Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 17. Jan. 2018 - 3 K 37/17.MZ
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen einen den Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid und begehren überdies bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen.
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Sie sind Eigentümer des in G. gelegenen Grundstücks B.-Straße ..., Flur ... Flurstück .../..., das mit einem an der westlichen Grundstücksgrenze errichteten Wohnhaus bebaut ist. Westlich grenzt das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück B.-Straße ... an, auf dem u.a. zwei Pferde gehalten werden, die nach Angaben der Beigeladenen in der Landwirtschaft eingesetzt werden.
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Unter dem 27. September 1962 erteilte das damalige Kreisbauamt W. der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen einen Baubescheid, der u.a. die Errichtung eines Nebengebäudes an der Grenze zum Grundstück der Kläger mit einer Länge von 6,20 m und einer grenzständigen Höhe von etwa 4,20 m zur Unterbringung von Geräten sowie der Haltung von Hühnern und Schweinen zum Gegenstand hatte.
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Im Herbst 2015 wandten sich die Kläger an den Beklagten und trugen vor, durch die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen unzumutbaren Immissionen ausgesetzt zu sein und baten um Überprüfung, ob eine Pferdehaltung in der vorhandenen Form zulässig sei. Sie beantragten unter dem 11. November 2015 die sofortige Untersagung der Einstellung der Pferde im Nebengebäude.
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Mit Bescheid vom 16. Februar 2016 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass keine Veranlassung bestehe, gegen die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen bauaufsichtlich einzuschreiten. Das Nebengebäude sei – auch wenn die Bauzeichnung aus dem Jahr 1962 nicht exakt mit der tatsächlichen Platzierung übereinstimme – ebenso wie die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks der Beigeladenen bereits 1962 genehmigt worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Nebengebäude zwischenzeitlich beseitigt worden sei, seine nicht ersichtlich. Bauplanungsrechtlich sei die Umgebung als Mischgebiet anzusehen. Gegen diesen Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, erhoben die Kläger am 14. März 2016 Widerspruch.
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Bereits unter dem 15. Dezember 2015 beantragten die Beigeladenen beim Beklagten die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Pferdestalls an der südlichen Grundstücksgrenze zum Gegenstand hat. Unter dem 4. März 2016 erteilte der Beklagten den beantragten Bauvorbescheid.
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Zur Begründung ihres Widerspruchs trugen die Kläger vor, hinsichtlich der Zulässigkeit der Pferdehaltung sei auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und nicht auf eine Einstufung der Umgebung als Mischgebiet abzustellen. Frühere in der Umgebung vorhandene landwirtschaftliche Betriebe seien zwischenzeitlich verschwunden. Die Voreigentümerin der Beigeladenen habe von der ihr seinerzeit erteilten Genehmigung mehrere Jahrzehnte keinen Gebrauch gemacht, so dass von Verwirkung auszugehen sei. Von der Pferdehaltung gingen unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigungen aus, die bei ihnen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hätten. Es werde bestritten, dass die Beigeladenen die Pferde landwirtschaftlich einsetzten. Durch den geplanten Pferdstall an der südlichen Grenze des Grundstücks der Beigeladenen werde die Geruchsproblematik nicht gelöst.
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Der Widerspruch der Kläger wurden durch Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die beanstandete Pferdehaltung sei den Klägern gegenüber nicht rücksichtslos, so dass eine Verletzung nachbarschützender Rechte nicht zu besorgen sei. Die maßgebliche nähere Umgebung sei als Dorfgebiet zu qualifizieren, in dem Pferdehaltung zulässig sei. Die Beigeladenen hätten das im Jahr 1962 genehmigte Nutzungsrecht nicht verwirkt, da es an Anhaltspunkten für eine endgültige Nutzungsaufgabe der Tierhaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen fehle. Allein der Zeitablauf reiche nicht aus. Im Hinblick auf befürchtete Geruchs- und Lärmimmissionen stehe den Klägern der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen. Der Bauvorbescheid verstoße ebenfalls nicht zu Lasten der Kläger gegen nachbarschützende Vorschriften. Ein Pferdestall sei in einem Dorfgebiet zulässig. Er verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme; insbesondere seien keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu besorgen.
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Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 23. Dezember 2016 haben die Kläger am 20. Januar 2017 Klage erhoben. Sie tragen unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor, die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen sei der Art der baulichen Nutzung nach unzulässig, da die nähere Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet entspreche. Sie sei ihnen gegenüber zudem rücksichtslos, da sie zu unzumutbaren Geruchsimmissionen führe. Ungeachtet eines vor dem AG W. geschlossenen Vergleichs werde die Klage aufrechterhalten, da es um die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit von Pferdehaltung gehe.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid vom 16. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, gegen die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen bauaufsichtlich einzuschreiten,
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt unter Bezugnahme auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen ergänzend vor, Pferdehaltung sei in der näheren Umgebung zulässig, denn diese entspreche einem Dorfgebiet. Es existierten noch mehrere landwirtschaftliche Betriebe. Die Pferdehaltung sei den Klägern gegenüber auch nicht rücksichtslos. Überprüfungen der Veterinärbehörde hätten keine für die geltend gemachten Belästigungen relevanten Anhaltspunkte gegeben. Für eine immissionsschutzrechtliche Überprüfung sei der Beklagte nicht zuständig.
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Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
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Sie tragen vor, die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Sie selbst hätten einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb. Ob es in der Umgebung weitere Tierhaltung gebe, sei insoweit unerheblich. Die Pferde würden regelmäßig im Betrieb eines W. Biolandwirts eingesetzt. Die Voreigentümerin habe in dem genehmigten Nebengebäude Geflügel und Schweine gehalten. Sie selbst hätten nach dem Erwerb des Grundstücks 2004 mit der Haltung von Geflügel begonnen, was seitens der Kläger auf Ablehnung gestoßen sei. Eine über den normalen Pferdegeruch hinausgehende Geruchsbeeinträchtigung sei von Mitarbeitern der Verbandsgemeinde W. anlässlich einer Ortsbesichtigung Anfang Juni 2016 nicht festgestellt worden. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass der Pferdemist meterhoch gelagert werde und Urin im Erdreich versickere. Für die behaupteten Immissionen seien die Kläger jeglichen Beleg schuldig geblieben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kläger haben keinen Anspruch auf das begehrte bauaufsichtliche Einschreiten gegen die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für das von den Klägern begehrte bauaufsichtliche Einschreiten ist § 59 Abs. 1 Satz 1 der Landesbauordnung – LBauO –. Nach dieser Vorschrift haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, Änderung, Instandhaltung, Nutzungsänderung und dem Abbruch baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden, und sie haben zu diesem Zweck nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Bauaufsichtsbehörde ist unter den genannten Voraussetzungen zum Erlass einer baurechtlichen Anordnung regelmäßig nicht verpflichtet, sondern nur nach pflichtgemäßem Ermessen berechtigt. Dies hat zur Folge, dass dem Nachbarn auch bei einer Verletzung nachbarschützender Rechte kein unmittelbarer Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten zusteht, sondern er lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung hat (vgl. VGH BW, Urteil vom 25. September 1991 – 3 S 2000/91 –, VBlBW 1992, 103 = juris Rn. 25; Jeromin, LBauO Rh-Pf, 4. Auflage 2016, § 81 Rn. 77). Dieser Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung kann sich jedoch ausnahmsweise zu einem Anspruch auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde verdichten, wenn sich jede andere Entscheidung als ermessensfehlerhaft erweisen würde; Hiervon ausgehend ist das Entschließungsermessen der Bauaufsichtsbehörde regelmäßig hin zur Pflicht zu bauaufsichtlichem Einschreiten reduziert, wenn eine bauliche Anlage gegen eine drittschützende Vorschrift verstößt, es sei denn, der Bauaufsichtsbehörde stünden sachliche Gründe für eine Untätigkeit zur Seite (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. Juni 2011 – 8 A 10377/11.OVG –, AS 40, 136 = juris Rn. 6; Urteile vom 25. November 2009 – 8 A 10636/09.OVG –, AS 38, 130 = juris Rn. 29, und vom 7. Dezember 2005 – 8 A 11096/05.OVG –, UA S. 8 f.).
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Ausgehend von diesen Voraussetzungen ist der Beklagte nicht im Wege der Ermessensreduktion auf Null verpflichtet, gegen die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen bauaufsichtlich einzuschreiten, denn diese verstößt nicht zu Lasten der Kläger gegen nachbarschützende Vorschriften.
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In bauplanungsrechtlicher Hinsicht beurteilt sich die streitgegenständliche Nutzung nach § 34 BauGB, denn das Grundstück der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich von G..
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1) Hinsichtlich Art der baulichen Nutzung der Kläger verstößt die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen ihrer Art nach nicht gegen den Drittschutz vermittelnden Gebietserhaltungsanspruch. Die hier maßgebliche nähere Umgebung – d.h der Bereich, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38/13 –, NVwZ 2014, 1246 = juris Rn. 7; Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 10, und vom 26. Mai 1978 – 4 C 9/77 –, BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 33 [st. Rspr.]) – entspricht einem faktischen Dorfgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO.
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Nach § 5 Abs. 1 BauNVO dienen Dorfgebiete der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie von der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) brauchen im Dorfgebiet die Hauptnutzungen (Land- und Forstwirtschaft, Wohnen und Gewerbe mit Handwerk) weder im gleichen noch im annähernd gleichen Verhältnis zueinander vorhanden sein. Der Gebietscharakter eines Dorfgebiets als ländliches Mischgebiet hängt deshalb grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis dieser Hauptfunktionen ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2009 – 4 CN 5/07, BVerwGE 133, 377 = juris Rn. 10; Beschluss vom 19. Januar 1996 – 4 B 7/96 –, BRS 58 Nr. 57 = juris Rn. 5, BayVGH, Beschluss vom 14. Septem- ber 2015 – 22 ZB 15.1028 –, juris Rn. 18; VGH BW, Urteil vom 2. Oktober 2013 – 5 S 1273/12 –, juris Rn. 21). Dies gilt umso mehr, als ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund seines regelmäßig größeren Bauvolumens und der von ihm ausgehenden Immissionen jedenfalls typischerweise nicht nur den Charakter der unmittelbaren Nachbarschaft, sondern auch der in größerer Entfernung liegenden Grundstücke prägt, sodass ihm ein besonderes Gewicht zukommt. Ein Dorfgebiet dürfte deshalb diese Eigenschaft so lange nicht verlieren, als dort noch (eine) Wirtschaftsstelle eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes vorhanden ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 23. Februar 2016 – 3 S 2225/15 –, BauR 2016, 1148 = juris Rn. 59). Letztlich entfällt der Gebietscharaktereines Dorfgebiets nur, wenn die landwirtschaftliche Nutzung völlig verschwindet und auch eine (Wieder)aufnahme ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2009, a.a.O. = juris Rn. 10; OVG NW, Beschluss vom 10. Mai 2017 – 8 B 1081/16 –, juris Rn. 25).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die hier maßgebliche nähere Umgebung – in die jedenfalls die nördlich an die B.-Straße angrenzenden Grundstücke B.-Straße ... bis ... sowie die südlich an die B.-Straße angrenzenden Grundstücke B.-Straße ... bis ... einzubeziehen sind – ihren Charakter als Dorfgebiet (noch) nicht verloren. Ungeachtet etwaiger zwischenzeitlicher Betriebsaufgaben finden sich in diesem Bereich auch weiterhin landwirtschaftliche Nutzungen, die den Bereich mitprägen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen nach ihrem insoweit unwidersprochenen Vorbringen auf ihrem Grundstück selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb führen, der bei der Frage der Gebietsbewertung mit zu berücksichtigen ist (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 10. August 2016 – 3 K 2524/16 –, juris Rn. 9; VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 23. Februar 2015 – 3 K 34/14.NW –, juris Rn. 63). Darüber hinaus wird auch das Grundstück B.-Straße ... im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs genutzt. Ausweislich der Feststellungen des Beklagten werden auf diesem Grundstück von dem Inhaber eines in der J.-Straße ansässigen landwirtschaftlichen Betriebs landwirtschaftliche Geräte und Maschinen abgestellt (vgl. S. 1 des Schriftsatzes des Beklagten vom 18. April 2017). Das Gericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen, zumal die Kläger insoweit selbst konstatieren, dass auf diesem Grundstück landwirtschaftliche Gerätschaften abgestellt werden (vgl. S. 1 des Schriftsatzes der Kläger vom 3. Mai 2017). Schließlich spricht auch alles dafür, dass das Grundstück B.-Straße ... (weiterhin) der Unterbringung eines landwirtschaftlichen (Nebenerwerbs)betriebs dient. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang geltend machen, dass der Grundstückseigentümer aufgrund einer schweren Erkrankung seit mehreren Monaten nicht mehr in der Lage sei, den Betrieb selbst auszuüben (vgl. 2. des Schriftsatzes der Kläger vom 3. Mai 2017), übersehen sie, dass allein eine wenn auch mehrmonatige Unterbrechung einer Betriebsausübung aus Krankheitsgründen die landwirtschaftliche Nutzung im Sinne eines Dorfgebiets nicht entfallen lässt, zumal diese auch von Dritten weitergeführt werden kann. Dass hingegen auf dem Grundstück B.-Straße ... die landwirtschaftliche Nutzung endgültig weggefallen ist, haben die Kläger selbst nicht behauptet, und sie sind auch nicht dem Vorbringen der Beigeladenen entgegengetreten, wonach der Grundstückseigentümer wieder soweit genesen sei, dass er – wenn auch in bescheidenem Ausmaße – wieder Traktorarbeiten ausführen könne (vgl. S. 1 des Schriftsatzes der Beigeladenen vom 15. Mai 2017). Angesichts dieser die nähere Umgebung mitprägenden landwirtschaftlichen Nutzungen bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass sich die nähere Umgebung als ein faktisches Dorfgebiet im Sinne von § 5 BauNVO darstellt. Damit kann offenbleiben, ob auch auf den Grundstücken B.-Straße ... und ... landwirtschaftliche Betriebe geführt werden, bzw. ob eine jenseits der Bahnlinie im Außenbereich befindliche neue landwirtschaftliche Betriebsstelle für die Beurteilung des Gebietscharakters mit heranziehen ist.
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In einem (faktischen) Dorfgebiet ist Pferdehaltung grundsätzlich zulässig (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2006 – 1 ZB 04.3549 –, NVwZ-RR 2007, 659 = juris Rn. 22, und vom 29. Mai 1995 – 14 CS 95.879 –; OVG RP, Urteil vom 27. Mai 1999 – 8 A 10401799.OVG –, ESOVGRP; VG München, Beschluss vom 20. November 2015 – M 11 S 15.3934, juris Rn. 35; VG Regensburg, Urteil vom 10. Januar 2013, RO 2 K 12.873 –, juris Rn. 25).
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An der Zulässigkeit der Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen würde sich aber auch dann nicht ändern, wenn die maßgebliche nähere Umgebung keinem Dorfgebiet entsprechen und zudem durch einen hohen Anteil an Wohnnutzung geprägt sein sollte. Diese Faktoren führen entgegen der Ansicht der Kläger nicht dazu, dass die nähere Umgebung damit bauplanungsrechtlich als faktisches allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO beurteilen wären. Vielmehr wäre die Umgebung dann als Gemengelage aus Wohn- und Dorfgebiet anzusehen, die durch Wohnnutzung, einen nicht unerheblichen Altbestand ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude (ehemalige Hofstellen auf den Grundstücken B.-Straße ..., ... und ...) sowie die Nutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen geprägt wird (vgl. insoweit auch VG Neustadt/WStr., Urteil vom 22. Juli 2017 – 3 K 38/17.NW –, juris Rn.37), wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, dass die Wohnnutzung insbesondere auf den vorgenannten ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstellen keineswegs „planähnlich“ entstanden wäre, sondern vielmehr durch die Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzungen (vgl. VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 22. Juli 2017, a.a.O. Rn. 40). In einer solcherart geprägten Gemengelage beurteilt sich die Zulässigkeit einer Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB, wobei für die Beurteilung der „Eigenart“ der näheren Umgebung nach dem Gesetz nicht nur die ausgeübten Nutzungsarten für sich gesehen von Bedeutung sind, sondern alles, was sich, ohne Fremdkörper zu sein, in der vorhandenen Bebauung niederschlägt und so den bodenrechtlichen Charakter beeinflusst (vgl. BayVGH, Urteil vom 19. November 1993 – 26 B 91.2405 –, BeckRS 1193, 11721; VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 22. Juli 2017, a.a.O. Rn. 40). Vor diesem Hintergrund ist in einer Gemengelage wie der vorliegenden die Haltung weniger Pferde – auf dem Grundstück der Beigeladenen werden 2 Pferde gehalten – noch nicht als gebietsschädlich anzusehen (vgl. OVG RP, Urteil vom 30. April 2010 – 1 A 11294/09.OVG –, juris Rn. 33).
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2) Die Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das im Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 verankerte Gebot der Rücksichtnahme und verletzt die Kläger deshalb auch insoweit nicht in ihren Rechten. Insbesondere gehen von den Pferden keine unzumutbaren Geruchsimmissionen aus.
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Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme (objektivrechtlich) stellt, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Maßgebend ist u.a. Art und Ausmaß der schutzwürdigen Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten. Dessen Schutzbedürfnis ist gegen die ihrerseits schutzwürdigen Interessen des Bauherrn mit der Fragestellung abzuwägen, was dem einen und dem anderen nach Lage der Dinge billigerweise "zuzumuten" ist. Bei der Interessenabwägung dürfen bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben.
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Während in Wohngebieten mit städtischem Gepräge eine emmissionsträchtige Tierhaltung regelmäßig unzulässig sein dürfte, ist in Baugebieten mit dörflichem Charakter eine gewisse Geruchs- und Lärmbelästigung durch Nutztiere ortsüblich und darum im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme hinzunehmen, was in entsprechender Weise auch für eine gebietstypische Hobbytierhaltung gilt; andererseits muss aber auch der Tierhalter Rücksicht auf das Interesse der Wohnbevölkerung am Schutz vor unzumutbaren Immissionen nehmen (vgl. OVG RP, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O. Rn. 39 m.w.N.).
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Die Grenze dessen, was im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme Nachbarn an Einwirkungen zuzumuten ist, deckt sich im Allgemeinen mit den Anforderungen für nicht nach Immissionsschutzrecht genehmigungspflichtige Anlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 – 4 C 74/78 –, BVerwGE 68, 58 = juris Rn. 13; OVG RP, Urteil vom 30. April 2010, a.a.O. Rn. 41). Insoweit kann zur Beurteilung unzumutbarer Immissionen auf den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG zurückgegriffen werden, worunter auch Geruchsimmissionen fallen, die nach Art, Maß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 – 4 C 3/16 –, BauR 2017, 1978 = juris Rn. 12). Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei Geruchsimmissionen - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2017, a.a.O. = juris Rn. 12, und vom 21. Dezember 2011 – 4 C 12/10 –, BVerwGE 141, 193 = juris Rn. 22; Beschluss vom 2. August 2005 – 4 B 41/05 –, BauR 2005, 1900 = juris Rn. 3). Der Schutz vor Immissionen im Bauplanungsrecht über das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot ist dabei kein anderer und fällt nicht geringer aus als der Schutz vor Immissionen nach dem Immissionsschutzrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017, a.a.O. = juris Rn. 12).
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Geht es wie im vorliegenden Fall um von Tieren verursachte Geruchsimmissionen, kann für die Beurteilung von deren Zumutbarkeit als Orientierungshilfe auch auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (Geruchsimmissions-Richtlinie – GIRL – ) in der Fassung der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008) zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017, a a.O = juris Rn. 12 m.w.N.; SächsOVG, Urteil vom 3. September 2015 – 1 A 538/12 –, juris Rn. 21). Dieser rechtlich unverbindlichen Richtlinie kommt dabei die Bedeutung eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu, wobei die Berechnungen auf einem „worst-case-Szenario“ basieren (BVerwG, Beschlüsse vom 5. August 2015 – 4 BN 28/15 –, BauR 2015, 571 = juris Rn. 5, und vom 28. Juli 2010 – 4 B 29/10 –, BauR 2010, 2083 = juris Rn. 3 m.w.N.; OVG RP, Beschluss vom 7. Februar 2014 – 1 B 11320/13.OVG –, BauR 2014, 964 = juris Rn. 20; Urteil vom 15. April 2010 – 1 A 11034/09.OVG –, BauR 2010, 1576 = juris Rn. 28). Ihre Eignung als Grundlage für eine tatrichterliche Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 – 4 B 5/07 –, BRS 71 Nr. 168 = juris Rn. 4; SächsOVG, Urteil vom 3. September 2015, a.a.O. Rn. 21). Allerdings verbietet sich dabei jede schematische Anwendung bestimmter Immissionswerte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017, a.a.O. = juris Rn.- 12 m.w.N.; Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, BauR 2004, 657 = juris Rn. 8).
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Ausgehend von diesen Grundlagen lässt sich nicht feststellen, dass von der Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen unzumutbare Geruchsimmissionen in Bezug auf das klägerische Grundstück ausgehen.
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Gemäß Ziffer 3.1 GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel dann als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nr. 4.6) die in der Tabelle 1 angegeben Immissionswerte IW überschreiten. Bei diesen Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Sie betragen in Gebieten, die wie im vorliegenden Fall als Dorfgebiet zu qualifizieren sind, 15 % der Jahresgeruchsstunden (IW 0,15). Dieser Wert ist vorliegend zugrunde zu legen, da er in Verbindung mit der belästigungsrelevanten Kenngröße IG b (Nr. 4.6 GIRL) für Geruchsimmissionen gilt, die durch Tierhaltungsanlagen verursacht werden. Dies ist in Bezug auf die streitgegenständliche Pferdehaltung der Fall. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,15 überschreitet damit eine Geruchsbelastung an insgesamt 1314 Std/Jahr die Grenze der erheblichen Belästigung regelmäßig nicht.
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Zu berücksichtigen ist ferner, dass in Bezug auf tierische Geruchsemissionen bei der Ermittlung der Gesamtbelastung IG (Nr. 4.6. der GIRL) neben dem baugebietsabhängigen Immissionswert IW auch die Gewichtungsfaktoren f entsprechend Tabelle 4 eine Rolle spielen, die die unterschiedliche Belästigungsintensität von Tierhaltungen hinreichend berücksichtigen (vgl. OVG S-H, Beschluss vom 3. Mai 2016 – 1 LA 3/14 –, NordÖR 2016, 416 = juris Rn. 16) und sich je nach Tierart begünstigend oder verschärfend auf die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen auswirken. Angesichts dessen, dass die Haltung von Pferden im Vergleich zu anderen Tierarten als emissionsarm eingestuft wird (vgl. VDI 3894 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen – Haltungsverfahren und Emissionen – Schweine, Rinder, Geflügel, Pferde“, S. 46), begegnet es keinen Rechtsbedenken, bei der Beurteilung der Geruchsimmissionen infolge Pferdehaltung von einem Gewichtungsfaktor f = 0,5 entsprechend der Tabelle 4 zu Nr. 4.6. GIRL auszugehen (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 14. Juni 2017 – 1 ME 64/17, 1 ME1 ME 66/17 –, BauR 2017, 1515 = juris Rn. 23 f.; BayVGH, Beschluss vom 16. Juli 2014 – 15 CS 13.1910 –, juris Rn. 24; VG Göttingen, Urteil vom 14. September 2017 – 2 A 214/16 –, juris Rn. 33). Vor dem Hintergrund dessen, dass nach Nr. 5 Buchst. b) GIRL für die Beurteilung schädlicher Umwelteinwirkungen ein Vergleich der nach der GIRL zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 1 festgesetzten Immissionswerten nicht ausreicht, wenn trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsemissionen nicht zu erwarten ist (z.B. bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche), dürfte die Anlegung eines Gewichtungsfaktors von 0,5 sogar dazu führen, dass auch eine den Immissionswert von 0,15 (1314 Std/Jahr) übersteigende Jahresgeruchsstundenzahl infolge der Pferdehaltung für sich genommen nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen führen wird.
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Ausgehend von diesen Voraussetzungen lassen sich zu Lasten der Kläger unzumutbare Geruchsimmissionen infolge der Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht feststellen. Die Kläger, die insoweit die Darlegungslast trifft, haben lediglich pauschal behauptet, sie seien durch Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen unzumutbaren Geruchsimmissionen bis hin zur Gesundheitsbeeinträchtigung ausgesetzt, ohne diese auch nur im Ansatz nach Ursache, Art, Umfang und Häufigkeit nachvollziehbar darlegen (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast bei Immissionen OLG München, Urteil vom 18. September 2008 – 23 U 2648/08 –, NZM 2008, 821 = juris Rn. 35; VG Frankfurt/Oder, Urteil vom 12. Dezember 2006 – 7 K 1488/05 –, juris Rn. 48). Es sind keinerlei belastbaren Anhaltspunkte dafür dargetan worden, dass infolge der Pferdehaltung etwa Ammoniakkonzentrationen zu erwarten sind, die die Unbedenklichkeitsgrenze der Abbildung 4 der TA Luft (Zusatzbelastung von 3 µg/m³, Gesamtbelastung von 10 µg/m³, vgl. OVG Nds., Beschluss vom 20. Oktober 1999 – 12 ME 33/09 –, juris Rn. 11; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Juni 2011 – 3 L 142/11 –, juris Rn. 60). überschreiten, bzw. dass wahrnehmbare Geruchsimmissionen den Immissionswert von 15 % der Jahresgeruchsstunden überschreiten; selbst für eine Überschreitung eines Immissionswertes von IW = 0,10 sind keinerlei nachvollziehbare Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere führt auch der Verweis der Kläger auf die Lage der Grundstücke zueinander und eine „Kaminwirkung“ der Luftströmung infolge der Anordnung der Gebäude auf ihrem Grundstück dazu, dass mit der erforderlichen Gewissheit etwa bei einer Süd-West-Windströmung eine nicht nur rein hypothetische Geruchsbelästigung zu erwarten ist, die die Grenzen des Zumutbaren überschreitet. Fehlt es mithin an auch nur ansatzweise belastbaren Anhaltspunkten für eine unzumutbare Geruchsbeeinträchtigung der Kläger infolge der Pferdehaltung auf dem Grundstück der Beigeladenen, kann von einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht die Rede sein.
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Soweit die Kläger über das vorstehende Begehren hinaus ein behördliches Tätigwerden aufgrund einer geltend gemachten Verletzung von § 10 des Landes-Immissionsschutzgesetzes – LImSchG – begehren sollten, ist hierfür der Beklagte nicht passivlegitimiert; zuständige Immissionsschutzbehörde ist vielmehr die Verbandsgemeindeverwaltung W. (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 LImSchG).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Beschluss des Einzelrichters der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. Januar 2018
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Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Mainz Urteil, 17. Jan. 2018 - 3 K 37/17.MZ zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
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einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
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städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
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die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
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sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Gründe
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Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Die benachbarten Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich in einem Stadtviertel mit einer gründerzeitlichen, in der Regel fünfgeschossigen straßenseitigen Blockrandbebauung. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Der Beklagte erteilte der Beigeladenen im November 2009 die streitgegenständliche Baugenehmigung für einen Seitenflügel nebst Quergebäude, der im rückwärtigen Teil ihres Grundstücks an die bestehende Blockrandbebauung anschließt und an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Klägerin belegen ist. Das Vorhaben soll über sechs, in ihrer Ausdehnung gestaffelte Geschosse verfügen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Baugenehmigung aufgehoben (Urteil vom 13. März 2013 - OVG 10 B 4.12 - DÖV 2013, 948
; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2010 - OVG 10 S 31.10 - OVGE BE 31, 204 = LKV 2010, 567 = ZfBR 2011, 161 = BRS 76 Nr. 85), da das Vorhaben die Vorschrift über die Abstandsflächen (§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO Berlin) verletze. Namentlich dürfe die Beigeladene nicht nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze bauen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BauO Berlin). Das Vorhaben füge sich entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Maßgeblich als nähere Umgebung sei allein der südliche Teil des Straßengevierts, in dem eine rückwärtige Bebauung mit einem mehrgeschossigen Seitenflügel kein Vorbild finde, sich vielmehr eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche befinde. In der so bestimmten näheren Umgebung verlaufe hinter der Blockrandbebauung eine Baugrenze. Das Vorhaben der Beigeladenen überschreite diese Baugrenze und löse durch eine nicht auszuschließende Vorbildwirkung bodenrechtliche Spannungen aus.
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Die Beigeladene fordert im Kern, auch den nördlichen Teil des Straßengevierts als nähere Umgebung in den Blick zu nehmen. Dort befinden sich auch im rückwärtigen Teil der Grundstücke Seitenflügel.
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1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde zumisst.
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a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob
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bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen der Kreis für die maßgebliche Umgebung regelmäßig enger zu ziehen ist als hinsichtlich der Art der Nutzung,
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ferner, ob insofern der maßgebliche Umkreis hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen tendenziell kleiner zu ziehen ist als das Straßengeviert, in dem das Bauvorhaben liegt.
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Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie nicht entscheidungserheblich sind (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14).
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Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48, vom 21. November 1980 - BVerwG 4 C 30.78 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 79 S. 85 und vom 5. Dezember 2013 - BVerwG 4 C 5.12 - NVwZ 2014, 370 Rn. 10 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (allg. Meinung, vgl. Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2197; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 21; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 26; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 3, Stand Oktober 2013, § 34 Rn. 25; Spannowsky, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 34 Rn. 32.3). Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart dieser näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen (Beschluss vom 6. November 1997 - BVerwG 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57). So hat der Senat zu § 34 BBauG angenommen, dass bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung "in der Regel" enger zu begrenzen sein werde als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 58).
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Mit dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendeten Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint. Es geht also um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO (Beschluss vom 28. September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128 S. 29). Die Instanzgerichte neigen dazu, hinsichtlich dieses Merkmals einen kleineren Umgriff der näheren Umgebung anzunehmen als bei der Art der baulichen Nutzung; dies gelte "in der Regel" (so OVG Magdeburg, Beschluss vom 4. Juli 2012 - 2 L 94/11 - BRS 79 Nr. 101; VGH München, Beschluss vom 25. April 2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18 und Urteil vom 7. März 2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22; VGH Mannheim, Urteil vom 23. September 1993 - 8 S 1281/93 - juris Rn. 22 und Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 5 S 1847/05 - juris Rn. 8) oder "im Regelfall" (OVG Bautzen, Beschluss vom 29. Dezember 2010 - 1 A 710/09 - juris Rn. 6; OVG Münster, Urteile vom 16. November 2001 - 7 A 1143/00 - juris Rn. 29 und vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 - juris Rn. 37). Hiervon geht auch das Oberverwaltungsgericht aus ("in der Regel", UA S. 16).
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Ob diese Annahme "im Regelfall" oder - bezogen auf das Straßengeviert "tendenziell" - zutrifft, ist nicht entscheidungserheblich. Denn sie bezeichnet nur einen gedanklichen Ausgangspunkt, der jedenfalls von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbindet, wie sie das Oberverwaltungsgericht hier vorgenommen hat (UA S. 17 ff.) und die sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht. Hinzu tritt, dass der von der Beschwerde zum Vergleich herangezogene Umgriff der näheren Umgebung im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzungen sich ebenfalls nur im Einzelfall, aber nicht rechtsgrundsätzlich bestimmen lässt, da er unter anderem von der Art der jeweiligen baulichen Nutzung abhängt. Soweit die Beschwerde als Bezugspunkt das "Straßengeviert" benennt, scheidet eine rechtsgrundsätzliche Klärung schon wegen der Vielgestaltigkeit solcher Straßengevierte aus.
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b) Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen auf,
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ob die maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen auf einen (sowohl hinsichtlich absoluter Maße als auch hinsichtlich der Relation zur übrigen Bebauung im Straßengeviert) kleinen Bereich, welcher nur das Baugrundstück und dessen unmittelbare Umgebung umfasst, reduziert sein kann, wenn sich die daran anschließende Bebauung allein im Hinblick auf die dort verwirklichten Bebauungstiefen unterscheidet,
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hieran anschließend, ob unter den genannten Voraussetzungen eine "städtebauliche Zäsur" wegen andersartiger "baulicher Struktur" angenommen werden kann.
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Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Abgrenzung der näheren Umgebung nicht allein auf die im nördlichen Bereich vorhandene Bebauungstiefe abgestellt, sondern auch darauf verwiesen, dass die Bereiche durch eine relativ hohe fünfgeschossige Bebauung im Blockinnern optisch vollständig voneinander getrennt seien (UA S. 19). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
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c) Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage,
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ob es bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der dabei erforderlichen Ermittlung, was sich auf das Baugrundstück noch "prägend" auswirkt, allein auf den Blickwinkel eines (stehenden) Menschen ankommt oder ob - zumindest ergänzend - ein Blickwinkel von oben (Vogelperspektive) erforderlich ist.
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Die Frage ist geklärt, soweit sie rechtsgrundsätzlich klärungsfähig ist. Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie eingebettet ist, nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138 S. 55). Dies kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB übertragen werden (Beschluss vom 20. August 1998 - BVerwG 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 76). Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden (Beschluss vom 3. Dezember 2008 - BVerwG 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3), die ein Bild "von oben" vermitteln. Dabei kann die für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kennzeichnende wechselseitige Beeinflussung auch über ein den optischen Zusammenhang unterbrechendes Hindernis noch eintreten (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 127 S. 27). Hiervon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, das seine tatrichterliche Würdigung auch auf einen Lageplan (UA S. 4) und ein Luftbild (UA S. 17) stützt. Ob eine wechselseitige Beeinflussung trotz einer, vom Standpunkt eines stehenden Menschen nicht überwindbaren optischen Trennung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht rechtfertigt.
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d) Die Beschwerde will weiter rechtsgrundsätzlich klären lassen,
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ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB bestehende Bebauungsmöglichkeit eines Grundstücks durch eine in der Umgebung vorhandene Bebauung eingeschränkter sein kann, als wenn diese Bebauung nicht vorhanden wäre.
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Die Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten. Maßgebend für die nähere Umgebung, in die sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, einfügen muss, ist die vorhandene Bebauung. Aus ihr ist der Rahmen abzuleiten, zu dem das Vorhaben in einer bestimmten Beziehung stehen muss (stRspr; Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380, 385 ff.>). Es ist nicht angängig - wie es der Beschwerde offensichtlich vorschwebt -, bei der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung danach zu unterscheiden, ob sie Bebauungsmöglichkeiten eröffnet oder einschränkt.
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e) Schließlich zeigt die Beschwerde auch mit der Frage, ob
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bei der Bestimmung der hinteren Baugrenze ein deutlich wahrnehmbares Gebäude der Hauptnutzung als nicht prägend außer Acht gelassen werden kann, nur weil es deutlich kleiner ist als die Gebäude in der unmittelbaren Umgebung,
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keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Aus der Betrachtung der näheren Umgebung sind solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt (Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325> und Beschluss vom 16. Juni 2009 - BVerwG 4 B 50.08 - BRS 74 Nr. 95 Rn. 6; stRspr). Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 18). Die Beschwerde erschöpft sich in einem Angriff auf dessen tatrichterliche Bewertung.
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2. Die Divergenzrügen nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.
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a) Die behauptete Divergenz zu den Urteilen vom 13. Juni 1969 - BVerwG 4 C 80.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 21) und vom 18. Oktober 1974 - BVerwG 4 C 77.73 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45) ist nicht hinreichend bezeichnet. Diesem Erfordernis ist nur genügt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
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Nach den von der Beschwerde angeführten Urteilen des Senats kann die Frage, ob etwas nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich ist, nicht allein nach der Bebauung eines Grundstücks oder nur ganz weniger Grundstücke bestimmt werden (Urteil vom 13. Juni 1969 a.a.O. S. 38). Es darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt (Urteil vom 18. Oktober 1974 a.a.O. S. 114).
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Wie auch die Beschwerde anerkennt, hat sich das Oberverwaltungsgericht der Rechtsprechung des Senats ausdrücklich angeschlossen (UA S. 16). Sie meint indes, der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts den (unausgesprochenen) Rechtssatz entnehmen zu können, dass auch ein derart kleiner Umgebungsumgriff grundsätzlich die "nähere Umgebung" innerhalb eines deutlich größeren Bebauungszusammenhangs darstellen könne und die über das Baugrundstück und dessen unmittelbare Nachbargrundstücke hinausgehende Umgebung allein wegen insoweit andersartiger Bebauung ausgeklammert werden könne (Beschwerdebegründung S. 5). In der Sache wendet sich die Beschwerde gegen die tatrichterliche Annahme, der nördliche Teil des Straßenblocks wirke infolge der optischen Trennung und der unterschiedlichen baulichen Strukturen nicht mehr prägend für das Grundstück der Beigeladenen. Die damit erhobene Rüge einer fehlerhaften Subsumtion führt indes nicht zur Annahme einer Divergenz (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14).
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b) Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25) liegt ebenfalls nicht vor. Die in Bezug genommenen Ausführungen des Senats (a.a.O. S. 57 f.) sind nicht divergenzfähig, weil sie die dortige Entscheidung nicht tragen (vgl. Beschluss vom 3. April 1996 - BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 S. 28; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 36).
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3. Die Verfahrensrügen führen nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Zulassung der Revision.
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Die als Aufklärungsrügen erhobenen Rügen verfehlen die Darlegungsanforderungen. Eine Aufklärungsrüge muss substantiiert dartun, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (Beschluss vom 8. Juli 2009 - BVerwG 4 BN 12.09 - juris Rn. 6 f.
; stRspr). Die erhobenen Aufklärungsrügen beschränken sich darauf, vorgebliche Ermittlungsdefizite aufzuzeigen, benennen aber nicht substantiiert, welche Aufklärungsmaßnahmen die Beigeladene noch für geeignet und erforderlich hält.
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Die Rügen müssten aber auch hiervon unabhängig ohne Erfolg bleiben.
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a) Die Beschwerde meint, der Einbeziehung des südlichen Teils des Grundstücks K.-straße 44 in die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche (UA S. 15) widerspreche es, dieses Grundstück bei der Herleitung einer faktischen Baugrenze nicht einzubeziehen (UA S. 21). Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4; stRspr), bezeichnet aber keine Verletzung der Aufklärungspflicht.
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b) Die Beschwerde rügt weiter, das Oberverwaltungsgericht habe die Wirkung des Geländesprungs von 2 m im südlichen Teil des Straßengevierts und der darauf befindlichen Ziegelmauer sowie der Bebauung des Grundstücks K.-straße 44 durch eine Remise und einen Seitenflügel fehlerhaft gewürdigt. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Verhältnisse seinem Urteil zu Grunde gelegt (UA S. 18, 19, 21). Dass es sie rechtlich anders bewertet als die Beigeladene, führt nicht auf einen Verfahrensfehler.
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c) Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht angenommen, es sei in der Umgebung jenseits des Straßengevierts des Vorhabengrundstücks nicht "mehr oder weniger gang und gäbe", dass in den von der Blockrandbebauung umschlossenen Flächen Seitenflügel oder Quergebäude mit Hauptnutzungen stehen (UA S. 19). Das Oberverwaltungsgericht hat indes aus den Feststellungen zu den Blockinnenbereichen zweier Straßenviertel in der Umgebung gefolgert, eine Blockinnenbebauung in der Umgebung sei nicht "mehr oder weniger gang und gäbe". Einer weiteren Aufklärung zu anderen Straßenvierteln bedurfte es nach der für die Beurteilung des Vorliegens eines Verfahrensfehlers maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht (vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).
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d) Die Beigeladene meint, das Oberverwaltungsgericht habe Unterlagen zu den Gründen für die Beseitigung von Seitenflügeln in der Vergangenheit fehlerhaft beurteilt. Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, ohne einen Verfahrensfehler zu bezeichnen.
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e) Die unter 8. erhobene Rüge bezeichnet keinen Verfahrensfehler.
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f) Die Beschwerde vermisst eine Aufklärung darüber, welche Grundstücke in der näheren Umgebung überbaubare Innenhofflächen aufweisen. Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit dieser Umstand nach der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung gewesen sein könnte. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Abgrenzung der näheren Umgebung unter anderem auf die Baustruktur im südlichen Teil des Straßengevierts abgestellt, wo eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche vorhanden sei. Diese werde durch die straßenseitige Blockrandbebauung mit einer großen, im Wesentlichen nicht überbauten Freifläche im Blockinnern geprägt (UA S. 17 f.). Hiervon ausgehend kam es nicht auf die Frage an, welche einzelnen Grundstücke über eine bebaubare Grundstücksfläche im straßenabgewandten Grundstücksteil verfügen.
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g) Die Beschwerde sieht schließlich die gerichtliche Aufklärungspflicht verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht angenommen habe, eine Vorbildwirkung des streitgegenständlichen Vorhabens sei nicht auszuschließen (UA S. 28). Im Hinblick auf das Flurstück 92 wendet sie sich (erneut) gegen die materiell-rechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zum Umgriff der näheren Umgebung. Ihr weiterer Hinweis, die derzeitige Bebauung des Flurstücks 94 schließe eine Errichtung von Seitenflügeln aus, zieht die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Vorbildwirkung für mögliche Veränderungen der Bebauung auf diesem Grundstück nicht in Zweifel.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
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die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, - 2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen, - 3.
sonstige Wohngebäude, - 4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, - 5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 6.
sonstige Gewerbebetriebe, - 7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 8.
Gartenbaubetriebe, - 9.
Tankstellen.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert des Antragsverfahrens wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2015 - 13 K 2342/15 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.
Gründe
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(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, - 2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen, - 3.
sonstige Wohngebäude, - 4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, - 5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 6.
sonstige Gewerbebetriebe, - 7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 8.
Gartenbaubetriebe, - 9.
Tankstellen.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf. 3.750,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine vom Landratsamt ... (im Folgenden Landratsamt) dem Beigeladenen mit Bescheid vom ... August 2015 erteilte Baugenehmigung.
Der Beigeladene beantragte mit Bauantrag vom 2. Mai 2015, bei der Gemeinde ... eingegangen am 6. Mai 2015 sowie beim Landratsamt eingegangen am 26. Mai 2015, die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Reitplatzes auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ... Straße 3 in ..., Gemeindeteil ... Der mit dem Bauantrag eingereichten Baubeschreibung lässt sich entnehmen, dass der Reitplatz mit Zaun eine Grundfläche von ca. 800 m² haben soll. Den Bauvorlagen lässt sich entnehmen, dass der Reitplatz im Süden des oben bezeichneten Grundstücks situiert sein und 40 m lang sowie 20 m breit sein soll, wobei die lange Seite in West-Ost-Richtung verläuft. Laut der Baubeschreibung soll der Fußbodenaufbau des Reitplatzes auf einem Lehmboden mit Drainagen errichtet werden. Darüber komme eine ca. 25 cm dicke Schotterschicht, die mit einem Fließ unterlegt werde. Über die Schotterschicht sollen ca. 4 cm Splitt verlegt werden. Darauf wiederum werde die eigentliche Bodenplatte, eine aus Kunststoff bestehende dauerelastische Bodenplatte „EquiTerr“ aufgebracht. Diese wiederum werde mit einer Tretschicht aus Sand verfüllt.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des nördlich an das Vorhabensgrundstück angrenzenden Grundstücks FlNr. 15/2 der Gemarkung ..., ... Straße 17 in ... Dieses Grundstück liegt, anders als das Baugrundstück, im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „Ortskern ...“ der Gemeinde ..., der u. a. für das Grundstück der Antragstellerin hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Dorfgebiet festsetzt. Auf dem Grundstück der Antragstellerin ist, wie aus den Behördenakten hervorgeht, wohl ein Einfamilienhaus errichtet.
Die Gemeinde ... erteilte mit Beschluss ihres Gemeinderats vom ... Mai 2015 das gemeindliche Einvernehmen unter der Voraussetzung, dass das Vorhaben landwirtschaftlich privilegiert ist.
Das Landratsamt holte im Verlauf des Baugenehmigungsverfahrens u. a. Stellungnahmen seines Sachbereichs 41.2 Technischer Umweltschutz sowie des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... ein.
Das Sachgebiet Technischer Umweltschutz nahm mit Kurzmitteilung vom 10. Juli 2015 zu dem Vorhaben Stellung. Dort wird ausgeführt, dass der geplante Reitplatz in einem Bereich ohne Bebauungsplan liege, wogegen die vorhandene Bebauung im Norden und Osten im Bebauungsplan „Ortskern ...“ als Dorfgebiet festgesetzt sei. Der Reitplatz selbst und die umgebenden Flächen befänden sich im Außenbereich. Von einem Reitplatz würden keine besonderen luftverunreinigenden Immissionen (Stäube, Gerüche) oder Lärm ausgehen. Eine Flutlichtanlage sei nicht beantragt. Der Reitplatzbetrieb sei jedoch auf die Tagzeit zu begrenzen, weswegen gebeten werde, eine entsprechende Auflage in den Genehmigungsbescheid zu übernehmen.
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... nahm mit Schreiben vom 4. August 2015 Stellung. Der Bauherr bewirtschafte seinen 23,6 ha großen Grünlandbetrieb im Nebenerwerb. Von der landwirtschaftlichen Fläche befänden sich 11 ha in seinem Eigentum. Die frühere Milchviehhaltung sei zwischenzeitlich aufgegeben. Dafür würden im Winterhalbjahr vom Oktober bis Mai ca. zehn Aufzuchtrinder eines Milchviehbetriebs aus ... gehalten. Neben der Rinderhaltung werde schon seit Jahren eine Pferdezucht der Rasse ... betrieben. Derzeit seien 18 Zucht- und Nachzuchttiere vor Ort, davon sechs aktive Zucht-stuten mit zwei Fohlen. In geringem Umfang würden auch Jungpferde in Pension gehalten. Der Pferdeverkauf erfolge über Aufzucht und Ausbildung der Nachzucht, so dass man von drei bis vier Verkaufspferden pro Jahr ausgehen könne. Die Ausbildung der jungen Pferde würde von der 30jährigen Tochter des Bauherrn durchgeführt, die gelernte Pferdewirtin sei. In etwa fünf Jahren solle der Hof an die Tochter übergeben werden (der Bauherr ist 59 Jahre alt), die diesen ebenfalls im Nebenerwerb weiterführen wolle. Die Ausbildung der jungen Pferde erfolge derzeit auf einem provisorischen Rasenreitplatz. Da die Tochter und Hofnachfolgerin künftig die Ausbildung professioneller und witterungsunabhängiger gestalten wolle, solle hierfür ein Allwetterplatz an der Stelle des jetzigen Rasenreitplatzes errichtet werden. Es handle sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 201 BauGB. Die berufliche Qualifikation für die Pferdehaltung sei bei der Hofnachfolgerin, die sich bereits jetzt im Wesentlichen um die Pferdehaltung kümmere, gegeben. Die beantragte Baumaßnahme, ein Reitplatz 20 x 40 m, diene der Entwicklung des landwirtschaftlichen Pferdehaltungsbetriebs und sei ökonomisch sinnvoll, weswegen die Voraussetzungen für eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllt seien.
Mit Bescheid des Landratsamtes vom ... August 2015 wurde die bauaufsichtliche Genehmigung für die Errichtung des Reitplatzes erteilt. Als Auflage ist u. a. verfügt, dass der Reitplatz nur während der Tagzeit (6.00 bis 22.00 Uhr) genutzt werden darf. Auf die Bescheidsbegründung wird Bezug genommen.
Der Bescheid wurde der Antragstellerin gegen Postzustellungsurkunde am 3. September 2015 zugestellt.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 8. September 2015, beim Verwaltungsgericht eingegangen am selben Tag per Telefax, erhob die Antragstellerin Klage gegen die mit Bescheid vom ... August 2015 erteilte Baugenehmigung und beantragte mit weiterem Schreiben vom selben Tag,
die Vollziehung der Baugenehmigung vom ... August 2015, die dem Beigeladenen vom Antragsgegner erteilt wurde, auszusetzen und
den Baubeginn des genehmigten Vorhabens auf dem Grundstück mit der FlNr. ... der Gemarkung ... zu untersagen.
Zur Begründung des Eilantrags wurde auf die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht vorliegende Klagebegründung verwiesen.
Mit Beschluss des Gerichts vom 16. September 2015 wurde der Bauherr zum Verfahren beigeladen.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 30. September 2015 wurde der angegriffene Bescheid vorgelegt.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 legte das Landratsamt die Behördenakten vor und beantragte Klageabweisung sowie
Zurückweisung des Antrags auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass die erteilte Baugenehmigung rechtmäßig sei, insbesondere verletze sie keine drittschützenden Rechte der Antragstellerin. Der Reitplatz liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Aufgrund der Stellungnahme des AELF ... vom 4. August 2015 habe das Landratsamt eine Privilegierung angenommen. Nach der Stellungnahme des Sachbereichs Technischer Umweltschutz vom 10. Juli 2015 würden von dem Reitplatz keine luftverunreinigenden Immissionen oder Lärm ausgehen. Dennoch sei der Bescheid mit der Auflage versehen worden, den Reitplatz nur zu Tagzeiten zu benutzen. Das Wohngrundstück der Antragstellerin liege im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der hierfür ein Dorfgebiet festsetze. In dieser Lage seien im Dorfgebiet ortsübliche Immissionen hinzunehmen. Da das Grundstück der Antragstellerin an der Grenze zum Außenbereich liege, wäre auf der angrenzenden Fläche insbesondere die dauerhafte Beweidung durch eine Vielzahl von Nutztieren und die damit verbundenen Immissionen hinzunehmen. Die durch die Reitplatznutzung verursachten Beeinträchtigungen blieben weit hinter den Immissionen durch eine Beweidung zurück. Da die Nutzung typischerweise durch ein oder wenige Tiere geschehe, die Nutzung auf die Tagzeiten beschränkt sei und die Nutzung auf der südlichen Seite des Baugrundstücks ausgeübt werde und nicht direkt an der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin, beeinträchtige der Reitplatz die nachbarlichen Belange weniger als eine ohnehin zulässige Nutzung der Außenbereichsfläche durch Beweidung.
Auf entsprechende Aufforderung des Gerichts legte das Landratsamt mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 den Bebauungsplan „Ortskern ...“ der Gemeinde ... vor.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 29. Oktober 2015 wurden Klage und Eilantrag begründet. Im Wesentlichen ist ausgeführt, dass die Baugenehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Das Bauvorhaben sei nicht privilegiert im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die Errichtung eines Reitplatzes diene nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen. Der Betrieb des Beigeladenen falle nicht mehr unter den Begriff der Landwirtschaft, da die landwirtschaftlich genutzte Fläche zum überwiegenden Teil gepachtet sei. Aus der Stellungnahme des AELF gehe hervor, dass von den 23,6 ha Grünfläche lediglich 11 ha im Eigentum des Beigeladenen stünden. Die Ausbildung der Pferde auf dem Reitplatz diene nicht dem Betrieb als solchem. Er würde von der Tochter des Beigeladenen in eigener Verantwortung ausgeübt; darüber hinaus diene die Ausbildung der Pferde nicht unmittelbar der Pferdezucht. Durch die nicht vorliegende Privilegierung des Vorhabens würde die Antragstellerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt. Darüber hinaus stünde dem Vorhaben auch der öffentliche Belang gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB entgegen, da durch die Nutzung des Bauvorhabens schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen würden. Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme des Sachgebiets Technischer Umweltschutz vom 17. Juli 2015 würden durch das Vorhaben Lärmimmissionen hervorgerufen. Das Grundstück werde schon seit längerer Zeit als Reitplatz genutzt. Die Antragstellerin wisse deshalb, dass durch diese Nutzung erhebliche Immissionen entstünden. Die Antragstellerin sei in der Vergangenheit insbesondere durch die lauten Zurufe der Personen, welche die Tiere ausbildeten, gestört worden. Der Reitplatz beeinträchtige nachbarliche Belange bezüglich der Lärmimmissionen wesentlich mehr als eine bloße Beweidung. Von letzterer würden wesentlich geringere Lärmimmissionen ausgehen. Eine Beweidung sei außerdem in der Regel nur auf die Sommerzeit beschränkt. Da nun ein befestigter Reitplatz genehmigt worden sei, werde die Nutzung des Nachbargrundstücks in erheblichem Ausmaß zunehmen. Diese sei nicht mehr wetterabhängig. Eine genehmigte Nutzung von 6.00 bis 22.00 Uhr an allen Tagen der Woche und zu jeder Jahreszeit sei für die Antragstellerin unzumutbar. Die entsprechende Auflage reiche nicht aus, um die nachbarlichen Belange der Antragstellerin angemessen zu schützen. Die Nutzung des Reitplatzes werde auch an Sonntagen genehmigt. Dies verstoße gegen das Verbot des Art. 2 Abs. 1 des Feiertagsgesetzes. Hiernach seien öffentlich bemerkbare Arbeiten an Sonn- und Feiertagen verboten. Der Reitplatz solle der Ausbildung der Zuchtpferde des Beigeladenen dienen. Diese Arbeit wäre öffentlich bemerkbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Bauvorlagen und des Bebauungsplans Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 a, § 80 Abs. 5 VwGO anzustellende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
Gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 80 a Abs. 1 Nr. 2, § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage eines Dritten gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, der gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt, aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen.
Hierzu hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen zu dürfen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 a, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B. v. 12.4.1991 - 1 CS 91.439 -, BayVBl. 1991, 720). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen nach vorläufiger Betrachtung als voraussichtlich erfolglos, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt.
Die nach den genannten Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung fällt hier zulasten der Antragstellerin aus. Denn nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte die streitgegenständliche Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren - die Anfechtungsklage der Antragstellerin - voraussichtlich nicht aufzuheben sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin wegen § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO allein auf nachbarschützende Rechte berufen kann (vgl. etwa BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 -, juris Rn. 20).
Die angefochtene Baugenehmigung verletzt, soweit sie die Nutzung des Reitplatzes zur Tagzeit genehmigt, voraussichtlich keine Nachbarrechte der Antragstellerin; soweit der Bescheid des Landratsamtes vom ... August 2015 möglicherweise auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage basiert, so kann das bis zur Entscheidung über die Klage im Hauptsacheverfahren vom Antragsgegner noch nachgebessert werden.
In bauplanungsrechtlicher Hinsicht - zugunsten der Antragstellerin drittschützende Vorschriften aus anderen Bereichen sind nicht ersichtlich - beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens, das die Voraussetzungen einer baulichen Anlage gemäß § 29 Abs. 1 BauGB wegen des mehrschichtigen, fest angelegten Aufbaus des Reitplatzes ohne weiteres erfüllt, nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB), da der Standort des Vorhabens nach Aktenlage außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile von... Ortsteil ... liegt.
Ob die Zulassung auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu Recht erfolgt ist oder ob eine Zulassung nur auf der Grundlage des § 35 Abs. 2 BauGB in Frage kommt, ist für den Rechtsschutz der Antragstellerin unerheblich.
Die Antragstellerin macht insofern zusammengefasst geltend, dass das Vorhaben des Beigeladenen nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb i. S. v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient und die Voraussetzungen des § 201 BauGB nicht erfüllt seien. Darauf kommt es jedoch für diesen Rechtsstreit nicht an. Denn § 35 BauGB wirkt nicht per se nachbarschützend, sondern nur über das sogenannte nachbarliche Rücksichtnahmegebot, das als öffentlicher Belang zu berücksichtigen ist und dessen Verletzung vom Nachbarn gerügt werden kann. Die Antragstellerin ist nicht Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit an einem gesetzmäßigen Verwaltungsvollzug (statt vieler BayVGH, B. v. 29.05.1995 - 14 CS 95.879 -). Das Rücksichtnahmegebot ist dabei keine allgemeine Härteklausel, die über den Vorschriften des Städtebaurechts steht, sondern ein normgebundenes Instrument der Konfliktbewältigung zur bauplanungsrechtlichen Feinsteuerung im Einzelfall, das in den einzelnen bauplanungsrechtlichen Bereichen unterschiedlich ausgestaltet ist. Im bauplanungsrechtlichen Außenbereich ist als grundsätzlich drittschützend anerkannt die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB; soweit es wie hier um schädliche Umwelteinwirkungen i. S. v. § 3 Abs. 1 BImSchG geht, ist der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB eine einfach-gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB schützt auch im Innenbereich gelegene Nachbargrundstücke (BVerwG, U. v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 -, juris Rn. 15).
Die Antragstellerin könnte deshalb das Bauvorhaben nur abwehren, wenn es zulasten ihres Wohngrundstücks schädliche Umwelteinwirkungen i. S. v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen könnte. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der Legaldefinition des § 3 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (BayVGH, B. v. 29.05.1995 - 14 CS 95.879 -). Eine Anlage, die keine stärkeren Immissionen verursacht als jeweils immissionsschutzrechtlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässig, ist auch im baurechtlichen Sinne nicht rücksichtslos (BVerwG, U. v. 30.09.1983 - 4 C 74.78 -, juris Rn. 13).
Die mit dem Bauvorhaben des Beigeladenen verbundenen Nachteile überschreiten vorliegend ersichtlich nicht das Maß dessen, was einem Grundstücksnachbarn in der konkreten Situation billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Antragstellerin liegt wohl nicht vor.
Die ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Nachbargrundstücks wird durch die bauordnungsrechtliche Abstandsflächenregelung grundsätzlich sichergestellt. Den bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstand zum Grundstück der Antragstellerin hält das Bauvorhaben nach Aktenlage eindeutig und zwischen den Beteiligten wohl auch unstreitig ein.
Von dem geplanten Reitplatz des Beigeladenen gehen ebenso wie von der damit verbundenen Pferdehaltung in Richtung auf das Grundstück der Antragstellerin wohl keine unzumutbaren Lärm- und Geruchsbelästigungen aus. Dabei ist insbesondere auch die Lage des Grundstücks der Antragstellerin zu beachten. Dieses liegt nicht in einem unvorbelasteten allgemeinen Wohngebiet, sondern in einem per Bebauungsplan festgesetzten Dorfgebiet gemäß § 30 Abs. 1, Abs. 3 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO und zudem in Ortsrandlage zum Außenbereich. Die Lage des Grundstücks der Antragstellerin in einem festgesetzten Dorfgebiet gemäß § 5 BauNVO bewirkt, dass die Schutzwürdigkeit dieses Nachbargrundstücks in immissionsrechtlicher Hinsicht dem entspricht, was im Dorfgebiet zumutbar ist.
In ländlichen Gegenden müssen Pferdehaltungen in einem Dorfgebiet sowie im benachbarten Außenbereich grundsätzlich hingenommen werden (vgl. BayVGH, B. v. 29.05.1995 - 14 CS 95.879 -). Der Reitplatz des Beigeladenen ist zudem vom Grundstück der Antragstellerin - nach Aktenlage, gemessen aus den genehmigten Bauvorlagen - ca. 35 m entfernt, vom Wohnhaus der Antragstellerin ca. 50 m. Auch bisher befindet sich nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten an dieser Stelle bereits ein Grasreitplatz; insofern wird zwar durch das Vorhaben, das eine ganzjährige und weitgehend wetterunabhängige Nutzung zulässt, in Zukunft eine Nutzungsintensivierung im Vergleich zu dem bisherigen Zustand stattfinden, aber wohl nicht so gravierend, dass eine Unzumutbarkeit angenommen werden könnte. Reitplätze gehören im Dorfgebiet zu den typischen sonstigen Gewerbebetrieben. Schützenswerte Nachbarinteressen stehen der Unterbringung eines Reitplatzes im Dorfgebiet, erst recht im Außenbereich, grundsätzlich nicht entgegen. Geräuschimmissionen und allgemein von der Pferdehaltung ausgehende Geruchsbelästigungen sind für ein Dorfgebiet typisch und müssen grundsätzlich von jedermann hingenommen werden (vgl. hierzu Fickert/Fieseler, BauNVO, Rn. 8.4ff. zu § 5 m. w. N.). Erst recht gilt das für einen Reitplatz, der sich angrenzend an ein Dorfgebiet im Außenbereich befindet.
Speziell bezüglich der von der Antragstellerin geltend gemachten Lärmimmissionen erscheint dem Gericht mit der für die Beurteilung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Sicherheit festzustehen, dass insofern eine Überschreitung der im Dorfgebiet anzusetzenden Immissionswerte nicht ansatzweise zu besorgen ist. Dabei kann offen bleiben, welches technische Regelwerk hier anzuwenden ist. Denn insofern ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede. Das Gericht neigt zur Heranziehung der TA Lärm, da es hier um einen Reitplatz geht, der in erster Linie dem Pferdezuchtbetrieb des Beigeladenen zugeordnet ist und demzufolge wohl keine Sportanlage darstellt. Gemäß Nr. 6.1 Abs. 1 lit. c der TA Lärm ist für das hier relevante Dorfgebiet tags ein Immissionsrichtwert von bis zu 60 dB(A) zulässig und damit für die Antragstellerin zumutbar. Auf den Nachtwert kommt es nicht an, da der streitgegenständliche Bescheid die Nutzung des Reitplatzes zur Nachtzeit nicht erlaubt (vgl. Nr. 6.4 TA Lärm). Wollte man etwa die sog. Sportanlagenlärmschutzverordnung, d. h. die 18. BImSchV anwenden (so z. B. VG München, B. v. 17.02.1998 - M 11 SN 98.245 -, juris Rn. 18 für einen Reitplatz, der zur Ausübung des Reitsports und zur Ausbildung der Pferde für sportliche Zwecke genutzt wurde), ergäbe sich im Ergebnis nichts wesentlich anderes: Die in § 2 Abs. 1, Abs. 2 18.BImSchV für Sportanlagen vorgesehenen Immissionsrichtwerte betragen im Falle des hier vorliegenden Dorfgebiets (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 der 18.BImSchV), je nachdem, ob ein Ruhezeitenzuschlag (§ 2 Abs. 5 18.BImSchV) vorzunehmen ist, tagsüber zwischen 60 und 55 dB(A); insofern wäre für die Antragstellerin im Ergebnis die Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung günstiger. Diese Frage kann trotzdem offen bleiben. Denn nach Einschätzung des Gerichts kann im vorliegenden Fall mit der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Gewissheit davon ausgegangen werden, dass die nach Aktenlage zu erwartende Nutzung des Reitplatzes hinsichtlich der Lärmimmissionen bei der Antragstellerin bei weitem unterhalb dieser Richtwerte liegt. Dabei legt das Gericht für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend der bei den Akten befindlichen Stellungnahme des AELF vom 4. August 2015 eine Anzahl von etwa 20 Pferden zugrunde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Tiere alle auf einmal auf den Reitplatz geführt werden, vielmehr ist davon auszugehen, dass jeweils eines oder jedenfalls nur ein geringer Bruchteil des Gesamtbestandes gleichzeitig auf dem Reitplatz ist. Dann aber ist - unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei der Lärmberechnung um Mittelungspegel handelt - nicht denkbar, dass dadurch für den Beurteilungszeitraum tagsüber eine Überschreitung der o.g. Richtwerte auch nur annähernd in Betracht kommt. Dass seitens der Bevollmächtigten der Antragstellerin geltend gemacht wird, die Antragstellerin wisse aus der Benutzung des bisherigen Reitplatzes, dass dadurch erhebliche Immissionen entstehen, wird an dieser Einschätzung voraussichtlich nichts zu ändern vermögen, da auch dadurch die Überschreitung der o.g. Richtwerte weder belegt noch - entgegen aller Wahrscheinlichkeit - hinreichend dargetan wird.
Der Umstand, dass die Aussage des Landratsamts in der Stellungnahme des Sachgebiets Technischer Umweltschutz vom 10. Juli 2015, dass von einem Reitplatz u. a. kein Lärm ausgehen würde, in dieser Pauschalität falsch ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. In diesem Zusammenhang erscheint es zwar angezeigt, dass seitens des Antragsgegners für die Hauptsacheklage nachgebessert wird und der Antragsgegner eine Lärmberechnung für die genehmigte Reitplatznutzung - die Genehmigung der Errichtung des Reitplatzes schließt die Genehmigung der bestimmungsgemäßen Benutzung mit ein - vorlegt, um seinen Darlegungslasten im Hauptsacheverfahren zu genügen. Für den Eilrechtsschutz besteht hingegen der Prüfungsumfang einer (nur) summarischen Prüfung des Gerichts, weshalb die bislang vorliegenden Erkenntnisse aus der Aktenlage hierfür ausreichen. Dazu kommt noch die Überlegung, dass es - sollten sich wider Erwarten im Hauptsacheverfahren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Lärmrichtwerte doch annähernd tangiert sein könnten - im vorliegenden Fall anders als etwa bei einer faktisch kaum wieder rückgängig zu machenden Errichtung eines massiven Bauwerks möglich wäre, den Reitplatz ggf. zu verkleinern, seine Nutzung im Vergleich zur streitgegenständlichen Genehmigung einzuschränken oder ihn gar zu beseitigen.
Der Vortrag, dass für die Antragstellerin die lauten Zurufe der Personen, welche die Tiere ausbilden, besonders störend seien, wird der Klage wohl nicht zum Erfolg verhelfen können und ändert deshalb am Ergebnis der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz nichts. Selbst wenn diese Zurufe besonders laut sind, ist es nach Nr. 6.1 Abs. 2 TA Lärm zulässig, dass einzelne kurze Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte am Tage um bis zu 30 dB(A) überschreiten. Damit dürften die Zurufe mit hinreichender Sicherheit nicht zu einer Verletzung der Antragstellerin in ihrem Recht aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB führen.
Ob das Vorhaben des Reitplatzes nachbarliche Belange bezüglich Lärmimmissionen mehr beeinträchtigt als eine bloße Beweidung, ist für die Entscheidung nicht erheblich, weshalb es im Hauptsacheverfahren hierzu auch keiner Beweisaufnahme in Form der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfen wird. Im baurechtlichen Genehmigungsverfahren - und folgerichtig auch bei dessen gerichtlicher Überprüfung - ist vom konkreten Vorhaben auszugehen und dessen Zulässigkeit zu beurteilen. Dass ein anderes Vorhaben bzw. wie hier eine andere Nutzung ggf. weniger eingreifend ist, ist nicht relevant, da es (lediglich) auf die verfahrensgegenständliche Nutzung ankommt, die hier aber voraussichtlich zulässig ist.
Ebenso erscheint das Vorhaben des Beigeladenen bezüglich der Geruchsimmissionen unbedeutend. Für eine Pferdehaltung wird in der Rechtsprechung allgemein eine Bagatellgrenze bei ca. 20 Tieren angenommen (vgl. z. B. VG Würzburg, U. v. 16.06.2006 - W 5 K 05.707 -, juris Rn. 30). Erst darüber kann von einem belästigenden Emissionspotential ausgegangen werden. Gegenüber der Schweine-, aber auch der Rinderhaltung ist eine Pferdehaltung grundsätzlich emissionsärmer (vgl. auch OVG Lüneburg, U. v. 19.10.1982 - 1 A 46/78 -, BRS 39 Nr. 62). Danach ist hier wohl nicht von einer relevanten Staubbelastung auszugehen, zumal insoweit weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.
Ein Verstoß gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot durch Zulassung des streitgegenständlichen Bauvorhabens des Beigeladenen scheidet nach alledem voraussichtlich aus, weshalb der Antrag abzulehnen ist.
An diesem Ergebnis ändert sich auch durch den Verweis der Antragstellerin auf Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz - FTG) nichts, da sich die Antragstellerin auf diese Vorschrift nicht berufen kann. Art. 2 Abs. 1 FTG verleiht dem Einzelnen keine subjektiven Rechte; die Antragstellerin ist nicht dafür zuständig, über die Einhaltung der Regelungen des Feiertagsgesetzes zu wachen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie §§ 154 Abs. 3 Hs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Hälfte des voraussichtlich im Klageverfahren anzusetzenden Streitwerts, Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2013, Beilage 2.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
Tatbestand
- 1
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Gegenstand des Verfahrens ist die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Ferkelaufzuchtstalles für 1 920 Ferkel, drei Futtermittelsilos und eines Güllebehälters.
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Der Beigeladene ist Landwirt und betreibt u.a. Ferkelaufzucht. Seine Hofstelle befindet sich in einer Ortsrandlage von B.-H. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in B.-H. Das Grundstück liegt am nördlichen Rand des Ortskerns und grenzt an den Außenbereich. Die Klägerin betreibt dort ein Fotoatelier und hält Pferde. In einem Abstand von ca. 50 m südwestlich davon befindet sich ein landwirtschaftlicher Betrieb; das Baugrundstück liegt in einer Entfernung von ca. 160 m nordöstlich des Grundstücks der Klägerin. Insgesamt sind im Ortsteil H. neun landwirtschaftliche Betriebe ansässig, die zumeist südlich des klägerischen Grundstücks in einer Entfernung von bis zu 600 m liegen. In sechs Betrieben werden Rinder gehalten, in den übrigen überwiegend Schweine.
- 3
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Widerspruch und erstinstanzliche Klage gegen die Baugenehmigung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Baugenehmigung aufgehoben. Der Bescheid sei rechtswidrig, denn das Bauvorhaben verstoße zulasten der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Immissionsbelastung an deren Wohngrundstück sei aktuell bereits so erheblich, dass keine weiteren emittierenden Betriebe mehr zugelassen werden könnten. Das gelte selbst dann, wenn - wie hier - das Vorhaben zu einer (leichten) Verbesserung der Geruchsbelastung am klägerischen Grundstück führe.
- 4
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Gegen das Berufungsurteil hat der Beigeladene die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe das Rücksichtnahmegebot fehlerhaft angewendet und die bestehenden Vorbelastungen nicht schutzmindernd berücksichtigt. Das angefochtene Urteil sei auch deshalb zu beanstanden, weil das Berufungsgericht die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) strikt - rechtssatzartig - angewendet habe. Die GIRL sei aber keine Rechtsnorm, sondern ein antizipiertes Sachverständigengutachten und enthalte nur Orientierungswerte, keine Grenzwerte. Daher verbiete sich eine pauschale oder sklavische Anwendung. Mit seiner Auffassung schneide das Oberverwaltungsgericht die Berücksichtigung von Einzelumständen weitgehend ab.
- 5
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Der Beklagte schließt sich der Stellungnahme des Beigeladenen an. Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 6
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Die Revision des Beigeladenen, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (1.). Zur Entscheidung in der Sache bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen. Das Verfahren ist deshalb nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (2.).
- 7
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1. Die auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gestützte Aufhebung der Baugenehmigung verstößt gegen Bundesrecht.
- 8
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Das Berufungsgericht hat angenommen, dass das Grundstück der Klägerin bereits jetzt unzumutbaren Geruchsbeeinträchtigungen ausgesetzt sei. Jedes neue Bauvorhaben müsse darauf überprüft werden, ob es mit den geltenden Vorschriften im Einklang stehe, und zwar unabhängig davon, ob sich die vorhandene Situation "zum Schlechten" verändere oder - wie hier - sogar leicht verbessere. Die Geruchsimmissions-Richtlinie, die in Genehmigungsfällen für Tierhaltungsbetriebe heranzuziehen sei, sehe für ein Dorfgebiet eine Geruchshäufigkeit von 15 % der Jahresstunden als zumutbar an und trage damit bereits dem Umstand Rechnung, dass Dorfgebiete sowohl der Landwirtschaft als auch dem sonstigen Wohnen dienten. Am Grundstück der Klägerin betrage die Geruchsfracht nach dem im Baugenehmigungsverfahren eingeholten Geruchsgutachten bereits jetzt 34,7 % der Jahresstunden, nach Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen werde sie bei 33,7 % liegen. Es sei nicht erkennbar, dass hier eine von den Vorgaben der Geruchsimmissions-Richtlinie abweichende Einschätzung - auch im Hinblick auf die leichte Verbesserung, die zu erwarten sei - zugrunde zu legen wäre. Auch wenn das Grundstück der Klägerin bis in die 1980er Jahre landwirtschaftlich genutzt worden sei und an den Außenbereich angrenze, könne es hinsichtlich der hinzukommenden Geruchsfrachten nicht mit einem im Außenbereich liegenden ehemalig oder aktiv landwirtschaftlich genutzten Grundstück gleichgesetzt und damit einer weit über 20 % der Jahresstunden liegenden Geruchsfracht ausgesetzt werden.
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Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, ein landwirtschaftliches Vorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme zulasten eines Wohngebäudes bereits dann, wenn es in einer erheblich über den in der Geruchsimmissions-Richtlinie genannten Werten vorbelasteten Umgebung verwirklicht werden soll, und zwar selbst dann, wenn durch das Vorhaben die bestehende Belastung nicht erhöht, sondern sogar leicht gesenkt werde, ist mit Bundesrecht unvereinbar.
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Das Gebot der Rücksichtnahme ist kein generelles Rechtsprinzip des öffentlichen Baurechts und verkörpert auch keine allgemeine Härteregelung, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht. Es ist vielmehr Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>) und als solches in den Tatbestandsmerkmalen der §§ 30 bis 35 BauGB und des § 15 Abs. 1 BauNVO enthalten (BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 a.a.O.). Es ist gegenüber anderen (ausdrücklich und von vornherein) nachbarschützenden Vorschriften subsidiär.
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Bei Außenbereichsvorhaben hat das Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf "schädliche Umwelteinwirkungen" in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB eine ausdrückliche Regelung erfahren (BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1999 - 4 B 38.99 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 160 = juris Rn. 6; siehe auch Urteil vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 196 = juris Rn. 13); im Übrigen ist es, soweit es nicht um (schädliche) Immissionen geht, sondern um sonstige nachteilige Wirkungen eines Außenbereichsvorhabens, ein ungeschriebener öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB (BVerwG, Beschlüsse vom 5. September 2000 - 4 B 56.00 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 344 und vom 28. Juli 1999 - 4 B 38.99 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 160). Hieraus folgt, dass das Vorhaben des Beigeladenen zuvörderst an § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu messen ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht verkannt.
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Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB stehen einem nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässigen Außenbereichsvorhaben öffentliche Belange unter anderem dann entgegen, wenn es schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Die Vorschrift verweist auf die Begriffsbestimmung der schädlichen Umwelteinwirkung in § 3 Abs. 1 BImSchG (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122 <126>; Beschluss vom 2. August 2005 - 4 B 41.05 - BRS 69 Nr. 102), worunter auch Geruchsimmissionen fallen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - 4 C 12.10 - BVerwGE 141, 293 Rn. 22). Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei Geruchsimmissionen - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.O.). Der Schutz vor Immissionen im Bauplanungsrecht über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ist dabei kein anderer und fällt nicht geringer aus als der Schutz vor Immissionen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. September 1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>, vom 30. September 1983 - 4 C 18.80 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 8 S. 26<28> = juris Rn. 13, vom 24. September 1992 - 7 C 7.92 - Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 22 = juris Rn. 17 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 9 = juris Rn. 19 m.w.N.; Beschluss vom 22. Februar 1988 - 7 B 28.88 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 11 S. 1<2> = juris Rn. 3). All dies ist gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2005 - 4 B 41.05 - ZfBR 2005, 806 = BauR 2005, 1900 = juris Rn. 3). Ebenso ist geklärt, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Schweineställen verursachten Gerüche als Orientierungshilfe auch auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (vgl. etwa Nds.MBl. 2009 S. 795 ff.) zurückgegriffen werden darf (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.O.). Dabei verbietet sich allerdings jede schematische Anwendung bestimmter Immissionswerte (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 = juris Rn. 8).
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Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen sind etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist (BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1979 - 4 C 10.77 - BVerwGE 59, 253 <260>, vom 22. März 1985 - 4 C 63.80 - BVerwGE 71, 150 <155 ff.>, vom 22. Mai 1987 - 4 C 33-35.83 - BVerwGE 77, 285 <292 ff.>, vom 23. Mai 1991 - 7 C 19.90 - BVerwGE 88, 210 = juris Rn. 10, vom 21. Dezember 2010 - 7 A 14.09 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 = juris Rn. 28 ff. und vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 16). Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 261, vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <357> und vom 23. Mai 1991 - 7 C 19.90 - BVerwGE 88, 210). Soll in einem erheblich vorbelasteten Gebiet ein weiteres emittierendes Vorhaben zugelassen werden, ist das nach der Rechtsprechung des Senats jedenfalls dann möglich, wenn hierdurch die vorhandene Immissionssituation verbessert oder aber zumindest nicht verschlechtert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 = juris Rn. 31), sofern die Vorbelastung die Grenze zur Gesundheitsgefahr noch nicht überschritten hat (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und das - immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige - Vorhaben den Anforderungen des § 22 Abs. 1 BImSchG genügt (BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 - ZfBR 1983, 139 <140> = juris Rn. 14 und vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 261 = juris Rn. 29 ff.). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB dem Vorhaben nicht entgegen.
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Mit diesen bundesrechtlichen Maßstäben ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts nicht vereinbar. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Klägerin zwar erheblich über den einschlägigen Werten der Geruchsimmissions-Richtlinie liegt, die Grenze zur Gesundheitsgefahr aber noch nicht überschritten ist. Mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen ist der Senat hieran gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Ferner hat es festgestellt, dass sich die Geruchsfracht am Grundstück der Klägerin von derzeit 34,7 % der Jahresstunden nach Verwirklichung des Vorhabens auf 33,7 % der Jahresstunden reduziert. Auch diese Feststellung ist für den Senat bindend, denn die von der Klägerin in der Form der Gegenrüge erhobenen Aufklärungsrügen genügen schon nicht den Darlegungserfordernissen gemäß § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO (siehe hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 17. November 2016 - 9 B 51.16 - juris Rn. 10 m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen durfte die Baugenehmigung ohne Prüfung des § 22 Abs. 1 BImSchG nicht aufgehoben werden.
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Das Oberverwaltungsgericht hat seine gegenteilige Auffassung auch darauf gestützt, dass eine erhebliche Überschreitung der in der Geruchsimmissions-Richtlinie vorgesehenen Werte auf unabsehbare Dauer festgeschrieben würde, wenn Baumaßnahmen ermöglicht werden, die sich zwar jeweils unterhalb der durch die Vorbelastung gezogenen Grenze bewegten, aber nicht zu spürbaren Verbesserungen führten. Das verkennt den rechtlichen Maßstab. Das Berufungsgericht übersieht, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung, sondern nur als Orientierungshilfe angewendet werden darf (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - 4 C 12.10 - BVerwGE 141, 293 Rn. 22) und dass sie auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach Nr. 1 Abs. 4 nur sinngemäß Anwendung findet. Maßgeblich für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze sind folglich die konkreten Umstände des Einzelfalls, die einer umfassenden Würdigung zu unterziehen sind. Hiervon geht im Übrigen, ohne dass dem normativer Gehalt beizumessen wäre, auch die Geruchsimmissions-Richtlinie aus. Nach deren Nr. 3.1 Abs. 5 reicht ein Vergleich mit den Immissionswerten nicht immer zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung aus. Regelmäßiger Bestandteil der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen sei deshalb im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 für den jeweiligen Einzelfall bestünden. Gemäß Nr. 5 ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein könne, mit der Folge, dass die oder der Belästigte im höheren Maße Geruchseinwirkungen hinnehmen müsse. Die Auffassung des Berufungsgerichts könnte im Übrigen auch zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen. Denn es ist nicht gerechtfertigt, demjenigen, der sein Grundstück in einer baurechtlich zulässigen Weise bebauen will, dieses Recht nur deshalb vorzuenthalten, weil die Betreiber emittierender Anlagen die ihnen gesetzlich obliegenden Pflichten nicht erfüllen und die zuständige Behörde nichts tut, sie dazu anzuhalten (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 = juris Rn. 27).
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2. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Vorhaben des Beigeladenen den Anforderungen des § 22 Abs. 1 BImSchG entspricht. Das zwingt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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Für das durchzuführende Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht auch der Frage nachzugehen haben wird, ob die Baumaßnahme des Beigeladenen im Hinblick auf die hiermit im Zusammenhang stehenden Änderungen an bereits bestehenden Ställen der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte (zur sogenannten nachträglichen Kumulation siehe etwa BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219); auf das Fehlen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung könnte sich die Klägerin berufen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 a.a.O. Rn. 8). Ferner wird zu klären sein, ob die am Grundstück der Klägerin als Vorbelastung festgestellte Geruchsfracht sich rechtmäßig betriebenen, mithin entsprechend genehmigten Anlagen zuordnen lässt. Denn nur in diesem Umfang wirken Vorbelastungen schutzmindernd (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 261 = juris Rn. 32; siehe auch Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 59).
Tatbestand
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Streitgegenstand ist eine kapazitätsbeschränkende Nebenbestimmung, die einer dem Kläger erteilten Baugenehmigung für die Wiedererrichtung eines abgebrannten Putenstalles beigefügt ist. Der zwischenzeitlich wieder errichtete Stall ist Teil eines aus vier Ställen bestehenden Stallkomplexes, der für Tierhaltung in Form der Putenmast genutzt wird. Zwei der Ställe werden von der L. & H. V. GbR betrieben. Die zwei Ställe auf dem angrenzenden Flurstück werden vom Kläger selbst betrieben.
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Im Juni 2004 brannte der baurechtlich im Jahr 1999 genehmigte, wegen einer Änderung der 4. BImSchV vom Kläger im Januar 2002 nach § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigte Stall ab. Da Meinungsunterschiede über die Genehmigungsbedürftigkeit der Wiedererrichtung bestanden, schlossen der Kläger und der Beklagte eine Vereinbarung. Darin verpflichtete sich der Beklagte, eine Baugenehmigung verbunden mit einer selbständig anfechtbaren Auflage zur Kapazitätsbeschränkung zu erteilen. Mit der Nebenbestimmung wollte der Beklagte den Bedenken der Landwirtschaftskammer Rechnung tragen, weil die nach der Geruchsimmissions-Richtlinie zulässigen Immissionswerte an in der Nachbarschaft belegenen, nach 1999 errichteten Wohnhäusern überschritten würden. Der Wiederaufbau setze voraus, dass die Zusatzbelastung unter der Irrelevanzgrenze der Jahresgeruchsstunden liege. Beim Wiederaufbau mit gleichem Tierbesatz und ohne Abluftreinigungsanlage sei diese Voraussetzung nicht erfüllt.
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Am 18. Oktober 2005 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Baugenehmigung mit folgender Nebenbestimmung:
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"In allen vier Stallgebäuden der Gemarkung D., Flur 43, Flurstücke 20/1 (GbR L. und H. V.) und 20/4 (H. V.) dürfen nicht mehr als 15 400 Puten und zwar 13 200 Hähne und 2 200 Hennen gehalten und gemästet werden."
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Die Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung wies das Verwaltungsgericht ab. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung sei die Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens. Die 1999 erteilte Baugenehmigung decke eine Wiedererrichtung nicht ab. Eine Genehmigung nach § 4 oder § 19 BImSchG, der gemäß § 13 BImSchG Konzentrationswirkung zukomme, sei nicht erteilt worden. Die nach § 67 Abs. 2 BImSchG erfolgte Anzeige führe nicht zu vergleichbaren Rechtsfolgen. Das Vorhaben sei auch nicht bundesrechtlich durch § 16 Abs. 5 BImSchG von einer Genehmigung freigestellt. Eine Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG sei keine Genehmigung im Sinne des § 16 Abs. 5 BImSchG. Art. 14 Abs. 1 GG stehe dem Ergebnis, dass der Kläger für die Wiedererrichtung des Stalles zunächst einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, nach Änderung der 4. BImSchV jedenfalls einer Baugenehmigung bedurft habe, nicht entgegen.
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Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: § 16 Abs. 5 BImSchG gelte auch für Anlagen, die gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigt worden seien. Nach § 16 Abs. 5 BImSchG entfalle beim unveränderten Wiederaufbau einer Anlage nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Genehmigungsbedürftigkeit. Daher sei bei einer Wiedererrichtung auch kein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass unter "Genehmigung" im Sinne des § 16 Abs. 5 BImSchG nicht die genehmigungsersetzende Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG zu verstehen ist, steht zwar nicht im Einklang mit Bundesrecht. Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmung ist § 36 Abs. 1 VwVfG. Danach darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, nur mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn damit sichergestellt werden soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der hier angefochtenen Nebenbestimmung ist die baurechtliche Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens. Denn die Nebenbestimmung muss darauf gerichtet sein, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der erteilten Genehmigung, der sie beigefügt ist, sicherzustellen. Das setzt voraus, dass es für den Wiederaufbau des Stalles einer Baugenehmigung bedurfte.
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1. Nach dem zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung im Jahr 2005 wäre das Vorhaben an sich gemäß Spalte 2 Nr. 7.1 b) des Anhangs der 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig gewesen.
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Durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1950) wurde die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV - i.d.F. vom 14. März 1997 (BGBl I S. 504) geändert. Mit Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. Juli 2001 bis zur Aufhebung durch das Gesetz vom 23. Oktober 2007 (BGBl I S. 2470, 2473) bestand gemäß Spalte 2 Nr. 7.1 b) des Anhangs der 4. BImSchV eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht für Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren mit Plätzen für 50 Großvieheinheiten oder mehr sowie mehr als 2 Großvieheinheiten je Hektar der vom Inhaber der Anlage regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche oder ohne landwirtschaftlich genutzte Fläche, wobei eine Großvieheinheit einem Lebendgewicht von 500 Kilogramm je Haltungsperiode entsprach. Unter diese Regelung fiel der Betrieb des Klägers. Das stellen auch die Beteiligten nicht in Frage. Für die Durchführung eines bauordnungsrechtlichen Verfahrens neben dem immissionsschutzrechtlichen Verfahren wäre daher im Jahr 2005 grundsätzlich kein Raum gewesen. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt unabhängig davon, ob sie im förmlichen oder vereinfachten Verfahren erteilt wird, die in § 13 BImSchG aufgeführten anderen die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen ein, zu denen die Baugenehmigung gehört. Für ein Vorhaben, das der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegt, kann mangels Sachkompetenz der Bauordnungsbehörde eine Baugenehmigung nicht erteilt werden (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 C 9.03 - BVerwGE 121, 182 <189>).
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2. Von der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung war der Kläger jedoch gemäß § 16 Abs. 5 BImSchG freigestellt. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, dass Anlagen, die lediglich gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigt worden sind, nicht in den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 5 BImSchG fallen, steht nicht in Übereinstimmung mit Bundesrecht.
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§ 16 Abs. 5 BImSchG bestimmt, dass es dann, wenn eine genehmigte Anlage ersetzt oder ausgetauscht werden soll, keiner Genehmigung bedarf. Die Vorschrift gilt auch für gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigte Anlagen. Zwar könnte der vom Oberverwaltungsgericht angeführte Umstand, dass der Gesetzgeber sorgfältig zwischen Genehmigung und Anzeige unterschieden hat, es nahe legen, dass nach § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigte Anlagen nicht von der Regelung des § 16 Abs. 5 BImSchG erfasst werden sollen. Gegen eine solche Sichtweise spricht aber der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers. In der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 6. März 1996 hat der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift, die nach der damaligen Zählung in § 15 Abs. 3 des Gesetzentwurfs geregelt war, auch für nach § 67 Abs. 2, § 67a Abs. 1 BImSchG anzuzeigende oder nach § 16 Abs. 4 GewO angezeigte Anlagen gelten soll (BTDrucks 13/3996 S. 9). Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hat die Begründung des Regierungsentwurfs nicht aufgrund der Überarbeitung durch den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BTDrucks 13/5100), auf den die geltende Zählung zurückzuführen ist, an Bedeutung verloren. In Bezug auf § 15 Abs. 3 des Entwurfs, nun § 16 Abs. 5 BImSchG, bestand die Überarbeitung darin, die Formulierung "eine wesentliche Änderung bedarf der Genehmigung nicht" aus Gründen der Klarstellung (BTDrucks 13/3996 S. 13) durch die Formulierung "einer Genehmigung bedarf es nicht" zu ersetzen; außerdem wurde die Reihenfolge der Regelungen geändert (BTDrucks 13/5100 S. 6-8). Inhaltliche Änderungen waren mit dieser Klarstellung nicht verbunden. Unter diesen Umständen hätte es eines ausdrücklichen Hinweises und der Erläuterung bedurft, dass der Gesetzgeber an seiner in der Begründung des Regierungsentwurfs niedergelegten Auffassung, die Vorschrift solle auch im Fall angezeigter Anlagen im Sinne des § 67 Abs. 2 BImSchG gelten, nicht mehr festhalten wollte.
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3. Das Urteil erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil der Kläger zur Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet war und die angefochtene Auflage dazu dient sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der ihm erteilten Baugenehmigung erfüllt werden.
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a) Das Oberverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass der Kläger für den Wiederaufbau des Stalles nach den §§ 68 ff., 75 ff. der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) einer Baugenehmigung bedurfte. Hieran ist der Senat nach § 173 Abs. 1 VwGO, § 560 ZPO gebunden. Nach § 68 Abs. 2 Satz 2 NBauO bleiben zwar Vorschriften des Bundes- und Landesrechts unberührt, nach denen weitere behördliche Entscheidungen eine Baugenehmigung einschließen. Die baurechtliche Genehmigungsbedürftigkeit des Wiederaufbaus des Stalles ist aber nicht nach Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entfallen.
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aa) Die Anzeige des Klägers nach § 67 Abs. 2 BImSchG, mit der er im Jahr 2002 auf das mit Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. Juli 2001 begründete immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernis gemäß Spalte 2 Nr. 7.1 b) des Anhangs der 4. BImSchV reagiert hat, macht die Durchführung eines baurechtlichen Genehmigungsverfahrens nicht entbehrlich. Der Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, dass eine Anzeige gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG nicht zu mit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vergleichbaren Rechtsfolgen führt und daher mangels Konzentrationswirkung im Sinne des § 13 BImSchG die baurechtliche Genehmigungspflicht nicht nach der landesrechtlichen Vorschrift des § 68 Abs. 2 Satz 2 NBauO entfällt, steht in Übereinstimmung mit Bundesrecht. Einer Anzeige mit genehmigungsersetzender Wirkung gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG (Beschluss vom 4. März 2010 - BVerwG 7 B 38.09 - Buchholz 406.25 § 18 BImSchG Nr. 4) kommt keine Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG zu. Die durch die Anzeige vermittelte, auf Gründen des Vertrauensschutzes beruhende Rechtsposition des Betreibers geht über diejenige des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht hinaus; sie gewährt im Gegenteil ein geringeres Maß an Bestandsschutz (Urteil vom 25. August 2005 - BVerwG 7 C 25.04 - BVerwGE 124, 156 <159>). Zutreffend weist das Oberverwaltungsgericht darauf hin, dass der Gesetzgeber es im Fall des § 67 Abs. 2 BImSchG bei der punktuellen Anordnung der Wirkung einzelner Vorschriften belassen und sich anders als bei § 67 Abs. 9 BImSchG darauf beschränkt hat, der Behörde auf Grund der mit der Anzeige vorzulegenden Unterlagen eine immissionsschutzrechtliche Bewertung zu ermöglichen. Dem Anlageninhaber wird im Fall der Änderung der Rechtslage nach § 67 Abs. 2 BImSchG lediglich das Betreiben eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erspart.
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bb) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt § 16 Abs. 5 BImSchG die Pflicht, ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, unberührt. Im Fall des Wiederaufbaus einer zerstörten Anlage entbindet § 16 Abs. 5 BImSchG lediglich von der Pflicht, ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, nicht jedoch von der Beachtung anderer behördlicher Genehmigungserfordernisse.
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Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 5 BImSchG könnte unter "Genehmigung" zwar auch eine baurechtliche Genehmigung zu verstehen sein. Bereits aus kompetenziellen Gründen liegt es nahe, dass § 16 Abs. 5 BImSchG entsprechend dem Regelungsgegenstand des Bundes-Immissionsschutzgesetzes lediglich die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit meint. Die Systematik bestätigt diesen Befund. § 16 Abs. 5 BImSchG entfaltet selbst keine Konzentrationswirkung. Die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG ist auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungen im Sinne der §§ 4, 19 BImSchG beschränkt. § 13 BImSchG unterscheidet seinerseits zwischen "Genehmigung" und "anderen behördlichen Entscheidungen". Zu den "anderen behördlichen Entscheidungen" gehört nicht zuletzt die Baugenehmigung. Für das Entfallen auf anderer Rechtsgrundlage beruhender Genehmigungserfordernisse hätte es daher einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Eine solche Regelung, mit der angeordnet wird, dass § 16 Abs. 5 BImSchG Konzentrationswirkung gemäß § 13 BImSchG entfalten solle, fehlt indes. Die fehlende Regelung stellt auch keine Regelungslücke dar, die im Wege einer entsprechenden Anwendung des § 13 BImSchG auf Fälle des § 16 Abs. 5 BImSchG zu schließen wäre. Das ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien und wird durch Sinn und Zweck des § 16 Abs. 5 BImSchG bestätigt.
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Der Befund, dass die Bauaufsichtsbehörde im Fall des Wiederaufbaus einer zerstörten Anlage verpflichtet bleibt, die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen, deckt sich mit dem Willen des Gesetzgebers. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Problematik erkannt und erörtert, dass sich im Fall der Ersetzung einer Anlage nicht nur die Frage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit, sondern auch die Frage anderer behördlicher Entscheidungen stellt. Im Zusammenhang mit dem in § 15 BImSchG geregelten Anzeigeverfahren hat der federführende Ausschuss den Konflikt zwischen dem gesetzgeberischen Ziel der Beschleunigung des Verfahrens und der Anpassungspflicht eines Betreibers ebenfalls erörtert und zusammenfassend darauf hingewiesen, dass das Anzeigeverfahren "wegen dem dann erforderlich werdenden (parallelen) Baugenehmigungsverfahren" zu keiner Verfahrensvereinfachung führe (BRDrucks 31/1/96 S. 18; BTDrucks 13/5100 S. 15, 17; BT, 13. WP, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Protokoll Nr. 31 S. 20). Der Gesetzgeber ging also selbst davon aus, dass der von ihm mit der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gewünschte Beschleunigungseffekt, auf den auch § 16 Abs. 5 BImSchG zielt, in den wenigsten Fällen zum Tragen kommt. Gleichwohl hat er darauf verzichtet, eine Regelung aufzunehmen, die anordnet, dass beim Wiederaufbau einer zerstörten Anlage nicht nur das immissionsschutzrechtliche Verfahren, sondern auch die nach dem einschlägigen Fachrecht notwendigen anderen Genehmigungserfordernisse entfallen. Vor diesem Hintergrund verfängt der Einwand des Klägers nicht, Ziel der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sei eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens. Der Gesetzgeber hat es in Kenntnis der Problematik hingenommen, dass der Beschleunigungseffekt des § 16 Abs. 5 BImSchG beschränkt ist. Die Gesetzgebungsgeschichte enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit § 16 Abs. 5 BImSchG nicht nur das formelle Genehmigungserfordernis nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz entfallen lassen, sondern auch materiell Bestandsschutz vermitteln wollte (Storost, in: Ule/Laubinger, BImSchG, Stand April 2011, § 16 Rn. C 22; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand April 2011, § 16 Rn. 150, 181; Böhm, in: Koch/Pache/Scheuing, GK-BImSchG, Stand 2010, § 4 Rn. 24; Nöthlichs, Immissionsschutz, Band 1, Stand März 2011, § 16 BImSchG, Erl. 1.6.2; Sellner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Oktober 1998, § 16 BImSchG Rn. 167; Führ, in: Koch/Pache/Scheuing, GK-BImSchG, Stand September 2006, § 16 Rn. 147; ders., ZUR 1997, 293 <296>; Wasielewski, LKV 1997, 77 <80>; Kahle, NVwZ 2011, 1159 <1163 f.>; a.A. Dietlein, in: Landmann/Rhomer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Juli 2011, § 4 Rn. 67; vgl. auch Kotulla, BImSchG, Stand 2007, § 4 Rn. 72).
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Sinn und Zweck des § 16 Abs. 5 BImSchG bestätigen, dass die Vorschrift lediglich von der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, nicht jedoch von der Beachtung anderer behördlicher Genehmigungserfordernisse entbindet. § 16 Abs. 5 BImSchG zielt auf eine verfahrensrechtliche Beschleunigung, lässt jedoch die materiell-rechtlichen Pflichten des Immissionsschutzrechts unberührt. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgt die Anpassungspflicht an nachträgliche Rechtsänderungen schon aus der dynamischen Natur der Betreiberpflichten im Sinne des § 5 BImSchG. Durch sie wird sichergestellt, dass der materielle Standard des Immissionsschutzrechts gewahrt bleibt (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 7 C 14.08 - NVwZ 2009, 1441 Rn. 24 sowie dazu BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 BvR 1627/09 - NVwZ 2010, 771 Rn. 43). Die zuständige Behörde wird durch § 16 Abs. 5 BImSchG nicht gehindert, nachträgliche immissionsschutzrechtliche Anordnungen zu erlassen. Nicht nur die Betreiberpflichten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, sondern auch die Verpflichtungen, die sich aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zusätzlich ergeben, können Änderungen unterworfen sein. Für Rechtsänderungen im Bereich der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG enthält das Bundes-Immissionsschutzgesetz weder eine ausdrückliche Anpassungspflicht noch spezielle Ermächtigungsgrundlagen für die Umsetzung nachträglicher Änderungen. Daraus folgt jedoch nicht, dass Anlagen im Bereich der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG einen größeren (Bestands-)Schutz genießen. Einen baurechtlichen Bestandsschutz vermag das Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht zu vermitteln. Die Verpflichtung, eine Anlage an nachträgliche Änderungen anzupassen, beurteilt sich vielmehr nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht (Urteil vom 30. April 2009 a.a.O. Rn. 25; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2010 a.a.O. Rn. 44).
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cc) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Pflicht, im Fall des Wiederaufbaus einer immissionsschutzrechtlich nach § 16 Abs. 5 BImSchG privilegierten Anlage ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
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Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG lässt sich kein Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens außerhalb gesetzlicher Regelungen herleiten. Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt zustehen, ergibt sich aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, dass der Eigentümer eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2010 a.a.O. Rn. 26). Auf Bestandsschutz kann sich der Kläger nicht berufen. § 16 Abs. 5 BImSchG vermittelt - wie dargelegt - keine gesicherte baurechtliche Position. An die auf der Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften der Niedersächsischen Bauordnung beruhende Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die im Jahr 1999 erteilte Baugenehmigung die Wiedererrichtung einer zerstörten Anlage nicht abdeckt, ist der Senat gebunden. Dass sich aus dem Baurecht ein Bestandsschutz für das durch Zerstörung untergegangene Eigentum ergibt, behauptet auch der Kläger nicht.
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b) Die angefochtene Auflage, mit der eine Beschränkung der Anzahl der untergebrachten Puten angeordnet wird, dient auch - wie von § 36 Abs. 1 VwVfG vorausgesetzt - dazu sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der erforderlichen Baugenehmigung erfüllt werden. Rechtsfehler, die der Nebenbestimmung selbst anhaften könnten, sind nicht zu erkennen und werden auch nicht geltend gemacht.
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Das nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im Außenbereich belegene Vorhaben muss sich an § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB messen lassen. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine der planungsrechtlichen Zulässigkeit entgegenstehende Beeinträchtigung öffentlicher Belange vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verweist auf die Begriffsbestimmung der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG, worunter auch Geruchsimmissionen fallen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei Geruchsimmissionen - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen (Beschluss vom 2. August 2005 - BVerwG 4 B 41.05 - BauR 2005, 1900 - juris Rn. 3). Dabei beurteilt sich die Verträglichkeit mit Blick auf die Belastung der maßgeblichen Umgebung durch bereits vorhandene Anlagen. Maßgeblich ist, ob die von der Gesamtanlage ausgehenden Immissionen die Schwelle der Schädlichkeit überschreiten (Beschluss vom 28. Juli 2010 - BVerwG 4 B 29.10 - ZfBR 2010, 792 - juris Rn. 4). Technische Regelwerke wie hier die Geruchsimmissions-Richtlinie dürfen im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (Beschluss vom 28. Juli 2010 - BVerwG 4 B 29.10 - a.a.O. Rn. 3; Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 <203 ff.>; Beschluss vom 24. Januar 1992 - BVerwG 4 B 228.91 - Buchholz 406.12 § 4a BauNVO Nr. 2
- juris Rn. 6; Beschluss vom 7. Mai 2007 - BVerwG 4 B 5.07 - BRS 71 Nr. 168 - juris Rn. 4).
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-
Gemessen an diesem Maßstab gewährleistet die angefochtene Auflage, dass das Vorhaben nicht unter dem Gesichtspunkt der schädlichen Umwelteinwirkungen in Widerspruch zu öffentlichen Belangen betrieben wird. Nach den für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen teilt das Oberverwaltungsgericht die Einschätzung des Beklagten, dass nach der Geruchsimmissions-Richtlinie insgesamt betrachtet ein über die in den benachbarten Ställen bereits untergebrachten Puten hinaus gehender Besatz für die Nachbarschaft unzumutbar sei. Wie das Oberverwaltungsgericht angemerkt hat, hat der Kläger die Einschätzung des Beklagten nicht in Frage gestellt und damit dem Gericht auch keinen Anlass gegeben, die Einschätzung des Beklagten von sich aus sachverständig überprüfen zu lassen. Im Übrigen bestätigen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, das darauf hinweist, dass nach den Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer bereits auf Grund der nach dem Wegfall des abgebrannten Stalles verbliebenen Belastung eine Überschreitung der nach der Geruchsimmissions-Richtlinie zulässigen Geruchsimmissionswerte im Außenbereich für die umliegende Wohnbebauung vorhanden gewesen sei, die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, dass insgesamt betrachtet die Grenze der Zumutbarkeit ohne die kapazitätsbeschränkende Nebenbestimmung überschritten würde.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
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Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
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Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Gründe
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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 2
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Das Oberverwaltungsgericht hat den angefochtenen Bebauungsplan wegen beachtlicher Fehler bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung für unwirksam erklärt (UA S. 10). Der Rat der Antragsgegnerin habe - erstens - den Anspruch der künftigen Nutzer im Plangebiet auf Schutz vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen als zu gering bewertet und damit die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt sowie den Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis stehe (UA S. 11), und - zweitens - einen Grundsatz der Raumordnung nicht hinreichend beachtet (UA S. 19).
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Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Da die Grundsatzrüge, mit der die Antragsgegnerin die erste Begründung angreift, nicht zur Zulassung der Revision führt, kommt es auf die Divergenzrüge, die sich auf die zweite Begründung bezieht, nicht mehr an.
- 4
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Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
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Mit den Fragen,
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- wie weit die Orientierungswerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) bei einem Nebeneinander von Gewerbe-/Industrienutzungen und landwirtschaftlichen Betrieben überschritten werden dürfen,
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- wie weit die Orientierungswerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) bei einem Nebeneinander von Gewerbe-/Industrienutzungen und landwirtschaftlichen Betrieben bei Ausschluss von Wohnungen für Betriebsinhaber, Betriebsleiter oder sonstigen Aufsichtspersonen überschritten werden dürfen,
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- ob absolute Obergrenzen von Grenzwerten für Geruchsbelastungen bestehen, die nicht überschritten werden dürfen,
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- ob hinsichtlich eines Nebeneinanders von Gewerbe-/Industrienutzungen und landwirtschaftlichen Nutzungen eine Parallele zu den Wohnnutzungen im Außenbereich gezogen werden und Immissionswerte von bis zu 0,25 akzeptabel sein können,
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möchte die Antragsgegnerin höchstrichterlich klären lassen, ob die Orientierungswerte der GIRL in der Bauleitplanung streng einzuhalten sind bzw. wie weit diese Werte überschritten werden dürfen und welche Obergrenzen konkret Anwendung finden (Beschwerdebegründung S. 3). Die Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil die GIRL keine Rechtsquelle darstellt. Sie ist ein technisches Regelwerk, deren Werte auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Experten beruhen und das insoweit die Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens hat. Ihre Auslegung ist keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung und daher nicht revisibel (BVerwG, Beschlüsse vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 - BRS 71 Nr. 168 und vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 - ZfBR 2010, 792).
- 6
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Gründe
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Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützten Beschwerden haben keinen Erfolg.
- 2
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1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerdeführer beimessen.
- 3
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a) Die Frage, ob die Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - im Baugenehmigungsverfahren unmittelbar bzw. als Erkenntnisquelle angewendet werden kann, führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sich auf sie auch ohne Durchführung des angestrebten Revisionsverfahrens antworten lässt. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden (Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 <203 ff.>; Beschluss vom 24. Januar 1992 - BVerwG 4 B 228.91 - Buchholz 406.12 § 4a BauNVO Nr. 2
juris Rn. 6; BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - III ZR 313/99 - BRS 64 Nr. 171 S. 665 f.), und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind. Soweit sich die Fragen auf die Auslegung der GIRL selbst beziehen, betreffen sie kein revisibles Recht, weil die Auslegung der GIRL keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung ist (vgl. Beschluss vom 30. September 1996 - BVerwG 4 B 175.96 - NVwZ-RR 1997, 214 zu DIN-Normen).
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b) Die Frage, ob bei der Prüfung der baurechtlichen Genehmigungsfähigkeit einer baulichen Anlage, die zu einer bestehenden Anlage hinzutritt, allein die von der zur Genehmigung gestellten Anlage verursachten Immissionen oder die Gesamtbelastung zu berücksichtigen ist, nötigt ebenfalls nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Ist Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens eine Anlage, die Bestandteil eines Gesamtvorhabens werden soll, darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Gesamtanlage genehmigungsfähig ist (vgl. Urteil vom 15. November 1991 - BVerwG 4 C 17.88 - BRS 52 Nr. 52 S. 143), wenn also u.a. die von der Gesamtanlage ausgehenden Immissionen nicht die Schwelle der Schädlichkeit überschreiten. Von diesem Prüfungsansatz ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 12). Ob das Resultat seiner Prüfung zutrifft, ist keine Frage, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich ist. Der allgemeinen Kontrolle des angegriffenen Berufungsurteils dient das Beschwerdeverfahren nicht.
- 5
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Die Frage des Beklagten, ob es die Möglichkeit der "Nachsteuerung" durch nachträgliche Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung gibt, beurteilt sich nicht nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, sondern nach der Bauordnung des Landes Rheinland-Pfalz. Deren Bestimmungen sind Bestandteil des nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO irrevisiblen Landesrechts. Die Zusatzfrage, ob eine erteilte Baugenehmigung für ein Erweiterungsvorhaben aufgehoben werden kann, obwohl eine förmliche Betriebsuntersagung nicht in Betracht kommt, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie für den Fall der Anwendbarkeit der hier nicht einschlägigen Bestimmung des § 25 Abs. 2 BImSchG gestellt worden ist.
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c) Auch die Frage, ob Gummigerüche, die in ihrer Wahrnehmung vom Gutachter weder als angenehm noch als unangenehm bewertet wurden, eine erhebliche Belästigung im Sinne des § 5 BImSchG darstellen und den Bestandsschutz eines bestehenden Betriebs in Frage stellen können, rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Die Vorstellung des Beklagten, nur als unangenehm empfundene Gerüche könnten erheblich belästigend wirken, "neutrale" Gerüche dagegen nicht, trifft ersichtlich nicht zu. Mit dem Thema Bestandsschutz hat die Würdigung, ob Geruchsimmissionen eine erhebliche Belästigung darstellen, nichts zu tun.
- 7
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2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das angefochtene Urteil weicht nicht von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2002 - BVerwG 4 B 60.02 - (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165) und vom 11. Februar 1977 - BVerwG 4 C 9.75 - (Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 2) ab. Es enthält keinen entscheidungstragenden Rechtssatz, der einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht.
- 8
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a) Das Oberverwaltungsgericht hat sich von dem Rechtssatz leiten lassen, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG müssten im Rahmen des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme nicht hingenommen werden (UA S. 11). Nach Auffassung des Beklagten steht dieser Rechtssatz im Widerspruch zu einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 29. Oktober 2002 (a.a.O.), der zum Inhalt haben soll, dass die Schwelle des nachbarlichen Abwehranspruchs erst bei der Gesundheitsgefahr anzusetzen ist. Einen solchen Rechtssatz hat der Senat indes nicht formuliert. Er zieht bei der Schwelle der Gesundheitsgefährdung die äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter ausrichten (Urteil vom 14. Januar 1993 - BVerwG 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>).
- 9
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b) Anknüpfungspunkt für die Divergenzrüge der Beigeladenen ist die Aussage im Berufungsurteil, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Immissionen im Rahmen der baurechtlichen Genehmigung einer neuen Immissionsquelle komme es nicht nur auf deren Immissionsanteil, sondern auf die Gesamtimmissionen einschließlich der von anderen Emissionsquellen verursachten Anteile an (UA S. 12). Die Beigeladene sieht darin einen Widerspruch zu dem Rechtssatz im Urteil des Senats vom 11. Februar 1977 (a.a.O.), wonach bei der Entscheidung über die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unmittelbar abzustellen ist auf die Emissionen, die mit der Änderung ursächlich verbunden sind. Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Immissionen und Emissionen sind nicht dasselbe. Immissionen sind auf verschiedene Rechtsgüter einwirkende Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 2 BImSchG), Emissionen von einer Anlageausgehende Erscheinungen (vgl. § 3 Abs. 3 BImSchG).
- 10
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3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen des geltend gemachten Verfahrensfehlers der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen.
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a) Der Beklagte beanstandet, dass das Oberverwaltungsgericht kein weiteres Gutachten eingeholt hat, obwohl das Gutachten Dr. W. keine Ausbreitungsberechnung enthalte und wegen "Nichterfassens aller Emissionsquellen und deren Verwechslung" unbrauchbar sei. Einen Verfahrensmangel zeigt er damit nicht auf.
- 12
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Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gutachtlicher Stellungnahmen liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann nicht verfahrensfehlerfrei ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung zusätzlicher Gutachten absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. Urteil vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31). Vorliegend musste sich dem Oberverwaltungsgericht die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht aufdrängen. Im Berufungsurteil ist ausgeführt, dass die GIRL die vom Gutachter Dr. W. angewandte olfaktorische Ermittlung der Geruchsimmissionen als zulässige Methode anerkennt und nur für die Berechnung einer Zusatzbelastung die Ausbreitungsberechnung vorrangig anzuwenden ist (UA S. 15). Auf die Ausbreitungsberechnung hat das Oberverwaltungsgericht verzichtet, weil es nach seiner Rechtsauffassung auf die Zusatzbelastung nicht ankam. Ob diese Rechtsauffassung richtig ist, ist ohne Belang. Der Bereich der Tatsachenfeststellung ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen, auch wenn dieser Standpunkt rechtlich verfehlt sein sollte (Urteil vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183; stRspr). Soweit der Beklagte die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens mit der Fehlerhaftigkeit des Gutachtens Dr. W. begründet, scheitert seine Aufklärungsrüge daran, dass er nicht darlegt, dass und aus welchen Gründen eine erneute Begutachtung zur Klageabweisung hätte führen müssen. Die Behauptung, das Gutachten sei keine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung, reicht nicht aus, um den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu genügen.
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b) Nach Ansicht der Beigeladenen hätte sich dem Oberverwaltungsgericht aufdrängen müssen, ein Sachverständigengutachten zu dem Beweisthema einzuholen, ob der Geruchsimmissionsbeitrag aus der zur Genehmigung gestellten Anlage irrelevant ist. Das trifft nicht zu. Die Darlegungen des Oberverwaltungsgerichts, mit denen es begründet hat, warum es der Behauptung der Beigeladenen zu dem Aspekt der irrelevanten Zusatzbelastung nicht weiter nachgegangen ist (UA S. 13 f.), sind mindestens vertretbar.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer, Einzelrichter - vom 4. November 2013 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf
10.000,-- Euro
festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Versagung der Genehmigung für einen F-Plan.
- 2
Die Klägerin hat am 7. November 2011 einen Flächennutzungsplan beschlossen. Dieser stellt in einem Teilbereich (nordöstlich der Kreisstraße K 50, nordwestlich der Wohnbaufläche des Geltungsbereiches des B-Planes Nr. 2, westlich des Bürgermeister-Hensen-Weges) eine Fläche als "M"-Gebiet dar. Im Gemeindegebiet befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe, einer dieser Betriebe liegt westlich des genannten M-Gebiets ("Betrieb …"). In diesem Betrieb werden Rinder gehalten. Schon in einer im Jahre 2005 zu diesem Betrieb eingeholten Stellungnahme war festgestellt worden, dass der halbierte Mindestabstand (bei verbesserter Futtertechnik - Verringerung des Silagegeruchs -) 84 m (statt vorher 96 m) betrage. Das nächstgelegene Wohngebäude sei 60 m entfernt. Wegen der von diesem Betrieb ausgehenden Geruchsimmissionen wurde erneut eine Immissionsschutz-Stellungnahme der Landwirtschaftskammer eingeholt. Deren Stellungnahme vom 1. Juni 2012 berücksichtigte außer dem Betrieb … noch fünf weitere landwirtschaftliche Betriebe und gelangte zu dem Ergebnis, dass auf der Grundlage der Geruchsimmissionsrichtlinie in dem fraglichen Bereich mit einer Häufigkeit von Geruchsstunden von 22,4 % bis 14,2 % zu rechnen sei. In einer Ergänzung vom 25. Juni 2012 kam die Landwirtschaftskammer zu dem Ergebnis, dass bei einer Berücksichtigung der drei Ställe des Betriebes …, der Silage und der Dungplatte nur für einen Zeitraum von 6 Monaten (entsprechend der Belegung und Nutzung) die Werte zwischen 12,7 % und 15,8 % lägen. Bei einer Aufgabe der Hofstätte … lägen die Werte im westlichen Bereich des fraglichen Gebiets zwischen 5 % und 10 % und im östlichen Bereich zwischen 10 % und 15 % der bewerteten Geruchsstunden.
- 3
Mit Erlass vom 4. September 2012 genehmigte der Beklagte den Flächennutzungsplan nur teilweise. Von der Genehmigung nahm er gemäß § 6 Abs. 3 BauGB den oben beschriebenen Teilbereich aus und führte zur Begründung an, dass die Verträglichkeit der beiden Nutzungen (Landwirtschaft, Wohnen) bisher nicht hinreichend nachgewiesen sei. Dieser Nachweis sei bereits auf der Ebene des Flächennutzungsplanes zu erbringen, da ein Lösungsansatz auf der Ebene der nachfolgenden Verfahren nicht aufzuzeigen und daher das Planerfordernis gemäß § 1 Abs. 3 BauGB in Frage gestellt sei. Gemäß § 1 Abs. 6 BauGB seien bei der Aufstellung von Bauleitplänen die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen. Gemäß § 50 BImSchG seien miteinander unverträgliche Nutzungen grundsätzlich zu trennen. Mit der Planung in der vorliegenden Form sei dieser Trennungsgrundsatz erkennbar nicht beachtet worden. Der Hinweis in der Planbegründung, dass die Immissionen des rinderhaltenden Betriebes erst auf der danach folgenden Planungsebene eines B-Plans mittels eines Fachgutachtens konkret ermittelt werden sollten, sei im Hinblick auf die zu erwartende erhebliche Geruchsbeeinträchtigung nicht sachgerecht. Aus dem Geruchsgutachten der Landwirtschaftskammer ergebe sich auf der Grundlage der GIRL, dass die für ein Wohn- oder Mischgebiet genannten Belastungswerte von 10 % der Jahresstunden überschritten würden. Der Landwirt habe derzeit keine verbindliche Erklärung zur Betriebsaufgabe abgegeben. Eine Genehmigung der streitigen gemischten Baufläche könne erst in Aussicht gestellt werden, wenn die endgültige Aufgabe der landwirtschaftlichen Hofnutzung rechtlich verbindlich sichergestellt sei. Unabhängig von der aufgezeigten Geruchsproblematik sei die Ansiedlung von Gewerbebetrieben innerhalb der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen gemischten Baufläche beziehungsweise des im Bebauungsplan Nr. 6 festgesetzten Mischgebiets aufgrund der dort vorgesehenen Grundstückszuschnitte und des Erschließungsstandards nicht zu realisieren.
- 4
Am 28. September 2012 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die Voraussetzung dafür, einen Teilbereich der geplanten Fläche gemäß § 6 Abs. 2 und 3 BauGB von der Genehmigung auszunehmen, sei nicht gegeben. Im vorliegenden Fall bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Der Beklagte habe seiner getroffenen Entscheidung falsche Maßstäbe zugrunde gelegt, da der Anwendung der GIRL gewichtige Gründe entgegenstünden. Diese sei nicht anwendbar. Für die Bestimmung der Erheblichkeit von Rinderstallgerüchen gebe es weder rechtlich verbindliche Vorschriften noch ein derzeit gültiges allgemein anerkanntes technisches Regelwerk wie etwa die für die Schweinehaltung maßgebliche VDI-Richtlinie 3471. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es sich bei den in der GIRL genannten Immissionswerten nicht um verbindliche Grenzwerte handele.
- 5
Mit Urteil vom 4. November 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 BauGB die höhere Verwaltungsbehörde räumliche Teile eines Flächennutzungsplanes von der Genehmigung ausnehmen könne, wenn Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden könnten. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, da wegen der Geruchsbelastung des streitigen Teilbereiches des Flächennutzungsplanes Versagungsgründe vorlägen, die nicht ausgeräumt seien und die nicht ausgeräumt werden könnten. Hier werde im Flächennutzungsplan eine gemischte Wohnbaufläche dargestellt, für die die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht gewahrt seien. Insoweit werde auch gegen § 50 BImSchG verstoßen, wonach bei raumbedeutsamen Planungen Flächen einander so zuzuordnen seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen soweit wie möglich vermieden werden könnten. Schädliche Umwelteinwirkungen seien auch Gerüche. Orientierungswerte für die Schädlichkeit solcher Gerüche ergäben sich aus der GIRL. Diese sehe in Ziffer 3.1 Immissionswerte für Wohn-/Mischgebiete in Höhe von 0,10 vor, für Dorfgebiete in Höhe von 0,15. Nach der GIRL seien nur erhebliche Geruchsbelästigungen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG. Die Erheblichkeit sei allerdings keine absolut festliegende Größe, sie könne in Einzelfällen nur durch Abwägung der jeweils bedeutsamen Umstände festgestellt werden. Nach den genannten Grundsätzen sei nach den fachlich nicht zu bezweifelnden Ermittlungen der Landwirtschaftskammer davon auszugehen, dass in dem fraglichen Gebiet Immissionswerte zwischen 14,2 % und 21,4 % zu erwarten seien, im Falle der nur sechsmonatigen Belegung der Ställe, Dungplatte und Silagefläche von 12,7 % bis 16,8 %. Unter Berücksichtigung der Irrelevanzgrenze der GIRL werde damit der Immissionswert für ein Wohn-/Mischgebiet von 0,10 weit überschritten. Damit werde das Trennungsgebot des § 50 BImSchG verletzt und ein Konflikt zwischen unterschiedlichen Nutzungen provoziert. Der Beklagte habe daher zu Recht auf der Grundlage der GIRL Versagungsgründe angenommen. Die grundsätzlichen Einwände der Klägerin gegen die Anwendbarkeit der GIRL seien nicht berechtigt. Die Kammer gehe für die Bewertung der Geruchsimmissionen aus Rinderställen davon aus, dass die GIRL insoweit brauchbare Orientierungswerte liefere. Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass Gerüche aus Rinderställen eine andere Qualität aufwiesen, insbesondere eine andere Belästigungsintensität hätten als Gerüche aus Schweineställen. Dies werde jedoch in der GIRL durch die Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Tierarten hinreichend berücksichtigt. Im Übrigen bestehe dadurch, dass es sich bei den Werten der GIRL nicht um Grenzwerte, sondern Orientierungswerte handele und gemäß Ziffer 5 - wenn erforderlich - eine Beurteilung besonderer Umstände des Einzelfalles möglich und erforderlich sei, die Möglichkeit einer sachgerechten Abschätzung der Immissionslage eröffnet.
- 6
Den Antrag auf Zulassung der Berufung vom 07. Januar 2014 gegen das ihr am 07. Dezember 2013 zugestellte Urteil stützt die Klägerin mit einem am 06. Februar 2014 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), Nr. 2 (besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache), Nr. 3 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) und Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel).
II.
- 7
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen der Klägerin, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
- 8
1. Die in der Begründung des Zulassungsantrages dargelegten Gründe führen nicht zu ernstlichen Zweifeln im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
- 9
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sind gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Die Zweifel an der Richtigkeit müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Das ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht kommt zutreffend zu dem Ergebnis, dass die Klage unbegründet ist.
- 10
Die Antragsgründe der Klägerin vermitteln keine Grundlage, die die Richtigkeit des klagabweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts ernstlich in Zweifel ziehen könnte.
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Die Klägerin rügt, dass das Verwaltungsgericht die Anwendung der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL-Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume - V61-570.490.101/IV 64 - 573.1 - vom 04.09.2009, Amtsbl. SH, S. 1006) - GIRL - auf die Bewertung von Geruchsbelästigungen durch Rinderhaltung mit den gegebenen tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren rechtfertige. Die danach ermittelten Faktoren stellten aber lediglich eine bloße Umrechnung bisheriger Erkenntnisse zu Geruchsbelästigung durch Tierhalter anhand der VDI-Richtlinien 3471 und 3472 dar, ohne auf die Eigenart der Geruchsimmissionen von Rinderställen einzugehen. Die Bildung von Geruchs-Äquivalenz-Faktoren biete zudem keine angemessene Beurteilung von Rinderstall-Immissionen und führe zu überzogenen Abstandsregelungen. Die GIRL sei auf die Schweinehaltung zugeschnitten und deshalb nicht auf die immissionsärmere Rinderhaltung anzuwenden. Dieser Umstand sei bereits in den sogenannten „Gelben Heften“ berücksichtigt worden. Gerade bei geringfügigen Überschreitungen der Immissionswerte der GIRL sei deswegen darauf zu achten, dass angemessene Abstandsregelungen zu treffen seien. Diese könnten sich aufgrund der dargelegten Unzuverlässigkeit der Umrechnungsfaktoren für den speziellen Fall der Rinderhaltung nicht allein auf die Werte der GIRL stützen. Vor dem Hintergrund der Unzuverlässigkeit der tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren sei es daher notwendig, empirisch ausreichend abgesicherte Untersuchungsergebnisse heranzuziehen, die sich mit der im Vergleich zu Schweine- und Hühnerhaltung immissionsarmen Rinderhaltung beschäftigten. Diesem Anspruch würde nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Erhebungen in den "Gelbe Heften" gerecht. Auch nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg werde die Anwendung der "Gelben Hefte" zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmission von Rinderställen bestätigt.
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Diese Darlegungen der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt es zunächst keinen erkennbaren Rechtsfehler dar, dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall bei der Beurteilung der Geruchsimmissionen von einer Anwendbarkeit der GIRL und der dort normierten Orientierungswerte ausgegangen ist und nicht die Erkenntnisse der "Gelben Hefte" zugrunde gelegt hat.
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Die Klägerin verkennt bereits im Ausgangspunkt, dass sie die Genehmigung der Änderung ihres Flächennutzungsplans gemäß § 6 Abs. 2 BauGB nur beanspruchen kann, wenn der Flächennutzungsplan dem Baugesetzbuch, den aufgrund des Baugesetzbuches erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften nicht widerspricht. Zu diesen Rechtsvorschriften gehört nicht nur die Erforderlichkeit der Planung (§ 1 Abs. 3 BauGB) , sondern auch das Gebot gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB), das eine Berücksichtigung gesunder Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) ebenso erfordert wie die Beachtung des Gebots, die für eine Bebauung vorgesehenen Flächen so einander zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen so weit wie möglich vermieden werden (§ 50 Satz 1 BImSchG). Die Klägerin vermag vor diesem Hintergrund allein mit dem Argument, die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sei auf Geruchimmissionen aus einem - dem Plangebiet unmittelbar benachbarten - Rinderhaltungsbetrieb nicht oder nur unter Berücksichtigung der sog. „Gelben Hefte“ der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der TU München-Weihenstephan anwendbar, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils auszulösen.
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Die Gemeinde muss in einem Fall - wie vorliegend - , in dem eine bisher unbebaute Fläche in der Nähe eines geruchsemittierenden Rinderhaltungsbetriebes für eine Bebauung geöffnet werden soll, prüfen, ob nach Maßgabe der GIRL oder (auch) der „Gelben Hefte“ ausreichende Abstände gewahrt bleiben, um eine zumutbare Geruchsbelastung des künftigen Baugebiets zu gewährleisten. Insbesondere bei einer Neuplanung von bisher unbebauten Flächen kommt dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG als Element geordneter städtebaulicher Entwicklung eine besondere Bedeutung zu (OVG Lüneburg, U. v. 25. Juni 2001 – 1 K 1850/00 –, NVwZ-RR 2002, 172; Beschl. d. Senats v. 09.11.2011 - 1 MR 5/11 -). Die Prognose, dass vorhandene Emissionsquellen die immissionsrelevanten Richtwerte „gerade eben“ einhalten werden, genügt den o. g. planerischen Anforderungen aus § 1 Abs. 3, Abs. 6 S. 1 und Abs. 7 BauGB und dem Trennungsgebot nach § 50 BImSchG nicht, wenn die Gemeinde die vorgesehene bauliche Nutzung zur Vermeidung absehbarer Immissionskonflikte auch an anderer Stelle ihres Gemeindegebietes planen kann. Das gilt umso mehr, wenn die Immissionsprognose künftige (rechtmäßige) Erweiterungsmöglichkeiten emittierender Betriebe ungeprüft lässt. Sofern - ausnahmsweise - eine Trennung nebeneinander liegender, miteinander unverträglicher Nutzungen unterbleiben soll, muss dies durch besondere Umstände städtebaulich begründet sein. Bei einer Neuüberplanung „auf der grünen Wiese“ gelten insoweit strengere Anforderungen als bei einer Planung im „Bestand“ oder in dicht besiedelten Gebieten.
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Im Rahmen der Bauleitplanung - somit auch der Aufstellung eines Flächennutzungsplans - sind die Richtwerte der GIRL als Abwägungs- und Entscheidungsgrundlage der planenden Gemeinde geeignet und regelmäßig heranzuziehen (Urt. des Senats vom 31.05. 2005 - 1 KN 6/04 - bei juris Rn. 56; s. a. GIRL, Anlage 4, "Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL" [dort zu Nr. 5 GIRL, Stichwort "Hinweise zum vorsorgenden Immissionsschutz und zur vorsorgenden Bauleitplanung"]). Den Richtwerten der GIRL kommt insoweit keine Rechtsnormqualität zu, sondern die Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens (BVerwG, Beschl. v. 05. August 2015 – 4 BN 28/15 –, IBR 2015, 571; vgl. dazu auch bereits Beschl. d. Senates vom 27.11.2014 - 1 LA 52/14 - m.w.N.).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin liefert die GIRL auch für die Bewertung der Geruchsimmissionen aus Rinderställen brauchbare Orientierungswerte (vgl. zur Anwendbarkeit der GIRL sowie zur Gesamtbeurteilung einer Geruchsbelästigung auf der Grundlage der GIRL - auch bei Rinderhaltung - bereits Beschl. d. Senats v. 13.03.2006 - 1 LA 5/06 -, U. d. Senats v. 26. 05 2009 – 1 LB 19/07 -, U. d. Senats v. 08.03.2013 – 1 LB 5/12 - und Beschl. d. Senats v. 27.11.2014 - 1 LA 52/14 -). Zur Überzeugung des Senats berücksichtigen die in Ziffer 4.6 - Tabelle 4 - der GIRL aufgenommenen Gewichtungsfaktoren für einzelne Tierarten die Qualität der Belästigungsintensität von Gerüchen aus Rinderställen hinreichend mit der Folge, dass es auch aus Sicht des Senats im vorliegenden Fall keiner weiteren Klärung der anzuwendenden Maßstäbe für die Beurteilung von Rinderstallgerüchen bedarf; dies gilt auch im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, dass die Anwendung der GIRL eine "worst-case-Betrachtung" darstelle.
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Der Annahme der Klägerin, den Erkenntnissen der „Gelben Hefte“ komme gegenüber der GIRL eine Art „Anwendungsvorrang“ zu, kann nicht gefolgt werden. Zum einen geht es bei der GIRL wie bei den Erkenntnissen der „Gelben Hefte“ nicht um die Anwendung von Normen, sondern um Aussagen aus antizipierten generellen Sachverständigengutachten (BVerwG, a.a.O.). Zum anderen ist auf der - hier betroffenen - Ebene der Flächennutzungsplanung zu berücksichtigen, dass die Prognose künftige Geruchsbelastungen erfassen soll, um die nachfolgende Planungsebene (Bebauungsplan) vorzubereiten und vermeidbare Immissionskonflikte so weit wie möglich abzuschichten. Zutreffend verweist bereits der Beklagte in seiner Gegenerklärung darauf, dass die GIRL eine von den "Gelben Heften" unabhängige fachliche Beurteilungsmethode von Geruchseinwirkungen darstelle. Das steht im Einklang mit der oben zitierten Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschl. d. Senats v. 27.11.2014 - 1 LA 52/14 - m.w.N.)
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Soweit die Klägerin darlegt, dass bei einer Anwendung der GIRL und der vom Verwaltungsgericht berücksichtigten zu erwartenden Immissionswerte zwischen 14,2 % und 21,4 % auch bei Beachtung der Irrelevanzgrenze von 0,02 (die gem. Nr. 3.3 GIRL [direkt] nur für die Genehmigung von Anlagen gilt) nicht auf eine Verletzung des Trennungsgebots nach § 50 BImSchG geschlossen werden könnte, weil die Immissionswerte der GIRL keine Grenzwerte, sondern lediglich "Orientierungswerte" seien, rechtfertigt dies nach der bereits oben dargelegten Rechtsprechung des Senats keine ernstlichen Richtigkeitszweifel.
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Im streitbefangenen Teilbereich des Flächennutzungsplans ist nach den auf die GIRL gestützten Prognosen der künftigen Geruchsimmissionsbelastung mit Immissionsbelastungen durch Rinderhaltung zu rechnen, die mit der Darstellung einer Wohn- bzw. Mischgebietsnutzung nicht mehr im Einklang steht. Das gilt auch dann, wenn - im Einzelfall - eine (begrenzte) Überschreitung der Richtwerte der GIRL zulässig sein sollte, weil in Teilbereichen der gemischten Bauflächen (M) auf der Ebene des Bebauungsplans noch „Pufferzonen“ festgesetzt werden können, da gleichwohl mit einer erheblichen Überschreitung des nach Nr. 3.1 GIRL maßgeblichen Richtwerts für Wohn/Mischgebiete von 0,10 zu rechnen ist.
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Ein Ausnahmefall, der in Übereinstimmung mit der Anlage 4 zur GIRL "Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL" [dort zu Nummer 3.1 GIRL, Zuordnung der Immissionswerte, 3., 4. und 5.Spiegelstrich] eine Überschreitung des gemäß Nr. 3.1 GIRL - Tabelle 1 - zulässigen Immissionswertes von 0,10 für das Wohn/Mischgebiet rechtfertigen könnte, ist im vorliegenden Fall bereits aus den vom Senat geteilten Gründen des Verwaltungsgerichts (S. 7 des Umdrucks) nicht erkennbar. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht um eine Ausnahmesituation, die eine Abwägung im Einzelfall rechtfertigen könnte, sondern um eine Neuplanungssituation, für die das Gebot der planerischen Vorsorge und Konfliktbewältigung wie auch das in § 50 BImSchG statuierte Trennungsgebot im Hinblick auf eine Überschreitung zulässiger Immissionswerte zu beachten ist. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht aufgrund der zu erwartenden Überschreitungen der Immissionswerte daher davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die dargestellte gemischte Wohnbaufläche und die Flächenzuordnung sowohl die allgemeinen Anforderungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht gewahrt sind, zudem ein Verstoß gegen das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) vorliegt und dies Versagungsgründe im Sinne von § 6 Abs. 3 und 2 BauGB begründet.
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2. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen.
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Der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten setzt eine solche qualifizierte Schwierigkeit der Rechtssache mit Auswirkung auf die Einschätzung der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung voraus, dass sie sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht signifikant von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle unterscheidet. Diese Anforderungen sind nach den Darlegungen im Zulassungsantrag, der im konkreten Fall in der Klärung der Frage, welcher Maßstab zur Beurteilung der Erheblichkeit von Rinderstallgerüchen herangezogen werden muss bzw. ob sich durch tierartspezifische Gewichtungsfaktoren angemessene Abstandsregelungen für Rinderhaltung treffen lassen, besondere rechtliche Schwierigkeiten erblickt, nicht erfüllt.
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Die Anwendbarkeit der GIRL zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen durch Tierhaltungsanlagen, ihre Eignung bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen durch Tierhaltungsanlagen und ihre Heranziehung als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten sind durch die angeführte Rechtsprechung des Senats auch im Hinblick auf die Beurteilung von Rinderstallgerüchen hinreichend geklärt. Dies war insofern lediglich auf den gegebenen Sachverhalt zu übertragen. Auch die fallbezogene Anwendung dieses Regelwerkes bereitet keine Schwierigkeiten, die über die jeder richterlichen Rechtsanwendung immanenten Probleme hinausgehen.
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3. Die Rechtssache weist auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.
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Eine Rechts- oder Tatsachenfrage ist dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat.
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Die Klägerin hat als klärungsbedürftige Frage aufgeworfen, welcher Maßstab zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen von Rinderställen herangezogen werden muss. Diese Frage bedürfe auch im Sinne der Rechtseinheit der Klärung in der Berufungsinstanz, da die Rechtsprechung zweier Kammern des Verwaltungsgerichts zur selben Frage - Anwendung der "Gelben Hefte" einerseits und der GIRL andererseits - divergiere.
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Diese Frage ist indessen nicht klärungsbedürftig im vorgenannten Sinne. Eine bestimmte, über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Variationsbreite der Nutzungsmöglichkeiten und Darstellungen in einem Flächennutzungsplan im Verhältnis zu bereits bestehender Bebauung aber auch im Verhältnis zur Erheblichkeit von bestehenden bzw. zu erwarteten Geruchsimmissionen regelmäßig eine Einzelfallabwägung erfordert.
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Soweit die Klägerin wegen der divergierenden Rechtsprechung von zwei Kammern des Verwaltungsgerichts zur Frage der Anwendung der "Gelben Hefte" einerseits und der GIRL andererseits Klärungsbedarf sieht, ist dies angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsqualität der GIRL (Beschl. v. 05.08.2015, a.a.O.) und der Rechtsprechung des Senats - siehe oben unter 1. - zur Anwendbarkeit der GIRL sowie zur Gesamtbeurteilung einer Geruchsbelästigung auf der Grundlage der GIRL - auch bei Rinderhaltung - ebenfalls nicht klärungsbedürftig im vorgenannten Sinne.
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4. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen, soweit die Klägerin beanstandet, dass das Gericht auf ihren Vortrag zur Orientierung an den "Gelben Heften" für eine Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen an Rinderställen nicht eingegangen sei.
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Anzumerken ist zunächst, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör den Beteiligten ein Recht darauf gibt, sich zu dem streitgegenständlichen Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind jedoch nicht verpflichtet, auf jedes Vorbringen eines Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich einzugehen. Das Schweigen der Urteilsgründe zu Einzelheiten des Parteivortrags rechtfertigt deshalb noch nicht den Schluss, dass das Gericht ihn nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls deutlich ergibt, dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Tatsachenstoffs verletzt hat, kann ein Gehörsverstoß festgestellt werden (BVerwG, Beschl. v. 09.02.2015 - 4 B 39/14).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt der von den Klägerin – als Gehörsverstoß – gerügte Verfahrensmangel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erkennbar nicht vor. Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht den Vortrag der Klägerin zur Anwendbarkeit der "Gelben Hefte" übergangen hat bzw. nicht darauf eingegangen ist, wie dies bereits die Gründe des Urteils (S. 7 des Umdrucks) zeigen. Die dortigen Ausführungen
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"Die grundsätzlichen Einwände der Klägerin gegen die Anwendung der GIRL sind nicht berechtigt. Die Kammer geht - anders als die 2. Kammer des Gerichts - für die Bewertung von Geruchsimmissionen aus Rinderställen davon aus, dass die GIRL insoweit brauchbare Orientierungswerte liefert…."
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sind sprachlich zweifelsfrei - auch ohne ausdrückliche namentliche Benennung des Begriffs "Gelbe Hefte" - eine angesichts der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Anwendbarkeit der GIRL ausreichende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Klägerin in ihrer Klagbegründung (S. 7 - 13) zur fehlerhaften Zugrundelegung der GIRL und - aus Sicht der Klägerin - vorzugswürdigeren Anwendung der "Gelben Hefte" als Orientierungshilfe.
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5. Weitere Zulassungsgründe sind nicht dargelegt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.