Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Mai 2018 - 9 K 1095/16

bei uns veröffentlicht am17.05.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Räumen im Unterschoss deren Wohngebäudes in Räume für den Betrieb einer Tanzschule.
Die klagenden Eheleute wohnen in der ..., Flst.Nr. ... in ... An dieses Grundstück grenzt in östlicher Richtung das Grundstück der Beigeladenen, ..., Flst.Nr. ... an. Es ist ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut. In dessen Untergeschoss wird die streitgegenständliche Tanzschule bereits betrieben.
Das Grundstück der Beigeladenen und das Grundstück Flst.Nr. ... liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „...“ der Gemeinde ... vom 27.09.2005, der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Wegen der genauen Lage der Grundstücke wird auf den Lageplan vom 12.07.2010 Bezug genommen.
Am 01.06.2012 beantragten die Beigeladenen erstmals die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Büro- und Lagerräumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule. Im Rahmen der Nachbarbeteiligung erklärte der Kläger am 11.06.2012, dass er gegen das Bauvorhaben nichts einzuwenden habe. Mit an die Beigeladenen adressierten Schreiben vom 05.09.2012 nahmen die Kläger auf die Erklärung vom 11.06.2012 Bezug und führten nochmals aus, dass sie gegen die Nutzungsänderung nichts einzuwenden hätten. Sie hätten bislang von dem Tanzunterricht nichts bemerkt und seien daher auch in keiner Weise beeinträchtigt. Der Bauantrag der Beigeladenen wurde mit Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 22.10.2012 abgelehnt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Beigeladenen wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 23.04.2013 zurück. Im daraufhin geführten gerichtlichen Verfahren – 9 K 1264/13 – schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich. Im Rahmen dieses Vergleichs nahmen die Beigeladenen ihren Bauantrag zurück und verpflichteten sich, für ihr Vorhaben einen neuen Bauantrag zu stellen und diesem Antrag eine reduzierte Nutzungsintensität zugrunde zu legen.
Am 20.10.2014 beantragten die Beigeladenen erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Räumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule. Dem Antrag wurde am 17.11.2014 eine Betriebsbescheinigung beigefügt, aus der sich die verschiedenen Kurse, die maximalen Unterrichtszeiten, die maximale Gruppengröße sowie die Anzahl der Stellplätze ergeben. Der Inhalt der Betriebsbeschreibung war zuvor in einem Gespräch mit dem Landratsamt Enzkreis abgestimmt worden.
Im Rahmen der neuerlichen Nachbarbeteiligung erhoben die Kläger Einwendungen gegen die Nutzungsänderung. Sie trugen vor, dass sie zwar gegen die im Juni 2012 beantragte Nutzungsänderung keine Einwände vorgebracht hätten. Die Situation habe sich jedoch drastisch geändert. Mittlerweile finde der Tanzschulunterricht nahezu täglich und hauptsächlich abends statt. Sie würden durch das Kommen und Gehen der meist jugendlichen Tanzschulbesucher, die von ihren Eltern mit dem Auto gebracht und abgeholt würden, erheblich belästigt. Es komme zu lautem Türenknallen und Lärm direkt vor ihrer Haustür. Darüber hinaus hätten die Beigeladenen ohne Vorankündigung die Nachtruhe durch Partys in ihrem Garten mit sehr lauter Musik massiv gestört. Sollten sie ihr Haus jemals vermieten, so stellten die Lärmbeeinträchtigungen durch den Betrieb der Tanzschule Mängel der Mietsache dar, die eine Mietminderung von 20 % rechtfertigen würden.
Mit Bescheid vom 16.03.2015 erteilte das Landratsamt Enzkreis die beantragte Baugenehmigung auf Grundlage der dem Antrag beigefügten Betriebsbescheinigung. Danach sind maximal elf Unterrichtsstunden pro Woche, davon maximal zwei Stunden pro Woche am Vormittag und maximal vier Stunden pro Tag am Nachmittag zulässig. Frühester Unterrichtsbeginn ist 9.30 Uhr am Vormittag und 15 Uhr am Nachmittag. Das späteste Unterrichtsende ist an maximal drei Abenden 21.30 Uhr, ansonsten 20.30 Uhr. Es sind zwei Gruppen mit maximal vierzehn Teilnehmern zulässig. Alle anderen Gruppen dürfen maximal elf Teilnehmer haben. An Wochenenden und an schulfreien Tagen darf kein Unterricht stattfinden. Die Fenster dürfen nur in Pausen geöffnet werden, in denen keine Musik läuft. Des Weiteren wird festgelegt, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden tags 55 db (A) und nachts 40 db (A) betragen und einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 db(A) und nachts um nicht mehr als 20 db(A) überschreiten dürfen. Für das Vorhaben sind vier Stellplätze nachzuweisen. Einer davon wird auf dem Grundstück Flst.Nr. ... anerkannt. Die anderen drei Stellplätze sind auf dem Grundstück Flst.Nr. ... bis zum 16.04.2015 herzustellen und dauernd zu unterhalten.
Das Landratsamt Enzkreis wies die Einwendungen der Kläger zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Tanzschule eine Anlage für sportliche Zwecke sei, die in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Der eigentliche Tanzunterricht finde bei geschlossenen Fenstern statt, so dass hierdurch keine Belästigung der Umgebung zu erwarten sei. Zudem seien der Stundenumfang und die Gruppengröße gegenüber dem im Jahr 2012 eingereichten Antrag nachhaltig reduziert. Dies führe zu einer Verringerung des Zu- und Abfahrtverkehrs. Elf Stunden pro Woche seien ein begrenzter Zeitraum. Zudem finde keine Nutzung an Wochenenden, Feiertagen und während der Ferien statt. Die Nachtruhe ab 22 Uhr sei gewährleistet, da der Unterricht spätestens um 21.30 Uhr ende. Ein genereller Ausschluss von Besucherverkehr sei nach § 4 BauNVO nicht vorgesehen. Dass sich möglicherweise einzelne Nutzer durch Türenknallen oder Laufenlassen des Motors rücksichtslos verhielten, könne den Beigeladenen nicht angelastet werden. Ihr Hinweis auf gestörte Nachtruhe durch private Gartenpartys der Beigeladenen habe mit dem Antrag auf Nutzungsänderung für die Tanzschule nichts zu tun. Eine eventuelle Wertminderung von Grundstücken sei nicht Teil der baurechtlichen Prüfung. Die Stellplätze seien mittlerweile errichtet.
Die Kläger legten gegen die erteilte Baugenehmigung am 30.03.2015 Widerspruch ein. In der heißen Jahreszeit sei die Musik der Tanzschule teilweise in ihrem Garten zu hören. Offensichtlich hielten sich die Beigeladenen nicht daran, die Fenster während des Unterrichts immer geschlossen zu halten. Das Türenknallen und das minutenlange Laufenlassen des Motors vor ihrem Haus seien direkt durch die Tanzschule bedingt und müssten daher bei der Entscheidung über die Baugenehmigung berücksichtigt werden. Die Wertminderung ihres Anwesens müsse ebenfalls berücksichtigt werden. Die dem Bauantrag zugrundeliegenden Angaben seien falsch. Die Behörden und sie selbst würden bewusst getäuscht. Dass sie in einem sogenannten Erholungsort mit einer Tanzschule in direkter Nachbarschaft konfrontiert würden, hätten sie nicht gedacht. Die zuständige Behörde müsse prüfen, ob die von ihr in der Genehmigung gemachten Vorgaben auch eingehalten würden. Der überwiegende Betrieb der Tanzschule finde abends statt, wo man eigentlich seine Ruhe haben wolle.
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In der Folge wandten sich die Kläger mehrfach an das Landratsamt Enzkreis und an das Regierungspräsidium Karlsruhe und trugen vor, dass die Beigeladenen sich nicht an die Vorgaben in der Baugenehmigung hielten. Die Beigeladenen nahmen auf Aufforderung durch das Landratsamt Enzkreis zu den Vorwürfen Stellung. Zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten gegen die Beigeladenen kam es nicht.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2016 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, es sei ausschließlich eine Nutzung im beantragten Umfang zugelassen. Dieser Umfang reduziere die Lärmbelastung auf ein einer Wohnnutzung entsprechendes Maß. Hieran ändere auch ihr Einwand nichts, dass der Tanzunterricht vorwiegend abends stattfinde. Denn in einem allgemeinen Wohngebiet wären auch Schank- und Speisewirtschaften zulässig, deren Betrieb ebenso überwiegend abends stattfinden würde. Darüber hinaus sei im Gegensatz zu einer Gastwirtschaft der Betrieb an Sonn- und Feiertagen sowie in den Ferien nicht genehmigt. Der zu erwartende An- und Abfahrtsverkehr führe ebenfalls zu keiner unzumutbaren Belastung. Ihr Haus liege rund 25 m von den Stellplätzen entfernt. Eine Überschreitung der in einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen Immissionsrichtwerte durch die Nutzung der Stellplätze sei daher unwahrscheinlich. Zudem werde die Tanzschule durch eine andere Straße als ihr Wohnhaus erschlossen.
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Auf den am 24.02.2016 zugestellten Widerspruchsbescheid hin haben die Kläger am 14.03.2016 Klage erhoben. Zur Begründung trugen sie ergänzend vor, dass man die Tanzschule zwar als Anlage für sportliche Zwecke im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansehen könne. Sie verstoße jedoch gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Am 23.03.2016, 24.03.2016 und am 06.05.2016 habe Unterricht in den Osterferien bzw. an unterrichtsfreien Tagen stattgefunden. Die Baugenehmigung sei zu unbestimmt. Durch die Baugenehmigung sei nicht hinreichend definiert, welche einzelnen Nutzungsformen dem Tanzschulbetrieb zuzurechnen seien. Dies betreffe beispielsweise das Umziehen, das frühere Kommen und das spätere Gehen einzelner Tanzschüler sowie Kostümproben. Gerade insoweit habe in der Vergangenheit auch Uneinigkeit bestanden. Es müsste eine durchgehende einwöchige Baukontrolle stattfinden, um die Einhaltung der Nutzungsintensität überprüfen zu können. Des Weiteren sei eine Abgrenzung zwischen Privatbereich und Tanzschulbetrieb nicht möglich. Die Auflage, dass die Fenster während der Tanzstunden geschlossen sein müssten, sei unzureichend und zumindest in den Sommermonaten auch nicht einzuhalten. Der Tanzraum sei nicht klimatisiert. Die eigens eingerichteten Stellplätze würden nicht in Anspruch genommen. Die vorherrschende Parkplatzsituation sei mit ihren nachbarlichen Wohninteressen und ihrem Ruhebedürfnis, vor allem in den Abendstunden, nicht in Einklang zu bringen.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 16.03.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.02.2016 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt er ergänzend vor, es handle sich um eine kleine Tanzschule im Untergeschoss eines Wohnhauses. Für das Tanztraining stehe ein 70 qm großer Raum zur Verfügung. Es würden Kurse angeboten, zu denen eine Anmeldung erforderlich sei. Der Stundenumfang und die Anzahl der Nutzer seien gering. Dass eine regelmäßige Lärmbelastung durch Musik aus der Tanzschule gegeben sei, hätten die Kläger nicht vorgebracht. Beschwerden von anderen Anwohnern hätte das Landratsamt Enzkreis nicht erhalten.
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Die Beigeladenen beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung tragen sie vor, dass die Klage bezüglich des Klägers bereits unzulässig sei, da dieser nicht Eigentümer des Grundstücks sei. Die Klage könne jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil die Kläger dem streitgegenständlichen Vorhaben mit Erklärung vom 11.06.2012 bereits zugestimmt hätten. Sie hätten somit etwaige Abwehrrechte verwirkt bzw. auf diese verzichtet. Es sei unerheblich, dass die Zustimmung im Rahmen des früheren Verfahrens geäußert worden sei, da Planänderungen nach Unterschriftsleistung unerheblich seien, zumal die streitgegenständliche Nutzung viel stärker reguliert sei als die damalige. Die Baugenehmigung sei auch nicht zu unbestimmt. Der Genehmigung sei klar zu entnehmen, dass die dort genannten Endzeiten sich auf den Unterricht und nicht auf andere Tätigkeiten bezögen. Selbst wenn sie nicht hinreichend bestimmt wäre, sei zu beachten, dass eine Verletzung von Nachbarrechten nur vorliegen könne, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betreffe und infolgedessen bei der Ausführung des Bauvorhabens eine unzumutbare Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen sei. Es könne insbesondere im Zusammenhang mit dem Ende des Tanzunterrichts und dem Abfahren der Kraftfahrzeuge keine unzumutbare Beeinträchtigung angenommen werden. Es handle sich um eine kleine Tanzschule, die nur relativ wenige Besucher habe. Sie sei durch die Nebenbestimmungen stark reguliert. Jede in der Baugenehmigung vorgesehene Regelung lasse sich kontrollieren. Die Kläger hätten die Möglichkeit untersuchen zu lassen, ob die maßgeblichen Immissionsrichtwerte eingehalten würden. Dass die Werte nicht eingehalten würden, behaupteten sie jedoch selbst nicht. Wenn die Kläger meinten, Musik in ihrem Garten gehört zu haben, so dürfte die Ursache sein, dass ihr Sohn seine Musikanlage hin und wieder etwas lauter einstelle. Eine Klimaanlage sei nicht erforderlich, da der Unterrichtsraum sich im Souterrain befinde und an wärmeren Tagen die Rollläden bis nachmittags geschlossen würden. Die Temperaturen im Tanzsaal seien auch im Sommer meist angenehmer als draußen. In den Sommerferien finde ohnehin kein Unterricht statt. Es finde kein lauter Besucherverkehr statt. Möglicherweise handle es sich um Besucher oder Freunde der Familie, die die Kläger für Tanzschulteilnehmer hielten. Bei dem 23.03.2016 und dem 06.05.2016 habe es sich um bewegliche Ferientage gehandelt, die an unterschiedlichen Schulen unterschiedlich gehandhabt würden. Am 24.03.2016 habe kein Unterricht stattgefunden. Die Straße vor der Tanzschule biete jede Menge Parkmöglichkeiten, die gar nicht benötigt würden.
21 
Mit Schriftsatz vom 21.03.2017 führten die Kläger aus, dass sie beide Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... seien. Die Zustimmungserklärung vom 11.06.2012 habe keine Relevanz, da es sich vorliegend um eine neu beantragte Baugenehmigung in einem neuen Genehmigungsverfahren handle. Erst zum Zeitpunkt der neuen Antragstellung habe sich die Gebietsunverträglichkeit der Nutzung herausgestellt. Die Tanzschüler hätten zum Zeitpunkt der Zustimmungserklärung noch nicht an ihrer Kreuzung geparkt und die Anzahl der Tanzschüler sei weit geringer gewesen. Die Beigeladenen hätten sie über den Nutzungsumfang, der sich erst in der Folge gezeigt habe, nicht aufgeklärt. Die Beigeladenen hätten den Eindruck aufkommen lassen, es handle sich allenfalls um eine hobbymäßige Nutzung. Die damals abgegebene Erklärung werde analog § 119 Abs. 1 BGB und analog § 123 Abs. 1 BGB angefochten. Auch die vorgerichtliche Korrespondenz mit den Beigeladenen und dem Beklagten sei als Anfechtung dieser Erklärung auszulegen. Die Tanzschule bedinge jeweils das Kommen und Gehen einer größeren Gruppe von Menschen, was typischerweise eine Unruhe mit sich bringe. Die Baugenehmigung ermögliche jeweils zwei Gruppenbesuche mit je vierzehn Personen in der Woche. Bei einem Überschneiden von zwei Gruppen ergebe sich eine regelrechte „Rushhour“ von über zwanzig Fahrzeugen. Die Fahrzeuge würden stets im Einmündungsbereich vor ihrem Gebäude halten und warten. Die Beigeladenen seien auch nicht schutzwürdig. Der Tanzschulbetrieb könne auch in der Mehrzweckhalle am Ortsrand abgehalten werden. Der Vortrag, dass es sich um Musik des Sohnes handle, sei nicht glaubhaft, da dieser von den Beigeladenen sicher über den Rechtsstreit informiert sei.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Landratsamts Enzkreis bezüglich des ersten und des streitgegenständlichen Genehmigungsverfahrens, auf die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe, auf den Bebauungsplan „...“ einschließlich der Verfahrensakte, auf die Gerichtsakte 9 K 1264/13 sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig (dazu unter I.), darüber hinaus ist sie auch unbegründet (dazu unter II.).
I.
24 
Die Klage ist unzulässig.
25 
Die Kläger sind bereits nicht klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Sie können nicht – mehr – geltend machen, in ihren Rechten als Nachbarn durch die Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladenen verletzt zu sein.
26 
1. Aufgrund ihrer Stellung als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... ist es zwar grundsätzlich möglich, dass die Kläger einen Abwehranspruch aus Bestimmungen des Bauplanungsrechts ableiten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.1989 - 4 C 1.88 - BVerwGE 82, 61). Nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundbuchauszug vom 19.07.2010 sind beide Kläger als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... eingetragen. Anhaltspunkte, dass sich an dieser Miteigentümerstellung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung etwas geändert haben könnte, sind nicht gegeben.
27 
2. Den Klägern ist es jedoch aufgrund ihrer Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 verwehrt, sich auf eine Verletzung von Nachbarrechten zu berufen und einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung geltend zu machen. Der Geltendmachung eines nachbarlichen Abwehrrechts steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
28 
Ein Nachbar verstößt gegen das auch im öffentlichen Recht geltende Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), wenn er im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen erhebt und Rechtsbehelfe einlegt, obwohl er sich gegenüber den Beigeladenen mit dem Vorhaben einverstanden erklärt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.11.1990 - 8 S 1714/90 - juris). So bestimmt § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 LBO, dass eine Benachrichtigung nicht erforderlich ist bei Angrenzern, die eine schriftliche Zustimmungserklärung abgegeben haben. Dieser gesetzlichen Regelung liegt erkennbar die oben genannte Wirkung der Zustimmungserklärung eines Nachbarn zugrunde.
29 
a) Die Frage, wie weit sich ein Einverständnis des Nachbarn mit einem Vorhaben bzw. sein Verzicht auf ein gegen dieses Vorhaben gerichtetes Abwehrrecht auf seine nachbarliche Abwehrposition auswirkt, beantwortet sich nach dem konkreten, ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der von ihm in freier Entscheidung abgegebenen Erklärung (OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2000 - 10 B 1145/00 - juris).
30 
Die von beiden Klägern unterzeichnete Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 ist nach §§ 133, 157 BGB analog dahingehend auszulegen, dass sie sich mit dem Betrieb der Tanzschule, in dem Umfang, wie die Beigeladenen ihn unter dem 24.05.2012 beantragt haben, vorbehaltlos einverstanden erklärt haben. Denn in dieser Zustimmungserklärung nehmen die Kläger ausdrücklich auf die vorbehaltlos zustimmende Nachbarerklärung vom 11.06.2012 Bezug und bestätigen diese nochmals. Auch aus der Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 sind Begrenzungen, Einschränkungen oder Bedingungen nicht zu erkennen.
31 
b) Die Rücknahme des Bauantrags vom 24.05.2012 und die Stellung eines erneuten Bauantrags am 20.10.2014 haben die Wirkung der Zustimmungserklärung der Kläger nicht entfallen lassen.
32 
Unter welchen Voraussetzungen die Änderung eines Vorhabens zum Erlöschen einer zuvor für eine bestimmte Bauausführung erklärten nachbarlichen Zustimmung führt, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Sie erlischt jedenfalls dann nicht, wenn der Bauherr sein Vorhaben in einer Weise ändert, die ausschließlich zugunsten des Nachbarn Auswirkungen hat. In diesem Fall deckt die zuvor erklärte Zustimmungserklärung als „Minus“ auch die Änderung des Vorhabens ab (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 12.11.2001 - 15 ZB 00.934 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.02.1994 - 8 S 1712/93 - juris Rn. 22). Die Änderung des Betriebsumfangs der Tanzschule im Rahmen des zweiten Baugenehmigungsverfahrens erfolgte ausschließlich zu Gunsten der Kläger. So findet kein Cheerdance-Unterricht für Kinder mehr statt. Neue Tanzkurse sind nicht hinzugekommen. Der wöchentlich und täglich maximal zulässige zeitliche Unterrichtsumfang wurde ausschließlich verkürzt . Die maximal zulässige Gruppengröße wurde verkleinert. Im Gegensatz zu dem durch eine ordnungsgemäße Angrenzerbenachrichtigung nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO eintretenden Verlust der Abwehrrechte ist der Verlust der Abwehrrechte bei der in die Disposition des Nachbarn gestellten Zustimmungserklärung nicht auf das konkrete Genehmigungsverfahren beschränkt. Denn das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ist nicht auf ein Genehmigungsverfahren beschränkt. Es stellt sich in dem zwischen unmittelbaren Grenznachbarn geltenden besonderen „nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis“ als widersprüchlich dar, die Zustimmung zu einem Vorhaben zu erklären und dennoch einen Rechtsbehelf gegen eine Genehmigung dieses oder eines sogar weniger beeinträchtigenden Vorhabens einzulegen, auch wenn die Genehmigung – aus der Sicht des Nachbarn zufällig – erst in einem weiteren Verfahren erging.
33 
c) Die Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 wurde auch nicht durch die später erfolgten Erklärungen der Kläger unwirksam.
34 
Die Zustimmung zu einem Bauvorhaben kann entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB wegen Irrtums oder Täuschung angefochten und damit rückwirkend (§ 142 Abs. 1 BGB) beseitigt werden (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 18 ff).
35 
Es kann offenbleiben, ob bereits die Erhebung von Einwendungen im Rahmen der erneuten Angrenzerbenachrichtigung als Anfechtungserklärung auszulegen ist oder ob die Anfechtung erst im Schriftsatz vom 21.03.2017 erklärt wurde. Es liegt jedenfalls weder ein Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB) vor noch ist eine Täuschung durch die Beigeladenen (§ 123 BGB) ersichtlich.
36 
Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 119 BGB Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar mit dem Vorhaben sein Einverständnis erklärt (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 23). Die Kläger wussten, dass sie mit ihrer Erklärung vom 05.09.2012 ihr Einverständnis mit dem Betrieb der Tanzschule zum Ausdruck bringen. Sie unterlagen insoweit keiner Fehlvorstellung. Lediglich das Motiv für die Abgabe ihrer Erklärung, nämlich ihre Einschätzung der Störintensität der Tanzschule, hat sich als im Nachhinein unzutreffend herausgestellt.
37 
Die Kläger dringen auch mit der von ihnen erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht durch. Denn die Voraussetzungen des § 123 BGB sind nicht gegeben. Die Beigeladene haben die Kläger nicht durch (aktive) Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen getäuscht. Das behaupten auch die Kläger nicht. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen einer relevanten Tatsache ist aber ebenfalls nicht gegeben. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Entscheidend ist, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (§ 242 BGB). Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 123 BGB Rn. 31 f.). Ausgehend hiervon waren die Beigeladene nicht gehalten, die Kläger von sich aus über den genauen Nutzungsumfang der Tanzschule aufzuklären. Die Kläger mussten ohne Weiteres damit rechnen, dass der Betriebsumfang der Tanzschule größer ist als von ihnen offenbar angenommen. Eine „hobbymäßige Nutzung“, von der sie ihren eigenen Angaben zufolge ausgingen, erlaubt nämlich keine konkrete Einschätzung der Nutzungsintensität. Es hätte daher den Kläger oblegen, sich genauer über den beantragten Betriebsumfang zu informieren, zumal sie im Rahmen der Nachbarbeteiligung mit Schreiben des Landratsamts Enzkreis vom 08.06.2012 darauf hingewiesen wurden, dass die Pläne eingesehen werden können.
II.
38 
Die Klage ist auch unbegründet. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Räumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Normen, die zumindest auch dem Schutz der Kläger als Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Sie werden daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39 
Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung hat nur dann Erfolg, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Da es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, die objektive Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns zu überprüfen, sondern individuellen Rechtsschutz zu gewähren, kann eine rechtswidrige Baugenehmigung nur dann auf Antrag eines Nachbarn aufgehoben werden, wenn sie gegen öffentlich-rechtliche Normen verstößt, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind.
40 
Dies lässt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen. Weder ist die angefochtene Baugenehmigung in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Kläger im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich unbestimmt (dazu unter 1.), noch haben die Kläger gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung einen Gebietsgewährleistungsanspruch (dazu unter 2.), noch verletzt die Nutzungsänderung zu ihren Ungunsten das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme (dazu unter 3.).
41 
1. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG. Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die Kläger können sich im Rahmen des hier vorliegenden Baunachbarstreits nicht uneingeschränkt auf die Verletzung dieser Vorschrift berufen. Vielmehr verlangt das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn dann, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.09.2014 - 2 B 918/14 - juris Rn. 36). Für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die benachbarten Grundstücke ist die Frage der Art und des Umfangs der geplanten Nutzung von ausschlaggebender Bedeutung. Entscheidend ist, ob die Nutzung eines Bauvorhabens nach Art, Umfang und Zeitdauer so klar beschrieben ist, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Schutzauflagen verfügt werden können (vgl. VG Münster, Urteil vom 14.04.2016 - 2 K 1348/15 - juris Rn. 22).
42 
Nach diesem Maßstab weist die Baugenehmigung vom 16.03.2015 kein nachbarrechtsrelevantes Bestimmtheitsdefizit auf. Die am 17.11.2014 der Baugenehmigung beigefügte Betriebsbescheinigung beschreibt die Art der Nutzung der von der Nutzungsänderung betroffenen Räume im Untergeschoss des Wohnhauses der Beigeladenen so klar, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist. Durch die Nennung der einzelnen Kursarten wird hinreichend deutlich, auf welche Art der Unterrichtsraum und der Raum für die Vorbereitung von Unterrichtsstunden genutzt werden sollen. Bei dem Büro, der Umkleide und dem Raum für Kostümvorbereitungen ergibt sich der Nutzungszweck ohne weitere Beschreibung von selbst. Auch der Umfang und die Zeitdauer der Nutzung sind hinreichend bestimmt beschrieben. Denn die täglich und die wöchentlich maximal zulässige Unterrichtsdauer, der früheste Beginn und das späteste Ende des Unterrichts sowie die maximale Gruppengröße sind festgelegt. Hinzu kommt, dass in Nr. 2 der Nebenbestimmungen sogar genau bestimmte Immissionsrichtwerte für tags und nachts sowie Immissionsrichtwerte für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen genannt sind. Die Einhaltung der Unterrichtszeiten und der Immissionsrichtwerte sowie der Gruppengröße kann bei einem Vororttermin überprüft werden. Auch die Einhaltung des wöchentlich maximal zulässigen Unterrichtsumfangs kann durch wiederholte Vorortkontrollen, die Vorlage von Stundenplänen und die Befragung von Tanzschülern überprüft werden. Vor Ort kann auch unschwer festgestellt werden, ob die Geräuschemissionen vom Unterrichtsraum im Untergeschoss oder von anderen Räumen des Wohnhauses oder dem Garten ausgehen, so dass es jederzeit möglich ist, festzustellen, ob die Geräuschemissionen dem Tanzschulbetrieb oder dem privaten Bereich der Beigeladenen zuzurechnen sind. Auch die in der Betriebsbeschreibung getroffene Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, ist hinreichend bestimmt.
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Soweit die Kläger vortragen, dass sie befürchteten, dass die Beigeladenen sich insbesondere in den Sommermonaten nicht an diese Regelung hielten und nicht geregelt sei, inwieweit das frühere Kommen und das spätere Gehen einzelner Tanzschüler und dadurch bedingter An- und Abfahrtsverkehr außerhalb der Unterrichtszeiten dem Betrieb der Tanzschule zuzurechnen seien, so machen sie damit in der Sache geltend, dass die bestehenden Auflagen nicht ausreichend seien. Dieser Gesichtspunkt betrifft aber nicht die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen, sondern ist eine Frage der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.01.2016 - 2 A 2423/15 - juris Rn. 14). Soweit hinsichtlich beweglicher Ferientage in Baden-Württemberg unklar ist, ob an diesen Tagen unterrichtet werden darf oder nicht, so betrifft dies lediglich wenige Tage im Jahr. Die Kläger können vor dem Hintergrund, dass jedenfalls an den übrigen schulfreien Tagen nach dem Inhalt der Baugenehmigung eindeutig kein Unterricht stattfinden darf, aus dieser Unbestimmtheit keine Rechtsverletzung ableiten.
44 
2. Die Kläger können sich gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung auch nicht mit Erfolg auf die Verletzung des (allgemeinen) Gebietsgewährleistungsanspruches berufen. Danach hat der Grundstückseigentümer einen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart und dementsprechend ein Abwehrrecht gegenüber solchen Grundstücksnutzungen hat, die ihrer Art nach nicht zulässig sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Tanzschule um eine Anlage für sportliche Zwecke und um einen Gewerbebetrieb handelt. Denn in beiden Fällen ist die Tanzschule in dem vom Bebauungsplan „...“ für diesen Bereich festgesetzten allgemeinen Wohngebiet zulässig. Handelt es sich um eine Anlage für sportliche Zwecke, so ist sie in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, so liegt jedenfalls ein im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässiger nicht störender Gewerbebetrieb im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vor. Nicht störende Gewerbebetriebe werden von der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans „...“ zur Art der baulichen Nutzung – im Gegensatz zu den anderen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungen – gerade nicht ausgeschlossen. Bei der Frage, ob eine gewerbliche Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet als „nicht störend“ von den Nachbarn hingenommen werden muss, ist darauf abzustellen, ob der Betrieb von seiner Art her potentiell geeignet ist, das Wohnen so zu stören, dass von einem schutzwürdigen Wohnen nicht mehr ausgegangen werden kann. Da das Bauplanungsrecht zum einen rein grundstücksbezogen und zum anderen vom Begriff der Typisierung geprägt ist, demzufolge es nicht auf das konkrete, sondern auf das typische Störpotential ankommt, ist in diesem Zusammenhang die Nutzungsintensität ohne Bedeutung. Eine Anlage ist gebietsunverträglich, wenn sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirkt. Relevant für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle der der Zulassung einer Anlage nach ihrem Gegenstand, ihrer Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung. Als „störend“ in diesem Sinne werden in der Rechtsprechung etwa angesehen: Bau- und Möbeltischlereien, gewerbliche Bauhöfe, Bordelle und bordellähnliche Betriebe, Diskotheken, Fischräuchereien, Fuhrunternehmen (Speditionen) mit Lastkraftwagen, Großtierhaltung, Kraftfahrzeughandel, Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten, Lagerhäuser, Spielhallen, Stundenhotels, Tierhaltung und Tierzucht zu gewerblichen Zwecken und Vergnügungsstätten. Mit allen diesen Betriebstypen ist eine – hier zudem kleine –Tanzschule nicht im Ansatz zu vergleichen (vgl. VG Saarland, Urteil vom 29.07. 2015 - 5 K 677/14 - juris Rn. 82).
45 
3. Soweit die Kläger die Baugenehmigung ihnen gegenüber als rücksichtslos rügen, dringen sie damit ebenfalls nicht durch. In qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB findet das Gebot der Rücksichtnahme über § 15 Abs. 1 BauNVO Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind in einem Baugebiet ihrer Art nach an sich zulässige Vorhaben dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belastungen oder Störungen ausgesetzt werden. Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, zurückzugreifen. Auflagen, die zur Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm verpflichten, sind dabei geeignet, die Nachbarrechte zu sichern, wenn die Anlage bei regelmäßigem Betrieb so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die maßgebliche Erheblichkeitsgrenze nicht überschreiten (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.7.2008 - 15 B 08.265 - juris Rn. 20).
46 
Gemessen an diesen Vorgaben verstößt die streitgegenständliche Nutzung nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
47 
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von dem eigentlichen Tanzschulbetrieb ausgehenden Geräuschimmissionen. Nach Nr. 6.1.d der TA-Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, 55 dB(A) und nachts, also zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, 40 dB(A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Diese Richtwerte hat das Landratsamt Enzkreis in vollem Umfang in die Nebenbestimmung Nr.2 des Bescheids übernommen. Hinzu kommt, dass in den Schulferien, an Wochenenden und an Feiertagen gar kein Unterricht stattfinden darf, was die Lärmbelastung der Kläger nochmals erheblich mindert. Es ist aufgrund der Beschränkung der Unterrichtszeiten, insbesondere der Festlegung des Unterrichtendes auf spätestens 21.30 Uhr und der beschränkten Gruppengröße nicht davon auszugehen, dass eine Einhaltung der in den Auflagen festgesetzten Immissionsrichtwerte bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule – von dem im Rahmen des vorliegenden auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkten Verfahrens stets auszugehen ist – von vornherein nicht möglich ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese bei einem ordnungsgemäßen Betrieb ohne Weiteres eingehalten werden können, da nach Nr. 6.4 der TA-Lärm für den Wert von 55 dB(A) eine Beurteilungszeit von 16 Stunden gilt, der Tanzunterricht aber nur an maximal sechs Stunden täglich und in der Nachtzeit, für die der Wert von 40 dB(A) gilt, keinerlei Tanzunterricht erteilt werden darf. Auch die Kläger tragen trotz des mittlerweile jahrelangen Betriebs der Tanzschule nicht substantiiert vor, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte regelmäßig überschritten würden. Die Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, trägt ebenfalls dazu bei, die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte zu ermöglichen. Es ist nicht ersichtlich, dass es den Beigeladenen insbesondere im Sommer nicht möglich wäre, sich an diese Auflage zu halten, zumal die Kläger auch insoweit Verstöße nicht substantiiert vortragen. Zwar ist die Eignung von Immissionsschutzauflagen, mit denen Nachbarbeeinträchtigungen verhindert oder eingeschränkt werden sollen, mit Zurückhaltung zu beurteilen, wenn ihre Befolgung letztlich, wie vorliegend, vom Wohlverhalten der Betriebsinhaber abhängt. Derartigen Auflagen ist bei der Prüfung der Auswirkungen eines Vorhabens auf Nachbaranwesen nur dann Bedeutung zuzumessen, wenn die dem Bauherrn auferlegten Schutzmaßnahmen – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – „machbar“ sind und hinsichtlich des erstrebten Erfolges hinreichend „sicher“ erscheinen (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 04.12.2008 - 2 A 228/08 - juris Rn. 11). Vorliegend ist der genehmigte Betriebsumfang der Tanzschule mit den Beigeladenen zuvor in einem Gespräch einvernehmlich abgestimmt worden. Auch haben die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, sich an den genehmigten Betriebsumfang zu halten und dies auch zu können. Zudem haben die Kläger im gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Frage der Einhaltung der Nebenbestimmungen zuletzt nur noch geltend gemacht, dass die Beigeladenen an beweglichen Ferientagen unterrichteten. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Einhaltung des genehmigten Betriebsumfangs für die Beigeladenen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machbar und hinsichtlich des erstrebten Erfolgs hinreichend sicher ist. Aus dem Unterricht an beweglichen Ferientagen können die Kläger, wie bereits ausgeführt, keine Rechtsverletzung ableiten.
48 
b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den durch das Vorhaben verursachten An- und Abfahrtsverkehrslärm. In einem allgemeinen Wohngebiet unzumutbare Verkehrslärmimmissionen zulasten der Kläger liegen nicht vor, auch wenn die Tanzschüler vereinzelt erst nach 22 Uhr abfahren. Die Zufahrt zu der Tanzschule erfolgt über die zum Grundstück der Beigeladenen führende Stichstraße und nicht entlang des Grundstücks der Kläger. Die Stichstraße ist vom Grundstück der Kläger ca. 22 m entfernt und durch eine dazwischenliegende Häuserzeile abgeschirmt. Da der Unterricht bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule an maximal drei Abenden um 21.30 Uhr, ansonsten bereits um 20.30 Uhr beendet ist, ist davon auszugehen, dass die meisten Tanzschüler stets vor 22 Uhr, oft auch noch vor 21 Uhr, abfahren, soweit es sich nicht ohnehin um einen unterrichtsfreien Tag handelt. Nach alledem werden die Kläger durch den direkten Zu- und Abfahrtsverkehr nicht unzumutbar beeinträchtigt.
49 
Eine nachbarrechtlich relevante Störung durch parkenden Verkehr vor ihrem Anwesen kann ebenfalls nicht festgestellt werden, auch wenn dort Fahrzeuge teilweise noch nach 22 Uhr bewegt werden. Zunächst liegt kein nachbarrechtlich relevanter Mangel an Stellplätzen vor. Voraussetzung für einen solchen Mangel ist, dass der durch den Verzicht auf notwendige Stellplätze bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2008 - 3 S 2773/07 - juris). Es liegt bereits kein Verzicht auf notwendige Stellplätze vor. Bei der Berechnung des Bedarfs eines Vorhabens kann nach ständiger Rechtsprechung auf die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Herstellung notwendiger Stellplätze vom 28.5.2015 (im Folgenden: VwV Stellplätze) zurückgegriffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 - juris Rn. 38). Eine ausdrückliche Regelung zum Stellplatzbedarf einer Tanzschule findet sich in der VwV Stellplätze nicht. In Anbetracht der Regelung in Abschnitt B Nr. 5.3 des Anhangs 1 der VwV Stellplätze, der für Fitnesscenter einen Bedarf von einem Stellplatz je 25 qm Sportfläche vorsieht, bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der von dem Beklagten von der Tanzschule ausgelöste Stellplatzbedarf, deren einziger Unterrichtsraum eine Größe von 65,99 qm aufweist, mehr als die vier Stellplätze beträgt, die nach der Nebenbestimmung Nr. 4 der streitgegenständlichen Baugenehmigung nachzuweisen sind. Eine von den Vorgaben der Baugenehmigung hinsichtlich der Anzahl der nachzuweisenden Stellplätze abweichende Bauausführung auf dem Grundstück Flst.Nr. ..., wie sie von den Klägern vorgetragen wird, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, das auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkt ist. Im Übrigen ist für die Kammer nicht zu erkennen, dass den Klägern nicht zumutbarer Parkverkehr ausgelöst würde, sollten auf dem Grundstück Flst.Nr. ... tatsächlich nur zwei statt der geforderten drei Stellplätze nachgewiesen sein. Werden die nachzuweisenden Stellplätze von den Tanzschülern nicht genutzt und wird stattdessen vor dem Anwesen der Kläger geparkt, kann dies dem Betrieb der Tanzschule ebenfalls nicht zugerechnet werden. Zudem ist dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig wahrscheinlich, befindet sich das Grundstück der Kläger doch in größerer Entfernung als die nachzuweisenden Stellplätze. Im Übrigen sind durch den Tanzschulbetrieb bedingte Fahrzeugbewegungen nach 22 Uhr bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule, wie bereits ausgeführt, nur in Einzelfällen zu erwarten.
50 
Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Betrieb der Tanzschule eine Mietminderung rechtfertigen würde, falls sie sich dazu entschließen sollten, ihr Wohnhaus zu vermieten. Für das Gericht ist bereits nicht ersichtlich, dass der Betrieb der Tanzschule in dem genehmigten Umfang tatsächlich eine Mietminderung rechtfertigten würde. Zudem bilden Wertminderungen für sich genommen keinen Maßstab für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots; entscheidend ist allein, ob es zu einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks kommt, die dann auch eine Wertminderung zur Folge haben mag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540).
III.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
IV.
52 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
23 
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig (dazu unter I.), darüber hinaus ist sie auch unbegründet (dazu unter II.).
I.
24 
Die Klage ist unzulässig.
25 
Die Kläger sind bereits nicht klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Sie können nicht – mehr – geltend machen, in ihren Rechten als Nachbarn durch die Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladenen verletzt zu sein.
26 
1. Aufgrund ihrer Stellung als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... ist es zwar grundsätzlich möglich, dass die Kläger einen Abwehranspruch aus Bestimmungen des Bauplanungsrechts ableiten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.1989 - 4 C 1.88 - BVerwGE 82, 61). Nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundbuchauszug vom 19.07.2010 sind beide Kläger als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... eingetragen. Anhaltspunkte, dass sich an dieser Miteigentümerstellung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung etwas geändert haben könnte, sind nicht gegeben.
27 
2. Den Klägern ist es jedoch aufgrund ihrer Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 verwehrt, sich auf eine Verletzung von Nachbarrechten zu berufen und einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung geltend zu machen. Der Geltendmachung eines nachbarlichen Abwehrrechts steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
28 
Ein Nachbar verstößt gegen das auch im öffentlichen Recht geltende Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), wenn er im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen erhebt und Rechtsbehelfe einlegt, obwohl er sich gegenüber den Beigeladenen mit dem Vorhaben einverstanden erklärt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.11.1990 - 8 S 1714/90 - juris). So bestimmt § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 LBO, dass eine Benachrichtigung nicht erforderlich ist bei Angrenzern, die eine schriftliche Zustimmungserklärung abgegeben haben. Dieser gesetzlichen Regelung liegt erkennbar die oben genannte Wirkung der Zustimmungserklärung eines Nachbarn zugrunde.
29 
a) Die Frage, wie weit sich ein Einverständnis des Nachbarn mit einem Vorhaben bzw. sein Verzicht auf ein gegen dieses Vorhaben gerichtetes Abwehrrecht auf seine nachbarliche Abwehrposition auswirkt, beantwortet sich nach dem konkreten, ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der von ihm in freier Entscheidung abgegebenen Erklärung (OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2000 - 10 B 1145/00 - juris).
30 
Die von beiden Klägern unterzeichnete Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 ist nach §§ 133, 157 BGB analog dahingehend auszulegen, dass sie sich mit dem Betrieb der Tanzschule, in dem Umfang, wie die Beigeladenen ihn unter dem 24.05.2012 beantragt haben, vorbehaltlos einverstanden erklärt haben. Denn in dieser Zustimmungserklärung nehmen die Kläger ausdrücklich auf die vorbehaltlos zustimmende Nachbarerklärung vom 11.06.2012 Bezug und bestätigen diese nochmals. Auch aus der Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 sind Begrenzungen, Einschränkungen oder Bedingungen nicht zu erkennen.
31 
b) Die Rücknahme des Bauantrags vom 24.05.2012 und die Stellung eines erneuten Bauantrags am 20.10.2014 haben die Wirkung der Zustimmungserklärung der Kläger nicht entfallen lassen.
32 
Unter welchen Voraussetzungen die Änderung eines Vorhabens zum Erlöschen einer zuvor für eine bestimmte Bauausführung erklärten nachbarlichen Zustimmung führt, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Sie erlischt jedenfalls dann nicht, wenn der Bauherr sein Vorhaben in einer Weise ändert, die ausschließlich zugunsten des Nachbarn Auswirkungen hat. In diesem Fall deckt die zuvor erklärte Zustimmungserklärung als „Minus“ auch die Änderung des Vorhabens ab (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 12.11.2001 - 15 ZB 00.934 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.02.1994 - 8 S 1712/93 - juris Rn. 22). Die Änderung des Betriebsumfangs der Tanzschule im Rahmen des zweiten Baugenehmigungsverfahrens erfolgte ausschließlich zu Gunsten der Kläger. So findet kein Cheerdance-Unterricht für Kinder mehr statt. Neue Tanzkurse sind nicht hinzugekommen. Der wöchentlich und täglich maximal zulässige zeitliche Unterrichtsumfang wurde ausschließlich verkürzt . Die maximal zulässige Gruppengröße wurde verkleinert. Im Gegensatz zu dem durch eine ordnungsgemäße Angrenzerbenachrichtigung nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO eintretenden Verlust der Abwehrrechte ist der Verlust der Abwehrrechte bei der in die Disposition des Nachbarn gestellten Zustimmungserklärung nicht auf das konkrete Genehmigungsverfahren beschränkt. Denn das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ist nicht auf ein Genehmigungsverfahren beschränkt. Es stellt sich in dem zwischen unmittelbaren Grenznachbarn geltenden besonderen „nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis“ als widersprüchlich dar, die Zustimmung zu einem Vorhaben zu erklären und dennoch einen Rechtsbehelf gegen eine Genehmigung dieses oder eines sogar weniger beeinträchtigenden Vorhabens einzulegen, auch wenn die Genehmigung – aus der Sicht des Nachbarn zufällig – erst in einem weiteren Verfahren erging.
33 
c) Die Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 wurde auch nicht durch die später erfolgten Erklärungen der Kläger unwirksam.
34 
Die Zustimmung zu einem Bauvorhaben kann entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB wegen Irrtums oder Täuschung angefochten und damit rückwirkend (§ 142 Abs. 1 BGB) beseitigt werden (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 18 ff).
35 
Es kann offenbleiben, ob bereits die Erhebung von Einwendungen im Rahmen der erneuten Angrenzerbenachrichtigung als Anfechtungserklärung auszulegen ist oder ob die Anfechtung erst im Schriftsatz vom 21.03.2017 erklärt wurde. Es liegt jedenfalls weder ein Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB) vor noch ist eine Täuschung durch die Beigeladenen (§ 123 BGB) ersichtlich.
36 
Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 119 BGB Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar mit dem Vorhaben sein Einverständnis erklärt (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 23). Die Kläger wussten, dass sie mit ihrer Erklärung vom 05.09.2012 ihr Einverständnis mit dem Betrieb der Tanzschule zum Ausdruck bringen. Sie unterlagen insoweit keiner Fehlvorstellung. Lediglich das Motiv für die Abgabe ihrer Erklärung, nämlich ihre Einschätzung der Störintensität der Tanzschule, hat sich als im Nachhinein unzutreffend herausgestellt.
37 
Die Kläger dringen auch mit der von ihnen erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht durch. Denn die Voraussetzungen des § 123 BGB sind nicht gegeben. Die Beigeladene haben die Kläger nicht durch (aktive) Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen getäuscht. Das behaupten auch die Kläger nicht. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen einer relevanten Tatsache ist aber ebenfalls nicht gegeben. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Entscheidend ist, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (§ 242 BGB). Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 123 BGB Rn. 31 f.). Ausgehend hiervon waren die Beigeladene nicht gehalten, die Kläger von sich aus über den genauen Nutzungsumfang der Tanzschule aufzuklären. Die Kläger mussten ohne Weiteres damit rechnen, dass der Betriebsumfang der Tanzschule größer ist als von ihnen offenbar angenommen. Eine „hobbymäßige Nutzung“, von der sie ihren eigenen Angaben zufolge ausgingen, erlaubt nämlich keine konkrete Einschätzung der Nutzungsintensität. Es hätte daher den Kläger oblegen, sich genauer über den beantragten Betriebsumfang zu informieren, zumal sie im Rahmen der Nachbarbeteiligung mit Schreiben des Landratsamts Enzkreis vom 08.06.2012 darauf hingewiesen wurden, dass die Pläne eingesehen werden können.
II.
38 
Die Klage ist auch unbegründet. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Räumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Normen, die zumindest auch dem Schutz der Kläger als Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Sie werden daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39 
Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung hat nur dann Erfolg, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Da es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, die objektive Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns zu überprüfen, sondern individuellen Rechtsschutz zu gewähren, kann eine rechtswidrige Baugenehmigung nur dann auf Antrag eines Nachbarn aufgehoben werden, wenn sie gegen öffentlich-rechtliche Normen verstößt, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind.
40 
Dies lässt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen. Weder ist die angefochtene Baugenehmigung in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Kläger im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich unbestimmt (dazu unter 1.), noch haben die Kläger gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung einen Gebietsgewährleistungsanspruch (dazu unter 2.), noch verletzt die Nutzungsänderung zu ihren Ungunsten das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme (dazu unter 3.).
41 
1. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG. Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die Kläger können sich im Rahmen des hier vorliegenden Baunachbarstreits nicht uneingeschränkt auf die Verletzung dieser Vorschrift berufen. Vielmehr verlangt das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn dann, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.09.2014 - 2 B 918/14 - juris Rn. 36). Für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die benachbarten Grundstücke ist die Frage der Art und des Umfangs der geplanten Nutzung von ausschlaggebender Bedeutung. Entscheidend ist, ob die Nutzung eines Bauvorhabens nach Art, Umfang und Zeitdauer so klar beschrieben ist, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Schutzauflagen verfügt werden können (vgl. VG Münster, Urteil vom 14.04.2016 - 2 K 1348/15 - juris Rn. 22).
42 
Nach diesem Maßstab weist die Baugenehmigung vom 16.03.2015 kein nachbarrechtsrelevantes Bestimmtheitsdefizit auf. Die am 17.11.2014 der Baugenehmigung beigefügte Betriebsbescheinigung beschreibt die Art der Nutzung der von der Nutzungsänderung betroffenen Räume im Untergeschoss des Wohnhauses der Beigeladenen so klar, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist. Durch die Nennung der einzelnen Kursarten wird hinreichend deutlich, auf welche Art der Unterrichtsraum und der Raum für die Vorbereitung von Unterrichtsstunden genutzt werden sollen. Bei dem Büro, der Umkleide und dem Raum für Kostümvorbereitungen ergibt sich der Nutzungszweck ohne weitere Beschreibung von selbst. Auch der Umfang und die Zeitdauer der Nutzung sind hinreichend bestimmt beschrieben. Denn die täglich und die wöchentlich maximal zulässige Unterrichtsdauer, der früheste Beginn und das späteste Ende des Unterrichts sowie die maximale Gruppengröße sind festgelegt. Hinzu kommt, dass in Nr. 2 der Nebenbestimmungen sogar genau bestimmte Immissionsrichtwerte für tags und nachts sowie Immissionsrichtwerte für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen genannt sind. Die Einhaltung der Unterrichtszeiten und der Immissionsrichtwerte sowie der Gruppengröße kann bei einem Vororttermin überprüft werden. Auch die Einhaltung des wöchentlich maximal zulässigen Unterrichtsumfangs kann durch wiederholte Vorortkontrollen, die Vorlage von Stundenplänen und die Befragung von Tanzschülern überprüft werden. Vor Ort kann auch unschwer festgestellt werden, ob die Geräuschemissionen vom Unterrichtsraum im Untergeschoss oder von anderen Räumen des Wohnhauses oder dem Garten ausgehen, so dass es jederzeit möglich ist, festzustellen, ob die Geräuschemissionen dem Tanzschulbetrieb oder dem privaten Bereich der Beigeladenen zuzurechnen sind. Auch die in der Betriebsbeschreibung getroffene Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, ist hinreichend bestimmt.
43 
Soweit die Kläger vortragen, dass sie befürchteten, dass die Beigeladenen sich insbesondere in den Sommermonaten nicht an diese Regelung hielten und nicht geregelt sei, inwieweit das frühere Kommen und das spätere Gehen einzelner Tanzschüler und dadurch bedingter An- und Abfahrtsverkehr außerhalb der Unterrichtszeiten dem Betrieb der Tanzschule zuzurechnen seien, so machen sie damit in der Sache geltend, dass die bestehenden Auflagen nicht ausreichend seien. Dieser Gesichtspunkt betrifft aber nicht die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen, sondern ist eine Frage der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.01.2016 - 2 A 2423/15 - juris Rn. 14). Soweit hinsichtlich beweglicher Ferientage in Baden-Württemberg unklar ist, ob an diesen Tagen unterrichtet werden darf oder nicht, so betrifft dies lediglich wenige Tage im Jahr. Die Kläger können vor dem Hintergrund, dass jedenfalls an den übrigen schulfreien Tagen nach dem Inhalt der Baugenehmigung eindeutig kein Unterricht stattfinden darf, aus dieser Unbestimmtheit keine Rechtsverletzung ableiten.
44 
2. Die Kläger können sich gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung auch nicht mit Erfolg auf die Verletzung des (allgemeinen) Gebietsgewährleistungsanspruches berufen. Danach hat der Grundstückseigentümer einen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart und dementsprechend ein Abwehrrecht gegenüber solchen Grundstücksnutzungen hat, die ihrer Art nach nicht zulässig sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Tanzschule um eine Anlage für sportliche Zwecke und um einen Gewerbebetrieb handelt. Denn in beiden Fällen ist die Tanzschule in dem vom Bebauungsplan „...“ für diesen Bereich festgesetzten allgemeinen Wohngebiet zulässig. Handelt es sich um eine Anlage für sportliche Zwecke, so ist sie in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, so liegt jedenfalls ein im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässiger nicht störender Gewerbebetrieb im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vor. Nicht störende Gewerbebetriebe werden von der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans „...“ zur Art der baulichen Nutzung – im Gegensatz zu den anderen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungen – gerade nicht ausgeschlossen. Bei der Frage, ob eine gewerbliche Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet als „nicht störend“ von den Nachbarn hingenommen werden muss, ist darauf abzustellen, ob der Betrieb von seiner Art her potentiell geeignet ist, das Wohnen so zu stören, dass von einem schutzwürdigen Wohnen nicht mehr ausgegangen werden kann. Da das Bauplanungsrecht zum einen rein grundstücksbezogen und zum anderen vom Begriff der Typisierung geprägt ist, demzufolge es nicht auf das konkrete, sondern auf das typische Störpotential ankommt, ist in diesem Zusammenhang die Nutzungsintensität ohne Bedeutung. Eine Anlage ist gebietsunverträglich, wenn sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirkt. Relevant für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle der der Zulassung einer Anlage nach ihrem Gegenstand, ihrer Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung. Als „störend“ in diesem Sinne werden in der Rechtsprechung etwa angesehen: Bau- und Möbeltischlereien, gewerbliche Bauhöfe, Bordelle und bordellähnliche Betriebe, Diskotheken, Fischräuchereien, Fuhrunternehmen (Speditionen) mit Lastkraftwagen, Großtierhaltung, Kraftfahrzeughandel, Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten, Lagerhäuser, Spielhallen, Stundenhotels, Tierhaltung und Tierzucht zu gewerblichen Zwecken und Vergnügungsstätten. Mit allen diesen Betriebstypen ist eine – hier zudem kleine –Tanzschule nicht im Ansatz zu vergleichen (vgl. VG Saarland, Urteil vom 29.07. 2015 - 5 K 677/14 - juris Rn. 82).
45 
3. Soweit die Kläger die Baugenehmigung ihnen gegenüber als rücksichtslos rügen, dringen sie damit ebenfalls nicht durch. In qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB findet das Gebot der Rücksichtnahme über § 15 Abs. 1 BauNVO Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind in einem Baugebiet ihrer Art nach an sich zulässige Vorhaben dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belastungen oder Störungen ausgesetzt werden. Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, zurückzugreifen. Auflagen, die zur Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm verpflichten, sind dabei geeignet, die Nachbarrechte zu sichern, wenn die Anlage bei regelmäßigem Betrieb so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die maßgebliche Erheblichkeitsgrenze nicht überschreiten (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.7.2008 - 15 B 08.265 - juris Rn. 20).
46 
Gemessen an diesen Vorgaben verstößt die streitgegenständliche Nutzung nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
47 
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von dem eigentlichen Tanzschulbetrieb ausgehenden Geräuschimmissionen. Nach Nr. 6.1.d der TA-Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, 55 dB(A) und nachts, also zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, 40 dB(A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Diese Richtwerte hat das Landratsamt Enzkreis in vollem Umfang in die Nebenbestimmung Nr.2 des Bescheids übernommen. Hinzu kommt, dass in den Schulferien, an Wochenenden und an Feiertagen gar kein Unterricht stattfinden darf, was die Lärmbelastung der Kläger nochmals erheblich mindert. Es ist aufgrund der Beschränkung der Unterrichtszeiten, insbesondere der Festlegung des Unterrichtendes auf spätestens 21.30 Uhr und der beschränkten Gruppengröße nicht davon auszugehen, dass eine Einhaltung der in den Auflagen festgesetzten Immissionsrichtwerte bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule – von dem im Rahmen des vorliegenden auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkten Verfahrens stets auszugehen ist – von vornherein nicht möglich ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese bei einem ordnungsgemäßen Betrieb ohne Weiteres eingehalten werden können, da nach Nr. 6.4 der TA-Lärm für den Wert von 55 dB(A) eine Beurteilungszeit von 16 Stunden gilt, der Tanzunterricht aber nur an maximal sechs Stunden täglich und in der Nachtzeit, für die der Wert von 40 dB(A) gilt, keinerlei Tanzunterricht erteilt werden darf. Auch die Kläger tragen trotz des mittlerweile jahrelangen Betriebs der Tanzschule nicht substantiiert vor, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte regelmäßig überschritten würden. Die Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, trägt ebenfalls dazu bei, die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte zu ermöglichen. Es ist nicht ersichtlich, dass es den Beigeladenen insbesondere im Sommer nicht möglich wäre, sich an diese Auflage zu halten, zumal die Kläger auch insoweit Verstöße nicht substantiiert vortragen. Zwar ist die Eignung von Immissionsschutzauflagen, mit denen Nachbarbeeinträchtigungen verhindert oder eingeschränkt werden sollen, mit Zurückhaltung zu beurteilen, wenn ihre Befolgung letztlich, wie vorliegend, vom Wohlverhalten der Betriebsinhaber abhängt. Derartigen Auflagen ist bei der Prüfung der Auswirkungen eines Vorhabens auf Nachbaranwesen nur dann Bedeutung zuzumessen, wenn die dem Bauherrn auferlegten Schutzmaßnahmen – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – „machbar“ sind und hinsichtlich des erstrebten Erfolges hinreichend „sicher“ erscheinen (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 04.12.2008 - 2 A 228/08 - juris Rn. 11). Vorliegend ist der genehmigte Betriebsumfang der Tanzschule mit den Beigeladenen zuvor in einem Gespräch einvernehmlich abgestimmt worden. Auch haben die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, sich an den genehmigten Betriebsumfang zu halten und dies auch zu können. Zudem haben die Kläger im gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Frage der Einhaltung der Nebenbestimmungen zuletzt nur noch geltend gemacht, dass die Beigeladenen an beweglichen Ferientagen unterrichteten. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Einhaltung des genehmigten Betriebsumfangs für die Beigeladenen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machbar und hinsichtlich des erstrebten Erfolgs hinreichend sicher ist. Aus dem Unterricht an beweglichen Ferientagen können die Kläger, wie bereits ausgeführt, keine Rechtsverletzung ableiten.
48 
b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den durch das Vorhaben verursachten An- und Abfahrtsverkehrslärm. In einem allgemeinen Wohngebiet unzumutbare Verkehrslärmimmissionen zulasten der Kläger liegen nicht vor, auch wenn die Tanzschüler vereinzelt erst nach 22 Uhr abfahren. Die Zufahrt zu der Tanzschule erfolgt über die zum Grundstück der Beigeladenen führende Stichstraße und nicht entlang des Grundstücks der Kläger. Die Stichstraße ist vom Grundstück der Kläger ca. 22 m entfernt und durch eine dazwischenliegende Häuserzeile abgeschirmt. Da der Unterricht bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule an maximal drei Abenden um 21.30 Uhr, ansonsten bereits um 20.30 Uhr beendet ist, ist davon auszugehen, dass die meisten Tanzschüler stets vor 22 Uhr, oft auch noch vor 21 Uhr, abfahren, soweit es sich nicht ohnehin um einen unterrichtsfreien Tag handelt. Nach alledem werden die Kläger durch den direkten Zu- und Abfahrtsverkehr nicht unzumutbar beeinträchtigt.
49 
Eine nachbarrechtlich relevante Störung durch parkenden Verkehr vor ihrem Anwesen kann ebenfalls nicht festgestellt werden, auch wenn dort Fahrzeuge teilweise noch nach 22 Uhr bewegt werden. Zunächst liegt kein nachbarrechtlich relevanter Mangel an Stellplätzen vor. Voraussetzung für einen solchen Mangel ist, dass der durch den Verzicht auf notwendige Stellplätze bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2008 - 3 S 2773/07 - juris). Es liegt bereits kein Verzicht auf notwendige Stellplätze vor. Bei der Berechnung des Bedarfs eines Vorhabens kann nach ständiger Rechtsprechung auf die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Herstellung notwendiger Stellplätze vom 28.5.2015 (im Folgenden: VwV Stellplätze) zurückgegriffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 - juris Rn. 38). Eine ausdrückliche Regelung zum Stellplatzbedarf einer Tanzschule findet sich in der VwV Stellplätze nicht. In Anbetracht der Regelung in Abschnitt B Nr. 5.3 des Anhangs 1 der VwV Stellplätze, der für Fitnesscenter einen Bedarf von einem Stellplatz je 25 qm Sportfläche vorsieht, bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der von dem Beklagten von der Tanzschule ausgelöste Stellplatzbedarf, deren einziger Unterrichtsraum eine Größe von 65,99 qm aufweist, mehr als die vier Stellplätze beträgt, die nach der Nebenbestimmung Nr. 4 der streitgegenständlichen Baugenehmigung nachzuweisen sind. Eine von den Vorgaben der Baugenehmigung hinsichtlich der Anzahl der nachzuweisenden Stellplätze abweichende Bauausführung auf dem Grundstück Flst.Nr. ..., wie sie von den Klägern vorgetragen wird, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, das auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkt ist. Im Übrigen ist für die Kammer nicht zu erkennen, dass den Klägern nicht zumutbarer Parkverkehr ausgelöst würde, sollten auf dem Grundstück Flst.Nr. ... tatsächlich nur zwei statt der geforderten drei Stellplätze nachgewiesen sein. Werden die nachzuweisenden Stellplätze von den Tanzschülern nicht genutzt und wird stattdessen vor dem Anwesen der Kläger geparkt, kann dies dem Betrieb der Tanzschule ebenfalls nicht zugerechnet werden. Zudem ist dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig wahrscheinlich, befindet sich das Grundstück der Kläger doch in größerer Entfernung als die nachzuweisenden Stellplätze. Im Übrigen sind durch den Tanzschulbetrieb bedingte Fahrzeugbewegungen nach 22 Uhr bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule, wie bereits ausgeführt, nur in Einzelfällen zu erwarten.
50 
Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Betrieb der Tanzschule eine Mietminderung rechtfertigen würde, falls sie sich dazu entschließen sollten, ihr Wohnhaus zu vermieten. Für das Gericht ist bereits nicht ersichtlich, dass der Betrieb der Tanzschule in dem genehmigten Umfang tatsächlich eine Mietminderung rechtfertigten würde. Zudem bilden Wertminderungen für sich genommen keinen Maßstab für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots; entscheidend ist allein, ob es zu einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks kommt, die dann auch eine Wertminderung zur Folge haben mag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540).
III.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
IV.
52 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Mai 2018 - 9 K 1095/16

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Mai 2018 - 9 K 1095/16 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums


(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständ

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 22 Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 142 Wirkung der Anfechtung


(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgesc

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Sept. 2016 - M 9 SN 16.3414

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Jan. 2008 - 3 S 2773/07

bei uns veröffentlicht am 10.01.2008

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02. November 2007 - 9 K 3830/07 - wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens m

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Nachbarin gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... in ... Das Grundstück der Antragstellerin ist nach deren Angaben mit einem Einfamilienhaus in Form eines sog. Siedlungshauses in der Bauweise E + D bebaut.

Die Beigeladene beabsichtigt auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... (Baugrundstück) die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit sechs Wohneinheiten. Das Baugrundstück liegt im Norden des Grundstücks der Antragstellerin. Der geplante Baukörper soll eine Gesamtlänge von 19,49 m erhalten. Er gliedert sich in zwei versetzte Bauteile (Länge 9,49 m bzw. 10,00 m), die durch ein gemeinsames Treppenhaus verbunden sind. Diese sollen eine Breite von jeweils 10,99 m erhalten. Der östliche Gebäudeteil soll einen Abstand von 3 m von der Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin erhalten. In diesem Bereich ist eine Wandhöhe von 5,55 m geplant. Der westliche Gebäudeteil hat einen Abstand zur Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin von 5,9 m. Die geplante Wandhöhe beträgt hier ebenfalls 5,55 m. Das geplante Gebäude soll aus einem Erdgeschoss, einem ersten Obergeschoss sowie einem ausgebauten Dachgeschoss bestehen. In jedem dieser Geschosse sind zwei Wohneinheiten, insgesamt demnach sechs Wohneinheiten, vorgesehen. Die geplante Firsthöhe des Gebäudes beträgt ca. 11 m bei einer Dachneigung von 45 Grad. Die Stellplätze des Vorhabens sollen zum größten Teil in einer Tiefgarage untergebracht werden. Die Tiefgaragenzufahrt verläuft entlang der Nordgrenze des Baugrundstücks, abgewandt von dem Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am 5. April 2016 die ihr von der Beigeladenen vorgelegten Eingabepläne unterzeichnet. Diese Pläne gingen am 5. April 2016 mit einem Formblattantrag zur Erteilung einer Baugenehmigung vom ... März 2016 bei der Antragsgegnerin ein. Mit E-Mail vom 6. April 2016 übersandte der Neffe der Antragstellerin der Antragsgegnerin als pdf-Anhang ein Schreiben mit Datum ... April 2016. In der E-Mail wird um Kenntnisnahme des Widerrufs der Unterschriften der Antragstellerin zu den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen gebeten. In dem Schreiben im Anhang wird die Antragstellerin als Absender und die Beigeladene als Adressat genannt. Es wird ausgeführt, dass die Antragstellerin ihre „gestrige Unterschrift auf sämtlichen ihr vorgelegten Unterlagen und Plänen“ widerrufe. Die Antragstellerin sei bei einem nicht abgesprochenen Besuch bei ihr zu Hause völlig überfordert gewesen und sei durch die Aussage des Beauftragen der Beigeladenen, wonach die Beigeladene sowieso baue was sie wolle, derart unter Druck gesetzt worden, dass sie den Plan unterschrieben habe.

Mit Bescheid vom ... Juli 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung für die Errichtung des vorstehend beschriebenen Vorhabens. Die Genehmigung erging im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO. Hierauf wurde im Bescheid hingewiesen.

Mit Telefax vom 1. August 2016 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben (M 9 K 16.3413) und beantragt, die Baugenehmigung vom ... Juli 2016 aufzuheben.

Zugleich beantragt er im vorliegenden Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin anzuordnen.

In der Klage- und Antragsbegründung führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus, dass die Klage trotz der Unterschrift der Antragstellerin auf den Bauplänen zulässig sei. Die Neffen der Antragstellerin, die diese in Verhandlungen mit der Beigeladenen vertreten hätten, hätten schon vor Vorlage der Baupläne klargestellt, dass sie Ansprechpartner in Angelegenheiten des Bauvorhabens sein sollen, nicht jedoch die Antragstellerin. Diese fühle sich aufgrund ihres Alters solchen Verhandlungen nicht mehr gewachsen. Trotz dieser Informationen sei die Antragstellerin mit einem Besuch eines Mitarbeiters der Beigeladenen überrumpelt worden. Die Pläne seien zur Unterschrift vorgelegt worden, mit der Äußerung, dass ohnehin gebaut werde was die Beigeladene sich vorstelle. Deshalb habe die Antragstellerin zunächst ihre Unterschrift geleistet. Die Antragstellerin habe ihre Unterschrift mit Schreiben vom ... April 2016 auch gegenüber dem Bauordnungsamt der Antragsgegnerin widerrufen. Es liege darüber hinaus ein Erklärungsirrtum vor, da die Antragstellerin nicht gewusst habe, dass sie mit der Unterschrift auf ihre öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte verzichte. Sie sei zudem getäuscht worden, da sie durch die Äußerung des Beigeladenen davon ausgegangen sei, dass die Unterschrift keine Auswirkungen habe. Die Klage und der Antrag seien zudem begründet, da Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt würden. Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der Nutzung und nach der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Umgebung sei durch lockere Wohnbebauung im Stile von Siedlungshäusern in der Bauweise E + D aus den 50er Jahren geprägt. Die Höhe und Länge des Baukörpers sprenge den Rahmen der vorhandenen Bebauung. Das Gebot der Rücksichtnahme sei verletzt, da die Nachbarschaft von einer äußerst ruhigen Lage und einem hohen Anteil an gärtnerischer Nutzung der Grundstücke geprägt sei. Aufgrund der Massivität des Baukörpers ergebe sich eine Verschattungswirkung und eine erdrückende Wirkung für das Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragsgegnerin nahm im Verfahren M 9 SN 16.3050 zur Sache Stellung. Dieses Verfahren wurde mittlerweile durch übereinstimmende Erledigterklärung beendet, da es sich lediglich auf eine zunächst erteilte Teilbaugenehmigung bezog. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass sich das Vorhaben in die Umgebung auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung einfüge. Dem Einfügungsgebot komme indes keine nachbarschützende Wirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots könne im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, da die Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung eingehalten würden. Auch der Zu- und Abfahrtsverkehr des geplanten Vorhabens würden das Grundstück der Antragstellerin nicht treffen, da die Zufahrt zur geplanten Tiefgarage an der nördlichen Grundstücksgrenze zur ...-straße ausgerichtet sei.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt mit Schriftsatz vom 17. August 2015,

den Antrag abzulehnen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und den Verfahren M 9 K 16.3413, M 9 SN 16.3050 und M 9 K 16.3049 Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig (1.) und darüber hinaus auch unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist unzulässig, da die Antragstellerin aufgrund ihrer durch Nachbar-unterschrift erklärten Zustimmung zu dem Vorhaben keine Antragsbefugnis geltend machen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

1.1 Gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO sind den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Die Unterschrift gilt als Zustimmung und ist nur bis zu ihrem Zugang bei der Baugenehmigungsbehörde frei widerruflich. Die vorbehaltslose Unterschriftsleistung bedeutet einen Verzicht des Nachbarn auf materielle Abwehrrechte, die zur Unzulässigkeit der Klage und zur Unzulässigkeit des vorliegenden Antrags führt (BayVGH, B. v. 31.1.2005 - 20 CE 05.68 - juris Rn. 10).

Die Antragstellerin hat durch ihre Unterschrift auf den der Genehmigung vom 12. Juli 2016 zugrundeliegenden Bauplänen dem Bauvorhaben vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dem vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Schreiben vom ... April 2016 erklärte Widerruf der Zustimmung konnte diese Wirkung nicht mehr beseitigen. Ein Widerruf der erteilten Zustimmung kann nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss des Großen Senats des BayVGH v. 3.11.2005 - 2 BV 04.1756, 2 BV 04.1758, 2 BV 04.1759 - BayVBl. 2006, 769) nur bis zum Zugang der Nachbar-unterschrift bei der Baugenehmigungsbehörde erfolgen. Nachdem der Bauantrag mit den von der Antragstellerin unterzeichneten Plänen schon am 5. April 2016 bei der Antragsgegnerin einging, konnte der am ... April 2016 erklärte Widerruf keine Wirkung mehr erzeugen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Widerruf überhaupt wirksam gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt wurde, da diese lediglich eine elektronische Kopie des an die Beigeladene gerichteten Schreibens per E-Mail bekam.

1.2 Die Wirksamkeit der Zustimmung der Antragstellerin ist auch nicht im Wege der Anfechtung beseitigt worden.

Die Anfechtung einer Nachbarunterschrift ist anhand der für öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend anzuwendenden §§ 119, 123 BGB zu beurteilen. Entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragstellerin ist weder eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtum i. S. des § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB noch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB möglich.

Es fehlt schon an einer wirksamen Anfechtungserklärung.

Die Anfechtung der Nachbarunterschrift müsste gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt worden sein (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2016, Art. 66 Rn. 136). Bei der Antragsgegnerin ist lediglich eine E-Mail vom Neffen der Antragstellerin eingegangen, in der dieser eine Anlage übersendet, in der von der Antragstellerin gegenüber der Beigeladenen der Widerruf der Zustimmung erklärt wird. Weder wird von einer Anfechtung gesprochen noch werden entsprechende Anfechtungsgründe genannt. Das Vorliegen einer sonstigen Anfechtungserklärung der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin nicht dargelegt.

Selbst wenn man von einer wirksamen Anfechtungserklärung ausgehen wollte, fehlt es auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Bevollmächtigten der Antragstellerin an einem Anfechtungsgrund.

Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BBG, 7. Auflage 2015 Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar von den ihm vorgelegten Bauvorlagen Kenntnis genommen hat und mit dem Vorhaben Einverständnis besteht (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: 2016, Rn. 129 zu Art. 66 BayBO). Es ist nicht dargelegt, dass die Antragstellerin eine andere Vorstellung über den Inhalt ihrer Unterschrift hatte. Vielmehr hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt, dass sie sich über die Rechtsfolgen ihrer Unterschrift nicht im Klaren gewesen sei. Rechtsfolgen, die das Gesetz als mittelbare Folge an die Erklärung knüpft können einen Inhaltsirrtum i. S. v. § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB indes nicht begründen (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2015 Rn. 81 zu § 119). Der Irrtum bzw. die Unwissenheit der Antragstellerin über die Folgen ihrer Erklärung können daher eine Anfechtung als Inhaltsirrtum nicht begründen. Andernfalls würde im Wege der Anfechtung letztlich jeder, mit Ausnahme juristisch einschlägig Vorgebildeter, seine Nachbarzustimmung rückgängig machen können, da es regelmäßig an der Kenntnis aller von der Rechtsprechung aus der Zustimmung abgeleiteten Rechtsfolgen fehlen wird. Eine freie Widerrufbarkeit auch nach dem Eingang der Nachbarzustimmung bei der Bauaufsichtsbehörde soll indes aus Gründen der Rechtssicherheit gerade nicht möglich sein (BayVGH B. v. 03.11.2005 - 2 BV 04.1756 - juris Rn. 14).

Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt neben einer Täuschungshandlung, Vorsatz bzw. Arglist, die Erregung eines Irrtums sowie Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum einerseits und Irrtum und Abgabe der Willenserklärung andererseits voraus. Keine diese Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall dargelegt. Die behauptete Aussage eines Mitarbeiters der Beigeladenen es könne „unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin das gebaut werden was die Beigeladene plane“, stellt schon keine Täuschungshandlung dar. Selbst wenn eine derartige Aussage getroffen worden sein sollte, so wäre sie inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens hängt tatsächlich nicht von der Zustimmung des Nachbarn ab. Inwiefern sich daraus eine Täuschung der Antragstellerin ableiten lassen soll, ist nicht nachvollziehbar. Auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin behauptet nicht, der Mitarbeiter der Beigeladenen habe ausdrücklich erklärt, dass die Unterschrift keinerlei rechtliche Wirkungen habe. Wenn die Antragstellerin diesen unzutreffenden Schluss aus der behaupteten Aussage des Beauftragten der Beigeladenen gezogen hat, so lässt sich dies nicht auf die behauptete Aussage zurückführen.

Eine vorsätzliche und arglistige Täuschungshandlung der Beigeladenen lässt sich auf diese Weise erst Recht nicht konstruieren. Ein Vorsatz liegt nur vor, wenn der Täuschende durch sein Verhalten beim Erklärungsgegner vorsätzlich einen Irrtum erregen will. Hierfür ist erforderlich, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der Angaben kennt und zugleich das Bewusstsein hat, durch die irreführenden Angaben einen Irrtum zu erregen und den Getäuschten damit zu einer Willenserklärung zu motivieren. Weder handelt es sich bei behaupteten Äußerungen durch Bedienstete der Beigeladenen um unrichtige Angaben noch ist ersichtlich, dass die Antragstellerin über die Wirkung ihrer Unterschrift als Verzicht auf nachbarliche Rechte getäuscht werden sollte. Die Zulassung des Vorhabens war völlig unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin, weshalb eine derartige Vorgehensweise unnötig und unwahrscheinlich ist. Die Unterstellung einer Arglist durch den Bevollmächtigten der Antragstellerin ist daher weder nachvollziehbar noch belegt.

2. Der Antrag ist, auch wenn er zulässig wäre, unbegründet.

Bei der im Verfahren gemäß § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Gerichts ist das Interesse des betroffenen Nachbarn an der vorläufigen Aussetzung der Wirkungen der Baugenehmigung mit dem Interesse des Bauherrn an der Realisierung seines Bauvorhabens gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind insbesondere die Erfolgs-aussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Maßgebendes Abwägungskriterium ist daher, ob aufgrund einer summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die zugleich erhobene Klage in der Hauptsache Erfolg haben wird.

Im vorliegenden Fall ergibt die insofern gebotene aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine bauaufsichtliche Zulassung, wie im vorliegenden Fall, kann nur dann Erfolg haben, wenn Vorschriften verletzt sind, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Es genügt daher für den Erfolg von Klage und Antrag nicht, wenn die Zulassung gegen zu prüfende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20 ff. m. w. N.).

Eine Verletzung solcher Nachbarrechte liegt hier nicht vor.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Umgebung einfüge, so kann dies keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin begründen.

Die Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nicht nachbarschützend (BayVGH, U. v. 1.12.2011 - 14 CS 11.2577 - juris Rn. 24). Die Antragstellerin kann insbesondere nicht geltend machen, dass die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens eine allgemeine Verdichtung des Gebiets zur Folge habe. Einen Anspruch des Nachbarn auf Beibehaltung einer kleinteiligen Siedlungsstruktur gibt es nicht.

Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin in Form des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots wegen der Wirkung des zugelassenen Baukörpers auf dem Nachbargrundstück liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.

In Ausnahmefällen kann nach der Rechtsprechung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung eines genehmigten Vorhabens ein in unmittelbarer Nachbarschaft befindliches Wohnhaus „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird (BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 18 ff. m. w. N.). Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, BVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus). Hauptkriterium bei der Beurteilung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes.

Eine derartige erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragstellerin kommt hier nicht ansatzweise in Betracht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung lässt hier lediglich eine Wandhöhe von 5,55 m sowie eine Geschossigkeit von E + 1 + D zu. Nach dem Abstandsflächenplan, der nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Überprüfung ist, werden die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten. Wenn die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden, kommt eine erdrückende Wirkung in der Regel nicht in Betracht. Vielmehr stellen die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften eine Konkretisierung des Gebots der Rücksichtnahme dar (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - juris Rn. 21), bei deren Einhaltung ein Gebäude in der Regel nicht erdrückend wirken kann (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 4 am Ende). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben erschließt sich nicht, weshalb die Antragstellerin in unzumutbarer Weise durch den streitgegenständlichen Baukörper beeinträchtigt sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin entlang ihrer Nordgrenze zum Vorhabengrundstück in erheblichem Umfang grenzständige Nebengebäude hat. Es ist davon auszugehen, dass sich der Außenwohnbereich der Antragstellerin vor allem nach Westen und Süden zur ...-straße hin orientiert. Eine unzumutbare erdrückende Wirkung durch das Vorhaben der Beigeladenen liegt daher fern.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Antragstellerin hat gem. § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitserwägungen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, da sich diese durch Stellung eines Antrags in ein Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat und mit ihrem Antrag obsiegt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Nachbarin gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... in ... Das Grundstück der Antragstellerin ist nach deren Angaben mit einem Einfamilienhaus in Form eines sog. Siedlungshauses in der Bauweise E + D bebaut.

Die Beigeladene beabsichtigt auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... (Baugrundstück) die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit sechs Wohneinheiten. Das Baugrundstück liegt im Norden des Grundstücks der Antragstellerin. Der geplante Baukörper soll eine Gesamtlänge von 19,49 m erhalten. Er gliedert sich in zwei versetzte Bauteile (Länge 9,49 m bzw. 10,00 m), die durch ein gemeinsames Treppenhaus verbunden sind. Diese sollen eine Breite von jeweils 10,99 m erhalten. Der östliche Gebäudeteil soll einen Abstand von 3 m von der Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin erhalten. In diesem Bereich ist eine Wandhöhe von 5,55 m geplant. Der westliche Gebäudeteil hat einen Abstand zur Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin von 5,9 m. Die geplante Wandhöhe beträgt hier ebenfalls 5,55 m. Das geplante Gebäude soll aus einem Erdgeschoss, einem ersten Obergeschoss sowie einem ausgebauten Dachgeschoss bestehen. In jedem dieser Geschosse sind zwei Wohneinheiten, insgesamt demnach sechs Wohneinheiten, vorgesehen. Die geplante Firsthöhe des Gebäudes beträgt ca. 11 m bei einer Dachneigung von 45 Grad. Die Stellplätze des Vorhabens sollen zum größten Teil in einer Tiefgarage untergebracht werden. Die Tiefgaragenzufahrt verläuft entlang der Nordgrenze des Baugrundstücks, abgewandt von dem Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am 5. April 2016 die ihr von der Beigeladenen vorgelegten Eingabepläne unterzeichnet. Diese Pläne gingen am 5. April 2016 mit einem Formblattantrag zur Erteilung einer Baugenehmigung vom ... März 2016 bei der Antragsgegnerin ein. Mit E-Mail vom 6. April 2016 übersandte der Neffe der Antragstellerin der Antragsgegnerin als pdf-Anhang ein Schreiben mit Datum ... April 2016. In der E-Mail wird um Kenntnisnahme des Widerrufs der Unterschriften der Antragstellerin zu den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen gebeten. In dem Schreiben im Anhang wird die Antragstellerin als Absender und die Beigeladene als Adressat genannt. Es wird ausgeführt, dass die Antragstellerin ihre „gestrige Unterschrift auf sämtlichen ihr vorgelegten Unterlagen und Plänen“ widerrufe. Die Antragstellerin sei bei einem nicht abgesprochenen Besuch bei ihr zu Hause völlig überfordert gewesen und sei durch die Aussage des Beauftragen der Beigeladenen, wonach die Beigeladene sowieso baue was sie wolle, derart unter Druck gesetzt worden, dass sie den Plan unterschrieben habe.

Mit Bescheid vom ... Juli 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung für die Errichtung des vorstehend beschriebenen Vorhabens. Die Genehmigung erging im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO. Hierauf wurde im Bescheid hingewiesen.

Mit Telefax vom 1. August 2016 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben (M 9 K 16.3413) und beantragt, die Baugenehmigung vom ... Juli 2016 aufzuheben.

Zugleich beantragt er im vorliegenden Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin anzuordnen.

In der Klage- und Antragsbegründung führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus, dass die Klage trotz der Unterschrift der Antragstellerin auf den Bauplänen zulässig sei. Die Neffen der Antragstellerin, die diese in Verhandlungen mit der Beigeladenen vertreten hätten, hätten schon vor Vorlage der Baupläne klargestellt, dass sie Ansprechpartner in Angelegenheiten des Bauvorhabens sein sollen, nicht jedoch die Antragstellerin. Diese fühle sich aufgrund ihres Alters solchen Verhandlungen nicht mehr gewachsen. Trotz dieser Informationen sei die Antragstellerin mit einem Besuch eines Mitarbeiters der Beigeladenen überrumpelt worden. Die Pläne seien zur Unterschrift vorgelegt worden, mit der Äußerung, dass ohnehin gebaut werde was die Beigeladene sich vorstelle. Deshalb habe die Antragstellerin zunächst ihre Unterschrift geleistet. Die Antragstellerin habe ihre Unterschrift mit Schreiben vom ... April 2016 auch gegenüber dem Bauordnungsamt der Antragsgegnerin widerrufen. Es liege darüber hinaus ein Erklärungsirrtum vor, da die Antragstellerin nicht gewusst habe, dass sie mit der Unterschrift auf ihre öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte verzichte. Sie sei zudem getäuscht worden, da sie durch die Äußerung des Beigeladenen davon ausgegangen sei, dass die Unterschrift keine Auswirkungen habe. Die Klage und der Antrag seien zudem begründet, da Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt würden. Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der Nutzung und nach der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Umgebung sei durch lockere Wohnbebauung im Stile von Siedlungshäusern in der Bauweise E + D aus den 50er Jahren geprägt. Die Höhe und Länge des Baukörpers sprenge den Rahmen der vorhandenen Bebauung. Das Gebot der Rücksichtnahme sei verletzt, da die Nachbarschaft von einer äußerst ruhigen Lage und einem hohen Anteil an gärtnerischer Nutzung der Grundstücke geprägt sei. Aufgrund der Massivität des Baukörpers ergebe sich eine Verschattungswirkung und eine erdrückende Wirkung für das Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragsgegnerin nahm im Verfahren M 9 SN 16.3050 zur Sache Stellung. Dieses Verfahren wurde mittlerweile durch übereinstimmende Erledigterklärung beendet, da es sich lediglich auf eine zunächst erteilte Teilbaugenehmigung bezog. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass sich das Vorhaben in die Umgebung auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung einfüge. Dem Einfügungsgebot komme indes keine nachbarschützende Wirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots könne im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, da die Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung eingehalten würden. Auch der Zu- und Abfahrtsverkehr des geplanten Vorhabens würden das Grundstück der Antragstellerin nicht treffen, da die Zufahrt zur geplanten Tiefgarage an der nördlichen Grundstücksgrenze zur ...-straße ausgerichtet sei.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt mit Schriftsatz vom 17. August 2015,

den Antrag abzulehnen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und den Verfahren M 9 K 16.3413, M 9 SN 16.3050 und M 9 K 16.3049 Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig (1.) und darüber hinaus auch unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist unzulässig, da die Antragstellerin aufgrund ihrer durch Nachbar-unterschrift erklärten Zustimmung zu dem Vorhaben keine Antragsbefugnis geltend machen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

1.1 Gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO sind den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Die Unterschrift gilt als Zustimmung und ist nur bis zu ihrem Zugang bei der Baugenehmigungsbehörde frei widerruflich. Die vorbehaltslose Unterschriftsleistung bedeutet einen Verzicht des Nachbarn auf materielle Abwehrrechte, die zur Unzulässigkeit der Klage und zur Unzulässigkeit des vorliegenden Antrags führt (BayVGH, B. v. 31.1.2005 - 20 CE 05.68 - juris Rn. 10).

Die Antragstellerin hat durch ihre Unterschrift auf den der Genehmigung vom 12. Juli 2016 zugrundeliegenden Bauplänen dem Bauvorhaben vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dem vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Schreiben vom ... April 2016 erklärte Widerruf der Zustimmung konnte diese Wirkung nicht mehr beseitigen. Ein Widerruf der erteilten Zustimmung kann nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss des Großen Senats des BayVGH v. 3.11.2005 - 2 BV 04.1756, 2 BV 04.1758, 2 BV 04.1759 - BayVBl. 2006, 769) nur bis zum Zugang der Nachbar-unterschrift bei der Baugenehmigungsbehörde erfolgen. Nachdem der Bauantrag mit den von der Antragstellerin unterzeichneten Plänen schon am 5. April 2016 bei der Antragsgegnerin einging, konnte der am ... April 2016 erklärte Widerruf keine Wirkung mehr erzeugen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Widerruf überhaupt wirksam gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt wurde, da diese lediglich eine elektronische Kopie des an die Beigeladene gerichteten Schreibens per E-Mail bekam.

1.2 Die Wirksamkeit der Zustimmung der Antragstellerin ist auch nicht im Wege der Anfechtung beseitigt worden.

Die Anfechtung einer Nachbarunterschrift ist anhand der für öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend anzuwendenden §§ 119, 123 BGB zu beurteilen. Entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragstellerin ist weder eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtum i. S. des § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB noch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB möglich.

Es fehlt schon an einer wirksamen Anfechtungserklärung.

Die Anfechtung der Nachbarunterschrift müsste gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt worden sein (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2016, Art. 66 Rn. 136). Bei der Antragsgegnerin ist lediglich eine E-Mail vom Neffen der Antragstellerin eingegangen, in der dieser eine Anlage übersendet, in der von der Antragstellerin gegenüber der Beigeladenen der Widerruf der Zustimmung erklärt wird. Weder wird von einer Anfechtung gesprochen noch werden entsprechende Anfechtungsgründe genannt. Das Vorliegen einer sonstigen Anfechtungserklärung der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin nicht dargelegt.

Selbst wenn man von einer wirksamen Anfechtungserklärung ausgehen wollte, fehlt es auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Bevollmächtigten der Antragstellerin an einem Anfechtungsgrund.

Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BBG, 7. Auflage 2015 Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar von den ihm vorgelegten Bauvorlagen Kenntnis genommen hat und mit dem Vorhaben Einverständnis besteht (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: 2016, Rn. 129 zu Art. 66 BayBO). Es ist nicht dargelegt, dass die Antragstellerin eine andere Vorstellung über den Inhalt ihrer Unterschrift hatte. Vielmehr hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt, dass sie sich über die Rechtsfolgen ihrer Unterschrift nicht im Klaren gewesen sei. Rechtsfolgen, die das Gesetz als mittelbare Folge an die Erklärung knüpft können einen Inhaltsirrtum i. S. v. § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB indes nicht begründen (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2015 Rn. 81 zu § 119). Der Irrtum bzw. die Unwissenheit der Antragstellerin über die Folgen ihrer Erklärung können daher eine Anfechtung als Inhaltsirrtum nicht begründen. Andernfalls würde im Wege der Anfechtung letztlich jeder, mit Ausnahme juristisch einschlägig Vorgebildeter, seine Nachbarzustimmung rückgängig machen können, da es regelmäßig an der Kenntnis aller von der Rechtsprechung aus der Zustimmung abgeleiteten Rechtsfolgen fehlen wird. Eine freie Widerrufbarkeit auch nach dem Eingang der Nachbarzustimmung bei der Bauaufsichtsbehörde soll indes aus Gründen der Rechtssicherheit gerade nicht möglich sein (BayVGH B. v. 03.11.2005 - 2 BV 04.1756 - juris Rn. 14).

Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt neben einer Täuschungshandlung, Vorsatz bzw. Arglist, die Erregung eines Irrtums sowie Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum einerseits und Irrtum und Abgabe der Willenserklärung andererseits voraus. Keine diese Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall dargelegt. Die behauptete Aussage eines Mitarbeiters der Beigeladenen es könne „unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin das gebaut werden was die Beigeladene plane“, stellt schon keine Täuschungshandlung dar. Selbst wenn eine derartige Aussage getroffen worden sein sollte, so wäre sie inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens hängt tatsächlich nicht von der Zustimmung des Nachbarn ab. Inwiefern sich daraus eine Täuschung der Antragstellerin ableiten lassen soll, ist nicht nachvollziehbar. Auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin behauptet nicht, der Mitarbeiter der Beigeladenen habe ausdrücklich erklärt, dass die Unterschrift keinerlei rechtliche Wirkungen habe. Wenn die Antragstellerin diesen unzutreffenden Schluss aus der behaupteten Aussage des Beauftragten der Beigeladenen gezogen hat, so lässt sich dies nicht auf die behauptete Aussage zurückführen.

Eine vorsätzliche und arglistige Täuschungshandlung der Beigeladenen lässt sich auf diese Weise erst Recht nicht konstruieren. Ein Vorsatz liegt nur vor, wenn der Täuschende durch sein Verhalten beim Erklärungsgegner vorsätzlich einen Irrtum erregen will. Hierfür ist erforderlich, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der Angaben kennt und zugleich das Bewusstsein hat, durch die irreführenden Angaben einen Irrtum zu erregen und den Getäuschten damit zu einer Willenserklärung zu motivieren. Weder handelt es sich bei behaupteten Äußerungen durch Bedienstete der Beigeladenen um unrichtige Angaben noch ist ersichtlich, dass die Antragstellerin über die Wirkung ihrer Unterschrift als Verzicht auf nachbarliche Rechte getäuscht werden sollte. Die Zulassung des Vorhabens war völlig unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin, weshalb eine derartige Vorgehensweise unnötig und unwahrscheinlich ist. Die Unterstellung einer Arglist durch den Bevollmächtigten der Antragstellerin ist daher weder nachvollziehbar noch belegt.

2. Der Antrag ist, auch wenn er zulässig wäre, unbegründet.

Bei der im Verfahren gemäß § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Gerichts ist das Interesse des betroffenen Nachbarn an der vorläufigen Aussetzung der Wirkungen der Baugenehmigung mit dem Interesse des Bauherrn an der Realisierung seines Bauvorhabens gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind insbesondere die Erfolgs-aussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Maßgebendes Abwägungskriterium ist daher, ob aufgrund einer summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die zugleich erhobene Klage in der Hauptsache Erfolg haben wird.

Im vorliegenden Fall ergibt die insofern gebotene aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine bauaufsichtliche Zulassung, wie im vorliegenden Fall, kann nur dann Erfolg haben, wenn Vorschriften verletzt sind, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Es genügt daher für den Erfolg von Klage und Antrag nicht, wenn die Zulassung gegen zu prüfende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20 ff. m. w. N.).

Eine Verletzung solcher Nachbarrechte liegt hier nicht vor.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Umgebung einfüge, so kann dies keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin begründen.

Die Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nicht nachbarschützend (BayVGH, U. v. 1.12.2011 - 14 CS 11.2577 - juris Rn. 24). Die Antragstellerin kann insbesondere nicht geltend machen, dass die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens eine allgemeine Verdichtung des Gebiets zur Folge habe. Einen Anspruch des Nachbarn auf Beibehaltung einer kleinteiligen Siedlungsstruktur gibt es nicht.

Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin in Form des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots wegen der Wirkung des zugelassenen Baukörpers auf dem Nachbargrundstück liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.

In Ausnahmefällen kann nach der Rechtsprechung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung eines genehmigten Vorhabens ein in unmittelbarer Nachbarschaft befindliches Wohnhaus „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird (BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 18 ff. m. w. N.). Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, BVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus). Hauptkriterium bei der Beurteilung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes.

Eine derartige erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragstellerin kommt hier nicht ansatzweise in Betracht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung lässt hier lediglich eine Wandhöhe von 5,55 m sowie eine Geschossigkeit von E + 1 + D zu. Nach dem Abstandsflächenplan, der nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Überprüfung ist, werden die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten. Wenn die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden, kommt eine erdrückende Wirkung in der Regel nicht in Betracht. Vielmehr stellen die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften eine Konkretisierung des Gebots der Rücksichtnahme dar (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - juris Rn. 21), bei deren Einhaltung ein Gebäude in der Regel nicht erdrückend wirken kann (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 4 am Ende). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben erschließt sich nicht, weshalb die Antragstellerin in unzumutbarer Weise durch den streitgegenständlichen Baukörper beeinträchtigt sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin entlang ihrer Nordgrenze zum Vorhabengrundstück in erheblichem Umfang grenzständige Nebengebäude hat. Es ist davon auszugehen, dass sich der Außenwohnbereich der Antragstellerin vor allem nach Westen und Süden zur ...-straße hin orientiert. Eine unzumutbare erdrückende Wirkung durch das Vorhaben der Beigeladenen liegt daher fern.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Antragstellerin hat gem. § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitserwägungen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, da sich diese durch Stellung eines Antrags in ein Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat und mit ihrem Antrag obsiegt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.


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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02. November 2007 - 9 K 3830/07 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO noch entsprechende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02.11.2007 hat keinen Erfolg.
Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin der Beigeladenen Ziff. 1 erteilte Baugenehmigung vom 20.04.2006, ergänzt durch baurechtliche Entscheidung vom 04.09.2007, abgelehnt. Inhalt der angefochtenen Baugenehmigung ist die Nutzungsänderung eines vorhandenen - bisher als Teppichhandlung genutzten - Gebäudes in eine Einrichtung mit zwei islamischen Gebetssälen und verschiedenen Nebenräumen.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass das private Interesse des Bauherrn an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212 a BauGB) das gegenläufige privaten Interessen der Antragstellerin überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend begründet, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren möglichen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, weil - worauf es allein ankommt - die von ihr angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Darauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe gebieten keine andere Beurteilung. Insoweit ist ergänzend zu bemerken:
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürfte die genehmigte Nutzungsänderung mit der Zweckbestimmung des betroffenen Baugebietes vereinbar sein.
Das Bauvorhaben soll unstreitig im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans verwirklicht werden, der sowohl für das Baugrundstück als auch für das Grundstück der Antragstellerin ein Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO (1968) ausweist. Mit der Beschwerde wird nicht in Frage gestellt, dass gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO in einem Mischgebiet Einrichtungen für kirchliche, kulturelle und soziale Zwecke grundsätzlich zulässig sind, und zwar nicht nur - wie nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem reinen Wohngebiet - beschränkt auf die Bedürfnisse dieses Gebietes. Da als Ausfluss der staatlichen Neutralität die Baunutzungsverordnung weltanschaulich neutral ausgelegt werden muss, sind - auch - die geplanten islamischen Gebetsräume unter diese Vorschrift zu subsumieren und damit nach ihrer Art am vorgesehenen Standort allgemein zulässig.
Eine Gebietsunverträglichkeit dürfte im vorliegenden Fall auch nicht aus der Größe und dem Nutzungsumfang der geplanten Einrichtung herzuleiten sein. Gegenstand der Baugenehmigung ist u.a. die Einrichtung eines Gebetsraums für Männer von 180 m² und eines Gebetsraums für Frauen von 110 m²; insgesamt verfügt das Bauvorhaben über eine Nutzfläche von 1200 m². Schon die räumlichen Ausmaße der Gebetsräume sprechen gegen die Ansicht der Antragstellerin, es handele sich um eine „Zentraleinrichtung für den mittleren Neckarraum“. Die Antragsgegnerin weist in ihrer Beschwerdeerwiderung auch zutreffend darauf hin, dass im mittleren Neckarraum bereits mehrere weitere Moscheen bzw. islamische Gebetssäle zu Verfügung stehen.
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem von der Antragstellerin herangezogenen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12.02.2007 (M 8 K 06.3625), in dem über die Zulässigkeit einer islamischen Einrichtung mit einem Flächenangebot von 5.191 m² zu entscheiden war. Dies hat zutreffend bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt. Daran ändern auch die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung angestellten Vergleichsberechnungen unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl von München und Ludwigsburg nichts. Für die Prüfung der Gebietsverträglichkeit eines Bauvorhabens ist die Eigenart des betroffenen Baugebiets maßgeblich, welche grundsätzlich unabhängig ist von der Größe oder Einwohnerzahl der Gemeinde, in der das Vorhaben verwirklicht werden soll.
Das genehmigte Bauvorhaben dürfte auch nicht gegen das § 15 BauNVO zu entnehmende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen.
Ausgangspunkt der Prüfung ist, dass nach den obigen Feststellungen das genehmigte Bauvorhaben nach der Art der Nutzung in dem als Mischgebiet ausgewiesenen Baugebiet grundsätzlich und allgemein zulässig sein dürfte; denn die im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes abzuwägenden Interessen der Beteiligten haben ein unterschiedliches Gewicht je nachdem, ob es sich um ein Vorhaben handelt, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig ist oder umgekehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50/89 -, NJW 1992, 708 f.). Der im vorliegenden Fall dem Bauherrn somit grundsätzlich zustehenden und durch Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten baurechtlichen Position kann die Antragstellerin nur bei Vorliegen besonderer Umstände entgegenhalten, dass das Vorhaben zu unzumutbaren Auswirkungen führe und deswegen ihr gegenüber „rücksichtslos“ sei. Solche besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Nach der gesetzlichen Wertung hat der Grundstücksnachbar einer in einem Baugebiet allgemein zulässigen kirchlichen oder kulturellen Anlage die mit deren Benutzung üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen grundsätzlich hinzunehmen; dazu gehört auch der An- und Abfahrtsverkehr der Besucher (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Einzelnen dargelegt, dass durch die Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung vom 20.04.2006 sowie durch die Ergänzungsentscheidung vom 04.09.2007 gegen unzumutbare Lärmbelästigungen durch das Bauvorhaben ausreichend Vorsorge getroffen wurde. Danach darf u.a. die Nutzung (einschließlich der Gebetsräume) nur von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen. Der Parkplatz ist bis 21.00 Uhr zu räumen. Die Anlieferung zum Laden darf nur während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfolgen. Die Immissionsrichtwerte für das Mischgebiet - tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A) - werden am Grundstück der Antragstellerin sowohl nach der von der Islamischen Gemeinschaft … vorgelegten schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros … GbR als auch nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten der … GbR während der genehmigten Nutzungszeiten nicht überschritten. Damit setzt sich die Antragstellerin in ihrem Beschwerdevorbringen nicht auseinander.
10 
Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung die erteilte Baugenehmigung. Soweit mit der Beschwerde gerügt wird, das Gericht könne sich nicht „auf die Nebenbestimmungen hinausretten, um das Baugesucht zu retten“, mit den in der Baugenehmigung festgelegten Öffnungszeiten könne „ein islamisches Gebetshaus nicht geführt werden“ und die Beigeladene halte sich „an keinerlei Vorschriften bezüglich der Nutzung des Areals“, geht der Vortrag somit an der Sache vorbei. Falls die Vorgaben der erteilten Baugenehmigung nicht eingehalten werden, obliegt es der Antragsgegnerin, dagegen einzuschreiten. Die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung selbst wird dadurch nicht in Frage gestellt.
11 
Soweit sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung mit der o.g. Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 27.02.1992 kritisch auseinander setzt und auf das dieser Entscheidung zugrundeliegende Senatsurteil vom 20.06.1989 (- 3 S 873/89 -, juris) verweist, kann dies ebenfalls der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die genannten Entscheidungen betrafen eine andere Fallkonstellation, nämlich die Erteilung einer Baugenehmigung für einen islamischen Betsaal, die die Nutzung zum Morgengebet in der Ruhezeit vor 6.00 Uhr umfasste. Eine solche Nutzung wird durch die im vorliegenden Fall erteilte Baugenehmigung gerade ausgeschlossen. Auch dafür, dass von der genehmigten Nutzung Gefahren ausgehen könnten, wie sie der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2007 - 4 C 1.06 - zugrunde lagen, wird nichts vorgetragen und ist derzeit auch nichts ersichtlich.
12 
Auch aus der von der Antragstellerin gerügten und mit Bildern belegten Stellplatzsituation dürfte sich nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Verletzung von Nachbarrechten ergeben. Dabei kann der Senat offen lassen, ob für die genehmigte Nutzung Stellplätze in ausreichender Zahl nachgewiesen worden sind.
13 
Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Verpflichtung zur Errichtung der für eine ordnungsgemäße Nutzung notwendigen Stellplätze (§ 37 Abs. 1 und 2 LBO) sind nicht nachbarschützend, sondern dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr. Die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze kann allerdings im Einzelfall gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Ein Verstoß liegt vor, wenn der Mangel an Stellplätzen zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn - auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung seines Grundstücks - bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 12.05.2003 - 9 TG 2037/02 -, BRS 66 Nr. 190; OVG Bremen, Beschluss vom 18.10.2002 - 1 B 315/02 -, BauR 2003, 509 ff.; OVG NW, Urteil vom 10.07.1998 - 11 A 7238/95 -, BauR 1999, 237 ff.; Nieders. OVG, Beschluss vom 14.03.1997 - 1 M 6589/96 -, BauR 1997, 983 f.; s. auch Sauter, LBO, § 37 Rn. 12 m.w.N.). Auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgemäße Nutzung seines eigenen Grundstücks zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück möglich ist - allerdings nicht schon darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschränkungen zur Verfügung stehen. Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.03.1998 - 1 B 33/98 -, GewArch 1998, 254 f.). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln (vgl. für den ruhenden Verkehr etwa die Anwohnerparkregelung in § 45 Abs. 1b Satz 2 StVO). Als rücksichtslos kann der Verzicht auf die notwendigen Stellplätze auch dann gerügt werden, wenn der durch ihn bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Dies setzt i.d.R. entsprechende Immissionen, insbesondere Lärm- und Abgaseinwirkungen, voraus (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 18.10.2002, a.a.O.).
14 
Nach diesen Maßgaben kann der Senat derzeit einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch einen von der Antragstellerin gerügten Stellplatzmangel nicht feststellen. Es kann dabei offen bleiben, ob die Antragsgegnerin die Vorbelastung durch den sich ehemals auf dem Baugrundstück befindlichen Teppichhandel richtig ermittelt hat, was die Antragstellerin wohl anzweifelt. Der bloße Hinweis auf die Inanspruchnahme der angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Besuchern des genehmigten Bauvorhabens insbesondere zur Zeit des Freitagsgebets vermag nach dem oben Gesagten jedenfalls eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht zu begründen. Dafür, dass durch den Parkplatzsuchverkehr in einem Mischgebiet unzulässige Lärmimmissionen hervorgerufen werden, ergeben sich weder aus den vorgelegten Gutachten noch aus den sonstigen Unterlagen hinreichende Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung schließlich darauf hingewiesen, dass die auf den von der Antragstellerin vorgelegten Bildern festgehaltene Parkplatzsituation sich nicht mehr einstellen werde, sobald die genehmigten Stellplätze hergestellt seien.
15 
Soweit es um Störungen durch die genehmigten Stellplätze auf dem Baugrundstück selbst geht, kann sich die Antragstellerin auf die nachbarschützende Regelung in § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO berufen. Danach darf die Nutzung der Stellplätze die Gesundheit nicht schädigen und das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm, Abgase und Gerüche nicht erheblich stören. Der Begriff der erheblichen Störung ist weitgehend deckungsgleich mit dem Begriff der erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG und damit mit dem Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass notwendige Stellplätze und Garagen keine billigerweise nicht zumutbaren Störungen hervorrufen (vgl. zum Ganzen Sauter, LBO, § 37 Rn. 110 ff. m.w.N.).
16 
Gemessen daran kann der Senat eine Verletzung des § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO durch die genehmigten Stellplätze nicht feststellen. Nach den vorliegenden Gutachten, die sich ausdrücklich mit den durch die genehmigten Stellplätze und den Zu- und Abfahrtsverkehr ausgelösten Lärmimmissionen auseinander gesetzt haben, werden die zulässigen Lärmpegel nicht überschritten. Dies wird durch die Beschwerdebegründung auch nicht substantiiert in Frage gestellt.
17 
Gibt damit die Beschwerdebegründung keine Veranlassung zu einer Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses, kann offen bleiben, ob sich diese Entscheidung auch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist. So bedarf es keiner Klärung, ob die Antragstellerin mit ihren Einwendungen gegen das Bauvorhaben deshalb ausgeschlossen ist, weil sie die Einwendungen trotz möglicherweise ausreichender Einsichtsmöglichkeit in die Bauvorlagen im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung nicht ausreichend begründet hat. Ebenso kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der der Beigeladenen zu 1 unter dem 14.06.2005 erteilte Bauvorbescheid Bindungswirkung zu Lasten der Antragstellerin entfaltet (zur Bindungswirkung eines Bauvorbescheides gegenüber dem Nachbarn vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 8 m.w.N.). Eine Fallgestaltung, wie sie dem Urteil des BVerwG vom 27.03.1998 (- 4 C 11/97 -, NVwZ 1998, 729 ff.) zu Grunde lag, dürfte vorliegend nicht gegeben sein.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen; diese haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich auch sonst nicht beteiligt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs 1 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Nachbarin gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... in ... Das Grundstück der Antragstellerin ist nach deren Angaben mit einem Einfamilienhaus in Form eines sog. Siedlungshauses in der Bauweise E + D bebaut.

Die Beigeladene beabsichtigt auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... (Baugrundstück) die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit sechs Wohneinheiten. Das Baugrundstück liegt im Norden des Grundstücks der Antragstellerin. Der geplante Baukörper soll eine Gesamtlänge von 19,49 m erhalten. Er gliedert sich in zwei versetzte Bauteile (Länge 9,49 m bzw. 10,00 m), die durch ein gemeinsames Treppenhaus verbunden sind. Diese sollen eine Breite von jeweils 10,99 m erhalten. Der östliche Gebäudeteil soll einen Abstand von 3 m von der Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin erhalten. In diesem Bereich ist eine Wandhöhe von 5,55 m geplant. Der westliche Gebäudeteil hat einen Abstand zur Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin von 5,9 m. Die geplante Wandhöhe beträgt hier ebenfalls 5,55 m. Das geplante Gebäude soll aus einem Erdgeschoss, einem ersten Obergeschoss sowie einem ausgebauten Dachgeschoss bestehen. In jedem dieser Geschosse sind zwei Wohneinheiten, insgesamt demnach sechs Wohneinheiten, vorgesehen. Die geplante Firsthöhe des Gebäudes beträgt ca. 11 m bei einer Dachneigung von 45 Grad. Die Stellplätze des Vorhabens sollen zum größten Teil in einer Tiefgarage untergebracht werden. Die Tiefgaragenzufahrt verläuft entlang der Nordgrenze des Baugrundstücks, abgewandt von dem Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am 5. April 2016 die ihr von der Beigeladenen vorgelegten Eingabepläne unterzeichnet. Diese Pläne gingen am 5. April 2016 mit einem Formblattantrag zur Erteilung einer Baugenehmigung vom ... März 2016 bei der Antragsgegnerin ein. Mit E-Mail vom 6. April 2016 übersandte der Neffe der Antragstellerin der Antragsgegnerin als pdf-Anhang ein Schreiben mit Datum ... April 2016. In der E-Mail wird um Kenntnisnahme des Widerrufs der Unterschriften der Antragstellerin zu den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen gebeten. In dem Schreiben im Anhang wird die Antragstellerin als Absender und die Beigeladene als Adressat genannt. Es wird ausgeführt, dass die Antragstellerin ihre „gestrige Unterschrift auf sämtlichen ihr vorgelegten Unterlagen und Plänen“ widerrufe. Die Antragstellerin sei bei einem nicht abgesprochenen Besuch bei ihr zu Hause völlig überfordert gewesen und sei durch die Aussage des Beauftragen der Beigeladenen, wonach die Beigeladene sowieso baue was sie wolle, derart unter Druck gesetzt worden, dass sie den Plan unterschrieben habe.

Mit Bescheid vom ... Juli 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung für die Errichtung des vorstehend beschriebenen Vorhabens. Die Genehmigung erging im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO. Hierauf wurde im Bescheid hingewiesen.

Mit Telefax vom 1. August 2016 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben (M 9 K 16.3413) und beantragt, die Baugenehmigung vom ... Juli 2016 aufzuheben.

Zugleich beantragt er im vorliegenden Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin anzuordnen.

In der Klage- und Antragsbegründung führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus, dass die Klage trotz der Unterschrift der Antragstellerin auf den Bauplänen zulässig sei. Die Neffen der Antragstellerin, die diese in Verhandlungen mit der Beigeladenen vertreten hätten, hätten schon vor Vorlage der Baupläne klargestellt, dass sie Ansprechpartner in Angelegenheiten des Bauvorhabens sein sollen, nicht jedoch die Antragstellerin. Diese fühle sich aufgrund ihres Alters solchen Verhandlungen nicht mehr gewachsen. Trotz dieser Informationen sei die Antragstellerin mit einem Besuch eines Mitarbeiters der Beigeladenen überrumpelt worden. Die Pläne seien zur Unterschrift vorgelegt worden, mit der Äußerung, dass ohnehin gebaut werde was die Beigeladene sich vorstelle. Deshalb habe die Antragstellerin zunächst ihre Unterschrift geleistet. Die Antragstellerin habe ihre Unterschrift mit Schreiben vom ... April 2016 auch gegenüber dem Bauordnungsamt der Antragsgegnerin widerrufen. Es liege darüber hinaus ein Erklärungsirrtum vor, da die Antragstellerin nicht gewusst habe, dass sie mit der Unterschrift auf ihre öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte verzichte. Sie sei zudem getäuscht worden, da sie durch die Äußerung des Beigeladenen davon ausgegangen sei, dass die Unterschrift keine Auswirkungen habe. Die Klage und der Antrag seien zudem begründet, da Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt würden. Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der Nutzung und nach der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Umgebung sei durch lockere Wohnbebauung im Stile von Siedlungshäusern in der Bauweise E + D aus den 50er Jahren geprägt. Die Höhe und Länge des Baukörpers sprenge den Rahmen der vorhandenen Bebauung. Das Gebot der Rücksichtnahme sei verletzt, da die Nachbarschaft von einer äußerst ruhigen Lage und einem hohen Anteil an gärtnerischer Nutzung der Grundstücke geprägt sei. Aufgrund der Massivität des Baukörpers ergebe sich eine Verschattungswirkung und eine erdrückende Wirkung für das Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragsgegnerin nahm im Verfahren M 9 SN 16.3050 zur Sache Stellung. Dieses Verfahren wurde mittlerweile durch übereinstimmende Erledigterklärung beendet, da es sich lediglich auf eine zunächst erteilte Teilbaugenehmigung bezog. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass sich das Vorhaben in die Umgebung auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung einfüge. Dem Einfügungsgebot komme indes keine nachbarschützende Wirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots könne im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, da die Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung eingehalten würden. Auch der Zu- und Abfahrtsverkehr des geplanten Vorhabens würden das Grundstück der Antragstellerin nicht treffen, da die Zufahrt zur geplanten Tiefgarage an der nördlichen Grundstücksgrenze zur ...-straße ausgerichtet sei.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt mit Schriftsatz vom 17. August 2015,

den Antrag abzulehnen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und den Verfahren M 9 K 16.3413, M 9 SN 16.3050 und M 9 K 16.3049 Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig (1.) und darüber hinaus auch unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist unzulässig, da die Antragstellerin aufgrund ihrer durch Nachbar-unterschrift erklärten Zustimmung zu dem Vorhaben keine Antragsbefugnis geltend machen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

1.1 Gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO sind den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Die Unterschrift gilt als Zustimmung und ist nur bis zu ihrem Zugang bei der Baugenehmigungsbehörde frei widerruflich. Die vorbehaltslose Unterschriftsleistung bedeutet einen Verzicht des Nachbarn auf materielle Abwehrrechte, die zur Unzulässigkeit der Klage und zur Unzulässigkeit des vorliegenden Antrags führt (BayVGH, B. v. 31.1.2005 - 20 CE 05.68 - juris Rn. 10).

Die Antragstellerin hat durch ihre Unterschrift auf den der Genehmigung vom 12. Juli 2016 zugrundeliegenden Bauplänen dem Bauvorhaben vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dem vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Schreiben vom ... April 2016 erklärte Widerruf der Zustimmung konnte diese Wirkung nicht mehr beseitigen. Ein Widerruf der erteilten Zustimmung kann nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss des Großen Senats des BayVGH v. 3.11.2005 - 2 BV 04.1756, 2 BV 04.1758, 2 BV 04.1759 - BayVBl. 2006, 769) nur bis zum Zugang der Nachbar-unterschrift bei der Baugenehmigungsbehörde erfolgen. Nachdem der Bauantrag mit den von der Antragstellerin unterzeichneten Plänen schon am 5. April 2016 bei der Antragsgegnerin einging, konnte der am ... April 2016 erklärte Widerruf keine Wirkung mehr erzeugen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Widerruf überhaupt wirksam gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt wurde, da diese lediglich eine elektronische Kopie des an die Beigeladene gerichteten Schreibens per E-Mail bekam.

1.2 Die Wirksamkeit der Zustimmung der Antragstellerin ist auch nicht im Wege der Anfechtung beseitigt worden.

Die Anfechtung einer Nachbarunterschrift ist anhand der für öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend anzuwendenden §§ 119, 123 BGB zu beurteilen. Entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragstellerin ist weder eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtum i. S. des § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB noch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB möglich.

Es fehlt schon an einer wirksamen Anfechtungserklärung.

Die Anfechtung der Nachbarunterschrift müsste gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt worden sein (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2016, Art. 66 Rn. 136). Bei der Antragsgegnerin ist lediglich eine E-Mail vom Neffen der Antragstellerin eingegangen, in der dieser eine Anlage übersendet, in der von der Antragstellerin gegenüber der Beigeladenen der Widerruf der Zustimmung erklärt wird. Weder wird von einer Anfechtung gesprochen noch werden entsprechende Anfechtungsgründe genannt. Das Vorliegen einer sonstigen Anfechtungserklärung der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin nicht dargelegt.

Selbst wenn man von einer wirksamen Anfechtungserklärung ausgehen wollte, fehlt es auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Bevollmächtigten der Antragstellerin an einem Anfechtungsgrund.

Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BBG, 7. Auflage 2015 Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar von den ihm vorgelegten Bauvorlagen Kenntnis genommen hat und mit dem Vorhaben Einverständnis besteht (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: 2016, Rn. 129 zu Art. 66 BayBO). Es ist nicht dargelegt, dass die Antragstellerin eine andere Vorstellung über den Inhalt ihrer Unterschrift hatte. Vielmehr hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt, dass sie sich über die Rechtsfolgen ihrer Unterschrift nicht im Klaren gewesen sei. Rechtsfolgen, die das Gesetz als mittelbare Folge an die Erklärung knüpft können einen Inhaltsirrtum i. S. v. § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB indes nicht begründen (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2015 Rn. 81 zu § 119). Der Irrtum bzw. die Unwissenheit der Antragstellerin über die Folgen ihrer Erklärung können daher eine Anfechtung als Inhaltsirrtum nicht begründen. Andernfalls würde im Wege der Anfechtung letztlich jeder, mit Ausnahme juristisch einschlägig Vorgebildeter, seine Nachbarzustimmung rückgängig machen können, da es regelmäßig an der Kenntnis aller von der Rechtsprechung aus der Zustimmung abgeleiteten Rechtsfolgen fehlen wird. Eine freie Widerrufbarkeit auch nach dem Eingang der Nachbarzustimmung bei der Bauaufsichtsbehörde soll indes aus Gründen der Rechtssicherheit gerade nicht möglich sein (BayVGH B. v. 03.11.2005 - 2 BV 04.1756 - juris Rn. 14).

Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt neben einer Täuschungshandlung, Vorsatz bzw. Arglist, die Erregung eines Irrtums sowie Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum einerseits und Irrtum und Abgabe der Willenserklärung andererseits voraus. Keine diese Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall dargelegt. Die behauptete Aussage eines Mitarbeiters der Beigeladenen es könne „unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin das gebaut werden was die Beigeladene plane“, stellt schon keine Täuschungshandlung dar. Selbst wenn eine derartige Aussage getroffen worden sein sollte, so wäre sie inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens hängt tatsächlich nicht von der Zustimmung des Nachbarn ab. Inwiefern sich daraus eine Täuschung der Antragstellerin ableiten lassen soll, ist nicht nachvollziehbar. Auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin behauptet nicht, der Mitarbeiter der Beigeladenen habe ausdrücklich erklärt, dass die Unterschrift keinerlei rechtliche Wirkungen habe. Wenn die Antragstellerin diesen unzutreffenden Schluss aus der behaupteten Aussage des Beauftragten der Beigeladenen gezogen hat, so lässt sich dies nicht auf die behauptete Aussage zurückführen.

Eine vorsätzliche und arglistige Täuschungshandlung der Beigeladenen lässt sich auf diese Weise erst Recht nicht konstruieren. Ein Vorsatz liegt nur vor, wenn der Täuschende durch sein Verhalten beim Erklärungsgegner vorsätzlich einen Irrtum erregen will. Hierfür ist erforderlich, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der Angaben kennt und zugleich das Bewusstsein hat, durch die irreführenden Angaben einen Irrtum zu erregen und den Getäuschten damit zu einer Willenserklärung zu motivieren. Weder handelt es sich bei behaupteten Äußerungen durch Bedienstete der Beigeladenen um unrichtige Angaben noch ist ersichtlich, dass die Antragstellerin über die Wirkung ihrer Unterschrift als Verzicht auf nachbarliche Rechte getäuscht werden sollte. Die Zulassung des Vorhabens war völlig unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin, weshalb eine derartige Vorgehensweise unnötig und unwahrscheinlich ist. Die Unterstellung einer Arglist durch den Bevollmächtigten der Antragstellerin ist daher weder nachvollziehbar noch belegt.

2. Der Antrag ist, auch wenn er zulässig wäre, unbegründet.

Bei der im Verfahren gemäß § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Gerichts ist das Interesse des betroffenen Nachbarn an der vorläufigen Aussetzung der Wirkungen der Baugenehmigung mit dem Interesse des Bauherrn an der Realisierung seines Bauvorhabens gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind insbesondere die Erfolgs-aussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Maßgebendes Abwägungskriterium ist daher, ob aufgrund einer summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die zugleich erhobene Klage in der Hauptsache Erfolg haben wird.

Im vorliegenden Fall ergibt die insofern gebotene aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine bauaufsichtliche Zulassung, wie im vorliegenden Fall, kann nur dann Erfolg haben, wenn Vorschriften verletzt sind, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Es genügt daher für den Erfolg von Klage und Antrag nicht, wenn die Zulassung gegen zu prüfende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20 ff. m. w. N.).

Eine Verletzung solcher Nachbarrechte liegt hier nicht vor.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Umgebung einfüge, so kann dies keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin begründen.

Die Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nicht nachbarschützend (BayVGH, U. v. 1.12.2011 - 14 CS 11.2577 - juris Rn. 24). Die Antragstellerin kann insbesondere nicht geltend machen, dass die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens eine allgemeine Verdichtung des Gebiets zur Folge habe. Einen Anspruch des Nachbarn auf Beibehaltung einer kleinteiligen Siedlungsstruktur gibt es nicht.

Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin in Form des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots wegen der Wirkung des zugelassenen Baukörpers auf dem Nachbargrundstück liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.

In Ausnahmefällen kann nach der Rechtsprechung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung eines genehmigten Vorhabens ein in unmittelbarer Nachbarschaft befindliches Wohnhaus „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird (BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 18 ff. m. w. N.). Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, BVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus). Hauptkriterium bei der Beurteilung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes.

Eine derartige erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragstellerin kommt hier nicht ansatzweise in Betracht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung lässt hier lediglich eine Wandhöhe von 5,55 m sowie eine Geschossigkeit von E + 1 + D zu. Nach dem Abstandsflächenplan, der nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Überprüfung ist, werden die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten. Wenn die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden, kommt eine erdrückende Wirkung in der Regel nicht in Betracht. Vielmehr stellen die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften eine Konkretisierung des Gebots der Rücksichtnahme dar (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - juris Rn. 21), bei deren Einhaltung ein Gebäude in der Regel nicht erdrückend wirken kann (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 4 am Ende). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben erschließt sich nicht, weshalb die Antragstellerin in unzumutbarer Weise durch den streitgegenständlichen Baukörper beeinträchtigt sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin entlang ihrer Nordgrenze zum Vorhabengrundstück in erheblichem Umfang grenzständige Nebengebäude hat. Es ist davon auszugehen, dass sich der Außenwohnbereich der Antragstellerin vor allem nach Westen und Süden zur ...-straße hin orientiert. Eine unzumutbare erdrückende Wirkung durch das Vorhaben der Beigeladenen liegt daher fern.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Antragstellerin hat gem. § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitserwägungen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, da sich diese durch Stellung eines Antrags in ein Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat und mit ihrem Antrag obsiegt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Nachbarin gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... in ... Das Grundstück der Antragstellerin ist nach deren Angaben mit einem Einfamilienhaus in Form eines sog. Siedlungshauses in der Bauweise E + D bebaut.

Die Beigeladene beabsichtigt auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., ...-straße ... (Baugrundstück) die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit sechs Wohneinheiten. Das Baugrundstück liegt im Norden des Grundstücks der Antragstellerin. Der geplante Baukörper soll eine Gesamtlänge von 19,49 m erhalten. Er gliedert sich in zwei versetzte Bauteile (Länge 9,49 m bzw. 10,00 m), die durch ein gemeinsames Treppenhaus verbunden sind. Diese sollen eine Breite von jeweils 10,99 m erhalten. Der östliche Gebäudeteil soll einen Abstand von 3 m von der Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin erhalten. In diesem Bereich ist eine Wandhöhe von 5,55 m geplant. Der westliche Gebäudeteil hat einen Abstand zur Grundstücksgrenze mit dem Grundstück der Antragstellerin von 5,9 m. Die geplante Wandhöhe beträgt hier ebenfalls 5,55 m. Das geplante Gebäude soll aus einem Erdgeschoss, einem ersten Obergeschoss sowie einem ausgebauten Dachgeschoss bestehen. In jedem dieser Geschosse sind zwei Wohneinheiten, insgesamt demnach sechs Wohneinheiten, vorgesehen. Die geplante Firsthöhe des Gebäudes beträgt ca. 11 m bei einer Dachneigung von 45 Grad. Die Stellplätze des Vorhabens sollen zum größten Teil in einer Tiefgarage untergebracht werden. Die Tiefgaragenzufahrt verläuft entlang der Nordgrenze des Baugrundstücks, abgewandt von dem Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am 5. April 2016 die ihr von der Beigeladenen vorgelegten Eingabepläne unterzeichnet. Diese Pläne gingen am 5. April 2016 mit einem Formblattantrag zur Erteilung einer Baugenehmigung vom ... März 2016 bei der Antragsgegnerin ein. Mit E-Mail vom 6. April 2016 übersandte der Neffe der Antragstellerin der Antragsgegnerin als pdf-Anhang ein Schreiben mit Datum ... April 2016. In der E-Mail wird um Kenntnisnahme des Widerrufs der Unterschriften der Antragstellerin zu den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen gebeten. In dem Schreiben im Anhang wird die Antragstellerin als Absender und die Beigeladene als Adressat genannt. Es wird ausgeführt, dass die Antragstellerin ihre „gestrige Unterschrift auf sämtlichen ihr vorgelegten Unterlagen und Plänen“ widerrufe. Die Antragstellerin sei bei einem nicht abgesprochenen Besuch bei ihr zu Hause völlig überfordert gewesen und sei durch die Aussage des Beauftragen der Beigeladenen, wonach die Beigeladene sowieso baue was sie wolle, derart unter Druck gesetzt worden, dass sie den Plan unterschrieben habe.

Mit Bescheid vom ... Juli 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung für die Errichtung des vorstehend beschriebenen Vorhabens. Die Genehmigung erging im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO. Hierauf wurde im Bescheid hingewiesen.

Mit Telefax vom 1. August 2016 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben (M 9 K 16.3413) und beantragt, die Baugenehmigung vom ... Juli 2016 aufzuheben.

Zugleich beantragt er im vorliegenden Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin anzuordnen.

In der Klage- und Antragsbegründung führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus, dass die Klage trotz der Unterschrift der Antragstellerin auf den Bauplänen zulässig sei. Die Neffen der Antragstellerin, die diese in Verhandlungen mit der Beigeladenen vertreten hätten, hätten schon vor Vorlage der Baupläne klargestellt, dass sie Ansprechpartner in Angelegenheiten des Bauvorhabens sein sollen, nicht jedoch die Antragstellerin. Diese fühle sich aufgrund ihres Alters solchen Verhandlungen nicht mehr gewachsen. Trotz dieser Informationen sei die Antragstellerin mit einem Besuch eines Mitarbeiters der Beigeladenen überrumpelt worden. Die Pläne seien zur Unterschrift vorgelegt worden, mit der Äußerung, dass ohnehin gebaut werde was die Beigeladene sich vorstelle. Deshalb habe die Antragstellerin zunächst ihre Unterschrift geleistet. Die Antragstellerin habe ihre Unterschrift mit Schreiben vom ... April 2016 auch gegenüber dem Bauordnungsamt der Antragsgegnerin widerrufen. Es liege darüber hinaus ein Erklärungsirrtum vor, da die Antragstellerin nicht gewusst habe, dass sie mit der Unterschrift auf ihre öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte verzichte. Sie sei zudem getäuscht worden, da sie durch die Äußerung des Beigeladenen davon ausgegangen sei, dass die Unterschrift keine Auswirkungen habe. Die Klage und der Antrag seien zudem begründet, da Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt würden. Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der Nutzung und nach der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Umgebung sei durch lockere Wohnbebauung im Stile von Siedlungshäusern in der Bauweise E + D aus den 50er Jahren geprägt. Die Höhe und Länge des Baukörpers sprenge den Rahmen der vorhandenen Bebauung. Das Gebot der Rücksichtnahme sei verletzt, da die Nachbarschaft von einer äußerst ruhigen Lage und einem hohen Anteil an gärtnerischer Nutzung der Grundstücke geprägt sei. Aufgrund der Massivität des Baukörpers ergebe sich eine Verschattungswirkung und eine erdrückende Wirkung für das Grundstück der Antragstellerin.

Die Antragsgegnerin nahm im Verfahren M 9 SN 16.3050 zur Sache Stellung. Dieses Verfahren wurde mittlerweile durch übereinstimmende Erledigterklärung beendet, da es sich lediglich auf eine zunächst erteilte Teilbaugenehmigung bezog. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass sich das Vorhaben in die Umgebung auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung einfüge. Dem Einfügungsgebot komme indes keine nachbarschützende Wirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots könne im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, da die Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung eingehalten würden. Auch der Zu- und Abfahrtsverkehr des geplanten Vorhabens würden das Grundstück der Antragstellerin nicht treffen, da die Zufahrt zur geplanten Tiefgarage an der nördlichen Grundstücksgrenze zur ...-straße ausgerichtet sei.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt mit Schriftsatz vom 17. August 2015,

den Antrag abzulehnen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und den Verfahren M 9 K 16.3413, M 9 SN 16.3050 und M 9 K 16.3049 Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig (1.) und darüber hinaus auch unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist unzulässig, da die Antragstellerin aufgrund ihrer durch Nachbar-unterschrift erklärten Zustimmung zu dem Vorhaben keine Antragsbefugnis geltend machen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

1.1 Gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO sind den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Die Unterschrift gilt als Zustimmung und ist nur bis zu ihrem Zugang bei der Baugenehmigungsbehörde frei widerruflich. Die vorbehaltslose Unterschriftsleistung bedeutet einen Verzicht des Nachbarn auf materielle Abwehrrechte, die zur Unzulässigkeit der Klage und zur Unzulässigkeit des vorliegenden Antrags führt (BayVGH, B. v. 31.1.2005 - 20 CE 05.68 - juris Rn. 10).

Die Antragstellerin hat durch ihre Unterschrift auf den der Genehmigung vom 12. Juli 2016 zugrundeliegenden Bauplänen dem Bauvorhaben vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dem vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Schreiben vom ... April 2016 erklärte Widerruf der Zustimmung konnte diese Wirkung nicht mehr beseitigen. Ein Widerruf der erteilten Zustimmung kann nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss des Großen Senats des BayVGH v. 3.11.2005 - 2 BV 04.1756, 2 BV 04.1758, 2 BV 04.1759 - BayVBl. 2006, 769) nur bis zum Zugang der Nachbar-unterschrift bei der Baugenehmigungsbehörde erfolgen. Nachdem der Bauantrag mit den von der Antragstellerin unterzeichneten Plänen schon am 5. April 2016 bei der Antragsgegnerin einging, konnte der am ... April 2016 erklärte Widerruf keine Wirkung mehr erzeugen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Widerruf überhaupt wirksam gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt wurde, da diese lediglich eine elektronische Kopie des an die Beigeladene gerichteten Schreibens per E-Mail bekam.

1.2 Die Wirksamkeit der Zustimmung der Antragstellerin ist auch nicht im Wege der Anfechtung beseitigt worden.

Die Anfechtung einer Nachbarunterschrift ist anhand der für öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend anzuwendenden §§ 119, 123 BGB zu beurteilen. Entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragstellerin ist weder eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtum i. S. des § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB noch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB möglich.

Es fehlt schon an einer wirksamen Anfechtungserklärung.

Die Anfechtung der Nachbarunterschrift müsste gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt worden sein (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2016, Art. 66 Rn. 136). Bei der Antragsgegnerin ist lediglich eine E-Mail vom Neffen der Antragstellerin eingegangen, in der dieser eine Anlage übersendet, in der von der Antragstellerin gegenüber der Beigeladenen der Widerruf der Zustimmung erklärt wird. Weder wird von einer Anfechtung gesprochen noch werden entsprechende Anfechtungsgründe genannt. Das Vorliegen einer sonstigen Anfechtungserklärung der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin nicht dargelegt.

Selbst wenn man von einer wirksamen Anfechtungserklärung ausgehen wollte, fehlt es auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Bevollmächtigten der Antragstellerin an einem Anfechtungsgrund.

Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BBG, 7. Auflage 2015 Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar von den ihm vorgelegten Bauvorlagen Kenntnis genommen hat und mit dem Vorhaben Einverständnis besteht (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: 2016, Rn. 129 zu Art. 66 BayBO). Es ist nicht dargelegt, dass die Antragstellerin eine andere Vorstellung über den Inhalt ihrer Unterschrift hatte. Vielmehr hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt, dass sie sich über die Rechtsfolgen ihrer Unterschrift nicht im Klaren gewesen sei. Rechtsfolgen, die das Gesetz als mittelbare Folge an die Erklärung knüpft können einen Inhaltsirrtum i. S. v. § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB indes nicht begründen (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2015 Rn. 81 zu § 119). Der Irrtum bzw. die Unwissenheit der Antragstellerin über die Folgen ihrer Erklärung können daher eine Anfechtung als Inhaltsirrtum nicht begründen. Andernfalls würde im Wege der Anfechtung letztlich jeder, mit Ausnahme juristisch einschlägig Vorgebildeter, seine Nachbarzustimmung rückgängig machen können, da es regelmäßig an der Kenntnis aller von der Rechtsprechung aus der Zustimmung abgeleiteten Rechtsfolgen fehlen wird. Eine freie Widerrufbarkeit auch nach dem Eingang der Nachbarzustimmung bei der Bauaufsichtsbehörde soll indes aus Gründen der Rechtssicherheit gerade nicht möglich sein (BayVGH B. v. 03.11.2005 - 2 BV 04.1756 - juris Rn. 14).

Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt neben einer Täuschungshandlung, Vorsatz bzw. Arglist, die Erregung eines Irrtums sowie Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum einerseits und Irrtum und Abgabe der Willenserklärung andererseits voraus. Keine diese Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall dargelegt. Die behauptete Aussage eines Mitarbeiters der Beigeladenen es könne „unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin das gebaut werden was die Beigeladene plane“, stellt schon keine Täuschungshandlung dar. Selbst wenn eine derartige Aussage getroffen worden sein sollte, so wäre sie inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens hängt tatsächlich nicht von der Zustimmung des Nachbarn ab. Inwiefern sich daraus eine Täuschung der Antragstellerin ableiten lassen soll, ist nicht nachvollziehbar. Auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin behauptet nicht, der Mitarbeiter der Beigeladenen habe ausdrücklich erklärt, dass die Unterschrift keinerlei rechtliche Wirkungen habe. Wenn die Antragstellerin diesen unzutreffenden Schluss aus der behaupteten Aussage des Beauftragten der Beigeladenen gezogen hat, so lässt sich dies nicht auf die behauptete Aussage zurückführen.

Eine vorsätzliche und arglistige Täuschungshandlung der Beigeladenen lässt sich auf diese Weise erst Recht nicht konstruieren. Ein Vorsatz liegt nur vor, wenn der Täuschende durch sein Verhalten beim Erklärungsgegner vorsätzlich einen Irrtum erregen will. Hierfür ist erforderlich, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der Angaben kennt und zugleich das Bewusstsein hat, durch die irreführenden Angaben einen Irrtum zu erregen und den Getäuschten damit zu einer Willenserklärung zu motivieren. Weder handelt es sich bei behaupteten Äußerungen durch Bedienstete der Beigeladenen um unrichtige Angaben noch ist ersichtlich, dass die Antragstellerin über die Wirkung ihrer Unterschrift als Verzicht auf nachbarliche Rechte getäuscht werden sollte. Die Zulassung des Vorhabens war völlig unabhängig von der Zustimmung der Antragstellerin, weshalb eine derartige Vorgehensweise unnötig und unwahrscheinlich ist. Die Unterstellung einer Arglist durch den Bevollmächtigten der Antragstellerin ist daher weder nachvollziehbar noch belegt.

2. Der Antrag ist, auch wenn er zulässig wäre, unbegründet.

Bei der im Verfahren gemäß § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Gerichts ist das Interesse des betroffenen Nachbarn an der vorläufigen Aussetzung der Wirkungen der Baugenehmigung mit dem Interesse des Bauherrn an der Realisierung seines Bauvorhabens gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind insbesondere die Erfolgs-aussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Maßgebendes Abwägungskriterium ist daher, ob aufgrund einer summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die zugleich erhobene Klage in der Hauptsache Erfolg haben wird.

Im vorliegenden Fall ergibt die insofern gebotene aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine bauaufsichtliche Zulassung, wie im vorliegenden Fall, kann nur dann Erfolg haben, wenn Vorschriften verletzt sind, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Es genügt daher für den Erfolg von Klage und Antrag nicht, wenn die Zulassung gegen zu prüfende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20 ff. m. w. N.).

Eine Verletzung solcher Nachbarrechte liegt hier nicht vor.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Umgebung einfüge, so kann dies keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin begründen.

Die Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nicht nachbarschützend (BayVGH, U. v. 1.12.2011 - 14 CS 11.2577 - juris Rn. 24). Die Antragstellerin kann insbesondere nicht geltend machen, dass die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens eine allgemeine Verdichtung des Gebiets zur Folge habe. Einen Anspruch des Nachbarn auf Beibehaltung einer kleinteiligen Siedlungsstruktur gibt es nicht.

Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin in Form des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots wegen der Wirkung des zugelassenen Baukörpers auf dem Nachbargrundstück liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.

In Ausnahmefällen kann nach der Rechtsprechung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung eines genehmigten Vorhabens ein in unmittelbarer Nachbarschaft befindliches Wohnhaus „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird (BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 18 ff. m. w. N.). Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, BVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus). Hauptkriterium bei der Beurteilung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes.

Eine derartige erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragstellerin kommt hier nicht ansatzweise in Betracht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung lässt hier lediglich eine Wandhöhe von 5,55 m sowie eine Geschossigkeit von E + 1 + D zu. Nach dem Abstandsflächenplan, der nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Überprüfung ist, werden die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten. Wenn die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden, kommt eine erdrückende Wirkung in der Regel nicht in Betracht. Vielmehr stellen die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften eine Konkretisierung des Gebots der Rücksichtnahme dar (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - juris Rn. 21), bei deren Einhaltung ein Gebäude in der Regel nicht erdrückend wirken kann (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 4 am Ende). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben erschließt sich nicht, weshalb die Antragstellerin in unzumutbarer Weise durch den streitgegenständlichen Baukörper beeinträchtigt sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin entlang ihrer Nordgrenze zum Vorhabengrundstück in erheblichem Umfang grenzständige Nebengebäude hat. Es ist davon auszugehen, dass sich der Außenwohnbereich der Antragstellerin vor allem nach Westen und Süden zur ...-straße hin orientiert. Eine unzumutbare erdrückende Wirkung durch das Vorhaben der Beigeladenen liegt daher fern.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Antragstellerin hat gem. § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitserwägungen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, da sich diese durch Stellung eines Antrags in ein Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat und mit ihrem Antrag obsiegt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02. November 2007 - 9 K 3830/07 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO noch entsprechende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02.11.2007 hat keinen Erfolg.
Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin der Beigeladenen Ziff. 1 erteilte Baugenehmigung vom 20.04.2006, ergänzt durch baurechtliche Entscheidung vom 04.09.2007, abgelehnt. Inhalt der angefochtenen Baugenehmigung ist die Nutzungsänderung eines vorhandenen - bisher als Teppichhandlung genutzten - Gebäudes in eine Einrichtung mit zwei islamischen Gebetssälen und verschiedenen Nebenräumen.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass das private Interesse des Bauherrn an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212 a BauGB) das gegenläufige privaten Interessen der Antragstellerin überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend begründet, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren möglichen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, weil - worauf es allein ankommt - die von ihr angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Darauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe gebieten keine andere Beurteilung. Insoweit ist ergänzend zu bemerken:
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürfte die genehmigte Nutzungsänderung mit der Zweckbestimmung des betroffenen Baugebietes vereinbar sein.
Das Bauvorhaben soll unstreitig im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans verwirklicht werden, der sowohl für das Baugrundstück als auch für das Grundstück der Antragstellerin ein Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO (1968) ausweist. Mit der Beschwerde wird nicht in Frage gestellt, dass gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO in einem Mischgebiet Einrichtungen für kirchliche, kulturelle und soziale Zwecke grundsätzlich zulässig sind, und zwar nicht nur - wie nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem reinen Wohngebiet - beschränkt auf die Bedürfnisse dieses Gebietes. Da als Ausfluss der staatlichen Neutralität die Baunutzungsverordnung weltanschaulich neutral ausgelegt werden muss, sind - auch - die geplanten islamischen Gebetsräume unter diese Vorschrift zu subsumieren und damit nach ihrer Art am vorgesehenen Standort allgemein zulässig.
Eine Gebietsunverträglichkeit dürfte im vorliegenden Fall auch nicht aus der Größe und dem Nutzungsumfang der geplanten Einrichtung herzuleiten sein. Gegenstand der Baugenehmigung ist u.a. die Einrichtung eines Gebetsraums für Männer von 180 m² und eines Gebetsraums für Frauen von 110 m²; insgesamt verfügt das Bauvorhaben über eine Nutzfläche von 1200 m². Schon die räumlichen Ausmaße der Gebetsräume sprechen gegen die Ansicht der Antragstellerin, es handele sich um eine „Zentraleinrichtung für den mittleren Neckarraum“. Die Antragsgegnerin weist in ihrer Beschwerdeerwiderung auch zutreffend darauf hin, dass im mittleren Neckarraum bereits mehrere weitere Moscheen bzw. islamische Gebetssäle zu Verfügung stehen.
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem von der Antragstellerin herangezogenen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12.02.2007 (M 8 K 06.3625), in dem über die Zulässigkeit einer islamischen Einrichtung mit einem Flächenangebot von 5.191 m² zu entscheiden war. Dies hat zutreffend bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt. Daran ändern auch die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung angestellten Vergleichsberechnungen unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl von München und Ludwigsburg nichts. Für die Prüfung der Gebietsverträglichkeit eines Bauvorhabens ist die Eigenart des betroffenen Baugebiets maßgeblich, welche grundsätzlich unabhängig ist von der Größe oder Einwohnerzahl der Gemeinde, in der das Vorhaben verwirklicht werden soll.
Das genehmigte Bauvorhaben dürfte auch nicht gegen das § 15 BauNVO zu entnehmende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen.
Ausgangspunkt der Prüfung ist, dass nach den obigen Feststellungen das genehmigte Bauvorhaben nach der Art der Nutzung in dem als Mischgebiet ausgewiesenen Baugebiet grundsätzlich und allgemein zulässig sein dürfte; denn die im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes abzuwägenden Interessen der Beteiligten haben ein unterschiedliches Gewicht je nachdem, ob es sich um ein Vorhaben handelt, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig ist oder umgekehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50/89 -, NJW 1992, 708 f.). Der im vorliegenden Fall dem Bauherrn somit grundsätzlich zustehenden und durch Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten baurechtlichen Position kann die Antragstellerin nur bei Vorliegen besonderer Umstände entgegenhalten, dass das Vorhaben zu unzumutbaren Auswirkungen führe und deswegen ihr gegenüber „rücksichtslos“ sei. Solche besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Nach der gesetzlichen Wertung hat der Grundstücksnachbar einer in einem Baugebiet allgemein zulässigen kirchlichen oder kulturellen Anlage die mit deren Benutzung üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen grundsätzlich hinzunehmen; dazu gehört auch der An- und Abfahrtsverkehr der Besucher (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Einzelnen dargelegt, dass durch die Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung vom 20.04.2006 sowie durch die Ergänzungsentscheidung vom 04.09.2007 gegen unzumutbare Lärmbelästigungen durch das Bauvorhaben ausreichend Vorsorge getroffen wurde. Danach darf u.a. die Nutzung (einschließlich der Gebetsräume) nur von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen. Der Parkplatz ist bis 21.00 Uhr zu räumen. Die Anlieferung zum Laden darf nur während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfolgen. Die Immissionsrichtwerte für das Mischgebiet - tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A) - werden am Grundstück der Antragstellerin sowohl nach der von der Islamischen Gemeinschaft … vorgelegten schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros … GbR als auch nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten der … GbR während der genehmigten Nutzungszeiten nicht überschritten. Damit setzt sich die Antragstellerin in ihrem Beschwerdevorbringen nicht auseinander.
10 
Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung die erteilte Baugenehmigung. Soweit mit der Beschwerde gerügt wird, das Gericht könne sich nicht „auf die Nebenbestimmungen hinausretten, um das Baugesucht zu retten“, mit den in der Baugenehmigung festgelegten Öffnungszeiten könne „ein islamisches Gebetshaus nicht geführt werden“ und die Beigeladene halte sich „an keinerlei Vorschriften bezüglich der Nutzung des Areals“, geht der Vortrag somit an der Sache vorbei. Falls die Vorgaben der erteilten Baugenehmigung nicht eingehalten werden, obliegt es der Antragsgegnerin, dagegen einzuschreiten. Die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung selbst wird dadurch nicht in Frage gestellt.
11 
Soweit sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung mit der o.g. Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 27.02.1992 kritisch auseinander setzt und auf das dieser Entscheidung zugrundeliegende Senatsurteil vom 20.06.1989 (- 3 S 873/89 -, juris) verweist, kann dies ebenfalls der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die genannten Entscheidungen betrafen eine andere Fallkonstellation, nämlich die Erteilung einer Baugenehmigung für einen islamischen Betsaal, die die Nutzung zum Morgengebet in der Ruhezeit vor 6.00 Uhr umfasste. Eine solche Nutzung wird durch die im vorliegenden Fall erteilte Baugenehmigung gerade ausgeschlossen. Auch dafür, dass von der genehmigten Nutzung Gefahren ausgehen könnten, wie sie der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2007 - 4 C 1.06 - zugrunde lagen, wird nichts vorgetragen und ist derzeit auch nichts ersichtlich.
12 
Auch aus der von der Antragstellerin gerügten und mit Bildern belegten Stellplatzsituation dürfte sich nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Verletzung von Nachbarrechten ergeben. Dabei kann der Senat offen lassen, ob für die genehmigte Nutzung Stellplätze in ausreichender Zahl nachgewiesen worden sind.
13 
Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Verpflichtung zur Errichtung der für eine ordnungsgemäße Nutzung notwendigen Stellplätze (§ 37 Abs. 1 und 2 LBO) sind nicht nachbarschützend, sondern dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr. Die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze kann allerdings im Einzelfall gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Ein Verstoß liegt vor, wenn der Mangel an Stellplätzen zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn - auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung seines Grundstücks - bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 12.05.2003 - 9 TG 2037/02 -, BRS 66 Nr. 190; OVG Bremen, Beschluss vom 18.10.2002 - 1 B 315/02 -, BauR 2003, 509 ff.; OVG NW, Urteil vom 10.07.1998 - 11 A 7238/95 -, BauR 1999, 237 ff.; Nieders. OVG, Beschluss vom 14.03.1997 - 1 M 6589/96 -, BauR 1997, 983 f.; s. auch Sauter, LBO, § 37 Rn. 12 m.w.N.). Auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgemäße Nutzung seines eigenen Grundstücks zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück möglich ist - allerdings nicht schon darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschränkungen zur Verfügung stehen. Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.03.1998 - 1 B 33/98 -, GewArch 1998, 254 f.). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln (vgl. für den ruhenden Verkehr etwa die Anwohnerparkregelung in § 45 Abs. 1b Satz 2 StVO). Als rücksichtslos kann der Verzicht auf die notwendigen Stellplätze auch dann gerügt werden, wenn der durch ihn bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Dies setzt i.d.R. entsprechende Immissionen, insbesondere Lärm- und Abgaseinwirkungen, voraus (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 18.10.2002, a.a.O.).
14 
Nach diesen Maßgaben kann der Senat derzeit einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch einen von der Antragstellerin gerügten Stellplatzmangel nicht feststellen. Es kann dabei offen bleiben, ob die Antragsgegnerin die Vorbelastung durch den sich ehemals auf dem Baugrundstück befindlichen Teppichhandel richtig ermittelt hat, was die Antragstellerin wohl anzweifelt. Der bloße Hinweis auf die Inanspruchnahme der angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Besuchern des genehmigten Bauvorhabens insbesondere zur Zeit des Freitagsgebets vermag nach dem oben Gesagten jedenfalls eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht zu begründen. Dafür, dass durch den Parkplatzsuchverkehr in einem Mischgebiet unzulässige Lärmimmissionen hervorgerufen werden, ergeben sich weder aus den vorgelegten Gutachten noch aus den sonstigen Unterlagen hinreichende Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung schließlich darauf hingewiesen, dass die auf den von der Antragstellerin vorgelegten Bildern festgehaltene Parkplatzsituation sich nicht mehr einstellen werde, sobald die genehmigten Stellplätze hergestellt seien.
15 
Soweit es um Störungen durch die genehmigten Stellplätze auf dem Baugrundstück selbst geht, kann sich die Antragstellerin auf die nachbarschützende Regelung in § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO berufen. Danach darf die Nutzung der Stellplätze die Gesundheit nicht schädigen und das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm, Abgase und Gerüche nicht erheblich stören. Der Begriff der erheblichen Störung ist weitgehend deckungsgleich mit dem Begriff der erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG und damit mit dem Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass notwendige Stellplätze und Garagen keine billigerweise nicht zumutbaren Störungen hervorrufen (vgl. zum Ganzen Sauter, LBO, § 37 Rn. 110 ff. m.w.N.).
16 
Gemessen daran kann der Senat eine Verletzung des § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO durch die genehmigten Stellplätze nicht feststellen. Nach den vorliegenden Gutachten, die sich ausdrücklich mit den durch die genehmigten Stellplätze und den Zu- und Abfahrtsverkehr ausgelösten Lärmimmissionen auseinander gesetzt haben, werden die zulässigen Lärmpegel nicht überschritten. Dies wird durch die Beschwerdebegründung auch nicht substantiiert in Frage gestellt.
17 
Gibt damit die Beschwerdebegründung keine Veranlassung zu einer Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses, kann offen bleiben, ob sich diese Entscheidung auch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist. So bedarf es keiner Klärung, ob die Antragstellerin mit ihren Einwendungen gegen das Bauvorhaben deshalb ausgeschlossen ist, weil sie die Einwendungen trotz möglicherweise ausreichender Einsichtsmöglichkeit in die Bauvorlagen im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung nicht ausreichend begründet hat. Ebenso kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der der Beigeladenen zu 1 unter dem 14.06.2005 erteilte Bauvorbescheid Bindungswirkung zu Lasten der Antragstellerin entfaltet (zur Bindungswirkung eines Bauvorbescheides gegenüber dem Nachbarn vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 8 m.w.N.). Eine Fallgestaltung, wie sie dem Urteil des BVerwG vom 27.03.1998 (- 4 C 11/97 -, NVwZ 1998, 729 ff.) zu Grunde lag, dürfte vorliegend nicht gegeben sein.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen; diese haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich auch sonst nicht beteiligt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs 1 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.