen Prüfprotokoll der „Projektgruppe SGB IX“ des MAIS darauf hingewiesen, dass auch in den bisher ungeprüften Zählprotokollen der Verkehrszählung des Jahres 2010 Unregelmäßigkeiten gleicher Art und gleichen Umfangs vermutet würden. Dies betreffe auch das Jahr 2011. Es sei noch zu entscheiden, ob auch die Verkehrszählungen für diese Jahre einer detaillierten Nachprüfung zu unterziehen seien. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs zwischen den Beteiligten am 24.10.2012 informierte die Bezirksregierung E1. die Klägerin darüber, dass der Manipulationsverdacht fallen gelassen, jedoch die Richtigkeit der durch das Personal der Klägerin durchgeführten Verkehrszählung wegen formaler Fehler weiterhin in Zweifel gezogen werde und deshalb beabsichtigt sei, einen neuen, annähernd verlässlichen Schwerbehindertenquotienten festzulegen. Als Richtwert für die vergangenen Jahre könne man die laufende Schwerbehindertenzählung, die durch die WVI durchgeführt werde, heranziehen. Da gegenwärtig nur Zählergebnisse für die Frühjahrs- und Sommerperiode 2012 vorlägen und diese stark variierten, sollten die noch ausstehenden Ergebnisse für Herbst 2012 und Winter 2013 abgewartet werden, um ein verlässliches und einheitliches Bild zu bekommen. Gegebenenfalls seien Erstattungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009, möglicherweise bis 2011, zurückzufordern.
6Am 7.5.2013 ging bei der Bezirksregierung E1. ein von der Klägerin übersandtes Testat der WVI vom 30.4.2013 über den für das Kalenderjahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten ein. Mit Schreiben vom 6.6.2013 forderte die Bezirksregierung E1. die Klägerin auf, auch die Original-Zählprotokolle für das Jahr 2010 zu übersenden. Mit E-Mail vom 30.10.2013 holte die Bezirksregierung E1. eine Auskunft über die Belegungszahlen der Stiftung F1. -F2. , einer im Gebiet der Stadt M. gelegenen Behinderteneinrichtung, ein und erfuhr, dass die Belegungszahlen in den Jahren 2006 bis 2012 dort annähernd gleich geblieben waren. Bei einem Termin im MAIS am 31.10.2013 berichtete die Bezirksregierung E1. noch einmal von den jüngsten Entwicklungen, insbesondere von den Zählergebnissen für das Jahr 2012. Das Ministerium verwies darauf, dass Mindeststandards bei den Zählungen nicht eingehalten worden seien. Man wolle in Bezug auf die in Rede stehenden Rückforderungen in Kürze durch Erlass entscheiden. Am 12.12.2013 teilte das MAIS der Bezirksregierung E1. mit, dass die Entscheidung über das weitere Vorgehen allein der Bezirksregierung obliege. Gemäß internem Vermerk vom 20.1.2014 entschied sich die Bezirksregierung E1. hinsichtlich der bereits für die Jahre 2006 bis 2010 bestandskräftig festgesetzten Fahrgelderstattungen dazu, den betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten der Klägerin für die Jahre 2006 bis 2010 gemäß dem Testat der WVI vom 30.4.2013 auf 9,67 % festzusetzen und auf dieser Grundlage die Fahrgelderstattungen neu zu berechnen.
7Mit Schreiben vom 20.2.2014 machte die Bezirksregierung E1. die Klägerin auf einzelne Beanstandungen in den Zählprotokollen der Verkehrszählung des Jahres 2010 aufmerksam und kündigte an, dass sie beabsichtige, ihren Bewilligungsbescheid für das Jahr 2010 zurück zu nehmen und überzahlte Beträge zurück zu fordern. Hierzu nahm die Klägerin mit Schreiben vom 22.4.2014 Stellung.
8Mit Bescheid vom 28.5.2014, zugestellt am 12.6.2014, nahm die Bezirksregierung E1. den Bescheid vom 5.7.2012 gem. § 48 VwVfG NRW zurück, setzte den Erstattungsbetrag für 2010 auf 165.484,44 EUR neu fest und forderte einen überzahlten Betrag von 121.525,59 EUR gem. § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW von der Klägerin zurück. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E1. aus, dass der durch die IVV ermittelte Schwerbehindertenquotient von 15,85 % nicht anerkannt werden könne. Sie habe die Zählprotokolle der Schwerbehindertenzählung aus dem Jahr 2010 eingesehen. Dabei sei festgestellt worden, dass viele Zählprotokolle Unregelmäßigkeiten aufwiesen, nämlich nachträgliche Erhöhungen der Werte für die Schwerbehinderten und sonstigen Fahrgäste, Erhebungen außerhalb der maßgeblichen Zählperiode, fehlende oder falsche Angaben bei den Stammdaten in den Zählprotokollen, die Verwendung von Tipp-Ex, die Verwendung verschiedenfarbiger Schreibmittel und fehlende oder falsche Summenbildung. Die Zählprotokolle enthielten in so erheblichem Umfang Unregelmäßigkeiten und formale Fehler, dass sie als belastbare Nachweise für den testierten Schwerbehindertenquotienten und damit als Bemessungsgrundlage für die Ausgleichsansprüche nicht anerkannt werden könnten.
9Der Bescheid vom 5.7.2012 sei daher rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 VwVfG NRW lägen vor. Zwar habe die Klägerin die gewährten Leistungen verbraucht. Auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides könne sich die Klägerin jedoch gem. § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW nicht berufen, da sie den ursprünglichen Bescheid durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 VwVfG NRW lägen vor, denn die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit des Bescheids infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.
10Die Rücknahme des Bescheids stehe im behördlichen Ermessen. Zweck der Ermessensnorm sei die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes und die Schaffung der Voraussetzungen für eine Rückforderung überzahlter öffentlicher Mittel. Sie – die Bezirksregierung E1. – bezwecke dies mit dem Rücknahmebescheid. Die Rücknahme sei auch verhältnismäßig, denn sie sei zur Erreichung des Zwecks geeignet, weil der gewünschte Erfolg – die Unwirksamkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheids und der Wegfall des Rechtsgrundes für das Behaltendürfen der erbrachten Leistungen – damit erreicht werde. Die Rücknahme sei auch erforderlich, denn es sei kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Zweckverfolgung ersichtlich. Schließlich sei die Rücknahme auch angemessen. Die Interessen der Beteiligten seien gegeneinander abzuwägen. Das öffentliche Interesse bestehe in einer sachgerechten Verwendung öffentlicher Gelder. Angesichts knapper Kassen des Landes NRW fordere die Allgemeinheit eine korrekte und gerechte Verteilung von Leistungen. Es bestehe bei einem Rechtsverstoß nicht nur ein rechtliches Interesse an dessen Beseitigung, sondern auch ein fiskalisches Interesse an der Rückführung zu Unrecht erbrachter Leistungen in den öffentlichen Haushalt. Außerdem liege es im öffentlichen Interesse, einer negativen Vorbildwirkung zu begegnen, die sich daraus ergeben könnte, dass auch andere Leistungsempfänger versuchen könnten, eine Leistungsbewilligung durch unrichtige oder unvollständige Angaben zu erwirken, wenn dies ohne rechtliche Konsequenzen bliebe. Das Interesse der Klägerin bestehe im Bestand des ursprünglichen Leistungsbescheids und damit im Behaltendürfen der erhaltenen Gelder. Vorliegend überwiege das öffentliche Rücknahmeinteresse jedoch das private Interesse am Behaltendürfen. Es liege kein erkennbares Missverhältnis zwischen dem gewählten Mittel und dem erstrebten Erfolg vor. Nur eine vollständige Rücknahme des Ursprungsbescheides sei sachgerecht und entspreche dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit. Im Übrigen liege hier ein Fall des § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW vor, weshalb gemäß § 48 Abs. 2 S. 4 VwVfG NRW eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit angezeigt sei. Hinweise auf einen atypischen Fall bestünden nicht. Sie übe daher ihr Ermessen dahingehend aus, den Bescheid vom 5.7.2012 zurückzunehmen.
11Hinsichtlich der Neufestsetzung des Erstattungsbetrages für das Kalenderjahr 2010 lege sie den durch die WVI für das Jahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % zu Grunde. Dies sei der einzige in Frage kommende valide Wert. Im Gegensatz zu früheren Erhebungen habe bei dieser Erhebung das unabhängige Institut auch die Zählungen in eigener Verantwortung durchgeführt. Die so erzielten Ergebnisse seien glaubwürdig. Der hohe Schwerbehindertenquotient auf den Linien der Klägerin stehe maßgeblich in Zusammenhang mit der Stiftung F1. -F2. , einer Einrichtung für behinderte Menschen. Die Zahl der in der Stiftung wohnenden Personen habe sich von 2010 bis 2012 nur geringfügig verändert. Es gebe keine sonstigen Anhaltspunkte dafür, dass der Schwerbehindertenquotient im Jahr 2010 deutlich höher gewesen sei als im Jahr 2012. Ein Wert von 15,85 % sei daher für das Jahr 2010 nicht möglich, wenn der korrekte Wert für das Jahr 2012 nur 9,67 % betrage. Für das Jahr 2012 sei ein korrekter Wert durch korrekte Zählung ermittelt worden, weshalb es sachgerecht sei, den Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % auch für das Jahr 2010 zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX ein Erstattungsbetrag von 165.484,44 EUR. Nach Abzug von für das Kalenderjahr 2010 erhaltenen Zahlungen i.H.v. 287.010,04 EUR ergebe sich ein Gesamtrückforderungsbetrag von 121.525,59 EUR.
12Am 3.7.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass eine Rücknahme des Bescheides vom 5.7.2012 bereits wegen Verjährung ausscheide. Es sei eine frühe Entscheidungsreife anzunehmen, da die Bezirksregierung E1. schon Mitte 2012 aufgrund des Hinweises des MAIS in dem internen Vermerk vom 26.9.2012 die vermeintlichen Fehler der Zählbögen habe feststellen können. Die Bezirksregierung habe sie indes erst mit Schreiben vom 6.6.2013 aufgefordert, auch die Original-Zählprotokolle für das Jahr 2010 zu übersenden. Erst danach seien diese Unterlagen ausgewertet worden. Die Bezirksregierung E1. habe dem Verfahren daher nicht in gebotener Weise Fortgang gegeben. Sie könne den Beginn der Verjährungsfrist nicht beliebig hinausschieben. Auch könne die Rücknahme nicht auf § 48 VwVfG NRW gestützt werden, da der Bescheid vom 5.7.2012 rechtmäßig sei. Die von der Bezirksregierung E1. angeführten Beanstandungen stellten keinen Verstoß dar, der zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führen könne. Die Beanstandungen seien überwiegend nicht nachvollziehbar. Auch wenn einzelne Erhebungsbögen kritikwürdig seien, könne deswegen nicht die gesamte Erhebung und Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten in Frage gestellt werden. Der Bescheid hätte nur gemäß § 49 Abs. 3 VwVfG NRW widerrufen werden können, dessen Voraussetzungen indes nicht vorlägen. Selbst wenn der Bescheid als rechtswidrig anzusehen sei, könne er nicht zurückgenommen werden, weil sie – die Klägerin – schutzwürdiges Vertrauen genieße. Die Ausschlussgründe des § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW lägen nicht vor. Sie habe den Bescheid insbesondere nicht durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt. Die Bezirksregierung E1. habe die in Ansatz gebrachten Werte stets akzeptiert, ohne neue Erhebungen oder Erläuterungen zu verlangen. Beanstandungen seien erst nach Prüfung durch das MAIS erfolgt. Sie – die Klägerin – habe auch keine Kenntnis oder grob fahrlässig Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Bescheides gehabt. Ferner müsse die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten ihrer Schutzwürdigkeit ausgehen. Soweit die Bezirksregierung E1. auf eine negative Vorbildfunktion abstelle, übersehe sie, dass der Vorwurf der vorsätzlichen Manipulation der Zählergebnisse bereits im Verwaltungsverfahren fallen gelassen worden sei. Sie – die Klägerin – hege als kommunales Unternehmen keine Bereicherungsabsichten. Auch verstoße es gegen die Grundsätze des § 242 BGB und sei treuwidrig, den Bescheid zurückzunehmen, wenn es eine Mitverantwortung der Behörde für die Rechtswidrigkeit des Bescheids gebe. Es sei unzulässig, den durch die IVV ermittelten Schwerbehindertenquotienten für das Jahr 2010 durch den Wert aus dem Testat der WVI für das Jahr 2012 zu ersetzen. Dieser Wert beziehe sich nur auf das Jahr 2012 und erlaube keine Rückschlüsse für das Jahr 2010. Die Bezirksregierung E1. sei nicht berechtigt gewesen, einen von ihr – der Klägerin – nicht autorisierten Wert eigenmächtig für das Jahr 2010 zu übernehmen und diesen ohne ihre Veranlassung und gegen ihren Willen zur Ermittlung des Erstattungsbetrages zu Grunde zu legen. Die Belegungszahlen der Stiftung F1. -F2. könnten allein nicht ausschlaggebend sein, um auf einen niedrigeren Schwerbehindertenquotienten im Jahr 2010 zu schließen. Die Verkehrszählungen der Jahre 2010 und 2012 seien auf der Grundlage unterschiedlicher Erhebungsrichtlinien durchgeführt worden. Die für das Jahr 2010 noch geltenden „Richtlinien zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr“ (Runderlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15.12.1987 – II B 1 – 4421.4, im Folgenden: Richtlinie 1987) hätten die Fahrtenauswahl vollständig dem Zufall überlassen. Die aktuell geltende Richtlinie zwinge indes bei der Erhebungsfahrtenauswahl zur Streuung, was Auswirkungen auf den Schwerbehindertenquotienten habe und einen geringeren Wert begründen könne.
13Die Klägerin beantragt,
14den Bescheid vom 28.5.2014 bezüglich der Erstattung von Fahrgeldausfällen für das Jahr 2010 aufzuheben.
15Die Bezirksregierung E1. als Vertreterin des beklagten Landes beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie nimmt auf die Begründung des angegriffenen Bescheides Bezug. Ergänzend vertritt sie die Auffassung, dass sie die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW eingehalten habe. Erst mit Schreiben vom 6.6.2013 habe sie die Original-Zählunterlagen von der Klägerin angefordert. Ohne diese sei eine sachgerechte Entscheidung über die Rücknahme des Bewilligungsbescheides überhaupt nicht möglich gewesen. Die Jahresfrist habe erst nach Eingang der Stellungnahme der Klägerin vom 22.4.2014 auf das Anhörungsschreiben vom 20.2.2014 begonnen. In 22 von 264 Fällen seien Zählungen außerhalb der Zählperiode erfolgt. Dies sei ein eindeutiger Richtlinienverstoß und stelle eine erhebliche Fehlerquote dar. In 13 von 264 Fällen sei ein verändertes oder unvollständiges Datum auf dem Zählprotokoll enthalten. In zwei Fällen fehle die Angabe des Namens des Zählers auf dem Protokoll. Auch wenn die einzelnen Fehler das Ergebnis der Verkehrszählung jeweils nicht allein in Frage stellten, sei bei einer Gesamtschau der festgestellten Fehler eine ordnungsgemäße Dokumentation und Berechnung nicht mehr gegeben. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie – die Bezirksregierung – habe nicht wissen können, dass die Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten falsch gewesen sei. Aus dem Testat der IVV vom 1.8.2011 für das Kalenderjahr 2010 hätten sich keine Anhaltspunkte für Fehler ergeben. Die Klägerin habe den Bewilligungsbescheid vom 5.7.2012 durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig gewesen seien. Eine Mitverantwortung der Behörde für die unrichtigen Angaben liege nicht vor. Die Ermittlung des korrekten Schwerbehindertenquotienten habe im alleinigen Verantwortungsbereich der Klägerin gelegen. Es lägen nicht nur leichte Formfehler vor. Es sei zwischen den Beteiligten auch mehrfach erörtert worden, dass eine entsprechende Anwendung und Übertragung des für das Jahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten auch auf das Jahr 2010 in Betracht komme. Dies wirke sich nur zu Gunsten der Klägerin aus, da ansonsten der Landessatz von 3,74 % hätte festgesetzt werden müssen. Die unterschiedlichen Werte für die Jahre 2010 und 2012 könnten nicht allein mit Unterschieden in den jeweils geltenden Erhebungsrichtlinien erklärt werden, denn die für die Verkehrszählung des Jahres 2012 geltende (neue) Richtlinie sehe keine inhaltlich andere Erfassungsmethode vor.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, des das Kalenderjahr 2006 betreffenden Verfahrens 6 K 806/14 nebst Beiakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung E1. Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere als einheitliche Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) statthaft, da durch die begehrte Beseitigung der Neufestsetzung der Erstattungsleistungen in dem angegriffenen Bescheid vom 28.5.2014 die Regelung des Bescheids vom 5.7.2012 im Übrigen wieder auflebt. Denn der Bescheid vom 28.5.2014 enthält entgegen seinem insoweit missverständlichen Tenor zu 1. und 2. keine vollständige Rücknahme des Bescheids vom 5.7.2012 und vollständige Neufestsetzung der Erstattungsleistungen, sondern nur insoweit eine Teil-rücknahme, als mit dem Ursprungsbescheid Erstattungsleistungen von mehr als 165.484,44 EUR festgesetzt wurden.
21Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, da der angegriffene Bescheid vom 28.5.2014 rechtmäßig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
22Die Bezirksregierung stützt den angegriffenen Bescheid in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf § 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW, soweit durch ihn der Bescheid vom 5.7.2012 zurückgenommen und auf § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW, soweit eine Erstattung bereits erbrachter Leistungen festgesetzt wird. Nach diesen Vorschriften kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, sind gemäß § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
23Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die Klägerin mit Schreiben vom 20.2.2014 vor Erlass des Rücknahmebescheides angehört worden.
24Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW liegen vor. Der Bescheid vom 5.7.2012 ist, soweit er zurückgenommen wurde, rechtswidrig.
25Die Bezirksregierung E1. hat den Bescheid vom 5.7.2012 auf §§ 145 Abs. 3, 148 Abs. 1 bis 3 und 5, 150 Abs. 1, 4 und 5 SGB IX gestützt.
26Gemäß § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, unentgeltlich befördert. Die durch die unentgeltliche Beförderung entstehenden Fahrgeldausfälle werden gemäß § 145 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach Maßgabe der §§ 148 bis 150 SGB IX erstattet. Nach § 148 Abs. 1 SGB IX werden Fahrgeldausfälle im Nahverkehr nach einem Prozentsatz der von den Unternehmern nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen im Nahverkehr erstattet. Der Prozentsatz im Sinne des Abs. 1 wird nach § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX für jedes Land von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde für jeweils ein Jahr bekannt gemacht. Weist ein Unternehmen durch Verkehrszählung nach, dass das Verhältnis zwischen den nach §§ 145 ff. SGB IX unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den nach Abs. 4 festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel übersteigt, wird gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX neben dem sich aus der Berechnung nach Absatz 4 ergebenden Erstattungsbetrag auf Antrag der nachgewiesene, über dem Drittel liegende Anteil erstattet.
27Der Bescheid ist materiell rechtswidrig, denn die Klägerin hat als das den Personennahverkehr durchführende Unternehmen nicht gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX durch Verkehrszählung nachgewiesen, dass das Verhältnis zwischen den nach §§ 145 ff. SGB IX unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen im Kalenderjahr 2010 tatsächlich 15,85 % betrug und damit den Landesquotienten gem. § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX von 3,74 % um mindestens ein Drittel überstieg.
28Die Bezirksregierung E1. zieht dabei nicht grundsätzlich in Zweifel, dass bei der Klägerin ein den Landessatz um mehr als ein Drittel übersteigender betriebsindividueller Schwerbehindertenquotient vorliegt. Sie zweifelt lediglich den durch die Verkehrszählung im Jahr 2010 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 15,85 % der Höhe nach an. Sie beanstandet im Einzelnen bestimmte Fehler in den der Verkehrszählung des Jahres 2010 zugrunde liegenden Zählprotokollen, die nach ihrer Ansicht in der Gesamtschau so schwerwiegend sind, dass die Verkehrszählung des Jahres 2010 für die Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten nicht geeignet ist.
29Die Kammer folgt nach eigener Prüfung der Bezirksregierung in ihrer Einschätzung. § 148 Abs. 5 SGB IX enthält selbst keine näheren Regelungen darüber, wie ein Nachweis durch Verkehrszählung durchzuführen ist. Verkehrszählungen waren im Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 auf der Grundlage des Runderlasses des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15.12.1987 – II B 1 – 4421.4 („Richtlinien zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr“, im Folgenden: Richtlinie 1987) durchzuführen. Diese Richtlinien enthalten detaillierte Durchführungsbestimmungen zur Vornahme einer Verkehrszählung. Dabei ist die vorliegend als Stichprobenerhebung durchgeführte Linienerhebung gemäß Ziff. 4 und Ziff. 6 der Richtlinie 1987 zulässig. Die Richtlinie 1987 enthält in Ziffer 7 Regelungen darüber, welche Angaben in dem vom Zählpersonal auszufüllenden Zählprotokoll enthalten sein müssen. Dazu, welche Auswirkungen Verstöße gegen diese Regelungen haben oder wie gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen sind, verhält sich die Richtlinie 1987 dagegen nicht.
30Mangels gesetzlicher oder untergesetzlicher Vorgaben kann daher nur anhand allgemeiner Grundsätze beurteilt werden, ob im Einzelfall eine durchgeführte Verkehrszählung taugliche Grundlage für ein Erstattungsbegehren nach §§ 145 ff SGB IX sein kann. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei der Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, gem. § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX unentgeltlich zu befördern, um die Indienstnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe handelt.
31Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, NVwZ 2014, 1005, Rn. 17; und Urteil vom 17.10.1984 – 1 BvL 18/82, NVwZ 1985, 963, Rn. 37.
32Die Verkehrsunternehmen übernehmen kraft gesetzlicher Verpflichtung eine eigentlich dem Staat obliegende Aufgabe der sozialen Fürsorge. Bei der gesetzlich vorgesehenen Erstattung hierdurch entstehender Fahrgeldausfälle gem. § 145 Abs. 3 S. 1 SGB IX i.V.m. §§ 148 ff. SGB IX handelt es sich in der Folge um eine finanzielle Entschädigung des Privaten für seine Indienstnahme im öffentlichen Pflichtenkreis. Der Entschädigungscharakter der Erstattungsleistung bedingt auf der einen Seite, dass aus Sicht des Verkehrsunternehmens keine zu strengen Anforderungen an den Erhalt dieser Leistung gestellt werden dürfen, weil ansonsten die über Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit tangiert wäre. Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber das System der Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr in § 148 SGB IX bewusst – zur Vereinfachung der Handhabung für die Verwaltung aber auch für die betroffenen Verkehrsunternehmen – als pauschales Erstattungssystem ausgestaltet, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
33Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, a.a.O.; und Urteil vom 17.10.1984 – 1 BvL 18/82, a.a.O.
34Die in § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX für das Verkehrsunternehmen vorgesehene Möglichkeit, durch Verkehrszählung einen den Landessatz um mindestens ein Drittel übersteigenden betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nachzuweisen, stellt insoweit eine verfassungsrechtlich gebotene Härtefallregelung zu der an sich in § 148 Abs. 1 SGB IX vorgesehenen pauschalen Erstattung dar, deren konkrete gesetzliche Ausgestaltung ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
35Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, a.a.O.
36Wenn ein Verkehrsunternehmen statt der pauschalen Erstattung nach Landessatz in § 148 Abs. 1 bis Abs. 4 SGB IX einen betriebsindividuellen, höheren Prozentsatz an unentgeltlich beförderten Fahrgästen im Erstattungsverfahren gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX geltend macht, müssen an den Nachweis dieses betriebsindividuellen Prozentsatzes insoweit strengere Anforderungen gestellt werden, als der durch Verkehrszählung zu erbringende Nachweis schlüssig, nachvollziehbar und einer nachträglichen behördlichen Überprüfung zugänglich sein muss. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX, der einen „Nachweis“ fordert und nur der „nachgewiesene“, über dem Drittel des Landessatzes liegende Anteil der unentgeltlich beförderten Fahrgäste zusätzlich bei der Berechnung der Erstattungsleistung berücksichtigt wird.
37Dieser Nachweis ist als rein tatsächliches Tatbestandsmerkmal des Erstattungsanspruchs uneingeschränkt durch das Verwaltungsgericht überprüfbar.
38Die Richtlinie 1987 sieht in Ziffer 1.2 vor, dass die in § 62 Abs. 5 SchwbG (der Vorgängervorschrift zu § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX) geforderte Verkehrszählung als Nachweis anzuerkennen ist, wenn sie in Form einer eingeschränkten Vollerhebung oder als Stichprobenerhebung nach diesen Richtlinien durchgeführt worden ist, wobei die Stichprobenerhebung nach Ziffer 4 der Richtlinie 1987 als Linienerhebung oder als Querschnittserhebung durchgeführt werden kann. Bei einer eingeschränkten Vollerhebung werden nach Ziffer 5 der Richtlinie 1987 während jeder Linien- und Einsatzfahrt jedes Wochentags einmal innerhalb der Erhebungsperiode alle nach dem SchwbG unentgeltlich beförderten sowie alle sonstigen Fahrgäste erfasst. Im Falle einer Stichprobenerhebung wird nach Ziffer 6 der Richtlinie 1987 die Gesamtzahl der innerhalb einer Wageneinheit nach dem SchwbG unentgeltlich beförderten und der sonstigen Fahrgäste auf einzelnen Linienfahrten erfasst, die nach einem im Einzelnen vorgegebenen Auswahlverfahren bestimmt werden. Bei der als Linienerhebung durchgeführten Stichprobenerhebung werden nach Ziffer 6.2 der Richtlinie 1987 in der Wageneinheit jeder ausgewählten Linienfahrt alle Einsteiger auf der gesamten Fahrt befragt.
39Die eingeschränkte Vollerhebung bietet naturgemäß aufgrund ihrer breiteren und umfangreicheren Datenbasis eine höhere Gewähr für die Richtigkeit des Ergebnisses, ist für die Verkehrsunternehmen aber mit einem höheren Erhebungsaufwand verbunden. Die in der Durchführung im Vergleich „einfachere“ Stichprobenerhebung ist dagegen aufgrund ihrer geringeren Erhebungsdichte ungenauer, was dadurch ausgeglichen wird, dass bei der Berechnung des Prozentsatzes der unentgeltlich beförderten Fahrgäste bei Stichprobenerhebungen in Ziffer 9 ff. der Richtlinie 1987 im Unterschied zur Berechnung bei eingeschränkter Vollerhebung in Ziffer 8 ff. wesentlich umfangreichere Varianzberechnungen vorzunehmen sind und als Bemessungswert für die Erstattung der Fahrgeldausfälle nicht der Schwerbehindertenquotient, sondern nach Ziffer 9.23 die untere 95-Prozentgrenze des Schwerbehindertenquotienten errechnet wird.
40Entscheidet sich das Verkehrsunternehmen – wie vorliegend – zu der im Vergleich „einfacheren“ Stichprobenerhebung, dürfen auch insofern strengere Anforderungen an die Korrektheit der Verkehrszählung und insbesondere an die Korrektheit der ihr zugrunde liegenden Verkehrserhebung gestellt werden, als sich eventuelle Fehler in einzelnen Zählprotokollen, die naturgemäß bei jeder Verkehrserhebung vorkommen, wesentlich stärker auf das Gesamtergebnis auswirken können, als dies bei einer Vollerhebung der Fall wäre. Hierbei entzieht sich die Bewertung der Validität einer Verkehrszählung jeder schematischen Betrachtung. Es ist in jedem Einzelfall auf die Art der Fehlerhaftigkeit, die konkreten Auswirkungen des einzelnen Fehlers auf die Frage, ob das betroffene Zählprotokoll noch als Nachweis für die durchgeführte Zählung anerkannt werden kann und auf die Anzahl der von dem Fehler betroffenen Zählprotolle abzustellen. Nur im Rahmen einer insoweit gebotenen Gesamtbetrachtung anhand aller Umstände des Einzelfalles kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob diese noch als „Nachweis“ i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX anerkannt werden kann oder aufgrund einer in erheblicher Weise ergebnisrelevanten Fehlerhäufung schon nicht mehr geeignet ist, die Erstattungsbehörde bzw. das Gericht von der Richtigkeit des durch sie ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten zu überzeugen. Liegt eine Fehlerhäufung vor, die sicher ergebnisrelevant ist, kann die Verkehrszählung nicht mehr Gewähr für die Richtigkeit der durch sie ermittelten Ergebnisse bieten und nicht die erforderliche Überzeugung der Behörde oder des Gerichts tragen.
41An diesen Grundsätzen gemessen geht die Kammer nach ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 S. 1 VwGO) davon aus, dass die vorliegend der Berechnung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten zugrunde liegende Verkehrszählung nicht als „Nachweis“ i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX anerkannt werden kann.
42Hierbei wird die Überzeugungsbildung der Kammer bereits maßgeblich von folgenden von der Bezirksregierung E1. gerügten Fehlern in den Zählprotokollen getragen, so dass es auf die gerügten Fehler im Übrigen nicht mehr entscheidend ankommt:
43Die Bezirksregierung macht geltend, dass in 22 von 264 Zählprotokollen der Verkehrserhebung (8,33 % der Zählprotokolle) – die jeweilige Anzahl der betroffenen Protokolle wurde von der Klägerin nicht im Einzelnen angegriffen und konnte von der Kammer jeweils anhand der tabellarischen Auswertungen auf Blatt 23 ff. der Beiakte I nachvollzogen werden – eine Datumsangabe enthalten ist, die außerhalb der vorgeschriebenen Zählperiode liegt (Beispiel: Protokoll Linie 9883 – Abfahrt 15:28 – Ankunft 15:57 am 8.5.2010; die Frühjahrsperiode lag im Jahr 2010 in dem Zeitraum 12.4.2010 bis 30.4.2010).
44Gem. Ziffern 3 und 3.1 der Richtlinie 1987 werden als Erhebungsperioden für die Verkehrszählung vorgegeben: die drei vollständigen Schulwochen beginnend jeweils mit dem Montag nach Aschermittwoch (Winterperiode), die drei vollständigen Schulwochen beginnend mit dem Montag nach Ostermontag (Frühjahrsperiode), die zweite, dritte und vierte vollständige Ferienwoche der Sommerferien (Sommerperiode) sowie die drei ersten vollständigen Schulwochen im November (Herbstperiode). Die Klägerin trägt dazu vor, dass vereinzelt Erhebungen außerhalb der vorgeschriebenen Zählperioden durchgeführt wurden, wenn beispielsweise eine Fahrt ausgefallen oder die jeweilige Zählperson erkrankt war. Es sei dann ein „vergleichbares Datum“ zur Nacherhebung ausgewählt worden, damit eine Vergleichbarkeit weiterhin gegeben sei.
45Nach Auffassung der Kammer kann eine innerhalb der Erhebungsperiode zu prüfende Fahrt nicht ohne weiteres durch eine „vergleichbare Fahrt“ außerhalb der jeweiligen Erhebungsperiode ersetzt werden. Die genaue Vorgabe von Erhebungszeiträumen in der Richtlinie 1987 soll die Vergleichbarkeit der Zählergebnisse sicherstellen. Die später in Ziffer 9 ff. der Richtlinie 1987 vorgegebene Methode zur Berechnung des Prozentsatzes bei der Linienerhebung knüpft in Ziffer 9.217, 9.223, 9.224 und 9.225 der Richtlinie 1987 jeweils entweder mittelbar oder unmittelbar an die Zählergebnisse der jeweiligen Zählperiode an. Diese Berechnung wird abweichend beeinflusst, wenn Ergebnisse berücksichtigt werden, die außerhalb der Zählperioden erhoben wurden.
46Bei Ausfällen von Fahrten oder Zählpersonal hätte es der Klägerin daher oblegen, zu dokumentieren und deutlich zu machen, welche Fahrt im Einzelnen zusätzlich erhoben wurde, um welche ausgefallene Erhebung zu ersetzen. Allein aus dem Umstand, dass die Richtlinie 1987 – wie der Klägerin zuzugeben ist – an keiner Stelle Ausführungen dazu enthält, wie Abweichungen zu dokumentieren sind, kann die Klägerin nicht herleiten, dass eventuelle Abweichungen vom vorgeschriebenen Erhebungsmodus überhaupt nicht dokumentiert werden müssen. Im Gegenteil hat die Klägerin als das den Nachweis i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX führende Verkehrsunternehmen stets sicherzustellen, dass gerade im Falle von Abweichungen die jederzeitige Nachprüfbarkeit der Verkehrszählung erhalten bleibt.
47Die Bezirksregierung verweist weiter darauf, dass in 13 von 264 Zählprotokollen (4,92 %) eine entweder nur unvollständige Datumsangabe vorhanden oder die Datumsangabe nachträglich verändert worden ist (Beispiel: Protokoll Linie 9883 –Abfahrt 14:29 – Ankunft 14:58 am 7.4.2010 und Protokoll Linie 9883 – Abfahrt 14:58 – Ankunft 15:27 am 7./8.4.2010). Gemäß Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll eine Datumsangabe enthalten.
48Die Klägerin behauptet hierzu, dass die Angaben auf den betroffenen Protokollen lediglich korrigiert worden seien. Es könne vorkommen, dass sich ein Zähler verschreibe. Da dieser nur ein Protokoll zur Verfügung habe, sei eine Korrektur auf dem Protokoll besser, als dort ein falsches Datum stehen zu haben, dass im Nachhinein zu Irritationen und Zweifeln an der Korrektheit führe.
49Die Kammer hat sich durch Einsichtnahme in die Zählprotokolle ein Bild von den vorgenommenen Veränderungen verschafft. Diese sind nicht so erfolgt, dass das vorher eingetragene Datum durchgestrichen und durch ein neues ersetzt worden wäre. Stattdessen wurde das vorhandene Datum überschrieben, was am Beispiel des Protokolls der Linie 9883 – Abfahrt 14:58 – Ankunft 15:27 am 7.4. oder 8.4.2010 zur Folge hat, dass nicht mehr sicher festgestellt werden kann, welches Datum gemeint sein soll, bzw. ursprünglich eingetragen war und korrigiert werden sollte. Um die erforderliche Nachprüfbarkeit der Zählergebnisse sicherzustellen, wäre es dagegen angezeigt gewesen, den vorherigen Eintrag lediglich durchzustreichen, damit dieser noch erkannt werden kann, und die Korrektur daneben, darüber oder darunter vorzunehmen. Dies ist hier nicht geschehen. So kann weder die Erstattungsbehörde noch das Gericht überprüfen, welche Fahrt tatsächlich erhoben wurde und ob die Korrektur durch das Zählpersonal oder nachträglich durch einen Dritten erfolgte.
50Nach den unstreitigen Feststellungen der Bezirksregierung fehlt in 2 von 264 Zählprotokollen (0,76 %) die Angabe des Namens des Zählers. Dies betrifft die Protokolle Linie 9885 – Abfahrt 15:45 – Ankunft 16:12 am 23.2.2010 und Linie 9885 – Abfahrt 16:15 – Ankunft 16:45 am 23.2.2010. Gem. Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll den Namen des Zählers enthalten. Ohne die Namensangabe sind die beiden Protokolle zum Nachweis der während dieser Fahrt erhobenen Zahlen mangels Nachprüfbarkeit unbrauchbar.
51Sind danach aus den vorgenannten Gründen schon 37 von 264 Zählprotokollen der Verkehrserhebung 2010 (rund 14 %) unbrauchbar, kommen sie zur Überzeugung der Kammer insgesamt nicht mehr als zuverlässige Datenbasis zur Ermittlung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten in Betracht.
52Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der – wie hier der Bescheid vom 5.7.2012 – eine einmalige Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG NRW).
53Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin hier aber deshalb nicht berufen, weil sie den Verwaltungsakt (Bescheid vom 5.7.2012) durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW). Da die Klägerin den Nachweis durch Verkehrszählung nicht ordnungsgemäß erbracht hat, lagen dem Bescheid damit zugleich auch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben zugrunde. Durch diese Angaben hat die Klägerin den Bescheid auch im Rechtssinne „erwirkt“. Ein Verwaltungsakt wird im Sinne des § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW erwirkt, wenn der Begünstigte diesen durch auf Erlass des Verwaltungsakts gerichtetes zweck- und zielgerichtetes Handeln erreicht und die Angaben entscheidungserheblich waren. Dass das Handeln des Beteiligten mitursächlich war, genügt. Ursächlich sind die unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger bzw. richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der erlassenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte.
54Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 116 f, m.w.N.
55Unerheblich ist, ob der Betroffene schuldhaft gehandelt hat, insbesondere weil er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit kannte, hätte erkennen können oder hätte erkennen müssen.
56Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 119, m.w.N.
57An diesen Grundsätzen gemessen liegt ein „Erwirken“ des Verwaltungsakts vor. Die Klägerin hat den Bescheid vom 5.7.2012 bereits dadurch erreicht, dass sie in ihrem Antrag vom 13.12.2011 einen auf unbrauchbarer Datenbasis ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten angegeben hat. Dass die Bezirksregierung E1. den von der Klägerin angegebenen Wert zunächst nicht überprüfte, sondern unbesehen übernahm, ist unerheblich. Selbst wenn darin ein Mitverschulden der Behörde zu sehen sein sollte, würde sich dies bei der Frage des „Erwirkens“ des Verwaltungsakts nicht auswirken, da eine Mitursächlichkeit der Handlung der Klägerin jedenfalls genügt und weitere Ursachen gegebenenfalls bei der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind.
58Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 116.
59Entgegen ihrer Ansicht kann die Klägerin auch kein zusätzliches, gesteigertes Vertrauen in den Bestand des Ursprungsbescheides für sich in Anspruch nehmen. In einem Fall des § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW – wie hier –, entfällt grundsätzlich eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin in den Bestand des zurückgenommenen Bescheides und es besteht nach § 48 Abs. 2 S. 4 VwVfG NRW für den Regelfall eine Rücknahmepflicht mit Wirkung für die Vergangenheit, von der nur im Ausnahmefall abgewichen werden darf. Die Frage, ob ein derartiger atypischer Fall gegeben ist, unterliegt der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn der Unrechtsgehalt, der mit einem Fall des § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW typischerweise verbunden ist – hier das Erwirken des Verwaltungsakts durch in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben –, wegen der Besonderheiten des Einzelfalls nicht vorliegt.
60Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 127c.
61Das Vorliegen eines Ausnahmefalls hat die Bezirksregierung ausdrücklich geprüft und zutreffend verneint. Für einen solchen ist nichts ersichtlich. Ein Ausnahmefall liegt insbesondere auch nicht deshalb vor, weil die Bezirksregierung vor Erlass des Ursprungsbescheides selbst keine nähere Überprüfung der Zählprotokolle vorgenommen hat. Die Klägerin musste im Gegenteil damit rechnen, dass es noch zu einer Überprüfung der Zählprotokolle kommen konnte, denn die Bezirksregierung hat sich im Bescheid vom 5.7.2012 ausdrücklich die Prüfung des festgesetzten Erstattungsbetrages durch Einsicht in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen im Unternehmen vorbehalten und zu diesem Zweck angeordnet, die Unterlagen über die Verkehrszählung bis zum Ablauf von 5 Jahren nach Eintritt der Bestandskraft aufzubewahren. Im Übrigen enthielt Ziffer 2 des Bescheides vom 5.7.2012 den ausdrücklichen Hinweis, dass der festgesetzte Ausgleichsanspruch für das Jahr 2010 zunächst nur vorläufig gewährt werde, da die Ergebnisse der Überprüfung der Verkehrszählungen der Vorjahre Zweifel an der Richtigkeit der Angaben auch für das Jahr 2010 aufkommen ließen. Vor diesem Hintergrund sind entgegen der Ansicht der Klägerin Anhaltspunkte für ein i.S.d. § 242 BGB treuwidriges Verhalten der Behörde nicht ersichtlich.
62Die Bezirksregierung E1. hat bei ihrer Rücknahmeentscheidung auch das ihr in § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
63Nach § 40 VwVfG NRW hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Zu den Zwecken der Ermächtigung zählen im Rahmen des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW neben dem Ziel der Wiederherstellung gesetzeskonformer Zustände auch fiskalische Interessen der öffentlichen Hand an der Vermeidung von unberechtigten Leistungen aus öffentlichen Kassen auf der einen und die Berücksichtigung angemessenen Vertrauensschutzes auf der anderen Seite.
64Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 127d.
65Diesen Zweck der Ermächtigung hat die Bezirksregierung E1. vorliegend zutreffend erkannt und die zutreffend bestimmten widerstreitenden Interessen – das Interesse der Klägerin am Bestand des ursprünglichen Bescheides und das Interesse der öffentlichen Hand an der Wiederherstellung gesetzeskonformer Zustände – ohne ersichtlichen Ermessensfehler gegeneinander abgewogen.
66Dass sie sich zu einer Neuberechnung der Erstattungsleistungen auf Grundlage des nachgewiesenen und von ihr anerkannten Schwerbehindertenquotienten aus dem Jahre 2012 von 9,67 % entschied, diesen Wert fiktiv für das Jahr 2010 übernahm und ihr Rücknahmeermessen daher dergestalt ausübte, nur eine Teilrücknahme des Bescheids vom 5.7.2012 vorzunehmen, soweit durch ihn Erstattungsleistungen von mehr als 165.484,44 EUR festgesetzt wurden, ist nicht zu beanstanden und wirkt sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin aus. Wird der Nachweis eines betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nicht erbracht, verbleibt es grundsätzlich bei einer Fahrgelderstattung gem. § 148 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 SGB IX nach dem Landessatz. Dies wäre im hier vorliegenden Einzelfall jedoch wohl unbillig und ermessensfehlerhaft gewesen, da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass der betriebsindividuelle Schwerbehindertenquotient aufgrund der im Gebiet der Klägerin gelegenen Stiftung F1. -F2. deutlich höher ist als der Landessatz. Es ist daher vom Rücknahmeermessen der Bezirksregierung aus § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW gedeckt, zugunsten der Klägerin einen anderen über dem Landessatz liegenden Schwerbehindertenquotienten für die Berechnung der Erstattungsleistungen zugrunde zu legen, sofern dieser nicht willkürlich bestimmt wird, sondern es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieser jedenfalls richtiger ist als der Landessatz. Dies ist mit dem von ihr geprüften und akzeptierten für das Jahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % jedenfalls der Fall.
67Die Bezirksregierung E1. hat auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW eingehalten. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ist gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen.
68Die Frist beginnt erst zu laufen mit positiver und vollständiger Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Entscheidung der Behörde über die Rücknahme relevant sind oder sein können, einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung relevanten Tatsachen. Dabei genügt die bloße Tatsachenkenntnis allein nicht, sondern es ist zusätzlich erforderlich, dass die Behörde auch die fehlerhafte Rechtsanwendung auf ihr bekannt gewordene oder von Anfang an bekannte Tatsachen erkennt, d.h. sich der Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts und der Notwendigkeit, wegen dieser Rechtswidrigkeit über eine eventuelle Rücknahme zu entscheiden, bewusst wird oder ist.
69BVerwG, Beschlüsse vom 19.12.1984 – GrSen 1.84 und GrSen 2.84 –, BVerwGE 70, 356 = NJW 1985, 819 = juris; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 153 f., m.w.N.
70Die Frist ist eine reine Entscheidungsfrist, die erst ab Entscheidungsreife des Falles zu laufen beginnt. Es genügt deshalb nicht, dass die Behörde nur Kenntnis von einzelnen oder auch zahlreichen Tatsachen, Gesichtspunkten usw. hat oder erlangt, die geeignet sind, eine sorgfältige und gewissenhaft arbeitende Behörde zu veranlassen, die Frage der Rücknahme zu prüfen. Die Frist beginnt erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, ab dem bei objektiver Betrachtung keine Notwendigkeit für eine weitere Aufklärung hinsichtlich der Rücknahme mehr besteht oder sich die Rücknahme geradezu aufdrängt.
71Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.9.2001 – 7 C 6.01 –, NVwZ 2002, 485 = juris; OVG NRW, Urteil vom 15.7.1987 – 12 A 954/86 –, NVwZ 1988, 71; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 156.
72Gemessen daran hat die Bezirksregierung E1. hier die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW gewahrt, denn diese begann frühestens am 24.4.2014 zu laufen und war mit Eingang des Bescheids vom 28.5.2014 bei den Bevollmächtigten der Klägerin am 12.6.2014 noch nicht abgelaufen. Das seit Ende 2011 durchgeführte Überprüfungsverfahren bezog sich zunächst nur auf die Fahrgelderstattung in den Kalenderjahren 2006 bis 2009. Erst nachdem hinsichtlich der Zählprotokolle für die Jahre 2006 und 2008 aus Sicht der Bezirksregierung Auffälligkeiten zu Tage getreten waren, geriet nach internem Vermerk vom 26.9.2012 erstmals auch die Verkehrszählung in 2010 und die darauf basierende Fahrgelderstattung in den Kalenderjahren 2010 und 2011 in den Blick. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bezirksregierung jedoch noch keine gesicherte Kenntnis darüber, dass auch die Zählprotokolle des Jahres 2010 – aus ihrer Sicht – derart erhebliche Fehler aufwiesen, dass auch die Verkehrszählung des Jahres 2010 insgesamt nicht zur Nachweisführung i.S.v. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX brauchbar war. Die Bezirksregierung forderte erstmals mit Schreiben vom 6.6.2013 die Zählprotokolle des Jahres 2010 zur Einsichtnahme an und wertete diese anschließend aus. Sie konnte daher überhaupt erst nach dem 6.6.2013 positive und sichere Kenntnis von den Tatsachen haben, die die Rücknahme des auf den Zählprotokollen des Jahres 2010 beruhenden Bescheides vom 5.7.2012 rechtfertigen konnten. Zur korrekten Durchführung des Rücknahmeverfahrens war es ferner gem. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erforderlich, die Klägerin anzuhören. Die Anhörung erfolgte mit Schreiben vom 20.2.2014. Die schriftliche Stellungnahme der Klägerin vom 22.4.2014 ging bei der Bezirksregierung E1. am 24.4.2014 ein. Erst nach Eingang dieser Stellungnahme lag die notwendige Entscheidungsreife vor.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.9.2001 – 7 C 6.01 –, a.a.O. = juris; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 154.
74Auch das Erstattungsverlangen der Bezirksregierung E1. ist rechtmäßig. Es findet seine Grundlage in § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Die Bezirksregierung hat den Bescheid vom 5.7.2012 nur teilweise zurückgenommen und die Erstattungsleistungen auf Grundlage eines Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % neu ermittelt und festgesetzt.
75Es ergibt sich nach alldem folgende Berechnung des Erstattungsanspruchs:
769,67 % - 1,25 % (ein Drittel des Landessatzes von 3,74 % als Selbstbehalt gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX; gerundet auf zwei Nachkommastellen in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 4 S. 4 SGB IX) = 8,42 %
771.965.373,45 EUR (Fahrgeldeinnahmen 2010) / 100 x 8,42 = 165.484,44 EUR
78Abzgl. erhaltener Zahlungen für das Kalenderjahr 2010 von insgesamt 287.010,04 EUR errechnet sich ein Rückzahlungsanspruch von 121.525,60 EUR.
79Die Bezirksregierung E1. errechnete dagegen nur einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 121.525,59 EUR, was sich nicht zum Nachteil der Klägerin auswirkt.
80Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
81Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100,00 € abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen und führt auf der Basis entsprechender Liniengenehmigungen öffentlichen Personennahverkehr im Gebiet der Stadt M. durch.
3Mit Schreiben vom 14.12.2007 stellte die Klägerin bei der Bezirksregierung E1. einen Antrag auf Erstattung von Fahrgeldausfällen gem. §§ 148 Abs. 1, Abs. 5, 150 Abs. 1 S. 1 SGB IX für das Kalenderjahr 2006. Zur Berechnung des Erstattungsanspruchs fügte die Klägerin dem Antrag einen Nachweis über die im Kalenderjahr 2006 erzielten Fahrgeldeinnahmen i.H.v. 1.569.122,27 EUR sowie ein Testat der Ingenieurgruppe IVV GmbH & Co. KG (im Folgenden: IVV) vom 27.3.2007 über den durch Verkehrszählung ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten für das Erstattungsjahr 2006 bei. Für das Erstattungsjahr 2006 hatte die IVV auf Grundlage einer als Linienerhebung durchgeführten Stichprobenerhebung einen betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten von 13,31 % ermittelt und testiert. Der Landessatz gemäß § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX betrug für das Jahr 2006 3,62 %. Die Klägerin ermittelte aus den nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen und der durch die IVV testierten Quote einen Erstattungsanspruch i.H.v. 208.850,17 EUR und beantragte nach Abzug von für das Kalenderjahr 2006 erhaltenen Vorauszahlungen, die sie in ihrem Antrag mit 160.373,76 EUR angab, die Auszahlung eines Restbetrages von noch 48.476,41 EUR.
4Mit Bescheid vom 30.6.2008 setzte die Bezirksregierung E1. den Erstattungsbetrag unter Berücksichtigung der Drittelregelung in § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX abweichend auf 189.863,79 EUR fest und ermittelte nach Abzug der Vorauszahlungen noch einen Auszahlungsbetrag zugunsten der Klägerin von 29.490,03 EUR, der auch zur Auszahlung kam. Der Bescheid enthielt eine Regelung, wonach sich die Bewilligungsbehörde die Prüfung des festgesetzten Erstattungsbetrags durch Einsicht in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen im Unternehmen vorbehielt. Ferner enthielt der Bescheid die Verpflichtung, die vollständigen Unterlagen über die Verkehrszählung bis zum Ablauf von 5 Jahren nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides aufzubewahren.
5Hinsichtlich der entsprechenden Erstattungsansprüche für die Kalenderjahre 2006 bis 2009 führte die Bezirksregierung E1. bereits seit Ende 2011 / Anfang 2012 ein Überprüfungsverfahren durch. Hintergrund dieser Überprüfung war, dass das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MAIS) die Bezirksregierung E1. mit Schreiben vom 31.10.2011 über Auffälligkeiten in den der Verkehrserhebung zu Grunde liegenden Zählprotokollen informiert hatte. Mit Schreiben vom 7.12.2011 setzte die Bezirksregierung E1. die Klägerin hierüber in Kenntnis und äußerte den Verdacht einer vorsätzlichen Manipulation der Zählprotokolle mit dem Ziel, einen höheren Schwerbehindertenquotienten zu erreichen. Mit Schreiben vom 31.1.2012 nahm die Klägerin ausführlich hierzu Stellung. Die Klägerin wies die Manipulationsvorwürfe zurück und erklärte die Absicht, die anstehende Zählung für das Kalenderjahr 2012 nicht mehr von eigenem Personal, sondern extern durchführen zu lassen. Mit Schreiben vom 15.2.2012 berichtete die Bezirksregierung E1. an das MAIS, dass zunächst abgewartet werden solle, ob die Klägerin die Erhebungen für 2012 tatsächlich durch ein externes Institut durchführen lasse. Die dadurch gewonnenen Ergebnisse könnten die Korrektheit der Zählergebnisse der Vorjahre bekräftigen. So könne der Vorwurf einer Manipulation entkräftet werden. Mit Schreiben vom 20.3.2012 teilte die Klägerin mit, dass die Erhebungen für das Kalenderjahr 2012 durch die „WVI Prof. Dr. X. Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH“ in C1. (im Folgenden: WVI) durchgeführt würden. Im Rahmen eines Gesprächs am 3.7.2012 teilte die Bezirksregierung E1. der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, Erstattungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009 zurückzufordern. Die Beteiligten vereinbarten, dass die Klägerin intern den Sachverhalt weiter aufklären solle, um die Manipulationsvorwürfe zu entkräften. Mit Schreiben vom 14.9.2012 nahm die Klägerin noch einmal zu den Vorwürfen Stellung und übermittelte der Bezirksregierung E1. die Ergebnisse der nachträglichen Befragung des eigenen Zählpersonals. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs zwischen den Beteiligten am 24.10.2012 informierte die Bezirksregierung E1. die Klägerin darüber, dass der Manipulationsverdacht fallen gelassen, jedoch die Richtigkeit der durch das Personal der Klägerin durchgeführten Verkehrszählung wegen formaler Fehler weiterhin in Zweifel gezogen werde und deshalb beabsichtigt sei, einen neuen, annähernd verlässlichen Schwerbehindertenquotienten festzulegen. Als Richtwert für die vergangenen Jahre könne man die laufende Schwerbehindertenzählung, die durch die WVI durchgeführt werde, heranziehen. Da gegenwärtig nur Zählergebnisse für die Frühjahrs- und Sommerperiode 2012 vorlägen und diese stark variierten, sollten die noch ausstehenden Ergebnisse für Herbst 2012 und Winter 2013 abgewartet werden, um ein verlässliches und einheitliches Bild zu bekommen. Gegebenenfalls seien Erstattungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009, möglicherweise bis 2011, zurückzufordern.
6Am 7.5.2013 ging bei der Bezirksregierung E1. ein von der Klägerin übersandtes Testat der WVI vom 30.4.2013 über den für das Kalenderjahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten ein. Mit E-Mail vom 30.10.2013 holte die Bezirksregierung E1. eine Auskunft über die Belegungszahlen der Stiftung F1. -F2. , einer im Gebiet der Stadt M. gelegenen Behinderteneinrichtung, ein und erfuhr, dass die Belegungszahlen in den Jahren 2006 bis 2012 dort annähernd gleich geblieben waren. Am 31.10.2013 berichtete die Bezirksregierung E1. dem MAIS noch einmal von den jüngsten Entwicklungen, insbesondere von den Zählergebnissen für das Jahr 2012. Das Ministerium verwies darauf, dass Mindeststandards bei den Zählungen nicht eingehalten worden seien. Man wolle in Bezug auf die in Rede stehenden Rückforderungen in Kürze durch Erlass entscheiden. Am 12.12.2013 teilte das MAIS der Bezirksregierung E1. mit, dass die Entscheidung über das weitere Vorgehen allein der Bezirksregierung obliege. Gemäß internem Vermerk vom 20.1.2014 entschied sich die Bezirksregierung E1. hinsichtlich der bereits für die Jahre 2006 bis 2010 bestandskräftig festgesetzten Fahrgelderstattungen dazu, den betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten der Klägerin für die Jahre 2006 bis 2010 gemäß dem Testat der WVI vom 30.4.2013 auf 9,67 % festzusetzen und auf dieser Grundlage die Fahrgelderstattungen neu zu berechnen.
7Mit Bescheid vom 26.2.2014, abgesandt am 4.3.2014, nahm die Bezirksregierung E1. den Bescheid vom 30.6.2008 gem. § 48 VwVfG NRW zurück, setzte den Erstattungsbetrag für 2006 auf 132.800,05 EUR neu fest und forderte einen überzahlten Betrag von 57.063,74 EUR gem. § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW von der Klägerin zurück. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E1. aus, dass der durch die IVV ermittelte Schwerbehindertenquotient von 13,31 % nicht anerkannt werden könne. Sie habe die Zählprotokolle der Schwerbehindertenzählung aus dem Jahr 2006 eingesehen. Dabei sei festgestellt worden, dass die Zählprotokolle Unregelmäßigkeiten aufwiesen, nämlich nachträgliche Erhöhungen der Werte für die Schwerbehinderten und sonstigen Fahrgäste, Erfassung in nur einer Fahrtrichtung, obwohl beide Fahrtrichtungen hätten erfasst werden müssen, Erhebung in falscher Wochenzeitschicht bzw. nicht innerhalb der zutreffenden Zählperiode, fehlende oder falsche Angaben bei den Stammdaten in den Zählprotokollen, die Verwendung von Tipp-Ex, die Verwendung verschiedenfarbiger Schreibmittel, gleichzeitiges Zählen an zwei verschiedenen Orten durch denselben Zähler und keine konsequente Zufallsauswahl der zu erhebenden Linien. Die Zählprotokolle enthielten in so erheblichem Umfang Unregelmäßigkeiten und formale Fehler, dass sie als belastbare Nachweise für den testierten Schwerbehindertenquotienten und damit als Bemessungsgrundlage für die Ausgleichsansprüche nicht anerkannt werden könnten.
8Der Bescheid vom 30.6.2008 sei daher rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 VwVfG NRW lägen vor. Zwar habe die Klägerin die gewährten Leistungen verbraucht. Auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides könne sich die Klägerin jedoch gem. § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW nicht berufen, da sie den ursprünglichen Bescheid durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 VwVfG NRW lägen vor, denn die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit des Bescheids infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.
9Die Rücknahme des Bescheids stehe im behördlichen Ermessen. Zweck der Ermessensnorm sei die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes und die Schaffung der Voraussetzungen für eine Rückforderung überzahlter öffentlicher Mittel. Sie – die Bezirksregierung E1. – bezwecke dies mit dem Rücknahmebescheid. Die Rücknahme sei auch verhältnismäßig, denn sie sei zur Erreichung des Zwecks geeignet, weil der gewünschte Erfolg – die Unwirksamkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheids und der Wegfall des Rechtsgrundes für das Behaltendürfen der erbrachten Leistungen – damit erreicht werde. Die Rücknahme sei auch erforderlich, denn es sei kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Zweckverfolgung ersichtlich. Schließlich sei die Rücknahme auch angemessen. Die Interessen der Beteiligten seien gegeneinander abzuwägen. Das öffentliche Interesse bestehe in einer sachgerechten Verwendung öffentlicher Gelder. Angesichts knapper Kassen des Landes NRW fordere die Allgemeinheit eine korrekte und gerechte Verteilung von Leistungen. Es bestehe bei einem Rechtsverstoß nicht nur ein rechtliches Interesse an dessen Beseitigung, sondern auch ein fiskalisches Interesse an der Rückführung zu Unrecht erbrachter Leistungen in den öffentlichen Haushalt. Außerdem liege es im öffentlichen Interesse, einer negativen Vorbildwirkung zu begegnen, die sich daraus ergeben könnte, dass auch andere Leistungsempfänger versuchen könnten, eine Leistungsbewilligung durch unrichtige oder unvollständige Angaben zu erwirken, wenn dies ohne rechtliche Konsequenzen bliebe. Das Interesse der Klägerin bestehe im Bestand des ursprünglichen Leistungsbescheids und damit im Behaltendürfen der erhaltenen Gelder. Vorliegend überwiege das öffentliche Rücknahmeinteresse jedoch das private Interesse am Behaltendürfen. Es liege kein erkennbares Missverhältnis zwischen dem gewählten Mittel und dem erstrebten Erfolg vor. Nur eine vollständige Rücknahme des Ursprungsbescheides sei sachgerecht und entspreche dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit. Im Übrigen liege hier ein Fall des § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW vor, weshalb gemäß § 48 Abs. 2 S. 4 VwVfG NRW eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit angezeigt sei. Hinweise auf einen atypischen Fall bestünden nicht. Sie übe daher ihr Ermessen dahingehend aus, den Bescheid vom 30.6.2008 zurückzunehmen.
10Hinsichtlich der Neufestsetzung des Erstattungsbetrages für das Kalenderjahr 2006 lege sie den durch die WVI für das Jahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % zu Grunde. Dies sei der einzige in Frage kommende valide Wert. Im Gegensatz zu früheren Erhebungen habe bei dieser Erhebung das unabhängige Institut auch die Zählungen in eigener Verantwortung durchgeführt. Die so erzielten Ergebnisse seien glaubwürdig. Der hohe Schwerbehindertenquotient auf den Linien der Klägerin stehe maßgeblich in Zusammenhang mit der Stiftung F1. -F2. , einer Einrichtung für behinderte Menschen. Die Zahl der in der Stiftung wohnenden Personen habe sich von 2006 bis 2012 nur geringfügig verändert. Es gebe keine sonstigen Anhaltspunkte dafür, dass der Schwerbehindertenquotient im Jahr 2006 deutlich höher gewesen sei als im Jahr 2012. Ein Wert von 13,31 % sei daher für das Jahr 2006 nicht möglich, wenn der korrekte Wert für das Jahr 2012 nur 9,67 % betrage. Für das Jahr 2012 sei ein korrekter Wert durch korrekte Zählung ermittelt worden, weshalb es sachgerecht sei, den Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % auch für das Jahr 2006 zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX ein Erstattungsbetrag von 132.800,05 EUR. Nach Abzug von für das Kalenderjahr 2006 erhaltenen Zahlungen i.H.v. 189.863,79 EUR ergebe sich ein Gesamtrückforderungsbetrag von 57.063,74 EUR.
11Am 28.3.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass eine Rücknahme des Bescheides vom 30.6.2008 bereits wegen Verjährung ausscheide. Es sei eine frühe Entscheidungsreife anzunehmen, da die Bezirksregierung E1. schon Ende 2011 von den Auffälligkeiten in den Zählprotokollen Kenntnis gehabt habe. Sie – die Klägerin – habe hierzu mit Schreiben vom 31.1.2012 ausführlich Stellung genommen. Hiernach habe bereits Entscheidungsreife vorgelegen. Auch nach erfolgter eigener Prüfung und den Schreiben an das MAIS vom 23.3.2012 und 29.6.2012 habe die Bezirksregierung E1. vollständige Kenntnis aller entscheidungserheblichen Tatsachen gehabt. Dass eine Rückforderung von gezahlten Leistungen in Höhe von insgesamt rd. 130.000 EUR beabsichtigt sei, habe man ihr bereits während des Gesprächs am 3.7.2012 mitgeteilt. Hierzu habe sie noch einmal mit Schreiben vom 14.9.2012 Stellung genommen. Danach sei kein neuer Vortrag mehr erfolgt, so dass die Rücknahme mit Bescheid vom 26.2.2014 jedenfalls verfristet sei. Die Bezirksregierung E1. könne den Beginn der Verjährungsfrist nicht beliebig durch weitere Ermittlungen hinausschieben. Auch könne die Rücknahme nicht auf § 48 VwVfG NRW gestützt werden, da der Bescheid vom 30.6.2008 rechtmäßig sei. Die von der Bezirksregierung E1. angeführten Beanstandungen stellten keinen Verstoß dar, der zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führen könne. Die Beanstandungen seien überwiegend nicht nachvollziehbar. Auch wenn einzelne Erhebungsbögen kritikwürdig seien, könne deswegen nicht die gesamte Erhebung und Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten in Frage gestellt werden. Der Bescheid hätte nur gemäß § 49 Abs. 3 VwVfG NRW widerrufen werden können, dessen Voraussetzungen indes nicht vorlägen. Selbst wenn der Bescheid als rechtswidrig anzusehen sei, könne er nicht zurückgenommen werden, weil sie – die Klägerin – schutzwürdiges Vertrauen genieße. Die Ausschlussgründe des § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW lägen nicht vor. Sie habe den Bescheid insbesondere nicht durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt. Die Bezirksregierung E1. habe die in Ansatz gebrachten Werte stets akzeptiert, ohne neue Erhebungen oder Erläuterungen zu verlangen. Beanstandungen seien erst nach Prüfung durch das MAIS erfolgt. Sie – die Klägerin – habe auch keine Kenntnis oder grob fahrlässig Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Bescheides gehabt. Ferner müsse die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten ihrer Schutzwürdigkeit ausgehen. Soweit die Bezirksregierung E1. auf eine negative Vorbildfunktion abstelle, übersehe sie, dass der Vorwurf der vorsätzlichen Manipulation der Zählergebnisse bereits im Verwaltungsverfahren fallen gelassen worden sei. Sie – die Klägerin – hege als kommunales Unternehmen keine Bereicherungsabsichten. Auch verstoße es gegen die Grundsätze des § 242 BGB und sei treuwidrig, den Bescheid zurückzunehmen, wenn es eine Mitverantwortung der Behörde für die Rechtswidrigkeit des Bescheids gebe. Es sei unzulässig, den durch die IVV ermittelten Schwerbehindertenquotienten für das Jahr 2006 durch den Wert aus dem Testat der WVI für das Jahr 2012 zu ersetzen. Dieser Wert beziehe sich nur auf das Jahr 2012 und erlaube keine Rückschlüsse für das Jahr 2006. Die Bezirksregierung E1. sei nicht berechtigt gewesen, einen von ihr – der Klägerin – nicht autorisierten Wert eigenmächtig für das Jahr 2006 zu übernehmen und diesen ohne ihre Veranlassung und gegen ihren Willen zur Ermittlung des Erstattungsbetrages zu Grunde zu legen. Die Verkehrszählungen der Jahre 2006 und 2012 seien auf der Grundlage unterschiedlicher Erhebungsrichtlinien durchgeführt worden. Die für das Jahr 2006 noch geltenden „Richtlinien zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr“ (Runderlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15.12.1987 – II B 1 – 4421.4, im Folgenden: Richtlinie 1987) regelten die Anforderungen an die Antragstellung sowie die Ermittlung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten abschließend und träfen weder Aussagen zu einem Verbot von Tipp-Ex noch zu der Verwendung mehrerer Stifte.
12Die Klägerin beantragt,
13den Bescheid vom 26.2.2014 bezüglich der Erstattung von Fahrgeldausfällen für das Jahr 2006 aufzuheben.
14Die Bezirksregierung E1. als Vertreterin des beklagten Landes beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie vertritt ergänzend zu den Ausführungen in ihrem Bescheid vom 26.2.2014 die Auffassung, dass sie die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW eingehalten habe. Es sei zwischen formalen Fehlern in den Zählprotokollen und der inhaltlichen Unrichtigkeit des durch sie belegten Schwerbehindertenquotienten zu differenzieren. Formale Fehler in den Zählprotokollen führten nicht zwingend dazu, dass die inhaltlichen Angaben unrichtig seien. Bei der Ermessensausübung in einer korrekten Rücknahmeentscheidung müsse der „materiell richtige“ Schwerbehindertenquotient berücksichtigt und dafür ermittelt werden. Einziger Anhaltspunkt hierfür seien die Berechnungen für das Kalenderjahr 2012 durch die WVI gewesen, da diese nicht nur die Berechnungen, sondern auch die Zählungen verantwortet habe. Der Wert für 2012 lasse auch Rückschlüsse auf die Jahre 2006 bis 2010 zu. Die Beteiligten hätten sich in dem Gespräch am 24.10.2012 darauf verständigt, dass das Ergebnis der Verkehrszählung für 2012 in die behördliche Entscheidung mit einfließen soll. Das Gesamtergebnis für 2012 habe hierfür abgewartet werden müssen. Durch das Ergebnis der Zählung in 2012 sei eindeutig bewiesen, dass der durch die IVV ermittelte Schwerbehindertenquotient in den Jahren 2006 bis 2011 inhaltlich unrichtig gewesen sei. Die Jahresfrist habe daher nicht vor Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten für das Jahr 2012 durch die WVI am 30.4.2013 zu laufen begonnen. Die Ergebnisse der Verkehrserhebung in 2012 seien eine ganz wesentliche Tatsachengrundlage für die Entscheidung gewesen, in welchem Umfang der ursprüngliche Bewilligungsbescheid aufzuheben bzw. aufrecht zu erhalten gewesen sei. Für die Frage des Vertrauensschutzes spiele es keine Rolle, dass sie die bislang beantragten Quotienten stets bewilligt habe. Es habe zum Bewilligungszeitpunkt keine Anhaltspunkte gegeben, das Ergebnis in Frage zu stellen. Eine Mitverantwortung der Behörde für die unrichtigen Angaben sei nicht gegeben. Die Ermittlung des korrekten Schwerbehindertenquotienten habe im alleinigen Verantwortungsbereich der Klägerin gelegen. Die Übertragung des Werts für 2012 auf die Kalenderjahre 2006 bis 2011 wirke sich im Übrigen nur zu ihren Gunsten aus. Ansonsten hätte der Landessatz festgesetzt werden müssen.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung E1. Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
19Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere als einheitliche Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) statthaft, da durch die begehrte Beseitigung der Neufestsetzung der Erstattungsleistungen in dem angegriffenen Bescheid vom 26.2.2014 die Regelung des Bescheids vom 30.6.2008 im Übrigen wieder auflebt. Denn der Bescheid vom 26.2.2014 enthält entgegen seinem insoweit missverständlichen Tenor zu 1. und 2. keine vollständige Rücknahme des Bescheids vom 30.6.2008 und vollständige Neufestsetzung der Erstattungsleistungen, sondern nur insoweit eine Teil-rücknahme, als mit dem Ursprungsbescheid Erstattungsleistungen von mehr als 132.800,05 EUR festgesetzt wurden.
20Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, da der angegriffene Bescheid vom 26.2.2014 rechtmäßig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
21Die Bezirksregierung stützt den angegriffenen Bescheid in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf § 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW, soweit durch ihn der Bescheid vom 30.6.2008 zurückgenommen und auf § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW, soweit eine Erstattung bereits erbrachter Leistungen festgesetzt wird. Nach diesen Vorschriften kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, sind gemäß § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
22Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die Klägerin mit Schreiben vom 7.12.2011 und im Rahmen der Besprechung am 24.10.2012 vor Erlass des Rücknahmebescheides angehört worden.
23Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW liegen vor. Der Bescheid vom 30.6.2008 ist, soweit er zurückgenommen wurde, rechtswidrig.
24Der Bescheid vom 30.6.2008 findet seine Rechtsgrundlage in §§ 145 Abs. 3, 148 Abs. 1 bis 3 und 5, 150 Abs. 1, 4 und 5 SGB IX.
25Nach § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, unentgeltlich befördert. Die durch die unentgeltliche Beförderung entstehenden Fahrgeldausfälle werden gemäß § 145 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach Maßgabe der §§ 148 bis 150 SGB IX erstattet. Nach § 148 Abs. 1 SGB IX werden Fahrgeldausfälle im Nahverkehr nach einem Prozentsatz der von den Unternehmern nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen im Nahverkehr erstattet. Der Prozentsatz im Sinne des Abs. 1 wird nach § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX für jedes Land von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde für jeweils ein Jahr bekannt gemacht. Weist ein Unternehmen durch Verkehrszählung nach, dass das Verhältnis zwischen den nach §§ 145 ff. SGB IX unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den nach Abs. 4 festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel übersteigt, wird gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX neben dem sich aus der Berechnung nach Absatz 4 ergebenden Erstattungsbetrag auf Antrag der nachgewiesene, über dem Drittel liegende Anteil erstattet.
26Der Bescheid ist materiell rechtswidrig, denn die Klägerin hat als das den Personennahverkehr durchführende Unternehmen nicht gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX durch Verkehrszählung nachgewiesen, dass das Verhältnis zwischen den nach §§ 145 ff. SGB IX unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen im Kalenderjahr 2006 tatsächlich 13,31 % betrug und damit den Landesquotienten gem. § 148 Abs. 4 S. 1 SGB IX von 3,62 % um mindestens ein Drittel überstieg.
27Die Bezirksregierung E1. zieht dabei nicht grundsätzlich in Zweifel, dass bei der Klägerin ein den Landessatz um mehr als ein Drittel übersteigender betriebsindividueller Schwerbehindertenquotient vorliegt. Sie zweifelt lediglich den durch die Verkehrszählung im Jahr 2006 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 13,31 % der Höhe nach an. Sie beanstandet im Einzelnen bestimmte Fehler in den der Verkehrszählung des Jahres 2006 zugrunde liegenden Zählprotokollen, die nach ihrer Ansicht in der Gesamtschau so schwerwiegend sind, dass die Verkehrszählung des Jahres 2006 für die Ermittlung des Schwerbehindertenquotienten nicht geeignet ist.
28Die Kammer folgt nach eigener Prüfung der Bezirksregierung in ihrer Einschätzung. § 148 Abs. 5 SGB IX enthält selbst keine näheren Regelungen darüber, wie ein Nachweis durch Verkehrszählung durchzuführen ist. Verkehrszählungen waren im Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2006 auf der Grundlage des Runderlasses des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15.12.1987 – II B 1 – 4421.4 („Richtlinien zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr“, im Folgenden: Richtlinie 1987) durchzuführen. Diese Richtlinien enthalten detaillierte Durchführungsbestimmungen zur Vornahme einer Verkehrszählung. Dabei ist die vorliegend als Stichprobenerhebung durchgeführte Linienerhebung gemäß Ziff. 4 und Ziff. 6 der Richtlinie 1987 zulässig. Die Richtlinie 1987 enthält in Ziffer 7 Regelungen darüber, welche Angaben in dem vom Zählpersonal auszufüllenden Zählprotokoll enthalten sein müssen. Dazu, welche Auswirkungen Verstöße gegen diese Regelungen haben oder wie gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen sind, verhält sich die Richtlinie 1987 dagegen nicht.
29Mangels gesetzlicher oder untergesetzlicher Vorgaben kann daher nur anhand allgemeiner Grundsätze beurteilt werden, ob im Einzelfall eine durchgeführte Verkehrszählung taugliche Grundlage für ein Erstattungsbegehren nach §§ 145 ff SGB IX sein kann. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei der Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, gem. § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX unentgeltlich zu befördern, um die Indienstnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe handelt.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, NVwZ 2014, 1005, Rn. 17; und Urteil vom 17.10.1984 – 1 BvL 18/82, NVwZ 1985, 963, Rn. 37.
31Die Verkehrsunternehmen übernehmen kraft gesetzlicher Verpflichtung eine eigentlich dem Staat obliegende Aufgabe der sozialen Fürsorge. Bei der gesetzlich vorgesehenen Erstattung hierdurch entstehender Fahrgeldausfälle gem. § 145 Abs. 3 S. 1 SGB IX i.V.m. §§ 148 ff. SGB IX handelt es sich in der Folge um eine finanzielle Entschädigung des Privaten für seine Indienstnahme im öffentlichen Pflichtenkreis. Der Entschädigungscharakter der Erstattungsleistung bedingt auf der einen Seite, dass aus Sicht des Verkehrsunternehmens keine zu strengen Anforderungen an den Erhalt dieser Leistung gestellt werden dürfen, weil ansonsten die über Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit tangiert wäre. Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber das System der Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr in § 148 SGB IX bewusst – zur Vereinfachung der Handhabung für die Verwaltung aber auch für die betroffenen Verkehrsunternehmen – als pauschales Erstattungssystem ausgestaltet, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
32Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, a.a.O.; und Urteil vom 17.10.1984 – 1 BvL 18/82, a.a.O.
33Die in § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX für das Verkehrsunternehmen vorgesehene Möglichkeit, durch Verkehrszählung einen den Landessatz um mindestens ein Drittel übersteigenden betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nachzuweisen, stellt insoweit eine verfassungsrechtlich gebotene Härtefallregelung zu der an sich in § 148 Abs. 1 SGB IX vorgesehenen pauschalen Erstattung dar, deren konkrete gesetzliche Ausgestaltung ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
34Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.3.2014 – 1 BvR 1417/10 –, a.a.O.
35Wenn ein Verkehrsunternehmen statt der pauschalen Erstattung nach Landessatz in § 148 Abs. 1 bis Abs. 4 SGB IX einen betriebsindividuellen, höheren Prozentsatz an unentgeltlich beförderten Fahrgästen im Erstattungsverfahren gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX geltend macht, müssen an den Nachweis dieses betriebsindividuellen Prozentsatzes insoweit strengere Anforderungen gestellt werden, als der durch Verkehrszählung zu erbringende Nachweis schlüssig, nachvollziehbar und einer nachträglichen behördlichen Überprüfung zugänglich sein muss. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX, der einen „Nachweis“ fordert und nur der „nachgewiesene“, über dem Drittel des Landessatzes liegende Anteil der unentgeltlich beförderten Fahrgäste zusätzlich bei der Berechnung der Erstattungsleistung berücksichtigt wird.
36Dieser Nachweis ist als rein tatsächliches Tatbestandsmerkmal des Erstattungsanspruchs uneingeschränkt durch das Verwaltungsgericht überprüfbar.
37Die Richtlinie 1987 sieht in Ziffer 1.2 vor, dass die in § 62 Abs. 5 SchwbG (der Vorgängervorschrift zu § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX) geforderte Verkehrszählung als Nachweis anzuerkennen ist, wenn sie in Form einer eingeschränkten Vollerhebung oder als Stichprobenerhebung nach diesen Richtlinien durchgeführt worden ist, wobei die Stichprobenerhebung nach Ziffer 4 der Richtlinie 1987 als Linienerhebung oder als Querschnittserhebung durchgeführt werden kann. Bei einer eingeschränkten Vollerhebung werden nach Ziffer 5 der Richtlinie 1987 während jeder Linien- und Einsatzfahrt jedes Wochentags einmal innerhalb der Erhebungsperiode alle nach dem SchwbG unentgeltlich beförderten sowie alle sonstigen Fahrgäste erfasst. Im Falle einer Stichprobenerhebung wird nach Ziffer 6 der Richtlinie 1987 die Gesamtzahl der innerhalb einer Wageneinheit nach dem SchwbG unentgeltlich beförderten und der sonstigen Fahrgäste auf einzelnen Linienfahrten erfasst, die nach einem im Einzelnen vorgegebenen Auswahlverfahren bestimmt werden. Bei der als Linienerhebung durchgeführten Stichprobenerhebung werden nach Ziffer 6.2 der Richtlinie 1987 in der Wageneinheit jeder ausgewählten Linienfahrt alle Einsteiger auf der gesamten Fahrt befragt.
38Die eingeschränkte Vollerhebung bietet naturgemäß aufgrund ihrer breiteren und umfangreicheren Datenbasis eine höhere Gewähr für die Richtigkeit des Ergebnisses, ist für die Verkehrsunternehmen aber mit einem höheren Erhebungsaufwand verbunden. Die in der Durchführung im Vergleich „einfachere“ Stichprobenerhebung ist dagegen aufgrund ihrer geringeren Erhebungsdichte ungenauer, was dadurch ausgeglichen wird, dass bei der Berechnung des Prozentsatzes der unentgeltlich beförderten Fahrgäste bei Stichprobenerhebungen in Ziffer 9 ff. der Richtlinie 1987 im Unterschied zur Berechnung bei eingeschränkter Vollerhebung in Ziffer 8 ff. wesentlich umfangreichere Varianzberechnungen vorzunehmen sind und als Bemessungswert für die Erstattung der Fahrgeldausfälle nicht der Schwerbehindertenquotient, sondern nach Ziffer 9.23 die untere 95-Prozentgrenze des Schwerbehindertenquotienten errechnet wird.
39Entscheidet sich das Verkehrsunternehmen – wie vorliegend – zu der im Vergleich „einfacheren“ Stichprobenerhebung, dürfen auch insofern strengere Anforderungen an die Korrektheit der Verkehrszählung und insbesondere an die Korrektheit der ihr zugrunde liegenden Verkehrserhebung gestellt werden, als sich eventuelle Fehler in einzelnen Zählprotokollen, die naturgemäß bei jeder Verkehrserhebung vorkommen, wesentlich stärker auf das Gesamtergebnis auswirken können, als dies bei einer Vollerhebung der Fall wäre. Hierbei entzieht sich die Bewertung der Validität einer Verkehrszählung jeder schematischen Betrachtung. Es ist in jedem Einzelfall auf die Art der Fehlerhaftigkeit, die konkreten Auswirkungen des einzelnen Fehlers auf die Frage, ob das betroffene Zählprotokoll noch als Nachweis für die durchgeführte Zählung anerkannt werden kann und auf die Anzahl der von dem Fehler betroffenen Zählprotolle abzustellen. Nur im Rahmen einer insoweit gebotenen Gesamtbetrachtung anhand aller Umstände des Einzelfalles kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob diese noch als „Nachweis“ i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX anerkannt werden kann oder aufgrund einer in erheblicher Weise ergebnisrelevanten Fehlerhäufung schon nicht mehr geeignet ist, die Erstattungsbehörde bzw. das Gericht von der Richtigkeit des durch sie ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten zu überzeugen. Liegt eine Fehlerhäufung vor, die sicher ergebnisrelevant ist, kann die Verkehrszählung nicht mehr Gewähr für die Richtigkeit der durch sie ermittelten Ergebnisse bieten und nicht die erforderliche Überzeugung der Behörde oder des Gerichts tragen.
40An diesen Grundsätzen gemessen geht die Kammer nach ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 S. 1 VwGO) davon aus, dass die vorliegend der Berechnung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten zugrunde liegende Verkehrszählung nicht als „Nachweis“ i.S.d. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX anerkannt werden kann.
41Hierbei wird die Überzeugungsbildung der Kammer bereits maßgeblich von folgenden von der Bezirksregierung E1. gerügten Fehlern in den Zählprotokollen getragen, so dass es auf die gerügten Fehler im Übrigen nicht mehr entscheidend ankommt:
42Die Bezirksregierung macht geltend, dass in 13 von 248 Zählprotokollen der Verkehrserhebung – die jeweilige Anzahl der betroffenen Protokolle wurde von der Klägerin nicht im Einzelnen angegriffen und konnte von der Kammer jeweils entweder durch eigenes Nachzählen in den Originalzählprotokollen in der Beiakte I oder anhand der tabellarischen Auswertungen auf Blatt 246 ff. der Beiakte II nachvollzogen werden – eine entweder nur unvollständige Datumsangabe vorhanden oder die Datumsangabe nachträglich verändert worden ist (Beispiel für fehlendes Datum: Protokoll Linie 9881 – Abfahrt 14:29 – Ankunft 14:58, Einsatzplan 188, Periode 2, Mo-Fr, Umlauf 881038; Beispiel für Veränderungen: Protokoll 9883 – Abfahrt 14:29 – Ankunft 14:58 am 29.4.2006). Gemäß Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll eine Datumsangabe enthalten.
43Die Klägerin behauptet hierzu, dass die Angaben auf den betroffenen Protokollen lediglich korrigiert worden seien. Es könne nicht davon gesprochen werden, dass die Datumsangaben „häufig geändert“ worden seien. Vereinzelte Fehler führten nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Gesamterhebung.
44Die Kammer hat sich durch Einsichtnahme in die Zählprotokolle ein Bild von den vorgenommenen Veränderungen verschafft. Diese sind nicht so erfolgt, dass das vorher eingetragene Datum durchgestrichen und durch ein neues ersetzt worden wäre. Stattdessen wurde das vorhandene Datum überschrieben, was am Beispiel des Protokolls der Protokoll 9883 – Abfahrt 14:29 – Ankunft 14:58 am 29.4.2006 zur Folge hat, dass nicht mehr sicher festgestellt werden kann, welches Datum gemeint sein soll, bzw. ursprünglich eingetragen war und korrigiert werden sollte. Um die erforderliche Nachprüfbarkeit der Zählergebnisse sicherzustellen, wäre es dagegen angezeigt gewesen, den vorherigen Eintrag lediglich durchzustreichen, damit dieser noch erkannt werden kann, und die Korrektur daneben, darüber oder darunter vorzunehmen. Dies ist hier nicht geschehen. So kann weder die Erstattungsbehörde noch das Gericht überprüfen, welche Fahrt tatsächlich erhoben wurde und ob die Korrektur durch das Zählpersonal oder nachträglich durch einen Dritten erfolgte.
45Die Bezirksregierung macht weiter geltend, dass eine Zählperson laut 2 von 248 Protokollen gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten zählte. Dies betrifft die Protokolle vom 04.07.2006 auf der Linie 9882 – Abfahrt 07:00 – Ankunft 07:29 und gleichzeitig ebenfalls ab demselben Einstiegsort der gleichen Linie die Fahrt Abfahrt 07:30 – Ankunft 07:59. Gem. Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll den Namen des Zählers enthalten.
46Die Klägerin meint hierzu, dass dies nur ein Versehen sein könne. Der Zähler habe sich schlicht beim Kalenderdatum eines der beiden Bögen vertan. Dieser Einzelfall erlaube ebenfalls keinen Rückschluss auf die Fehlerhaftigkeit der Gesamterhebung.
47In diesem Fall sind beide Zählprotokolle unbrauchbar, ganz gleich, ob es sich dabei um ein Versehen der Zählperson handelte oder nicht. In beiden Fällen kann nachträglich nicht mehr überprüft werden, welche Zählperson welche Fahrt tatsächlich erhoben hat.
48Die Bezirksregierung verweist ferner darauf, dass in wenigstens einem Fall (Protokoll Linie 9884 – Abfahrt 15:15 – Ankunft 15:29 am 8.3.2006) Zählername und Unterschrift auf dem Zählprotokoll nicht korrespondierten (Zählername „T. “, Unterschrift wohl „M1. “). Gem. Ziffer 7 der Richtlinie 1987 muss das Zählprotokoll die Unterschrift des Zählers enthalten.
49Die Klägerin trägt hierzu vor, dass ein Mitarbeiter, der nachträglich die Zählbögen überprüfte, bemerkt habe, dass der Zähler seine Namensangabe vergessen hatte. Diesen Namen habe der Mitarbeiter nachträglich hinzugefügt, hierbei die Unterschrift falsch gedeutet und entsprechend einen falschen Zählernamen eingetragen.
50Auch dieses Zählprotokoll ist zum Nachweis der dort enthaltenen Daten unbrauchbar, denn es kann nachträglich nicht mehr überprüft werden, welche Zählperson die betreffende Fahrt tatsächlich erhoben hat.
51Die Bezirksregierung, führt aus, dass in wenigstens einem Zählprotokoll eine Datumsangabe enthalten ist, die außerhalb der vorgeschriebenen Zählperiode liegt (Protokoll Linie 9884 – Abfahrt 09:45 – Ankunft 09:59 am 27.5.2006; die Frühjahrsperiode lag im Jahr 2006 in dem Zeitraum 24.4.2006 bis 19.5.2006). Ferner seien in der Zählperiode 1 (Winterperiode) bei der Linie 9882 keine Zählungen an einem Samstag durchgeführt worden.
52Gem. Ziffer 6.11 der Richtlinie 1987 ist bei der Stichprobenerhebung in jeder der vier Erhebungsperioden jede Linie an jedem Wochentagstyp zu bestimmten Tageszeitschichten zu erfassen. Gem. Ziffern 3 und 3.1 werden als Erhebungsperioden für die Verkehrszählung vorgegeben: die drei vollständigen Schulwochen beginnend jeweils mit dem Montag nach Aschermittwoch (Winterperiode), die drei vollständigen Schulwochen beginnend mit dem Montag nach Ostermontag (Frühjahrsperiode), die zweite, dritte und vierte vollständige Ferienwoche der Sommerferien (Sommerperiode) sowie die drei ersten vollständigen Schulwochen im November (Herbstperiode). Gem. Ziffer 3.2 sind Wochentagstypen: Montag bis Freitag, Samstag und Sonntag. Die Kombination der Wochentagstypen mit den Tageszeitschichten ergibt nach Ziffer 6.11 die später für die Berechnung relevanten Wochenzeitschichten.
53Die Klägerin trägt dazu vor, dass es sich bei dem Datum außerhalb der Zählperiode um ein Versehen im Einzelfall handele.
54Das Zählprotokoll vom 27.5.2006 ist ebenfalls unbrauchbar. Die genaue Vorgabe von Erhebungszeiträumen in der Richtlinie 1987 soll die Vergleichbarkeit der Zählergebnisse sicherstellen. Die später in Ziffer 9 ff. der Richtlinie 1987 vorgegebene Methode zur Berechnung des Prozentsatzes bei der Linienerhebung knüpft in Ziffer 9.217, 9.223, 9.224 und 9.225 der Richtlinie 1987 jeweils entweder mittelbar oder unmittelbar an die Zählergebnisse der jeweiligen Zählperiode an. Diese Berechnung wird abweichend beeinflusst, wenn Ergebnisse berücksichtigt werden, die außerhalb der Zählperioden erhoben wurden.
55Auch die Nichterhebung von Samstagsfahrten bei der Linie 9882 in der Winterperiode stellt einen ergebnisrelevanten Fehler der Verkehrserhebung dar. Es hätten entweder am 11.3.2006, 18.3.2006 oder am 25.3.2006 Erhebungen auf dieser Linie durchgeführt werden müssen, was nicht geschehen ist. Diese Erhebungsergebnisse wären nach Ziffer 9.211 ff. der Richtlinie 1987 im Rahmen der Wochenzeitschichten (Kombination aus Wochentagstypen und Tageszeitschichten) bei der Berechnung des Schwerbehindertenquotienten mit eingeflossen.
56Schließlich verweist die Bezirksregierung darauf, dass die Stichprobenpläne der 1. Zählperiode auch in der 2. Zählperiode verwendet wurden. Sie vertritt hierzu die Auffassung, dass nach Ziff. 10.3 der Richtlinie 1987 zwingend ein neuer Stichprobenplan zu erstellen und die zu erfassenden Linien zufällig auszuwählen seien. Ferner seien in die Stichprobenpläne keine Schulfahrten aufgenommen worden.
57Gem. Ziffer 10.3 der Richtlinie 1987 ist der Unternehmer verpflichtet, alle Nachweise vorzulegen, die den dem Fahrgelderstattungsantrag zugrunde gelegten Vomhundertsatz begründen. Bei durchgeführter Stichprobenerhebung gehören hierzu u.a. die vor jeder Erhebungsperiode neu zu erstellenden Stichprobenpläne (Auflistung aller Linienfahrten geordnet nach Linie, Richtung, Wochentag und Tagesstunde und der daraus ausgewählten zu kontrollierenden zu kontrollierenden Fahrten). Gem. Ziffer 6.22 sind die in die Erhebung einzubeziehenden Linienfahrten je Linie innerhalb einer Wochenzeitschicht zufällig auszuwählen.
58Die Klägerin vertritt hierzu die Ansicht, dass eine Zufallsauswahl durch die Richtlinie 1987 nicht verlangt werde und die durchgeführte Verkehrszählung trotz unstreitiger Verwendung der Stichprobenpläne der 1. Zählperiode auch in der 2. Zählperiode repräsentativ sei.
59Die Kammer schließt sich der Auffassung der Bezirksregierung an. Damit sind alle Erhebungen der 2. Zählperiode (62 von 248 Zählprotokollen) unbrauchbar. Die in Ziffer 10.3 der Richtlinie 1987 enthaltene Verpflichtung, bei – wie hier – durchgeführter Stichprobenerhebung vor jeder Erhebungsperiode neue Stichprobenpläne zu erstellen, ergibt überhaupt nur dann einen Sinn, wenn diese Stichprobenpläne entsprechend der Auswahlkriterien in den Ziffern 6.1 ff. der Richtlinie 1987 neu erstellt werden, wozu nach Ziffer 6.22 die Zufallsauswahl der in die Erhebung einzubeziehenden Linienfahrten zählt. Erst durch konsequente Zufallsauswahl der Linienfahrten erhält die Verkehrszählung den Charakter einer Stichprobenerhebung. Hierbei wiegt im vorliegenden Fall besonders schwer, dass nach den unstreitigen Feststellungen der Bezirksregierung keine Schulfahrten in die Stichprobenpläne aufgenommen wurden, obwohl es sich dabei um reguläre Linienfahrten handelt, deren einzige Besonderheit ist, dass sie in den Schulferien nicht angeboten werden. Auch diese Fahrten hätten zwingend in die Auswahl der Erhebungsfahrten mit einbezogen werden müssen.
60Sind danach aus den vorgenannten Gründen schon 79 von 248 Zählprotokollen der Verkehrserhebung 2006 (rund 32 %) unbrauchbar und liegen darüber hinaus mit der Nichterhebung von Samstagsfahrten der Linie 9882 in der Winterzählperiode und der Nichterhebung von Schulfahrten in zwei Zählperioden gravierende Fehler in der Erhebungsfahrtenauswahl vor, liegt zur Überzeugung der Kammer insgesamt keine zuverlässige Datenbasis zur Ermittlung des betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten vor.
61Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der – wie hier der Bescheid vom 30.6.2008 – eine einmalige Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG NRW).
62Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin hier aber deshalb nicht berufen, weil sie den Verwaltungsakt (Bescheid vom 30.6.2008) durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW). Da die Klägerin den Nachweis durch Verkehrszählung nicht ordnungsgemäß erbracht hat, lagen dem Bescheid damit zugleich auch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben zugrunde. Durch diese Angaben hat die Klägerin den Bescheid auch im Rechtssinne „erwirkt“. Ein Verwaltungsakt wird im Sinne des § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW erwirkt, wenn der Begünstigte diesen durch auf Erlass des Verwaltungsakts gerichtetes zweck- und zielgerichtetes Handeln erreicht und die Angaben entscheidungserheblich waren. Dass das Handeln des Beteiligten mitursächlich war, genügt. Ursächlich sind die unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger bzw. richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der erlassenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte.
63Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 116 f, m.w.N.
64Unerheblich ist, ob der Betroffene schuldhaft gehandelt hat, insbesondere weil er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit kannte, hätte erkennen können oder hätte erkennen müssen.
65Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 119, m.w.N.
66An diesen Grundsätzen gemessen liegt ein „Erwirken“ des Verwaltungsakts vor. Die Klägerin hat den Bescheid vom 30.6.2008 bereits dadurch erreicht, dass sie in ihrem Antrag vom 14.12.2007 einen auf unbrauchbarer Datenbasis ermittelten betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten angegeben hat. Dass die Bezirksregierung E1. den von der Klägerin angegebenen Wert zunächst nicht überprüfte, sondern unbesehen übernahm, ist unerheblich. Selbst wenn darin ein Mitverschulden der Behörde zu sehen sein sollte, würde sich dies bei der Frage des „Erwirkens“ des Verwaltungsakts nicht auswirken, da eine Mitursächlichkeit der Handlung der Klägerin jedenfalls genügt und weitere Ursachen gegebenenfalls bei der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind.
67Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 116.
68Entgegen der Ansicht der Klägerin kann diese auch kein zusätzliches, gesteigertes Vertrauen in den Bestand des Ursprungsbescheides für sich in Anspruch nehmen. In einem Fall des § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG NRW – wie hier –, entfällt grundsätzlich eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin in den Bestand des zurückgenommenen Bescheides und es besteht nach § 48 Abs. 2 S. 4 VwVfG NRW für den Regelfall eine Rücknahmepflicht mit Wirkung für die Vergangenheit, von der nur im Ausnahmefall abgewichen werden darf. Die Frage, ob ein derartiger atypischer Fall gegeben ist, unterliegt der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn der Unrechtsgehalt, der mit einem Fall des § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW typischerweise verbunden ist – hier das Erwirken des Verwaltungsakts durch in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben –, wegen der Besonderheiten des Einzelfalls nicht vorliegt.
69Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 127c.
70Das Vorliegen eines Ausnahmefalls hat die Bezirksregierung ausdrücklich geprüft und zutreffend verneint. Für einen solchen ist nichts ersichtlich. Ein Ausnahmefall liegt insbesondere auch nicht deshalb vor, weil die Bezirksregierung vor Erlass des Ursprungsbescheides selbst keine nähere Überprüfung der Zählprotokolle vorgenommen hat. Die Klägerin musste im Gegenteil damit rechnen, dass es noch zu einer Überprüfung der Zählprotokolle kommen konnte, denn die Bezirksregierung hat sich im Bescheid vom 30.6.2008 ausdrücklich die Prüfung des festgesetzten Erstattungsbetrages durch Einsicht in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen im Unternehmen vorbehalten und zu diesem Zweck angeordnet, die Unterlagen über die Verkehrszählung bis zum Ablauf von 5 Jahren nach Eintritt der Bestandskraft aufzubewahren. Vor diesem Hintergrund sind entgegen der Ansicht der Klägerin Anhaltspunkte für ein i.S.d. § 242 BGB treuwidriges Verhalten der Behörde nicht ersichtlich.
71Die Bezirksregierung E1. hat bei ihrer Rücknahmeentscheidung auch das ihr in § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
72Nach § 40 VwVfG NRW hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Zu den Zwecken der Ermächtigung zählen im Rahmen des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW neben dem Ziel der Wiederherstellung gesetzeskonformer Zustände auch fiskalische Interessen der öffentlichen Hand an der Vermeidung von unberechtigten Leistungen aus öffentlichen Kassen auf der einen und die Berücksichtigung angemessenen Vertrauensschutzes auf der anderen Seite.
73Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 127d.
74Diesen Zweck der Ermächtigung hat die Bezirksregierung E1. vorliegend zutreffend erkannt und die zutreffend bestimmten widerstreitenden Interessen – das Interesse der Klägerin am Bestand des ursprünglichen Bescheides und das Interesse der öffentlichen Hand an der Wiederherstellung gesetzeskonformer Zustände – ohne ersichtlichen Ermessensfehler gegeneinander abgewogen.
75Dass sie sich zu einer Neuberechnung der Erstattungsleistungen auf Grundlage des nachgewiesenen und von ihr anerkannten Schwerbehindertenquotienten aus dem Jahre 2012 von 9,67 % entschied, diesen Wert fiktiv für das Jahr 2006 übernahm und ihr Rücknahmeermessen daher dergestalt ausübte, nur eine Teilrücknahme des Bescheids vom 30.6.2008 vorzunehmen, soweit durch ihn Erstattungsleistungen von mehr als 132.800,05 EUR festgesetzt wurden, ist nicht zu beanstanden und wirkt sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin aus. Wird der Nachweis eines betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nicht erbracht, verbleibt es grundsätzlich bei einer Fahrgelderstattung gem. § 148 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 SGB IX nach dem Landessatz. Dies wäre im hier vorliegenden Einzelfall jedoch wohl unbillig und ermessensfehlerhaft gewesen, da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass der betriebsindividuelle Schwerbehindertenquotient aufgrund der im Gebiet der Klägerin gelegenen Stiftung F1. -F2. deutlich höher ist als der Landessatz. Es ist daher vom Rücknahmeermessen der Bezirksregierung aus § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW gedeckt, zu Gunsten der Klägerin einen anderen über dem Landessatz liegenden Schwerbehindertenquotienten für die Berechnung der Erstattungsleistungen zugrunde zu legen, sofern dieser nicht willkürlich bestimmt wird, sondern es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieser jedenfalls richtiger ist als der Landessatz. Dies ist mit dem von ihr geprüften und akzeptierten für das Jahr 2012 ermittelten Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % jedenfalls der Fall.
76Die Bezirksregierung E1. hat auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW eingehalten. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ist gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen.
77Die Frist beginnt erst zu laufen mit positiver und vollständiger Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Entscheidung der Behörde über die Rücknahme relevant sind oder sein können, einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung relevanten Tatsachen. Dabei genügt die bloße Tatsachenkenntnis allein nicht, sondern es ist zusätzlich erforderlich, dass die Behörde auch die fehlerhafte Rechtsanwendung auf ihr bekannt gewordene oder von Anfang an bekannte Tatsachen erkennt, d.h. sich der Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts und der Notwendigkeit, wegen dieser Rechtswidrigkeit über eine eventuelle Rücknahme zu entscheiden, bewusst wird oder ist.
78BVerwG, Beschlüsse vom 19.12.1984 – GrSen 1.84 und GrSen 2.84 –, BVerwGE 70, 356 = NJW 1985, 819 = juris; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 153 f., m.w.N.
79Die Frist ist eine reine Entscheidungsfrist, die erst ab Entscheidungsreife des Falles zu laufen beginnt. Es genügt deshalb nicht, dass die Behörde nur Kenntnis von einzelnen oder auch zahlreichen Tatsachen, Gesichtspunkten usw. hat oder erlangt, die geeignet sind, eine sorgfältige und gewissenhaft arbeitende Behörde zu veranlassen, die Frage der Rücknahme zu prüfen. Die Frist beginnt erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, ab dem bei objektiver Betrachtung keine Notwendigkeit für eine weitere Aufklärung hinsichtlich der Rücknahme mehr besteht oder sich die Rücknahme geradezu aufdrängt.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.9.2001 – 7 C 6.01 –, NVwZ 2002, 485 = juris; OVG NRW, Urteil vom 15.7.1987 – 12 A 954/86 –, NVwZ 1988, 71; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 156.
81Gemessen daran hat die Bezirksregierung E1. hier die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW gewahrt, denn diese begann frühestens am 7.5.2013 zu laufen und war mit Bekanntgabe des Bescheids vom 26.2.2014, der am 4.3.2014 zur Post gegeben wurde, noch nicht abgelaufen. Bei ihrer Entscheidungsfindung ist die Bezirksregierung dergestalt vorgegangen, dass sie die Frage, ob der Ausgangsbescheid überhaupt zurückzunehmen ist („Ob“ der Rücknahme) mit der Frage verknüpft hat, in welcher Höhe ggf. der Erstattungsanspruch dann neu festzusetzen ist („Wie“ der Rücknahme bzw. Neufestsetzung). Dies war vorliegend – wie bereits festgestellt – vom Rücknahmeermessen der Behörde gedeckt und damit sachgerecht, da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass bei der Klägerin ein den Landessatz um mehr als ein Drittel übersteigender betriebsindividueller Schwerbehindertenquotient gegeben ist. Die Bezirksregierung E1. musste daher von Anfang an auch ermitteln, in welcher Höhe der Erstattungsbetrag ggf. neu festzusetzen ist. Da sie nicht einfach einen beliebigen Wert ohne objektive Anhaltspunkte aus der Luft greifen wollte und dies für eine rechts- und ermessensfehlerfreie Entscheidung auch nicht durfte, war es sachgerecht, zunächst das Ergebnis der parallel zum Verwaltungsverfahren laufenden Verkehrszählung für das Jahr 2012 abzuwarten, zumal die Fahrgastzählungen hier ebenfalls durch die WVI durchgeführt wurden, was aus Sicht aller Beteiligten eine höhere Gewähr für die Richtigkeit der Ergebnisse versprach. Hiermit war zunächst auch die Klägerin ausweislich des Protokolls des Gesprächs am 24.10.2012 einverstanden. Im Rahmen dieses Gesprächs wurde thematisiert, dass die Zahlen für das gesamte Jahr 2012 abgewartet werden sollten, da der aufgrund der vorläufigen Zahlen berechnete Schwerbehindertenquotient je nach Erhebungsperiode zwischen 9 % und 14 % schwankte. Die endgültigen Zahlen für das Kalenderjahr 2012 übermittelte die Klägerin an die Bezirksregierung mit Schreiben vom 3.5.2013, das dort am 7.5.2013 einging. Erst hierdurch lag positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn vor, die für die Entscheidung der Behörde über die Rücknahme relevant waren, einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung relevanten Tatsachen.
82Auch das Erstattungsverlangen der Bezirksregierung E1. ist rechtmäßig. Es findet seine Grundlage in § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Die Bezirksregierung hat den Bescheid vom 30.6.2008 nur teilweise zurückgenommen und die Erstattungsleistungen auf Grundlage eines Schwerbehindertenquotienten von 9,67 % neu ermittelt und festgesetzt.
83Es ergibt sich nach alldem folgende Berechnung des Erstattungsanspruchs:
849,67 % - 1,21 % (ein Drittel des Landessatzes von 3,62 % als Selbstbehalt gem. § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX; gerundet auf zwei Nachkommastellen in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 4 S. 4 SGB IX) = 8,46 %
851.569.122,27 EUR (Fahrgeldeinnahmen 2006) / 100 x 8,46 = 132.747,74 EUR
86Die abweichende Festsetzung im Bescheid vom 26.2.2014 rührt daher, dass die Bezirksregierung E1. offenbar wie folgt gerechnet hat: 9,67 (angenommener Schwerbehindertenquotient aus 2012) – 3,62 / 3 (Drittel des Landessatzes) x 1.569.122,27 (Fahrgeldeinnahmen) / 100 = 132.800,05 €. Die von der Behörde zur Berechnung der Erstattungsleistung im Bescheid offenbar verwendete Rechenmethode berücksichtigt wesentlich mehr Nachkommastellen und gelangt so zu einem abweichenden Ergebnis.
87Die Berechnung ist dagegen auch bei der Berücksichtigung eines betriebsindividuellen Schwerbehindertenquotienten nach § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX so vorzunehmen, dass der einzustellende Prozentsatz auf zwei Nachkommastellen zu runden ist, wie es § 148 Abs. 4 S. 4 SGB IX vorsieht. Nach § 148 Abs. 4 S. 4 SGB IX sind bei der Festsetzung des Landessatzes sich ergebende Bruchteile von 0,005 und mehr auf ganze Hundertstel aufzurunden und im Übrigen abzurunden. Dies führt bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs nach Landessatz dazu, dass entsprechend mit einem auf zwei Nachkommastellen gerundeten Wert zu rechnen ist. Aus Sicht der Kammer gibt es keinen sachlichen Grund, bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs nach betriebsindividuellem Schwerbehindertenquotienten anders zu verfahren.
88Abzgl. erhaltener Zahlungen für das Kalenderjahr 2006 von insgesamt 189.863,79 EUR errechnet sich ein Rückzahlungsanspruch von 57.115,26 EUR.
89Die Bezirksregierung E1. errechnete dagegen nur einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 57.063,74 EUR, was sich nicht zum Nachteil der Klägerin auswirkt.
90Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
91Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.
(1) Hilfsmerkmale sind
- 1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen, - 2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person, - 3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.
(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.
(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Hilfsmerkmale sind
- 1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen, - 2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person, - 3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.
(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.
(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
(1) Hilfsmerkmale sind
- 1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen, - 2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person, - 3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.
(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.
(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Abweichend von Kapitel 9 sind bei der Festsetzung von Leistungen für Leistungsberechtigte, die am 31. Dezember 2019 Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Buches in der Fassung vom 31. Dezember 2019 erhalten haben und von denen ein Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze gemäß § 87 des Zwölften Buches in der Fassung vom 31. Dezember 2019 gefordert wurde, die am 31. Dezember 2019 geltenden Einkommensgrenzen nach dem Elften Kapitel des Zwölften Buches in der Fassung vom 31. Dezember 2019 zugrunde zu legen, solange der nach Kapitel 9 aufzubringende Beitrag höher ist als der Einkommenseinsatz nach dem am 31. Dezember 2019 geltenden Recht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
(1) Hilfsmerkmale sind
- 1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen, - 2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person, - 3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.
(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Die in sich schlüssigen und nach einheitlichen Standards formatierten Einzeldatensätze sind von den Auskunftspflichtigen elektronisch bis zum Ablauf von 40 Arbeitstagen nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums an das jeweilige statistische Landesamt zu übermitteln.
(2) An die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, vom Statistischen Bundesamt und von den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Tabellen, die nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen nur dann übermittelt werden, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, bei Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind.
(3) Die statistischen Ämter der Länder stellen dem Statistischen Bundesamt für Zusatzaufbereitungen des Bundes jährlich unverzüglich nach Aufbereitung der Bestandserhebung und der Erhebung im Laufe des Berichtsjahres die Einzelangaben aus der Erhebung zur Verfügung. Angaben zu den Hilfsmerkmalen nach § 145 dürfen nicht übermittelt werden.
(4) Die Ergebnisse der Bundesstatistik nach diesem Kapitel dürfen auf die einzelnen Gemeinden bezogen veröffentlicht werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.