Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 31. März 2015 - 6 A 81/15

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2015:0331.6A81.15.0A
bei uns veröffentlicht am31.03.2015

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Einsicht in alle Unterlagen der Beratenden Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu einem Rückerstattungsverfahren von NS-Raubkunst.

2

Der Kläger war der Rechtsanwalt von Herrn P. S., dem Sohn und Rechtsnachfolger des jüdischen Zahnarztes Dr. H. S.. Dieser hatte seit 1896 eine umfangreiche und wertvolle Plakatsammlung zusammengetragen, welche ihm 1938 im Auftrag des Reichspropagandaministeriums weggenommen wurde. Wegen der nationalsozialistischen Judenverfolgung verließ Dr. S. Deutschland Ende 1938 und emigrierte in die USA. Nach dem Krieg war die Sammlung zunächst verschollen. Später stellte sich heraus, dass sich Teile der Sammlung im Museum für Deutsche Geschichte in Ost-Berlin befanden. Zuletzt befand sich die Plakatsammlung im Besitz des Deutschen Historischen Museums, einer Stiftung des öffentlichen Rechts unter alleiniger Trägerschaft des Bundes.

3

Im Jahr 2005 verlangte Herr P. S. die Herausgabe der Sammlung. Nach der Prüfung der Restitutionsunterlagen lehnte das Deutsche Historische Museum eine Rückgabe der Sammlung ab. Nachdem die Parteien keine Einigung erzielen konnten, verständigten sie sich darauf, den Fall der Beratenden Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter (im Folgenden: Beratende Kommission) vorzulegen. Hierbei handelt es sich um ein mit hochrangigen, ehrenamtlich tätigen Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft besetztes Gremium, das bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den heutigen Besitzern und den ehemaligen Eigentümern von Kulturgütern oder deren Erben vermitteln kann, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird. Im vorliegenden Fall gab die Beratende Kommission im Januar 2007 die Empfehlung ab, angesichts des deutlich zum Ausdruck gebrachten Willens des Sammlers Dr. S. die Sammlung im Deutschen Historischen Museum zu belassen.

4

Der Streit war damit nicht beigelegt. Herr P. S. strengte vor dem Landgericht Berlin ein Musterverfahren gerichtet auf Herausgabe des Plakats „Die Dogge“ an, das er gewann. Die hiergegen eingelegte Berufung des Deutschen Historischen Museums wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Auch die Anschlussrevision des Deutschen Historischen Museums, mit der dieses das fehlende Eigentum des Herrn P. S. an der Plakatsammlung festgestellt wissen wollte, wurde zurückgewiesen. Dr. S. sei zu Lebzeiten Eigentümer der Sammlung geblieben. Nach seinem Tod sei das Eigentum im Wege der Erbfolge zunächst auf seine Ehefrau und anschließend auf Herrn P. S. übergegangen (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 279/10 -, NJW 2012, S. 1796 <1797 ff.>).

5

Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 beantragte der Kläger im Namen von Herrn P. S. bei der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Akteneinsicht in die Unterlagen der Beratenden Kommission zum Fall S.. Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste (im Folgenden: Koordinierungsstelle) ist eine von der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern getragene Einrichtung in Form einer Arbeitsgruppe des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, zu deren Aufgaben u. a. die Funktion der Geschäftsstelle der Beratenden Kommission gehört (§ 1 Abs. 3 Buchst. c der Gemeinsamen Vereinbarung über die Koordinierungsstelle Magdeburg 2010 – 2016). Der Kläger begründete das Akteneinsichtsgesuch mit dem Hinweis, dass das Restitutionsverfahren abgeschlossen sei; Geheimhaltungsinteressen könnten daher nicht mehr bestehen.

6

Mit Schreiben vom 23. September 2013 lehnte die Koordinierungsstelle den Antrag auf Akteneinsicht im Namen und Auftrag der Vorsitzenden der Beratenden Kommission, Frau Professor Dr. L., ab. Zur Begründung hieß es, die Beratende Kommission sei keine Bundesbehörde im Sinne von § 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG), da sie weder Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehme noch für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben ausführe. Bei der Beratenden Kommission handele es sich um ein reines Beratungsgremium von ehrenamtlich tätigen hochrangigen Personen aus der Wissenschaft und dem öffentlichen Leben, die unverbindliche Empfehlungen gegenüber Einrichtungen und Personen aussprächen. Diese Empfehlungen basierten auf ethischen Abwägungsentscheidungen, denen ein moralisches Raisonnement zu Grunde liege. In diesem Zusammenhang erstatteten die Berichterstatter der Kommission nur mündliche Berichte aus den von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Akten, die jeweils auch der Gegenseite zugestellt würden. Die dabei hin und wieder schriftlich vorliegenden Berichte beschränkten sich zumeist auf eine summarische Wiedergabe des Akteninhalts und gäben keine Auskunft über die - spätere - moralische Reflektion der Kommission hinsichtlich deren Empfehlung. Selbst in den Protokollen der Kommissionssitzungen fänden sich keine Auskünfte hierzu. Die Kommission habe sich bereits anlässlich ihrer Gründung im Jahr 2003 darauf verständigt, zu ihren Sitzungen ausschließlich Verlaufsprotokolle durch die Geschäftsstelle fertigen zu lassen. Überdies bestehe auch das hohe persönliche Interesse aller Kommissionsmitglieder, dass deren Unabhängigkeit in den Beratungen nicht dadurch beeinträchtigt werde, dass Unterlagen der Beratenden Kommission - gleich welcher Art - öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Arbeit der Beratenden Kommission sei nur möglich, wenn deren Tätigkeit vertraulich bleibe.

7

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 wiederholte und bekräftige der Kläger den Antrag auf Akteneinsicht. Die Beratende Kommission sei eine öffentliche Einrichtung und nehme im Sinne der einschlägigen Gesetze Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Dies zeige sich schon daran, dass sie von der öffentlichen Hand vollständig bezahlt werde. Es werde einem rechtsmittelfähigen Bescheid entgegengesehen oder um Mitteilung gebeten, ob das Schreiben der Koordinierungsstelle vom 23. September 2013 als Bescheid anzusehen sei. In diesem Fall würde Verpflichtungsklage erhoben. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 teilte die Koordinierungsstelle, wiederum im Namen und Auftrag der Vorsitzenden der Beratenden Kommission, dem Kläger mit, dass die Beratende Kommission, deren Geschäftsstelle und die Koordinierungsstelle rechtlich unselbständig bzw. keine Behörden seien und deshalb rechtsmittelfähigen Bescheid nicht erlassen könnten. Mit einer Klage wäre daher das Schreiben vom 23. September 2013 anzugreifen.

8

Am 29. Januar 2014 hat der Kläger Klage erhoben.

9

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei der Koordinierungsstelle um eine Behörde im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA) handele; diese sei gemäß § 7 Abs. 1 IZG LSA auskunftsverpflichtet. Der Verwaltungsbegriff sei weit auszulegen; darunter fielen auch beratende Tätigkeiten. Die Koordinierungsstelle werde auch im bundesdeutschen Interesse tätig, da sie u. a. das elektronische Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes betreue. Im vorliegenden Zusammenhang habe die Koordinierungsstelle dem Deutschen Historischen Museum weitreichende Empfehlungen erteilt und ein gemeinsames Vorgehen vorbereitet. Zu diesem Zweck seien Gutachten u. a. zu erwarteten politischen Auswirkungen des Rechtsstreits zwischen Herrn P. S. und dem Deutschen Historischen Museum eingeholt, ausgewertet und weitergeleitet worden. Auch jeglicher Schriftverkehr des Herrn P. S. mit der Koordinierungsstelle sei umgehend an das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt sowie an den Bundesminister für Kultur und Medien weitergeleitet worden. Das Ausmaß dieses umfassenden Informationsaustauschs sei bislang nicht offengelegt worden. Ausschlussgründe nach §§ 3, 4 IZG LSA stünden dem Informationsanspruch nicht entgegen. Insbesondere werde der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung nicht berührt. Es gehe um eine Grundsatzklärung, ob die Beratende Kommission und deren Geschäftsstelle im rechtsfreien Raum agierten. Unabhängig von der innerorganisatorischen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung müsse jedenfalls einer der Beklagten zur Gewährung von Akteneinsicht verpflichtet sein.

10

Der Kläger beantragt,

11

die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 23. September 2013 und des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2013 zu verpflichten, Akteneinsicht in alle Unterlagen der Beratenden Kommission zum Fall P. S. gegen Deutsches Historisches Museum wegen Rückgabe der Plakatsammlung S. zu erteilen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung heißt es, die Beklagte zu 1. sei zur Gewährung der begehrten Akteneinsicht nicht befugt. Die rechtliche Verfügungsbefugnis liege bei der Beratenden Kommission, bei der es sich aber um keine Behörde handele, da sie vollkommen unabhängig agiere und Verwaltungsentscheidungen weder selbst treffe noch vorbereite. Die Beratende Kommission sei ein reines Beratungsgremium, das rechtlich unverbindliche Empfehlungen auf Grundlage ethischer Abwägungsentscheidungen ausspreche.

15

Während des gerichtlichen Verfahrens haben Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände mit Wirkung vom 1. Januar 2015 die Stiftung „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ in der Form einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts gegründet, die u. a. die Aufgaben der Koordinierungsstelle fortführt.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage hat keinen Erfolg.

18

Soweit der Kläger eine Verpflichtung des Landes Sachsen-Anhalt begehrt, ist der Klageantrag dahingehend auszulegen, dass sich die Klage gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 8 AG VwGO LSA gegen das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt richtet. Bei der Koordinierungsstelle handelt es sich um eine unselbständige Arbeitsgruppe des Kultusministeriums Sachsen-Anhalt (vgl. OVG LSA, Urteil vom 23. Oktober 2013 - 3 L 84/12 -, juris, Rn. 29), dem die Handlungen der Koordinierungsstelle damit zuzurechnen sind.

19

Die Klage richtet sich weiterhin (u. a.) gegen das Kultusministerium Sachsen-Anhalt. Dass die Aufgaben der Koordinierungsstelle inzwischen von einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts fortgeführt werden, hat keinen gesetzlichen Parteiwechsel auf Beklagtenseite zur Folge. Die Übertragung der Aufgaben der Koordinierungsstelle auf eine private Stiftung ähnelt mangels gesetzlicher Rechtsgrundlage einer gewillkürten Rechtsnachfolge, die nicht kraft Gesetzes zu einer Veränderung in der Zusammensetzung des Kreises der Prozessbeteiligten führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 1 C 13/14 -, juris, Rn. 10).

20

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Akteneinsicht in die Unterlagen der Beratenden Kommission zum Fall Sachs zu.

21

Der Beklagte zu 1. hat die Akteneinsicht zu Recht verweigert, weil es sich bei ihm nicht um die für diese Entscheidung zuständige Stelle handelt. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 IZG LSA entscheidet über den Antrag auf Informationszugang die Stelle nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IZG LSA, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Von einer Verfügungsberechtigung ist auszugehen, wenn die Behörde kraft eigener Entscheidungsbefugnis den Zugang gewähren darf (vgl. LTDrucks 5/784, S. 28). Dem Beklagten zu 1. fehlt die entsprechende Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf die Unterlagen der Beratenden Kommission. Gemäß § 1 Abs. 3 Buchst. c der Gemeinsamen Vereinbarung über die Koordinierungsstelle Magdeburg 2010 – 2016 nimmt die Koordinierungsstelle als unselbständige Arbeitsgruppe des Beklagten zu 1. die Funktion der Geschäftsstelle der Beratenden Kommission war. Schon aufgrund der Bezeichnung als „Geschäftsstelle“ und aufgrund des Umstandes, dass insoweit die Aufgaben der Koordinierungsstelle in der Gemeinsamen Vereinbarung nicht näher bestimmt sind, ist davon auszugehen, dass es sich bei der Koordinierungsstelle um eine Einrichtung zur Entlastung und Unterstützung der Beratenden Kommission handelt, die als unregelmäßig tagendes Gremium über keinen (Verwaltungs-)Unterbau verfügt, für ihre Aufgabenerfüllung jedoch auf die Erledigung bestimmter Hilfstätigkeiten (Weiterleitung von Schreiben, Terminkoordinierung, Aktenaufbewahrung, usw.) angewiesen ist. Die Koordinierungsstelle handelt insoweit entsprechend der Vorgaben der Beratenden Kommission bzw. in Absprache mit dieser und ist daher nicht befugt, Dritten eigenmächtig Einsicht in die Akten der Beratenden Kommission zu gewähren, zumal wenn diese - wie hier - der Akteneinsicht ausdrücklich widersprochen hat. Insoweit liegt es hier anders als hinsichtlich der Eintragung und Löschung von Meldungen zu Kulturgütern auf die Internetseite www.lostart.de (vgl. § 1 Abs. 3 Buchst. a der Gemeinsamen Vereinbarung über die Koordinierungsstelle Magdeburg 2010 – 2016), die ausschließlich nach eigenen, von der Koordinierungsstelle aufgestellten Grundsätzen erfolgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 1 C 13/14 -, juris, Rn. 27). Die fehlende Entscheidungszuständigkeit der Koordinierungsstelle im vorliegenden Zusammenhang kommt auch in den an den Kläger gerichteten Schreiben vom 23. September 2013 und vom 16. Dezember 2013 zum Ausdruck. Darin lehnt nicht die Koordinierungsstelle den Antrag auf Akteneinsicht ab, sondern teilt dem Kläger die ablehnende Entscheidung der Beratenden Kommission lediglich mit.

22

Auch gegenüber der Beklagten zu 2. besteht kein Anspruch auf Einsicht in die Akten der Beratenden Kommission zum Fall Sachs. Insoweit ist der Anwendungsbereich des IFG nach § 1 Abs. 1 IFG nicht eröffnet.

23

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 IFG). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

24

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich bei der Beratenden Kommission um eine Behörde, ein Organ oder eine sonstige Einrichtung des Bundes handelt, was gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 IFG Voraussetzung für die Anspruchsverpflichtung wäre. Die Beratende Kommission wurde durch eine Absprache zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingesetzt und ihre Mitglieder werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien im Einvernehmen mit der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden berufen. Die Kommission kann im Bedarfsfall angerufen werden, wenn bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, der Anspruchssteller und der über das Kulturgut Verfügende gemeinsam eine Mediation wünschen (vgl. Absprache zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zur Einsetzung einer Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2002). Danach dürfte es sich bei der Beratenden Kommission um ein „Mischgebilde“ handeln, dass weder seiner Organisation noch seiner Funktion nach dem Bund, den Ländern oder den Kommunen eindeutig zugeordnet werden kann. Dies könnte zur Folge haben, dass weder das IFG noch ein Informationsfreiheitsgesetz der Länder - etwa das IZG LSA - auf die Beratende Kommission anwendbar und dieses Gremium damit nach keinem Informationsfreiheitsgesetz anspruchsverpflichtet wäre (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 123). Doch kann dies dahinstehen, da es sich bei der Beratenden Kommission jedenfalls um keine Bundesbehörde oder sonstige Bundeseinrichtung handelt, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt.

25

Der Behördenbegriff in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG entspricht dem des § 1 Abs. 4 VwVfG (BTDrucks 15/4493, S. 7). Danach ist Behörde jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Nach diesem Behördenbegriff sind informationspflichtig ohne Rücksicht auf die konkrete Bezeichnung alle vom Wechsel der in ihnen tätigen Personen unabhängigen, mit hinreichender organisatorischer Selbständigkeit ausgestatteten Einrichtungen, denen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und entsprechende Zuständigkeiten zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung, d. h. zum Handeln mit Außenwirkung in eigener Zuständigkeit und im eigenen Namen, übertragen sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 1 Rn. 51; Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 78). Zwar ist die danach erforderliche organisatorische Selbständigkeit der Beratenden Kommission gegeben. Dieses Gremium ist - trotz der Berufung seiner Mitglieder durch die Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien - in keine Behörde oder sonstige öffentliche Einrichtung organisatorisch eingegliedert und es agiert autonom, d. h. außerhalb des die Verwaltungshierarchie prägenden Weisungsverhältnisses. Die Beratende Kommission übt auch keine beratende Funktion gegenüber der Verwaltung aus und bereitet auch keine Verwaltungsentscheidungen vor, wiewohl der Informationsanspruch in einem solchen Fall wohl gegenüber der beratenen Behörde geltend gemacht werden müsste (vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris, Rn. 56 f. m.w.N.).

26

Es fehlt jedoch am außenwirksamen Handeln der Beratenden Kommission. Hierunter fällt die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigem, nach öffentlichem Recht zu beurteilendem (z. B. schlicht-hoheitlichem) Handeln (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 1 Rn. 52). Die Tätigkeit der Beratenden Kommission beruht jedoch nicht auf Rechtssätzen des öffentlichen Rechts und bemisst sich auch nicht daran; die Abwägungsentscheidungen sind der Funktion dieses Gremiums entsprechend nicht rechtlich gebunden. Bei der Beratenden Kommission handelt es sich um ein reines Beratungsgremium von ehrenamtlich tätig werdenden, hochrangigen Persönlichkeiten aus der Wissenschaft und dem öffentlichen Leben, das bei Differenzen über die Rückgabe von Kulturgütern angerufen werden kann, die im Dritten Reich ihren Eigentümern, insbesondere verfolgten Bürgern, entzogen wurden und sich heute in Museen, Bibliotheken, Archiven oder anderen öffentlichen Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland befinden. Die Kommission übernimmt eine Mediatorenrolle zwischen den Trägern der Sammlungen und den ehemaligen Eigentümern der Kulturgüter bzw. deren Erben, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird. Zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten kann sie Empfehlungen gegenüber den Beteiligten aussprechen (vgl. Absprache zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zur Einsetzung einer Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingtentzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2002).

27

Die Empfehlungen der Beratenden Kommission basieren auf ethischen Abwägungsentscheidungen, denen moralische Erwägungen zugrunde liegen. Rechtsnormen stellen damit keine verbindliche Grundlage für die Entscheidungen der Beratenden Kommission dar. Zwar mögen Rechtsnormen oder die ihnen zugrunde liegenden Werturteile in die Abwägung einfließen. Maßgeblich ist jedoch, dass das (öffentliche) Recht die Abwägungsentscheidungen und die darauf beruhenden Empfehlungen nicht präjudiziert, sondern nur insoweit in die Abwägung einfließt, wie die Beratende Kommission dies aus ethischen Gründen für angemessen hält. Dementsprechend könnten die Empfehlungen der Beratenden Kommission nicht nach (öffentlichem) Recht beurteilt werden, sondern ausschließlich nach den ethischen Maßstäben, auf denen sie beruhen. Insoweit spielt für die Empfehlungen der Beratenden Kommission eine maßgebliche Rolle, ob es sich um einen NS-verfolgungsbedingten Vermögensverlust gehandelt hat (vgl. etwa die Empfehlung der Beratenden Kommission in der Sache „Ba. ./. Hessen“, Pressemitteilung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 210/08 vom 12. Juni 2008, sowie in der Sache „Be. ./. Düsseldorf“, Pressemitteilung vom 3. Februar 2015). Es kann aber auch darauf ankommen, ob die Direktorin eines Museums beim Erwerb eines Bildes im Hinblick auf dessen Herkunft bösgläubig gewesen ist (vgl. die Empfehlung in der Sache „W. ./. Neuss“, Pressemitteilung vom 28. März 2013) oder ob entzogene Kunstwerke nach dem deutlich zum Ausdruck gebrachten Willen des Sammlers in einem Museum verbleiben sollten (vgl. die Empfehlung in der Sache „S. ./. Deutsches Historisches Museum“, Pressemitteilung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 25. Januar 2007).

28

Die Beratende Kommission gibt ihre Empfehlungen ab auf der Grundlage der auf der Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust im Dezember 1998 verabschiedeten „Grundsätze im Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden“ (sog. Washingtoner Erklärung). Darin haben sich die Teilnehmerstaaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, verpflichtet, Kunstwerke, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt wurden, ausfindig zu machen, die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zu finden und rasch die notwendigen Schritte zu unternehmen, um zu „fairen und gerechten“ Lösungen zu gelangen. Im Dezember 1999 hat die Kultusministerkonferenz eine gemeinsame politische Grundsatzerklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, verabschiedet (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 9. Dezember 1999). Hier wird im Sinne der Washingtoner Erklärung erneut die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, unter nationalsozialistischer Herrschaft enteignete oder geraubte Kulturgüter in öffentlichen Archiven, Museen und Bibliotheken zu suchen und faire Lösungen für die Rückgabe oder Entschädigung früherer Eigentümer bzw. deren Erben zu finden. In einem weiteren Schritt wurde im Dezember 2002 nach eingehenden Erörterungen mit den an der Verabschiedung der „Gemeinsamen Erklärung“ vom 9. Dezember 1999 beteiligten Ebenen (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Kultusministerkonferenz, kommunale Spitzenverbände) beschlossen, die Beratende Kommission einzurichten, die besonders problematische Fälle von Rückgaben beratend begleiten soll. Der Beratenden Kommission kommt - wie ausgeführt - vor allem die Aufgabe zu, dem Anspruchsteller und den über das Kulturgut Verfügenden für eine Mediation zur Verfügung zu stehen.

29

Die Washingtoner Erklärung, die mit der Maßgabe „fairer und gerechter Lösungen“ den Fixpunkt für die ethischen Abwägungsentscheidungen der Beratenden Kommission bildet, ist allerdings nur eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung, die folglich auch nicht nach Art. 59 Abs. 2 GG in Bundesrecht transformiert wurde. Rechtlich gleichermaßen unverbindlich sind die Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom 9. Dezember 1999 (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 7 C 12/10 -, juris, Rn. 43; vgl. auch OVG LSA, Urteil vom 23. Oktober 2013 - 3 L 84/12 -, juris, Rn. 39). Die Tätigkeit der Beratenden Kommission entspricht damit zwar einem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland, welches sich jedoch nicht rechtlich verfestigt hat und damit auch nicht als (öffentlich-)rechtliche Grundlage für die Empfehlungen der Beratenden Kommission anzusehen ist.

30

Dass sich die Tätigkeit der Beratenden Kommission nicht nach öffentlichem Recht bemisst, zeigt sich auch daran, dass ihren Empfehlungen die Rechtsverbindlichkeit und auch jegliche sonstige Rechtswirksamkeit fehlt, die Kennzeichen außenwirksamen Handelns ist. Die Beratende Kommission wird nur im Einverständnis der Beteiligten im Wege der Mediation tätig; ihre Empfehlungen sind für die Beteiligten nicht verbindlich. Ob die Beteiligten den Empfehlungen der Kommission folgen, entscheiden sie ausschließlich selbst. Die Empfehlungen der Beratenden Kommission sind für sich ggf. anschließende Rechtsstreitigkeiten auch nicht vorgreiflich oder sonst relevant, wie gerade der Fall des Herrn P. S. zeigt, der seinen Rechtsanspruch auf Herausgabe der Plakatsammlung erfolgreich auf dem Rechtsweg durchgesetzt hat. Dies unterscheidet die Empfehlungen der Beratenden Kommission von Empfehlungen anderer beratender Gremien oder Ausschüsse, die in Bereichen, in denen keine näheren rechtlichen Vorgaben bestehen, die herrschende Verkehrsauffassung beschreiben oder wegen ihrer Leitbildfunktion prägend und korrigierend auf den Handelsbrauch einwirken und dadurch im Rechtsverkehr eine große - faktische - Bedeutung erlangen können (zu einer solchen Konstellation vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris, Rn. 75 ff.).

31

Soweit der Kläger die Behördeneigenschaft der Beratenden Kommission aus der Finanzierung dieses Gremiums durch öffentliche Haushaltsmittel ableitet, verkennt er, dass durch Haushaltsmittel auch Bereiche außerhalb der staatlichen Verwaltung finanziert werden können, z. B. durch Zuwendungen (§ 23 BHO) oder Aufwendungsersatz (§ 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BHO).

32

Fehlt es am außenwirksamen Handeln der Beratenden Kommission, kommt auch ein Informationsanspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG nicht in Betracht, weil dieser Anspruch die Wahrnehmungöffentlich-rechtlicher Verwaltungsaufgaben durch sonstige Bundesorgane und -einrichtungen voraussetzt. Danach muss auch die Tätigkeit eines sonstigen Bundesorgans oder einer sonstigen Bundeseinrichtung ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 93), woran es - wie ausgeführt – hier fehlt. Insoweit kommt hinzu, dass nach dem Willen des Gesetzgebers unabhängige Tätigkeiten wie die Rechtsprechung, Gesetzgebung oder geld- und währungspolitische Beratungen der Deutschen Bundesbank vom Informationszugang ausgenommen bleiben sollen (vgl. BTDrucks 15/4493, S. 8). Auch die Beratende Kommission ist in ihren Empfehlungen unabhängig und damit nach der Ratio von § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG nicht auskunftsverpflichtet.

33

Schließlich lässt sich der Anspruch auch nicht auf § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG stützen. Danach steht einer Behörde eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Paradebeispiel hierfür ist der Verwaltungshelfer (vgl. BTDrucks 15/4493, S. 8), doch erschöpft sich der Anwendungsbereich der Vorschrift darin nicht. Entscheidend ist, dass die durch den Privaten wahrgenommene Aufgabe - wie bei § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG - im öffentlichen Recht wurzelt, d. h. durch das öffentliche Recht begründet ist (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 93). Daran fehlt es, weil die Beratende Kommission - wie ausgeführt - nicht auf der Grundlage des öffentlichen Rechts handelt. Im Übrigen wäre der Anspruch auf Informationszugang insoweit nicht gegen die Beratende Kommission oder deren Mitglieder als Private zu richten, sondern gegen die Behörde, deren Aufgaben der Antrag betrifft (vgl. BTDrucks 15/4493, S. 8).

34

Da die Beratende Kommission gemäß § 1 Abs. 1 IFG bereits dem Grunde nach nicht auskunftsverpflichtet ist, muss nicht entschieden werden, ob und ggf. in welchem Umfang vorliegend der Ausschlussgrund des Schutzes der Vertraulichkeit von Verhandlungen und Beratungen von Behörden gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG einschlägig wäre (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris, Rn. 82 ff.).

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

36

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).


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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 279/10 Verkündet am:
16. März 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 985; REAO BE § 50 Abs. 2, § 51
Die Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin schließt den Herausgabeanspruch
nach § 985 BGB nicht aus, wenn der verfolgungsbedingt entzogene Vermögensgegenstand
nach dem Krieg verschollen war und der Eigentümer erst nach Ablauf
der Frist für die Anmeldung eines Rückerstattungsanspruchs von seinem Verbleib
Kenntnis erlangt hat.
BGH, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 279/10 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers und unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Januar 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf Herausgabe des Plakats "Dogge" abgewiesen und der Widerklage stattgegeben worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin vom 10. Februar 2009 zurückgewiesen. Die weitergehende Berufung bleibt zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist der Sohn und Rechtsnachfolger von Dr. Hans Sachs. Dieser hatte seit 1896 eine umfangreiche und wertvolle Plakatsammlung zusam- mengetragen, welche ihm 1938 im Auftrag des Reichspropagandaministeriums weggenommen wurde. Dr. Sachs verließ Deutschland wegen der nationalsozialistischen Judenverfolgung Ende 1938 und emigrierte in die USA.
2
Nach dem Krieg war die Plakatsammlung zunächst verschollen. Im Jahr 1961 erhielt Dr. Sachs aufgrund eines in einem Verfahren nach dem Bundesrückerstattungsgesetz geschlossenen Vergleichs 225.000 DM als Wiedergutmachung für den Verlust der Sammlung. Erst später erfuhr er, dass Teile der Sammlung in der DDR gefunden worden waren und sich in dem Museum für Deutsche Geschichte in Ost-Berlin befanden. 1974 verstarb Dr. Sachs und wurde von seiner Ehefrau beerbt. Diese starb 1998, ohne nach der Wiedervereinigung Ansprüche wegen der Sammlung geltend gemacht zu haben. Der Kläger ist ihr Erbe.
3
Die Plakatsammlung, von der zur Zeit 4.259 Plakate identifiziert sind, befindet sich heute im Besitz der Beklagten, einer Stiftung des öffentlichen Rechts. Mit der Klage hat der Kläger die Herausgabe zweier Plakate ("Dogge" und "Die blonde Venus") verlangt. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Feststellung beantragt, dass der Kläger nicht Eigentümer der Plakatsammlung ist, hilfsweise, dass er nicht berechtigt ist, die Plakate heraus zu verlangen.
4
Das Landgericht hat die Beklagte zur Herausgabe eines der Plakate ("Dogge") verurteilt und die weitergehende Klage sowie die Widerklage abgewiesen. Auf die von beiden Parteien eingelegte Berufung hat das Kammergericht - unter Abweisung aller übrigen Anträge - der Widerklage im Hilfsantrag stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Kläger , der den Herausgabeanspruch hinsichtlich des zweiten Plakats ("Die blonde Venus") nicht weiterverfolgt, die Verurteilung der Beklagten in dem durch das Landgericht zuerkannten Umfang sowie die vollständige Abweisung der Widerklage erreichen. Die Beklagte, die die Zurückweisung der Revision erstrebt, hat Anschlussrevision eingelegt, mit der sie sich gegen die Abweisung der Widerklage im Hauptantrag wendet. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Anschlussrevision.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in ZOV 2010, 87 veröffentlicht ist, meint, der Vater des Klägers habe sein Eigentum an der Plakatsammlung weder vor noch durch deren Wegnahme 1938 verloren. Ebenso wenig habe er das Eigentum im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens verloren. Die Plakate seien auch nicht in das Volkseigentum der DDR übergegangen. Dem danach an sich gegebenen Herausgabeanspruch des Klägers nach § 985 BGB stünden allerdings die Vorschriften des alliierten Rückerstattungsrechts und des Bundesrückerstattungsgesetzes entgegen. Es entspreche gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Ansprüche wegen nationalsozialistischer Unrechtsakte nur nach Maßgabe der Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze geltend gemacht werden könnten. Darüber hinaus sei ein etwaiger Herausgabeanspruch des Klägers verwirkt.
6
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.


7
Revision des Klägers
8
Die Revision des Klägers ist begründet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Plakats "Dogge" gemäß § 985 BGB verneint und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, die vormals seinem Vater gehörende Plakatsammlung von der Beklagten heraus zu verlangen.
9
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Kläger als Rechtsnachfolger (Erbeserbe) seines Vaters Eigentümer der Plakatsammlung. Das nimmt die Revision als für sie günstig hin (zur Anschlussrevision siehe unter III.).
10
2. Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB wird nicht durch die besonderen Regelungen über die Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts verdrängt.
11
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Anspruch nicht durch das Vermögensgesetz ausgeschlossen wird. Dieses findet zwar gemäß § 1 Abs. 6 VermG auch auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern Anwendung, die - wie der Vater des Klägers - in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Die - von dem Senat (Urteil vom 7. Juli 1995 - V ZR 243/94, BGHZ 130, 231, 235) bislang nur für den Restitutionsanspruch nach § 1 Abs. 1 Buchstabe c und Abs. 3 VermG bejahte - Frage, ob ein nach den vermögensrechtlichen Bestimmungen begründeter Anspruch einem zivilrechtlichen Anspruch vorgeht, der seinen Grund ebenfalls in dem von dem Vermögensgesetz erfassten staatlichen Unrecht hat, stellt sich hier schon deshalb nicht, weil der von dem Vater des Klägers erlittene Vermögensverlust keinen Restitutionsanspruch nach der Vorschrift in § 1 Abs. 6 VermG auslöst. Deren Anwendung setzt nämlich voraus, dass der Vermögenswert in dem Zeitpunkt der Schädigung im Beitrittsgebiet belegen war (vgl. BVerwGE 135, 272, 277 Rn. 31 mwN). Daran fehlt es hier, da die Plakatsammlung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in Berlin-Schöneberg und somit im späteren Westteil der Stadt beschlagnahmt wurde.
12
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts tritt der Herausgabeanspruch nicht hinter die Vorschriften des alliierten Rückerstattungsrechts - hier die in Berlin geltende Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin betreffend die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen (vom 26. Juli 1949, VOBl. für Groß-Berlin I S. 221 - nachfolgend Rückerstattungsanordnung oder REAO) - zurück.
13
aa) Allerdings hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Ansprüche, die sich aus der Unrechtmäßigkeit einer nationalsozialistischen Enteignungsmaßnahme ergeben, grundsätzlich nur nach Maßgabe der zur Wiedergutmachung erlassenen Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze und in dem dort vorgesehenen Verfahren verfolgt werden können (vgl. Urteile vom 11. Februar 1953 - II ZR 51/52, BGHZ 9, 34, 45; vom 8. Oktober 1953 - IV ZR 30/53, BGHZ 10, 340, 343; vom 5. Mai 1956 - VI ZR 138/54, RzW 1956, 237 sowie Beschluss vom 27. Mai 1954 - IV ZB 15/54, NJW 1954, 1368; ebenso die hM im älteren Schrifttum, vgl. Blessin/Wilden, Bundesrückerstattungsgesetz, 1958, Einl. Rn. 26; Goetze, Die Rückerstattung in Westdeutschland und Berlin, 1950, Anm. zu Art. 57 REG [AmZ]; Harmening/ Hartenstein/Osthoff, Rückerstattungsgesetz, 2. Aufl., 1952, Einl. Bl. Nr. 53 Rs.; Kubuschok/Weißstein, Rückerstattungsrecht, 1950, Art. 49 REG [BrZ] / Art. 57 REG [AmZ] Anm. 2; Muller, Rückerstattung in Deutschland, 1948, Vorbem. S. 10; Korth, SJZ 1948, 377, 383; aA van Dam, Rückerstattungs-Gesetz für die Britische Zone, 1949, Einf. S. 15; von Godin, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände, 1950, Art. 57 REG [AmZ] Anm. 1; Dubro, NJW 1953,

706).


14
Begründet wurde der Vorrang des Rückerstattungsverfahrens zum einen mit den besonderen Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, dass das geltende Recht keine ausreichende Grundlage bot, die durch die nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen herbeigeführten Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen (dazu ausführlich Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Bd. 1, 2010, S. 689 ff.), und denen durch ein besonderes , die Ansprüche des Geschädigten abschließend regelndes Gesetz begegnet werden sollte. Zum anderen sollten durch die - im Vergleich zu den allgemeinen Verjährungsfristen deutlich kürzeren - Fristen, innerhalb deren ein Rückerstattungsanspruch durch den Geschädigten anzumelden war (nach Art. 50 Abs. 2 Satz 1 REAO bis zum 30. Juni 1950), das Interesse der Allgemeinheit an der baldigen Beruhigung des Wirtschaftslebens sowie das Interesse des Rückgewährpflichtigen geschützt werden, nach dem Fristablauf nicht mehr mit weiteren Ansprüchen des Geschädigten rechnen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1953 - IV ZR 30/53, BGHZ 10, 340, 343 ff.).
15
bb) Demgegenüber herrscht im neueren Schrifttum - zum Teil im Anschluss an eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen (Beschluss vom 28. Februar 1955 - GSZ 4/54, BGHZ 16, 350) - die Auffassung vor, dass das Rückerstattungsrecht in erster Linie den Interessen des Geschädigten gedient habe. Das schließe es aus, dem Geschädigten Ansprüche zu versagen, die bereits nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen durch die Unrechtsmaßnahme begründet worden seien (vgl. Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, 2005, S. 169; Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz, 2007, S. 94 ff.; Schulze, Kunstrechtsspiegel 2010, 8, 9; IPrax 2010, 290, 297; Weller, Kunstrechtsspiegel 2009, 32, 35 sowie 42, 43; ähnlich bereits Mosheim, BB 1949, 27: "Meistbegünstigungs-Prinzip").
16
cc) Ob die zuletzt genannte Ansicht Veranlassung bietet, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen, kann dahin stehen. Den alliierten Rückerstattungsvorschriften kommt jedenfalls dann kein Vorrang gegenüber einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu, wenn der verfolgungsbedingt entzogene Vermögensgegenstand - wie hier und anders als in den bislang durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen - nach dem Krieg verschollen war und der Berechtigte erst nach Ablauf der für die Anmeldung eines Rückerstattungsanspruchs bestimmten Frist von seinem Verbleib Kenntnis erlangt hat.
17
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht Art. 51 Satz 1 REAO der Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs in einem solchen Fall nicht entgegen. Zwar können danach, soweit nichts anderes bestimmt ist, Ansprüche , die unter die Rückerstattungsanordnung fallen, nur nach deren Maßgabe und unter Einhaltung der darin geregelten Fristen geltend gemacht werden. Die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1953 - IV ZR 30/53, BGHZ 10, 340, 344 für die vergleichbaren Regelungen in der Amerikanischen und der Britischen Zone) von der Vorschrift ausgehende Sperrwirkung wird indes durch den die Anordnung beherrschenden Grundsatz der Naturalrestitution begrenzt.
18
(1) Die Rückerstattungsanordnung regelt in erster Linie die Rückerstattung "feststellbarer" Vermögensgegenstände (vgl. § 1 Abs. 1 REAO). Der Begriff "feststellbar" ("identifiable") diente ursprünglich - in Entwurfsfassungen - dazu, den Anwendungsbereich der Alliierten Anordnungen auf Rechtsverluste zu begrenzen, die durch Rückgabe des entzogenen Vermögensgegenstands in natura wiedergutgemacht werden konnten (vgl. ORG Nürnberg, RzW 1959, 371, 372 r. Sp. sowie Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, 1974, S. 118 f.). Von ihm erfasst sind nur Gegenstände, zu deren Rückforderung sich der Berechtigte tatsächlich imstande sah, weil ihm die Person des gegenwärtigen Besitzers bekannt war (vgl. Art. 1 Abs. 2 REAO; Goetze , aaO, Art. 1 REG [AmZ] Anm. 2; i. Erg. ebenso Harmening/Hartenstein/ Osthoff, aaO, Art. 1 REG [BrZ] Anm. III. 2). Diese Voraussetzung war bei einem Gegenstand, über dessen Existenz und Verbleib - wie im Fall der dem Vater des Klägers gehörenden Plakatsammlung - in dem Zeitraum, in dem ein Verfahren nach der Rückerstattungsanordnung eingeleitet werden konnte, Unklarheit herrschte, nicht erfüllt.
19
(2) Die Rückerstattungsanordnung sieht allerdings auch Ersatzansprüche des Berechtigten für den Fall vor, dass der Gegenstand bei dem Rückerstattungspflichtigen untergegangen oder diesem die Herausgabe aus sonstigen Gründen unmöglich war (Art. 26 Abs. 3 und Art. 27 Abs. 2 REAO). Bei dem Schadensausgleich in Geld handelte es sich nach der Vorstellung der Alliierten indes um eine nachrangige Form der Wiedergutmachung; in erster Linie hatte diese durch Rückgabe des entzogenen Vermögens an den Berechtigten zu erfolgen (vgl. Vorbemerkung sowie Art. 1 REAO; ebenso Art. 1 Abs. 1 REG [AmZ]; Art. 1 Abs. 1 REG [BrZ]; Art. 5 der Verordnung Nr. 120 [FrZ]; BGH, Urteil vom 5. Mai 1956 - VI ZR 138/54, RzW 1956, 237, 238; Blessin/Wilden, aaO, Einl. Rn. 15; Schwarz, aaO, S. 122 und S. 175). Dass die auf eine Ausgleichsleistung in Geld gerichteten Ansprüche aus der Rückerstattungsanordnung bei einer zunächst verschollenen, nach Ablauf der Anmeldefrist aber wieder aufgetauchten Sache dennoch als abschließende Wiedergutmachung anzusehen sein sollten, ergibt sich - ungeachtet einer in diesem Fall etwa bestehenden Pflicht, eine bereits empfangene Ausgleichszahlung zurückzuerstatten - aus der Rückerstattungsanordnung nicht (vgl. BVerwG, ZIP 1997, 1392, 1393 zu dem Restitutionsanspruch nach § 1 Abs. 6 VermG).
20
(3) Das vorrangige Ziel der Naturalrestitution steht ferner der Annahme entgegen, ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch werde durch die alliierte Rückerstattungsanordnung auch dann verdrängt, wenn es dem Berechtigten unmöglich war, die Rückgabe des entzogenen Vermögensgegenstands in deren Rahmen zu erreichen, weil dieser - wie hier - bis zum Ablauf der Anmeldefrist des § 50 Abs. 2 REAO verschollen und damit nicht "feststellbar" war. Bliebe es in einem solchen Fall auch nach dem Wiederauffinden des Gegenstands bei der von dem Bundesgerichtshof bislang angenommenen Sperrwirkung des Art. 51 Satz 1 REAO, wären der Berechtigte und seine Rechtsnachfolger von der vorrangig angestrebten Wiedergutmachung durch Rückgabe dauerhaft ausgeschlossen, obwohl diese, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt, tatsächlich und - auf der Grundlage der allgemeinen Gesetze - auch rechtlich möglich ist. Die alliierten Rückerstattungsbestimmungen hätten dem Berechtigten damit jede Möglichkeit genommen, die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands zu verlangen und auf diese Weise das nationalsozialistische Unrecht perpetuiert. Ein solches Ergebnis ist mit dem Sinn und Zweck dieser Best- immungen, die Interessen des Geschädigten zu schützen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 1955 - GSZ 4/54, BGHZ 16, 350, 357), nicht zu vereinbaren.
21
c) Auch das Bundesrückerstattungsgesetz steht dem Herausgabeanspruch des Klägers nicht entgegen. Denn es schuf lediglich eine gesetzliche Grundlage für die Berechnung und Erfüllung der bereits nach anderen Rechtsvorschriften entstandenen, auf einen Geldbetrag oder auf Schadensersatz gerichteten Rückerstattungsansprüche gegen das Deutsche Reich (vgl. § 2 i.V.m. § 11 Nr. 1 BRüG; Biella, Das Bundesrückerstattungsgesetz, 1981, S. 83 f.; Kemper/Burkhardt, Bundesrückerstattungsgesetz, 2. Aufl., 1957, Einf. S. 16) und eröffnete insoweit die Anmeldefristen neu (vgl. § 29 BRüG). Bestimmungen , aus denen sich ergibt, dass die Rechte, die dem Berechtigten aufgrund des Eigentums an der (vermeintlich) untergegangenen Sache zustehen, mit der Erfüllung des Rückerstattungsanspruchs auf die öffentliche Hand übergehen, enthält es nicht. Ebenso wenig begründete es - von den hier nicht einschlägigen Vorschriften der §§ 12, 13 BRüG abgesehen - neue Ansprüche zugunsten der von einer nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahme Betroffenen, hinsichtlich deren sich die Frage nach dem Verhältnis zu den nach dem allgemeinen Zivilrecht gegebenen Ansprüchen stellen könnte.
22
3. Dass der Vater des Klägers - was dem Herausgabeanspruch entgegenstehen könnte - im Zusammenhang mit der ihm im Jahr 1961 gewährten Wiedergutmachung eine Erklärung abgegeben hat, in der er auf alle bestehenden Rechte wegen der Plakatsammlung verzichtet hat, ist durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Da ein Verzicht auf Rechte im Allgemeinen nicht zu vermuten ist, wäre ein unzweideutiges Verhalten erforderlich, das von dem Erklärungsgegner als Aufgabe des Rechts verstanden werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 70/93, WM 1994, 13). Diese Voraussetzung ist durch das Schreiben des Vaters des Klägers aus dem Jahr 1966, in dem dieser gegenüber einem Mitarbeiter des Museums für Deutsche Geschichte in Ost-Berlin ausgeführt hat, er sei lediglich ideell und nicht materiell an einer Zusammenarbeit interessiert und habe im Übrigen eine größere Abfindungssumme erhalten, die alle seine Ansprüche abdecke, nicht erfüllt. Die Betonung des rein ideellen Interesses an der Sammlung durch den Vater des Klägers dürfte in erster Linie dazu gedient haben, die naheliegende Befürchtung des Museumsmitarbeiters auszuräumen, er werde Rechte wegen der Sammlung geltend machen, um so einen Kontaktabbruch des Museums zu vermeiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Vater des Klägers ein Herausgabeverlangen gegenüber einem staatlichen Museum der DDR in den Zeiten des Kalten Krieges aussichtslos erscheinen musste; denn auch dies spricht dafür, dass mit dem Hinweis auf die erhaltene Entschädigung kein endgültiger Verzicht auf Rechte an der Sammlung zum Ausdruck gebracht, sondern etwaiges Misstrauen des Museums hinsichtlich des Grundes für die Kontaktaufnahme zerstreut werden sollte.
23
4. Der Herausgabeanspruch, hinsichtlich dessen die Beklagte die Einrede der Verjährung ausdrücklich nicht erhebt, ist nicht verwirkt.
24
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die spätere Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, NJW 2009, 847, 849 Rn. 39 [insoweit in BGHZ 179, 146 nicht abgedruckt ] und vom 30. Oktober 2009 - V ZR 42/09, NJW 2010, 1074, 1076 Rn. 19 mwN). Verwirkung kann auch bei dem Herausgabeanspruch des Eigentümers nach § 985 BGB eintreten (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 314 zu § 894 BGB). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Anspruch Kernbestandteil des Eigentums ist und seine Verneinung wirtschaftlich die Enteignung des Eigentümers bedeutet, weshalb eine Verwirkung nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183, 2184 mwN).
25
b) Ein Fall der Verwirkung liegt hier nicht vor.
26
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Zeit vor dem 3. Oktober 1990 für die Beurteilung, ob es sich bei der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Kläger um eine unzulässige Rechtsausübung handelt, nicht berücksichtigt werden. Denn bis zu diesem Tag musste sich ein von dem Vater oder (nach dessen Tod im Jahr 1974) der Mutter des Klägers geäußertes Rückgabeverlangen - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - als offensichtlich aussichtslos erweisen, weil sich die Plakatsammlung auf dem Gebiet der DDR befand und daher ein privatrechtlicher Herausgabeanspruch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht hätte durchgesetzt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1964 - VI ZR 44/63, VersR 1964, 404, 405 zu dem "umgekehrten" Fall, dass der Gläubiger des Anspruchs in der DDR ansässig war; Schoen, NJW 2001, 537, 543). Soweit das Berufungsgericht die Zeit bis zur Wiedervereinigung gleichwohl unter Hinweis auf die - die Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt betreffende - Vorschrift des § 206 BGB für berücksichtigungsfähig hält, übersieht es, dass sich der Regelung keine über die Verjährung hinausgehenden Grundsätze entnehmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1960 - III ZR 132/59, BGHZ 33, 360, 363; Erman /Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 206 Rn. 2 mwN).
27
bb) Der danach maßgebliche Zeitraum von 16 Jahren, in dem die Mutter des Klägers sowie (nach deren Tod im Jahr 1998) der Kläger selbst von der Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs abgesehen haben, ist für sich genommen nicht ausreichend, die Verwirkung des Anspruchs zu begründen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 42/09, NJW 2010, 1074, 1075 Rn. 19). Zusätzliche Umstände, aus denen die Beklagte schließen durfte, ein Herausgabeanspruch wegen der Plakatsammlung werde nicht mehr geltend gemacht, sind nicht erkennbar. Der Inhalt des von dem Vater des Klägers verfassten Briefes aus dem Jahr 1966 (s.o. unter 3.) genügt für die Entstehung des für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestands ebenso wenig wie dessen Äußerung in einem 1970/71 veröffentlichten Artikel, wonach er sicher sei, dass "West- und Ostdeutschland (…) ihre Schätze zu hüten wissen". Denn hieraus ergibt sich allenfalls, dass der zu dieser Zeit bereits hochbetagte Vater des Klägers selbst keine - zu der damaligen Zeit ohnehin nicht durchsetzbaren - Ansprüche mehr verfolgen würde, nicht aber, dass sich auch seine Erben mit einem dauerhaften Verbleib der Sammlung in einem Museum einverstanden zeigen würden. Äußerungen, die etwas Anderes nahe legen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
28
cc) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht schließlich, die Beklagte habe mit Ablauf der in § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG bestimmten Frist zur Geltendmachung von Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz am 30. Juni 1993 darauf vertrauen dürfen, keinem Herausgabeanspruch des Eigentümers der Plakatsammlung mehr ausgesetzt zu werden. Das Vermögensgesetz findet - wovon das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst aus- geht - in dem hier zu entscheidenden Fall, in dem das von dem NS-Regime beschlagnahmte Vermögen erst nach seiner Entziehung in das Beitrittsgebiet verbracht wurde, keine Anwendung (vgl. BVerwGE 135, 272, 277 Rn. 31 sowie oben unter 2. a). Dass seine Anwendbarkeit bis zu der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2009 im Schrifttum unterschiedlich beurteilt wurde, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen des unberechtigten Besitzers.
29
dd) Ob sich - wie der Kläger meint - die Beklagte als Stiftung des öffentlichen Rechts schon im Hinblick auf die im Anschluss an die Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 abgegebene "Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz" vom 14. Dezember 1999 (jew. abgedruckt bei Anton, aaO, S. 736 f., 739 f.), wonach die Erklärenden "in den verantwortlichen Gremien der Träger einschlägiger öffentlicher Einrichtungen darauf hinwirken (werden), dass Kulturgüter, die als NS-verfolgungsbedingt entzogen identifiziert und bestimmten Geschädigten zugeordnet werden können, nach individueller Prüfung den legitimierten früheren Eigentümern bzw. deren Erben zurückgegeben werden", nicht auf den Einwand der Verwirkung des Herausgabeanspruchs berufen kann, bedarf hier keiner Entscheidung.

III.


30
Anschlussrevision der Beklagten
31
Die Anschlussrevision der Beklagten, mit der diese das fehlende Eigentum des Klägers an der Plakatsammlung festgestellt wissen will, ist unbegrün- det. Der Vater des Klägers ist zu Lebzeiten Eigentümer der Sammlung geblieben. Nach seinem Tod ist das Eigentum im Wege der Erbfolge zunächst auf seine Ehefrau und anschließend auf den Kläger übergegangen.
32
1. Dass die Plakatsammlung dem Vater des Klägers 1938 im Auftrag des Reichspropagandaministeriums weggenommen wurde, änderte an den bestehenden Eigentumsverhältnissen nichts. Nach den - nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich bei dem Zugriff um eine Wegnahme ohne förmlichen Enteignungsakt. Eine rechtliche Grundlage für die Aneignung des Besitzes an der Plakatsammlung durch das Deutsche Reich ist auch nicht in der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz zu sehen, durch die u.a. der Verfall jüdischen Vermögens angeordnet wurde. Denn diese Verordnung ist wegen ihres den Grunderfordernissen jeder rechtsstaatlichen Ordnung widersprechenden Unrechtsgehalts als von vornherein nichtig anzusehen und hat daher keine Rechtswirkungen zu erzeugen vermocht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 1955 - GSZ 4/54, BGHZ 16, 350, 353 f.; BVerfGE 23, 98, 106; BVerwGE 98, 261, 263).
33
2. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Vater des Klägers sei zu dem Zeitpunkt der Wegnahme nicht mehr Eigentümer der Plakatsammlung gewesen, weil er diese zuvor an den Bankier Dr. Lenz veräußert habe. Da sich die Sammlung bis zuletzt in seinen Händen befand, kommt nur eine Übereignung nach § 930 BGB in Betracht; sie erforderte, dass der Vater des Klägers seinen Eigenbesitz an der Sammlung aufgegeben und auf Grund eines vereinbarten Besitzmittlungsverhältnisses (§ 868 BGB) dem Erwerber den Besitz vermittelt hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, diese Voraussetzungen ließen sich nicht feststellen, ist frei von Rechtsfehlern.

34
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Berufungsgericht die an ein Besitzkonstitut zu stellenden Anforderungen nicht verkannt. Die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses ersetzt die in § 929 Satz 1 BGB vorgesehene Übergabe der Sache. Diese Funktion steht einem Eigentumswechsel entgegen, bei dem der Wille des Veräußerers, die in seinem (unmittelbaren) Eigenbesitz befindliche Sache künftig für einen anderen zu besitzen, nicht in irgendeiner Form, und sei es nur gegenüber dem Erwerber (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1963 - VIII ZR 198/62, NJW 1964, 398 f.), erkennbar zu Tage tritt. Eine dermaßen im Verborgenen bleibende Übertragung des Eigentums wäre mit dem das Sachenrecht beherrschenden - wenn auch in § 930 BGB zugunsten einer Erleichterung des Rechtsverkehrs mit beweglichen Sachen eingeschränkten (vgl. PWW/Prütting, BGB, 6. Aufl., § 930 Rn. 1) - Publizitätsgrundsatz nicht zu vereinbaren.
35
b) Dafür, dass vor der Wegnahme der Plakatsammlung entweder durch die ausdrückliche Begründung eines Besitzkonstituts oder zumindest durch ein konkludentes Verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 2001 - II ZR 314/99, NJW-RR 2002, 854, 855; Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 930 Rn. 8 mwN) die Änderung der vormaligen Besitzverhältnisse dokumentiert wurde, hat das Berufungsgericht nichts festzustellen vermocht. Die von der Beklagten angeführte Äußerung des Vaters des Klägers aus dem Jahr 1953, wonach die Sammlung zu dem Zeitpunkt ihrer Wegnahme bereits "förmlich übereignet" gewesen sei, lässt nicht den Schluss auf eine wirksame Eigentumsübertragung zu. Gleiches gilt für die Erklärung des Dr. Lenz aus dem Jahr 1946, nach der ihm die Sammlung "als Pfand" übereignet worden sei, um sie auf diese Weise vor der drohenden Konfiszierung zu retten. Beide Äußerungen beschränken sich letztlich auf die Mitteilung einer - mit Blick auf die Erklärung des Dr. Lenz zudem nicht eindeutigen - Rechtsauffassung. Ob diese zutrifft, kann in Ermangelung tatsächlicher Feststellungen zu dem zugrunde liegenden Geschehen nicht beurteilt werden.
36
3. Ebenfalls ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, das Eigentum an der Plakatsammlung sei dadurch, dass der Vater des Klägers diese nicht zur Rückerstattung angemeldet habe, kraft Gesetzes auf deren damaligen Besitzer übergegangen. Die Rückerstattungsanordnung hatte den Zweck, die beschleunigte Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände sicherzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 1955 - GSZ 4/54, BGHZ 16, 350, 360). Konnten die durch die Anordnung begründeten Ansprüche aufgrund des Ausschlusscharakters der Anmeldefrist für sie nicht mehr durchgesetzt werden, musste derjenige, der den Gegenstand damals im Besitz hatte, zwar nicht mehr damit rechnen, Rückerstattungsansprüchen ausgesetzt zu sein. Ein originärer Eigentumserwerb durch Rückerstattungspflichtige, die lediglich den Besitz, nicht aber das Eigentum an dem entzogenen Gegenstand erlangt hatten, war hiermit aber nicht verbunden.
37
4. Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Vater des Klägers habe das Eigentum an der Plakatsammlung auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt eingebüßt, erhebt die Beklagte keine Einwände. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

IV.


38
Das Berufungsurteil ist somit in dem durch die Revision angefochtenen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

V.


39
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 10.02.2009 - 19 O 116/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 28.01.2010 - 8 U 56/09 -

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Löschung einer Suchmeldung, welche in der vom Beklagten im Internet geführten Lost Art Datenbank eingetragen ist. Dem Beklagten ist als Arbeitsgruppe die Koordinierungsstelle A-Stadt angeschlossen, welche eine von der Bundesrepublik Deutschland und den Bundesländern finanzierte Einrichtung darstellt, die u. a. die Aufgabe hat, „Such- und Fundmeldungen des In- und Auslands zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen bzw. in Folge des 2. Weltkriegs verbrachten Kulturgütern zur Präsentation in www.lostart.de“ zu dokumentieren.

2

Unter dem 24. Juni 2005 erfolgte im Auftrag der Erbengemeinschaft nach R. und J. O. die Eintragung einer Suchmeldung in der Lost Art Datenbank hinsichtlich des hier in Rede stehenden Gemälde „Bildnis eines alten Mannes in orientalischer Tracht“, welches ursprünglich Rembrandt Harmenszoon van Rijn zugeschrieben wurde und heute Isaac Jouderville, einem Schüler Rembrandts, zugeordnet wird.

3

Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 1912 gründete Albert L. die Margraf & Co. GmbH in C-Stadt. In den folgenden Jahren wurde diese Gesellschaft um mehrere Untergesellschaften erweitert, namentlich die Kunsthandelsgesellschaften F. & Co. GmbH, Dr. Benedict & Co. GmbH, Dr. Burchard & Co. GmbH sowie die Antiquitätenhandelsgesellschaft Altkunst & Co. GmbH. Albert L. legte die Geschäftsführung hinsichtlich dieser Unternehmensgruppe in die Hände des Kunsthändlers J. O. und dessen Ehefrau R., welche wie Albert L. beide jüdischen Glaubens waren. Vor seinem Tod im Jahr 1929 hatte Albert L. seine Lebensgefährtin R. B. als Erbin eingesetzt und die Anteile an den vorgenannten Gesellschaften als Vermächtnis den Eheleuten O. hinterlassen. Diese Rechtsnachfolge hinsichtlich der Gesellschaften wurde jedoch - nach den vorliegenden Akten - aufgrund von erbrechtlichen Auseinandersetzungen bis 1933 nicht registerrechtlich vollzogen. Am 1. April 1933 versuchten die Nationalsozialisten die Eheleute O. zu verhaften. Diese waren jedoch gewarnt worden und konnten nach Frankreich fliehen. J. O. verstarb 1941 in Nizza. R. O. wurde nach Auschwitz deportiert und dort 1943 ermordet. Die drei Kinder der Eheleute O. überlebten die Zeit des Nationalsozialismus. Die Gesellschaftsanteile der vorgenannten Unternehmensgruppe wurden nach 1933 zugunsten des Finanzamtes Berlin-Tiergarten für ausstehende Erbschaftssteuern verpfändet. Als die Steuerschulden 1937 beglichen wurden, wurden diese Gesellschaftsanteile an R. B. übertragen. Bereits unter dem 2. Dezember 1933 hatte das Landgericht Berlin J. O. untersagt, jedwede Rechtshandlungen in Bezug auf die Unternehmensgruppe vorzunehmen. Prof. Dr. Bolko Freiherr von Richthofen, nach den vorliegenden Unterlagen ein enger Freund Hermann Görings, wurde im Jahr 1933 zum Verwalter der Unternehmen bestimmt. Etwa ab dem Jahr 1935 wurden die Untergesellschaften der Unternehmensgruppe liquidiert. In einem Auktionstermin (26. und 27. April 1935), der - laut Katalog - die „Bestände der Berliner Firmen Galerie F. & Co. GmbH und Altkunst Antiquitäten GmbH“ betraf, wurde auch das streitgegenständliche Gemälde vom Auktionshaus G. in C-Stadt angeboten und für 16.000,- RM versteigert. Es soll - nach dem Vortrag der Beigeladenen - vom Bankhaus Jacquier & Securius mit Sitz in C-Stadt ersteigert worden sein. Zum Beleg verweisen die Beigeladenen auf einen Auszug aus der „Liste der national wertvollen Kunstwerke“ von 1938.

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Die Beigeladenen sind Mitglieder von Erbengemeinschaften, die die (jüdischen) Gesellschafter des ehemaligen Bankhauses Jacquier & Securius beerbt haben. Hans B. ist am 1. Juli 2013 verstorben, die Erben nach ihm sind noch nicht bekannt. Unter dem 10. September 2009 erwirkten die Mitglieder der Erbengemeinschaften die Registrierung einer (weiteren) Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes bei dem Beklagten. Zur Begründung dieser Suchmeldung haben die Beigeladenen vorgetragen, dass sich das Gemälde seit Oktober 1933 im Sicherungseigentum des Bankhauses befunden habe, dieses Sicherungseigentum sei im Rahmen der Versteigerung im Jahr 1935 zu Volleigentum erstarkt und erst durch die sog. Arisierung des Bankhauses im März 1938 verfolgungsbedingt abhanden gekommen.

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Im Mai 2009 gelang es der Nachtragsliquidatorin der Klägerin unter Hinweis auf die Eintragung der Suchmeldung unter anderem in der Lost Art Datenbank eine unmittelbar bevorstehende Versteigerung des streitgegenständlichen Gemäldes auf einer Auktion in Kapstadt zu verhindern. Das Bild war von dem in Windhoek/Namibia lebenden Gerhard-Peter S. angeboten worden.

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Im Januar 2010 schlossen Gerhard-Peter S., die Klägerin und die Erbengemeinschaft nach den vormaligen Gesellschaftern der Galerie F. & Co. GmbH eine Vereinbarung über die Verwertung des hier in Rede stehenden Gemäldes. Es soll bei dem Auktionshaus Sotheby’s in Amsterdam versteigert und der Erlös hälftig zwischen Herrn Gerhard-Peter S. und der Erbengemeinschaft nach J. und R. O. geteilt werden. Zu dieser Versteigerung ist es noch nicht gekommen.

7

Der Beklagte lehnte die nachfolgend von der Klägerin geforderte Löschung der Suchmeldung mit der Begründung ab, dass eine - für plausibel erkannte - Eintragung nur mit Zustimmung des (weiteren) Melders - hier der Beigeladenen - gelöscht werden dürfe. Wenn nötig, müsse die Klägerin die Zustimmung der Beigeladenen auf dem Zivilrechtsweg erstreiten.

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Am 24. Juni 2010 hatte die Klägerin Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Kultusministerium, dieses vertreten durch die Koordinierungsstelle A-Stadt erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die allgemeine Leistungsklage sei die statthafte Klageart, da die Eintragung auf der Internetseite www.lostart.de ein schlichtes Verwaltungshandeln darstelle. Der Beklagte sei passiv legitimiert. Da er die Eintragung der Suchmeldung vorgenommen und zu verantworten habe, müsse er sie auch löschen können. Der Klägerin stehe ein Folgenbeseitigungsanspruch zu. Der Verbleib der Suchmeldung in der Datenbank beeinträchtige das Eigentumsrecht der Klägerin, welche als Erstgeschädigte das bessere Recht habe. Zur weiteren Begründung hatte die Klägerin u. a. auf Geschäftsunterlagen aus den Jahren 1932 und 1933, auf die im Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz getroffenen Feststellungen und auf die Empfehlungen der niederländischen Restitutionskommission bezüglich anderer Gemälde, welche nach ihrer Darstellung im Eigentum der Galerie F. standen, verwiesen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, den (von den Beigeladenen veranlassten) Eintrag des Gemäldes „Bildnis eines alten Mannes in orientalischer Tracht“ von Rembrandt (mittlerweile Jouderville, Schüler Rembrandts, zugeschrieben) von der Liste gesuchter Raub- und Beutekunst auf der Internetseite www.lostart.de zu löschen,

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hilfsweise,

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den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Namen und Anschriften der Personen oder Institutionen zu erteilen, die den Eintrag des Gemäldes „Bildnis eines alten Mannes in orientalischer Tracht“ von Rembrandt (mittlerweile Jouderville, Schüler Rembrandts, zugeschrieben) auf der Liste gesuchter Raub- und Beutekunst auf der Internetseite www.lostart.de veranlasst haben. Sofern ein Vertreter, beispielsweise ein Rechtsanwalt die Eintragung veranlasst hat, sind auch die von ihm vertretenen Personen und Institutionen mit Namen und Anschrift zu benennen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin den Beklagten falsch bezeichnet habe. Sie habe auch kein Rechtschutzbedürfnis, weil sie mit einer Klage auf Zustimmung zur Löschung des Eintrags vor den Zivilgerichten leichter und schneller zum Ziel komme. Zudem sei die Klage unbegründet. Der Beklagte dürfe die Eintragung zugunsten der Beigeladenen nicht ohne Zustimmung der anmeldenden Personen löschen und zurücknehmen. Der Klägerin stehe ein Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Der Beklagte beeinträchtige das Eigentum der Klägerin nicht. Die Eintragung bewirke kein rechtliches Verfügungsverbot. Dass die Auktionshäuser die Internetseite www.lostart.de beachten, liege in deren Verantwortungsbereich. Ohne positive Feststellung des Eigentums der Klägerin und/oder ohne Zustimmung der Beigeladenen könne der in Rede stehende Eintrag nicht gelöscht werden.

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Die Beigeladenen hatten keinen Antrag gestellt. Sie haben geltend gemacht, die Klägerin behaupte zu Unrecht, Eigentümerin des in Rede stehenden Gemäldes zu sein. Das Bild könne auch einer namensgleichen Galerie in Amsterdam oder einem Dritten gehört haben. Selbst wenn die Klägerin die ursprüngliche Eigentümerin des Gemäldes gewesen wäre, hätte sie das Eigentum spätestens durch die Sicherungsübereignung an das Bankhaus Jacquier & Securius vom 13. Oktober 1933 verloren. Die Sicherungsübereignung und die spätere Verwertung seien weder rechtlich noch sittlich zu beanstanden. Mit der Sicherungsübereignung seien verfolgungsunabhängige Kredite besichert worden. Der Erbschaftsstreit, die Erbschaftssteuerschulden und die Weltwirtschaftskrise hätten die Unternehmensgruppe, zu welcher auch die F. & Co. GmbH gehört habe, stark belastet. Auch aus steuerlichen Gründen seien J. und R. O. ins Ausland gegangen bzw. im Ausland geblieben. Einen verfolgungsbedingten Kulturgutverlust habe hingegen das Bankhaus Jacquier & Securius erlitten. Im Oktober 1933 habe es Sicherungseigentum unter anderem an dem streitgegenständlichen Gemälde erworben. Im April 1935 habe das Bankhaus das Gemälde ersteigert und auf diese Weise Volleigentum erlangt. Die „Liste der national wertvollen Kunstwerke 1938“ belege den Erwerb des Gemäldes durch das Bankhaus Jacquier und Securius. Zum 1. März 1938 sei das Bankhaus „arisiert“ worden. Das sei die einzige verfolgungsbedingte Schädigung in Ansehung des hier in Rede stehenden Gemäldes.

17

Mit Urteil vom 17. Januar 2012 hat das Verwaltungsgericht das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt verurteilt, den streitgegenständlichen Eintrag in der Lost Art Datenbank zu löschen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sei eröffnet. Das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehende Rechtsverhältnis sei dem öffentlichen Recht zuzuordnen, weil das Klageziel, die Löschung des Interneteintrags, vom staatlichen Wiedergutmachungsauftrag abhänge, der in der Vereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit den Bundesländern und den kommunalen Spitzenverbänden einerseits und in den sog. Washingtoner Grundsätzen von 1998 andererseits seinen Ausdruck gefunden habe. Der Streit um Einträge auf dieser Internetseite sei - wegen des beabsichtigten Zusammenhangs mit dem staatlichen Wiedergutmachungsauftrag - eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die Klägerin müsse sich zur Verfolgung ihres Begehrens nicht auf den Zivilrechtsweg verweisen lassen. Eine Eigentumsfeststellungsklage oder eine gegen die Beigeladenen gerichtete Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung zur Löschung des Eintrags auf der Internetseite würde nicht einfacher, kostengünstiger oder schneller zum angestrebten Erfolg führen, zumal (noch) nicht alle Rechtsnachfolger der Inhaber des ehemaligen Bankhauses Jacquier & Securius benannt worden seien. Eine - relevante - Falschbezeichnung des Beklagten im Sinne des § 78 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 8 AGVwGO LSA liege nicht vor. Die zulässige allgemeine Leistungsklage sei auch begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Löschung der Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes, weil - was der Beklagte beachten müsse - die Klägerin Erstgeschädigte sei und - was selbstständig tragend hinzu komme - Zweckerreichung eingetreten sei. Zwar enthielten weder die Washingtoner Grundsätze von 1998 noch die „Gemeinsame Vereinbarung über die Koordinierungsstelle A-Stadt“ vom 09. Februar 2010, die die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer getroffen hätten, subjektive Rechte zugunsten der Klägerin. Wie die Koordinierungsstelle A-Stadt die ihr zugewiesenen Aufgaben erfülle, regele insbesondere die Gemeinsame Vereinbarung nicht. Ebenso wenig sei das Außenrecht der Koordinierungsstelle dort fixiert. Das Fehlen von Bestimmungen vertraglicher oder gesetzlicher Art bedeute aber nicht, dass die „Nutzer“, die Klägerin oder die Beigeladenen der Koordinierungsstelle A-Stadt „rechtsschutzlos ausgeliefert“ wären. Vielmehr führe das Fehlen von Vorschriften dazu, dass allgemeines Verwaltungsrecht Anwendung finde. In diesem Sinne gehörten die Internetseite www.lostart.de und die Koordinierungsstelle A-Stadt zu den öffentlichen Sachen und Einrichtungen, die dazu bestimmt seien, der Allgemeinheit im Rahmen ihres Widmungszwecks zur Verfügung zu stehen. Der Widmungsakt seien in der „Gemeinsamen Vereinbarung“ vom 09. Februar 2010 zu sehen, die festlege, dass die gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Länder, die Koordinierungsstelle A-Stadt, ihre Arbeit fortsetze, um verfolgungsbedingte Kulturgutverluste zu dokumentieren und den Betroffenen die Chance auf eine „faire und gerechte Lösung“ zu eröffnen. In Anwendung dieser Grundsätze habe die Klägerin einen Anspruch auf Löschung der von dem Beklagten zu verantwortenden Suchmeldung, weil sich dieser Eintrag nicht mehr mit dem Auftrag der Koordinierungsstelle vereinbaren lasse. Er sei nicht mehr erforderlich, weil allen Beteiligten bekannt sei, was gesucht werde, wo es sich befinde, wer es habe und wer es suche. Der Zweck der Eintragung habe sich erfüllt. Die Aufrechterhaltung der beanstandeten Eintragung führe auch zu einer Behinderung des Rechtsverkehrs. Im Übrigen unterscheide das Wiedergutmachungsrecht zwischen dem Erst- und Zweitgeschädigten und zwinge den Beklagten, eine für „plausibel“ gehaltene Erstschädigung nicht durch die Aufnahme einer für „plausibel“ gehaltenen Zweit- oder Drittschädigung zu entwerten. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Löschung der Suchmeldung, weil sie berechtigte Anmelderin im Sinne der Washingtoner Grundsätze sei. Sie habe als Erste das Eigentum an dem in Rede stehenden Gemälde verfolgungsbedingt verloren. Sie sei Eigentümerin des Gemäldes gewesen. Dies sei - die Sicherungsübereignung vom 13. Oktober 1933 einmal außer Acht gelassen - durch den Versteigerungskatalog des Auktionshauses G. und durch die eidesstattliche Versicherung eines langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiters der Galerie im Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz zur Überzeugung der Kammer belegt. Die Klägerin habe - aufgrund des öffentlich-rechtlichen Benutzungs- und Sachenrechts - einen Anspruch gegen den Beklagten auf Löschung der Meldung, weil in Ansehung des in Rede stehenden Gemäldes alle Meldungen obsolet geworden sind und die Klägerin Erstgeschädigte sei. Ob der Klägerin derselbe Anspruch auch aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs zustehe, könne offen bleiben.

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Mit der auf Antrag des Beklagten und der Beigeladenen mit Beschluss des Senates vom 16. Mai 2013 zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Die Klage sei unzulässig, hilfsweise unbegründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Eintrag der Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes in die Lost Art Datenbank nicht justiziabel. Es handele sich um einen justizfreien Akt. Es handele sich bei der Eintragung in die Liste um eine Tätigkeit im fachlich-informativen und deskriptiven Rahmen und mangels inhaltlicher Vorgaben um fachspezifische Tätigkeiten mit Elementen der Ausübung politischen Ermessens auf ministerieller Ebene und mithin bei der Eintragung in der Datenbank um einen justizfreien, nicht öffentlich-rechtlichen Akt. Auch unter dem Aspekt des staatlichen Informationshandelns ergebe sich keine andere Beurteilung der Rechtslage. Es sei von zentraler Bedeutung, dass die Koordinierungsstelle nur deskriptiv tätig sei und ihre nach außen gegebenen Informationen keine eigenen Wertungen enthielten. Eine tatsächliche oder rechtliche Tiefenprüfung - etwa zur Echtheit oder zur Provenienz des Objektes bzw. zur Berechtigung des Melders seitens der Koordinierungsstelle - sehe deren Mandat nicht vor. Es handele sich bei ihrer Tätigkeit um einen mediativ-dialogischen Kommunikationsprozess zur Vervollständigung der Datensammlung. Weiterhin bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Der Klägerin wäre eine Eigentumsfeststellungsklage oder eine gegen die Beigeladenen gerichtete zivilrechtliche Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung zur Löschung des Eintrages möglich und zumutbar. Ferner liege auch eine relevante Falschbezeichnung des Beklagten vor. Das Land Sachsen-Anhalt bzw. das Kultusministerium seien in dem Rechtsstreit nicht passiv legitimiert. Die Klage sei gegen die Koordinierungsstelle zu richten. Ferner sei die Klage auch unbegründet. Ein Folgenbeseitigungsanspruch bestehe nicht, weil kein rechtswidriger Eingriff in das Eigentum der Klägerin im Sinne von Art. 14 GG vorliege. Die Klägerin habe das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gemälde nicht hinreichend dargetan. Sie treffe jedoch eine Obliegenheit zum Nachweis. Auch sei keine andere dem Grundrecht aus Art. 14 GG unterfallende Rechtsposition ersichtlich, die die Klägerin innehätte. Bloße Gewinnerwartungen seien von Art. 14 GG nicht geschützt. Es sei zudem völlig unbewiesen, dass kein Auktionshaus oder Galerie ein Werk veräußere, welches in der Lost Art Datenbank verzeichnet sei. Außerdem sei es der Beklagten nicht zurechenbar, ob die Eintragung in die Liste bestimmte, zudem lediglich faktische Wirkungen auslöse. Die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit einer Suchmeldung liege ausschließlich beim Melder.

19

Die Beigeladenen tragen zur Begründung der Berufung vor, dass es nicht nur Zweck der Lost Art Datenbank sei, festzustellen, wer das im Eintrag erwähnte Bild habe, wo es sich befinde und wer es suche. Ein weiterer Zweck des Registers bestehe vielmehr darin, Kunstverluste, die auf NS-Verfolgung zurückgehen können, zu dokumentieren. Die von der Klägerin begehrte Löschung lasse sich mit diesem Zweck nicht in Einklang bringen. Ferner liege entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Erstschädigung der Klägerin vor. Es sei keineswegs geklärt, dass der Klägerin das Bild jemals gehört habe bzw. dass sie das Bild wegen einer NS-Verfolgung verloren habe. Alle Werke, die 1935 versteigert worden seien, seien zuvor Sicherungseigentum des Bankhauses Jacquier & Securius gewesen und zwar aufgrund einer Vereinbarung aus dem Oktober 1933. Selbst wenn die Klägerin jemals Eigentümerin des Werkes geworden wäre und sie es nicht als Sicherungseigentum an das Bankhaus Jacquier & Securius verloren hätte, läge in der Versteigerung kein Eigentumsverlust wegen NS-Verfolgung vor. Insbesondere würde die Vermutung für eine Ursächlichkeit der NS-Verfolgung widerlegt werden können. Die Klägerin hätte nämlich in diesem Fall einen wenn auch möglicherweise niedrigeren „Rembrandt-Preis“ für ein Werk erhalten, das nur eine Rembrandt-Fälschung gewesen sei. Der objektive Kaufpreis sei also zu hoch gewesen. Die Klägerin habe durch den Verlust keinen Schaden genommen, sondern daraus Nutzen gezogen. Im Übrigen liege auch kein Eingriff in ein Recht bzw. Interesse der Klägerin vor. Es sei nämlich nicht jedes staatliche Informationshandeln als ein Grundrechtseingriff zu werten. An einem solchen Grundrechtseingriff fehle es schon deshalb, weil der Eintrag keine Publikumsinformation des Beklagten sei. Dies ergebe sich aus dem Inhalt des streitbefangenen Eintrages. Die Lost Art Datenbank sei nur ein Weg von vielen, um dem Markt mitzuteilen, dass jemand hinsichtlich des Werkes ein berechtigtes Wiedergutmachungsinteresse zu haben glaube. Dies werde auch daraus ersichtlich, dass die Eintragung keine Erklärung der Behörde enthalte, sondern dass die Behörde nur eine fremde private Erklärung wiedergebe. Die Beklagte führe kein Register staatlich geprüfter Fälle von Kunstrestitutionsansprüchen. Die Funktion der Lost Art Datenbank sei eher mit der des nichtamtlichen Teils eines Amtsblattes oder eines „schwarzen Brettes“ in einem Behördengebäude vergleichbar. Die Erklärung der Beigeladenen, welche die Beklagte veröffentlicht habe, führe nicht zur Verkehrsunfähigkeit des Werkes, sondern nur zu einem Wertverlust. Schon das spreche gegen die Annahme eines Eingriffs. Selbst wenn man einen Eingriff des Beklagten in ein subjektives Recht der Klägerin unterstelle, stimme es mit den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit staatlichen Informationshandelns überein, wenn der Beklagte zutreffende Informationen publiziere. Die Löschung der Eintragung würde dem Rechtsverkehr signalisieren, dass niemand mehr Wiedergutmachungsinteressen bezüglich des streitgegenständlichen Werkes verfolge. Dies wäre unzutreffend.

20

Der Beklagte und die Beigeladenen beantragen,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 7. Kammer - vom 17. Januar 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufungen zurückzuweisen.

24

Zur Begründung führt die Klägerin im Wesentlichen aus, dass die Klage entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig sei. Die Aufnahme von Anträgen in die Lost Art Datenbank führe in verschiedener Hinsicht zu intensiven Eingriffen in die von der Rechtsordnung geschützten Rechte des Eigentümers und/oder Besitzers des jeweiligen Kunstgegenstandes. Der Beklagte habe selbst vorgetragen, dass die Eintragung eines Kunstwerkes in der Datenbank zur faktischen Unverkäuflichkeit eines Bildes führe. Die Tätigkeit des Beklagten sei deshalb rechtserheblich und liege nicht im rechtsfreien Raum. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne der Klägerin auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Die vom Beklagten erwähnten Möglichkeiten der Eigentumsfeststellungsklage oder der Leistungsklage gegen die Beigeladenen würden weder einfacher, noch kostengünstiger oder schneller zum angestrebten Erfolg führen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht auch zutreffend festgestellt, dass keine relevante Falschbezeichnung des Beklagten vorliege. Bei der Koordinierungsstelle A-Stadt handele es sich um eine rechtlich unselbständige Organisationseinheit des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt. Die Klage sei auch begründet. Die rechtswidrige Zweitanmeldung der Beigeladenen verletze die subjektiven Rechte der Klägerin, da sie entgegen der Auffassung der Beigeladenen weiterhin Eigentümerin des streitgegenständlichen Gemäldes sei. Bei den Tätigkeiten der Koordinierungsstelle handele es sich um ein staatliches Informationshandeln. Die Eintragungen in der Lost Art Datenbank seien informatorischer Natur und damit staatliches Informationshandeln, welches sich folglich an Verfassung und Gesetz messen lassen müsse. Mit dem staatlichen Informationshandeln der Koordinierungsstelle könnten Eingriffe in die Grundrechte und weitere subjektive Rechtspositionen des Berechtigten einhergehen. Der Beklagte habe erstinstanzlich selbst vorgetragen, dass die Eintragung eines Kunstwerkes in die Datenbank zur faktischen Unverkäuflichkeit führe. Dies entspreche auch den praktischen Erfahrungen in anderen Fällen. Damit komme der Eintragung die Wirkung eines faktischen Veräußerungsverbotes gleich. Soweit der Beklagte auf einen Fall hinweise, in dem ein Auktionshaus ein Objekt trotz seiner Eintragung im Lost Art Datenbank versteigert habe, handele es sich um einen absoluten Einzelfall, in dem anders als üblich vor der Auktion nicht geprüft worden sei, ob das Kunstwerk als vermisst gelte. Ferner liege der Sinn und Zweck der Lost Art Datenbank in der Identifizierung von Beutekunst und Berechtigten. Die Dokumentation diene dazu, verfolgungsbedingte Kulturgutverluste zu dokumentieren, um den Betroffenen die Chance auf eine faire und gerechte Lösung zu eröffnen. Zweck der Datenbank sei es nicht, zu dokumentieren, welche Kunstobjekte eine NS-Raubkunst- oder Beutekunsthistorie aufwiesen. Die Dokumentation habe einzig die Identifikation und anschließende Zusammenführen von Suchenden und Findenden zum Ziel. Dieses Ziel werde erreicht, wenn die Identitäten von Kunstobjekt, Suchenden und Findenden feststünden, so dass sich die Beteiligten untereinander den Fragen der Restitution widmen könnten. Die Koordinierungsstelle habe nicht die weitergehende Aufgabe, die Restitution zwischen interessierten Personen zu regeln oder zu begleiten. Die Koordinierungsstelle sei vielmehr nach ihren Grundsätzen verpflichtet, die Lost Art Datenbank laufend zu aktualisieren und dabei solche Eintragungen zu löschen, deren Zweck sich erfüllt habe. Das Gebot der Aktualisierung und Löschung gelte umso mehr, wenn mit der Eintragung - wie hier - Beeinträchtigungen wegen subjektiver Rechte Dritter, darunter auch die unionsrechtlich geschützte Warenverkehrsfreiheit, Hand in Hand gingen. Die Koordinierungsstelle müsse eine Eintragung daher löschen, wenn sie sich erledigt habe.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, die Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes in der Lost Art Datenbank im Internet zu löschen.

26

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges ist auch noch in der Berufungsinstanz zu prüfen, da die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG nicht eintritt, wenn das erstinstanzliche Gericht das in § 17a GVG vorgesehene (Vorab-)Beschlussverfahren über den zulässigen Rechtsweg nicht beachtet hat und den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten trotz erstinstanzlicher Rüge erst im Urteil bejaht hat und der betroffene Beteiligte - wie hier der Beklagte - die Rüge der Unzuständigkeit im Berufungsrechtszug aufrechterhält (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 03.07.2001 - 12 LB 955/01 -, juris m. w. N.). Bei den in Rede stehenden von der Koordinierungsstelle A-Stadt vorgenommenen Eintragungen in die im Internet betriebene Lost Art Datenbank handelt es sich nicht, wie der Beklagte meint, um ein justizfreies staatliches Handeln, welches einer gerichtlichen Kontrolle generell und insbesondere der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte entzogen ist. Der Umstand, dass die Aufgabenerfüllung der Koordinierungsstelle nicht durch Rechtssatz geregelt ist und insbesondere das Rechtsverhältnis zwischen der Koordinierungsstelle und den Nutzern nicht gesetzlich bestimmt ist, indiziert nicht ein solches Reservat nicht gerichtlich überprüfbaren staatlichen Handelns. Ausgangspunkt ist Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Nach dieser Vorschrift steht dem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Diese Norm enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.2005 - 2 BvR 2236/04 -, juris m. w. N.). Der Umstand, dass die Einrichtung und der Betrieb der Datenbank ggf. nicht der Umsetzung rechtlicher bindender Verpflichtungen dient, berührt nicht die Zulässigkeit der gerichtlichen Kontrolle, sondern unter Umständen nur deren Umfang. Die Entscheidung über die Löschung von Einträgen in der Datenbank ist auch nicht im Kernbereich des Regierungshandelns in Gestalt staatsleitender Hoheitsakte angesiedelt, die sich außerhalb der rechtlich geregelten öffentlichen Lebensbereiche im Gebiet der verantwortlichen politischen Leitung vollziehen und so ihrer Struktur und besonderen politischen Funktion nach unter keinem Gesichtspunkt subjektiv öffentliche Rechte berühren können (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 26.03.2001 - 2 S 2.01 -, juris zum Rechtsschutz gegen eine Auslieferungsbewilligung).

27

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auch eine öffentlich-rechtliche Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO angenommen. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10.07 -, juris). Es ist allgemein anerkannt, das die Unterlassung und der Widerruf von Äußerungen, die von einer staatlichen Stelle in dienstlicher Eigenschaft abgegeben werden, im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen sind; durch Beziehungen bürgerlich-rechtlicher Gleichordnung geprägte Äußerungen oder persönliche Erklärungen eines Amtsträgers können hingegen nur Gegenstand zivilgerichtlicher Streitigkeiten sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 40 Rdnr. 28 m. w. N.; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 40 Rdnr. 421 m. w. N.). Die Koordinierungsstelle A-Stadt ist sachlich, personell und haushaltsrechtlich dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt als unselbständige Organisationseinheit in Gestalt einer Arbeitsgruppe zugeordnet. Bereits aus dem Wortlaut der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom 9. Dezember 1999, welche zur Einrichtung der Lost Art Datenbank führte, ist zu entnehmen, dass die Hilfe bei der Rückführung der sog. Raubkunst entgegen der Auffassung des Beklagten nicht als bloße Wahrnehmung einer moralischen Aufgabe, sondern als staatliche Aufgabe begriffen worden ist, welche nicht durch eine privatrechtlich organisierte, sondern durch eine öffentliche Einrichtung betrieben wird, welche sich bei ihrer Tätigkeit (bis auf den Vertrieb gedruckter Publikationen) keiner zivilrechtlichen Handlungsformen bedient.

28

Zwar ist der Einwand des Beklagten zutreffend, dass das beklagte Kultusministerium bzw. die ihm als Arbeitsgruppe angeschlossene Koordinierungsstelle nicht Beklagter hinsichtlich der erhobenen allgemeinen Leistungsklage sein kann, da das sog. Behördenprinzip für diese Klageart nicht gilt. Dies führt allerdings nicht zur Begründetheit der Berufung, vielmehr muss dem in entsprechender Anwendung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs. VwGO durch eine Rubrumsberichtigung Rechnung getragen werden, die von Amts wegen im Rechtsmittelverfahren statthaft ist, selbst wenn die fälschlich als Beklagter bezeichnete Behörde in der Vorinstanz als Beklagte behandelt worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1989 - 8 C 98.85 -, juris). In einer solchen Berichtigung des Passivrubrums liegt kein Austausch von Beteiligten; es wird damit nur klargestellt, dass die Behörde, die für die in Anspruch genommene Körperschaft tätig geworden ist, als deren Vertreterin am Verfahren beteiligt ist, nicht aber selbst die Rechtsstellung eines Beteiligten hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 04.07.2007 - 5 ME 131/07 -, juris m. w. N.). Dementsprechend ist die Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Kultusminister zu richten und das Rubrum entsprechend zu berichtigen.

29

Die Klage ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht gegen die Koordinierungsstelle zu richten, weil die Koordinierungsstelle weder eine juristische Person öffentlichen Rechts noch eine Behörde ist. Vielmehr handelt es sich um eine unselbständige Untergliederung des Kultusministeriums. Das folgt aus § 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Vereinbarung über die Koordinierungsstelle A-Stadt 2010 – 2016 vom 10. November 2009, wonach die Koordinierungsstelle eine von Bund und Ländern getragene Einrichtung in Form „einer Arbeitsgruppe des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt in A-Stadt“ ist.

30

Der Kläger verfolgt sein Begehren auf Löschung des Interneteintrages zu Recht im Wege der allgemeinen Leistungsklage und nicht der - ein Vorverfahren voraussetzenden - Verpflichtungsklage. Der Beklagte hat die Eintragung im Wege des Realakts veranlasst, so dass auch deren Beseitigung als „actus contrarius“ lediglich einen Realakt voraussetzt.

31

Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch klagebefugt. Allein der Umstand, dass die Beigeladenen nachhaltig bestreiten, dass das streitgegenständliche Gemälde jemals im Eigentum der Galerie F. stand, führt nicht zur Verneinung der Klagebefugnis. Für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich aber auch ausreichend ist, dass ein Kläger Tatsachen vorträgt, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass er in einer eigenen rechtlichen Position beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.1996 - 11 A 100.95 -, juris). Es ist in Anlegung dieses Maßstabes nicht ausgeschlossen, dass sich die Klägerin auf eine Beeinträchtigung der Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann. „Eigentum“ i. S. d. Art. 14 GG und Art. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK erfasst dabei nicht nur „vorhandenes Eigentum“, sondern kann auch Forderungen umfassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.07.1999 - 1 BvR 995/95 u. a. -, juris; EGMR, Entscheidung v. 08.12.2011, Az. 71916/01 u. a. -, juris). Art. 2 Abs. 1 GG enthält das Grundrecht des Bürgers, nur auf Grund solcher Vorschriften bzw. solcher staatlicher Handlungen mit einem Nachteil belastet zu werden, die formal und materiell verfassungsgemäß sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.07.2010 - 6 B 20.10 -, juris). Da nach der Art der geschützten Tätigkeit nicht differenziert wird, sind von Art. 2 Abs. 1 GG auch wirtschaftliche Handlungen erfasst. Geschützt werden natürliche und juristische Personen sowie Personenmehrheiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.1967 - 2 BvL 4/65 -, juris).

32

Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt der Klage auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn der Rechtsschutzsuchende sein Ziel sachgerechter - insbesondere einfacher, umfassender, schneller oder billiger - erreichen kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein Kläger eine rechtsschutzintensivere Rechtsschutzform wählen konnte (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbemerkung § 40 Rdnr. 81). Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, zunächst in einem zivilrechtlichen Verfahren gegenüber den Beigeladenen zu klären, wer Eigentümer an dem streitgegenständlichen Gemälde ist bzw. als Berechtigter an dem Gemälde gilt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bereits nicht alle Angehörigen der Erbengemeinschaften nach den vormaligen Gesellschaftern des Bankhauses Jacquier & Securius bekannt sind, was jedenfalls eine erhebliche Erschwerung einer zivilgerichtlichen Rechtsverfolgung bedeuten würde. Hinzu kommt, dass ein solcher Rechtsstreit nicht notwendigerweise vor einem deutschen Gericht zu führen wäre. Mangels materieller Rechtsgrundlage für den Betrieb der Lost Art Datenbank sähe sich die Klägerin hierbei dem Risiko ausgesetzt, dass auch nach Klärung der Eigentumsfrage zu ihren Gunsten der Beklagte die Löschung der Suchmeldung etwa unter Hinweis auf eine fehlende Validität einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung ablehnen könnte und gleichwohl die Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erforderlich wäre.

33

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Suchmeldung zu löschen.

34

Für die von der Klägerin begehrte Löschung der Suchmeldung kommt als Anspruchsgrundlage nur der gesetzlich nicht geregelte, jedoch gewohnheitsrechtlich anerkannte und durch Richterrecht geprägte öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Der Folgenbeseitigungsanspruch entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist; er ist auf die Wiederherstellung des Zustands gerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand. Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsakts, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands an. Ihm liegt die sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich motivierte Forderung zugrunde, diesen Zustand mit der rechtsnormativen Lage zur Deckung zu bringen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.05.1989 - 7 C 2.87 -, juris). Entscheidend ist dabei, ob die beeinträchtigende Einrichtung in einem öffentlich-rechtlichen Planungs- und Funktionszusammenhang steht. Ein solcher Planungs- und Funktionszusammenhang ist gegeben, wenn - wie hier - die betreffende Einrichtung der Öffentlichkeit gewidmet ist und öffentlichen Zwecken dient (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 31.03.2004 - 13 LB 11/03 -, juris m. w. N.).

35

Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin im Rahmen des Folgenbeseitigungsanspruches einen Anspruch auf Löschung der Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes, da der Zweck der Eintragung der Suchmeldung in die Lost Art Datenbank mit dem Auffinden des Bildes in Südafrika im Jahr 2009 erfüllt ist, die Eigentumsprätendenten Gelegenheit hatten, die von ihnen geltend gemachten Ansprüche an dem Gemälde zu sichern und ein Fortbestand der Eintragung die Klägerin in ihren rechtlichen geschützten Interessen verletzt.

36

Die Rechtmäßigkeit eines Eintrages in der Lost Art Datenbank ist nach den für den Bereich der staatlichen - nicht regelnden - Informationstätigkeit entwickelten Maßstäben zu beurteilen. Obwohl es sich bei diesem Informationshandeln - abgesehen von amtlichen Warnungen - regelmäßig nicht um eine final eingreifend tätige wirtschaftsverwaltungsrechtliche Aufsicht des Staates handelt, ist eine Grundrechtsrelevanz einer solchen Tätigkeit nicht generell zu verneinen. Eine beeinträchtigende Wirkung des Grundrechtsträgers ist nicht unmittelbar auf eine staatliche Maßnahme (z. B. ein Verkaufsverbot oder eine Geschäftsschließung), sondern nur mittelbar auf die Reaktion von Marktteilnehmern auf die staatliche Information zurückzuführen (vgl. Becker/Blackstein, NJW 2011, 490 zur staatlichen Verbraucherinformation über das Internet; Schoch, NJW 2012, 2844 zur Verbraucherinformation im Lebensmittel-, Produktsicherheits- und Sozialversicherungsrecht). Entscheidend für die Erforderlichkeit einer Ermächtigungsgrundlage ist dabei, ob es sich bei staatlichen Verbraucherinformationen um Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Interessen z. B. in die Berufsfreiheit, das Recht auf Eigentum oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt. Bereits der Eingriffscharakter und nicht erst die verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer staatlichen Informationsmaßnahme hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ab, ob die staatliche Informationstätigkeit in Erfüllung einer zugewiesenen staatlichen Aufgabe erfolgt, die Zuständigkeitsordnung eingehalten worden ist und die weitergegebenen Informationen richtig und sachlich sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, juris und - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, juris). Darüber hinaus muss das staatliche Informationshandeln ein legitimes Ziel verfolgen und sich gemessen daran als verhältnismäßig erweisen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2010 - 1 BvR 2585/06 -, juris zu den Anforderungen an Stellungnahmen der Bundeszentrale für politische Bildung; OVG Münster, Urt. v. 17.09.2013 - 13 A 2541/12 -, juris zu behördlichen Warnungen vor sog. E-Zigaretten). Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln. Insbesondere könne die staatliche Informationstätigkeit eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich des Grundrechts sein, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Durch Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs können die besonderen Bindungen der Rechtsordnung nicht umgangen werden; vielmehr müssen die für Grundrechtseingriffe maßgebenden rechtlichen Anforderungen erfüllt sein. Ebenfalls wird der Gewährleistungsbereich beeinträchtigt, wenn eine Information sich im Nachhinein als unrichtig erweist und dennoch weiterverbreitet oder nicht korrigiert wird, obwohl sie für das Marktverhalten weiter von Belang ist. Mit der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs steht in solchen Fällen auch die Rechtswidrigkeit fest, da eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, a. a. O.)

37

Der Senat lässt es offen, ob gemessen an diesen Maßstäben der Betrieb der Lost Art Datenbank einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Die Aufrechterhaltung der von der Klägerin im Jahr 2005 veranlassten Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, da der Zweck der Eintragung in der Suchliste der Lost Art Datenbank erfüllt war.

38

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen erfüllt die Suchliste der Lost Art Datenbank nicht den Zweck, allgemein das Wiedergutmachungsinteresse natürlicher oder juristischer Personen an sog. Raubkunst zu dokumentieren, was aus Sicht der Beigeladenen bedeutet, dass eine Löschung unabhängig vom Willen der Anmelder erst erfolgen kann, wenn die eigentumsrechtliche Zuordnung eines der sog. Raubkunst zugeordneten Kunstgegenstandes geklärt ist.

39

Da die Einrichtung und der Betrieb der Datenbank nicht in materiellen Rechtsvorschriften geregelt ist, können zur Bestimmung des Zweckes der in der Datenbank enthaltenen Suchliste nur die vom Träger bzw. Trägern der öffentlichen Einrichtung hierzu abgegebenen Willenserklärungen in Betracht kommen. Am 3. Dezember 1998 wurde im Anschluss an die „Washington Conference on Holocaust-Era Assets“, an der 44 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, sowie eine Reihe nichtstaatlicher Organisationen teilnahmen, die so genannte „Washingtoner Erklärung“ mit elf Leitsätzen veröffentlicht (Materialien zur Konferenz veröffentlicht unter: fcit.usf.edu/HOLOCAUST/RESOURCE/assets/index.htm; deutsche (nichtamtliche) Übersetzung der sog. Washington Principles bei Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, 2005, S. 105 f.). In dieser Erklärung verpflichteten sich die Konferenzteilnehmer, Kunstwerke, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt wurden, ausfindig zu machen, die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zu finden und rasch die notwendigen Schritte zu unternehmen, um zu „fairen und gerechten“ Lösungen zu gelangen. Diese Erklärung enthält weder eine rechtlich bindende Verpflichtung, noch begründet sie (neue) Individualrückgabeansprüche von Betroffenen, wie sich bereits aus dem Eingangssatz der Erklärung ergibt („In developing a consensus on non-binding principles to assist in resolving issues relating to Nazi-confiscated art, the Conference recognizes that among participating nations there are differing legal systems and that countries act within the context of their own laws“, so auch BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 7 C 12.10 -, juris). Es wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass die beteiligten Staaten Mechanismen der außergerichtlichen Streitbelegung zur Klärung von streitigen Eigentumsfragen nutzen sollten. Im Anschluss an die Washingtoner Konferenz haben die Bundesregierung, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände am 9. Dezember 1999 eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Dort heißt es unter Ziffer III.:

40

„Darüber hinaus prüfen Bundesregierung, Länder und kommunale Spitzenverbände im Sinne der Washingtoner Grundsätze ein Internet-Angebot einzurichten, das folgende Bereiche umfassen sollte:

41

1. Möglichkeiten der beteiligten Einrichtungen, Kulturgüter ungeklärter Herkunft zu veröffentlichen, sofern NS-verfolgungsbedingter Entzug vermutet wird.

42

2. Eine Suchliste, in die jeder Berechtigte die von ihm gesuchten Kulturgüter eintragen und damit zur Nachforschung für die in Frage kommenden Einrichtungen und die interessierte Öffentlichkeit ausschreiben kann.

43

3. Informationen über kriegsbedingte Verbringung NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter in das Ausland.

44

4. Die Schaffung eines virtuellen Informationsforums, in dem die beteiligten öffentlichen Einrichtungen und auch Dritte ihre Erkenntnisse bei der Suche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern eingeben können, um Parallelarbeiten zu gleichen Themen (z. B.: Bei welcher Auktion wurden jüdische Kulturgüter welcher Sammlung versteigert?) auszuschließen und im Wege der Volltextrecherche schnell zugänglich zu machen.“

45

Um das Wissen über Kulturgutverluste zu dokumentieren, die Verluste der deutschen Institutionen zu erfassen und somit eine Grundlage für die Suche und Rückführung dieser Kulturgüter zu schaffen, hatten die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bereits 1994 in Bremen die Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern gegründet. Seit 1998 beteiligen sich alle 16 Länder an der Koordinierungsstelle mit Sitz in A-Stadt. Im Zusammenhang mit der durch die vorgenannte Gemeinsame Erklärung eingetretenen Aufgabenerweiterung ging die bisherige Koordinierungsstelle im Januar 2001 in der Koordinierungsstelle A-Stadt als gemeinsame Einrichtung aller Länder und des Bundes auf. Finanzierung und Organisation der Koordinierungsstelle sind in einer zeitlich befristet geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern geregelt (Gemeinsame Vereinbarung über die Koordinierungsstelle A-Stadt 2010 - 2016). Zu den Aufgaben der Koordinierungsstelle heißt es unter § 1 Abs. 3 Buchst. a und b der Verwaltungsvereinbarung: „Die Koordinierungsstelle hat die folgenden Aufgaben: a. Dokumentation von Such- und Fundmeldungen des In- und Auslands zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen bzw. infolge des Zweiten Weltkriegs verbrachten Kulturgütern zur Präsentation in www.lostart.de, b. Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und kontinuierliche Überarbeitung des Angebotes von Datenbank und Website mit dem Ziel des weiteren Ausbaus zu einem Informationsportal (einschl. Forum).“ Inhaltlich orientiert sich die Koordinierungsstelle auch an der „Handreichung zur Umsetzung der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz vom Dezember 1999“ vom Februar 2001, überarbeitet im November 2007, welche unter Leitung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstellt worden ist. Auch wenn in dieser Handreichung hinsichtlich der Prüfung von Herausgabeverlangen auf das alliierte Rückerstattungsrecht und das Vermögensgesetz verwiesen wird, wird an mehreren Stellen ausdrücklich betont, dass es sich bei der Handreichung nicht um ein verbindliches rechtliches Regelwerk handelt, sondern lediglich um die Anregung, bei der Prüfung des Herausgabeverlangens den Leitlinien der rückerstattungsrechtlichen Praxis der Nachkriegszeit zu folgen (Seite 27 der Handreichung).

46

Wie sich aus den vorgenannten Unterlagen ergibt, ist die der Lost Art Datenbank zugewiesene Funktion daher beschränkt auf die Veröffentlichung von Such- und Fundmeldungen hinsichtlich solcher unrechtmäßig den Eigentümern entzogenen Kulturgüter, welche von der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung des Bundes und der Länder von 1999 erfasst werden. In der Suchliste der Datenbank sind die Kulturgüter verzeichnet, die öffentlichen Einrichtungen oder privaten Personen und Institutionen infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Zweiten Weltkrieges als verloren gegangen gemeldet haben und über die Internet-Datenbank zur weltweiten Suche ausgeschrieben wurden. Besitzer oder Verwalter von Kulturgütern mit unsicherer oder lückenhafter Provenienz sollen hier recherchieren können, ob diese anderenorts gesucht werden können. Diese Tätigkeit des Beklagten im Zusammenhang mit dem Betrieb der Lost Art Datenbank ist auch dem Bereich des staatlichen Informationshandelns zuzurechnen, da sich der Beklagte nicht nur darauf beschränkt, ohne jegliche eigene Wertung und ungeprüft Suchmeldungen Dritter im Internet zu veröffentlichen. Der Beklagte nimmt vielmehr vor der Eintragung einer Suchmeldung eine Plausibilitätsprüfung zumindest zur Frage vor, ob es sich bei dem Kulturgut um ein solches handeln kann, welches zwischen 1933 und 1945 den damaligen Eigentümern aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen zu Unrecht entzogen worden ist („Grundsätze zur Eintragung und zur Löschung von Meldungen zu Kulturgütern in www.lostart.de“ sowie „Checkliste Plausibilitätsprüfung“, Stand Mai 2013, jeweils veröffentlicht unter www.lostart.de). Es heißt in diesen Grundsätzen ausdrücklich, dass im Rahmen dieser Plausibilitätsprüfung geprüft werde, ob die übermittelten Informationen dem Grunde nach die Berechtigung zur Eintragung nachvollziehbar darlegen und insgesamt keine offenkundigen Widersprüche erkennen lassen. Sollten die vom Melder übermittelten Angaben der Plausibilitätsprüfung nicht standhalten, behält sich der Beklagte vor, diese Meldung nicht zu veröffentlichen. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei der Eintragung dieser Such- und Fundmeldungen nicht nur um eine bloße deskriptive Tätigkeit, bei der der Beklagte ohne eigene Wertung etwa im Sinne eines Ausstellungskataloges lediglich Beschreibungen Dritter von Kunstwerken aufnimmt. Die Lost Art Datenbank unterscheidet sich daher auch von staatlichen eingerichteten bzw. finanzierten Internetportalen, auf denen in aggregierter Form Private ihre Bewertungen hinsichtlich bestimmter Lebenssachverhalte einstellen können und sich die staatlichen Stellen auf die bloße Verbreitung der subjektiven Einschätzungen privater Dritter beschränken (zum sog. kollaborativen Informationshandeln: Martini/Kühl, DÖV 2013, 573 f. hinsichtlich sog. Bewertungsportale im Bereich des Sozialversicherungs- und Lebensmittelrechts).

47

Dieser Zweck der Suchliste ist mit dem Auffinden des Bildes bei dem Besitzer erfüllt. Insofern kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Beigeladenen einer Löschung der Suchmeldung (noch) nicht zugestimmt haben. Der Verbleib der Suchmeldung in der Datenbank hat sich allein danach zu beurteilen, ob die der öffentlichen Einrichtung zugewiesene Aufgabe noch zu erfüllen ist.

48

Auch der Einwand des Beklagten, dass durch einen Disclaimer (Haftungsausschluss) auf der Homepage klargestellt sei, dass keine Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit der von Dritten übermittelten Daten übernommen werde und er daher nicht richtiger Adressat des Begehrens der Klägerin sei, mag im Hinblick auf eine strafrechtliche Verantwortung oder Schadensersatzansprüche von Bedeutung sein. Wie sich aus der Aufmachung der Homepage und insbesondere der vom Beklagten auf der Homepage veröffentlichten Checkliste zur Plausibilitätsprüfung ergibt, stellen die veröffentlichten Suchmeldungen jedoch keinen sog. ausschließlichen Fremdinhalt dar, der dem Beklagten als Betreiber der Homepage nicht zurechenbar wäre.

49

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen erfüllt die Datenbank auch keine weiterreichende anspruchssichernde Funktion, in dem Sinne, dass die Suchmeldung so lange aufrechtzuerhalten ist, solange die eigentumsrechtliche Berechtigung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes nicht (etwa durch ein rechtskräftiges Urteil eines deutschen Gerichts) geklärt ist. Eine solche Funktion der Datenbank ergibt sich weder aus der Washingtoner Erklärung, der gemeinsamen Erklärung von 1999, der Verwaltungsvereinbarung des Bundes und der Länder noch der Handreichung des Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien. Die Lost Art Datenbank erfüllt als Such- und Funddatenbank daher eine andere Funktion als etwa § 30 b VermG in der seit dem 9. Oktober 2013 geltenden Fassung (Gesetz v. 01.10.2013, BGBl. I S. 3719, 3727), wonach bei Grundstücken, für welche eine vermögensrechtliche Anmeldung vorliegt, über welche noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist, von Amts wegen ein sog. Anmeldevermerk in die Abteilung II des Grundbuches einzutragen ist. Der Beklagte weist auf seiner Internetseite selbst darauf hin, dass im Falle eines Prätendentenstreites es Aufgabe der Beteiligten sei, zur Sicherung von Ansprüchen z. B. eine Hinterlegung oder eine sonstige Sicherungsmaßnahme zu bewirken.

50

Die nicht mehr vom Zweck der Suchliste umfasste Aufrechterhaltung der Eintragung des streitgegenständlichen Gemäldes führt auch zu einer Rechtsverletzung der Klägerin.

51

Soweit das Verwaltungsgericht hierzu selbständig tragend ausführt, dass die Klägerin zwar das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gemälde verfolgungsbedingt verloren habe, sie jedoch in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 2 VermG als sog. Erstgeschädigte im Hinblick auf eine vermögensrechtliche Berechtigung einen auf Löschung der Eintragung gerichteten Abwehranspruch gegenüber dem Beklagten geltend machen könne, ist zunächst darauf zu verweisen, dass es keine materiell-rechtliche Rechtsgrundlage gibt, welche hinsichtlich der Prüfung von „berechtigten“ Eintragungen in die Suchliste der Lost Art Datenbank durch den Beklagten die Regelungen des Vermögensgesetzes für anwendbar erklärt. Auch wenn formal der Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes (§ 6 VermG) nicht ausgeschlossen ist, da sowohl die F. & Co. GmbH (zeitweilig) als auch das Bankhaus Jacquier & Securius zwischen 1933 und 1945 ihren Sitz im später sowjetisch besetzten Teil von Berlin hatten, ist der Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes grundsätzlich nur (noch) hinsichtlich solcher Rückübertragungsverfahren eröffnet, welche noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Hierfür sind hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes keine Anhaltspunkte ersichtlich (zum Entschädigungsverfahren hinsichtlich des Bankhauses Jacquier & Securius: VG Berlin, Urt. v. 27.09.2012 - 29 K 269.10 -, juris). Zudem ist nicht ersichtlich, dass sich bei der Prioritätsregel in § 3 Abs. 2 VermG um einen allgemeinen Grundsatz des Rückerstattungsrechts handelt (vgl. zum Gesetzeszweck: BVerwG, Beschl. v. 29.12.2010 - 8 B 31.10 -, juris). Das Rückerstattungsrecht in der US- amerikanischen Zone und in der britischen Zone, an welches partiell auch das Vermögensgesetz in § 1 Abs. 6 VermG anknüpft, ist der Sache nach eine besondere Materie des Zivilrechts (vgl. Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz, 2007, S. 85 f.; Anton, Illegaler Kulturgüterverkehr, 2010, S. 687, jeweils m. w. N.), welches insbesondere keine staatlichen Entschädigungsleistungen für einen zeitlich nachrangig Geschädigten vorsah. Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass sie das Eigentum an dem Gemälde nicht verloren habe, wäre ungeachtet der Frage, ob nach dem Ablauf der Ausschlussfristen nach dem Rückerstattungsrecht noch zivilrechtliche Herausgabeansprüche geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2012 - V ZR 279/10 -, juris „Plakatsammlung Sachs“), bei einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise
- da das Gemälde sich derzeit nicht in der Bundesrepublik Deutschland befindet - zur Bestimmung des anwendbaren Rechts die Anknüpfungsregeln des (deutschen) internationalen Sachenrechts zu beachten, wonach zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass nicht deutsches Sachenrecht zur Beurteilung der Eigentumsfrage heranzuziehen ist (vgl. hierzu Kiechle, NJOZ 2011, 193 m. w. N.). Insofern ist es auch nicht ausgeschlossen, dass nach zivilrechtlichen Regelungen durch gutgläubigen Erwerb, Ersitzung oder vergleichbare zivilrechtliche Erwerbstatbestände nach 1945 ein Dritter - möglicherweise rechtlich anfechtbares - Eigentum an dem streitgegenständliche Gemälde erworben hat und damit - derzeit - weder die Kläger noch die Beigeladenen sich auf das Eigentum an den Gemälde berufen können.

52

Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass sie das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gemälde nicht verloren habe, kann sie sich nicht auf eine Verletzung eines durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechts berufen. Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet zwar das Recht, Sach- und Geldeigentum zu besitzen, zu nutzen, es zu verwalten und darüber zu verfügen. Eine allgemeine Wertgarantie vermögenswerter Rechtspositionen kann aus dieser Vorschrift allerdings nicht abgeleitet werden. Der Tauschwert vermögenswerter Rechte unterfällt für sich genommen nicht dem Schutzbereich der Eigentumsfreiheit. Hoheitlich bewirkte Minderungen des Tausch- oder Marktwertes eines Eigentumsgutes berühren daher in der Regel nicht das Eigentumsgrundrecht (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.07.2012 - 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 -, juris; Beschl. v. 05.02.2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93 -, juris, jeweils m. w. N.) Insoweit wäre mit der von der Klägerin vorgetragenen Beeinflussung der Verkehrsfähigkeit des Gemäldes durch die Aufrechterhaltung der Suchmeldung in der Lost Art Datenbank selbst dann kein Eingriff in ein nach Art. 14 GG geschütztes Recht verbunden, wenn man die eigentumsrechtliche Stellung der Klägerin an dem Gemälde bejahen würde.

53

Die Rechtswidrigkeit der weiteren Aufrechterhaltung der Registrierung der Suchmeldung führt jedoch zur Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG.

54

Art. 2 Abs. 1 GG schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Sie umfasst neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch die allgemeine Handlungsfreiheit. Teil dieser umfassenden Garantie, die jede menschliche Betätigung einschließt, welche nicht den Schutz eines speziellen Grundrechts genießt, ist auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, juris). Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit wird durch Maßnahmen betroffen, die auf Beschränkung wirtschaftlicher Entfaltung sowie Gestaltung, Ordnung oder auch Lenkung des Wirtschaftslebens angelegt sind oder sich in diesem Sinne auswirken (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97 -, juris). Diese wirtschaftliche Handlungsfreiheit ist nur in den durch das Grundgesetz bestimmten Schranken garantiert, vor allem denen der verfassungsmäßigen Ordnung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2012 - 1 BvR 2983/10 -, juris). Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit enthält die Gewährleistung, nur auf Grund solcher Vorschriften mit einem Nachteil belastet zu werden, die formal und materiell der Verfassung gemäß sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.04.2005 - 2 BvR 1027/02 -, juris; BVerwG, Beschl. v. 19.07.2010 - 6 B 20.10 -, juris).

55

Durch die Aufnahme der Suchmeldung in die Lost Art Datenbank wird einem Kulturgut durch den Beklagten ein bestimmtes (wertbildendes und wertbestimmendes) Attribut zugeordnet, nämlich dass bei diesem Kulturgut zumindest der Verdacht besteht, dass es sich um sog. Raubkunst handelt. Es heißt hierzu auf der Internetseite zur Datenbank ausdrücklich: „Die Lost Art Internet-Datenbank enthält Angaben zu Kulturgütern, die infolge des Nationalsozialismus bzw. des Zweiten Weltkrieges verbracht, verlagert oder insbesondere jüdischen Eigentümern verfolgungsbedingt entzogen wurden oder für die auf Grund von Provenienzlücken eine solche Verlustgeschichte nicht ausgeschlossen werden kann.“ Wie sich aus dem insofern übereinstimmenden Vortrag der Klägerin und der Beigeladenen ergibt, hat eine Suchmeldung in der Lost Art Datenbank im Internet (wie auch in einer der in Großbritannien ansässigen vergleichbaren Datenbanken Art Loss Register und lootedart.com) für die Verkehrsfähigkeit eines Kunstgegenstandes insofern eine erhebliche Bedeutung, als dieses Werk mit dem „Makel“ behaftet ist, dass zumindest der Verdacht besteht, dass es sich um sog. Raubkunst handelt. Veräußerer bzw. Erwerber eines in der allgemein zugänglichen Suchliste der Lost Art Datenbank aufgeführten Kunstgegenstandes müssen in Betracht ziehen, dass hinsichtlich dieses Werkes möglicherweise nicht wirksam Eigentum erworben werden kann bzw. das Eigentum mit einem Rückübertragungsanspruch belastet ist. Auch wenn es sich bei der Suchliste der Lost Art Datenbank weltweit gesehen nicht um die einzige Informationsquelle zu sog. Raubkunst handelt und Kunsthändler bzw. Auktionshäuser rechtlich nicht verpflichtet sind, sich vor einer Veräußerung bzw. Versteigerung durch eine Recherche in der Lost Art Datenbank zu vergewissern, ob ein bestimmtes Kunstwerk dort in der Suchliste registriert ist, handelt es sich bei dieser Datenbank gleichwohl um ein wichtiges Informationsmedium zum Auffinden von sog. Raubkunst. So werden nach den Angaben des Beklagten monatlich 1,6 Millionen Zugriffe auf das Portal „lostart.de“ registriert (Spiegel-Online v. 31.01.2013 „Jäger der verlorenen Kunstschätze“). Nach Überzeugung des Senates belegen diese hohen Zugriffszahlen, dass die in der Suchliste vom Beklagten aufgenommen Informationen zur sog. Raubkunst für den nationalen und internationalen Kunsthandel von hoher Bedeutung sind. Der in der Suchliste der Lost Art Datenbank öffentlich dokumentierte Makel eines Kunstgegenstandes, dass er zumindest mit dem Verdacht behaftet ist, seinen Eigentümern aufgrund nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen zwischen 1933 und 1945 zu Unrecht entzogen worden zu sein, führt nicht nur zu einem merkantilen Minderwert, sondern kann im Einzelfall zur zeitweiligen Unveräußerlichkeit des Werkes führen, wie exemplarisch die von der Klägerin unter Hinweis auf die Eintragung des streitgegenständlichen Gemäldes in der Lost Art Datenbank (und Art Loss Register) angestrengte und erfolgreiche Intervention bei dem in Südafrika ansässigen Auktionshaus Rudd im Jahr 2009 belegt. Diese mit der Eintragung in die Lost Art Datenbank verbundene Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit ist durch die betroffenen Grundrechtsträger nur solange zu dulden, wie es der Zweck der Suchliste, nämlich die Unterstützung bei der Suche nach verschollener Raubkunst, erfordert.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

57

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


Tatbestand

1

Die Klägerin, eine GmbH in Liquidation, begehrt die Löschung einer Suchmeldung für ein Gemälde aus der im Internet unter www.lostart.de geführten Datenbank. Diese Datenbank enthält u.a. Such- und Fundmeldungen zu Kulturgütern, die jüdischen Eigentümern infolge des Nationalsozialismus verfolgungsbedingt entzogen wurden oder für die auf Grund von Provenienzlücken eine solche Verlustgeschichte nicht ausgeschlossen werden kann. Sie wurde auf der Grundlage einer Bund-Länder-Vereinbarung von der Koordinierungsstelle Magdeburg, einer unselbständigen Arbeitsgruppe beim Kultusministerium des beklagten Landes, aufgebaut.

2

Für das Gemälde ging bei der Koordinierungsstelle 2005 im Auftrag der Erbengemeinschaft nach Rosa und Jakob O. eine Suchmeldung ein, die damit begründet wurde, dass den jüdischen Eheleuten O. 1929 sämtliche Gesellschaftsanteile an der Klägerin vermacht worden seien. Letzterer sei das Bild 1935 durch Versteigerung NS-verfolgungsbedingt entzogen worden. Eine weitere Suchmeldung erfolgte 2009 durch - inzwischen verstorbene und von den jetzigen Beigeladenen beerbte - Mitglieder von Erbengemeinschaften, die die jüdischen Gesellschafter des ehemaligen Bankhauses J. & S. beerbt haben. Sie wurde damit begründet, dass das Gemälde 1933 dem Bankhaus sicherungsübereignet worden sei; 1935 sei es vom Bankhaus ersteigert worden und seinen jüdischen Gesellschaftern 1938 im Zuge der sog. "Arisierung" des Bankhauses abhandengekommen. Wegen der konkurrierenden Suchmeldungen ist das Gemälde im Internet ohne Nennung von Namen veröffentlicht.

3

Das Gemälde wurde inzwischen in Namibia gefunden. Anfang 2010 einigten sich der Besitzer des Gemäldes, die Klägerin und die Mitglieder der Erbengemeinschaft O., das Bild im Mai 2010 bei Sotheby‘s in Amsterdam zu versteigern und den Erlös hälftig zwischen dem Besitzer und der Erbengemeinschaft O. zu teilen. Die Versteigerung scheiterte, nachdem die Koordinierungsstelle eine Löschung der Suchmeldung ohne Zustimmung der Zweitanmelder ablehnte.

4

Mit Urteil vom 17. Januar 2012 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, den Sucheintrag für das Gemälde in der Lost Art Internet-Datenbank zu löschen. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 23. Oktober 2013 die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zurückgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch gegen den Beklagten auf Löschung der Suchmeldung habe. Die Rechtmäßigkeit der Eintragung beurteile sich nach den für den Bereich der staatlichen - nicht regelnden - Informationstätigkeit entwickelten Maßstäben. Offenbleiben könne, ob der Betrieb der Datenbank danach einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe. Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung sei jedenfalls wegen Zweckerfüllung rechtswidrig. Aus den der Errichtung der Koordinierungsstelle zugrunde liegenden Unterlagen ergebe sich, dass sich die Funktion der Datenbank auf die Veröffentlichung von Such- und Fundmeldungen beschränke, die von der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung des Bundes und der Länder von 1999 erfasste Kulturgüter beträfen. Dieser Zweck sei mit dem Auffinden des Bildes erfüllt. Eine weiterreichende anspruchssichernde Funktion komme der Datenbank nicht zu. Die Aufrechterhaltung der Eintragung verletze die Klägerin in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit. Der in der Suchliste dokumentierte Raubkunstverdacht führe zu einem merkantilen Minderwert und im Einzelfall zur zeitweiligen Unveräußerlichkeit. Diese Beschränkung sei nur so lange zu dulden, wie es der Zweck der Suchliste, nämlich die Unterstützung bei der Suche verschollener Raubkunst, erfordere.

5

Während des Revisionsverfahrens haben Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände mit Wirkung vom 1. Januar 2015 die Stiftung "Deutsches Zentrum Kulturgutverluste" in der Form einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts gegründet, die (u.a.) die Aufgaben der Koordinierungsstelle fortführt.

6

Der Beklagte macht mit seiner Revision geltend, es fehle an einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit und am Rechtsschutzinteresse. Zumindest sei die Klage mit Gründung der Stiftung unzulässig geworden. Der Klägerin stehe der geltend gemachte und dem revisiblen Recht zuzurechnende öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Die Suchmeldung verletze sie nicht in ihren Rechten. Als Maßstab komme nur Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht. Nach den für den Bereich der staatlichen, nicht regelnden Informationstätigkeit entwickelten Maßstäben fehle es aber an einem Eingriff. Der Informationsauftrag sei mit dem Auffinden des Gemäldes und der Verwertungsvereinbarung noch nicht beendet.

7

Die Beigeladenen machen mit ihren Revisionen geltend, die Nachtragsliquidatorin sei nicht prozessführungsbefugt, auch fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Weder die Errichtung der Datenbank noch die streitgegenständliche Veröffentlichung bedürften einer gesetzlichen Grundlage. Die Suchmeldung verletze die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Der Zweck der Datenbank erfasse auch die Dokumentation von Raubkunstverdachtsfällen im Allgemeininteresse, im Interesse von Personen, die berechtigte Wiedergutmachungsinteressen verfolgten, und im Interesse des lauteren Wettbewerbs.

8

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Ergänzend macht sie geltend, der zugesprochene Folgenbeseitigungsanspruch sei nicht revisibel und zu Recht bejaht worden. Nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen komme der Suchmeldung erhebliche Bedeutung für die Verkehrsfähigkeit des Gemäldes zu und beschränke sich der Zweck der Datenbank auf die Unterstützung bei der Suche verschollener Raubkunst. Die Aufrechterhaltung der Meldung sei wegen ihrer Grundrechtsrelevanz nicht mehr gerechtfertigt. Außerdem fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Berufungsgericht hat ihre Berufungen unter Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zurückgewiesen. Zwar ist es im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Rechtsstreit der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte obliegt (1.). Die Klage ist auch im Übrigen zulässig (2.). Sie ist aber unbegründet (3.). Das Berufungsgericht hat einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch mit einer Begründung bejaht, die mit revisiblem Recht nicht zu vereinbaren ist. Seine Annahme, der Zweck der von den Rechtsvorgängern der Beigeladenen mitveranlassten Suchmeldung sei mit dem Auffinden des Gemäldes erfüllt, beruht auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage und ist unzutreffend (3.1). Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung ist auch nicht aus anderen Gründen (objektiv) rechtswidrig (3.2). Damit fehlt es zugleich an einer Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten (3.3).

10

Die Klage richtet sich weiterhin gegen das beklagte Land. Dass die Aufgaben der Koordinierungsstelle inzwischen von einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts fortgeführt werden, hat keinen gesetzlichen Parteiwechsel auf Beklagtenseite zur Folge. Soweit in verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch in Fällen eines behördlichen Zuständigkeitswechsels (BVerwG, Urteile vom 2. November 1973 - 4 C 55.70 - BVerwGE 44, 148 <150> und vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46.78 - BVerwGE 59, 221 <224>) oder einer sondergesetzlich angeordneten Funktionsnachfolge (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1989 - 5 C 33.88 - Buchholz 310 § 142 VwGO Nr. 12) ein von Amts wegen zu berücksichtigender Parteiwechsel angenommen wird, beruht dies auf der Exklusivität gesetzlich geregelter Zuständigkeitszuweisungen. Hiermit ist die Übertragung der Aufgaben der Koordinierungsstelle auf eine private Stiftung nicht vergleichbar. Sie ähnelt mangels gesetzlicher Rechtsgrundlage einer gewillkürten Rechtsnachfolge, die nicht kraft Gesetzes zu einer Veränderung in der Zusammensetzung des Kreises der Prozessbeteiligten führt.

11

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (1.1) und der Streit der gerichtlichen Kontrolle nicht generell entzogen (1.2).

12

1.1 Hinsichtlich der Zulässigkeit des eingeschlagenen Rechtswegs prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nach § 17a Abs. 5 GVG nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Dieses Überprüfungsverbot gilt allerdings nicht, wenn das Gericht erster Instanz entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG über die Zulässigkeit des Rechtswegs trotz Rüge nicht vorab durch Beschluss entschieden hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 1994 - 7 B 198.93 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 268; BGH, Beschluss vom 23. September 1992 - I ZB 3/92 - BGHZ 119, 246 <250>; BAG, Urteil vom 21. August 1996 - 5 AZR 1011/94 - NJW 1997, 1025; BFH, Beschluss vom 24. Juni 2014 - X B 216/13 - BFH/NV 2014, 1888).

13

In Anwendung dieser Bestimmung war dem Berufungsgericht eine Überprüfung des Rechtswegs verwehrt. Seine gegenteilige Auffassung beruht auf der aktenwidrigen Annahme, das Verwaltungsgericht habe trotz erstinstanzlicher Rüge den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten erst im Urteil bejaht. Ausweislich der Gerichtsakten hat der Beklagte erstmals mit der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass es an einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit fehle; zuvor hat er lediglich gerügt, dass der Rechtsträger der Koordinierungsstelle nicht der richtige Beklagte sei, die Klägerin vielmehr gegen die Erben des Bankhauses (auf dem Zivilrechtsweg) vorgehen müsse. An die gegenteilige - den tatrichterlichen Feststellungen zuzuordnende - Behauptung des Berufungsgerichts ist der Senat nicht gebunden. Denn Prozesstatsachen, d.h. die tatsächlichen Grundlagen für die von Amts wegen auch vom Revisionsgericht zu prüfende Zuständigkeit und die Sachentscheidungsvoraussetzungen, zählen nicht zu den tatsächlichen Feststellungen im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO (Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 46 m.w.N.). Auf diesem Fehler beruht die angegriffene Entscheidung aber nicht, da das Berufungsgericht die Rechtswegfrage nicht anders beurteilt hat als das Verwaltungsgericht und auch in der Sache zutreffend den Verwaltungsrechtsweg als gegeben gesehen hat.

14

1.2 Die begehrte Löschung ist nicht auf einen gerichts- bzw. justizfreien Hoheitsakt gerichtet, der einer gerichtlichen Kontrolle generell entzogen ist. Eine Prüfung dieser Frage unterfällt nicht dem Verbot des § 17a Abs. 5 GVG, da es nicht darum geht, welches Gericht zuständig ist, sondern ob der Streit jeglicher gerichtlicher Kontrolle entzogen ist.

15

Als Teil der Exekutive ist die Koordinierungsstelle - wie jede andere staatliche Stelle - an Recht und Gesetz, insbesondere an die Grundrechte, gebunden (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG) und ihr Handeln unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). Danach hat der Bürger einen Anspruch auf einen möglichst wirkungsvollen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt, soweit diese in seine Rechte eingreifen (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 - BVerfGE 113, 273 <310> m.w.N.). Das Grundgesetz kennt - von engen Ausnahmen abgesehen (vgl. etwa Art. 10 Abs. 2 Satz 2 und Art. 44 Abs. 4 GG) - grundsätzlich keine staatlichen Akte, die dieser gerichtlichen Kontrolle generell entzogen sind. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung ist damit auch gegen staatsleitende Akte Rechtsschutz zu gewähren, wenn und soweit sie subjektiv-öffentliche Rechte Einzelner tangieren; eine andere Frage ist die nach der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Überprüfung solcher Akte.

16

Gegenteiliges ergibt sich hier weder aus der Art der von der Koordinierungsstelle ausgeübten Tätigkeit noch aus ihrer inneren Struktur. In der Lost Art Internet-Datenbank werden Such- und Fundmeldungen Dritter dokumentiert. Auch wenn für deren Richtigkeit keine Gewähr übernommen wird, entscheidet über die Eintragung und Löschung einer Meldung allein der Betreiber der Datenbank nach einer eigenen Plausibilitätsprüfung (vgl. Grundsätze der Koordinierungsstelle zur Eintragung und zur Löschung von Meldungen zu Kulturgütern, veröffentlicht unter: http://www.lostart.de/Content/04_Datenbank/DE/Grundsätze-Checkliste_DL.pdf?__blob=publicationFile). Dass die Arbeit der Koordinierungsstelle nach der Bund-Länder-Vereinbarung über die Koordinierungsstelle vom 15. September 2009 von einem Fachbeirat begleitet wird, alle Grundsatzentscheidungen von einem Kuratorium getroffen werden und die Koordinierungsstelle intern an die Beschlüsse dieser beiden Gremien gebunden ist, trägt vor allem dem Umstand Rechnung, dass es sich um eine von mehreren Trägern staatlicher Gewalt finanzierte Einrichtung handelt, deren Tätigkeit zudem nicht auf konkreten gesetzlichen Vorgaben beruht.

17

2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die für die Klägerin handelnde Nachtragsliquidatorin zur Führung des Prozesses befugt (2.1) und fehlt der Klägerin nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (2.2).

18

2.1 Das Löschungsbegehren ist von der Vertretungsmacht der Nachtragsliquidatorin gedeckt. Nach dem Bestellungsbeschluss umfasst ihr Wirkungskreis die Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Geltendmachung von vermögensrechtlichen Ansprüchen. Dabei ist der Begriff "vermögensrechtlich" schon dem Wortlaut nach nicht auf Streitigkeiten nach dem Vermögensgesetz bezogen. Er ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte weit zu verstehen und umfasst in Abgrenzung zu den (nicht vermögensrechtlichen) Personen- und Familienrechten nicht nur Ansprüche, die aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis hergeleitet werden, sondern auch Ansprüche aus nicht vermögensrechtlichen Rechtsverhältnissen, wenn sie unmittelbar auf eine vermögenswerte Leistung gerichtet sind oder ihre Verfolgung in wesentlicher Weise auch der Wahrung wirtschaftlicher Belange dient, ohne dass sich dies in einer bloßen Reflexwirkung erschöpft (Toussaint, in: Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Stand 1. Januar 2015, § 20 ZPO Rn. 1 m.w.N. aus der Rspr des BGH).

19

Vorliegend macht die Klägerin geltend, dass sie weiterhin Eigentümerin des Gemäldes sei und die Suchmeldung einer Verwertung entgegenstehe. Zwar soll nach der von der Klägerin eingegangenen Vereinbarung vom Januar 2010 der Erlös nach einer Versteigerung hälftig zwischen dem Besitzer und der Erbengemeinschaft O. (unter Ausschluss der Klägerin) aufgeteilt werden. Diese Einigung bezog sich aber auf eine Versteigerung des Bildes bei der Altmeister-Auktion vom 18. Mai 2010 bei Sotheby‘s in Amsterdam, zu der es nicht gekommen ist. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf, ob die Vereinbarung damit insgesamt hinfällig geworden ist oder ob die Vertragsparteien weiterhin zu einer Veräußerung und Aufteilung des dabei erzielten Erlöses nach dem vereinbarten Verteilungsschlüssel verpflichtet sind. Schon angesichts der weiterhin ungeklärten Eigentumsverhältnisse und der rechtlichen Unsicherheit hinsichtlich des Umfangs der von der Klägerin eingegangenen vertraglichen Verpflichtung kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass eine Löschung nur (noch) der Wahrung wirtschaftlicher Interessen ihrer Gesellschafter und nicht auch ihrem Eigeninteresse dienen würde.

20

2.2 Es fehlt der Klägerin auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Danach darf das Gericht die Gewährung von Rechtsschutz nur verweigern, wenn ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor § 40 Rn. 11 ff. m.w.N.).

21

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Vorgehen der Klägerin gegen die Beigeladenen auf dem Zivilrechtsweg angesichts der mit der Eigentumsfrage verbundenen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten keine eindeutig vorzugswürdige Alternative darstellen würde. Zudem wäre ein solcher Rechtsstreit nicht notwendigerweise vor einem deutschen Gericht auszutragen. Nach den von der Koordinierungsstelle aufgestellten Grundsätzen begründet aber nur eine inländische Gerichtsentscheidung einen Löschungsanspruch.

22

Es kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die begehrte Löschung der Klägerin einen rechtlich anerkennenswerten Vorteil brächte. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt richtet, die Datenbank seit Anfang 2015 aber nicht mehr von der beim dortigen Kultusministerium angesiedelten Koordinierungsstelle, sondern von einer Stiftung des bürgerlichen Rechts betrieben wird. Dadurch kann das auf einen Realakt gerichtete Begehren inzwischen zwar nur noch von der Stiftung erfüllt werden. Die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils erstreckt sich nach § 121 VwGO aber auch auf die Rechtsnachfolger der Beteiligten. Hierdurch wird in zeitlicher Hinsicht auch gebunden, wer schon vor Eintritt der Rechtskraft, aber nach Rechtshängigkeit in das streitbefangene Recht nachfolgt (§ 173 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 1 ZPO). Folglich könnte ein stattgebendes Urteil nach Titelumschreibung gegenüber der Stiftung vollstreckt werden. Die Vereinbarung vom Januar 2010 lässt das Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls nicht entfallen, nachdem der darin vereinbarte Versteigerungstermin fehlgeschlagen und offen ist, welche Rechtsbindungen sich hieraus für die Klägerin ergeben. Der Einwand der Beigeladenen, dass durch eine Löschung der bestehende Raubkunstverdacht nicht entfallen würde, ändert ebenfalls nichts daran, dass die Klägerin ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Löschung der ihrer Auffassung nach rechtswidrigen und einer Veräußerung entgegenstehenden Eintragung hat.

23

3. Die Klage ist aber unbegründet. Maßgeblich für die Beurteilung der Begründetheit der erhobenen Leistungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz. Damit ist auch insoweit unerheblich, dass die Datenbank inzwischen von einer Stiftung des bürgerlichen Rechts fortgeführt wird. Zwar sind Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 1. November 2005 - 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.>). Die Gründung einer Stiftung des bürgerlichen Rechts zur Fortführung der von der Koordinierungsstelle wahrgenommenen Aufgaben und der aufgebauten Datenbank stellt aber eine geänderte Tatsache und keine Änderung der für die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs maßgeblichen rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe dar.

24

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass als Anspruchsgrundlage für das Löschungsbegehren nur ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht kommt. Dieser Anspruch entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist. Der Anspruch ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen ein rechtswidriger Verwaltungsakt vorzeitig vollzogen wurde; er gilt bei rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Gerichtet ist der Folgenbeseitigungsanspruch auf die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands; zu beseitigen sind alle der handelnden Behörde zuzurechnenden rechtswidrigen Folgen ihrer Amtshandlungen (BVerwG, Urteile vom 25. August 1971 - 4 C 23.69 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 58, vom 19. Juli 1984 - 3 C 81.82 - BVerwGE 69, 366 <370 ff.> und vom 23. Mai 1989 - 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <95> m.w.N.).

25

Einer revisionsgerichtlichen Überprüfung des vom Berufungsgericht zugesprochenen Anspruchs steht nicht entgegen, dass die Koordinierungsstelle als Teil einer Landesbehörde grundsätzlich Landesrecht vollzieht. Da es sich bei dem Folgenbeseitigungsanspruch um einen auch aus dem Grundgesetz - insbesondere aus den jeweils berührten Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip - abgeleiteten Rechtssatz handelt, ist die Folgenbeseitigung als Grundsatz und Anspruch Bestandteil des Bundesrechts und damit nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO revisibel (BVerwG, Urteil vom 25. August 1971 - 4 C 23.69 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 58).

26

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen eines auf Löschung der Suchmeldung gerichteten allgemeinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs nicht vor. Das Aufrechthalten der Suchmeldung durch die Koordinierungsstelle ist zwar als öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln anzusehen (3.1). Es hat aber keinen rechtswidrigen Zustand zur Folge (3.2). Damit fehlt es zugleich an einer Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten (3.3).

27

3.1 Die Eintragung und Löschung von Meldungen zu Kulturgütern auf der Internetseite www.lostart.de durch die Koordinierungsstelle Magdeburg ist Teil des staatlichen Informationshandelns im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Unerheblich ist, dass für die inhaltliche Richtigkeit der von dritter Seite übermittelten Such- und Fundmeldungen keine Verantwortung übernommen wird. Denn Eintragungen erfolgen ausschließlich nach eigenen, von der Koordinierungsstelle aufgestellten Grundsätzen. Danach findet vor der Einstellung einer Meldung eine Plausibilitätsprüfung statt, die insbesondere die Angaben des Melders zum Objekt, zur Verlustgeschichte und zu seiner Person umfasst. Die Behandlung konkurrierender Meldungen und die Löschung von Meldungen unterliegen ebenfalls eigenen, von der Koordinierungsstelle aufgestellten Regeln. Damit handelt es sich bei der Lost Art Internet-Datenbank nicht lediglich um eine der Öffentlichkeit zur freien Verfügung gestellte Plattform, für deren Inhalt keinerlei staatliche Verantwortung übernommen wird.

28

3.2 Das Nichtlöschen der Suchmeldung hat aber keinen rechtswidrigen Zustand zur Folge. Bei der von der Koordinierungsstelle betriebenen Internet-Datenbank handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung im untechnischen Sinne, die der Allgemeinheit im Rahmen ihres Widmungszwecks zur Verfügung steht. Das Handeln der Koordinierungsstelle kann daher gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob es sich im Rahmen dieses Widmungszwecks hält (a) und mit höherrangigem Recht, insbesondere den Grundrechten, zu vereinbaren ist (b).

29

a) Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung hält sich im Rahmen des Widmungszwecks der Datenbank. Danach ist der Zweck einer wegen Raubkunstverdachts aufgenommenen Suchmeldung nicht schon mit dem Auffinden des gesuchten Kulturguts erreicht, wenn über dessen endgültiges Schicksal noch keine Klarheit besteht. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts, der Zweck der Suchliste bestehe allein darin, Betroffene bei der Suche nach verschollener Raubkunst zu unterstützen, beruht auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage und genügt damit nicht den Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist das Gericht verpflichtet, bei seiner freien Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen. Es darf also nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Ein Verstoß gegen dieses Gebot liegt vor, wenn ein Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, es insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts und zugleich für die Überprüfung seiner Entscheidung daraufhin, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist. Ob das Gericht auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage entschieden hat, ist grundsätzlich eine dem materiellen Recht zuzuordnende Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <210 ff.> m.w.N.).

30

Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass mangels einfachgesetzlicher Vorgaben zur Bestimmung des Zwecks der in der Datenbank enthaltenen Suchliste die vom Träger bzw. den Trägern der Einrichtung hierzu abgegebenen Willenserklärungen heranzuziehen sind (UA S. 16). In diesem Zusammenhang verweist es u.a. auf die der Errichtung der Koordinierungsstelle zugrunde liegende Bund-Länder-Vereinbarung vom 15. September 2009, die ihrerseits Bezug nimmt auf die auf der Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust vom 3. Dezember 1998 aufgestellten "Grundsätze in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden" (Washingtoner Grundsätze). Den von ihm herangezogenen Unterlagen entnimmt das Berufungsgericht ohne nähere Darlegung, dass der Zweck der Suchmeldung mit dem Auffinden des Gemäldes erfüllt sei (UA S. 18). Dabei übersieht es, dass es für den Widmungszweck nicht nur auf die von den Trägern bei Errichtung der Koordinierungsstelle abgegebenen Erklärungen ankommt. Denn der Widmungszweck kann auch durch nachträgliche Willensbekundungen weiter ausgestaltet werden. Das Berufungsgericht hätte bei der Zweckbestimmung daher auch die von der Koordinierungsstelle mit Zustimmung ihrer Träger aufgestellten Grundsätze über die Eintragung und Löschung von Meldungen miteinbeziehen müssen.

31

Da der Inhalt der für die Zweckbestimmung maßgeblichen Willensbekundungen hier unstreitig ist, können diese vom Senat selbst ausgelegt und bewertet werden, ohne dass es einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Aufklärung bedarf. Eine am wirklichen Willen (vgl. § 133 BGB) orientierte Auslegung ergibt, dass der Zweck einer wegen Raubkunstverdachts aufgenommenen Suchmeldung nicht schon mit dem Auffinden des gesuchten Kulturguts erfüllt ist. Nach der Bund-Länder-Vereinbarung von 2009 zählt zu den Aufgaben der Koordinierungsstelle u.a. die Dokumentation von Such- und Fundmeldungen des In- und Auslandes zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern zur Präsentation in www.lostart.de. Eine Beschränkung der Veröffentlichung von Suchmeldungen auf Kulturgüter, deren Aufenthaltsort dem Suchenden unbekannt ist, ist dem nicht zu entnehmen. Sie wäre auch nicht mit der in der Präambel ausdrücklich hervorgehobenen historischen Verantwortung in Form der Zustimmung zu den Washingtoner Grundsätzen von 1998 zu vereinbaren. Danach sollen Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht zurückerstattet wurden, nicht nur identifiziert werden (Ziff. 1), vielmehr sollen die Vorkriegseigentümer und ihre Erben auch zum "Anmelden ihrer Ansprüche ermutigt" (Ziff. 7) und beim "Finden einer gerechten und fairen Lösung unterstützt" werden (Ziff. 8). Dem widerspräche es, Suchmeldungen nach dem Auffinden eines Werkes zu löschen, bevor es zwischen dem Besitzer und - möglicherweise konkurrierenden - Vorkriegseigentümern und ihren Erben zu einer Einigung über das weitere Schicksal des Werkes oder zumindest einer verbindlichen Klärung der Eigentumsfrage gekommen ist. Dies bestätigen auch die von der Koordinierungsstelle mit Zustimmung ihrer Träger aufgestellten Grundsätze zur Eintragung und Löschung von Meldungen, die den Widmungszweck der Datenbank weiter ausgestalten. Danach ist für eine Löschung erforderlich, dass der Melder hierzu auffordert, die Plausibilität einer Meldung grundlegend erschüttert ist oder ein Dritter nach Feststellung seines Eigentums durch rechtskräftiges Urteil eines deutschen Gerichts eine Löschung wünscht. Dieser Ausgestaltung der Gründe für die Löschung einer Meldung ist ebenfalls zu entnehmen, dass der Zweck nicht schon mit dem Auffinden eines gesuchten Gegenstands erreicht ist, wenn über dessen endgültiges Schicksal noch keine Klarheit besteht. Ob die Datenbank darüber hinaus noch weitergehenden Zwecken dient, bedarf keiner Entscheidung.

32

Besteht der Zweck der Suchliste nicht allein im Aufsuchen NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, sondern soll durch die Veröffentlichung einer Suchmeldung auch eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten gefördert werden, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts der Zweck der streitgegenständlichen Suchmeldung hier noch nicht erfüllt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beigeladenen hinreichend Gelegenheit zur Sicherung etwaiger Ansprüche hatten. Zweckerreichung ist auch nicht mit der zwischen dem Besitzer, der Klägerin und den Mitglieder der Erbengemeinschaft O. geschlossenen Verwertungsvereinbarung eingetreten, da diese ohne Mitwirkung der Beigeladenen zustande gekommen ist. Unerheblich ist auch, ob die Beigeladenen - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - möglicherweise nur Zweitgeschädigte sind, denn der Zweck der Datenbank besteht in der Dokumentation und nicht in der rechtlichen Bewertung NS-verfolgungsbedingter Verluste.

33

b) Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Mangels einfachgesetzlicher Vorgaben ist hier insbesondere ein Verstoß gegen die Grundrechte zu prüfen.

34

Als möglicherweise betroffene Grundrechte kommen - mit Blick auf die mit einer Suchmeldung verbundenen tatsächlichen Absatzschwierigkeiten - nur die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Betracht. Art. 14 Abs. 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie durch die Veröffentlichung nicht berührt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252 <277 f.>). Gleiches gilt für das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <41 ff.>), da die Koordinierungsstelle im vorliegenden Fall wegen der konkurrierenden Meldungen keine personenbezogenen Daten veröffentlicht hat. Ob in Bezug auf die Klägerin Art. 2 Abs. 1 GG oder aber Art. 12 Abs. 1 GG als speziellere Norm heranzuziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, da die Aufrechterhaltung der Suchmeldung für die von ihr in ihren wirtschaftlichen Interessen nachteilig Betroffenen weder nach der einen noch nach der anderen Norm zu einem - dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegenden - Grundrechtseingriff führt.

35

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Frage der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht die vom Bundesverfassungsgericht für Grundrechtsverletzungen durch staatliches Informationshandeln entwickelten Grundsätze heranzuziehen sind. Danach ist nicht jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung als ein Grundrechtseingriff zu bewerten (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76>). Auch wenn Grundrechtsbeeinträchtigungen durch staatliches Informationshandeln nicht die Voraussetzungen eines Eingriffs im klassischen Sinne erfüllen, weil sie insbesondere nicht auf einer unmittelbaren Regelungswirkung beruhen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. August 2010 - 1 BvR 2585/06 - NJW 2011, 511 <512>), kann staatliches Informationshandeln aber zu mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 12. August 2002 - 1 BvR 1044/93 - NVwZ-RR 2002, 801 und vom 16. August 2001 - 1 BvR 1241/97 - NJW 2002, 3458 <3459>). Marktbezogene Informationen des Staates beeinträchtigen aber nicht den Gewährleistungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, sofern der Einfluss auf wettbewerbsrechtliche Faktoren ohne Verzerrung der Marktverhältnisse nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln erfolgt. Danach setzt die Verbreitung staatlicher Informationen eine Aufgabe der handelnden Stelle und die Einhaltung der Zuständigkeitsgrenzen voraus. Außerdem sind die Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit der Information zu beachten, und die staatliche Informationstätigkeit darf in ihrer Zielsetzung und in ihren Wirkungen kein Ersatz für eine staatliche Maßnahme sein, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252 <268 ff.>). Auch im nichtwirtschaftlichen Bereich besteht eine aus der Staatsleitung abgeleitete Ermächtigung zum Informationshandeln, wenn sich das Informationshandeln im Rahmen der Informationskompetenz hält und die Betroffenen nicht unverhältnismäßig in ihren Grundrechten beeinträchtigt (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <301>). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Informationshandeln von der staatlichen Aufgabenwahrnehmung auch dann gedeckt, wenn es mit einer mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung verbunden ist. Denn die Zuweisung einer Aufgabe berechtigt grundsätzlich zur Informationstätigkeit im Rahmen der Wahrnehmung dieser Aufgabe, auch wenn dadurch mittelbar-faktische Beeinträchtigungen herbeigeführt werden können. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt in diesem Fall keine darüber hinausgehende besondere Ermächtigung durch den Gesetzgeber (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <303>).

36

aa) Bei der Tätigkeit der Koordinierungsstelle handelt es sich um eine staatliche Aufgabe. Sie beruht auf der Bund-Länder-Vereinbarung von 2009. Die Suchmeldung hält sich im Rahmen der der Koordinierungsstelle danach zugewiesenen Dokumentations- und Informationsaufgabe. Die Befugnis zu staatlichem Handeln ergibt sich im Informationsbereich zudem aus der der Staatsleitung zuzurechnenden Öffentlichkeitsarbeit. Diese umfasst auch die Verbreitung von Informationen, um auf diesem Wege die Öffentlichkeit über wichtige Vorgänge zu unterrichten und die Bürger zur eigenverantwortlichen Mitwirkung bei der Bewältigung von Problemen zu befähigen (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252 <268 ff.> und - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <302>). Angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands besteht ein gesamtgesellschaftliches Interesse an der Veröffentlichung von Informationen zu Kulturgütern, bei denen ein Raubkunstverdacht besteht, um auf diesem Weg interessierte Bürger zu einer eigenverantwortlichen Mitwirkung an der Bewältigung der bis heute fortdauernden rechtswidrigen Folgen des NS-Regimes zu befähigen. Ob darüber hinaus auch die Veröffentlichung endgültig abgewickelter Verlustvorgänge von der staatlichen Informationsbefugnis umfasst wäre, bedarf keiner Entscheidung.

37

bb) Das Informationshandeln der Koordinierungsstelle verstößt nicht gegen die föderale Kompetenzordnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <308>). Da die Tätigkeit der Koordinierungsstelle sowohl der Durchsetzung von Wiedergutmachungsinteressen als auch dem Kulturgüterschutz dient, besteht sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene eine aus der föderalen Aufgabenzuweisung abgeleitete Befugnis zum Informationshandeln. Bestehen insoweit parallele Kompetenzen, ist es mit Blick auf die föderale Kompetenzordnung nicht zu beanstanden, dass die Koordinierungsstelle nach der Bund-Länder-Vereinbarung vom Bund und den Ländern gemeinsam finanziert wird, das Informationshandeln rechtlich aber nur vom Beklagten wahrgenommen wird.

38

cc) Die streitgegenständliche Veröffentlichung ist weder unsachlich noch unzutreffend. Dabei kommt es bei der Frage der inhaltlichen Richtigkeit nicht darauf an, ob den Rechtsvorgängern der Beigeladenen das Gemälde tatsächlich NS-verfolgungsbedingt abhandengekommen ist. Denn die Veröffentlichung von Suchmeldungen in der Lost Art Internet-Datenbank erschöpft sich in der Dokumentation von Meldungen Dritter, die vom Betreiber lediglich einer groben Plausibilitätsprüfung unterzogen werden. Die inhaltliche Richtigkeit des von dritter Seite durch eine Suchmeldung erhobenen Raubkunstverdachts ist daher nicht Gegenstand der staatlichen Information. Folglich kommt es - abgesehen von Fällen evidenter Unrichtigkeit - nicht darauf an, ob die der Verlustmeldung zugrunde gelegten Tatsachen richtig sind und der Melder hieraus zutreffende rechtliche Schlussfolgerungen gezogen hat. Das Ziel der Datenbank liegt nicht in der Anerkennung und/oder Zuordnung von Rückgabeansprüchen; über die Veröffentlichung von Such- und Fundmeldungen sollen Vorkriegseigentümer bzw. deren Erben und heutige Besitzer nur zusammengeführt und beim Finden einer fairen und gerechten Lösung unterstützt werden.

39

dd) Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung ist in Bezug auf die von ihr in ihren wirtschaftlichen Interessen nachteilig betroffenen Personen und deren Grundrechte auch nicht aus sonstigen Gründen unverhältnismäßig. Sie verfolgt mit der Unterstützung der Beigeladenen, die plausibel geltend gemacht haben, dass ihren Rechtsvorgängern das Gemälde NS-verfolgungsbedingt entzogen worden ist, bis zu einer endgültigen Klärung der Eigentumsfrage und etwaiger Herausgabeansprüche mit Blick auf die historische Verantwortung Deutschlands, seiner Zustimmung zu den Washingtoner Grundsätzen und dem Bemühen, diese mit Hilfe der Lost Art Internet-Datenbank tatsächlich umzusetzen, einen legitimen Zweck. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die Aufrechterhaltung der Suchmeldung bis zu einer endgültigen Klärung geeignet und erforderlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Zweck der Datenbank durch eine andere weniger belastende, aber gleich effektive Form staatlicher Information hätte erreicht werden können. Schließlich fehlt es auch nicht an der Angemessenheit, da die Beteiligten die Möglichkeit haben, eine endgültige Klärung ggf. auf dem Zivilrechtsweg herbeizuführen.

40

ee) Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Unabhängig von der Befugnis staatlicher Stellen zum Informationshandeln wird der Gewährleistungsbereich der hiervon betroffenen Grundrechte dann beeinträchtigt, wenn sich das Handeln nicht auf die Veröffentlichung von Informationen beschränkt, auf deren Grundlage die Nutzer der staatlichen Informationsquelle eigenbestimmte, an ihren Interessen ausgerichtete Entscheidungen treffen können. Insbesondere kann staatliche Informationstätigkeit den Gewährleistungsbereich der betroffenen Grundrechte beeinträchtigen, wenn sie in der Zielsetzung und in ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff im klassischen Sinne zu qualifizieren wäre. Durch die Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs können die besonderen Bindungen der Rechtsordnung einschließlich des Erfordernisses einer gesetzlichen Grundlage nicht umgangen werden; vielmehr müssen in diesen Fällen die für einen Grundrechtseingriff maßgebenden rechtlichen Anforderungen erfüllt sein (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252 <273> und - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <303>).

41

In diesem Sinne stellt die Aufrechthaltung der Suchmeldung kein funktionales Äquivalent für einen (finalen) Grundrechtseingriff dar. Der Informationsgehalt der Meldung beschränkt sich auf die Dokumentation des von dritter Seite geäußerten Verdachts, dass es sich bei dem Gemälde um Raubkunst handele. Auf der Grundlage dieser Information können die Nutzer der Datenbank eigenbestimmte und an ihren Interessen ausgerichtete Entscheidungen treffen, etwa ob sie als Besitzer des Bildes zur freiwilligen Rückgabe oder zur Mitwirkung an einer anderen Lösung bereit sind oder ob sie als Auktionshaus oder Kaufinteressent trotz des bestehenden Verdachts und der damit verbundenen Risiken das Gemälde zur Versteigerung annehmen bzw. erwerben wollen. Die Suchmeldung hat hingegen keinerlei Auswirkungen auf die Eigentumszuordnung, die Verfügungsbefugnis und das Bestehen etwaiger Rückgabeansprüche. Diese Fragen müssen im Streitfall zwischen den Beteiligten auf dem Zivilrechtsweg geklärt werden. Etwaige Auswirkungen auf den Marktwert und die Verkäuflichkeit des Bildes ergeben sich primär aus der von den Beigeladenen geltend gemachten Verlustgeschichte. Der sich daraus ergebende "Makel" wird durch die Aufrechterhaltung der Eintragung in der Suchliste nur publik gemacht. Er würde durch eine Löschung nicht entfallen und könnte von den Beigeladenen auf anderem Wege - auch öffentlichkeitswirksam - weiterverfolgt werden. Insoweit unterscheidet sich der Fall von dem der "E-Zigaretten-Entscheidung" des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 17. September 2013 - 13 A 2541/12 - (DVBl 2013, 1462) zugrunde liegenden Sachverhalt, der eine ministerielle Warnung vor dem Verkauf von E-Zigaretten betraf, bei der sich die verbotsähnliche Wirkung u.a. daraus ergab, dass Handel und Verkauf der Ware als Rechtsverstoß qualifiziert worden war, der auch schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne.

42

Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin herangezogenen "Wesentlichkeitstheorie" des Bundesverfassungsgerichts. Danach verpflichten das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip den Gesetzgeber, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Verwaltung zu überlassen. Ob eine Maßnahme wesentlich ist und damit dem Parlament selbst vorbehalten bleiben muss oder jedenfalls nur aufgrund einer inhaltlich bestimmten parlamentarischen Ermächtigung ergehen darf, hängt im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel davon ab, ob sie wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte ist (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 - 1 BvL 1/75 u.a. - BVerfGE 47, 46 <79> m.w.N.). Insoweit ist der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für ein zulässiges staatliches Informationshandeln zu entnehmen, dass es bei Einhaltung der dort aufgestellten Voraussetzungen auch unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit keiner gesetzlichen Grundlage bedarf. Auf die weiteren Ausführungen der Klägerin zum institutionellen Gesetzesvorbehalt kommt es hier schon deshalb nicht an, weil es sich bei der Koordinierungsstelle nicht um eine rechtlich selbständige öffentliche Einrichtung handelt, sondern nur um eine unselbständige Anstalt.

43

3.3 Ist die Aufrechterhaltung der Suchmeldung nach dem Vorstehenden objektiv rechtmäßig, fehlt es zugleich an der für das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs erforderlichen Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten. Auch bedarf es keiner Entscheidung über die erhobenen Verfahrensrügen.

44

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da sich die Beigeladenen mit Stellung eigener Anträge am Kostenrisiko beteiligt haben, entspricht es der Billigkeit, der Klägerin auch die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.

(2) Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.

(3) Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gehen mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vor.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.

(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.

Tatbestand

1

Die Kläger sind Miteigentümer der Musikbibliothek P. Sie wenden sich gegen die Einleitung eines Verfahrens zur Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG). Die Einleitung des Verfahrens hat ein Ausfuhrverbot zur Folge, das bis zur Unanfechtbarkeit der Eintragung andauert.

2

Die Musikbibliothek P. war Eigentum der C. ... OHG, deren Vermögen während der NS-Zeit enteignet wurde. Geschäftsbetrieb und Musikbibliothek wurden 1939/1940 auf die neu gegründete OHG C. ... übertragen. Zu den Gesellschaftern der C. ... OHG gehörte auch Dr. H. H, der 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Die überlebenden Kinder von H. H. verzichteten seinerzeit zugunsten des in die USA emigrierten Sohnes W. H. auf ihr Erbe. Ab 1950 wurde der Musikverlag - nach kurzzeitiger Rückgabe an W. H. während der Besatzungszeit - vom VEB ... P. weitergeführt. Der VEB übergab die Bibliothek 1954 dem Rat der Stadt L.

3

Mit Bescheid vom 1. September 1993 übertrug das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen alle Anteile an der ... P. L. GmbH, die aus dem VEB ... P. hervorgegangen war, nach § 1 Abs. 6 i.V.m. § 6 VermG an die Alleinerbin nach W. H., Frau E. H. Diese übertrug ihre Anteile an die C. ... GmbH & Co. KG in F., die am Revisionsverfahren nicht beteiligte Klägerin zu 1.

4

Die Musikbibliothek befand sich zu DDR-Zeiten und nach 1990 in der Stadt- und Musikbibliothek der Stadt L. sowie - teilweise - im Bestand des Bach-Archivs L. Die C. ... GmbH & Co. KG schloss mit der Stadt L. im Jahre 1998 und mit dem Bach-Archiv L. in den Jahren 2002/2003 auf unbestimmte Zeit verschiedene Überlassungs- und Verwahrungsverträge, die die Musikbibliothek bzw. einzelne im Besitz des Bach-Archivs befindliche Stücke der Musikbibliothek zum Gegenstand hatten. Mitte 2004 kündigte die C. ... GmbH & Co. KG diese Verträge (teilweise) und forderte die Stadtbibliothek L. sowie das Bach-Archiv auf, die von der Kündigung betroffenen Gegenstände herauszugeben. Der von der Kündigung betroffene Teilbestand, der insgesamt 206 Einzelstücke der Musikbibliothek umfasste, wurde zu einer Kunstspedition in Berlin verbracht.

5

Hinsichtlich dieses Teilbestandes leitete das Land Berlin Ende August 2004 ein Verfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz ein und verfügte im Februar 2006 die Eintragung des Teilbestandes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Berlin erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Berliner Verfahren hat sich erledigt, nachdem der betroffene Teilbestand inzwischen wieder dauerhaft in L. verwahrt wird.

6

Mit streitgegenständlichem Schreiben vom 27. August 2004 an die C. ... GmbH & Co. KG leitete der Beklagte unter Hinweis auf das strafbewehrte Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG hinsichtlich der in L. verbliebenen Bestände der Musikbibliothek ebenfalls ein Eintragungsverfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz ein. Die Einleitung des Verfahrens wurde im Sächsischen Amtsblatt vom 30. September 2004 (Nr. 40, S. 1039) bekannt gemacht. Mit Schreiben vom 13. August 2010 wurde das Verfahren auf den Berliner Teilbestand erweitert. Der nach § 2 Abs. 2 KultgSchG im Freistaat Sachsen gebildete Sachverständigenausschuss sprach sich in einer Stellungnahme vom 17. März 2005 für die Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes aus.

7

Im August/September 2005 schlossen die Kläger und die anderen Nachkommen nach Dr. H. H. mit der Komplementärin der C. ... GmbH & Co. KG, der ... P. L. GmbH, einen Vertrag, in dem das Eigentum an der Musikbibliothek auf die H.-Erben übertragen wurde. Ende August 2005 erhob die C. ... GmbH & Co. KG vor dem Verwaltungsgericht Dresden Klage gegen die Einleitung des Verfahrens, der sich die Kläger im Februar 2007 anschlossen.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 5. November 2008 ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. August 2010 zurückgewiesen:

9

Die Klage auf Aufhebung der Mitteilungen über die Einleitung des Eintragungsverfahrens vom 27. August 2004 und 13. August 2010 sei unzulässig, weil es sich dabei nicht um Verwaltungsakte handele. Die hilfsweise erhobene allgemeine Leistungsklage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Einstellung des Verfahrens. Die Einleitung stehe nicht im Ermessen der Behörde, die Mitteilungen seien hinreichend bestimmt. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen seien nicht ersichtlich. Das Verfahren sei zwar nicht mit der gebotenen Zügigkeit abgeschlossen worden. Bei unzumutbarer Verfahrensdauer stehe den Betroffenen aber nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung in entsprechender Anwendung der § 1 Abs. 4, § 5 Abs. 1 KultgSchG zu.

10

Bedenken gegen die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf die Musikbibliothek ergäben sich weder im Hinblick auf das Vermögensgesetz noch auf Völker-, Verfassungs- und Unionsrecht. Die Anwendbarkeit des Kulturgutschutzgesetzes werde durch die Grundsätze der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 und die Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom 9. Dezember 1999 sowie die dazu erlassene Handreichung nicht in Frage gestellt. Abweichendes folge auch nicht aus der Vereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit den drei Westmächten vom 27./28. September 1990.

11

Die mit der Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes für die Eigentümer verbundenen Folgen stellten zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Die Regelungen des Kulturgutschutzgesetzes verstießen nicht gegen den EU-Vertrag. Nach Art. 36 Satz 1 AEUV dürfe vom Grundsatz des freien Warenverkehrs u.a. zum Schutz nationalen Kulturgutes abgewichen werden.

12

Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen:

13

Die Anfechtungsklage sei zulässig. Die Mitteilung über die Einleitung des Eintragungsverfahrens entfalte unmittelbare Außenwirkung, weil sie ein absolutes Ausfuhrverbot zur Folge habe. Dieses Ausfuhrverbot dauere inzwischen seit über sieben Jahren an. Schon daraus folge ein Anspruch auf Einstellung des Verfahrens wegen überlanger Verfahrensdauer.

14

Ungeachtet dessen erweise sich die Einleitung des Eintragungsverfahrens wegen einer Vielzahl weiterer Rechtsverstöße als rechtswidrig. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum fehlenden Ermessen seien unzutreffend und praxisfern. So belegten etwa die Rückgabe des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene", das Restitutionsverhalten der Stadt L. und nicht zuletzt die allgemein geübte Praxis beim Vollzug des Kulturgutschutzgesetzes, dass die zuständigen Behörden und Ämter weitreichende Ermessensspielräume in Anspruch nähmen. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verfahrens zeige sich weiter darin, dass der Beklagte von 1993 bis 2004 zu keiner Zeit auf die Idee gekommen sei, die Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes einzutragen. Die Bescheide seien überdies nicht hinreichend bestimmt, weil darin nur auf nicht detailliert bezeichnete Einheiten der Musikbibliothek Bezug genommen werde.

15

§ 1 Abs. 6 VermG werde durch die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes in unzulässiger Weise eingeschränkt. Da das Vermögensgesetz keinen Vorbehalt zugunsten des Kulturgutschutzes enthalte, seien nach § 1 Abs. 6 VermG restituierte Gegenstände dem Kulturgutschutz von vornherein entzogen. Nicht umsonst sei der vorliegende Fall in der Bundesrepublik Deutschland einzigartig.

16

Das angegriffene Urteil verkenne den besonderen Stellenwert, der § 1 Abs. 6 VermG durch seine Funktion zur Umsetzung von die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar bindenden völkerrechtlichen Verträgen zukomme. Nach den völkerrechtlichen Vorgaben aus dem sog. Zwei-plus-Vier-Vertrag sei die Bundesrepublik verpflichtet, im Beitrittsgebiet alliiertes Rückerstattungsrecht in Kraft zu setzen, das eine vorbehaltlose Rückgabe fordere. Diese höherrangige Verpflichtung könne nicht durch einfachgesetzlichen Kulturgutschutz wieder eingeschränkt werden. Anderenfalls laufe § 1 Abs. 6 VermG leer. Das alliierte Recht, auf das sich § 1 Abs. 6 VermG beziehe, habe die Restitution immer vor den Kulturgutschutz gestellt. Dafür gebe es unzählige Beispielsfälle.

17

Das Oberverwaltungsgericht habe zudem die Bedeutung der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 und der Gemeinsamen Erklärung vom 9. Dezember 1999 verkannt. Der Washingtoner Erklärung und den Umsetzungsakten müssten zumindest Auslegungshinweise für das Verhältnis von § 1 Abs. 6 VermG zum Kulturgutschutz entnommen werden.

18

Das Kulturgutschutzgesetz sei - soweit es auch auf Vermögensgegenstände Anwendung finde, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert wurden - mit Art. 14 GG nicht vereinbar. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung den Eigentümern auch nach Eintragung in die Kulturgutliste grundsätzlich erhalten bleibe und die Eintragung daher keine übermäßige Belastung darstelle. Die Restitutionsberechtigten und ihre Nachkommen seien vielfach im Ausland wohnhaft und könnten die restituierten Kulturgüter daher nicht einmal in Besitz nehmen.

19

Die Einleitung des Eintragungsverfahrens verstoße schließlich auch gegen Unionsrecht, weil sie sich vorliegend, wie etwa anhand der Restitution des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene" oder der Speck von Sternburg'schen Sammlung belegt werden könne, als ein Mittel willkürlicher Diskriminierung erweise.

20

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

21

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

23

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger ohne Verstoß gegen revisibles Recht zurückgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Mitteilungen vom 27. August 2004 und 13. August 2010 oder Einstellung des Eintragungsverfahrens. Die im Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig (1). Die hilfsweise erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig, aber nicht begründet (2).

24

1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zutreffend mit der Begründung als unzulässig erachtet, dass die streitgegenständlichen Mitteilungen vom 27. August 2004 und 13. August 2010 über die Einleitung bzw. Erweiterung des Eintragungsverfahrens nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG) vom 6. August 1955 (in der Fassung der Neubekanntmachung vom 8. Juli 1999, BGBl I S. 1754, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2007, BGBl I S. 757) nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind. Nach der gesetzlichen Definition in § 35 Satz 1 VwVfG ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine behördliche Maßnahme stellt nur dann eine Regelung mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen dar, wenn sie darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden (Urteil vom 20. Mai 1987 - BVerwG 7 C 83.84 - BVerwGE 77, 268 = Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 24).

25

Daran fehlt es hier. Die Schreiben vom 27. August 2004 und 13. August 2010 messen sich zu Recht keinen Regelungscharakter bei, sondern haben erkennbar nur die Funktion, die Kläger über die Einleitung des Eintragungsverfahrens zu informieren, ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu eröffnen und vorsorglich auf das Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG sowie dessen Strafbewehrung hinzuweisen. Dies entspricht der Rechtslage, denn die Mitteilung über die Einleitung eines Eintragungsverfahrens nach dem Kulturgutschutzgesetz entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung im o.g. Sinne, sie ist insbesondere nicht konstitutiv für das Wirksamwerden des Ausfuhrverbots nach § 4 Abs. 1 KultgSchG. Die Einleitung eines Verfahrens nach dem Kulturgutschutzgesetz stellt lediglich eine vorläufige Entscheidung dar, die mit Hilfe des gesetzlichen Ausfuhrverbots eine geordnete Weiterführung des Verfahrens sicherstellen und die abschließende Entscheidung - Einstellung des Verfahrens oder Eintragung des Kulturgutes - vorbereiten soll. Im Einzelnen ergibt sich das aus folgenden Erwägungen:

26

Nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 KultgSchG tritt das Ausfuhrverbot mit der Einleitung des Verfahrens kraft Gesetzes ein, ohne dass es einer auf dieses Ziel gerichteten behördlichen Verfügung bedarf. Diese Regelungstechnik begegnet keinen Bedenken. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, eine gesetzliche Rechtsfolge an ein behördliches Handeln anzuknüpfen, das nicht die Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes hat. Auch in einem solchen Fall wird die gesetzlich geregelte Folge nicht zum Inhalt einer durch die Behörde getroffenen Maßnahme (Urteil vom 27. Juni 1991 - BVerwG 2 C 26.89 - BVerwGE 88, 332 ff. = Buchholz 237.7 § 47 NWLBG Nr. 4).

27

Sinn und Zweck des Kulturgutschutzgesetzes sowie die Gesetzessystematik sprechen ebenfalls dafür, dass die Einleitung des Eintragungsverfahrens bzw. die Mitteilung der Verfahrenseinleitung gegenüber den Eigentümern nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Der mit dem vorläufigen absoluten Ausfuhrverbot verfolgte Sicherungszweck würde verfehlt, wenn die zuständige Behörde in jedem Einzelfall nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen und dies den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründen müsste, um die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Einleitung des Verfahrens auszuschließen. Wenn der Gesetzgeber die Einleitung als Verwaltungsakt verstanden wissen wollte, hätte sich ihm daher die Notwendigkeit aufdrängen müssen, die aufschiebende Wirkung mittels spezialgesetzlicher Regelung auszuschließen. Eine solche Regelung enthält das Kulturgutschutzgesetz nicht.

28

Anhaltspunkte für eine entsprechende Regelungsabsicht ergeben sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien. § 4 Satz 2 des Gesetzentwurfs sah vor, dass das Nähere zur Einleitung des Verfahrens in Durchführungsbestimmungen geregelt wird. Die Durchführungsbestimmungen sollten u.a. Regelungen zur Bekanntgabe und über eine etwaige zeitliche Beschränkung des vorläufigen Ausfuhrverbots enthalten (BTDrucks 2/76 S. 2 und 8). Zudem war in § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzentwurfs bestimmt, dass die Beschwerde gegen die Ausfuhrgenehmigung aufschiebende Wirkung hat, weil - so die Begründung - der Zweck des Gesetzes sonst verfehlt würde (BTDrucks 2/76 S. 3 und 9). § 4 Satz 2 des Entwurfs wurde im Verlaufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens zugunsten einer Verordnungsermächtigung in § 23 - ebenso wie § 8 des Entwurfs - gestrichen (BTDrucks 2/76 S. 15 und 18). Eine Durchführungsverordnung wurde nicht erlassen, inzwischen ist § 23 weggefallen.

29

Die Einleitung des Verfahrens hat schließlich nicht deshalb Verwaltungsaktcharakter, weil sie nach § 4 Abs. 2 KultgSchG öffentlich bekanntzumachen ist. Die öffentliche Bekanntmachung nach dieser Vorschrift stellt keinen feststellenden Verwaltungsakt dar, der für das Wirksamwerden des Ausfuhrverbots konstitutiv ist (vgl. zu einem so gelagerten Fall Urteil vom 16. Januar 2003 - BVerwG 7 C 31.02 - BVerwGE 117, 322 ff. = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 3). Die Bekanntmachungsregelung in § 4 Abs. 2 KultgSchG ist mehr als 40 Jahre nach Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b des Kulturgutsicherungsgesetzes vom 15. Oktober 1998 (KultgutSiG, BGBl I S. 3162) eingefügt worden. Nach der Gesetzesbegründung dient sie zur Sicherung der Transparenz (BTDrucks 13/10789 S. 6 und 10). Daraus ergibt sich nichts für die Annahme, dass die öffentliche Bekanntmachung der Einleitung Verwaltungsaktcharakter verleiht und das Ausfuhrverbot erst mit der Bekanntmachung in Kraft gesetzt wird. Dies gilt umso mehr, als § 4 Abs. 1 KultgSchG, nach dessen Wortlaut das Ausfuhrverbot an die Einleitung als solche geknüpft ist, im Zuge der Ergänzung der Norm um die Bekanntmachungsregelung in Absatz 2 nicht geändert worden ist. Die im Kulturgutschutzgesetz nicht explizit vorgesehene Mitteilung an den Eigentümer des betroffenen Kulturgutes und die öffentliche Bekanntmachung der Einleitung eines Eintragungsverfahrens stellen danach lediglich sicher, dass das Ausfuhrverbot und die Strafvorschrift des § 16 KultgSchG nicht leerlaufen.

30

Die Verwaltungsaktqualität der Einleitung des Eintragungsverfahrens muss nicht aus Rechtsschutzgründen bejaht werden. Unter der Geltung des Art. 19 Abs. 4 GG und der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel (§ 40 VwGO) ist die Möglichkeit, vor Gericht Rechtsschutz gegen hoheitliche Maßnahmen zu suchen, nicht von der Rechtsnatur der angegriffenen Maßnahme und damit nicht von der zur Verfügung stehenden Klageart, sondern allein davon abhängig, ob sich der Betroffene auf eine Verletzung eigener Rechtspositionen berufen kann. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Betroffener, z.B. im Wege einer allgemeinen Leistungs-, Unterlassungs- oder der Feststellungsklage, auch gegen eine hoheitliche Maßnahme ohne Verwaltungsaktcharakter vorgehen (Urteil vom 20. Mai 1987 - BVerwG 7 C 83.84 - BVerwGE 77, 268 ff. = Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 24). Von dieser Möglichkeit haben die Kläger Gebrauch gemacht.

31

2. Die hilfsweise erhobene allgemeine Leistungsklage auf Einstellung des Verfahrens ist zulässig (a), aber nicht begründet (b).

32

a) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kläger ihr Begehren auf Einstellung des Verfahrens mit einer allgemeinen Leistungsklage verfolgen können. Die Vorschrift des § 44a Satz 1 VwGO, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, steht dem nicht entgegen. Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Prinzip der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebietet eine einschränkende Auslegung des § 44a Satz 1 VwGO in den Fällen, in denen bei einer Abwägung zwischen dem von § 44a Satz 1 VwGO verfolgten Zweck der Gewährleistung eines effektiven Verwaltungsverfahrens und den Belangen des Betroffenen Letzteren eindeutig der Vorrang einzuräumen ist, insbesondere deshalb, weil die negativen Folgen für diesen besonders schwer wiegen (Geiger, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 44a Rn. 16). So können etwa Verfahrenshandlungen, die in materielle Rechtspositionen des Betroffenen eingreifen und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten, selbständig angefochten werden (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 44a Rn. 10). So liegen die Dinge hier. Eine nachfolgende gerichtliche Entscheidung über die Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes könnte das durch die Einleitung des Verfahrens ausgelöste und bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Eintragung andauernde Ausfuhrverbot rückwirkend nicht mehr beseitigen.

33

b) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Einstellung des Eintragungsverfahrens. Das Verfahren ist zu Recht eingeleitet worden. Das Kulturgutschutzgesetz findet auch auf solche Vermögensgegenstände Anwendung, die ihren jüdischen Eigentümern in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 durch nationalsozialistische Unrechtsmaßnahmen entzogen und nach der Wiedervereinigung gemäß § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind (aa). Dem stehen weder Völker- noch Verfassungs- oder Unionsrecht entgegen (bb). Das Eintragungsverfahren ist überdies nicht mit materiellen Rechtsfehlern behaftet, die zu seiner Einstellung führen müssen (cc). Es stellt sich schließlich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar (dd).

34

aa) Weder das Kulturgutschutzgesetz noch das Vermögensgesetz enthalten eine ausdrückliche Regelung, nach der das Kulturgutschutzgesetz auf Vermögensgegenstände, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind, keine Anwendung findet.

35

Entgegen der Auffassung der Kläger stehen auch Sinn und Zweck des § 1 Abs. 6 VermG der Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger sich schon deshalb nicht auf § 1 Abs. 6 VermG berufen können, weil sie das Eigentum an der Musikbibliothek nicht im Wege der Restitution, sondern durch Rechtsgeschäft erworben haben. § 1 Abs. 6 VermG würde die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf die Musikbibliothek P. selbst dann nicht hindern, wenn diese an die Kläger restituiert worden wäre.

36

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es Sinn und Zweck des § 1 Abs. 6 VermG, die Wiedergutmachungslücke zu schließen, die dadurch entstanden ist, dass in der SBZ/DDR keine Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts stattgefunden hat. Mit der Einbeziehung von Wiedergutmachungsansprüchen NS-Verfolgter in das Vermögensgesetz ist die Bundesrepublik Deutschland den von ihr in der Vereinbarung mit den drei Westmächten vom 27./28. September 1990 (BGBl II S. 1386) eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen. Weil die alliierten Rückerstattungsgesetze nicht auf das Gebiet der ehemaligen DDR ausgedehnt wurden und das Bundesrückerstattungsgesetz trotz seiner Erstreckung auf das Beitrittsgebiet durch Art. 8 des Einigungsvertrages wegen der nicht wieder eröffneten Antragsfristen (§ 27 Abs. 2 BRüG: 31. Dezember 1958 bzw. 1. April 1959) dort praktisch wirkungslos bleiben musste (BGH, VIZ 1995, 644 <645> m.w.N.), übernahm § 1 Abs. 6 VermG die Aufgabe der Rückerstattung im Beitrittsgebiet. Durch diese Vorschrift sind Rückübertragungsansprüche von Bürgern und Vereinigungen, denen Vermögen durch NS-Verfolgungsmaßnahmen auf dem Gebiet der späteren DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin entzogen wurde, konstitutiv begründet worden (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 7 C 19.94 - BVerwGE 98, 261 ff. = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 44, bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Februar 1999 - 1 BvR 1579/95, 1 BvR 495/96 - ZOV 1999, 188; BVerwG, Urteile vom 9. Dezember 2004 - BVerwG 7 C 2.04 - BVerwGE 122, 286 ff. = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 31 und vom 25. November 2009 - BVerwG 8 C 12.08 - BVerwGE 135, 272 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 52).

37

Da der Gesetzgeber zwar keine generelle Übernahme der alliierten Rückerstattungsregelungen, aber eine möglichst weitgehende Anlehnung wollte, ist der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 6 VermG anhand der früheren Rückerstattungsregelungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung, mithin im Lichte des Art. 3 Abs. 1 der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandatur Berlin vom 26. Juli 1949 zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen (REAO), auf die § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG Bezug nimmt, auszulegen (Urteile vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 17, vom 24. Februar 1999 - BVerwG 8 C 15.98 - BVerwGE 108, 301 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 1 und vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 12.00 - BVerwGE 114, 68 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 10; Beschluss vom 29. Juni 2009 - BVerwG 8 B 129.09 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 53). Soweit der Gesetzgeber Besonderheiten der angestrebten Wiedergutmachung von NS-Vermögensunrecht berücksichtigt wissen wollte, hat er besondere Regelungen, etwa § 1 Abs. 6 Satz 2 (Verfolgungsvermutung), § 1 Abs. 8 Buchst. a (Verhältnis zu nochmaligen Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitliche Grundlage), § 2 Abs. 1 VermG (Rechtsstellung jüdischer Verfolgtenorganisationen) und § 22 InVorG (Einschränkung des Investitionsvorrangs bei Grundstücken der Liste C) geschaffen. Fehlt es an Spezialregelungen für vermögensrechtliche Ansprüche NS-Verfolgter, gelten die allgemeinen Bestimmungen des Vermögensgesetzes (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 16 bis 18).

38

In der REAO findet sich - ebenso wie in den anderen alliierten Rückerstattungsvorschriften - keine Regelung, die sich zum Verhältnis zwischen Rückerstattung und Kulturgutschutz verhält. Auch die Kläger haben solche Vorschriften weder konkret benannt noch Substantielles zu einer entsprechenden Spruchpraxis der Rückerstattungsgerichte dargetan. Ihr Vorbringen beschränkt sich insoweit auf die nicht näher belegte Behauptung, es sei allgemeine Rückerstattungspraxis gewesen und habe sich so zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz entwickelt, dass rückerstattete Vermögensgegenstände dem Kulturgutschutz entzogen sind. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten. Abweichendes folgt weder aus dem in der Revisionsbegründung beschriebenen Fall "Pringsheim" noch der im Schriftsatz vom 15. November 2011 geschilderten, von der amerikanischen Besatzungsmacht unterbundenen Praxis der Finanzbehörden, für rückerstattete Vermögenswerte rückwirkend Steuern zu erheben. Der Umstand, dass der zuständige Ausschuss im Fall "Pringsheim" die Genehmigung nach § 1 des Bayerischen Gesetzes über die Ausfuhr von Kunstwerken vom 30. Mai 1949 (GVBl S. 120) erteilt hat, gibt für die Annahme, dass rückerstattete Vermögensgegenstände dem Kulturgutschutz von vornherein nicht unterfallen sollten, nichts her. Auch nach § 1 Abs. 4 KultgSchG kann die Ausfuhr eingetragener Kulturgüter genehmigt werden. Dabei ist im Rahmen der gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 KultgSchG vorzunehmenden Abwägung der Einzelfallumstände u.a. der zeitgeschichtliche Hintergrund zu berücksichtigen. Der Beispielsfall der rückwirkenden Erhebung von Steuern stützt das Vorbringen der Kläger schon deshalb nicht, weil in Art. 79 Abs. 1 REAO ausdrücklich geregelt war, dass die Erhebung von Steuern und sonstigen öffentlichen Abgaben aus Anlass der Rückerstattung und für die Zeit der unrechtmäßigen Entziehung der Vermögensgegenstände unzulässig ist. Die Eigentümer von Vermögensgegenständen, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert wurden, sind daher denselben Bindungen, namentlich Inhalts- und Schrankenbestimmungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, unterworfen wie jeder andere Eigentümer auch. Ob davon - wie der Beklagte meint - selbst dann auszugehen wäre, wenn das alliierte Rückerstattungsrecht oder die Spruchpraxis der Rückerstattungsgerichte in solchen Fällen Kulturgutschutz ausgeschlossen hätte, weil § 16 VermG diesen Fall für Restitutionen nach dem Vermögensgesetz abweichend regelt, kann dahinstehen.

39

Entgegen der Auffassung der Kläger läuft § 1 Abs. 6 VermG nicht leer, wenn das Kulturgutschutzgesetz auf Vermögensgegenstände Anwendung findet, die nach dieser Vorschrift restituiert wurden. Abgesehen davon, dass nur ein kleiner Teil der nach § 1 Abs. 6 VermG restituierten Vermögensgegenstände zugleich national wertvolles Kulturgut i.S.d. Kulturgutschutzgesetzes darstellen dürfte, hindert die Aufnahme eines Kulturgutes in die Liste national wertvollen Kulturgutes weder die das NS-Unrecht wiedergutmachende Restitution noch macht sie die Restitution rückgängig, indem sie das Eigentum erneut entzieht. Der Eigentümer kann über das Kulturgut - wenngleich mit Einschränkungen - grundsätzlich verfügen. Daran ändert auch der Einwand der Kläger, die Betroffenen seien oftmals im Ausland wohnhaft und könnten die zurückgegebenen Vermögensgegenstände nicht in Besitz nehmen, nichts.

40

bb) Die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf Vermögenswerte, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind, wird nicht durch völkerrechtliche Verpflichtungen ausgeschlossen.

41

Sofern die Kläger einen Verstoß gegen die Vereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit den drei Westmächten vom 27./28. September 1990 (BGBl II S. 1386) geltend machen wollen, können sie damit schon deshalb nicht gehört werden, weil diese Vereinbarung weder eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG darstellt noch gemäß Art. 59 Abs. 2 GG in das nationale Recht transformiert wurde und daher kein revisibles Bundesrecht ist (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 25).

42

Ungeachtet dessen ist das Kulturgutschutzgesetz entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht im Lichte der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 dahingehend auszulegen, dass Vermögenswerte, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind, dem Kulturgutschutz von vornherein entzogen sind. Aus der Vereinbarung ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein entsprechendes (Vor-)Verständnis der Vertragsparteien. Nr. 4 Buchst. c Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung bezieht sich ausschließlich auf die Wiedergutmachung in den ehemaligen westlichen Besatzungszonen und Sektoren. Für das Beitrittsgebiet hat die Bundesregierung in Nr. 4 Buchst. c Abs. 3 Satz 1 die Absicht erklärt, das Bundesrückerstattungsgesetz und das Bundesentschädigungsgesetz auf das Gebiet der gegenwärtigen DDR zu erstrecken. Dies ist vor allem durch den Erlass des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes geschehen, das in seinem § 2 Satz 1 auf die §§ 16 bis 26 des Bundesrückerstattungsgesetzes verweist. Die alliierten Rückerstattungsgesetze sind dagegen in der Vereinbarung nicht aufgeführt, offenbar deshalb, weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Inkrafttreten des Vermögensgesetzes mit der in § 1 Abs. 6 VermG enthaltenen Regelung unmittelbar bevorstand (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 26; Wasmuth, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand Januar 2011, § 1 VermG Rn. 142 f.; Säcker, VermG, 1995, § 1 Rn. 131).

43

Die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf nach § 1 Abs. 6 VermG restituierte Vermögensgegenstände verstößt überdies nicht gegen die auf der Washingtoner Konferenz vom 3. Dezember 1998 "in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden" aufgestellten Washingtoner Grundsätze. Wie schon der den Grundsätzen vorangestellten Einleitung entnommen werden kann, handelt es sich dabei nicht um einen völkerrechtlich bindenden Vertrag, sondern lediglich um eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung, die folglich auch nicht nach Art. 59 Abs. 2 GG in revisibles Bundesrecht transformiert wurde. Rechtlich gleichermaßen unverbindlich sind die Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom 9. Dezember 1999 nebst Handreichung von Februar 2001/November 2007.

44

Abgesehen davon sind die Washingtoner Grundsätze vorliegend schon in der Sache nicht einschlägig. Die Prinzipien betreffen nach ihrer Nr. 1 nur solche Kunstwerke, "die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht zurückerstattet wurden". Zum Verhältnis von Rückgabe und Kulturgutschutz verhalten sie sich nicht. Ihr Anliegen ist die Identifizierung beschlagnahmter und nicht zurückerstatteter Kunstwerke. Zu diesem Zweck sollen der Provenienzrecherche einschlägige Unterlagen und Archive zugänglich gemacht werden, ausreichend Mittel und Personal zur Verfügung gestellt werden und alle Anstrengungen unternommen werden, um durch Veröffentlichungen sowie Einrichtung eines zentralen Registers mit entsprechenden Informationen die Vorkriegseigentümer oder ihre Erben ausfindig zu machen (Nr. 1, 2, 3, 5 und 6). Sofern die Vorkriegseigentümer oder ihre Erben ausfindig gemacht werden können, sollen rasch die nötigen Schritte unternommen werden, um eine gerechte und faire Lösung zu finden, wobei diese je nach den Gegebenheiten und Umständen des spezifischen Falls unterschiedlich ausfallen könne (Nr. 8). Dabei anerkennt die Washingtoner Konferenz in der Einleitung ausdrücklich, dass die Teilnehmerstaaten unterschiedliche Rechtssysteme haben und die Länder im Rahmen ihrer eigenen Rechtsvorschriften handeln. Hierzu gehören auch die Regelungen des Kulturgutschutzgesetzes.

45

Die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf nach § 1 Abs. 6 VermG restituierte Kulturgüter begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die vermögensrechtlichen Ansprüche für Bürger und Vereinigungen, denen durch NS-Verfolgungsmaßnahmen auf dem Gebiet der späteren DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin Vermögenswerte entzogen wurden, sind durch die Vorschrift des § 1 Abs. 6 VermG konstitutiv und damit von vornherein mit den Belastungen durch das Kulturgutschutzgesetz begründet worden.

46

In der Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass die Eintragung eines Kulturgutes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und die damit verbundenen Ausfuhrbeschränkungen keine Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG, sondern eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen. Den mit der Eintragung verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen wird angemessen Rechnung getragen (vgl. §§ 8, 1 Abs. 3 KultgSchG), nach fünf Jahren kann bei wesentlicher Veränderung der Umstände die Löschung der Eintragung beantragt werden (§ 7 Abs. 1 KultgSchG). Das Kulturgutschutzgesetz ist insgesamt auf einen gerechten Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen angelegt (Urteil vom 27. Mai 1993 - BVerwG 7 C 33.92 - BVerwGE 92, 288 ff. = Buchholz 406.391 Kulturgutschutz Nr. 2).

47

Für das vorläufige Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG gilt nichts anderes. Es soll sicherstellen, dass während des schwebenden Verfahrens bis zur Unanfechtbarkeit der Eintragung nicht dadurch vollendete Tatsachen geschaffen werden, dass das Kulturgut aus dem Geltungsbereich des Gesetzes verbracht wird. Diese Zielsetzung ist verfassungsrechtlich legitim. Das folgt schon aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 5a GG (ex Art. 74 Nr. 5), der "den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung in das Ausland" zum Gegenstand bundesgesetzlicher Fürsorge macht und so die in dieser Hinsicht bestehende besondere Sozialpflichtigkeit der Eigentümer von Kulturgut unterstreicht. Überdies erfasst das Kulturgutschutzgesetz die Eigentumsobjekte ausschließlich in ihrer sozialen Funktion; sie müssen nämlich "national" wertvoll, d.h. "nach ihrer künstlerischen Eigenart, nach ihrem kulturellen Wert oder durch ihre Bedeutung für die kulturelle Entwicklung in Deutschland als dauernd besonders wertvoller Bestandteil deutschen Kulturbesitzes anzusehen" sein. Der Schutz solcher Eigentumsobjekte gegen Abwanderung dient mithin allein einem qualifizierten öffentlichen Interesse an der Bewahrung herausragender deutscher Kulturgüter (Urteil vom 27. Mai 1993 a.a.O. Rn. 15). Ohne vorläufiges Ausfuhrverbot während des Eintragungsverfahrens könnte dieser Schutz nicht gewährleistet werden.

48

Das Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG führt nicht zu einer übermäßigen Belastung des Eigentümers und ist daher auch in wirtschaftlicher Hinsicht zumutbar. Verfügungen im Inland bleiben in jeder Hinsicht uneingeschränkt möglich und auch Veräußerungen in das Ausland sind rechtlich nicht ausgeschlossen. Zudem ist das Ausfuhrverbot nur vorläufig, auch dürfte das Eintragungsverfahren in der Regel in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen werden; nach Unanfechtbarkeit der Eintragung kann eine Ausfuhrgenehmigung beantragt werden. Der Gesetzgeber hat zwar für die (atypischen) Fälle, in denen das Eintragungsverfahren unzumutbar lang dauert, keine Regelung getroffen. Diese Lücke kann aber mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG dadurch geschlossen werden, dass die Betroffenen bei unzumutbarer Verfahrensdauer so gestellt werden wie die Eigentümer bereits unanfechtbar eingetragener Kulturgüter. Ihnen steht daher in solchen Fällen ausnahmsweise in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 KultgSchG ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung zu. Der dagegen vom Vertreter des Bundesinteresses erhobene Einwand, der zur Entscheidung über die Ausfuhrgenehmigung berufene Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) müsste seine Entscheidung in solchen Fällen auf eine hypothetische Einschätzung des Wertes stützen und die Bewertung durch den vor Erteilung der Ausfuhrgenehmigung zu hörenden Gutachterausschusses vorwegnehmen, greift nicht durch. Der Gutachterausschuss nach § 5 Abs. 2 KultgSchG ist vor jeder Entscheidung über die Ausfuhrgenehmigung anzuhören. Seine Beteiligung hat gerade den Zweck, dem BKM den notwendigen Sachverstand zu verschaffen und sich vor allem zu den öffentlichen Belangen zu äußern (Bernsdorff/Kleine-Tebbe, Kulturgutschutz in Deutschland, 1996, § 5 Rn. 4). Regionalen oder landesspezifischen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass zwei der fünf Sachverständigen des Ausschusses auf Vorschlag des Landes berufen sind, in dessen Verzeichnis das Kulturgut eingetragen ist (bzw. eingetragen werden soll). Überdies dürfte gerade in den atypischen Fällen mit unzumutbar langer Verfahrensdauer der nach § 2 Abs. 2 KultgSchG zu beteiligende Sachverständigen-Ausschuss des jeweiligen Bundeslandes in der Regel - so auch hier - schon eine fachliche Stellungnahme abgegeben haben, die in die Entscheidungsfindung einbezogen werden kann.

49

Das Ausfuhrverbot des § 4 KultgSchG steht im Einklang mit Unionsrecht. Zwar sind mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen nach Art. 34, 35 AEUV grundsätzlich verboten. Vom Grundsatz des freien Warenverkehrs darf aber nach Art. 36 AEUV u.a. dann abgewichen werden, wenn es um den Schutz nationalen Kulturgutes von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert geht, sofern entsprechende nationale Schutzvorschriften weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. Das ist beim Kulturgutschutzgesetz, das sich nur auf national wertvolles Kulturgut bzw. auf das für den deutschen Kulturbesitz wesentliche Kulturgut beschränkt, mithin einen international üblichen, "normalen" Kunst- und Antiquitätenhandel weder verhindert noch erschwert, ersichtlich nicht der Fall (Urteil vom 27. Mai 1993 a.a.O. Rn. 18). Der Einwand der Kläger, die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf Vermögenswerte, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert wurden, stelle eine willkürliche Diskriminierung dar, liegt aus den o.g. Gründen neben der Sache.

50

Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, dass auch die Europäische Union seit 1992 verbindliche Regelungen zur Ausfuhr von Kulturgütern hat, nach denen die Ausfuhr von Kulturgütern einer Genehmigung bedarf, die verweigert werden kann, wenn die betreffenden Kulturgüter unter eine Rechtsvorschrift zum Schutz national wertvollen Kulturgutes fallen (vgl. Art. 2 Abs. 1 und 2 Unterabs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3911/92 des Rates vom 9. Dezember 1992, ABl L 395/1, sowie Art. 2 Abs. 1 und 2 Unterabs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008, ABl L 39/1).

51

cc) Das Einleitungsverfahren leidet nicht an materiellen Rechtsfehlern, die zu seiner Einstellung führen müssten.

52

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Einleitung eines Eintragungsverfahrens ebenso wie die Eintragung als solche nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Allerdings sind die jeweils anzulegenden Prüfungsmaßstäbe unterschiedlich streng. Während die Entscheidung über die Eintragung eine sorgfältige Prüfung erfordert, ob das betreffende Kulturgut tatsächlich als national wertvoll einzustufen ist, weil seine Abwanderung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einen wesentlichen Verlust für den gesamten deutschen Kulturbesitz bedeuten würde (vgl. BTDrucks 2/76 S. 7), reicht es für die Einleitung eines Verfahrens aus, wenn tragfähige und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das betreffende Kulturgut national wertvoll i.S.d. § 1 Abs. 1 KultgSchG ist. Erscheint eine Eintragung danach nicht von vornherein als ausgeschlossen, hat die zuständige Behörde das Verfahren einzuleiten. Anderenfalls würde der Gesetzeszweck verfehlt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - Kulturgüter betroffen sind, deren Abwanderung aus dem Bundesgebiet konkret droht. Davon ausgehend begegnet die Verfahrenseinleitung vorliegend angesichts der vom zuständigen Ausschuss nach § 2 Abs. 2 KultgSchG abgegebenen Stellungnahme vom 17. März 2005, die sich für eine Eintragung der Musikbibliothek ausspricht und dies näher begründet, keinen Bedenken.

53

Der Rüge der Kläger, die Schreiben vom 27. August 2004 und 13. August 2010 seien zu unbestimmt, weil darin nur auf nicht detailliert bezeichnete Einheiten der Musikbibliothek Bezug genommen werde, geht fehl. Ungeachtet dessen, dass die Kläger selbst es bei Abschluss des Vertrages zur Übereignung der Musikbibliothek als ausreichend erachtet haben, in § 1 zur Beschreibung des Vertragsgegenstandes auf den Zettelkatalog der Stadtbibliothek L. zu verweisen, ist ihre Rüge auch in der Sache nicht begründet. Die Einleitung dient - wie ausgeführt - allein dazu, das Verfahren in Gang zu setzen und mit Hilfe des vorläufigen - strafbewehrten - Ausfuhrverbots sicherzustellen, dass vor der abschließenden (bestandskräftigen) Entscheidung über die Eintragung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Hierfür reicht es aus, wenn sich für den Betroffenen ausgehend von seinem Empfängerhorizont aus der Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens - ggf. in Verbindung mit der öffentlichen Bekanntmachung - hinreichend deutlich ergibt, welche Kulturgüter Gegenstand des Verfahrens sind und vom Ausfuhrverbot erfasst werden. Diesen Anforderungen genügen die Schreiben vom 27. August 2004 und 13. August 2010. Im Schreiben vom 27. August 2004 wird der Inhalt der in der Stadtbibliothek L. befindlichen Musikbibliothek ausführlich beschrieben und zudem auf die vollständige Erfassung der Altbestände im "Repertoire International des Sources Musicales" (RISM) Bezug genommen. Die öffentliche Bekanntmachung im Sächsischen Amtsblatt vom 30. September 2004 (Nr. 40, S. 1039) verweist ebenfalls auf das RISM, Katalog und Jahrbuch der Musikbibliothek und bibliographische Veröffentlichungen der Stadt L. Das Schreiben vom 13. August 2010 bezieht sich ausdrücklich auf den sog. "Berliner Teilbestand", wie er Gegenstand des vom Land Berlin betriebenen Eintragungsverfahrens war und macht sich insoweit die Mitteilung der Senatsverwaltung Berlin vom 26. August 2004 zu eigen, in der die betroffenen 206 Einzelstücke aus der Musikbibliothek einzeln aufgeführt sind. Von einer mangelnden Konkretisierung kann daher nicht die Rede sein.

54

dd) Die Einleitung des Eintragungsverfahrens erweist sich nicht als rechtsmissbräuchlich. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt der Umstand, dass das Verfahren nicht schon 1990, sondern erst 2004 eingeleitet worden ist, keine Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zu. Die Einleitung des Verfahrens (erst) im Sommer 2004 beruht erkennbar darauf, dass die Stadt L. die Musikbibliothek zunächst als nicht von dem Restitutionsbescheid erfasst betrachtete und aufgrund der mit der C. ... GmbH & Co. KG auf unbestimmte Zeit geschlossenen Dauerleih- und Verwahrungsverträge bis zur (teilweisen) Kündigung der Verträge im Sommer 2004 keine Abwanderung der Musikbibliothek drohte. In § 1 Nr. 3 des Dauerleih- und Verwahrungsvertrages von Mai/Juni 1998 hatte die C. ... GmbH & Co. KG sich in Anbetracht der historischen Bedeutung der Musikbibliothek Peters für die Stadt L. und die gesamte Musikwelt verpflichtet, die Bestände der Musikbibliothek ohne zeitliche Begrenzung in L. zu belassen. Der treuhänderische Abschluss des Dauerleih- und Verwahrungsvertrages ist im Übrigen von den Klägern in § 7 Abs. 1 des Übereignungsvertrages von August/September 2005 ausdrücklich akzeptiert worden. Erst nachdem das durch die o.g. Verträge begründete Vertrauen auf einen dauerhaften Verbleib der Musikbibliothek in L. durch deren teilweise Kündigung im Sommer 2004 entfallen war und verschiedene Einzelstücke herausgegeben werden mussten, ist die für die Einleitung des Eintragungsverfahrens zuständige oberste Landesbehörde informiert und das Verfahren von dort im August 2004 zeitnah eingeleitet worden.

55

Anhaltspunkte dafür, dass die Verfahrenseinleitung in Wahrheit nicht darauf zielte, die drohende Ausfuhr zu verhindern, sondern den Verkaufswert der Musikbibliothek und/oder besonderer Stücke zu mindern, um so einen Erwerb durch die Stadt L. zu ermöglichen oder zu erleichtern, sind nach den von den Klägern nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht ersichtlich.

56

Hinweise für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, die Stadt L. habe nicht nur die Wolff-Dieter Freiherr Speck von Sternburg-Sammlung (mit 202 Gemälden, 126 Zeichnungen, mehr als 500 druckgrafischen Blättern sowie einem hervorragenden Bestand an Illustrierten, Büchern und Kunstliteratur aus der Zeitspanne vom 14. bis zum 19. Jahrhundert) zurückgegeben, sondern auch diverse Gemälde aus dem Museum der Bildenden Künste der Stadt L. an sie restituiert, ohne sich auf Kulturgutschutz zu berufen. Abgesehen davon, dass die Kläger insoweit einen Sachverhalt vortragen, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, kommt es für die Frage, ob das Eintragungsverfahren vorliegend rechtsmissbräuchlich eingeleitet worden ist, auf die Restitutionspraxis der Stadt L. nicht an. Die Kläger übersehen, dass die Restitution von Vermögensgegenständen nach dem Vermögensgesetz von ihrer Unterschutzstellung nach dem Kulturgutschutzgesetz zu unterscheiden ist und für die Restitution bzw. Eintragung jeweils unterschiedliche Behörden zuständig sind. Während die Rückgabe die Wiedereinräumung der Eigentümerstellung bewirkt, dient die Eintragung nach dem Kulturgutschutzgesetz allein dazu, die Abwanderung national wertvollen Kulturgutes aus der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern. Die Restitution schließt eine nachfolgende Eintragung daher ebenso wenig aus wie eine bereits erfolgte Eintragung die Restitution.

57

Das Verfahren ist schließlich nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil es schon seit mehr als sieben Jahre andauert. Zwar war der Beklagte während des laufenden Gerichtsverfahrens nicht gehindert, das Verfahren fortzuführen und über die Eintragung der Musikbibliothek zu entscheiden. Sein Vorbringen, er habe nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen wollen und sei, sofern man die Einleitung als Verwaltungsakt qualifiziere, durch die aufschiebende Wirkung der Klage an einer Fortsetzung des Verfahrens gehindert gewesen, liegt neben der Sache. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, das Verfahren werde rechtsmissbräuchlich in die Länge gezogen, zumal es nach den Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die Erörterungen im Termin vor dem Oberverwaltungsgericht seinen Fortgang genommen hat und noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Zudem bleibt es den Eigentümern bei unzumutbarer Verfahrensdauer unbenommen, in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 KultgSchG eine Ausfuhrgenehmigung zu beantragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Löschung einer Suchmeldung, welche in der vom Beklagten im Internet geführten Lost Art Datenbank eingetragen ist. Dem Beklagten ist als Arbeitsgruppe die Koordinierungsstelle A-Stadt angeschlossen, welche eine von der Bundesrepublik Deutschland und den Bundesländern finanzierte Einrichtung darstellt, die u. a. die Aufgabe hat, „Such- und Fundmeldungen des In- und Auslands zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen bzw. in Folge des 2. Weltkriegs verbrachten Kulturgütern zur Präsentation in www.lostart.de“ zu dokumentieren.

2

Unter dem 24. Juni 2005 erfolgte im Auftrag der Erbengemeinschaft nach R. und J. O. die Eintragung einer Suchmeldung in der Lost Art Datenbank hinsichtlich des hier in Rede stehenden Gemälde „Bildnis eines alten Mannes in orientalischer Tracht“, welches ursprünglich Rembrandt Harmenszoon van Rijn zugeschrieben wurde und heute Isaac Jouderville, einem Schüler Rembrandts, zugeordnet wird.

3

Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 1912 gründete Albert L. die Margraf & Co. GmbH in C-Stadt. In den folgenden Jahren wurde diese Gesellschaft um mehrere Untergesellschaften erweitert, namentlich die Kunsthandelsgesellschaften F. & Co. GmbH, Dr. Benedict & Co. GmbH, Dr. Burchard & Co. GmbH sowie die Antiquitätenhandelsgesellschaft Altkunst & Co. GmbH. Albert L. legte die Geschäftsführung hinsichtlich dieser Unternehmensgruppe in die Hände des Kunsthändlers J. O. und dessen Ehefrau R., welche wie Albert L. beide jüdischen Glaubens waren. Vor seinem Tod im Jahr 1929 hatte Albert L. seine Lebensgefährtin R. B. als Erbin eingesetzt und die Anteile an den vorgenannten Gesellschaften als Vermächtnis den Eheleuten O. hinterlassen. Diese Rechtsnachfolge hinsichtlich der Gesellschaften wurde jedoch - nach den vorliegenden Akten - aufgrund von erbrechtlichen Auseinandersetzungen bis 1933 nicht registerrechtlich vollzogen. Am 1. April 1933 versuchten die Nationalsozialisten die Eheleute O. zu verhaften. Diese waren jedoch gewarnt worden und konnten nach Frankreich fliehen. J. O. verstarb 1941 in Nizza. R. O. wurde nach Auschwitz deportiert und dort 1943 ermordet. Die drei Kinder der Eheleute O. überlebten die Zeit des Nationalsozialismus. Die Gesellschaftsanteile der vorgenannten Unternehmensgruppe wurden nach 1933 zugunsten des Finanzamtes Berlin-Tiergarten für ausstehende Erbschaftssteuern verpfändet. Als die Steuerschulden 1937 beglichen wurden, wurden diese Gesellschaftsanteile an R. B. übertragen. Bereits unter dem 2. Dezember 1933 hatte das Landgericht Berlin J. O. untersagt, jedwede Rechtshandlungen in Bezug auf die Unternehmensgruppe vorzunehmen. Prof. Dr. Bolko Freiherr von Richthofen, nach den vorliegenden Unterlagen ein enger Freund Hermann Görings, wurde im Jahr 1933 zum Verwalter der Unternehmen bestimmt. Etwa ab dem Jahr 1935 wurden die Untergesellschaften der Unternehmensgruppe liquidiert. In einem Auktionstermin (26. und 27. April 1935), der - laut Katalog - die „Bestände der Berliner Firmen Galerie F. & Co. GmbH und Altkunst Antiquitäten GmbH“ betraf, wurde auch das streitgegenständliche Gemälde vom Auktionshaus G. in C-Stadt angeboten und für 16.000,- RM versteigert. Es soll - nach dem Vortrag der Beigeladenen - vom Bankhaus Jacquier & Securius mit Sitz in C-Stadt ersteigert worden sein. Zum Beleg verweisen die Beigeladenen auf einen Auszug aus der „Liste der national wertvollen Kunstwerke“ von 1938.

4

Die Beigeladenen sind Mitglieder von Erbengemeinschaften, die die (jüdischen) Gesellschafter des ehemaligen Bankhauses Jacquier & Securius beerbt haben. Hans B. ist am 1. Juli 2013 verstorben, die Erben nach ihm sind noch nicht bekannt. Unter dem 10. September 2009 erwirkten die Mitglieder der Erbengemeinschaften die Registrierung einer (weiteren) Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes bei dem Beklagten. Zur Begründung dieser Suchmeldung haben die Beigeladenen vorgetragen, dass sich das Gemälde seit Oktober 1933 im Sicherungseigentum des Bankhauses befunden habe, dieses Sicherungseigentum sei im Rahmen der Versteigerung im Jahr 1935 zu Volleigentum erstarkt und erst durch die sog. Arisierung des Bankhauses im März 1938 verfolgungsbedingt abhanden gekommen.

5

Im Mai 2009 gelang es der Nachtragsliquidatorin der Klägerin unter Hinweis auf die Eintragung der Suchmeldung unter anderem in der Lost Art Datenbank eine unmittelbar bevorstehende Versteigerung des streitgegenständlichen Gemäldes auf einer Auktion in Kapstadt zu verhindern. Das Bild war von dem in Windhoek/Namibia lebenden Gerhard-Peter S. angeboten worden.

6

Im Januar 2010 schlossen Gerhard-Peter S., die Klägerin und die Erbengemeinschaft nach den vormaligen Gesellschaftern der Galerie F. & Co. GmbH eine Vereinbarung über die Verwertung des hier in Rede stehenden Gemäldes. Es soll bei dem Auktionshaus Sotheby’s in Amsterdam versteigert und der Erlös hälftig zwischen Herrn Gerhard-Peter S. und der Erbengemeinschaft nach J. und R. O. geteilt werden. Zu dieser Versteigerung ist es noch nicht gekommen.

7

Der Beklagte lehnte die nachfolgend von der Klägerin geforderte Löschung der Suchmeldung mit der Begründung ab, dass eine - für plausibel erkannte - Eintragung nur mit Zustimmung des (weiteren) Melders - hier der Beigeladenen - gelöscht werden dürfe. Wenn nötig, müsse die Klägerin die Zustimmung der Beigeladenen auf dem Zivilrechtsweg erstreiten.

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Am 24. Juni 2010 hatte die Klägerin Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Kultusministerium, dieses vertreten durch die Koordinierungsstelle A-Stadt erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die allgemeine Leistungsklage sei die statthafte Klageart, da die Eintragung auf der Internetseite www.lostart.de ein schlichtes Verwaltungshandeln darstelle. Der Beklagte sei passiv legitimiert. Da er die Eintragung der Suchmeldung vorgenommen und zu verantworten habe, müsse er sie auch löschen können. Der Klägerin stehe ein Folgenbeseitigungsanspruch zu. Der Verbleib der Suchmeldung in der Datenbank beeinträchtige das Eigentumsrecht der Klägerin, welche als Erstgeschädigte das bessere Recht habe. Zur weiteren Begründung hatte die Klägerin u. a. auf Geschäftsunterlagen aus den Jahren 1932 und 1933, auf die im Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz getroffenen Feststellungen und auf die Empfehlungen der niederländischen Restitutionskommission bezüglich anderer Gemälde, welche nach ihrer Darstellung im Eigentum der Galerie F. standen, verwiesen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, den (von den Beigeladenen veranlassten) Eintrag des Gemäldes „Bildnis eines alten Mannes in orientalischer Tracht“ von Rembrandt (mittlerweile Jouderville, Schüler Rembrandts, zugeschrieben) von der Liste gesuchter Raub- und Beutekunst auf der Internetseite www.lostart.de zu löschen,

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hilfsweise,

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den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Namen und Anschriften der Personen oder Institutionen zu erteilen, die den Eintrag des Gemäldes „Bildnis eines alten Mannes in orientalischer Tracht“ von Rembrandt (mittlerweile Jouderville, Schüler Rembrandts, zugeschrieben) auf der Liste gesuchter Raub- und Beutekunst auf der Internetseite www.lostart.de veranlasst haben. Sofern ein Vertreter, beispielsweise ein Rechtsanwalt die Eintragung veranlasst hat, sind auch die von ihm vertretenen Personen und Institutionen mit Namen und Anschrift zu benennen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin den Beklagten falsch bezeichnet habe. Sie habe auch kein Rechtschutzbedürfnis, weil sie mit einer Klage auf Zustimmung zur Löschung des Eintrags vor den Zivilgerichten leichter und schneller zum Ziel komme. Zudem sei die Klage unbegründet. Der Beklagte dürfe die Eintragung zugunsten der Beigeladenen nicht ohne Zustimmung der anmeldenden Personen löschen und zurücknehmen. Der Klägerin stehe ein Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu. Der Beklagte beeinträchtige das Eigentum der Klägerin nicht. Die Eintragung bewirke kein rechtliches Verfügungsverbot. Dass die Auktionshäuser die Internetseite www.lostart.de beachten, liege in deren Verantwortungsbereich. Ohne positive Feststellung des Eigentums der Klägerin und/oder ohne Zustimmung der Beigeladenen könne der in Rede stehende Eintrag nicht gelöscht werden.

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Die Beigeladenen hatten keinen Antrag gestellt. Sie haben geltend gemacht, die Klägerin behaupte zu Unrecht, Eigentümerin des in Rede stehenden Gemäldes zu sein. Das Bild könne auch einer namensgleichen Galerie in Amsterdam oder einem Dritten gehört haben. Selbst wenn die Klägerin die ursprüngliche Eigentümerin des Gemäldes gewesen wäre, hätte sie das Eigentum spätestens durch die Sicherungsübereignung an das Bankhaus Jacquier & Securius vom 13. Oktober 1933 verloren. Die Sicherungsübereignung und die spätere Verwertung seien weder rechtlich noch sittlich zu beanstanden. Mit der Sicherungsübereignung seien verfolgungsunabhängige Kredite besichert worden. Der Erbschaftsstreit, die Erbschaftssteuerschulden und die Weltwirtschaftskrise hätten die Unternehmensgruppe, zu welcher auch die F. & Co. GmbH gehört habe, stark belastet. Auch aus steuerlichen Gründen seien J. und R. O. ins Ausland gegangen bzw. im Ausland geblieben. Einen verfolgungsbedingten Kulturgutverlust habe hingegen das Bankhaus Jacquier & Securius erlitten. Im Oktober 1933 habe es Sicherungseigentum unter anderem an dem streitgegenständlichen Gemälde erworben. Im April 1935 habe das Bankhaus das Gemälde ersteigert und auf diese Weise Volleigentum erlangt. Die „Liste der national wertvollen Kunstwerke 1938“ belege den Erwerb des Gemäldes durch das Bankhaus Jacquier und Securius. Zum 1. März 1938 sei das Bankhaus „arisiert“ worden. Das sei die einzige verfolgungsbedingte Schädigung in Ansehung des hier in Rede stehenden Gemäldes.

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Mit Urteil vom 17. Januar 2012 hat das Verwaltungsgericht das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt verurteilt, den streitgegenständlichen Eintrag in der Lost Art Datenbank zu löschen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sei eröffnet. Das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehende Rechtsverhältnis sei dem öffentlichen Recht zuzuordnen, weil das Klageziel, die Löschung des Interneteintrags, vom staatlichen Wiedergutmachungsauftrag abhänge, der in der Vereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit den Bundesländern und den kommunalen Spitzenverbänden einerseits und in den sog. Washingtoner Grundsätzen von 1998 andererseits seinen Ausdruck gefunden habe. Der Streit um Einträge auf dieser Internetseite sei - wegen des beabsichtigten Zusammenhangs mit dem staatlichen Wiedergutmachungsauftrag - eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die Klägerin müsse sich zur Verfolgung ihres Begehrens nicht auf den Zivilrechtsweg verweisen lassen. Eine Eigentumsfeststellungsklage oder eine gegen die Beigeladenen gerichtete Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung zur Löschung des Eintrags auf der Internetseite würde nicht einfacher, kostengünstiger oder schneller zum angestrebten Erfolg führen, zumal (noch) nicht alle Rechtsnachfolger der Inhaber des ehemaligen Bankhauses Jacquier & Securius benannt worden seien. Eine - relevante - Falschbezeichnung des Beklagten im Sinne des § 78 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 8 AGVwGO LSA liege nicht vor. Die zulässige allgemeine Leistungsklage sei auch begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Löschung der Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes, weil - was der Beklagte beachten müsse - die Klägerin Erstgeschädigte sei und - was selbstständig tragend hinzu komme - Zweckerreichung eingetreten sei. Zwar enthielten weder die Washingtoner Grundsätze von 1998 noch die „Gemeinsame Vereinbarung über die Koordinierungsstelle A-Stadt“ vom 09. Februar 2010, die die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer getroffen hätten, subjektive Rechte zugunsten der Klägerin. Wie die Koordinierungsstelle A-Stadt die ihr zugewiesenen Aufgaben erfülle, regele insbesondere die Gemeinsame Vereinbarung nicht. Ebenso wenig sei das Außenrecht der Koordinierungsstelle dort fixiert. Das Fehlen von Bestimmungen vertraglicher oder gesetzlicher Art bedeute aber nicht, dass die „Nutzer“, die Klägerin oder die Beigeladenen der Koordinierungsstelle A-Stadt „rechtsschutzlos ausgeliefert“ wären. Vielmehr führe das Fehlen von Vorschriften dazu, dass allgemeines Verwaltungsrecht Anwendung finde. In diesem Sinne gehörten die Internetseite www.lostart.de und die Koordinierungsstelle A-Stadt zu den öffentlichen Sachen und Einrichtungen, die dazu bestimmt seien, der Allgemeinheit im Rahmen ihres Widmungszwecks zur Verfügung zu stehen. Der Widmungsakt seien in der „Gemeinsamen Vereinbarung“ vom 09. Februar 2010 zu sehen, die festlege, dass die gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Länder, die Koordinierungsstelle A-Stadt, ihre Arbeit fortsetze, um verfolgungsbedingte Kulturgutverluste zu dokumentieren und den Betroffenen die Chance auf eine „faire und gerechte Lösung“ zu eröffnen. In Anwendung dieser Grundsätze habe die Klägerin einen Anspruch auf Löschung der von dem Beklagten zu verantwortenden Suchmeldung, weil sich dieser Eintrag nicht mehr mit dem Auftrag der Koordinierungsstelle vereinbaren lasse. Er sei nicht mehr erforderlich, weil allen Beteiligten bekannt sei, was gesucht werde, wo es sich befinde, wer es habe und wer es suche. Der Zweck der Eintragung habe sich erfüllt. Die Aufrechterhaltung der beanstandeten Eintragung führe auch zu einer Behinderung des Rechtsverkehrs. Im Übrigen unterscheide das Wiedergutmachungsrecht zwischen dem Erst- und Zweitgeschädigten und zwinge den Beklagten, eine für „plausibel“ gehaltene Erstschädigung nicht durch die Aufnahme einer für „plausibel“ gehaltenen Zweit- oder Drittschädigung zu entwerten. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Löschung der Suchmeldung, weil sie berechtigte Anmelderin im Sinne der Washingtoner Grundsätze sei. Sie habe als Erste das Eigentum an dem in Rede stehenden Gemälde verfolgungsbedingt verloren. Sie sei Eigentümerin des Gemäldes gewesen. Dies sei - die Sicherungsübereignung vom 13. Oktober 1933 einmal außer Acht gelassen - durch den Versteigerungskatalog des Auktionshauses G. und durch die eidesstattliche Versicherung eines langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiters der Galerie im Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz zur Überzeugung der Kammer belegt. Die Klägerin habe - aufgrund des öffentlich-rechtlichen Benutzungs- und Sachenrechts - einen Anspruch gegen den Beklagten auf Löschung der Meldung, weil in Ansehung des in Rede stehenden Gemäldes alle Meldungen obsolet geworden sind und die Klägerin Erstgeschädigte sei. Ob der Klägerin derselbe Anspruch auch aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs zustehe, könne offen bleiben.

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Mit der auf Antrag des Beklagten und der Beigeladenen mit Beschluss des Senates vom 16. Mai 2013 zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Die Klage sei unzulässig, hilfsweise unbegründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Eintrag der Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes in die Lost Art Datenbank nicht justiziabel. Es handele sich um einen justizfreien Akt. Es handele sich bei der Eintragung in die Liste um eine Tätigkeit im fachlich-informativen und deskriptiven Rahmen und mangels inhaltlicher Vorgaben um fachspezifische Tätigkeiten mit Elementen der Ausübung politischen Ermessens auf ministerieller Ebene und mithin bei der Eintragung in der Datenbank um einen justizfreien, nicht öffentlich-rechtlichen Akt. Auch unter dem Aspekt des staatlichen Informationshandelns ergebe sich keine andere Beurteilung der Rechtslage. Es sei von zentraler Bedeutung, dass die Koordinierungsstelle nur deskriptiv tätig sei und ihre nach außen gegebenen Informationen keine eigenen Wertungen enthielten. Eine tatsächliche oder rechtliche Tiefenprüfung - etwa zur Echtheit oder zur Provenienz des Objektes bzw. zur Berechtigung des Melders seitens der Koordinierungsstelle - sehe deren Mandat nicht vor. Es handele sich bei ihrer Tätigkeit um einen mediativ-dialogischen Kommunikationsprozess zur Vervollständigung der Datensammlung. Weiterhin bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Der Klägerin wäre eine Eigentumsfeststellungsklage oder eine gegen die Beigeladenen gerichtete zivilrechtliche Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung zur Löschung des Eintrages möglich und zumutbar. Ferner liege auch eine relevante Falschbezeichnung des Beklagten vor. Das Land Sachsen-Anhalt bzw. das Kultusministerium seien in dem Rechtsstreit nicht passiv legitimiert. Die Klage sei gegen die Koordinierungsstelle zu richten. Ferner sei die Klage auch unbegründet. Ein Folgenbeseitigungsanspruch bestehe nicht, weil kein rechtswidriger Eingriff in das Eigentum der Klägerin im Sinne von Art. 14 GG vorliege. Die Klägerin habe das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gemälde nicht hinreichend dargetan. Sie treffe jedoch eine Obliegenheit zum Nachweis. Auch sei keine andere dem Grundrecht aus Art. 14 GG unterfallende Rechtsposition ersichtlich, die die Klägerin innehätte. Bloße Gewinnerwartungen seien von Art. 14 GG nicht geschützt. Es sei zudem völlig unbewiesen, dass kein Auktionshaus oder Galerie ein Werk veräußere, welches in der Lost Art Datenbank verzeichnet sei. Außerdem sei es der Beklagten nicht zurechenbar, ob die Eintragung in die Liste bestimmte, zudem lediglich faktische Wirkungen auslöse. Die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit einer Suchmeldung liege ausschließlich beim Melder.

19

Die Beigeladenen tragen zur Begründung der Berufung vor, dass es nicht nur Zweck der Lost Art Datenbank sei, festzustellen, wer das im Eintrag erwähnte Bild habe, wo es sich befinde und wer es suche. Ein weiterer Zweck des Registers bestehe vielmehr darin, Kunstverluste, die auf NS-Verfolgung zurückgehen können, zu dokumentieren. Die von der Klägerin begehrte Löschung lasse sich mit diesem Zweck nicht in Einklang bringen. Ferner liege entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Erstschädigung der Klägerin vor. Es sei keineswegs geklärt, dass der Klägerin das Bild jemals gehört habe bzw. dass sie das Bild wegen einer NS-Verfolgung verloren habe. Alle Werke, die 1935 versteigert worden seien, seien zuvor Sicherungseigentum des Bankhauses Jacquier & Securius gewesen und zwar aufgrund einer Vereinbarung aus dem Oktober 1933. Selbst wenn die Klägerin jemals Eigentümerin des Werkes geworden wäre und sie es nicht als Sicherungseigentum an das Bankhaus Jacquier & Securius verloren hätte, läge in der Versteigerung kein Eigentumsverlust wegen NS-Verfolgung vor. Insbesondere würde die Vermutung für eine Ursächlichkeit der NS-Verfolgung widerlegt werden können. Die Klägerin hätte nämlich in diesem Fall einen wenn auch möglicherweise niedrigeren „Rembrandt-Preis“ für ein Werk erhalten, das nur eine Rembrandt-Fälschung gewesen sei. Der objektive Kaufpreis sei also zu hoch gewesen. Die Klägerin habe durch den Verlust keinen Schaden genommen, sondern daraus Nutzen gezogen. Im Übrigen liege auch kein Eingriff in ein Recht bzw. Interesse der Klägerin vor. Es sei nämlich nicht jedes staatliche Informationshandeln als ein Grundrechtseingriff zu werten. An einem solchen Grundrechtseingriff fehle es schon deshalb, weil der Eintrag keine Publikumsinformation des Beklagten sei. Dies ergebe sich aus dem Inhalt des streitbefangenen Eintrages. Die Lost Art Datenbank sei nur ein Weg von vielen, um dem Markt mitzuteilen, dass jemand hinsichtlich des Werkes ein berechtigtes Wiedergutmachungsinteresse zu haben glaube. Dies werde auch daraus ersichtlich, dass die Eintragung keine Erklärung der Behörde enthalte, sondern dass die Behörde nur eine fremde private Erklärung wiedergebe. Die Beklagte führe kein Register staatlich geprüfter Fälle von Kunstrestitutionsansprüchen. Die Funktion der Lost Art Datenbank sei eher mit der des nichtamtlichen Teils eines Amtsblattes oder eines „schwarzen Brettes“ in einem Behördengebäude vergleichbar. Die Erklärung der Beigeladenen, welche die Beklagte veröffentlicht habe, führe nicht zur Verkehrsunfähigkeit des Werkes, sondern nur zu einem Wertverlust. Schon das spreche gegen die Annahme eines Eingriffs. Selbst wenn man einen Eingriff des Beklagten in ein subjektives Recht der Klägerin unterstelle, stimme es mit den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit staatlichen Informationshandelns überein, wenn der Beklagte zutreffende Informationen publiziere. Die Löschung der Eintragung würde dem Rechtsverkehr signalisieren, dass niemand mehr Wiedergutmachungsinteressen bezüglich des streitgegenständlichen Werkes verfolge. Dies wäre unzutreffend.

20

Der Beklagte und die Beigeladenen beantragen,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 7. Kammer - vom 17. Januar 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufungen zurückzuweisen.

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Zur Begründung führt die Klägerin im Wesentlichen aus, dass die Klage entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig sei. Die Aufnahme von Anträgen in die Lost Art Datenbank führe in verschiedener Hinsicht zu intensiven Eingriffen in die von der Rechtsordnung geschützten Rechte des Eigentümers und/oder Besitzers des jeweiligen Kunstgegenstandes. Der Beklagte habe selbst vorgetragen, dass die Eintragung eines Kunstwerkes in der Datenbank zur faktischen Unverkäuflichkeit eines Bildes führe. Die Tätigkeit des Beklagten sei deshalb rechtserheblich und liege nicht im rechtsfreien Raum. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne der Klägerin auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Die vom Beklagten erwähnten Möglichkeiten der Eigentumsfeststellungsklage oder der Leistungsklage gegen die Beigeladenen würden weder einfacher, noch kostengünstiger oder schneller zum angestrebten Erfolg führen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht auch zutreffend festgestellt, dass keine relevante Falschbezeichnung des Beklagten vorliege. Bei der Koordinierungsstelle A-Stadt handele es sich um eine rechtlich unselbständige Organisationseinheit des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt. Die Klage sei auch begründet. Die rechtswidrige Zweitanmeldung der Beigeladenen verletze die subjektiven Rechte der Klägerin, da sie entgegen der Auffassung der Beigeladenen weiterhin Eigentümerin des streitgegenständlichen Gemäldes sei. Bei den Tätigkeiten der Koordinierungsstelle handele es sich um ein staatliches Informationshandeln. Die Eintragungen in der Lost Art Datenbank seien informatorischer Natur und damit staatliches Informationshandeln, welches sich folglich an Verfassung und Gesetz messen lassen müsse. Mit dem staatlichen Informationshandeln der Koordinierungsstelle könnten Eingriffe in die Grundrechte und weitere subjektive Rechtspositionen des Berechtigten einhergehen. Der Beklagte habe erstinstanzlich selbst vorgetragen, dass die Eintragung eines Kunstwerkes in die Datenbank zur faktischen Unverkäuflichkeit führe. Dies entspreche auch den praktischen Erfahrungen in anderen Fällen. Damit komme der Eintragung die Wirkung eines faktischen Veräußerungsverbotes gleich. Soweit der Beklagte auf einen Fall hinweise, in dem ein Auktionshaus ein Objekt trotz seiner Eintragung im Lost Art Datenbank versteigert habe, handele es sich um einen absoluten Einzelfall, in dem anders als üblich vor der Auktion nicht geprüft worden sei, ob das Kunstwerk als vermisst gelte. Ferner liege der Sinn und Zweck der Lost Art Datenbank in der Identifizierung von Beutekunst und Berechtigten. Die Dokumentation diene dazu, verfolgungsbedingte Kulturgutverluste zu dokumentieren, um den Betroffenen die Chance auf eine faire und gerechte Lösung zu eröffnen. Zweck der Datenbank sei es nicht, zu dokumentieren, welche Kunstobjekte eine NS-Raubkunst- oder Beutekunsthistorie aufwiesen. Die Dokumentation habe einzig die Identifikation und anschließende Zusammenführen von Suchenden und Findenden zum Ziel. Dieses Ziel werde erreicht, wenn die Identitäten von Kunstobjekt, Suchenden und Findenden feststünden, so dass sich die Beteiligten untereinander den Fragen der Restitution widmen könnten. Die Koordinierungsstelle habe nicht die weitergehende Aufgabe, die Restitution zwischen interessierten Personen zu regeln oder zu begleiten. Die Koordinierungsstelle sei vielmehr nach ihren Grundsätzen verpflichtet, die Lost Art Datenbank laufend zu aktualisieren und dabei solche Eintragungen zu löschen, deren Zweck sich erfüllt habe. Das Gebot der Aktualisierung und Löschung gelte umso mehr, wenn mit der Eintragung - wie hier - Beeinträchtigungen wegen subjektiver Rechte Dritter, darunter auch die unionsrechtlich geschützte Warenverkehrsfreiheit, Hand in Hand gingen. Die Koordinierungsstelle müsse eine Eintragung daher löschen, wenn sie sich erledigt habe.

Entscheidungsgründe

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Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, die Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes in der Lost Art Datenbank im Internet zu löschen.

26

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges ist auch noch in der Berufungsinstanz zu prüfen, da die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG nicht eintritt, wenn das erstinstanzliche Gericht das in § 17a GVG vorgesehene (Vorab-)Beschlussverfahren über den zulässigen Rechtsweg nicht beachtet hat und den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten trotz erstinstanzlicher Rüge erst im Urteil bejaht hat und der betroffene Beteiligte - wie hier der Beklagte - die Rüge der Unzuständigkeit im Berufungsrechtszug aufrechterhält (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 03.07.2001 - 12 LB 955/01 -, juris m. w. N.). Bei den in Rede stehenden von der Koordinierungsstelle A-Stadt vorgenommenen Eintragungen in die im Internet betriebene Lost Art Datenbank handelt es sich nicht, wie der Beklagte meint, um ein justizfreies staatliches Handeln, welches einer gerichtlichen Kontrolle generell und insbesondere der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte entzogen ist. Der Umstand, dass die Aufgabenerfüllung der Koordinierungsstelle nicht durch Rechtssatz geregelt ist und insbesondere das Rechtsverhältnis zwischen der Koordinierungsstelle und den Nutzern nicht gesetzlich bestimmt ist, indiziert nicht ein solches Reservat nicht gerichtlich überprüfbaren staatlichen Handelns. Ausgangspunkt ist Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Nach dieser Vorschrift steht dem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Diese Norm enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.2005 - 2 BvR 2236/04 -, juris m. w. N.). Der Umstand, dass die Einrichtung und der Betrieb der Datenbank ggf. nicht der Umsetzung rechtlicher bindender Verpflichtungen dient, berührt nicht die Zulässigkeit der gerichtlichen Kontrolle, sondern unter Umständen nur deren Umfang. Die Entscheidung über die Löschung von Einträgen in der Datenbank ist auch nicht im Kernbereich des Regierungshandelns in Gestalt staatsleitender Hoheitsakte angesiedelt, die sich außerhalb der rechtlich geregelten öffentlichen Lebensbereiche im Gebiet der verantwortlichen politischen Leitung vollziehen und so ihrer Struktur und besonderen politischen Funktion nach unter keinem Gesichtspunkt subjektiv öffentliche Rechte berühren können (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 26.03.2001 - 2 S 2.01 -, juris zum Rechtsschutz gegen eine Auslieferungsbewilligung).

27

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auch eine öffentlich-rechtliche Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO angenommen. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10.07 -, juris). Es ist allgemein anerkannt, das die Unterlassung und der Widerruf von Äußerungen, die von einer staatlichen Stelle in dienstlicher Eigenschaft abgegeben werden, im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen sind; durch Beziehungen bürgerlich-rechtlicher Gleichordnung geprägte Äußerungen oder persönliche Erklärungen eines Amtsträgers können hingegen nur Gegenstand zivilgerichtlicher Streitigkeiten sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 40 Rdnr. 28 m. w. N.; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 40 Rdnr. 421 m. w. N.). Die Koordinierungsstelle A-Stadt ist sachlich, personell und haushaltsrechtlich dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt als unselbständige Organisationseinheit in Gestalt einer Arbeitsgruppe zugeordnet. Bereits aus dem Wortlaut der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom 9. Dezember 1999, welche zur Einrichtung der Lost Art Datenbank führte, ist zu entnehmen, dass die Hilfe bei der Rückführung der sog. Raubkunst entgegen der Auffassung des Beklagten nicht als bloße Wahrnehmung einer moralischen Aufgabe, sondern als staatliche Aufgabe begriffen worden ist, welche nicht durch eine privatrechtlich organisierte, sondern durch eine öffentliche Einrichtung betrieben wird, welche sich bei ihrer Tätigkeit (bis auf den Vertrieb gedruckter Publikationen) keiner zivilrechtlichen Handlungsformen bedient.

28

Zwar ist der Einwand des Beklagten zutreffend, dass das beklagte Kultusministerium bzw. die ihm als Arbeitsgruppe angeschlossene Koordinierungsstelle nicht Beklagter hinsichtlich der erhobenen allgemeinen Leistungsklage sein kann, da das sog. Behördenprinzip für diese Klageart nicht gilt. Dies führt allerdings nicht zur Begründetheit der Berufung, vielmehr muss dem in entsprechender Anwendung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs. VwGO durch eine Rubrumsberichtigung Rechnung getragen werden, die von Amts wegen im Rechtsmittelverfahren statthaft ist, selbst wenn die fälschlich als Beklagter bezeichnete Behörde in der Vorinstanz als Beklagte behandelt worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1989 - 8 C 98.85 -, juris). In einer solchen Berichtigung des Passivrubrums liegt kein Austausch von Beteiligten; es wird damit nur klargestellt, dass die Behörde, die für die in Anspruch genommene Körperschaft tätig geworden ist, als deren Vertreterin am Verfahren beteiligt ist, nicht aber selbst die Rechtsstellung eines Beteiligten hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 04.07.2007 - 5 ME 131/07 -, juris m. w. N.). Dementsprechend ist die Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Kultusminister zu richten und das Rubrum entsprechend zu berichtigen.

29

Die Klage ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht gegen die Koordinierungsstelle zu richten, weil die Koordinierungsstelle weder eine juristische Person öffentlichen Rechts noch eine Behörde ist. Vielmehr handelt es sich um eine unselbständige Untergliederung des Kultusministeriums. Das folgt aus § 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Vereinbarung über die Koordinierungsstelle A-Stadt 2010 – 2016 vom 10. November 2009, wonach die Koordinierungsstelle eine von Bund und Ländern getragene Einrichtung in Form „einer Arbeitsgruppe des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt in A-Stadt“ ist.

30

Der Kläger verfolgt sein Begehren auf Löschung des Interneteintrages zu Recht im Wege der allgemeinen Leistungsklage und nicht der - ein Vorverfahren voraussetzenden - Verpflichtungsklage. Der Beklagte hat die Eintragung im Wege des Realakts veranlasst, so dass auch deren Beseitigung als „actus contrarius“ lediglich einen Realakt voraussetzt.

31

Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch klagebefugt. Allein der Umstand, dass die Beigeladenen nachhaltig bestreiten, dass das streitgegenständliche Gemälde jemals im Eigentum der Galerie F. stand, führt nicht zur Verneinung der Klagebefugnis. Für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich aber auch ausreichend ist, dass ein Kläger Tatsachen vorträgt, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass er in einer eigenen rechtlichen Position beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.1996 - 11 A 100.95 -, juris). Es ist in Anlegung dieses Maßstabes nicht ausgeschlossen, dass sich die Klägerin auf eine Beeinträchtigung der Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann. „Eigentum“ i. S. d. Art. 14 GG und Art. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK erfasst dabei nicht nur „vorhandenes Eigentum“, sondern kann auch Forderungen umfassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.07.1999 - 1 BvR 995/95 u. a. -, juris; EGMR, Entscheidung v. 08.12.2011, Az. 71916/01 u. a. -, juris). Art. 2 Abs. 1 GG enthält das Grundrecht des Bürgers, nur auf Grund solcher Vorschriften bzw. solcher staatlicher Handlungen mit einem Nachteil belastet zu werden, die formal und materiell verfassungsgemäß sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.07.2010 - 6 B 20.10 -, juris). Da nach der Art der geschützten Tätigkeit nicht differenziert wird, sind von Art. 2 Abs. 1 GG auch wirtschaftliche Handlungen erfasst. Geschützt werden natürliche und juristische Personen sowie Personenmehrheiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.1967 - 2 BvL 4/65 -, juris).

32

Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt der Klage auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn der Rechtsschutzsuchende sein Ziel sachgerechter - insbesondere einfacher, umfassender, schneller oder billiger - erreichen kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein Kläger eine rechtsschutzintensivere Rechtsschutzform wählen konnte (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbemerkung § 40 Rdnr. 81). Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, zunächst in einem zivilrechtlichen Verfahren gegenüber den Beigeladenen zu klären, wer Eigentümer an dem streitgegenständlichen Gemälde ist bzw. als Berechtigter an dem Gemälde gilt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bereits nicht alle Angehörigen der Erbengemeinschaften nach den vormaligen Gesellschaftern des Bankhauses Jacquier & Securius bekannt sind, was jedenfalls eine erhebliche Erschwerung einer zivilgerichtlichen Rechtsverfolgung bedeuten würde. Hinzu kommt, dass ein solcher Rechtsstreit nicht notwendigerweise vor einem deutschen Gericht zu führen wäre. Mangels materieller Rechtsgrundlage für den Betrieb der Lost Art Datenbank sähe sich die Klägerin hierbei dem Risiko ausgesetzt, dass auch nach Klärung der Eigentumsfrage zu ihren Gunsten der Beklagte die Löschung der Suchmeldung etwa unter Hinweis auf eine fehlende Validität einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung ablehnen könnte und gleichwohl die Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erforderlich wäre.

33

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Suchmeldung zu löschen.

34

Für die von der Klägerin begehrte Löschung der Suchmeldung kommt als Anspruchsgrundlage nur der gesetzlich nicht geregelte, jedoch gewohnheitsrechtlich anerkannte und durch Richterrecht geprägte öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Der Folgenbeseitigungsanspruch entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist; er ist auf die Wiederherstellung des Zustands gerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand. Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsakts, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands an. Ihm liegt die sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich motivierte Forderung zugrunde, diesen Zustand mit der rechtsnormativen Lage zur Deckung zu bringen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.05.1989 - 7 C 2.87 -, juris). Entscheidend ist dabei, ob die beeinträchtigende Einrichtung in einem öffentlich-rechtlichen Planungs- und Funktionszusammenhang steht. Ein solcher Planungs- und Funktionszusammenhang ist gegeben, wenn - wie hier - die betreffende Einrichtung der Öffentlichkeit gewidmet ist und öffentlichen Zwecken dient (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 31.03.2004 - 13 LB 11/03 -, juris m. w. N.).

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Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin im Rahmen des Folgenbeseitigungsanspruches einen Anspruch auf Löschung der Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes, da der Zweck der Eintragung der Suchmeldung in die Lost Art Datenbank mit dem Auffinden des Bildes in Südafrika im Jahr 2009 erfüllt ist, die Eigentumsprätendenten Gelegenheit hatten, die von ihnen geltend gemachten Ansprüche an dem Gemälde zu sichern und ein Fortbestand der Eintragung die Klägerin in ihren rechtlichen geschützten Interessen verletzt.

36

Die Rechtmäßigkeit eines Eintrages in der Lost Art Datenbank ist nach den für den Bereich der staatlichen - nicht regelnden - Informationstätigkeit entwickelten Maßstäben zu beurteilen. Obwohl es sich bei diesem Informationshandeln - abgesehen von amtlichen Warnungen - regelmäßig nicht um eine final eingreifend tätige wirtschaftsverwaltungsrechtliche Aufsicht des Staates handelt, ist eine Grundrechtsrelevanz einer solchen Tätigkeit nicht generell zu verneinen. Eine beeinträchtigende Wirkung des Grundrechtsträgers ist nicht unmittelbar auf eine staatliche Maßnahme (z. B. ein Verkaufsverbot oder eine Geschäftsschließung), sondern nur mittelbar auf die Reaktion von Marktteilnehmern auf die staatliche Information zurückzuführen (vgl. Becker/Blackstein, NJW 2011, 490 zur staatlichen Verbraucherinformation über das Internet; Schoch, NJW 2012, 2844 zur Verbraucherinformation im Lebensmittel-, Produktsicherheits- und Sozialversicherungsrecht). Entscheidend für die Erforderlichkeit einer Ermächtigungsgrundlage ist dabei, ob es sich bei staatlichen Verbraucherinformationen um Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Interessen z. B. in die Berufsfreiheit, das Recht auf Eigentum oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt. Bereits der Eingriffscharakter und nicht erst die verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer staatlichen Informationsmaßnahme hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ab, ob die staatliche Informationstätigkeit in Erfüllung einer zugewiesenen staatlichen Aufgabe erfolgt, die Zuständigkeitsordnung eingehalten worden ist und die weitergegebenen Informationen richtig und sachlich sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, juris und - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, juris). Darüber hinaus muss das staatliche Informationshandeln ein legitimes Ziel verfolgen und sich gemessen daran als verhältnismäßig erweisen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2010 - 1 BvR 2585/06 -, juris zu den Anforderungen an Stellungnahmen der Bundeszentrale für politische Bildung; OVG Münster, Urt. v. 17.09.2013 - 13 A 2541/12 -, juris zu behördlichen Warnungen vor sog. E-Zigaretten). Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln. Insbesondere könne die staatliche Informationstätigkeit eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich des Grundrechts sein, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Durch Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs können die besonderen Bindungen der Rechtsordnung nicht umgangen werden; vielmehr müssen die für Grundrechtseingriffe maßgebenden rechtlichen Anforderungen erfüllt sein. Ebenfalls wird der Gewährleistungsbereich beeinträchtigt, wenn eine Information sich im Nachhinein als unrichtig erweist und dennoch weiterverbreitet oder nicht korrigiert wird, obwohl sie für das Marktverhalten weiter von Belang ist. Mit der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs steht in solchen Fällen auch die Rechtswidrigkeit fest, da eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, a. a. O.)

37

Der Senat lässt es offen, ob gemessen an diesen Maßstäben der Betrieb der Lost Art Datenbank einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Die Aufrechterhaltung der von der Klägerin im Jahr 2005 veranlassten Suchmeldung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, da der Zweck der Eintragung in der Suchliste der Lost Art Datenbank erfüllt war.

38

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen erfüllt die Suchliste der Lost Art Datenbank nicht den Zweck, allgemein das Wiedergutmachungsinteresse natürlicher oder juristischer Personen an sog. Raubkunst zu dokumentieren, was aus Sicht der Beigeladenen bedeutet, dass eine Löschung unabhängig vom Willen der Anmelder erst erfolgen kann, wenn die eigentumsrechtliche Zuordnung eines der sog. Raubkunst zugeordneten Kunstgegenstandes geklärt ist.

39

Da die Einrichtung und der Betrieb der Datenbank nicht in materiellen Rechtsvorschriften geregelt ist, können zur Bestimmung des Zweckes der in der Datenbank enthaltenen Suchliste nur die vom Träger bzw. Trägern der öffentlichen Einrichtung hierzu abgegebenen Willenserklärungen in Betracht kommen. Am 3. Dezember 1998 wurde im Anschluss an die „Washington Conference on Holocaust-Era Assets“, an der 44 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, sowie eine Reihe nichtstaatlicher Organisationen teilnahmen, die so genannte „Washingtoner Erklärung“ mit elf Leitsätzen veröffentlicht (Materialien zur Konferenz veröffentlicht unter: fcit.usf.edu/HOLOCAUST/RESOURCE/assets/index.htm; deutsche (nichtamtliche) Übersetzung der sog. Washington Principles bei Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, 2005, S. 105 f.). In dieser Erklärung verpflichteten sich die Konferenzteilnehmer, Kunstwerke, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt wurden, ausfindig zu machen, die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zu finden und rasch die notwendigen Schritte zu unternehmen, um zu „fairen und gerechten“ Lösungen zu gelangen. Diese Erklärung enthält weder eine rechtlich bindende Verpflichtung, noch begründet sie (neue) Individualrückgabeansprüche von Betroffenen, wie sich bereits aus dem Eingangssatz der Erklärung ergibt („In developing a consensus on non-binding principles to assist in resolving issues relating to Nazi-confiscated art, the Conference recognizes that among participating nations there are differing legal systems and that countries act within the context of their own laws“, so auch BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 7 C 12.10 -, juris). Es wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass die beteiligten Staaten Mechanismen der außergerichtlichen Streitbelegung zur Klärung von streitigen Eigentumsfragen nutzen sollten. Im Anschluss an die Washingtoner Konferenz haben die Bundesregierung, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände am 9. Dezember 1999 eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Dort heißt es unter Ziffer III.:

40

„Darüber hinaus prüfen Bundesregierung, Länder und kommunale Spitzenverbände im Sinne der Washingtoner Grundsätze ein Internet-Angebot einzurichten, das folgende Bereiche umfassen sollte:

41

1. Möglichkeiten der beteiligten Einrichtungen, Kulturgüter ungeklärter Herkunft zu veröffentlichen, sofern NS-verfolgungsbedingter Entzug vermutet wird.

42

2. Eine Suchliste, in die jeder Berechtigte die von ihm gesuchten Kulturgüter eintragen und damit zur Nachforschung für die in Frage kommenden Einrichtungen und die interessierte Öffentlichkeit ausschreiben kann.

43

3. Informationen über kriegsbedingte Verbringung NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter in das Ausland.

44

4. Die Schaffung eines virtuellen Informationsforums, in dem die beteiligten öffentlichen Einrichtungen und auch Dritte ihre Erkenntnisse bei der Suche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern eingeben können, um Parallelarbeiten zu gleichen Themen (z. B.: Bei welcher Auktion wurden jüdische Kulturgüter welcher Sammlung versteigert?) auszuschließen und im Wege der Volltextrecherche schnell zugänglich zu machen.“

45

Um das Wissen über Kulturgutverluste zu dokumentieren, die Verluste der deutschen Institutionen zu erfassen und somit eine Grundlage für die Suche und Rückführung dieser Kulturgüter zu schaffen, hatten die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bereits 1994 in Bremen die Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern gegründet. Seit 1998 beteiligen sich alle 16 Länder an der Koordinierungsstelle mit Sitz in A-Stadt. Im Zusammenhang mit der durch die vorgenannte Gemeinsame Erklärung eingetretenen Aufgabenerweiterung ging die bisherige Koordinierungsstelle im Januar 2001 in der Koordinierungsstelle A-Stadt als gemeinsame Einrichtung aller Länder und des Bundes auf. Finanzierung und Organisation der Koordinierungsstelle sind in einer zeitlich befristet geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern geregelt (Gemeinsame Vereinbarung über die Koordinierungsstelle A-Stadt 2010 - 2016). Zu den Aufgaben der Koordinierungsstelle heißt es unter § 1 Abs. 3 Buchst. a und b der Verwaltungsvereinbarung: „Die Koordinierungsstelle hat die folgenden Aufgaben: a. Dokumentation von Such- und Fundmeldungen des In- und Auslands zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen bzw. infolge des Zweiten Weltkriegs verbrachten Kulturgütern zur Präsentation in www.lostart.de, b. Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und kontinuierliche Überarbeitung des Angebotes von Datenbank und Website mit dem Ziel des weiteren Ausbaus zu einem Informationsportal (einschl. Forum).“ Inhaltlich orientiert sich die Koordinierungsstelle auch an der „Handreichung zur Umsetzung der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz vom Dezember 1999“ vom Februar 2001, überarbeitet im November 2007, welche unter Leitung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstellt worden ist. Auch wenn in dieser Handreichung hinsichtlich der Prüfung von Herausgabeverlangen auf das alliierte Rückerstattungsrecht und das Vermögensgesetz verwiesen wird, wird an mehreren Stellen ausdrücklich betont, dass es sich bei der Handreichung nicht um ein verbindliches rechtliches Regelwerk handelt, sondern lediglich um die Anregung, bei der Prüfung des Herausgabeverlangens den Leitlinien der rückerstattungsrechtlichen Praxis der Nachkriegszeit zu folgen (Seite 27 der Handreichung).

46

Wie sich aus den vorgenannten Unterlagen ergibt, ist die der Lost Art Datenbank zugewiesene Funktion daher beschränkt auf die Veröffentlichung von Such- und Fundmeldungen hinsichtlich solcher unrechtmäßig den Eigentümern entzogenen Kulturgüter, welche von der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung des Bundes und der Länder von 1999 erfasst werden. In der Suchliste der Datenbank sind die Kulturgüter verzeichnet, die öffentlichen Einrichtungen oder privaten Personen und Institutionen infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Zweiten Weltkrieges als verloren gegangen gemeldet haben und über die Internet-Datenbank zur weltweiten Suche ausgeschrieben wurden. Besitzer oder Verwalter von Kulturgütern mit unsicherer oder lückenhafter Provenienz sollen hier recherchieren können, ob diese anderenorts gesucht werden können. Diese Tätigkeit des Beklagten im Zusammenhang mit dem Betrieb der Lost Art Datenbank ist auch dem Bereich des staatlichen Informationshandelns zuzurechnen, da sich der Beklagte nicht nur darauf beschränkt, ohne jegliche eigene Wertung und ungeprüft Suchmeldungen Dritter im Internet zu veröffentlichen. Der Beklagte nimmt vielmehr vor der Eintragung einer Suchmeldung eine Plausibilitätsprüfung zumindest zur Frage vor, ob es sich bei dem Kulturgut um ein solches handeln kann, welches zwischen 1933 und 1945 den damaligen Eigentümern aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen zu Unrecht entzogen worden ist („Grundsätze zur Eintragung und zur Löschung von Meldungen zu Kulturgütern in www.lostart.de“ sowie „Checkliste Plausibilitätsprüfung“, Stand Mai 2013, jeweils veröffentlicht unter www.lostart.de). Es heißt in diesen Grundsätzen ausdrücklich, dass im Rahmen dieser Plausibilitätsprüfung geprüft werde, ob die übermittelten Informationen dem Grunde nach die Berechtigung zur Eintragung nachvollziehbar darlegen und insgesamt keine offenkundigen Widersprüche erkennen lassen. Sollten die vom Melder übermittelten Angaben der Plausibilitätsprüfung nicht standhalten, behält sich der Beklagte vor, diese Meldung nicht zu veröffentlichen. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei der Eintragung dieser Such- und Fundmeldungen nicht nur um eine bloße deskriptive Tätigkeit, bei der der Beklagte ohne eigene Wertung etwa im Sinne eines Ausstellungskataloges lediglich Beschreibungen Dritter von Kunstwerken aufnimmt. Die Lost Art Datenbank unterscheidet sich daher auch von staatlichen eingerichteten bzw. finanzierten Internetportalen, auf denen in aggregierter Form Private ihre Bewertungen hinsichtlich bestimmter Lebenssachverhalte einstellen können und sich die staatlichen Stellen auf die bloße Verbreitung der subjektiven Einschätzungen privater Dritter beschränken (zum sog. kollaborativen Informationshandeln: Martini/Kühl, DÖV 2013, 573 f. hinsichtlich sog. Bewertungsportale im Bereich des Sozialversicherungs- und Lebensmittelrechts).

47

Dieser Zweck der Suchliste ist mit dem Auffinden des Bildes bei dem Besitzer erfüllt. Insofern kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Beigeladenen einer Löschung der Suchmeldung (noch) nicht zugestimmt haben. Der Verbleib der Suchmeldung in der Datenbank hat sich allein danach zu beurteilen, ob die der öffentlichen Einrichtung zugewiesene Aufgabe noch zu erfüllen ist.

48

Auch der Einwand des Beklagten, dass durch einen Disclaimer (Haftungsausschluss) auf der Homepage klargestellt sei, dass keine Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit der von Dritten übermittelten Daten übernommen werde und er daher nicht richtiger Adressat des Begehrens der Klägerin sei, mag im Hinblick auf eine strafrechtliche Verantwortung oder Schadensersatzansprüche von Bedeutung sein. Wie sich aus der Aufmachung der Homepage und insbesondere der vom Beklagten auf der Homepage veröffentlichten Checkliste zur Plausibilitätsprüfung ergibt, stellen die veröffentlichten Suchmeldungen jedoch keinen sog. ausschließlichen Fremdinhalt dar, der dem Beklagten als Betreiber der Homepage nicht zurechenbar wäre.

49

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen erfüllt die Datenbank auch keine weiterreichende anspruchssichernde Funktion, in dem Sinne, dass die Suchmeldung so lange aufrechtzuerhalten ist, solange die eigentumsrechtliche Berechtigung hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes nicht (etwa durch ein rechtskräftiges Urteil eines deutschen Gerichts) geklärt ist. Eine solche Funktion der Datenbank ergibt sich weder aus der Washingtoner Erklärung, der gemeinsamen Erklärung von 1999, der Verwaltungsvereinbarung des Bundes und der Länder noch der Handreichung des Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien. Die Lost Art Datenbank erfüllt als Such- und Funddatenbank daher eine andere Funktion als etwa § 30 b VermG in der seit dem 9. Oktober 2013 geltenden Fassung (Gesetz v. 01.10.2013, BGBl. I S. 3719, 3727), wonach bei Grundstücken, für welche eine vermögensrechtliche Anmeldung vorliegt, über welche noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist, von Amts wegen ein sog. Anmeldevermerk in die Abteilung II des Grundbuches einzutragen ist. Der Beklagte weist auf seiner Internetseite selbst darauf hin, dass im Falle eines Prätendentenstreites es Aufgabe der Beteiligten sei, zur Sicherung von Ansprüchen z. B. eine Hinterlegung oder eine sonstige Sicherungsmaßnahme zu bewirken.

50

Die nicht mehr vom Zweck der Suchliste umfasste Aufrechterhaltung der Eintragung des streitgegenständlichen Gemäldes führt auch zu einer Rechtsverletzung der Klägerin.

51

Soweit das Verwaltungsgericht hierzu selbständig tragend ausführt, dass die Klägerin zwar das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gemälde verfolgungsbedingt verloren habe, sie jedoch in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 2 VermG als sog. Erstgeschädigte im Hinblick auf eine vermögensrechtliche Berechtigung einen auf Löschung der Eintragung gerichteten Abwehranspruch gegenüber dem Beklagten geltend machen könne, ist zunächst darauf zu verweisen, dass es keine materiell-rechtliche Rechtsgrundlage gibt, welche hinsichtlich der Prüfung von „berechtigten“ Eintragungen in die Suchliste der Lost Art Datenbank durch den Beklagten die Regelungen des Vermögensgesetzes für anwendbar erklärt. Auch wenn formal der Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes (§ 6 VermG) nicht ausgeschlossen ist, da sowohl die F. & Co. GmbH (zeitweilig) als auch das Bankhaus Jacquier & Securius zwischen 1933 und 1945 ihren Sitz im später sowjetisch besetzten Teil von Berlin hatten, ist der Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes grundsätzlich nur (noch) hinsichtlich solcher Rückübertragungsverfahren eröffnet, welche noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Hierfür sind hinsichtlich des streitgegenständlichen Gemäldes keine Anhaltspunkte ersichtlich (zum Entschädigungsverfahren hinsichtlich des Bankhauses Jacquier & Securius: VG Berlin, Urt. v. 27.09.2012 - 29 K 269.10 -, juris). Zudem ist nicht ersichtlich, dass sich bei der Prioritätsregel in § 3 Abs. 2 VermG um einen allgemeinen Grundsatz des Rückerstattungsrechts handelt (vgl. zum Gesetzeszweck: BVerwG, Beschl. v. 29.12.2010 - 8 B 31.10 -, juris). Das Rückerstattungsrecht in der US- amerikanischen Zone und in der britischen Zone, an welches partiell auch das Vermögensgesetz in § 1 Abs. 6 VermG anknüpft, ist der Sache nach eine besondere Materie des Zivilrechts (vgl. Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz, 2007, S. 85 f.; Anton, Illegaler Kulturgüterverkehr, 2010, S. 687, jeweils m. w. N.), welches insbesondere keine staatlichen Entschädigungsleistungen für einen zeitlich nachrangig Geschädigten vorsah. Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass sie das Eigentum an dem Gemälde nicht verloren habe, wäre ungeachtet der Frage, ob nach dem Ablauf der Ausschlussfristen nach dem Rückerstattungsrecht noch zivilrechtliche Herausgabeansprüche geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2012 - V ZR 279/10 -, juris „Plakatsammlung Sachs“), bei einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise
- da das Gemälde sich derzeit nicht in der Bundesrepublik Deutschland befindet - zur Bestimmung des anwendbaren Rechts die Anknüpfungsregeln des (deutschen) internationalen Sachenrechts zu beachten, wonach zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass nicht deutsches Sachenrecht zur Beurteilung der Eigentumsfrage heranzuziehen ist (vgl. hierzu Kiechle, NJOZ 2011, 193 m. w. N.). Insofern ist es auch nicht ausgeschlossen, dass nach zivilrechtlichen Regelungen durch gutgläubigen Erwerb, Ersitzung oder vergleichbare zivilrechtliche Erwerbstatbestände nach 1945 ein Dritter - möglicherweise rechtlich anfechtbares - Eigentum an dem streitgegenständliche Gemälde erworben hat und damit - derzeit - weder die Kläger noch die Beigeladenen sich auf das Eigentum an den Gemälde berufen können.

52

Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass sie das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gemälde nicht verloren habe, kann sie sich nicht auf eine Verletzung eines durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechts berufen. Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet zwar das Recht, Sach- und Geldeigentum zu besitzen, zu nutzen, es zu verwalten und darüber zu verfügen. Eine allgemeine Wertgarantie vermögenswerter Rechtspositionen kann aus dieser Vorschrift allerdings nicht abgeleitet werden. Der Tauschwert vermögenswerter Rechte unterfällt für sich genommen nicht dem Schutzbereich der Eigentumsfreiheit. Hoheitlich bewirkte Minderungen des Tausch- oder Marktwertes eines Eigentumsgutes berühren daher in der Regel nicht das Eigentumsgrundrecht (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.07.2012 - 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 -, juris; Beschl. v. 05.02.2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93 -, juris, jeweils m. w. N.) Insoweit wäre mit der von der Klägerin vorgetragenen Beeinflussung der Verkehrsfähigkeit des Gemäldes durch die Aufrechterhaltung der Suchmeldung in der Lost Art Datenbank selbst dann kein Eingriff in ein nach Art. 14 GG geschütztes Recht verbunden, wenn man die eigentumsrechtliche Stellung der Klägerin an dem Gemälde bejahen würde.

53

Die Rechtswidrigkeit der weiteren Aufrechterhaltung der Registrierung der Suchmeldung führt jedoch zur Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG.

54

Art. 2 Abs. 1 GG schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Sie umfasst neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch die allgemeine Handlungsfreiheit. Teil dieser umfassenden Garantie, die jede menschliche Betätigung einschließt, welche nicht den Schutz eines speziellen Grundrechts genießt, ist auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, juris). Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit wird durch Maßnahmen betroffen, die auf Beschränkung wirtschaftlicher Entfaltung sowie Gestaltung, Ordnung oder auch Lenkung des Wirtschaftslebens angelegt sind oder sich in diesem Sinne auswirken (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97 -, juris). Diese wirtschaftliche Handlungsfreiheit ist nur in den durch das Grundgesetz bestimmten Schranken garantiert, vor allem denen der verfassungsmäßigen Ordnung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2012 - 1 BvR 2983/10 -, juris). Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit enthält die Gewährleistung, nur auf Grund solcher Vorschriften mit einem Nachteil belastet zu werden, die formal und materiell der Verfassung gemäß sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.04.2005 - 2 BvR 1027/02 -, juris; BVerwG, Beschl. v. 19.07.2010 - 6 B 20.10 -, juris).

55

Durch die Aufnahme der Suchmeldung in die Lost Art Datenbank wird einem Kulturgut durch den Beklagten ein bestimmtes (wertbildendes und wertbestimmendes) Attribut zugeordnet, nämlich dass bei diesem Kulturgut zumindest der Verdacht besteht, dass es sich um sog. Raubkunst handelt. Es heißt hierzu auf der Internetseite zur Datenbank ausdrücklich: „Die Lost Art Internet-Datenbank enthält Angaben zu Kulturgütern, die infolge des Nationalsozialismus bzw. des Zweiten Weltkrieges verbracht, verlagert oder insbesondere jüdischen Eigentümern verfolgungsbedingt entzogen wurden oder für die auf Grund von Provenienzlücken eine solche Verlustgeschichte nicht ausgeschlossen werden kann.“ Wie sich aus dem insofern übereinstimmenden Vortrag der Klägerin und der Beigeladenen ergibt, hat eine Suchmeldung in der Lost Art Datenbank im Internet (wie auch in einer der in Großbritannien ansässigen vergleichbaren Datenbanken Art Loss Register und lootedart.com) für die Verkehrsfähigkeit eines Kunstgegenstandes insofern eine erhebliche Bedeutung, als dieses Werk mit dem „Makel“ behaftet ist, dass zumindest der Verdacht besteht, dass es sich um sog. Raubkunst handelt. Veräußerer bzw. Erwerber eines in der allgemein zugänglichen Suchliste der Lost Art Datenbank aufgeführten Kunstgegenstandes müssen in Betracht ziehen, dass hinsichtlich dieses Werkes möglicherweise nicht wirksam Eigentum erworben werden kann bzw. das Eigentum mit einem Rückübertragungsanspruch belastet ist. Auch wenn es sich bei der Suchliste der Lost Art Datenbank weltweit gesehen nicht um die einzige Informationsquelle zu sog. Raubkunst handelt und Kunsthändler bzw. Auktionshäuser rechtlich nicht verpflichtet sind, sich vor einer Veräußerung bzw. Versteigerung durch eine Recherche in der Lost Art Datenbank zu vergewissern, ob ein bestimmtes Kunstwerk dort in der Suchliste registriert ist, handelt es sich bei dieser Datenbank gleichwohl um ein wichtiges Informationsmedium zum Auffinden von sog. Raubkunst. So werden nach den Angaben des Beklagten monatlich 1,6 Millionen Zugriffe auf das Portal „lostart.de“ registriert (Spiegel-Online v. 31.01.2013 „Jäger der verlorenen Kunstschätze“). Nach Überzeugung des Senates belegen diese hohen Zugriffszahlen, dass die in der Suchliste vom Beklagten aufgenommen Informationen zur sog. Raubkunst für den nationalen und internationalen Kunsthandel von hoher Bedeutung sind. Der in der Suchliste der Lost Art Datenbank öffentlich dokumentierte Makel eines Kunstgegenstandes, dass er zumindest mit dem Verdacht behaftet ist, seinen Eigentümern aufgrund nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen zwischen 1933 und 1945 zu Unrecht entzogen worden zu sein, führt nicht nur zu einem merkantilen Minderwert, sondern kann im Einzelfall zur zeitweiligen Unveräußerlichkeit des Werkes führen, wie exemplarisch die von der Klägerin unter Hinweis auf die Eintragung des streitgegenständlichen Gemäldes in der Lost Art Datenbank (und Art Loss Register) angestrengte und erfolgreiche Intervention bei dem in Südafrika ansässigen Auktionshaus Rudd im Jahr 2009 belegt. Diese mit der Eintragung in die Lost Art Datenbank verbundene Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit ist durch die betroffenen Grundrechtsträger nur solange zu dulden, wie es der Zweck der Suchliste, nämlich die Unterstützung bei der Suche nach verschollener Raubkunst, erfordert.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

57

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Zuwendungen) dürfen nur veranschlagt werden, wenn der Bund an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann.

(1) Der Bundesrechnungshof ist vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelung berechtigt, bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung zu prüfen, wenn sie

1.
Teile des Bundeshaushaltsplans ausführen oder vom Bund Ersatz von Aufwendungen erhalten,
2.
Bundesmittel oder Vermögensgegenstände des Bundes verwalten,
3.
vom Bund Zuwendungen erhalten,
4.
als juristische Personen des privaten Rechts, an denen der Bund einschließlich seiner Sondervermögen unmittelbar oder mittelbar mit Mehrheit beteiligt ist, nicht im Wettbewerb stehen, bestimmungsgemäß ganz oder überwiegend öffentliche Aufgaben erfüllen oder diesem Zweck dienen und hierfür Haushaltsmittel oder Gewährleistungen des Bundes oder eines seiner Sondervermögen erhalten oder
5.
Finanzierungsmittel bewirtschaften, die der Bund den Ländern zweckgebunden zur Erfüllung von Länderaufgaben zugewiesen hat.
Leiten diese Stellen die Mittel an Dritte weiter, so kann der Bundesrechnungshof auch bei diesen prüfen.

(2) Die Prüfung erstreckt sich auf die bestimmungsmäßige und wirtschaftliche Verwaltung und Verwendung. Bei Zuwendungen kann sie sich auch auf die sonstige Haushalts- und Wirtschaftsführung des Empfängers erstrecken, soweit es der Bundesrechnungshof für seine Prüfung für notwendig hält.

(3) Bei der Gewährung von Krediten aus Haushaltsmitteln sowie bei der Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen durch den Bund kann der Bundesrechnungshof bei den Beteiligten prüfen, ob sie ausreichende Vorkehrungen gegen Nachteile für den Bund getroffen oder ob die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Bundes vorgelegen haben.

(4) Bei den juristischen Personen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erstreckt sich die Prüfung auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung. Handelt es sich bei der juristischen Person des privaten Rechts im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 um ein Unternehmen, erfolgt die Prüfung unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.

(2) Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.

(3) Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gehen mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.