Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 02. Dez. 2015 - 5 K 350/15
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.
(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. Juli 2013 - 11 K 1561/13 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nutzung mit Wirkung zum 1. Juni 2014 zu untersagen ist.
Die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 1 tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst.
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 3.750,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Gründe
A.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
- 2
Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
I.
- 3
Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht auf die Klage oder den Widerspruch des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung nicht deren objektive Rechtmäßigkeit, sondern nur zu prüfen hat, ob der Nachbar durch die Baugenehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Eine solche Verletzung nachbarschützender Vorschriften hat das Verwaltungsgericht verneint.
- 4
Es hat angenommen, das Vorhaben der Beigeladenen, der Umbau einer ehemaligen Fabrikanlage zu einem Wohngebäude, füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die durch eine Gemengelage geprägt sei. Zu Gunsten der Kläger greife auch kein Gebietserhaltungsanspruch ein, da ein einheitlich gewerblicher Gebietscharakter schon durch die westlich gelegene Hinterliegerbebauung mit Mehrfamilienhäusern ausgeschlossen sei.
- 5
Die Kläger könnten sich auch nicht auf bauordnungsrechtliche Belange, insbesondere die Unterschreitung von Abstandsflächen berufen. Letzteres sei schon deshalb fraglich, weil die Änderung eines Gebäude, das den Mindestabstand nicht oder nur knapp einhalte, möglicherweise kein neues Abwehrrecht des Nachbarn begründe.
- 6
Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, sei das Vorhaben jedenfalls aufgrund der erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zulässig. Die für eine solche Abweichung erforderliche atypische Situation ergebe sich hier aus der Entstehungsgeschichte der Grundstücke, ihrer Lage zueinander in einem bebauten Gebiet, aus dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung der Immobilie und dem Interesse des Denkmalschutzes am Erhalt derselben.
- 7
Zu berücksichtigen sei, dass die Abstandsflächenproblematik im Kern bereits bei Teilung des ursprünglichen, die Flurstücke der Kläger und der Beigeladenen umfassenden unvermessenen Geländes entstanden sei. Dabei hätten die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger zu ihren Gunsten im Hinblick auf die Bebauung mit vergleichsweise flachen Lagerhallen recht großzügige Grundstücke und mithin Abstandsflächen erworben. Für das verbleibende Restgrundstück, das mit einer mehrgeschossigen, insgesamt gut 17 m hohen Fabrikanlage bebaut gewesen sei, sei nur noch ein Grundstücksstreifen rund um die Fabrik in einer Breite von 3 m belassen worden. Dies habe zwar unter der – schon damals zweifelhaften – Annahme eines Gewerbegebiets dem notwendigen Mindestmaß einer Abstandsfläche entsprochen. Gleichzeitig sei damals aber schon der Kern gelegt worden für Probleme bei jeder denkbaren Änderung des Gebäudes oder seiner Nutzung.
- 8
Auch wenn die Einhaltung der Abstandsflächen des umgenutzten Gebäudes im Rahmen des Genehmigungsverfahrens neu zu prüfen seien, sei zu beachten, dass es sich gleichwohl der Kubatur nach um ein Bestandsgebäude handele und keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Insbesondere die Balkonanlagen fielen unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 BauO LSA. Die nachbarschützenden Aspekte hätten sich hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung durch die bloße Umnutzung nicht verändert. Lediglich ein Abriss hätte eine Verbesserung des Zustands für die Kläger bewirkt. Dies hätten sie aber nicht erwarten können, weil es sich bei dem ehemaligen Fabrikgebäude um ein Baudenkmal handele, dessen Erhalt auch im öffentlichen Interesse liege, das sich nicht notwendig auf dessen Funktion erstrecke.
- 9
Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine mögliche spätere Nutzung ihrer derzeit noch mit Lagerhallen bebauten Grundstücke unzulässig verkürzt werde, weil nunmehr die Abstandsflächen des Gebäudes der Beigeladenen auf ihrem Grundstück zu liegen kämen. Die von der Beklagten zugelassenen Abweichungen hinderten die Kläger nicht an einer baurechtskonformen Ausnutzung ihrer eigenen Grundstücke unter Ausnutzung auch der Flächen, die mit den Abstandsflächen des Vorhabens der Beigeladenen „belastet“ seien.
- 10
Auch die Befreiung von der Vorschrift des § 29 BauO LSA hinsichtlich des Brandschutzes sei nicht zu beanstanden. Eine Brandwand sei schon deshalb nicht zu fordern, weil der Abstand zwischen der Gebäudeabschlusswand des Gebäudes der Beigeladenen und dem Bestandsgebäude des Klägers zu 1 mehr als die nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA erforderlichen 5 m betrage und eine zukünftige bauliche Veränderung auf dem Flurstück der Kläger zu 1 nicht konkret absehbar sei, jedenfalls aber ein Wegerecht zu beachten hätte, so dass ein Abstand zum Gebäude von 6,50 m gesichert sei.
II.
- 11
Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, diese tragenden Erwägungen in Frage zu stellen.
- 12
1. Dies gilt insbesondere für den Vortrag der Kläger, die nachbarschaftliche Vereinbarung vom 21.12.2006 über die wohnbauliche Nutzung des alten Fabrikgebäudes sei bis zum 30.06.2007 befristet gewesen. Sie legen nicht dar, inwieweit diese Vereinbarung für die Frage, ob die angefochtene Baugenehmigung oder die Abweichungsbescheide dem Schutz der Kläger dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzen, von rechtlicher Bedeutung sein könnte. Dies erhellt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen der Kläger, die Beigeladene habe nach Ablauf der Geltungsdauer „wider besseres Wissen“ den Bauantrag mit der Vereinbarung eingereicht und sich nicht um eine einvernehmliche Lösung bemüht, sondern Druck ausgeübt, u. a durch Erhebung einer Klage mit dem Ziel, die Errichtung eines Zauns zwischen beiden Grundstücken zu verhindern. Der Vortrag der Kläger, sie hätten in einem Gespräch im Bauordnungsamt der Beklagten Bedenken hinsichtlich der aus ihrer Sicht oberflächlichen Sanierung des ehemaligen Fabrikgebäudes geäußert, lässt ebenfalls nicht erkennen, inwieweit dies für eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die Baugenehmigung von Belang sein könnte.
- 13
2. Die von den Klägern beanstandeten Baumängel (Nässeschäden, fehlende Rauchabzugsanlagen in den Treppenhäusern, Aufbringen von Kies und Erdreich, keine vertikale Sperrung der Wände) betreffen die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. Zudem ist nicht dargelegt, inwieweit dadurch Nachbarrechte der Kläger verletzt werden. Auch der Einwand der Kläger, beim Bau der Stellplatzanlage sei die Oberkante des Geländes um bis zu 30 cm angehoben worden, so dass es zu nachteiligen Veränderungen beim Abfließen des Regenwassers komme, betrifft die tatsächliche Bauausführung. Die Anordnung der Stellplätze war im Übrigen bereits Gegenstand der Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007, die die Kläger nicht angefochten haben.
- 14
3. Die Kläger machen geltend, die Balkonanlagen an der westlichen Gebäudeseite verstießen gegen § 6 BauO LSA, insbesondere fielen sie nicht unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA. Die dafür gegebene Begründung, die Balkonanlagen hielten den Mindestabstand zur Grenze zum Grundstück des Klägers zu 2 von 2 m nicht ein und träten bis zu ca. 1,70 m vor die Gebäudewand, trifft indes nicht zu.
- 15
Gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA bleiben bei der Berechnung der Abstandsflächen Vorbauten außer Betracht, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben. Diesen Vorgaben entsprechen die Balkone an der westlichen Außenwand im betroffenen südlichen Gebäudeteil gegenüber dem Grundstück des Klägers zu 2 (Flurstück 10364). Nach den genehmigten Bauvorlagen, insbesondere den Grundrisszeichnungen (Bl. 107 ff des Verwaltungsvorgangs) und den Ansichtszeichnungen (Bl. 111 des Verwaltungsvorgangs), die nach den darauf befindlichen Zugehörigkeitsvermerken Bestandteile der Baugenehmigung sind, sollen an dieser Außenwand im Erdgeschoss und in den beiden Obergeschossen jeweils zwei Balkone angebracht werden, die eine Breite von 3,10 m haben. Ihre Gesamtbreite von 6,20 m macht weniger als ein Drittel der Gesamtlänge dieser Außenwand von 18,75 m aus. Im Dachgeschoss sollen ein Balkon dieser Breite sowie ein 2,72 m breiter Rettungsbalkon angebracht werden. Entgegen der Annahme der Kläger treten diese Balkone nicht bis zu 1,70 m, sondern jeweils nur 1 m vor die Außenwand und halten, da der Abstand der Außenwand zur westlichen Grundstücksgrenze 3 m beträgt, einen Abstand von 2 m zu dieser Grenze ein.
- 16
Auch der Vortag, die Kubatur des Bauwerks sei u. a. durch die Balkone verändert worden, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ansicht, dass es sich um einen Bestandsbau ohne abstandsflächenrelevante bauliche Veränderungen handele, die Annahme zugrunde gelegt, dass die Balkone dem Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA unterfielen. Diese Annahme haben die Kläger allein mit der Begründung angegriffen, die in dieser Vorschrift vorgegebenen Maße seien nicht eingehalten. Dies trifft aber, wie oben bereits ausgeführt, nicht zu.
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4. Die Kläger wenden weiter ein, am Gebäude der Beigeladenen seien – neben der Errichtung von Balkonen – weitere Veränderungen vorgenommen worden. So sei die Klinkerfassade an der westlichen Gebäudeseite mit einem ca. 4 cm dicken Putz versehen worden. Zudem seien Fensteröffnungen zugemauert, verändert oder – wie im Dachgeschoss des südlichen Treppenhauses – neu geschaffen worden. Dies verstoße gegen § 6 BauO LSA. Sie tragen weiter vor, im Dachgeschoss seien die Stahlkonstruktion, vorhandene Rundbögen und Gewölbedecken (teilweise) entfernt bzw. zugebaut worden. Auch sei der Treppenlauf im südlichen Treppenhaus verändert worden. Schließlich sei die Kubatur des Bauwerks auch durch den Abriss der Hallen im Hofbereich sowie der Laderampe erheblich verändert worden. Auch damit ist nicht dargetan, weshalb das Vorhaben unter Berücksichtigung des entsprechenden Abweichungsbescheides vom 06.02.2008 die Kläger in ihren Rechten verletzt.
- 18
Die westliche und die südliche Außenwand des südlichen Gebäudeteils halten die nach § 6 BauO LSA erforderlichen Abstandsflächen unstreitig nicht ein, und zwar unabhängig davon, ob auf diese Wand Putz aufgebracht wurde und die Fensteröffnungen in der dargestellten Form verändert wurden. Deshalb ließ die Beklagte mit den Bescheiden vom 06.02.2008 auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA Abweichungen von diesen Vorschriften zu. Die für eine Abweichung erforderliche atypische Situation hat das Verwaltungsgericht u. a. aus der Lage des Baugrundstücks zu den Grundstücken der Kläger, dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des früheren Fabrikgebäudes sowie dem öffentlichen Interesse an dessen Erhalt abgeleitet. Dass in einer solchen Konstellation Abweichungen zulässig sein können, haben die Kläger nicht in Frage gestellt. Die Vorinstanz hat ferner wesentlich darauf abgestellt, dass es sich um ein Bestandsgebäude handele, an dem keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Der Umstand, dass eine Putzschicht aufgebracht wurde und Fensteröffnungen verändert wurden, stellt dies nicht in Frage. Bei der Zulassung der Abweichungen hat sich die Beklagte von der Erwägung leiten lassen, dass sich bezüglich der Funktionen der Abstandsflächen, eine ausreichende Belichtung und Besonnung der sich gegenüberliegenden Gebäude zu gewährleisten, keine nachteiligen Auswirkungen ergeben und auch keine negativen Auswirkungen hinsichtlich des präventiven Brandschutzes zu befürchten seien, weil die Abstände zwischen den vorhandenen Gebäuden mit mehr als 5 m bzw. 11,60 m groß genug seien. Diese Einschätzung greifen die Kläger nicht substantiiert an. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Aufbringen einer ca. 4 cm dicken Putzschicht und die geänderte Anordnung der Fensteröffnungen bauliche Änderungen solcher Art darstellen, dass dadurch spürbare Beeinträchtigungen der nachbarlichen Interessen der Kläger entstehen, die über die vom vorhandenen Fabrikgebäude ausgehenden Beeinträchtigungen hinausgehen. Insbesondere ist damit eine Einbuße an Belichtung, Besonnung und Belüftung ihrer Grundstücke nicht verbunden. Noch weniger ist ersichtlich, dass die Kläger durch Veränderungen im Inneren des Gebäudes oder den Abriss von Gebäuden oder Gebäudeteilen im nördlichen Grundstücksteil und der Laderampe zusätzlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Änderungen denkmalschutzrechtlich notwendig sind oder nicht.
- 19
5. Die Kläger dringen auch nicht mit dem Einwand durch, das Vorhaben der Beigeladenen stehe in Widerspruch zu § 5 BauO LSA
- 20
5.1. Sie rügen zunächst einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA, weil am Südteil des Gebäudes keine den Anforderungen des § 5 Abs. 2 BauO LSA genügende Zu- oder Durchfahrt für die Feuerwehr vorhanden sei.
- 21
Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Vorschrift nachbarschützende Funktion zukommt. Hierzu tragen die Kläger nichts vor. Gegen eine nachbarschützende Wirkung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA spricht, dass die darin vorgeschriebene Schaffung einer Zu- oder Durchfahrt für Feuerwehrfahrzeuge zu Gebäuden, bei denen die Oberkante der Brüstung der zur Rettung über Geräte der Feuerwehr bestimmten Fenster oder Stellen mehr als 8 m über Gelände liegt, möglicherweise nur dem Schutz der im Gebäude sich aufhaltenden Menschen dient und nicht – wie bei einer Reihe anderer Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes – auch dazu, die Gefahr der Ausbreitung eines Feuers auf Nachbargrundstücke zu vermindern. Ein nachbarschützender Charakter scheidet bei solchen Vorschriften – insbesondere auch des Brandschutzes – aus, die ersichtlich nur die Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes schützen sollen; nachbarschützender Charakter kommt vielmehr nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002 – 7 B 583/02 –, Juris). Andererseits könnte sich ein nachbarschützender Charakter der Vorschrift daraus ergeben, dass bei einer den Brandschutzanforderungen nicht genügenden Zugänglichkeit des Vorhabengrundstücks im Brandfall das Grundstück des Nachbarn in Anspruch genommen werden kann (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 26.01.2006 – 2 R 9/05 –, AS RP-SL 33, 227). So sind nach § 26 Abs. 3 des Brandschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) Eigentümer, sonstige Nutzungsberechtigte und Besitzer von Grundstücken verpflichtet, bei Bränden, Unglücksfällen und Notsituationen den Feuerwehren das Betreten und die Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäude zur Brandbekämpfung oder Hilfeleistung zu gestatten und die vom Einsatzleiter der Feuerwehr im Zusammenhang mit diesen Arbeiten oder zur Verhütung einer Gefahrenausbreitung angeordneten Maßnahmen zu dulden, soweit dies zur wirkungsvollen Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.
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Jedenfalls lässt sich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nicht mit dem Vortrag der Kläger begründen, den darin genannten Anforderungen könne das Vorhaben der Beigeladenen schon deshalb nicht entsprechen, weil die Kläger über ein im Grundbuch eingetragenes unbeschränktes Wegerecht über das Grundstück der Beigeladenen in einer Breite von 3,50 m verfügten. Dieses Wegerecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit Kaufvertrag vom 16.10.2003 erworbenen Grundstücks wurde als Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB im Grundbuch eingetragen. Bei Bestellung einer Grunddienstbarkeit bleibt der Eigentümer neben dem Dienstbarkeitsberechtigten grundsätzlich nutzungsberechtigt; er darf nur das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten nicht beeinträchtigen. Nur soweit dem Dienstbarkeitsberechtigten im zulässigen Umfang ein ausschließliches Nutzungsrecht ausdrücklich eingeräumt wurde, ist der Eigentümer von der Mitbenutzung ausgeschlossen (vgl. hierzu Grziwotz, in: Erman, BGB, 13. Aufl. § 1018 RdNr. 15). Letzteres ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist in § 6 Nr. 3 des Grundstückskaufvertrags vom 16.10.2003 bestimmt, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks berechtigt ist, die Wegefläche mitzunutzen. Besteht aber ein solches Mitbenutzungsrecht, kann die Zufahrt im Brandfall durch Feuerwehrfahrzeuge ohne zusätzliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger genutzt werden.
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5.2. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, „direkt vor dem Tor“ zum Grundstück des Klägers zu 2 sei eine Aufstellfläche für Feuerwehrfahrzeuge vorgesehen, so dass im Brandfall ein Verlassen des Grundstücks unmöglich sei.
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Die Kläger legen auch insoweit nicht dar, welche nachbarschützende Vorschrift durch die genehmigte Anordnung von Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge verletzt sein soll. Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA bestimmt lediglich, dass Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge vorzusehen sind, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist. Vorgaben, wo auf dem Baugrundstück oder gar in welchem Abstand zum Nachbargrundstück diese Flächen anzuordnen sind, enthält § 5 BauO LSA nicht. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, weshalb ein Verlassen des Grundstücks des Klägers zu 2 (Flurstück 10364) über das Flurstück 10367 nicht möglich sein soll.
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5.3. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Kläger, bei einer Feuerwehrübung habe sich gezeigt, dass sich die „Bewegungsflächen“ der Drehleiter in unzulässiger Weise auf dem Luftraum über seinem Grundstück befinden. Ungeachtet der Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, ist nicht erkennbar, dass diese Vorschrift dadurch verletzt sein kann, dass bei der nach den genehmigten Bauvorlagen vorgesehenen Anordnung der Aufstell- und Bewegungsflächen im Brandfall oder bei Feuerwehrübungen die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA vorgeschriebene Bewegungsfläche § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA im Luftraum überschreitet. Mit „Bewegungsfläche“ in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA ist nicht die (kreisförmige) Fläche gemeint, über der sich die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs bewegen kann. Vielmehr ist dies die Fläche, die benötigt wird, damit das Fahrzeug im Brandfall zum Einsatz gebracht werden kann. Mit der Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA, für Hubrettungsfahrzeuge Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist, soll gesichert werden, dass an dem Gebäude ausreichend Platz vorhanden ist, damit das Hubrettungsfahrzeug zum Einsatz gebracht werden kann (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 5 RdNr. 24). Dies ergibt sich auch aus der lfd. Nr. 7.4 der Liste der technischen Baubestimmungen (Fassung März 2006), Anhang C (MBl LSA 2010 S. 213 [256]), wonach Bewegungsflächen für jedes Fahrzeug mindestens 7 m x 12 m groß sein müssen.
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6. Die Kläger bemängeln weiter, der Umstand, dass auf die an der Grundstücksgrenze liegende Gebäudewand des Treppenhauses am südlichen Gebäudeteil neuer Putz aufgebracht worden sei, habe eine unzulässige Überbauung auf das Grundstück des Klägers zu 1 zur Folge. Dies könne auch nicht durch die Gewährung einer Abweichung genehmigt werden. Auch damit können die Kläger nicht durchdringen. Nach den genehmigten Bauvorlagen liegt schon kein Überbau vor; vielmehr befindet sich die südliche Außenwand des Treppenhauses auf der Grenze zum Grundstück des Klägers zu 1 (Flurstück 10367). Soweit mit der Aufbringung eines Putzes die Grenze um wenige Zentimeter überbaut werden sollte, betrifft dies nur die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtsmäßigkeit der Baugenehmigung. Im Übrigen wäre zweifelhaft, ob mit einem Überbau die Verletzung eigener Rechte durch die Baugenehmigung schlüssig begründet werden kann. Die Zulässigkeit eines Überbaus richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 912 BGB). Gemäß § 71 Abs. 1 BauO LSA wird in einem Baugenehmigungsverfahren aber nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft, und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA wird die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Dies bedeutet, dass die Baugenehmigung Privatrechtliches überhaupt nicht im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG „regelt" mit der Folge, dass selbst eine Baugenehmigung, deren Bauzeichnungen einen Überbau auf fremdes Privateigentum aufweisen, über die Zulässigkeit dieses Überbaus überhaupt keine Regelung im Rechtssinn treffen dürfte (VGH BW, Urt. v. 04.03.1996 – 5 S 1798/95 –, NJW 1996, 3429; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2010 – 2 ZB 10.134 – Juris; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, Juris, RdNr. 5).
- 27
7. Zu Unrecht rügen die Kläger, die Änderung der Nutzungsart führe zu einer verminderten Bebaubarkeit ihrer Grundstücke, weil sich mit ihr die für Industriegebiete geltende Tiefe der Abstandsfläche von 0,2 H auf 0,4 H erhöht habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich. Anderes folgt auch nicht aus § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA, der bestimmt, dass in Gewerbe- und Industriegebieten – abweichend von der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA – eine Tiefe der Abstandsflächen von 0,2 H, mindestens, 3 m genügt. Bei Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA kommt es allein auf den jeweiligen Charakter des Baugebiets und nicht auf die Nutzung einzelner Gebäude an (Beschl. d. Senats v. 19.10.2011 – 2 M 129/11 –, NVwZ-RR 2012, 137, m.w.N.). Ergibt die planungsrechtliche Analyse für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, dass der betrachtete Bereich keinem der in der BauNVO beschriebenen Baugebiete entspricht, also § 34 Abs. 1 BauGB zugrunde zu legen ist, bleibt es bei der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA; die konkrete Nutzung der Gebäude kann auch in sog. Gemengelagen nicht herangezogen werden (vgl. Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 RdNr. 146, m.w.N.). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Kläger nicht angegriffen haben, ist die Umgebung des Baugrundstücks als sog. Gemengelage zu charakterisieren (vgl. hierzu Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, Juris), die im nördlichen Teil des Gebiets einen eindeutigen Schwerpunkt in der Wohnbebauung aufweise.
- 28
8. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass entgegen § 8 BauO LSA kein ausreichend großer Spielplatz angelegt werde oder in der näheren Umgebung vorhanden sei; denn diese Regelung ist nicht nachbarschützend. Wird einem Bauherrn abweichend von dieser Vorschrift die Errichtung eines Kinderspielplatzes nicht abverlangt, werden die Nachbarn nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt. Dies folgt bereits daraus, dass ein Kinderspielplatz nur den Kindern zugute kommen soll, die auf dem Baugrundstück wohnen (Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 8 RdNr. 10).
- 29
9. Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, das Treppenhaus an der Südseite des Gebäudes sei ein eigenständiger Gebäudeteil, der nachträglich an das Hauptgebäude angebaut worden sei, so dass dessen Erhaltung denkmalrechtlich nicht geboten sei. Unabhängig davon, dass die Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachträgliche Errichtung des Treppenhauses dargelegt haben, hat das Verwaltungsgericht das Interesse am Erhalt des Denkmals lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten angeführt, die die Gewährung einer Abweichung rechtfertigen. Es hat insbesondere auch das Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des Gesamtgebäudes als weiteren Grund angeführt. Der Umstand, dass das Treppenhaus nach den genehmigten Bauvorlagen Teil des ersten Rettungsweges für einen Teil der Nutzungseinheiten im 1. und 2. Obergeschoss ist, spricht dafür, dass es für eine sinnvolle Nutzung des bestehenden Gebäudes erforderlich ist.
- 30
10. Der Vortrag der Kläger, das Vorhaben der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 1 BauO LSA an die Standsicherheit baulicher Anlagen, weil es zwischen dem Hauptgebäude und dem Treppenhaus bereits Risse gegeben habe und die beiden Gebäude(-teile) nur mit Zugankern verbunden seien, bleibt unsubstantiiert. Insbesondere ist nicht dargelegt, weshalb eine ausreichende Standsicherheit zulässigerweise nur ohne Zuganker hergestellt werden darf.
- 31
11. Die Kläger bemängeln auch ohne Erfolg eine Verletzung der brandschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14, 29 BauO LSA.
- 32
11.1. Soweit sie vortragen, eine effektive Rettung von Menschen und Tieren im südlichen Gebäudeteil sei nicht möglich, ist nicht ersichtlich, inwieweit sie dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt sein können.
- 33
11.2. Der Vortrag der Kläger, durch die Fenster im Treppenhaus an der Südseite werde der vorbeugende Brandschutz verletzt, weil der Kläger zu 1 in diesem Bereich zukünftig Gebäude errichten könne, die sich auch auf der Grundstücksgrenze befinden könnten, ist unsubstantiiert. Gleiches gilt für den Einwand, es dürfte zu erheblichen nachbarlichen Spannungen kommen, weil den Klägern das Recht zustehen dürfte, ebenfalls ohne Einhaltung der Abstandsflächen zu bauen. Die Kläger legen schon nicht dar, woraus sich ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung neuer Gebäude oder den Anbau an bestehende Gebäude ohne Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ergeben soll. Allein der Umstand, dass die Beigeladene das vorhandene Gebäude gemäß der erteilten Baugenehmigung verändern darf, dürfte hierfür nicht genügen. Richtig ist zwar, dass ein Grundstücksnachbar Abwehrrechte gegen die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch ein Bauvorhaben grundsätzlich insoweit nicht geltend machen kann, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N). Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn der Bau des Nachbarn früherem (Abstandsflächen-)Recht entsprach und genehmigt wurde; in einem solchen Fall kann er sich u. U. auch dann auf die Einhaltung des nach neuem Recht gültigen Grenzabstands berufen, wenn er diesen jetzt im Verhältnis zum Nachbargrundstück nicht (mehr) einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.11.2000 – 2 M 319/00 –, Juris; Urt. v. 16.03.2000 – A 2 S 62/98 –, Juris). Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes jedenfalls dafür, dass die vorhandenen Gebäude auf den Grundstücken der Beigeladenen im Zeitpunkt ihrer Genehmigung und Errichtung früherem Abstandsflächenrecht entsprachen. Dies sehen offenbar auch die Kläger so (vgl. Nr. 22 der Zulassungsbegründung). Die im Hinblick auf die Abstandsflächen problematische Situation entstand hier erst durch die insoweit „verunglückte“ Grundstücksteilung, die ohne Rücksicht auf die Abstandsflächen durchgeführt wurde, die von den vorhandenen Gebäuden erzeugt werden. Im Übrigen hat der Umstand, dass ein Nachbar eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn nicht mehr geltend machen kann, nicht ohne weiteres zur Folge, dass die Baugenehmigungsbehörde ein Vorhaben, das dem geltenden Abstandsflächenrecht widerspricht, genehmigen muss. Nach alldem kann auch offen bleiben, ob – wie die Kläger weiter vortragen – das ihnen eingeräumte Wegerecht einer zukünftigen Bebauung ihrer Grundstücke nicht entgegensteht.
- 34
11.3. Zu Unrecht monieren die Kläger, die Luftbilder von „google“ ließen erkennen, dass die Brandwände entgegen § 29 Abs. 5 BauO LSA nicht 0,3 m über die Bedachung geführt oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,5 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nicht brennbaren Stoffen abgeschlossen würden. Nach Nr. 8 des Brandschutzkonzepts vom 28.05.2007, das nach dem entsprechenden Zugehörigkeitsvermerk Bestandteil der Baugenehmigung ist, werden Gebäudeabschluss- oder Trennwände, die als Brandwände einzustufen sind, mindesten 30 cm über die Bedachung geführt oder nach den weiteren Festsetzungen des § 29 Abs. 5 BauO LSA ausgeführt. Nach den ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung bildenden Ansichtszeichnungen (Bl. 66 und 119 des Verwaltungsvorgangs) werden die Gebäudeabschlusswände des Hauptgebäudes, die gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA als Brandwände auszuführen sind, ca. 0,4 m über die Dachhaut geführt. Zudem enthalten sowohl die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 als auch die angefochtene Baugenehmigung vom 11.02.2008 jeweils die Auflage (Nr. 2.1.4 bzw. Nr. 1.1), dass das Brandschutzkonzept vom 28.05.2007 einschließlich der Maßnahmen zur brandschutztechnischen Ertüchtigung einzuhalten und umzusetzen ist. Hinsichtlich des an die südliche Grundstücksgrenze gebauten Treppenturms erteilte die Beklagte mit dem Bescheid vom 06.02.2008 (Az: …) auch eine Abweichung von der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA mit der Begründung, hinsichtlich des präventiven Brandschutzes seien wegen der fehlenden Ausbildung der Außenwand des Turms keine negativen Auswirkungen zu befürchten, weil der Abstand zwischen dem Turm und dem Lagerhaus auf dem Grundstück des Klägers zu 1 mindestens 11,60 m betrage, so dass kein Brandüberschlag möglich sei. Die Vorschriften über die Ausbildung einer inneren Brandwand bei ausgedehnten Gebäuden (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 BauO LSA) dienen nicht dem Nachbarschutz; denn sie bezwecken die Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Gebäudes und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber auch den Schutz der Nachbarn (vgl. VGH BW, Urt. v. 26.02.1992 – 3 S 2947/91 –, Juris). Im Übrigen enthält die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 die Auflage Nr. 2.1.5, nach der (auch) die Brandwand zwischen Gebäudeteil 1 und 2 entsprechend § 29 BauO LSA auszubilden ist. Unerheblich ist ob, die vorgeschriebene Bauausführung in – möglicherweise nicht mehr aktuellen – Luftbildern von „google-earth“ zu erkennen ist.
- 35
12. Die Kläger können eine mögliche Verletzung der Bestimmungen über den zweiten Rettungsweg (§ 32 Abs. 3 BauO LSA), notwendige Treppenhäuser (§ 34 Abs. 8 BauO LSA), Umwehrungen (§ 37 BauO LSA), Aufzüge (§ 38 BauO LSA) sowie barrierefreies Bauen (§ 49 BauO LSA) nicht mit Erfolg rügen. Diese Vorschriften dienen ersichtlich nur dem Schutz der Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes und nicht auch des Nachbarn (vgl. zu den Anforderungen an die Rettungswege: OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002, a.a.O.). Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass eine diesen Vorschriften möglicherweise widersprechende Bauausführung in der angefochtenen Baugenehmigung zugelassen wurde.
- 36
13. Auch der Einwand der Kläger, bei der Grundstücksteilung sei man entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts von einer weiteren gewerblichen Nutzung ausgegangen, so dass die Abstandsflächenproblematik nicht zur Diskussion gestanden habe, erweist sich als nicht stichhaltig. Soweit ersichtlich, wollen die Kläger mit diesem Einwand die Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen, die für eine Abweichung erforderliche atypische Grundstückssituation ergebe sich hier u. a. aus der im Jahr 2003 vorgenommenen Grundstücksteilung, die in der zweifelhaften Annahme erfolgt sei, dass das Restgrundstück in einem Gewerbegebiet liege, die aber wegen des geringen Abstands der ehemaligen Fabrikgebäude zur neu gebildeten Grundstücksgrenze § 7 BauO LSA nicht entsprochen habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist jedoch für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich (siehe oben 7.). Die möglicherweise irrige Annahme des Rechtsvorgängers der Beigeladenen in Bezug auf die Einschätzung des Gebietscharakters und die daraus folgende Tiefe der Abstandsfläche vermag an der vom Verwaltungsgericht beschriebenen atypischen Situation nichts zu ändern.
- 37
14. Schließlich können die Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, durch die Änderung der Nutzung komme es zu einer wesentlichen Erhöhung des Fahrzeugverkehrs auf dem Grundstück der Beigeladenen und somit zu einer Beeinträchtigung des ihnen eingeräumten Wegerechts. Unabhängig davon, dass in einem Baugenehmigungsverfahren nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird, ist nichts Konkretes für eine solche Beeinträchtigung vorgetragen. Insbesondere ist nicht dargetan, dass den Klägern durch die Nutzung der Zufahrt zu den Stellplätzen im Hofbereich die Nutzung der Zufahrt zu ihrem Grundstück erschwert wird.
B.
- 38
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat stellt bei der von ihm nach § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Billigkeitsentscheidung in ständiger Rechtsprechung in erster Linie auf die Stellung des Beigeladenen in dem zur Entscheidung anstehenden Interessenskonflikt ab (vgl. Beschl. v. 07.10.1996 – A 2 S 397/96; auch BVerwG, Urt. v. 23.05.1962 – BVerwG V C 62.61 –, BVerwGE 14, 171). Er hält daher die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig, weil er ohne sein Zutun mit einem solchen Verfahren überzogen wird (vgl. Beschl. v. 07.10.1996, a. a. O.).
C.
- 39
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümergemeinschaft von in Sondereigentum stehenden Wohnungen des Grundstücks ... Straße 7 in ..., Fl. Nr. ..., Gemarkung ... Mit ihrem Antrag wendet sie sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das von der Beigeladenen geplante Bauvorhaben mit Nutzungsänderung auf dem südlich an das Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft angrenzenden Grundstück ... Straße 9, Fl. Nr. ... Beide Grundstücke sind Teil einer langen geschlossenen Zeilenbebauung entlang der ... Straße.
Die Beigeladene beabsichtigt, das bereits bestehende Wohnheim statt mit bisher 104 nunmehr mit 250 Betten zur befristeten Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen (10 Jahre mit Verlängerungsoption um weitere 5 Jahre) zu nutzen und dafür Umbauten vorzunehmen, insbesondere den Anbau einer Außentreppe als 2. baulichen Rettungsweg sowie den Einbau einer Brandmeldeanlage.
Mit Bauantrag vom
Zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung siehe folgenden Lageplan 1:1.000. Der Plan ist aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu.
Mit Bescheid vom ... September 2014 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung als Sonderbau befristet auf 10 Jahre bis zum
Eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung vom ... September 2014 wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am
Mit Schriftsatz vom
I.
Die Vollziehung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom ...09.2014 zur Nutzungsintensivierung eines bestehenden Wohnheims von 104 auf 250 Betten, nebst Anbau einer Außentreppe als 2. baulichem Rettungsweg und Einbau einer Brandmeldeanlage zur befristeten Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen (10 Jahre) auszusetzen,
II.
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Baustelle auf dem Grundstück ... Str.9, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... stillzulegen.
Das Vorhaben verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot und weitere nachbarschützende Normen. Da mit der Verwirklichung begonnen worden sei, wäre zur Verhinderung vollendeter Tatsachen die Einstellung geboten. Das streitgegenständliche Grundstück läge mitten in der Innenstadt in einer gehobenen Wohngegend mit Grundstückspreisen von 10.000 Euro pro Quadratmeter und aufwärts. In der näheren Umgebung gäbe es nur Wohn- und Gewerberaum. Die Nutzungsintensivierung auf 250 Betten für Flüchtlinge und Wohnungslose stehe daher in gravierendem Widerspruch mit der bisherigen Nutzung und füge sich in die gehobene und teure Wohnlage nicht ein. Der Antragsteller müsse befürchten, dass er die bisherigen gehobenen Mietpreise nicht mehr erzielen könne und der Wert seiner Immobilien fallen, zumindest aber stagnieren werde. Es sei mit erhöhtem Aggressionspotential und möglicherweise auch mit einer erhöhten Kriminalität zu rechnen, vor allem wenn man die bisher enormen Miet- und Kaufpreise in dieser Wohnlage beachte. Die Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen hinsichtlich der Außentreppe dürfe nicht gestattet werden, denn diese sei nicht notwendig, wenn es bei der bisherigen Nutzung bliebe. Ein Rettungsweg könne auch im Inneren des Gebäudes geschaffen werden. Die Abweichung bezüglich der 14 Türen sei wegen brandschutztechnischer Bedenken nicht genehmigungsfähig. Auch die Abweichung wegen der Dachfenster dürfe nicht erteilt werden, da flüchtende Personen aufgrund der erhöhten Entfernung der Traufkante zum Fenster erheblich mehr gefährdet seien. Die Abweichung wegen des Feuerwehrzuganges sei ebenfalls nicht zu erteilen, weil die einzige Hauptzufahrt von der ... Straße nicht genügend Fluchtwege und Zugänge lasse. Der Stellplatzbedarf sei nicht gedeckt, es sei mit Lieferanten, Handwerkern, Bekannten oder Ähnlichem zu rechnen, für die gem. Art. 47 BayBO Stellplätze nachzuweisen seien. Durch die Verdoppelung der Belegung von 104 auf 250 Betten würden die Grenzen des Rücksichtnahmegebots überschritten. In angrenzenden Gebäuden würden auf derselben Fläche nur 1/10 dieser Personenzahl wohnen. Zugleich seien die zumutbaren Lärmgrenzwerte nicht zu halten, vor allem durch die Nutzung der 40 Balkone im Innenhof durch bis zu 100 Personen sowie dem Hofspielplatz durch 100 Kinder. Dies komme bereits einer Gastronomie mit Außensitzplätzen gleich. Die dichte Belegung mit zwei bis drei Personen auf 20 m2 Wohnfläche sei nicht menschenwürdig. Die Baugenehmigung sei daher wegen der Verletzung des Rücksichtnahmegebots, der Menschenwürde und der Sicherheit und Ordnung zum Nachteil der Bewohner und Anwohner sowie wegen erheblicher Vermögensnachteile der benachbarten Eigentümer aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom
den Antrag abzulehnen.
Es sei weder ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme noch eine Verletzung des Abstandsflächenrechts noch eine sonstige Verletzung von Nachbarrecht ersichtlich. Die vom Antragsteller angeführte Wertminderung bilde für sich keinen Maßstab, ob eine Beeinträchtigung des Rücksichtnahmegebots vorläge. Die weiteren vom Antragsteller vorgetragenen Gesichtspunkte spielten bei der Beurteilung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Rolle. Aus § 15 Abs. 1 BauNVO ergäbe sich kein Milieuschutz. Es handele sich auch nicht um eine lärmintensive Nutzung, da das Hauptaugenmerk auf eine dem Wohnen ähnliche Nutzung ausgerichtet sei. Der Vergleich mit einer Freischankfläche bzw. Gaststättennutzung sei nicht nachvollziehbar. Lärmintensiver Verkehr sei nicht zu erwarten. Bezüglich des Kinderspielplatzes werde auf § 22 Abs. 1a BImSchG hingewiesen. Die erteilten Abweichungen wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen seien rechtmäßig, außerdem sei die Antragstellerin nicht betroffen, denn die Abweichungen beträfen die Fl.Nrn. ..., ... und ..., die Antragstellerin sei aber Eigentümerin der Fl.Nr. ... Die übrigen von der Antragstellerin vorgetragenen Abweichungen beträfen Vorschriften, die nicht nachbarschützend seien. Das gelte auch für den Stellplatznachweis.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.
II.
Der Antrag ist unbegründet, da die in der Hauptsache von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage wird voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.
1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.
Der Antrag der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung ist daher gem. § 88 i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO bei verständiger Würdigung als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der mit Schriftsatz vom 24.10.2014 erhobenen Anfechtungsklage auszulegen.
Beim Antrag gem. § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2013, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.
2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 60 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind und im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).
3. Als nachbarschützende Rechte im Bauplanungsrecht kommen vorliegend der Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart sowie der Anspruch auf Wahrung der gebotenen Rücksichtnahme in Betracht, die jedoch beide nicht durch die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt worden sind.
3.1. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren keinen Anspruch auf Bewahrung des Charakters als „teure und gehobene Wohnlage“.
Der Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn setzt voraus, dass das Grundstück in einem festgesetzten oder in einem faktischen Baugebiet liegt und ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die nach Art der baulichen Nutzung weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13).
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend hinsichtlich der gemäß § 173 Bundesbaugesetz (BBauG) übergeleiteten Baulinien nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Sofern die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht (sog. faktisches Baugebiet), beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art gemäß § 34 Abs. 2 BauGB allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.
Als „nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - juris Rn. 33;
Im Rahmen des Hauptsachverfahrens wird die nähere Umgebung durch eine Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme zu bestimmen sein. Im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung kann die Einordnung der näheren Umgebung in ein Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO vorliegend jedoch dahin stehen, denn in Betracht kommt lediglich die Einordnung als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO oder als Mischgebiet nach § 6 BauNVO oder als Gebiet sui generis, das keinem der in der BauNVO festgesetzten Gebietsarten eindeutig zugeordnet werden kann (sog. Gemengelage).
3.1.1 Als reines Wohngebiet i. S. v. § 3 BauNVO ist die nähere Umgebung selbst nach dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin nicht einzustufen, da das Geviert nach den Angaben in der Antragsschrift auch von Gewerberaum geprägt ist. Darüber hinaus wäre die Gemeinschaftsunterkunft auch in einem reinen Wohngebiet als soziale Einrichtung, die dem Wohnen dient, ausnahmsweise zulässig, § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO.
3.1.2 Sollte die nähere Umgebung nach dem Ergebnis des Augenscheins im Hauptsacheverfahren als allgemeines Wohngebiet oder als Mischgebiet einzuordnen sein, sind Anlagen für soziale Zwecke gem. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO zulässig. Wohnheime für Flüchtlinge und Wohnungslose sind regelmäßig Anlagen für soziale Zwecke, die in einem weiten Sinn der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt dienen (vgl. zur Asylbewerberunterkunft: Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1.1.2012, § 4 BauNVO Rn. 92) und damit weder Wohngebäude noch Beherbergungsbetriebe (vgl. Stock, a. a. O., § 4 BauNVO Rn. 94; OVG Münster
Es ist auch davon auszugehen, dass das Wohnheim für Flüchtlinge und Wohnungslose mit insgesamt maximal 250 Betten das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung wahrt (vgl. hierzu BVerwG B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - juris Rn. 5 f.). Bei der Prüfung der Gebietsverträglichkeit ist von einem typisierenden Ansatz auszugehen, wobei Ausgangspunkt und Gegenstand dieser Betrachtungsweise das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben ist. Maßgeblich ist danach auf die Auswirkungen abzustellen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem durch das Vorhaben bedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten. Dagegen kommt es bei der Prüfung der Gebietsverträglichkeit nicht auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft an. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in einem Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung im Grunde auf jedem Baugrundstück die nach dem Katalog der Nutzungsarten der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in Betracht kommen soll. Auf dieser Ebene der Zulässigkeitsprüfung stellt sich daher nicht schon die Frage, ob das Vorhaben mit den Anforderungen des § 15 Abs. 1 BauNVO einschließlich des darin verankerten Rücksichtnahmegebots vereinbar ist. Der Nachbarschutz nach § 15 Abs. 1 BauNVO knüpft an die konkreten örtlichen Gegebenheiten an. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es dagegen um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Gebietscharakter als solchen stören (BVerwG B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 BauR 2008, 954 - juris Rn. 11).
Nach der für die Beurteilung dieser Frage notwendigen baugebietsbezogen typisierenden Betrachtungsweise ist das Bauvorhaben in einem allgemeinen Wohngebiet und in einem Mischgebiet gebietsverträglich. Allgemeine Wohngebiete dienen primär dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht stören, § 4 Abs. 1 BauNVO. Als atypisch und störend sind damit Nutzungen anzusehen, die nach ihren Auswirkungen, insbesondere im Hinblick auf die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen nach Art, Dauer und Intensität, mit der durch die überwiegende und vorrangige Wohnnutzung bestimmten Prägung eines solchen Gebiets nicht in Einklang zu bringen sind. Asylbewerberunterkünfte und damit erst Recht das vorliegende Wohnheim, dessen Hauptzielgruppe laut Projektskizze die „wohnungslose Familie mit Kindern“ ist, sind in einem allgemeinem Wohngebiet grundsätzlich als gebietsverträgliche Nutzung zu werten und daher zulässig, da es sich hierbei um eine Anlage für soziale Zwecke handelt (vgl. zur Asylbewerberunterkunft: Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1.1.2012, § 4 BauNVO Rn. 92) und vorliegend jedes Appartement mit einer Küchenzeile und einem eigenen Bad ausgestattet ist, Art. 46 Abs. 1 BayBO, so dass es auf eine dem Wohnen ähnliche Nutzung ausgerichtet ist, wenn es sich im Hinblick auf die langfristige Vermietung an die einzelnen Bewohner und die mit der Ausstattung der Räume ermöglichte auf Dauer angelegte Häuslichkeit und Eigenverantwortung der Haushaltsführung nicht ohnehin um eine Wohnnutzung handelt.
Dies gilt erst Recht, wenn sich nach dem Augenschein im Hauptsacheverfahren die nähere Umgebung als Mischgebiet i. S. v. § 6 BauNVO darstellt.
Damit hat ein nachbarlicher Abwehranspruch im Hinblick auf die Wahrung der Gebietsart keinen Erfolg, da dieser im Ergebnis darauf gerichtet ist, Vorhaben zu verhindern, die nach Art der baulichen Nutzung weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13).
3.1.3 Gelangte man nach Durchführung des Augenscheins im Klageverfahren zu dem Ergebnis, dass vorliegend die maßgebliche nähere Umgebung des Bauvorhabens im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB weder eindeutig einem allgemeinem Wohngebiet noch einem Mischgebiet zugeordnete werden kann, weil das Geviert in seiner zufälligen Zusammensetzung keinen städtebaulichen Ordnungsvorstellungen i. S. der BauNVO entspricht, läge eine sog. Gemengelage vor, in der grundsätzlich kein Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart besteht.
3.2. Das Vorhaben verletzt bei einer Belegungsobergrenze von 250 Betten auch nicht das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot.
Ein Vorhaben, dass sich wie das streitgegenständliche Vorhaben innerhalb des aus der Umgebung ableitbaren Rahmens hält, kann sich trotzdem nicht einfügen, wenn es die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhandene Bebauung vermissen lässt (vgl. BVerwG
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22;
Wertminderungen, die etwa auch durch Mietminderungen der Mieter verursacht werden, als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bilden für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinn des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht, da sich jede Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann (vgl. BVerwG
3.2.1 Nach diesen Maßstäben liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten der Antragstellerin, jedenfalls bei Einhaltung einer Belegungsobergrenze von 250 Betten, nicht vor. Die von dem Bauvorhaben in der genehmigten Form ausgehende Belästigung und die mit der Benutzung des Wohnheims für die nähere Umgebung verbundenen Auswirkungen sind ortsüblich und sozialadäquat und damit von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen.
Wie bereits oben dargelegt, ist das Vorhaben in dem maßgeblichen Bereich seiner Art nach zulässig. Bei den Geräuschimmissionen, wie z. B. Gespräche, Zurufe, Abspielen von CD und Radio bei offenem Fenster, handelt es sich im allgemeinem Wohngebiet, im Mischgebiet und in der Gemengelage um grundsätzlich hinzunehmende Wohngeräusche (vgl. BayVGH U. v. 13.09.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 38 bei Gemengelage). Derartige Wohnimmissionen sind selbst in Wohngebieten hinzunehmen, die durch eine andere homogen Wohnbevölkerung geprägt sind (vgl. BVerwG U. v. 23.08.1996 - 4 C 13/94 - juris Rn.72). Soweit auf die von der vorhandenen Wohnbevölkerung abweichenden Lebensgewohnheiten der künftigen Bewohner des Wohnheims hingewiesen wird, ist klarzustellen, dass das allgemeine Bauplanungsrecht keinen „Milieuschutz“ gewährleistet (vgl. BVerwG U. v. 23.08.1996 - 4 C 13/94 - juris Rn.72). Dies gilt auch für das Vorbringen, dass aufgrund der räumlichen Enge und im Hinblick auf die Anzahl der Unterzubringenden der Gemeinschaftsunterkunft mit ständigen Konfliktsituationen zu rechnen sei. Eine für Wohnheime übliche Belegungsdichte begründet für sich genommen keine bodenrechtlich relevanten Störungen, auch wenn sich Lebensrhythmus und Gewohnheiten der Untergebrachten von denen der Ortsansässigen abheben können (vgl. BVerwG
Im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist weiter zu berücksichtigen, dass mit der Baugenehmigung vom ... Juli 1968 bereits ein Fremdenheim genehmigt worden ist, so dass das vorliegende Geviert schon seit über 45 Jahren von einem großen Fremdenwohnheim geprägt wird und damit die Schutzwürdigkeit der Antragstellerin gemindert ist. Das Grundstück der Antragstellerin ist ferner deshalb vorbelastet, weil die ...-straße 9 nicht weit vom Stadtzentrum entfernt ist, so dass - auch bedingt durch die gewerbliche und Büronutzung - dort täglich ein reger Geschäftsverkehr vorzufinden ist. Zahlreiche Fahrzeuge sind entlang der ...-straße geparkt und es herrscht ein für die Innenstadtlage typischer Pkw-Verkehr. Die Antragstellerin kann daher hier nicht die gleiche Schutzwürdigkeit beanspruchen, wie z. B. für ein Grundstück in einer ruhigen Anwohnerstraße. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch das Vorhaben ist mithin nicht festzustellen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Baugenehmigung lediglich auf 10 Jahre befristet ist und mit einer Belegungsobergrenze versehen wurde, so dass auch insoweit die nachbarlichen Interessen berücksichtigt worden sind.
3.2.2 Auch der von der Antragstellerin befürchtete Kinderlärm durch die im Wohnheim mit ihren Familien zusammen untergebrachten Kinder verstößt nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Was die Frage der Zumutbarkeit von Kinderlärm aus der Nutzung von Spielplätzen angeht, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt ist, dass die mit einer solchen Nutzung für die nähere Umgebung unvermeidbar verbundenen Auswirkungen grundsätzlich von den Nachbarn hinzunehmen sind und nur in besonders gelagerten Einzelfällen eine andere Beurteilung in Betracht kommen kann. Kinderspielplätze mit üblicher Ausstattung gehören in die unmittelbare Nähe der Wohnbebauung. Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBO ist bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen auf dem Baugrundstück oder in unmittelbarer Nähe auf einem anderen geeigneten Grundstück ein ausreichend großer Kinderspielplatz anzulegen. Die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung typischerweise verbundenen Geräusche sind, soweit sie Folge der natürlichen Lebensäußerungen von Kindern sind, als ortsüblich und sozialadäquat zu werten (vgl. BVerwG U. v. 12.12.1991 - 4 C 5/88 - BauR 1992, 338; NdsOVG, B. v. 29.6.2006 - 9 LA 113/04 - NVwZ 2006, 1199; VGH BW, B. v. 3.3.2008 - 8 S 2165/07 - DVBl 2008, 1001).
Auch nach § 22 Abs. 1a BImSchG sind Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen, Kindertagesstätten und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und Richtwerte nicht herangezogen werden.
Regelungen zur selben Materie enthält auch das bayerische Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG). Dieses regelt die Zulässigkeit von Kinder- und Jugendspieleinrichtungen in der Nachbarschaft von Wohnbebauung (Art. 1 Satz 1 KJG). Nach Art. 2 KJG sind die natürlichen Lebensäußerungen von Kindern, die Ausdruck natürlichen Spielens oder anderer kindlicher Verhaltensweisen sind, als sozialadäquat hinzunehmen.
Eine Abweichung von diesem Regelfall kann nur angenommen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände wegen einer sensiblen Nutzung der Nachbarschaft ein besonderes Ruhebedürfnis besteht, wie z. B. bei Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Dies ist hier nicht der Fall; nachbarrechtlich irrelevant ist auch eine eher unwahrscheinliche Beeinträchtigung des, etwa 400 m entfernten, auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindliche „Klinikum ... Straße“ durch den Kinderspielplatz im rückwärtigen Grundstückbereich.
Die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen gehen vorliegend daher nicht über das hinaus, was bei der Nutzung eines Spielplatzes zu erwarten und als sozialadäquat hinzunehmen ist.
4. Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um einen Sonderbau im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 6 BayBO, so dass im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfs auch die Vorschriften der Bayerischen Bauordnung zu prüfen sind. Als entscheidungserheblich kommen vorliegend allenfalls Vorschriften des Brandschutzes bzw. die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in Betracht.
4.1 Bei dem gerügten Verstoß gegen brandschutzrechtliche Vorschriften der Art. 24 ff. BayBO ist von Seiten der Antragstellerin nicht hinreichend konkret vorgetragen, welche Brandschutzvorschriften hier nicht nur dem Schutz der Bewohner des Wohnheims, sondern gerade dem Schutz der Antragstellerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind und inwieweit hiervon zu ihren Lasten abgewichen wurde.
Nach Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist die Einhaltung der Anforderungen an den Brandschutz nach Maßgabe der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen, Bauvorlagenverordnung - BauVorlV nachzuweisen. Die Anforderungen für einen ordnungsgemäßen Brandschutznachweis ergeben sich aus § 11 BauVorlV. Er kann gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BauVorlV gesondert in Form eines objektbezogenen Brandschutzkonzeptes dargestellt werden. Nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO muss dieser Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt oder bauaufsichtlich geprüft sein. Das vom Architektenbüro ... vorgelegte Brandschutzkonzept vom 09.09.2014 mit integriertem Brandschutznachweis nach § 11 Bauvorlagenverordnung wurde ausweislich des Stempels der Antragsgegnerin geprüft und ist Bestandteil der Baugenehmigung vom...09.2014. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin trotz dieses ausführlichen und bauaufsichtlich geprüften Brandschutzkonzeptes in Rechten verletzt ist, die auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BayVGH B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20), wurden von der Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen rügt die Antragstellerin allein die Verletzung von brandschutzrechtlichen Vorschriften, die dem Schutz der Bewohner des Wohnheims dienen sollen.
4.2 Auch eine Verletzung von Nachbarrechten der Antragstellerin wegen eines Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschriften ist zu verneinen.
Die neu zu errichtende außenliegende Rettungstreppe wirft keine Abstandsflächen auf das Grundstück der WEG, so dass eine Rechtsverletzung der Antragstellerin insoweit ausscheidet.
5. Der Antrag ist nach alldem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Er beantragt,
II.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheids für die Umnutzung ehemaliger Forsthäuser zur allgemeinen Wohnnutzung.
1. Mit Kaufvertrag vom
Das Grundstück Fl.Nr. ... liegt außerhalb der geschlossenen Ortslage im Gemeindegebiet der Gemeinde W. (Beigeladene). Für das Baugrundstück besteht kein Bebauungsplan. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen stellt das Baugrundstück als „Grünfläche/Forstamt“ dar. Das Baugrundstück liegt an der Staatsstraße 2316 und in ca. 200 m Entfernung zur Bundesautobahn A3 und zur Autobahnraststätte S.-Süd.
Unter dem
2. Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das Baugrundstück liege im Außenbereich, die bauplanungsrechtliche Beurteilung richte sich daher nach § 35 BauGB. Die beabsichtigte bzw. bereits aufgenommene Wohnnutzung der zum ehemaligen Forsthof gehörenden Gebäude erfülle keinen Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 BauGB und stelle daher ein sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB dar. Das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, da es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung begünstige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Die Voraussetzungen für eine Teilprivilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 4 BauGB lägen nicht vor. Im Übrigen sei die ausreichende Erschließung des Vorhabens im Hinblick auf die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung nicht dauerhaft gesichert. Schließlich habe auch die Beigeladene ihr gemeindliches Einvernehmen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verweigert.
3. Mit Schriftsatz vom
1. Der Vorbescheid des Landratsamts A.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung in Aussicht zu stellen;
hilfsweise über den gestellten Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei der Errichtung der früheren Forstgebäude seien diese als vollwertige Wohnhäuser mit den erforderlichen Leitungen für Wasser und Abwässer ausgeführt worden. Die Gebäude hätten dem Wohnen der Forstbediensteten und ihrer Familien gedient. Aktuell werde die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung durch den Anschluss an das Wasserleitungsnetz der nahe gelegenen Autobahnraststätte gewährleistet. Insoweit seien Wasserversorgung und Abwasserentsorgung durch unwiderrufliche Verträge mit dem Betreiber der Autobahnraststätte gesichert. Bei dem Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der nahe gelegenen Bundesautobahn A3 sei die Planfeststellungsbehörde davon ausgegangen, dass auf dem Baugrundstück Wohnnutzung stattfinde bzw. zulässig sei. Die Klägerin habe das Gelände des ehemaligen Forsthofs in dem Glauben darauf, dass dort Wohnnutzung zulässig sei, vom Freistaat Bayern erworben. Die Baugenehmigungsbehörde sei an die rechtliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde bzw. weiterer Beteiligter im Planfeststellungsverfahren, dass auf dem Baugrundstück Wohnnutzung zulässig sei, nach Treu und Glauben gebunden. Jedenfalls sei auf dem Baugrundstück Wohnnutzung unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes zulässig. Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung der vorhandenen Gebäude werde durch die nunmehr von der Klägerin beabsichtigte Wohnnutzung nicht überschritten. Denn die auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäude seien auch vor Außerbetriebnahme des Forsthofs zum weit überwiegenden Teil als Wohnräume genutzt worden. Die von der Klägerin beabsichtigte Wohnnutzung unterscheide sich von der früheren Nutzung daher nur darin, dass weder die Klägerin noch ihre Angehörigen im Forstdienst stehen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu aufwerfe, so genieße der vorhandene Gebäudebestand einschließlich der Art und Weise der Erschließung dennoch Bestandsschutz. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.
4. Das Landratsamt A. beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Zwar sei davon auszugehen, dass die Forstgebäude als privilegierte Vorhaben rechtmäßig errichtet worden seien. Die Auflösung des Forstamts und der Wegzug der letzten Forstbediensteten im Jahre 1998 hätten jedoch zu einer Entprivilegierung geführt. Aus dem Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der Bundesautobahn A 3 könne die Zulässigkeit der Wohnnutzung nicht abgeleitet werden, da das Gelände des ehemaligen Forsthofs dort lediglich im Rahmen von Lärmschutzmaßnahmen behandelt worden sei. Dies könne eine baurechtliche Genehmigung keinesfalls ersetzen. Die Erschließung sei nicht gesichert; die privatrechtlichen Verträge der Klägerin mit dem Betreiber der nahe gelegenen Autobahnraststätte erfüllten nicht die Anforderungen an eine dauerhaft gesicherte Erschließung. Die Anwendung des § 35 Abs. 4 BauGB scheide aus, da es sich bei den ehemaligen Forstgebäuden, die in der Nachkriegszeit entstanden und nicht von historischer oder denkmalschutzwürdiger Relevanz seien, nicht um erhaltenswerte Bausubstanz handele.
5. Die Beigeladene beantragte ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts rechtmäßig und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids noch auf erneute Verbescheidung ihrer Bauvoranfrage. Es kann dahinstehen, ob das Vorhaben der Klägerin unter einen Teilprivilegierungstatbestand gemäß § 35 Abs. 4 BauGB fällt (1.), weil jedenfalls die Erschließung i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht gesichert ist (2.). Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen (3.).
1. Es kann hier offen bleiben, ob das Landratsamt die Anwendung der Teilprivilegierungsregelung des § 35 Abs. 4 BauGB zu Recht abgelehnt hat. Zwar kommt die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorliegend zumindest in Betracht. Denn die ehemaligen Forstgebäude dienten nach Auskunft des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht bloß der staatlichen Verwaltungstätigkeit, sondern waren offenbar auch in die Bewirtschaftung des Staatswaldes eingebunden (vgl. Bl. 97 der Behördenakte 825/13 V-II). Im Hinblick darauf spricht einiges dafür, dass die Forsthäuser vor Auflösung des Forstamts R. einem forstwirtschaftlichen Betrieb i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dienten. Auch die Bezugnahme auf eine „Hofstelle“ in § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) BauGB spricht nicht zwingend gegen die Teilprivilegierung des Vorhabens der Klägerin, da mit dieser gesetzlichen Regelung nach Einschätzung der Kammer lediglich sichergestellt werden soll, dass ein räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen den einzelnen, dem forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Gebäuden besteht, was bei den räumlich eng beieinander liegenden und funktional eng verbundenen Forstgebäuden der Fall war. Ausreichend ist insoweit, dass die Hofstelle vor Aufgabe der privilegierten Nutzung bestanden hat; sie muss nicht zwingend noch aktuell vorhanden sein (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, § 35 Rn. 144). Andererseits erscheint es nach dem Eindruck, den das Gericht durch Inaugenscheinnahme des Forsthofgeländes in einem anderen Verfahren (W 4 K 12.517) gewonnen hat, zumindest zweifelhaft, ob hinsichtlich aller auf dem Gelände vorhandenen Gebäude von einer „erhaltenswerten Bausubstanz“ i. S. d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) gesprochen werden kann.
2. Diese Rechtsfragen bedürfen hier jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn das Vorhaben nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 35 Abs. 4 BauGB teilprivilegiert sein sollte, muss dennoch die Erschließung i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB gesichert sein. Durch eine Teilprivilegierung verliert ein Bauvorhaben nicht seine Eigenschaft als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB (BayVGH, B.v. 16.9.2004 - 15 ZB 03.1475 - juris Rn. 3). Eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 BauGB hat lediglich zur Folge, dass dem Vorhaben bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden können, führt jedoch nicht zu geringeren Anforderungen hinsichtlich des gesetzlichen Erfordernisses der gesicherten Erschließung (vgl. BVerwG, U.v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 - juris Rn. 22; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 74). Daraus folgt auch, dass für das hier zu beurteilende Vorhaben die Erschließung in vollem Umfang gesichert sein muss und nicht - wie bei privilegierten Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB - eine „ausreichende“ Erschließung genügt (vgl. Söfker, a. a. O.).
Das gesetzliche Erfordernis der gesicherten Erschließung verlangt neben der Anbindung des Baugrundstücks an das öffentliche Wegenetz insbesondere auch, dass die Wasserversorgung sowie die Beseitigung der auf dem Grundstück anfallenden Abwässer gesichert sind. Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung müssen dabei nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich auf Dauer gesichert sein. Das ist regelmäßig der Fall, wenn das Baugrundstück an die Straße angrenzt, in der die Versorgungsleitung liegt, und die Versorgungsleitung zumindest bis auf Höhe der Grundstücksgrenze reicht (BayVGH, U.v. 3.12.2007 - 1 B 05.3080 - juris Rn. 48). Ist dies - wie hier - nicht der Fall, so kommt eine Herstellung der Erschließung über privatrechtliche Rechtsverhältnisse zwar in Betracht. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass schuldrechtliche Verträge allein keine rechtliche Sicherung der Erschließung begründen können; erforderlich ist vielmehr, dass die schuldrechtlichen Rechte in dinglicher Hinsicht gesichert sind (BVerwG, U.v. 3.5.1988 - 4 C 54/85 - juris Rn. 14; Wolf in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 4 Rn. 244; Stüer, Hdb. des Bau- und Fachplanungsrechts, 4. Aufl. 2009, Teil C Rn. 2471). Diese vom BVerwG für die Frage der wegemäßigen Erschließung entwickelte Rechtsprechung ist nach Überzeugung der Kammer auch auf die hier in Streit stehende Erschließung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung anzuwenden. Es sind keinerlei Gründe ersichtlich, die dafür sprächen, insoweit geringere Anforderungen an die rechtliche Sicherung der Erschließung zu stellen.
Unter Berücksichtigung dessen genügt der zwischen der Klägerin und der Betreiberin der nahe gelegenen Autobahnraststätte bestehende schuldrechtliche Vertrag nicht, um die Erschließung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung dauerhaft zu sichern. Der Klägerbevollmächtigte kann insoweit auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, es handele sich um einen „unwiderruflichen“ Vertrag. Abgesehen davon, dass auch ein „unwiderruflicher“ schuldrechtlicher Vertrag nicht von dem Erfordernis der dinglichen Sicherung entbindet, ist zu berücksichtigen, dass nach dem Vertragstext zwar das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, jedoch das Recht zur außerordentlichen Kündigung besteht (Ziffer X des Vertrags, Bl. 18 der Behördenakte 825/13 V-II). Die Betreiberin der Autobahnraststätte hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung bezüglich des ehemaligen Forsthofgeländes nur so lange gewährleistet wird, wie die Betreiberin die Konzession für den Betrieb der Raststätte innehat (Bl. 160 der Behördenakte 9040/2012 S). Im Hinblick darauf sind Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung hier gerade nicht dauerhaft gesichert.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Landratsamt A. offenbar hinsichtlich des in der Nähe des ehemaligen Forsthofgeländes gelegenen Jagdschlosses von einer gesicherten Erschließung ausgegangen ist. Es erschließt sich dem Gericht zwar nicht ohne Weiteres, warum insoweit offenbar geringere Anforderungen an die Erschließung gestellt wurden, obwohl Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung auch dort lediglich durch schuldrechtliche Vereinbarungen geregelt sind. Auch die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB hinsichtlich des Jagdschlosses mindert nach den obigen Ausführungen nicht die an die gesicherte Erschließung zu stellenden Anforderungen. Ungeachtet dessen ist Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren allein die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung in den ehemaligen Forsthäusern. Die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB und insbesondere der rechtlichen Voraussetzungen der gesicherten Erschließung obliegt im gerichtlichen Verfahren allein dem Gericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulassung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB ungeachtet des Wortlauts („kann“) nach einhelliger Auffassung um eine gebundene Entscheidung handelt und der Baugenehmigungsbehörde insoweit durch das Gesetz kein Ermessen eingeräumt ist (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 66 m. w. N.). Dies zugrunde gelegt, ist die Kammer unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals „gesicherte Erschließung“ hier nicht gegeben sind. Unerheblich ist demgegenüber, ob das Landratsamt bei anderen Vorhaben in der Nähe des ehemaligen Forsthofs von einer gesicherten Erschließung ausgegangen ist. Insbesondere ist angesichts des fehlenden behördlichen Ermessens bei der Anwendung des § 35 Abs. 2 BauGB und der gerichtlichen Beurteilungskompetenz für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kein Raum für den Einwand, das Landratsamt könne aus Gleichbehandlungsgründen die Frage der Erschließung bezüglich der ehemaligen Forsthäuser nicht anders beurteilen als bezüglich des nahe gelegenen Jagdschlosses.
3. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen.
Hinsichtlich der Frage des Bestandsschutzes ist nach gefestigter Rechtsprechung zwischen dem sog. passiven und dem sog. aktiven Bestandsschutz zu unterscheiden. Passiver Bestandsschutz schützt allein den genehmigten bzw. nicht genehmigungsbedürftigen und materiell rechtmäßigen Bestand und beruht auf der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, B.v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 - BayVBl. 1996, 240). Aktiver Bestandsschutz lässt demgegenüber gewisse Änderungen oder Erweiterungen des vorhandenen Bestands zu, besteht jedoch nur nach Maßgabe einfach-gesetzlicher Regelungen (grundlegend BVerwG, U.v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 - NVwZ 1998, 842).
Zu den Regelungen des aktiven Bestandsschutzes zählt insbesondere der hier in Betracht zu ziehende § 35 Abs. 4 BauGB. Nach den obigen Ausführungen entbindet diese gesetzliche Regelung jedoch gerade nicht von dem Erfordernis der - hier nicht vorliegenden - gesicherten Erschließung.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf passiven Bestandsschutz berufen. Bestandsschutz in diesem Sinne gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Von ihm gedeckt ist aber nur die nach Art und Umfang unveränderte Nutzung. Wird ein Bauwerk, das bisher für einen nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Zweck genutzt wurde, später für einen anderen Zweck genutzt, so ist hierin eine Nutzungs- und Funktionsänderung zu sehen, die zu einer Entprivilegierung führt. Damit erlischt der dem Gebäude zukommende Bestandsschutz. Eine Trennung von Nutzung und baulicher Substanz findet nicht statt (BVerwG, B.v. 9.9.2002 - 4 B 52/02 - juris Rn. 5). Ein solcher Fall liegt hier vor. Es ist zwar mit der insoweit übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten davon auszugehen, dass die zu dem ehemaligen Forsthof gehörenden Gebäude ursprünglich privilegiert i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder jedenfalls Nr. 4 BauGB genutzt wurden. Mit der Auflösung des Forstamts R. und dem Auszug der letzten Forstbediensteten Ende der 1990er Jahre wurde diese privilegierte Nutzung jedoch aufgegeben. Die Aufnahme der allgemeinen Wohnnutzung in den ehemaligen Forstgebäuden, die im Übrigen erst Jahre später stattfand, stellt eine Nutzungsänderung dar, die durch den zuvor für die privilegierte Nutzung bestehenden Bestandsschutz nicht gedeckt ist. Aufgrund der Entprivilegierung ist der Bestandsschutz erloschen. Durch die Nutzungsänderung aufgrund der allgemeinen Wohnnutzung wird die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit hinsichtlich der hier in Streit stehenden gesicherten Erschließung neu aufgeworfen und bedarf einer neuen rechtlichen Beurteilung.
Die Klägerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass sie bei Erwerb des ehemaligen Forsthofs in rechtlich beachtlicher Weise auf die Zulässigkeit der allgemeinen Wohnnutzung auf dem erworbenen Anwesen vertraut habe. Eine rechtlich verbindliche Aussage über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit konnte nur das Landratsamt A. als zuständige Baugenehmigungsbehörde treffen. Eine solche Entscheidung des Landratsamts hat die Klägerin vor Erwerb des ehemaligen Forsthofs nicht herbeigeführt bzw. abgewartet. Vielmehr hat sie nach dem Vortrag ihres Bevollmächtigten zwar beim Landratsamt wegen der Zulässigkeit der allgemeinen Wohnnutzung angefragt, das Anwesen jedoch vor Erhalt einer Stellungnahme seitens des Landratsamts erworben (vgl. Bl. 36 und 57 der Behördenakte 825/2013 V-II). Von der Möglichkeit, bereits vor Erwerb des ehemaligen Forsthofs die bauplanungsrechtliche Rechtslage in einem Vorbescheids- oder Baugenehmigungsverfahren klären zu lassen, hat die Klägerin hingegen keinen Gebrauch gemacht. Auch für eine Zusicherung i. S. d. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hinsichtlich der Zulassung der allgemeinen Wohnnutzung durch die Baugenehmigungsbehörde bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit der Argumentation durchdringen, die Planfeststellungsbehörde sei im Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der nahe gelegenen Bundesautobahn A 3 von der Zulässigkeit der Wohnnutzung auf dem Gelände des ehemaligen Forsthofs ausgegangen. Die Planfeststellungsbehörde mag insoweit eine dort stattfindende Wohnnutzung in tatsächlicher Hinsicht berücksichtigt haben. Ein Eingriff in die Beurteilungskompetenz der für die Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung allein zuständigen Baugenehmigungsbehörde war damit aber offensichtlich nicht verbunden. In keinem Fall können die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss die gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderliche Baugenehmigung ersetzen.
4. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen hat, weil sich diese durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 - 2 K 1538/10 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamts Esslingen vom 3. Dezember 2008 und des Widerspruchsbescheides Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25. März 2010 verpflichtet, gegenüber den Beigeladenen den Abbruch der Garage auf dem Grundstück Flst. Nr. 2775/33 der Gemarkung ... anzuordnen.
Die Beigeladenen als Gesamtschuldner und der Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 23. August 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die übrigen Beteiligten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten, mit dem eine ihm erteilte Baugenehmigung auf den Widerspruch der Beigeladenen hin aufgehoben wurde.
- 2
Der Kläger ist Betreiber der sog. „Musikwerkstatt“, die als Veranstaltungsort für Live-Konzerte, Mottoparties, Comedy- und Kleinkunstveranstaltungen dient. Nachdem das Lokal am 30. Januar 2009 an seinem ursprünglichen Standort in der L... Straße .. bis .. durch einen Brand zerstört worden war, fand der Kläger mit Unterstützung der Beklagten Anfang Februar 2009 einen Ersatzstandort in dem Gebäude der früheren Garnisonsbäckerei der ehemaligen Condé-Kaserne in der L... Straße ... Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Naulott Guckinsland III. Änderung“ der Beklagten, der für diesen Bereich ein eingeschränktes Gewerbegebiet ausweist; nach Ziffer 1.3.2 der Textfestsetzungen werden Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 BauNVO – also u. a. Vergnügungsstätten – nicht zugelassen. Hingegen kann in diesem Gewerbegebiet nach Ziffer 1.3.1 der Textfestsetzungen ausnahmsweise je Betrieb eine Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen oder Betriebsinhaber und Betriebsleiter gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zugelassen werden.
- 3
Am 9. März 2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Bauantrag auf Genehmigung der teilweisen Nutzungsänderung und des Umbaus des vorhandenen Gebäudes in der L... Straße .. zu einer Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen. Dem Bauantrag war ein Dekra-Gutachten vom 17. März 2009 über die Prognose von Schallimmissionen beigefügt. Ausweislich der darin enthaltenen Betriebsbeschreibung handelt es sich nicht um einen Diskothekenbetrieb, sondern um einen Veranstaltungsraum mit Live-Konzerten, Mottoparties, Comedy- und Kleinkunstveranstaltungen für 250 bis 300 Besucher. Auf dem Gelände seien 55 Stellplätze vorgesehen. Die Zu- und Abfahrten zum Parkplatz sollten von der L... Straße aus über eine ca. 150 m lange Stichstraße auf das ehemalige Kasernengelände erfolgen. Die Gaststätte solle wie im vorherigen Betrieb nur freitags und samstags sowie an Tagen vor Feiertagen in der Zeit von 22 bis 5 Uhr betrieben werden. Wie beim bisherigen Betrieb sei vorgesehen, dass für die Besucher kein Recht auf wiederholten Einlass an einem Veranstaltungsabend bestehe. Die schalltechnische Prognose gelangte zu dem Ergebnis, dass die einschlägigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Gewerbegebiete an den nächstgelegenen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet beim Betrieb der „Musikwerkstatt“ unterschritten werden.
- 4
Mit Bescheid vom 16. April 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger einen „vorläufigen Bauschein“ zur Nutzungsänderung des Gebäudes in eine „Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen mit max. 300 Personen.“ Die „vorläufige Baugenehmigung“ wurde auf jederzeitigen Widerruf und unter zahlreichen Auflagen erteilt; u. a. seien die Voraussetzungen, Bedingungen, Vorgaben und Grenzwerte aus dem vorgelegten Dekra-Gutachten sowie in Bezug auf das nächstgelegene Wohnhaus bzw. die nächstgelegene Betriebswohnung die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Gewerbegebiete einzuhalten; weitergehende Forderungen bezüglich des Lärmschutzes blieben vorbehalten. Außerdem wurden gewerbeaufsichtliche Auflagen der SGD Süd, die sich auf den Betrieb von Diskotheken beziehen, zum Gegenstand der Genehmigung gemacht.
- 5
Nach Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ am 18. April 2009 wandten sich u. a. Anwohner der L... Straße mit Beschwerden über Lärmbelästigungen und Müllablagerungen durch Gäste der Musikwerkstatt an die Beklagte. Ein an den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten gerichtetes Beschwerdeschreiben vom 12. Mai 2009 wurde auch von den Beigeladenen zu 1) und 2) unterzeichnet. Diese sind Eigentümer des östlich der „Musikwerkstatt“ im Geltungsbereich desselben Bebauungsplans gelegenen Grundstücks „L... Straße …“ (Flurstück-Nr. 3641/31), auf dem sie ein Gerüstbauunternehmen betreiben und die im Dachgeschoss des Anwesens gelegene Betriebswohnung bewohnen. Ausweislich des Dekra-Gutachtens handelt es sich um die zur „Musikwerkstatt“ nächstgelegene Wohnung.
- 6
Mit Anwaltsschreiben vom 14. Juli 2009 wandten sich die Beigeladenen erneut mit Beschwerden über Ruhestörungen und Abfallablagerungen durch Gäste der Musikwerkstatt an die Beklagte und baten u. a. um Auskunft darüber, ob der einschlägige Bebauungsplan einen Diskothekenbetrieb wie die „Musikwerkstatt“ zulasse. Daraufhin wurden ihnen mit Schreiben der Beklagten vom 19. August 2009 Kopien des Bebauungsplans und der Baugenehmigung übersandt.
- 7
Mit Anwaltsschreiben vom 8. September 2009 legten die Beigeladenen gegen die Baugenehmigung vom 16. April 2009 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie u. a. geltend machten, die Musikwerkstatt sei in dem festgesetzten Gewerbegebiet unzulässig, da der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ausschließe.
- 8
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 gab der Stadtrechtsausschuss der Beklagten dem Widerspruch der Beigeladenen statt und hob die Baugenehmigung vom 16. April 2009 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der „Musikwerkstatt“ handele es sich um eine Vergnügungsstätte, da der Betrieb durch ständig wechselnde Unterhaltungsprogramme, insbesondere Tanz- und Musikdarbietungen sowie sog. Mottoparties geprägt werde. Deutliche Kennzeichen für eine Vergnügungsstätte in Gestalt einer Diskothek seien auch die Erhebung eines Eintrittsgeldes, die Öffnungszeiten ab 22.00 Uhr, der Umstand, dass es keine Küche gebe, sowie das Angebot eines Einwilligungsformulars für den Diskothekenbesuch von Jugendlichen unter 18 Jahren auf der Homepage des Betriebs. Als Vergnügungsstätte sei das Vorhaben wegen des diesbezüglichen Nutzungsausschlusses im Bebauungsplan unzulässig. Daraus ergebe sich eine Rechtsverletzung der Nachbarn, die sich auf einen Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart berufen könnten.
- 9
Zur Begründung seiner beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere vorgetragen: Die genehmigte Nutzungsänderung sei planungsrechtlich zulässig, da es sich nicht um eine Diskothek, sondern um einen Veranstaltungsort mit Live-Konzerten, Mottoparties, Comedy- und Kleinkunstveranstaltungen handele; es werde lediglich das bisherige Konzept der Musikwerkstatt an einem neuen, nur 200 m vom bisherigen Standort entfernten Standort fortgesetzt. Die Beklagte habe sein Vorhaben stets unterstützt. Da er das Vorhaben mittlerweile vollständig verwirklicht, insbesondere umfangreiche Schallschutzmaßnahmen getroffen habe, stehe ihm zumindest ein Befreiungsanspruch zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welche Gründe zum Ausschluss von Vergnügungsstätten in dem Gebiet geführt hätten. Das ursprüngliche Gebietskonzept sei durch neuere Entwicklungen überholt, nachdem in unmittelbarer Nähe zum Betrieb der Beigeladenen eine Lagerhalle genehmigt worden sei und es Pläne für die Errichtung eines Bahnhaltepunktes in dem Gebiet gebe, von dem zusätzlicher Lärm zu erwarten sei.
- 10
Im Übrigen hätten die Beigeladenen ihr Widerspruchsrecht verwirkt, da sie schon seit Februar 2009 über das Vorhaben informiert gewesen seien.
- 11
Der Kläger hat beantragt,
- 12
den Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 aufzuheben.
- 13
Die Beklagte hat auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen und beantragt,
- 14
die Klage abzuweisen.
- 15
Die Beigeladenen haben ebenfalls beantragt,
- 16
die Klage abzuweisen.
- 17
Sie haben zur Begründung auf ihr Widerspruchsvorbringen und den Widerspruchsbescheid verwiesen.
- 18
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat die Klage durch Urteil vom 23. August 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerspruchsbescheid habe die Baugenehmigung vom 16. April 2009 zu Recht aufgehoben, weil diese die Beigeladenen in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletze. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beigeladenen ihr nachbarliches Abwehrrecht ausnahmsweise vor Ablauf der ihnen grundsätzlich für die Einlegung des Widerspruchs zuzubilligenden Jahresfrist ab Kenntnis von der Erteilung der Baugenehmigung verwirkt haben könnten. Der Kläger habe selbst nicht vorgetragen, dass die Beigeladenen bereits früher eindeutig zu erkennen gegeben hätten, dass sie die Zulassung der Nutzungsänderung akzeptieren wollten. Auf den Umstand, dass über das Vorhaben bereits Anfang Februar 2009 und damit zwei Monate vor Erteilung der Baugenehmigung in der Presse berichtet worden sei, komme es insoweit nicht an. Die Baugenehmigung sei unter Verletzung der Nachbarrechte der Beigeladenen erteilt worden. Das Vorhaben des Klägers sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es nach der Art der Nutzung dem einschlägigen Bebauungsplan widerspreche. Ungeachtet der Bezeichnung als Nutzungsänderung in eine Gaststätte habe die Beklagte den Betrieb einer Vergnügungsstätte zugelassen. Dies ergebe sich aus dem Zusatz „mit regelmäßigen Musikveranstaltungen mit max. 300 Personen“ in der Nutzungsbestimmung, aber auch aus den genehmigten Plänen und den beigefügten Nebenbestimmungen. Da das Grundstück des Klägers in dem durch den Bebauungsplan, gegen dessen Rechtsverbindlichkeit keine Bedenken bestünden, ausgewiesenen Gewerbegebiet gelegen sei, könnten dort gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise zugelassen werden. Die Zulassung der „Musikwerkstatt“ auf der Grundlage der Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB komme jedoch nicht in Betracht, weil im Bebauungsplan die Erteilung von Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 BauNVO durch Ziffer 1.3.2 der Textfestsetzungen ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Sei das Vorhaben in dem maßgeblichen Bebauungsplangebiet nach der Art der Nutzung unzulässig, so folge daraus bereits eine Verletzung der Nachbarrechte der Beigeladenen. Als Grundstückseigentümern im selben Baugebiet stehe ihnen der aus §§ 30 Abs. 1 BauGB, 8 BauNVO abzuleitende Schutzanspruch des Nachbarn auf Bewahrung der Gebietsart nach der BauNVO zu. Im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses könne jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebietes unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern. Auf die Frage, ob vom Betrieb der „Musikwerkstatt“ unzumutbare Beeinträchtigungen des Grundstücks der Beigeladenen ausgingen, komme es daher nicht an. In diesem Zusammenhang sei auch nicht zu prüfen, ob der Kläger einen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB habe. Mit der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung sei keine konkludente Befreiungsgewährung zur Art der Nutzung des Vorhabens verbunden gewesen, da die Beklagte offenbar den Betrieb der „Musikwerkstatt“ nicht als Vergnügungsstätte angesehen und daher keine Notwendigkeit für eine Befreiungserteilung gesehen habe. Das bloße Vorliegen einer Befreiungslage genüge nicht, um die Baugenehmigung als rechtmäßig ansehen zu können. Vielmehr bedürfe es der tatsächlichen Befreiungserteilung, wenn nur dadurch ein bestimmtes Vorhaben in einem Baugebiet zugelassen werden könne.
- 19
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er halte daran fest, dass die ihm erteilte Baugenehmigung vom 16. April 2009 bestandskräftig sei. Hier liege ein Fall vor, in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Nachbarrechte schon vor Ablauf der grundsätzlich bestehenden Jahresfrist verwirkt seien, weil der Nachbar durch sein Verhalten beim Bauherrn den berechtigten Eindruck erweckt habe, er werde keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben erheben. Bereits am 4. Februar 2009 sei u. a. auf seine Veranlassung hin in der „Rheinpfalz“ berichtet worden, dass die „Musikwerkstatt“ innerhalb der nächsten 5 Wochen in den jetzigen Räumlichkeiten wieder eröffnet werden solle. Spätestens zu diesem Zeitpunkt seien auch die Beigeladenen über die konkret anstehende Nutzungsänderung in den Räumlichkeiten der Condé-Kaserne informiert gewesen. Nach Erhalt des Bauscheins vom 16. April 2009 habe er zu allen Anwohnern im Plangebiet, insbesondere auch zu den Beigeladenen persönlich Kontakt aufgenommen und sie über Details der anstehenden Bauarbeiten und Arbeitsabläufe, die geplanten Öffnungszeiten und dergleichen informiert und dabei deutlich gemacht, dass er persönlich im Falle von Beanstandungen als Ansprechpartner zur Verfügung stehe; hierzu habe er seine Kontaktdaten, einschließlich Mobilfunknummer, hinterlassen. Spätestens im März/April 2009 seien die Beigeladenen vollumfänglich über sämtliche Vorgänge sowie die grundlegende Konzeption der Musikwerkstatt informiert gewesen. Sie hätten ursprünglich auch ihre Kooperation zugesagt. Aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen hätten die Beigeladenen jedoch mit Schreiben vom 9. September 2009 Widerspruch erhoben, ohne von seinem Angebot Gebrauch gemacht zu haben, ihn direkt zu kontaktieren und etwaige Beschwerden vorzubringen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Betrieb des Unternehmens bereits im Gange und die Arbeiten seien weitestgehend abgeschlossen gewesen, alle Auflagen aus dem Bauschein seien nahezu vollständig erfüllt worden. Die Beigeladenen hätten erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, dass der Betrieb des Klägers am jetzigen Standort baurechtlich nicht zulässig sei.
- 20
Er habe im Vertrauen auf den Fortbestand der Baugenehmigung umfangreiche Investitionen und sonstige Arbeiten mit einem Volumen von 150.000 bis 170.000 € getätigt, die im Falle einer Schließung des Objekts nahezu vollständig dort verbleiben müssten. Die wesentlichen Umbau-, Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten hätten im Zeitraum von Februar bis August/September 2009 stattgefunden, wobei ein Großteil der Arbeiten in Eigenleistung zusammen mit seinen Mitarbeitern durchgeführt worden sei; die genaue zeitliche Abfolge der überwiegend ineinander übergehenden Arbeiten lasse sich nicht immer Tag genau wiedergeben. Im Einzelnen seien folgende Arbeiten und Investitionen vorgenommen worden, zu denen der Kläger ein Konvolut von Rechnungen und Kassenbons vorlegt:
- 21
- Februar 2009: Umfangreiche Abbruch- und Maurerarbeiten; reine Materialkosten ca. 4063,22 €, insgesamt 74 Arbeitsstunden
- 22
- Februar 2009: Weitere Mauer- und Verputzarbeiten, insgesamt rund 297 Arbeitsstunden
- 23
- Februar bis März 2009: Anbringung einer Brandschutzisolierung an der Dachkonstruktion, Materialkosten i. H. v. 2.614,10 €, 64 Arbeitsstunden
- 24
- März 2009: Bau der „zweiten Ebene“ der Musikwerkstatt, Materialeinsatz rund 7.204,00 €, rund 140 Arbeitsstunden
- 25
- März 2009: Bau nahezu aller Treppen, Materialeinsatz ca. 6.434,16 €, rund 90 Arbeitsstunden
- 26
- März 2009: Installation der jeweiligen Treppengeländer, Materialeinsatz rund 1.316,12 €, rund 96 Arbeitsstunden
- 27
- März 2009: Bau der vollständigen Toilettenanlage, rund 155 Arbeitsstunden
- 28
- März 2009: Installation der Lüftungs- und Entrauchungsanlage, Materialkosten ca. 1.351,08 €, rund 45 Arbeitsstunden
- 29
- März 2009: Setzen von Brandschutz-, Zwischen-, Notausgang-, Büro-, WC- und Lagertüren, Materialeinsatz etwa 2.935,92 €, rund 9 Arbeitsstunden
- 30
- März 2009: Installation der Heizungsanlage und der Wasserversorgung, rund 4.956,70 € Material und rund 75 Arbeitsstunden
- 31
- „In diesem Zuge“: Durchführung von Schallschutzmaßnahmen, Materialkosten i. H. v. 1.190,55 €, rund 154 Arbeitsstunden
- 32
- Von März/April 2009 bis August 2009: Umfangreiche Schreinerarbeiten im Bar- und Bühnenbereich, rund 4.910.72 € an Materialkosten, rund 189 Arbeitsstunden
- 33
- Mai 2009: Verlegung von Böden, insgesamt 1.793,77 € an Materialkosten, rund 57 Arbeitsstunden
- 34
- August 2009: Errichtung des Büros, rund 431,97 € Materialeinsatz, rund 16 Arbeitsstunden
- 35
- August/September 2009: Installation ortsunveränderlicher Deko-Elemente, insgesamt rund 698,53 € Materialkosten, etwa 45 Arbeitsstunden
- 36
- „Während des gesamten Zeitraums“: Installation der Elektrotechnik des gesamten Anwesens durch Firmen Zimmer und Grün; Investitionskosten rund 19.640,93 € (laut beigefügter Auflistung aber „Februar-März 2009“)
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- „Quasi durchgängig bis September 2009“: Tätigung von Investitionen in Sound-, Licht- und Videoeffekte i. H. v. 5.258,17 €
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- „Februar bis August 2009“: Investitionen für Planungen, Prüfungen und nicht zuzuordnende Materialien i. H. v. ca. 9.508,89 €.
- 39
Insgesamt sei es ihm nicht zumutbar, die vorgenommenen Investitionen abzuschreiben und die Räumlichkeiten aufzugeben. Zwar habe er sich entschlossen, am 11. März 2011 einen weiteren Betrieb in Haßloch zu eröffnen.
- 40
Jedoch erwirtschafte er allein mit der „Musikwerkstatt“ Gewinne; dieser Betrieb bilde zumindest derzeit die einzige Existenzgrundlage für ihn und eine große Anzahl seiner Mitarbeiter. Im Falle einer Schließung der „Musikwerkstatt“ werde eine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen wegfallen. Daher überwiege das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der ihm erteilten Baugenehmigung die Interessen der Beigeladenen und der Beklagten deutlich.
- 41
Der Kläger beantragt,
- 42
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. März 2010 aufzuheben.
- 43
Die Beklagte beantragt,
- 44
die Berufung zurückzuweisen.
- 45
Sie trägt noch ergänzend vor: Die vom Kläger vorgenommenen Aufstellungen und Aufgliederungen seien nicht aussagekräftig. Die vorgelegten Belege ließen sich nicht eindeutig dem Standort „Musikwerkstatt“ zuordnen, sondern könnten auch für die von ihm betriebene Gastwirtschaft „Lounge“ in Neustadt oder für private Zwecke entstanden sein. Aus den zu den jeweiligen Tätigkeitsbereichen benannten Arbeitsstunden seiner Mitarbeiter gehe nicht hervor, welche Mitarbeiter in welcher Zahl dort tätig gewesen und wie die angefallenen Arbeitsstunden aufgezeichnet und abgerechnet worden seien. Der Kläger habe im Übrigen vorzeitig mit dem Bau begonnen und keine Baubeginnanzeige erstattet. Auch Mitteilungen über abschließende Fertigstellung oder Teilfertigstellungen fehlten.
- 46
Ferner weist die Beklagte darauf hin, dass sie einen Antrag des Klägers auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans mit Bescheid vom 12. Januar 2011 abgelehnt hat, und reicht diesen Bescheid zu den Gerichtsakten.
- 47
Die Beigeladenen beantragen,
- 48
die Berufung zurückzuweisen.
- 49
Zur Begründung tragen sie insbesondere vor, der Kläger könne sich gegen die erfolgreiche Anfechtung der Baugenehmigung durch die Beigeladenen nicht mit dem Einwand des Vertrauensschutzes verteidigen. Die Baugenehmigung sei ihnen gegenüber nicht in Bestandskraft erwachsen. Zum einen hätten sie mit der Einlegung des Widerspruchs am 8. September 2009 gegen die ihnen erst am 28. August 2009 bekannt gegebene Baugenehmigung die Widerspruchsfrist von einem Monat eingehalten. Zum anderen hätten sie ihr Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Zwar könne in besonders gelagerten Fällen auch eine kürzere Frist als die bei nicht förmlicher Bekanntgabe der Baugenehmigung ab dem Zeitpunkt zumutbarer Kenntnisnahme relevanter Bautätigkeiten laufende Jahresfrist gelten, wenn der Nachbar durch aktives Tun dem Bauherrn vermittelt habe, mit dem Vorhaben einverstanden zu sein, so dass der Bauherr nicht mehr mit einer Anfechtung der Baugenehmigung zu rechnen brauchte und auf den wirtschaftlichen Nutzen seiner Investitionen vertrauen durfte. Dies komme hier jedoch nicht zum Tragen. Weder hätten die Beigeladenen dem Kläger zu erkennen gegeben, mit dem Vorhaben einverstanden zu sein bzw. nicht dagegen vorgehen zu wollen, noch habe dieser nachgewiesen, im Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung schutzwürdige Investitionen in das Vorhaben getätigt zu haben.
- 50
Die Behauptung des Klägers, er habe sämtliche Anwohner spätestens im März/April 2009 vollumfänglich in sämtliche Vorgänge, die geplanten Umbauarbeiten und die grundlegende Konzeption der Musikwerkstatt eingeweiht, entspreche nicht den Tatsachen. Sie hätten erstmals Anfang April 2009 Kontakt mit dem Kläger gehabt, als dieser sich in ihrem Anwesen als Betreiber der „Musikwerkstatt“ vorgestellt und mitgeteilt habe, dass der Betrieb in der folgenden Woche eröffnet werde. Er habe ihnen unter Angabe seiner Mobilfunknummer angeboten, sich bei Beschwerden an ihn zu wenden. Tatsächlich hätten sie sich bereits in der Woche nach der Eröffnung am 17. April 2009 dreimal veranlasst gesehen, den Kläger unter seiner Mobilfunknummer anzurufen und sich über Lärmbelästigungen durch Besucher der Musikwerkstatt zu beschweren. Der Kläger habe jeweils mitgeteilt, dass er nur bis etwa 00:00 Uhr in der „Musikwerkstatt“ sei und der Lärm während seiner Abwesenheit entstehe. Dies seien die einzigen Kontakte zwischen dem Kläger und ihnen gewesen. Danach hätten sie sich ausschließlich an die Beklagte gewandt. Da sich an den vom Betrieb der „Musikwerkstatt“ ausgehenden nächtlichen Ruhestörungen und Belästigungen nichts geändert habe, hätten sie sich schließlich am 6. Juli 2009 an ihre Prozessbevollmächtigte gewandt, die sich mit dem Schreiben vom 14. Juli 2009 bei der Beklagten für sie bestellt und über die baurechtliche Situation erkundigt habe. Nach Übersendung eines Abdrucks der Baugenehmigung mit Schreiben der Beklagten vom 19. August 2009 hätten sie mit Schreiben vom 8. September 2009 und damit unverzüglich nach Kenntnisnahme von der Baugenehmigung Widerspruch eingelegt. Mithin hätten sie zu keiner Zeit und in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, keine Einwendungen gegen das Vorhaben erheben zu wollen.
- 51
Zudem sei die Behauptung des Klägers, er habe aufgrund eines berechtigten Vertrauens auf den Fortbestand der Baugenehmigung erhebliche Investitionen in einem Umfang von rund 170.000 € unmittelbar nach Erteilung der Baugenehmigung getätigt, unzutreffend. Aus den jetzt vorgelegten Aufstellungen ergebe sich vielmehr, dass er bereits im Februar 2009 und damit noch vor Beantragung der Nutzungsänderungsgenehmigung mit seinen Sanierungs- und Umbauarbeiten begonnen habe. Insgesamt weise die vorgelegte Aufstellung nur einen Kostenaufwand von rund 80.800 € aus, wobei der überwiegende Anteil, nämlich rund 62.500 €, in den Monaten Februar und März 2009 und daher vor Erteilung des Bauscheins entstanden sei. Ein weiterer Teil der Arbeiten mit einem Kostenvolumen von rund 16.000 € sei für den Zeitraum Februar bzw. März bis August 2009 zusammengefasst, mithin teilweise ebenfalls noch vor Antragstellung bzw. Erteilung des Bauscheins durchgeführt worden. Da der Kläger die „Musikwerkstatt“ am 17. April 2009 eröffnet habe, sei davon auszugehen, dass an diesem Tage die wesentlichen Baumaßnahmen abgeschlossen gewesen seien. Auch von den insgesamt aufgelisteten 1.578 Arbeitsstunden seien bereits 1.272 in der Zeit von Februar bis März 2009, mithin vor Erteilung der Baugenehmigung aufgewendet worden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie sich die behaupteten Arbeitsstunden auf die Eigenleistungen des Klägers bzw. seiner Mitarbeiter verteilt hätten, welche Mitarbeiter tätig gewesen seien und wie die Arbeitsstunden erfasst und abgerechnet worden seien. Auch die vorgelegten Rechnungsbelege und Kassenbons bewiesen nicht, dass die eingekaufte Ware tatsächlich für Zwecke der „Musikwerkstatt“ verwendet worden sei, zumal einige der Belege an die Privatanschrift des Klägers bzw. an die Anschrift seines weiteren Gaststättenbetriebs adressiert seien.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 zu Recht abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil sich der gegen die ihm erteilte Baugenehmigung für die „Musikwerkstatt“ gerichtete Widerspruch der Beigeladenen als zulässig und begründet erweist. Mithin ist die Baugenehmigung vom 16. April 2009 zu Recht aufgehoben worden.
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1. Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend entschieden, dass die Baugenehmigung vom 16. April 2009 wegen Verstoßes gegen materielles Baurecht rechtswidrig ist. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben des Klägers zur Nutzungsänderung des Gebäudes der ehemaligen Garnisonsbäckerei in einen neuen Standort für die von ihm betriebene „Musikwerkstatt“ planungsrechtlich unzulässig ist, weil es den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans widerspricht. Auch der Senat hegt keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Vorhaben um eine „Vergnügungsstätte“ im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO handelt, auch wenn es sich nicht um eine „klassische“ Diskothek handeln mag (vgl. zum Begriff der Vergnügungsstätte Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 6, Rn. 42 ff. m.w.N.). Hierfür sprechen eindeutig die in den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts, aber auch bereits in der Begründung des Widerspruchsbescheides aufgeführten Kriterien, namentlich die den Charakter der Lokalität prägenden, weil an nahezu jedem der Öffnungstage stattfindenden Livekonzerte, Mottoparties und sonstigen Unterhaltungsprogramme, die Erhebung eines Eintrittsgelds von den Besuchern sowie die auf freitags, samstags und Tage vor Feiertagen sowie die Nachtzeit von 22:00 bis 5:00 Uhr beschränkten, diskothekentypischen Öffnungszeiten. Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere den Senatsbeschluss vom 9. März 2007 – 8 A 10066/07.OVG –, LKRZ 2007, 202).
- 56
Als Vergnügungsstätte ist das Vorhaben in dem hier festgesetzten Gewerbegebiet gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig; die Zulassung von Ausnahmen nach dieser Vorschrift ist indessen im Bebauungsplan mit der Textfestsetzung Ziffer 1.3.2 ausgeschlossen worden. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans oder speziell dieser Festsetzung sind weder vom Kläger geltend gemacht worden noch für den Senat ersichtlich.
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2. Das Verwaltungsgericht ist des Weiteren zu Recht davon ausgegangen, dass die angefochtene Baugenehmigung nachbarschützende Rechte der Beigeladenen verletzt.
- 58
Die Beigeladenen können sich als Grundstückseigentümer im selben Baugebiet auf den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten, aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herzuleitenden Schutzanspruch des Nachbarn auf Bewahrung der (festgesetzten) Gebietsart nach der BauNVO berufen (sog. Gebietserhaltungsanspruch). Danach kann jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit eine schleichende Umwandlung des Baugebietscharakters verhindern, ohne dass es auf eine konkrete, tatsächlich spürbare oder nachweisbare Beeinträchtigung des Nachbarn durch das baugebietswidrige Vorhaben ankommt (st. Rspr.; vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28.91 –, BVerwGE 94, 151 und juris, Rn. 23; Urteil vom 23. August 1996 – 4 C 13.94 –, BVerwGE 101, 364 und juris, Rn. 48 ff.; Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 4 B 55.07 –, NVwZ 2008, 427 und juris, Rn. 5).
- 59
Die hier in Rede stehende Festsetzung im Bebauungsplan „Naulott Guckinsland III. Änderung“ der Beklagten, der Ausschluss der Zulassung von Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO, namentlich von Vergnügungsstätten, im Plangebiet, gibt insoweit keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Schutzzweck der Textfestsetzung Ziffer 1.3.2 ist – wie die Beklagte in der Begründung des Bescheides vom 17. Januar 2011, mit der der Befreiungsantrag des Klägers abgelehnt wurde, nochmals deutlich gemacht hat – ersichtlich, die in Rede stehenden Teilflächen des eingeschränkten Gewerbegebiets vornehmlich für „klassische“ Gewerbebetriebe zu reservieren und dabei dem besonderen Schutzbedürfnis von Betriebswohnungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, die nach der Textfestsetzung Ziffer 1.3.1 ausnahmsweise zugelassen werden können, Rechnung zu tragen. Solche betriebsakzessorischen Wohnnutzungen sollen vor Immissionen und sonstigen Störungen, wie sie in klassischen Gewerbegebieten nicht zu erwarten, aber zum Beispiel für Vergnügungsstätten typisch sind, bewahrt werden. Hierzu zählen namentlich Geräuschimmissionen, wie sie vom Betrieb einer Vergnügungsstätte und von deren Besuchern beim Zu- und Abgang in den Nachtstunden zwischen 22:00 und 5:00 Uhr und damit zu einer Zeit verursacht werden, in der in einem klassischen Gewerbegebiet an sich nicht mit regelmäßigen Störungen der Nachtruhe gerechnet werden muss. Von daher besteht hier kein Anlass, am generell nachbarschützenden Charakter der einschlägigen Bebauungsplanfestsetzung zu zweifeln, so dass der Frage, inwieweit von dem Vorhaben des Klägers konkret nachweisbare, unzumutbare Beeinträchtigungen für das Grundstück der Beigeladenen ausgehen, nicht nachgegangen werden muss.
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3. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen kann, er habe gemäß § 31 Abs. 2 BauGB Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts wird der Gebietserhaltungsanspruch eines Grundstückseigentümers im Baugebiet durch die Zulassung eines der Art der baulichen Nutzung nach dort nicht zulässigen Vorhabens nur dann nicht verletzt, wenn dem Bauherrn dazu eine Befreiung tatsächlich erteilt worden ist; das bloße Vorliegen einer Befreiungslage genügt hingegen nicht (vgl. OVG RP, Beschluss vom 5. Februar 2010 – 1 B 11356/09.OVG –, DVBl. 2010, 659 und juris, Rn. 4).
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Im Übrigen hat die Beklagte inzwischen den Antrag des Klägers auf Befreiung mit Bescheid vom 12. Januar 2011 abgelehnt. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides bestehen nicht. Der oben dargelegte Schutzzweck der nachbarschützenden Textfestsetzung, von der befreit werden sollte, stellt vielmehr ersichtlich einen Grundzug der Planung im Sinne von § 31 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB dar, was einer Befreiungserteilung hier von vornherein entgegensteht.
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4. Die Beigeladenen haben schließlich ihr nachbarliches Abwehrrecht nicht verwirkt.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet Verwirkung (im materiell-rechtlichen Sinne) als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben, namentlich gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens, erscheinen lassen (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – 4 C 4.89 –, NVwZ 1991, 1182 und juris, Rn. 22, m.w. Rechtsprechungsnachweisen). Danach setzt die Verwirkung einen gewissen Zeitablaut („Zeitmoment“) und als „Umstandsmoment“ jedenfalls eine Vertrauensgrundlage und einen Vertrauenstatbestand voraus (vgl. dazu auch de Vivie/Barsuhn, Baurecht 1995, S. 492, 494). Mithin kommt die Verwirkung des materiellen Abwehrrechts eines Nachbarn gegen ein genehmigtes Bauvorhaben in Betracht, wenn der Nachbar in Kenntnis der Erteilung einer Baugenehmigung oder im Falle des Kennenmüssens ihrer Erteilung über längere Zeit untätig geblieben ist, dieses Verhalten des Nachbarn Grundlage für die Entstehung des Vertrauens des Bauherrn in das Ausbleiben von Nachbareinwendungen ist und der Bauherr aufgrund dieses Vertrauens von der Baugenehmigung Gebrauch gemacht, namentlich vermögenswirksame Dispositionen getroffen hat, deren Rückgängigmachung oder Verlust ihm nicht zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 – IV C 2.72 –, BVerwGE 44, 294 und juris, Rn. 24 ff.; Beschluss vom 28. August 1987 – 4 N 3.86 –, BVerwGE 78, 85 und juris, Rn. 13 ff.; Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 21 ff.; Beschluss vom 16. März 2010 – 4 B 5.10 –, juris, Rn. 8; zusammenfassend in der Literatur: de Vivie/Barsuhn, a.a.O., 492 ff. und Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 12. Aufl. 2010, § 33, Rn. 11 ff.).
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Diese Voraussetzungen liegen hier indessen nicht vor.
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a. Dabei kann zunächst offenbleiben, ob nicht bereits das „Zeitmoment“ hier nicht gegeben ist. Was die „längere Zeit“ angeht, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies dem Berechtigten möglich gewesen wäre, steht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls fest, dass der maßgebliche Zeitraum der Untätigkeit des Berechtigten deutlich länger zu bemessen ist als die Zeit, die dem Berechtigten gemäß den im Regelfall geltenden verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfsfristen für die Geltendmachung seines Rechts eingeräumt ist; ein Abwehrrecht des Nachbarn gegen eine durch Erteilung einer Baugenehmigung zugelassene Nutzung eines benachbarten Grundstücks kann demnach nicht schon dann verwirkt sein, wenn der Nachbar nur während der regulären Monatsfrist für die Erhebung eines Widerspruchs gemäß §§ 70, 58 Abs. 1 VwGO, die ihm selbst bei ordnungsgemäßer Zustellung der Baugenehmigung mit Rechtsbehelfsbelehrung zustehen würde, seine Abwehrposition nicht gegenüber dem Bauherrn geltend gemacht hat; eine Verwirkung des materiellen Abwehrrechts kommt vielmehr in Fällen dieser Art erst dann in Betracht, wenn der Berechtigte deutlich länger als einen Monat untätig geblieben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 22). Jedenfalls beginnt der Verwirkungszeitraum erst nach Erlangung zuverlässiger Kenntnis des Nachbarn von der (tatsächlich erfolgten) Erteilung der Baugenehmigung bzw. im Zeitpunkt des sich Aufdrängens der Kenntnis hiervon (vgl. de Vivie/Barsuhn, a.a.O., S. 494), so dass es auf die vom Kläger hervorgehobene Presseberichterstattung schon ab Februar 2009 über eine baldige Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ am neuen Standort nicht ankommen kann.
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Zwar ist vorliegend einerseits festzustellen, dass die Beigeladenen bis zur Einlegung ihres Widerspruchs mit Schreiben vom 8. September 2009 immerhin fast fünf Monate seit der Erteilung der Baugenehmigung vom 16. April 2009, über die sie wohl zeitnah Kenntnis hatten oder – schon wegen der Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ bereits am 18. April 2009 – jedenfalls Kenntnis haben mussten, abgewartet haben. Andererseits sind die Beigeladenen in dieser Zeit nicht vollständig untätig geblieben. Sie haben sich vielmehr bereits wenige Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung und Aufnahme des Betriebs der „Musikwerkstatt“ mit Beschwerden über unzuträgliche Auswirkungen des Betriebs auf ihre Wohnnutzung zunächst (telefonisch) an den Kläger persönlich, danach – im Rahmen einer Sammelbeschwerde mit Schreiben vom 12. Mai 2009 – an die Beklagte gewandt. Letztlich bedarf die Frage, ob angesichts der zwischenzeitlichen Beschwerden der Beigeladenen über störende Auswirkungen des Vorhabens noch von einer „längeren Zeit“ der Nichtausübung ihres Nachbarrechts ausgegangen werden kann, keiner Entscheidung, weil jedenfalls das Umstandsmoment als weitere Voraussetzung einer Verwirkung nicht vorliegt.
- 67
b. Zweifelhaft ist – wie sich im Grunde schon aus dem Vorstehenden ergibt – bereits das Bestehen einer hinreichenden Vertrauensgrundlage auf Seiten des Klägers.
- 68
Wie dargelegt, setzt die Verwirkung neben dem bloßen Zeitablauf als Umstandsmoment zunächst voraus, dass der Verpflichtete (Bauherr) aufgrund eines Verhaltens des Berechtigten (Nachbar) darauf vertrauen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. allgemein zur Verwirkung BVerwG, Urteil vom 22. August 2007 – 8 C 6.06 –, juris, Rn. 20; s.a. de Vivie/Barsuhn, a.a.O., S. 495). Aufgrund der besonderen Pflichten im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis kann bereits eine bloße Untätigkeit des Nachbarn genügen, wenn sie vom Bauherrn als eine dem aktiven Tun des Nachbarn (Zustimmung) gleichzusetzende Duldung des Vorhabens verstanden werden konnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 1989 – 4 B 28.89 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 87). Der Nachbar muss, um seiner Verpflichtung aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis nachzukommen, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder einen Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten, nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. März 1988 – 4 B 50.88 –, NVwZ 1988, 730 und juris, Rn. 4). Zwar bedarf es insoweit nicht der Einhaltung der Schriftform wie beim Widerspruch selbst; auch können Beschwerden gegenüber den zuständigen Behörden im Einzelfall genügen, wenn der Berechtigte davon ausgehen kann, dass sie gleichsam automatisch auch dem Verpflichteten bekannt werden; regelmäßig wird allerdings nur die Geltendmachung des Rechts unmittelbar gegenüber dem Verpflichteten den durch Untätigkeit des Berechtigten entstehenden Eindruck, dieser werde sein Recht nicht (mehr) geltend machen, ausreichend entgegenwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 25).
- 69
Danach ergibt sich hier folgendes Bild: Zwar haben die Beigeladenen – nach eigenem, vom Kläger nicht ausdrücklich bestrittenen Bekunden – bereits im April 2009 diesem gegenüber telefonisch Beschwerden wegen nächtlicher Lärmbelästigungen vorgebracht. Danach haben sie sich mit weiteren Beschwerden allerdings nur noch an die Beklagte gewandt, wobei das von ihnen mitunterzeichnete Sammelbeschwerdeschreiben vom 12. Mai 2009 offenbar nicht unmittelbar dem Kläger zur Kenntnis gebracht wurde; dieser wurde aber immerhin mit Schreiben der Beklagten vom 19. Juni 2009 generell über das Vorliegen von Nachbarbeschwerden wegen Lärmbelästigungen informiert. Zwar haben die Beigeladenen mit ihren Beschwerden über bestimmte Auswirkungen des genehmigten Betriebs das Vorhaben nicht ausdrücklich grundsätzlich in Frage gestellt; dessen bauplanungsrechtliche Zulässigkeit haben sie erst mit dem anwaltlichen Schreiben vom 14. Juli 2009 an die Beklagte hinterfragt, über das aber offenbar der Kläger nicht informiert wurde. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die Beigeladenen mit ihren Beschwerden namentlich über das störende Verhalten von Gästen der „Musikwerkstatt“ beim nächtlichen Zu- und Abgang zu dieser Einrichtung Klage über nutzungsarttypische Belästigungen durch den Betrieb einer Vergnügungsstätte geführt haben. Danach spricht bereits viel dafür, dass bei dem Kläger schon aufgrund der nachhaltigen Geltendmachung von Beschwerden über solche störenden Auswirkungen des Vorhabens, die für die von ihm gewählte Nutzungsart typisch sind, keine Vertrauensgrundlage dahin entstehen konnte, dass die betroffenen Nachbarn keine nachbarlichen Abwehrrechte gegen das Vorhaben als solches mehr geltend machen würden.
- 70
c. Jedenfalls fehlt es aber auf Seiten des Klägers an einem Vertrauenstatbestand.
- 71
Schon aus seinen eigenen Einlassungen und den vorgelegten Aufstellungen und Rechnungsbelegen ergibt sich, dass er den weit überwiegenden Teil seiner Investitionen in das Vorhaben nicht aufgrund eines Vertrauens in das Ausbleiben von Nachbarwidersprüchen gegen die Baugenehmigung vom 16. April 2009 getätigt haben kann.
- 72
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Verwirkung des materiellen nachbarlichen Abwehrrechts neben dem Zeitmoment und dem Bestehen einer Vertrauensgrundlage weiter voraus, dass der Verpflichtete (Bauherr) tatsächlich darauf vertraut hat, dass der Berechtigte (Nachbar) sein Recht nicht mehr ausüben werde, und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. z.B. Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 28, m.w.N.). Die Verwirkung erfordert mithin eine kausale Verknüpfung zwischen der verzögerten Geltendmachung des Abwehrrechts durch den Nachbarn und bestimmten Maßnahmen bzw. vermögenswirksamen Dispositionen des Bauherrn (vgl. de Vivie/Barsuhn, a.a.O., S. 495; Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., Rn. 15). Ist der Bauherr daher nicht durch die – längere Zeit andauernde – Untätigkeit des Nachbarn und im Hinblick auf ein dadurch geschaffenes Vertrauen zu seinen Baumaßnahmen veranlasst worden, sondern hat er unabhängig davon eine ihm erteilte Genehmigung von sich aus sofort in vollem Umfang ausgenutzt und weitgehende, mit erheblichem Kapitaleinsatz verbundene Schritte unternommen, so kann auch eine längere Untätigkeit des Nachbarn, die solchen Dispositionen des Bauherrn nachfolgt, nicht mehr zur Verwirkung der nachbarlichen Abwehrrechte führen; mithin scheidet eine spätere Verwirkung insbesondere dann aus, wenn zu einem Zeitpunkt, als die Untätigkeit des Nachbarn begann, die für eine Verwirkung erhebliche zeitliche Mindestdauer zu erreichen, der Bauherr sein Vorhaben im Wesentlichen schon verwirklicht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 28).
- 73
Letzteres ist hier anzunehmen: Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Aufstellungen ergibt, hat er den – vom Volumen sowohl der angeführten Materialkosten als auch der aufgelisteten Arbeitsstunden her – weit überwiegenden Teil der Umbau-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur (durch die angefochtene Genehmigung ermöglichten) Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ bereits in den Monaten Februar und März 2009, also vor Erteilung der Baugenehmigung vom 16. April 2009, zum Teil sogar vor Stellung seines Bauantrags vom 9. März 2009, kostenwirksam vorgenommen. Für einen weiteren, nicht unerheblichen Teil der aufgewendeten Materialkosten und Arbeitsstunden wird ohne nähere Differenzierung angegeben, sie seien im gesamten Zeitraum zwischen Februar bzw. März und August bzw. September 2009 angefallen; abgesehen davon, dass das Vorbringen des Klägers insoweit kaum den Mindestanforderungen an eine substantiierte Darlegung eines Vertrauenstatbestandes genügt, folgt auch aus diesen Zeitangaben, dass zumindest ein Teil dieser Aufwendungen bereits vor Bauantragstellung oder jedenfalls Baugenehmigung bzw. in einer Zeitphase getätigt wurde, in der die Untätigkeit der Beigeladenen noch in die ihnen mindestens zuzugestehende „Überlegungsfrist“ von einem Monat nach Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Baugenehmigungserteilung fiel. Ebenfalls unerheblich für die Frage einer Verwirkung sind die für den Monat Mai 2009 angegebenen Aufwendungen für die „Verlegung von Böden“, da sie entweder vollständig oder jedenfalls ganz überwiegend innerhalb der Monatsfrist ab Kenntnis bzw. Kennenmüssen des Erlasses der Baugenehmigung vom 16. April 2009 getätigt wurden, vor deren Ablauf nach der genannten Rechtsprechung der Verwirkungszeitraum und damit die Zeitspanne, in der ein schutzwürdiges Vertrauen in die Nichtausübung eines Abwehrrechts überhaupt erst entstehen kann, noch nicht begonnen hatte. Es verbleiben danach lediglich die Aufwendungen in den Monaten August bzw. – nach Angaben des Klägers – „im August/September 2009“; diese sind jedoch schon vom Umfang her so geringfügig (1.130,50 € bzw. 61 Arbeitsstunden), dass sie lediglich ein weiteres Indiz dafür bilden, dass der Kläger das genehmigte Vorhaben vorher im Wesentlichen bereits verwirklicht hatte. Darüber hinaus ist von der Art der Maßnahmen her („Büroerrichtung“, „Installation ortsunveränderlicher Deko-Elemente“) nicht eindeutig, ob es sich insoweit nicht um Investitionen gehandelt hat, deren Rückgängigmachung dem Kläger zumutbar wäre, weil er die betreffenden Gegenstände in seinen weiteren Lokalitäten wieder verwenden könnte. Die in der allenfalls kritischen Zeitspanne ab Anfang Juni 2009 bis zur Widerspruchseinlegung im September 2009 getätigten, wie dargelegt relativ geringfügigen weiteren Investitionen sind daher nach Art und Umfang nicht geeignet, die förmliche Geltendmachung des materiellen Abwehrrechts mit dem Widerspruch vom 8. September 2009 als treuwidrig erscheinen zu lassen.
- 74
Bestätigt wird die Einschätzung, dass der Kläger sein Vorhaben im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung und damit ohne die erforderliche kausale Verknüpfung mit einem Verhalten der Beigeladenen im Wesentlichen bereits verwirklicht hatte, im Übrigen durch die Tatsache, dass er den Betrieb der „Musikwerkstatt“ bereits am 18. April 2009 am heutigen Standort wieder aufgenommen und in der Folgezeit offenbar ohne nennenswerte Einschränkungen durchgehend fortgeführt hat.
- 75
Steht danach fest, dass es zumindest an einem Vertrauenstatbestand für die Annahme einer Verwirkung des materiellen Abwehrrechts der Beigeladenen fehlt, so kommt es auf die weiteren Rügen der Beklagten und der Beigeladenen hinsichtlich einer unklaren Zuordnung von Kostenbelegen zu Investitionen für die „Musikwerkstatt“ und zur mangelnden Substantiierung der aufgelisteten Arbeitsstunden nach Grund, Höhe und Bewertung nicht entscheidungserheblich an. Der Senat brauchte somit den diesbezüglichen Beweisangeboten der Beigeladenen im Schriftsatz vom 19. Mai 2011 nicht nachzugehen.
- 76
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
- 77
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 167 Abs. 2, 708, 711 ZPO.
- 78
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
- 79
Beschluss
- 80
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2007 - 6 K 2270/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. Oktober 2010 - 5 K 1991/10 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.
(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. Juli 2013 - 11 K 1561/13 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nutzung mit Wirkung zum 1. Juni 2014 zu untersagen ist.
Die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 1 tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst.
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 3.750,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Gründe
A.
- 1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
- 2
Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
I.
- 3
Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht auf die Klage oder den Widerspruch des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung nicht deren objektive Rechtmäßigkeit, sondern nur zu prüfen hat, ob der Nachbar durch die Baugenehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Eine solche Verletzung nachbarschützender Vorschriften hat das Verwaltungsgericht verneint.
- 4
Es hat angenommen, das Vorhaben der Beigeladenen, der Umbau einer ehemaligen Fabrikanlage zu einem Wohngebäude, füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die durch eine Gemengelage geprägt sei. Zu Gunsten der Kläger greife auch kein Gebietserhaltungsanspruch ein, da ein einheitlich gewerblicher Gebietscharakter schon durch die westlich gelegene Hinterliegerbebauung mit Mehrfamilienhäusern ausgeschlossen sei.
- 5
Die Kläger könnten sich auch nicht auf bauordnungsrechtliche Belange, insbesondere die Unterschreitung von Abstandsflächen berufen. Letzteres sei schon deshalb fraglich, weil die Änderung eines Gebäude, das den Mindestabstand nicht oder nur knapp einhalte, möglicherweise kein neues Abwehrrecht des Nachbarn begründe.
- 6
Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, sei das Vorhaben jedenfalls aufgrund der erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zulässig. Die für eine solche Abweichung erforderliche atypische Situation ergebe sich hier aus der Entstehungsgeschichte der Grundstücke, ihrer Lage zueinander in einem bebauten Gebiet, aus dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung der Immobilie und dem Interesse des Denkmalschutzes am Erhalt derselben.
- 7
Zu berücksichtigen sei, dass die Abstandsflächenproblematik im Kern bereits bei Teilung des ursprünglichen, die Flurstücke der Kläger und der Beigeladenen umfassenden unvermessenen Geländes entstanden sei. Dabei hätten die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger zu ihren Gunsten im Hinblick auf die Bebauung mit vergleichsweise flachen Lagerhallen recht großzügige Grundstücke und mithin Abstandsflächen erworben. Für das verbleibende Restgrundstück, das mit einer mehrgeschossigen, insgesamt gut 17 m hohen Fabrikanlage bebaut gewesen sei, sei nur noch ein Grundstücksstreifen rund um die Fabrik in einer Breite von 3 m belassen worden. Dies habe zwar unter der – schon damals zweifelhaften – Annahme eines Gewerbegebiets dem notwendigen Mindestmaß einer Abstandsfläche entsprochen. Gleichzeitig sei damals aber schon der Kern gelegt worden für Probleme bei jeder denkbaren Änderung des Gebäudes oder seiner Nutzung.
- 8
Auch wenn die Einhaltung der Abstandsflächen des umgenutzten Gebäudes im Rahmen des Genehmigungsverfahrens neu zu prüfen seien, sei zu beachten, dass es sich gleichwohl der Kubatur nach um ein Bestandsgebäude handele und keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Insbesondere die Balkonanlagen fielen unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 BauO LSA. Die nachbarschützenden Aspekte hätten sich hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung durch die bloße Umnutzung nicht verändert. Lediglich ein Abriss hätte eine Verbesserung des Zustands für die Kläger bewirkt. Dies hätten sie aber nicht erwarten können, weil es sich bei dem ehemaligen Fabrikgebäude um ein Baudenkmal handele, dessen Erhalt auch im öffentlichen Interesse liege, das sich nicht notwendig auf dessen Funktion erstrecke.
- 9
Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine mögliche spätere Nutzung ihrer derzeit noch mit Lagerhallen bebauten Grundstücke unzulässig verkürzt werde, weil nunmehr die Abstandsflächen des Gebäudes der Beigeladenen auf ihrem Grundstück zu liegen kämen. Die von der Beklagten zugelassenen Abweichungen hinderten die Kläger nicht an einer baurechtskonformen Ausnutzung ihrer eigenen Grundstücke unter Ausnutzung auch der Flächen, die mit den Abstandsflächen des Vorhabens der Beigeladenen „belastet“ seien.
- 10
Auch die Befreiung von der Vorschrift des § 29 BauO LSA hinsichtlich des Brandschutzes sei nicht zu beanstanden. Eine Brandwand sei schon deshalb nicht zu fordern, weil der Abstand zwischen der Gebäudeabschlusswand des Gebäudes der Beigeladenen und dem Bestandsgebäude des Klägers zu 1 mehr als die nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA erforderlichen 5 m betrage und eine zukünftige bauliche Veränderung auf dem Flurstück der Kläger zu 1 nicht konkret absehbar sei, jedenfalls aber ein Wegerecht zu beachten hätte, so dass ein Abstand zum Gebäude von 6,50 m gesichert sei.
II.
- 11
Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, diese tragenden Erwägungen in Frage zu stellen.
- 12
1. Dies gilt insbesondere für den Vortrag der Kläger, die nachbarschaftliche Vereinbarung vom 21.12.2006 über die wohnbauliche Nutzung des alten Fabrikgebäudes sei bis zum 30.06.2007 befristet gewesen. Sie legen nicht dar, inwieweit diese Vereinbarung für die Frage, ob die angefochtene Baugenehmigung oder die Abweichungsbescheide dem Schutz der Kläger dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzen, von rechtlicher Bedeutung sein könnte. Dies erhellt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen der Kläger, die Beigeladene habe nach Ablauf der Geltungsdauer „wider besseres Wissen“ den Bauantrag mit der Vereinbarung eingereicht und sich nicht um eine einvernehmliche Lösung bemüht, sondern Druck ausgeübt, u. a durch Erhebung einer Klage mit dem Ziel, die Errichtung eines Zauns zwischen beiden Grundstücken zu verhindern. Der Vortrag der Kläger, sie hätten in einem Gespräch im Bauordnungsamt der Beklagten Bedenken hinsichtlich der aus ihrer Sicht oberflächlichen Sanierung des ehemaligen Fabrikgebäudes geäußert, lässt ebenfalls nicht erkennen, inwieweit dies für eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die Baugenehmigung von Belang sein könnte.
- 13
2. Die von den Klägern beanstandeten Baumängel (Nässeschäden, fehlende Rauchabzugsanlagen in den Treppenhäusern, Aufbringen von Kies und Erdreich, keine vertikale Sperrung der Wände) betreffen die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. Zudem ist nicht dargelegt, inwieweit dadurch Nachbarrechte der Kläger verletzt werden. Auch der Einwand der Kläger, beim Bau der Stellplatzanlage sei die Oberkante des Geländes um bis zu 30 cm angehoben worden, so dass es zu nachteiligen Veränderungen beim Abfließen des Regenwassers komme, betrifft die tatsächliche Bauausführung. Die Anordnung der Stellplätze war im Übrigen bereits Gegenstand der Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007, die die Kläger nicht angefochten haben.
- 14
3. Die Kläger machen geltend, die Balkonanlagen an der westlichen Gebäudeseite verstießen gegen § 6 BauO LSA, insbesondere fielen sie nicht unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA. Die dafür gegebene Begründung, die Balkonanlagen hielten den Mindestabstand zur Grenze zum Grundstück des Klägers zu 2 von 2 m nicht ein und träten bis zu ca. 1,70 m vor die Gebäudewand, trifft indes nicht zu.
- 15
Gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA bleiben bei der Berechnung der Abstandsflächen Vorbauten außer Betracht, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben. Diesen Vorgaben entsprechen die Balkone an der westlichen Außenwand im betroffenen südlichen Gebäudeteil gegenüber dem Grundstück des Klägers zu 2 (Flurstück 10364). Nach den genehmigten Bauvorlagen, insbesondere den Grundrisszeichnungen (Bl. 107 ff des Verwaltungsvorgangs) und den Ansichtszeichnungen (Bl. 111 des Verwaltungsvorgangs), die nach den darauf befindlichen Zugehörigkeitsvermerken Bestandteile der Baugenehmigung sind, sollen an dieser Außenwand im Erdgeschoss und in den beiden Obergeschossen jeweils zwei Balkone angebracht werden, die eine Breite von 3,10 m haben. Ihre Gesamtbreite von 6,20 m macht weniger als ein Drittel der Gesamtlänge dieser Außenwand von 18,75 m aus. Im Dachgeschoss sollen ein Balkon dieser Breite sowie ein 2,72 m breiter Rettungsbalkon angebracht werden. Entgegen der Annahme der Kläger treten diese Balkone nicht bis zu 1,70 m, sondern jeweils nur 1 m vor die Außenwand und halten, da der Abstand der Außenwand zur westlichen Grundstücksgrenze 3 m beträgt, einen Abstand von 2 m zu dieser Grenze ein.
- 16
Auch der Vortag, die Kubatur des Bauwerks sei u. a. durch die Balkone verändert worden, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ansicht, dass es sich um einen Bestandsbau ohne abstandsflächenrelevante bauliche Veränderungen handele, die Annahme zugrunde gelegt, dass die Balkone dem Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA unterfielen. Diese Annahme haben die Kläger allein mit der Begründung angegriffen, die in dieser Vorschrift vorgegebenen Maße seien nicht eingehalten. Dies trifft aber, wie oben bereits ausgeführt, nicht zu.
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4. Die Kläger wenden weiter ein, am Gebäude der Beigeladenen seien – neben der Errichtung von Balkonen – weitere Veränderungen vorgenommen worden. So sei die Klinkerfassade an der westlichen Gebäudeseite mit einem ca. 4 cm dicken Putz versehen worden. Zudem seien Fensteröffnungen zugemauert, verändert oder – wie im Dachgeschoss des südlichen Treppenhauses – neu geschaffen worden. Dies verstoße gegen § 6 BauO LSA. Sie tragen weiter vor, im Dachgeschoss seien die Stahlkonstruktion, vorhandene Rundbögen und Gewölbedecken (teilweise) entfernt bzw. zugebaut worden. Auch sei der Treppenlauf im südlichen Treppenhaus verändert worden. Schließlich sei die Kubatur des Bauwerks auch durch den Abriss der Hallen im Hofbereich sowie der Laderampe erheblich verändert worden. Auch damit ist nicht dargetan, weshalb das Vorhaben unter Berücksichtigung des entsprechenden Abweichungsbescheides vom 06.02.2008 die Kläger in ihren Rechten verletzt.
- 18
Die westliche und die südliche Außenwand des südlichen Gebäudeteils halten die nach § 6 BauO LSA erforderlichen Abstandsflächen unstreitig nicht ein, und zwar unabhängig davon, ob auf diese Wand Putz aufgebracht wurde und die Fensteröffnungen in der dargestellten Form verändert wurden. Deshalb ließ die Beklagte mit den Bescheiden vom 06.02.2008 auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA Abweichungen von diesen Vorschriften zu. Die für eine Abweichung erforderliche atypische Situation hat das Verwaltungsgericht u. a. aus der Lage des Baugrundstücks zu den Grundstücken der Kläger, dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des früheren Fabrikgebäudes sowie dem öffentlichen Interesse an dessen Erhalt abgeleitet. Dass in einer solchen Konstellation Abweichungen zulässig sein können, haben die Kläger nicht in Frage gestellt. Die Vorinstanz hat ferner wesentlich darauf abgestellt, dass es sich um ein Bestandsgebäude handele, an dem keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Der Umstand, dass eine Putzschicht aufgebracht wurde und Fensteröffnungen verändert wurden, stellt dies nicht in Frage. Bei der Zulassung der Abweichungen hat sich die Beklagte von der Erwägung leiten lassen, dass sich bezüglich der Funktionen der Abstandsflächen, eine ausreichende Belichtung und Besonnung der sich gegenüberliegenden Gebäude zu gewährleisten, keine nachteiligen Auswirkungen ergeben und auch keine negativen Auswirkungen hinsichtlich des präventiven Brandschutzes zu befürchten seien, weil die Abstände zwischen den vorhandenen Gebäuden mit mehr als 5 m bzw. 11,60 m groß genug seien. Diese Einschätzung greifen die Kläger nicht substantiiert an. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Aufbringen einer ca. 4 cm dicken Putzschicht und die geänderte Anordnung der Fensteröffnungen bauliche Änderungen solcher Art darstellen, dass dadurch spürbare Beeinträchtigungen der nachbarlichen Interessen der Kläger entstehen, die über die vom vorhandenen Fabrikgebäude ausgehenden Beeinträchtigungen hinausgehen. Insbesondere ist damit eine Einbuße an Belichtung, Besonnung und Belüftung ihrer Grundstücke nicht verbunden. Noch weniger ist ersichtlich, dass die Kläger durch Veränderungen im Inneren des Gebäudes oder den Abriss von Gebäuden oder Gebäudeteilen im nördlichen Grundstücksteil und der Laderampe zusätzlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Änderungen denkmalschutzrechtlich notwendig sind oder nicht.
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5. Die Kläger dringen auch nicht mit dem Einwand durch, das Vorhaben der Beigeladenen stehe in Widerspruch zu § 5 BauO LSA
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5.1. Sie rügen zunächst einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA, weil am Südteil des Gebäudes keine den Anforderungen des § 5 Abs. 2 BauO LSA genügende Zu- oder Durchfahrt für die Feuerwehr vorhanden sei.
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Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Vorschrift nachbarschützende Funktion zukommt. Hierzu tragen die Kläger nichts vor. Gegen eine nachbarschützende Wirkung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA spricht, dass die darin vorgeschriebene Schaffung einer Zu- oder Durchfahrt für Feuerwehrfahrzeuge zu Gebäuden, bei denen die Oberkante der Brüstung der zur Rettung über Geräte der Feuerwehr bestimmten Fenster oder Stellen mehr als 8 m über Gelände liegt, möglicherweise nur dem Schutz der im Gebäude sich aufhaltenden Menschen dient und nicht – wie bei einer Reihe anderer Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes – auch dazu, die Gefahr der Ausbreitung eines Feuers auf Nachbargrundstücke zu vermindern. Ein nachbarschützender Charakter scheidet bei solchen Vorschriften – insbesondere auch des Brandschutzes – aus, die ersichtlich nur die Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes schützen sollen; nachbarschützender Charakter kommt vielmehr nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002 – 7 B 583/02 –, Juris). Andererseits könnte sich ein nachbarschützender Charakter der Vorschrift daraus ergeben, dass bei einer den Brandschutzanforderungen nicht genügenden Zugänglichkeit des Vorhabengrundstücks im Brandfall das Grundstück des Nachbarn in Anspruch genommen werden kann (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 26.01.2006 – 2 R 9/05 –, AS RP-SL 33, 227). So sind nach § 26 Abs. 3 des Brandschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) Eigentümer, sonstige Nutzungsberechtigte und Besitzer von Grundstücken verpflichtet, bei Bränden, Unglücksfällen und Notsituationen den Feuerwehren das Betreten und die Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäude zur Brandbekämpfung oder Hilfeleistung zu gestatten und die vom Einsatzleiter der Feuerwehr im Zusammenhang mit diesen Arbeiten oder zur Verhütung einer Gefahrenausbreitung angeordneten Maßnahmen zu dulden, soweit dies zur wirkungsvollen Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.
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Jedenfalls lässt sich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nicht mit dem Vortrag der Kläger begründen, den darin genannten Anforderungen könne das Vorhaben der Beigeladenen schon deshalb nicht entsprechen, weil die Kläger über ein im Grundbuch eingetragenes unbeschränktes Wegerecht über das Grundstück der Beigeladenen in einer Breite von 3,50 m verfügten. Dieses Wegerecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit Kaufvertrag vom 16.10.2003 erworbenen Grundstücks wurde als Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB im Grundbuch eingetragen. Bei Bestellung einer Grunddienstbarkeit bleibt der Eigentümer neben dem Dienstbarkeitsberechtigten grundsätzlich nutzungsberechtigt; er darf nur das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten nicht beeinträchtigen. Nur soweit dem Dienstbarkeitsberechtigten im zulässigen Umfang ein ausschließliches Nutzungsrecht ausdrücklich eingeräumt wurde, ist der Eigentümer von der Mitbenutzung ausgeschlossen (vgl. hierzu Grziwotz, in: Erman, BGB, 13. Aufl. § 1018 RdNr. 15). Letzteres ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist in § 6 Nr. 3 des Grundstückskaufvertrags vom 16.10.2003 bestimmt, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks berechtigt ist, die Wegefläche mitzunutzen. Besteht aber ein solches Mitbenutzungsrecht, kann die Zufahrt im Brandfall durch Feuerwehrfahrzeuge ohne zusätzliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger genutzt werden.
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5.2. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, „direkt vor dem Tor“ zum Grundstück des Klägers zu 2 sei eine Aufstellfläche für Feuerwehrfahrzeuge vorgesehen, so dass im Brandfall ein Verlassen des Grundstücks unmöglich sei.
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Die Kläger legen auch insoweit nicht dar, welche nachbarschützende Vorschrift durch die genehmigte Anordnung von Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge verletzt sein soll. Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA bestimmt lediglich, dass Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge vorzusehen sind, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist. Vorgaben, wo auf dem Baugrundstück oder gar in welchem Abstand zum Nachbargrundstück diese Flächen anzuordnen sind, enthält § 5 BauO LSA nicht. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, weshalb ein Verlassen des Grundstücks des Klägers zu 2 (Flurstück 10364) über das Flurstück 10367 nicht möglich sein soll.
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5.3. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Kläger, bei einer Feuerwehrübung habe sich gezeigt, dass sich die „Bewegungsflächen“ der Drehleiter in unzulässiger Weise auf dem Luftraum über seinem Grundstück befinden. Ungeachtet der Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, ist nicht erkennbar, dass diese Vorschrift dadurch verletzt sein kann, dass bei der nach den genehmigten Bauvorlagen vorgesehenen Anordnung der Aufstell- und Bewegungsflächen im Brandfall oder bei Feuerwehrübungen die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA vorgeschriebene Bewegungsfläche § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA im Luftraum überschreitet. Mit „Bewegungsfläche“ in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA ist nicht die (kreisförmige) Fläche gemeint, über der sich die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs bewegen kann. Vielmehr ist dies die Fläche, die benötigt wird, damit das Fahrzeug im Brandfall zum Einsatz gebracht werden kann. Mit der Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA, für Hubrettungsfahrzeuge Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist, soll gesichert werden, dass an dem Gebäude ausreichend Platz vorhanden ist, damit das Hubrettungsfahrzeug zum Einsatz gebracht werden kann (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 5 RdNr. 24). Dies ergibt sich auch aus der lfd. Nr. 7.4 der Liste der technischen Baubestimmungen (Fassung März 2006), Anhang C (MBl LSA 2010 S. 213 [256]), wonach Bewegungsflächen für jedes Fahrzeug mindestens 7 m x 12 m groß sein müssen.
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6. Die Kläger bemängeln weiter, der Umstand, dass auf die an der Grundstücksgrenze liegende Gebäudewand des Treppenhauses am südlichen Gebäudeteil neuer Putz aufgebracht worden sei, habe eine unzulässige Überbauung auf das Grundstück des Klägers zu 1 zur Folge. Dies könne auch nicht durch die Gewährung einer Abweichung genehmigt werden. Auch damit können die Kläger nicht durchdringen. Nach den genehmigten Bauvorlagen liegt schon kein Überbau vor; vielmehr befindet sich die südliche Außenwand des Treppenhauses auf der Grenze zum Grundstück des Klägers zu 1 (Flurstück 10367). Soweit mit der Aufbringung eines Putzes die Grenze um wenige Zentimeter überbaut werden sollte, betrifft dies nur die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtsmäßigkeit der Baugenehmigung. Im Übrigen wäre zweifelhaft, ob mit einem Überbau die Verletzung eigener Rechte durch die Baugenehmigung schlüssig begründet werden kann. Die Zulässigkeit eines Überbaus richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 912 BGB). Gemäß § 71 Abs. 1 BauO LSA wird in einem Baugenehmigungsverfahren aber nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft, und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA wird die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Dies bedeutet, dass die Baugenehmigung Privatrechtliches überhaupt nicht im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG „regelt" mit der Folge, dass selbst eine Baugenehmigung, deren Bauzeichnungen einen Überbau auf fremdes Privateigentum aufweisen, über die Zulässigkeit dieses Überbaus überhaupt keine Regelung im Rechtssinn treffen dürfte (VGH BW, Urt. v. 04.03.1996 – 5 S 1798/95 –, NJW 1996, 3429; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2010 – 2 ZB 10.134 – Juris; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, Juris, RdNr. 5).
- 27
7. Zu Unrecht rügen die Kläger, die Änderung der Nutzungsart führe zu einer verminderten Bebaubarkeit ihrer Grundstücke, weil sich mit ihr die für Industriegebiete geltende Tiefe der Abstandsfläche von 0,2 H auf 0,4 H erhöht habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich. Anderes folgt auch nicht aus § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA, der bestimmt, dass in Gewerbe- und Industriegebieten – abweichend von der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA – eine Tiefe der Abstandsflächen von 0,2 H, mindestens, 3 m genügt. Bei Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA kommt es allein auf den jeweiligen Charakter des Baugebiets und nicht auf die Nutzung einzelner Gebäude an (Beschl. d. Senats v. 19.10.2011 – 2 M 129/11 –, NVwZ-RR 2012, 137, m.w.N.). Ergibt die planungsrechtliche Analyse für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, dass der betrachtete Bereich keinem der in der BauNVO beschriebenen Baugebiete entspricht, also § 34 Abs. 1 BauGB zugrunde zu legen ist, bleibt es bei der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA; die konkrete Nutzung der Gebäude kann auch in sog. Gemengelagen nicht herangezogen werden (vgl. Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 RdNr. 146, m.w.N.). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Kläger nicht angegriffen haben, ist die Umgebung des Baugrundstücks als sog. Gemengelage zu charakterisieren (vgl. hierzu Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, Juris), die im nördlichen Teil des Gebiets einen eindeutigen Schwerpunkt in der Wohnbebauung aufweise.
- 28
8. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass entgegen § 8 BauO LSA kein ausreichend großer Spielplatz angelegt werde oder in der näheren Umgebung vorhanden sei; denn diese Regelung ist nicht nachbarschützend. Wird einem Bauherrn abweichend von dieser Vorschrift die Errichtung eines Kinderspielplatzes nicht abverlangt, werden die Nachbarn nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt. Dies folgt bereits daraus, dass ein Kinderspielplatz nur den Kindern zugute kommen soll, die auf dem Baugrundstück wohnen (Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 8 RdNr. 10).
- 29
9. Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, das Treppenhaus an der Südseite des Gebäudes sei ein eigenständiger Gebäudeteil, der nachträglich an das Hauptgebäude angebaut worden sei, so dass dessen Erhaltung denkmalrechtlich nicht geboten sei. Unabhängig davon, dass die Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachträgliche Errichtung des Treppenhauses dargelegt haben, hat das Verwaltungsgericht das Interesse am Erhalt des Denkmals lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten angeführt, die die Gewährung einer Abweichung rechtfertigen. Es hat insbesondere auch das Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des Gesamtgebäudes als weiteren Grund angeführt. Der Umstand, dass das Treppenhaus nach den genehmigten Bauvorlagen Teil des ersten Rettungsweges für einen Teil der Nutzungseinheiten im 1. und 2. Obergeschoss ist, spricht dafür, dass es für eine sinnvolle Nutzung des bestehenden Gebäudes erforderlich ist.
- 30
10. Der Vortrag der Kläger, das Vorhaben der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 1 BauO LSA an die Standsicherheit baulicher Anlagen, weil es zwischen dem Hauptgebäude und dem Treppenhaus bereits Risse gegeben habe und die beiden Gebäude(-teile) nur mit Zugankern verbunden seien, bleibt unsubstantiiert. Insbesondere ist nicht dargelegt, weshalb eine ausreichende Standsicherheit zulässigerweise nur ohne Zuganker hergestellt werden darf.
- 31
11. Die Kläger bemängeln auch ohne Erfolg eine Verletzung der brandschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14, 29 BauO LSA.
- 32
11.1. Soweit sie vortragen, eine effektive Rettung von Menschen und Tieren im südlichen Gebäudeteil sei nicht möglich, ist nicht ersichtlich, inwieweit sie dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt sein können.
- 33
11.2. Der Vortrag der Kläger, durch die Fenster im Treppenhaus an der Südseite werde der vorbeugende Brandschutz verletzt, weil der Kläger zu 1 in diesem Bereich zukünftig Gebäude errichten könne, die sich auch auf der Grundstücksgrenze befinden könnten, ist unsubstantiiert. Gleiches gilt für den Einwand, es dürfte zu erheblichen nachbarlichen Spannungen kommen, weil den Klägern das Recht zustehen dürfte, ebenfalls ohne Einhaltung der Abstandsflächen zu bauen. Die Kläger legen schon nicht dar, woraus sich ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung neuer Gebäude oder den Anbau an bestehende Gebäude ohne Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ergeben soll. Allein der Umstand, dass die Beigeladene das vorhandene Gebäude gemäß der erteilten Baugenehmigung verändern darf, dürfte hierfür nicht genügen. Richtig ist zwar, dass ein Grundstücksnachbar Abwehrrechte gegen die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch ein Bauvorhaben grundsätzlich insoweit nicht geltend machen kann, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N). Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn der Bau des Nachbarn früherem (Abstandsflächen-)Recht entsprach und genehmigt wurde; in einem solchen Fall kann er sich u. U. auch dann auf die Einhaltung des nach neuem Recht gültigen Grenzabstands berufen, wenn er diesen jetzt im Verhältnis zum Nachbargrundstück nicht (mehr) einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.11.2000 – 2 M 319/00 –, Juris; Urt. v. 16.03.2000 – A 2 S 62/98 –, Juris). Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes jedenfalls dafür, dass die vorhandenen Gebäude auf den Grundstücken der Beigeladenen im Zeitpunkt ihrer Genehmigung und Errichtung früherem Abstandsflächenrecht entsprachen. Dies sehen offenbar auch die Kläger so (vgl. Nr. 22 der Zulassungsbegründung). Die im Hinblick auf die Abstandsflächen problematische Situation entstand hier erst durch die insoweit „verunglückte“ Grundstücksteilung, die ohne Rücksicht auf die Abstandsflächen durchgeführt wurde, die von den vorhandenen Gebäuden erzeugt werden. Im Übrigen hat der Umstand, dass ein Nachbar eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn nicht mehr geltend machen kann, nicht ohne weiteres zur Folge, dass die Baugenehmigungsbehörde ein Vorhaben, das dem geltenden Abstandsflächenrecht widerspricht, genehmigen muss. Nach alldem kann auch offen bleiben, ob – wie die Kläger weiter vortragen – das ihnen eingeräumte Wegerecht einer zukünftigen Bebauung ihrer Grundstücke nicht entgegensteht.
- 34
11.3. Zu Unrecht monieren die Kläger, die Luftbilder von „google“ ließen erkennen, dass die Brandwände entgegen § 29 Abs. 5 BauO LSA nicht 0,3 m über die Bedachung geführt oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,5 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nicht brennbaren Stoffen abgeschlossen würden. Nach Nr. 8 des Brandschutzkonzepts vom 28.05.2007, das nach dem entsprechenden Zugehörigkeitsvermerk Bestandteil der Baugenehmigung ist, werden Gebäudeabschluss- oder Trennwände, die als Brandwände einzustufen sind, mindesten 30 cm über die Bedachung geführt oder nach den weiteren Festsetzungen des § 29 Abs. 5 BauO LSA ausgeführt. Nach den ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung bildenden Ansichtszeichnungen (Bl. 66 und 119 des Verwaltungsvorgangs) werden die Gebäudeabschlusswände des Hauptgebäudes, die gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA als Brandwände auszuführen sind, ca. 0,4 m über die Dachhaut geführt. Zudem enthalten sowohl die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 als auch die angefochtene Baugenehmigung vom 11.02.2008 jeweils die Auflage (Nr. 2.1.4 bzw. Nr. 1.1), dass das Brandschutzkonzept vom 28.05.2007 einschließlich der Maßnahmen zur brandschutztechnischen Ertüchtigung einzuhalten und umzusetzen ist. Hinsichtlich des an die südliche Grundstücksgrenze gebauten Treppenturms erteilte die Beklagte mit dem Bescheid vom 06.02.2008 (Az: …) auch eine Abweichung von der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA mit der Begründung, hinsichtlich des präventiven Brandschutzes seien wegen der fehlenden Ausbildung der Außenwand des Turms keine negativen Auswirkungen zu befürchten, weil der Abstand zwischen dem Turm und dem Lagerhaus auf dem Grundstück des Klägers zu 1 mindestens 11,60 m betrage, so dass kein Brandüberschlag möglich sei. Die Vorschriften über die Ausbildung einer inneren Brandwand bei ausgedehnten Gebäuden (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 BauO LSA) dienen nicht dem Nachbarschutz; denn sie bezwecken die Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Gebäudes und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber auch den Schutz der Nachbarn (vgl. VGH BW, Urt. v. 26.02.1992 – 3 S 2947/91 –, Juris). Im Übrigen enthält die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 die Auflage Nr. 2.1.5, nach der (auch) die Brandwand zwischen Gebäudeteil 1 und 2 entsprechend § 29 BauO LSA auszubilden ist. Unerheblich ist ob, die vorgeschriebene Bauausführung in – möglicherweise nicht mehr aktuellen – Luftbildern von „google-earth“ zu erkennen ist.
- 35
12. Die Kläger können eine mögliche Verletzung der Bestimmungen über den zweiten Rettungsweg (§ 32 Abs. 3 BauO LSA), notwendige Treppenhäuser (§ 34 Abs. 8 BauO LSA), Umwehrungen (§ 37 BauO LSA), Aufzüge (§ 38 BauO LSA) sowie barrierefreies Bauen (§ 49 BauO LSA) nicht mit Erfolg rügen. Diese Vorschriften dienen ersichtlich nur dem Schutz der Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes und nicht auch des Nachbarn (vgl. zu den Anforderungen an die Rettungswege: OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002, a.a.O.). Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass eine diesen Vorschriften möglicherweise widersprechende Bauausführung in der angefochtenen Baugenehmigung zugelassen wurde.
- 36
13. Auch der Einwand der Kläger, bei der Grundstücksteilung sei man entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts von einer weiteren gewerblichen Nutzung ausgegangen, so dass die Abstandsflächenproblematik nicht zur Diskussion gestanden habe, erweist sich als nicht stichhaltig. Soweit ersichtlich, wollen die Kläger mit diesem Einwand die Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen, die für eine Abweichung erforderliche atypische Grundstückssituation ergebe sich hier u. a. aus der im Jahr 2003 vorgenommenen Grundstücksteilung, die in der zweifelhaften Annahme erfolgt sei, dass das Restgrundstück in einem Gewerbegebiet liege, die aber wegen des geringen Abstands der ehemaligen Fabrikgebäude zur neu gebildeten Grundstücksgrenze § 7 BauO LSA nicht entsprochen habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist jedoch für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich (siehe oben 7.). Die möglicherweise irrige Annahme des Rechtsvorgängers der Beigeladenen in Bezug auf die Einschätzung des Gebietscharakters und die daraus folgende Tiefe der Abstandsfläche vermag an der vom Verwaltungsgericht beschriebenen atypischen Situation nichts zu ändern.
- 37
14. Schließlich können die Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, durch die Änderung der Nutzung komme es zu einer wesentlichen Erhöhung des Fahrzeugverkehrs auf dem Grundstück der Beigeladenen und somit zu einer Beeinträchtigung des ihnen eingeräumten Wegerechts. Unabhängig davon, dass in einem Baugenehmigungsverfahren nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird, ist nichts Konkretes für eine solche Beeinträchtigung vorgetragen. Insbesondere ist nicht dargetan, dass den Klägern durch die Nutzung der Zufahrt zu den Stellplätzen im Hofbereich die Nutzung der Zufahrt zu ihrem Grundstück erschwert wird.
B.
- 38
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat stellt bei der von ihm nach § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Billigkeitsentscheidung in ständiger Rechtsprechung in erster Linie auf die Stellung des Beigeladenen in dem zur Entscheidung anstehenden Interessenskonflikt ab (vgl. Beschl. v. 07.10.1996 – A 2 S 397/96; auch BVerwG, Urt. v. 23.05.1962 – BVerwG V C 62.61 –, BVerwGE 14, 171). Er hält daher die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig, weil er ohne sein Zutun mit einem solchen Verfahren überzogen wird (vgl. Beschl. v. 07.10.1996, a. a. O.).
C.
- 39
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümergemeinschaft von in Sondereigentum stehenden Wohnungen des Grundstücks ... Straße 7 in ..., Fl. Nr. ..., Gemarkung ... Mit ihrem Antrag wendet sie sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das von der Beigeladenen geplante Bauvorhaben mit Nutzungsänderung auf dem südlich an das Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft angrenzenden Grundstück ... Straße 9, Fl. Nr. ... Beide Grundstücke sind Teil einer langen geschlossenen Zeilenbebauung entlang der ... Straße.
Die Beigeladene beabsichtigt, das bereits bestehende Wohnheim statt mit bisher 104 nunmehr mit 250 Betten zur befristeten Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen (10 Jahre mit Verlängerungsoption um weitere 5 Jahre) zu nutzen und dafür Umbauten vorzunehmen, insbesondere den Anbau einer Außentreppe als 2. baulichen Rettungsweg sowie den Einbau einer Brandmeldeanlage.
Mit Bauantrag vom
Zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung siehe folgenden Lageplan 1:1.000. Der Plan ist aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu.
Mit Bescheid vom ... September 2014 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung als Sonderbau befristet auf 10 Jahre bis zum
Eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung vom ... September 2014 wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am
Mit Schriftsatz vom
I.
Die Vollziehung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom ...09.2014 zur Nutzungsintensivierung eines bestehenden Wohnheims von 104 auf 250 Betten, nebst Anbau einer Außentreppe als 2. baulichem Rettungsweg und Einbau einer Brandmeldeanlage zur befristeten Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen (10 Jahre) auszusetzen,
II.
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Baustelle auf dem Grundstück ... Str.9, Fl.Nr. ..., Gemarkung ... stillzulegen.
Das Vorhaben verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot und weitere nachbarschützende Normen. Da mit der Verwirklichung begonnen worden sei, wäre zur Verhinderung vollendeter Tatsachen die Einstellung geboten. Das streitgegenständliche Grundstück läge mitten in der Innenstadt in einer gehobenen Wohngegend mit Grundstückspreisen von 10.000 Euro pro Quadratmeter und aufwärts. In der näheren Umgebung gäbe es nur Wohn- und Gewerberaum. Die Nutzungsintensivierung auf 250 Betten für Flüchtlinge und Wohnungslose stehe daher in gravierendem Widerspruch mit der bisherigen Nutzung und füge sich in die gehobene und teure Wohnlage nicht ein. Der Antragsteller müsse befürchten, dass er die bisherigen gehobenen Mietpreise nicht mehr erzielen könne und der Wert seiner Immobilien fallen, zumindest aber stagnieren werde. Es sei mit erhöhtem Aggressionspotential und möglicherweise auch mit einer erhöhten Kriminalität zu rechnen, vor allem wenn man die bisher enormen Miet- und Kaufpreise in dieser Wohnlage beachte. Die Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen hinsichtlich der Außentreppe dürfe nicht gestattet werden, denn diese sei nicht notwendig, wenn es bei der bisherigen Nutzung bliebe. Ein Rettungsweg könne auch im Inneren des Gebäudes geschaffen werden. Die Abweichung bezüglich der 14 Türen sei wegen brandschutztechnischer Bedenken nicht genehmigungsfähig. Auch die Abweichung wegen der Dachfenster dürfe nicht erteilt werden, da flüchtende Personen aufgrund der erhöhten Entfernung der Traufkante zum Fenster erheblich mehr gefährdet seien. Die Abweichung wegen des Feuerwehrzuganges sei ebenfalls nicht zu erteilen, weil die einzige Hauptzufahrt von der ... Straße nicht genügend Fluchtwege und Zugänge lasse. Der Stellplatzbedarf sei nicht gedeckt, es sei mit Lieferanten, Handwerkern, Bekannten oder Ähnlichem zu rechnen, für die gem. Art. 47 BayBO Stellplätze nachzuweisen seien. Durch die Verdoppelung der Belegung von 104 auf 250 Betten würden die Grenzen des Rücksichtnahmegebots überschritten. In angrenzenden Gebäuden würden auf derselben Fläche nur 1/10 dieser Personenzahl wohnen. Zugleich seien die zumutbaren Lärmgrenzwerte nicht zu halten, vor allem durch die Nutzung der 40 Balkone im Innenhof durch bis zu 100 Personen sowie dem Hofspielplatz durch 100 Kinder. Dies komme bereits einer Gastronomie mit Außensitzplätzen gleich. Die dichte Belegung mit zwei bis drei Personen auf 20 m2 Wohnfläche sei nicht menschenwürdig. Die Baugenehmigung sei daher wegen der Verletzung des Rücksichtnahmegebots, der Menschenwürde und der Sicherheit und Ordnung zum Nachteil der Bewohner und Anwohner sowie wegen erheblicher Vermögensnachteile der benachbarten Eigentümer aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom
den Antrag abzulehnen.
Es sei weder ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme noch eine Verletzung des Abstandsflächenrechts noch eine sonstige Verletzung von Nachbarrecht ersichtlich. Die vom Antragsteller angeführte Wertminderung bilde für sich keinen Maßstab, ob eine Beeinträchtigung des Rücksichtnahmegebots vorläge. Die weiteren vom Antragsteller vorgetragenen Gesichtspunkte spielten bei der Beurteilung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Rolle. Aus § 15 Abs. 1 BauNVO ergäbe sich kein Milieuschutz. Es handele sich auch nicht um eine lärmintensive Nutzung, da das Hauptaugenmerk auf eine dem Wohnen ähnliche Nutzung ausgerichtet sei. Der Vergleich mit einer Freischankfläche bzw. Gaststättennutzung sei nicht nachvollziehbar. Lärmintensiver Verkehr sei nicht zu erwarten. Bezüglich des Kinderspielplatzes werde auf § 22 Abs. 1a BImSchG hingewiesen. Die erteilten Abweichungen wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen seien rechtmäßig, außerdem sei die Antragstellerin nicht betroffen, denn die Abweichungen beträfen die Fl.Nrn. ..., ... und ..., die Antragstellerin sei aber Eigentümerin der Fl.Nr. ... Die übrigen von der Antragstellerin vorgetragenen Abweichungen beträfen Vorschriften, die nicht nachbarschützend seien. Das gelte auch für den Stellplatznachweis.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.
II.
Der Antrag ist unbegründet, da die in der Hauptsache von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage wird voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.
1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.
Der Antrag der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung ist daher gem. § 88 i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO bei verständiger Würdigung als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der mit Schriftsatz vom 24.10.2014 erhobenen Anfechtungsklage auszulegen.
Beim Antrag gem. § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2013, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.
2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 60 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind und im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).
3. Als nachbarschützende Rechte im Bauplanungsrecht kommen vorliegend der Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart sowie der Anspruch auf Wahrung der gebotenen Rücksichtnahme in Betracht, die jedoch beide nicht durch die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt worden sind.
3.1. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren keinen Anspruch auf Bewahrung des Charakters als „teure und gehobene Wohnlage“.
Der Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn setzt voraus, dass das Grundstück in einem festgesetzten oder in einem faktischen Baugebiet liegt und ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die nach Art der baulichen Nutzung weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13).
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend hinsichtlich der gemäß § 173 Bundesbaugesetz (BBauG) übergeleiteten Baulinien nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Sofern die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht (sog. faktisches Baugebiet), beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art gemäß § 34 Abs. 2 BauGB allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.
Als „nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - juris Rn. 33;
Im Rahmen des Hauptsachverfahrens wird die nähere Umgebung durch eine Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme zu bestimmen sein. Im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung kann die Einordnung der näheren Umgebung in ein Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO vorliegend jedoch dahin stehen, denn in Betracht kommt lediglich die Einordnung als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO oder als Mischgebiet nach § 6 BauNVO oder als Gebiet sui generis, das keinem der in der BauNVO festgesetzten Gebietsarten eindeutig zugeordnet werden kann (sog. Gemengelage).
3.1.1 Als reines Wohngebiet i. S. v. § 3 BauNVO ist die nähere Umgebung selbst nach dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin nicht einzustufen, da das Geviert nach den Angaben in der Antragsschrift auch von Gewerberaum geprägt ist. Darüber hinaus wäre die Gemeinschaftsunterkunft auch in einem reinen Wohngebiet als soziale Einrichtung, die dem Wohnen dient, ausnahmsweise zulässig, § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO.
3.1.2 Sollte die nähere Umgebung nach dem Ergebnis des Augenscheins im Hauptsacheverfahren als allgemeines Wohngebiet oder als Mischgebiet einzuordnen sein, sind Anlagen für soziale Zwecke gem. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO zulässig. Wohnheime für Flüchtlinge und Wohnungslose sind regelmäßig Anlagen für soziale Zwecke, die in einem weiten Sinn der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt dienen (vgl. zur Asylbewerberunterkunft: Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1.1.2012, § 4 BauNVO Rn. 92) und damit weder Wohngebäude noch Beherbergungsbetriebe (vgl. Stock, a. a. O., § 4 BauNVO Rn. 94; OVG Münster
Es ist auch davon auszugehen, dass das Wohnheim für Flüchtlinge und Wohnungslose mit insgesamt maximal 250 Betten das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung wahrt (vgl. hierzu BVerwG B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - juris Rn. 5 f.). Bei der Prüfung der Gebietsverträglichkeit ist von einem typisierenden Ansatz auszugehen, wobei Ausgangspunkt und Gegenstand dieser Betrachtungsweise das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben ist. Maßgeblich ist danach auf die Auswirkungen abzustellen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem durch das Vorhaben bedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten. Dagegen kommt es bei der Prüfung der Gebietsverträglichkeit nicht auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft an. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in einem Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung im Grunde auf jedem Baugrundstück die nach dem Katalog der Nutzungsarten der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in Betracht kommen soll. Auf dieser Ebene der Zulässigkeitsprüfung stellt sich daher nicht schon die Frage, ob das Vorhaben mit den Anforderungen des § 15 Abs. 1 BauNVO einschließlich des darin verankerten Rücksichtnahmegebots vereinbar ist. Der Nachbarschutz nach § 15 Abs. 1 BauNVO knüpft an die konkreten örtlichen Gegebenheiten an. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es dagegen um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Gebietscharakter als solchen stören (BVerwG B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 BauR 2008, 954 - juris Rn. 11).
Nach der für die Beurteilung dieser Frage notwendigen baugebietsbezogen typisierenden Betrachtungsweise ist das Bauvorhaben in einem allgemeinen Wohngebiet und in einem Mischgebiet gebietsverträglich. Allgemeine Wohngebiete dienen primär dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht stören, § 4 Abs. 1 BauNVO. Als atypisch und störend sind damit Nutzungen anzusehen, die nach ihren Auswirkungen, insbesondere im Hinblick auf die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen nach Art, Dauer und Intensität, mit der durch die überwiegende und vorrangige Wohnnutzung bestimmten Prägung eines solchen Gebiets nicht in Einklang zu bringen sind. Asylbewerberunterkünfte und damit erst Recht das vorliegende Wohnheim, dessen Hauptzielgruppe laut Projektskizze die „wohnungslose Familie mit Kindern“ ist, sind in einem allgemeinem Wohngebiet grundsätzlich als gebietsverträgliche Nutzung zu werten und daher zulässig, da es sich hierbei um eine Anlage für soziale Zwecke handelt (vgl. zur Asylbewerberunterkunft: Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1.1.2012, § 4 BauNVO Rn. 92) und vorliegend jedes Appartement mit einer Küchenzeile und einem eigenen Bad ausgestattet ist, Art. 46 Abs. 1 BayBO, so dass es auf eine dem Wohnen ähnliche Nutzung ausgerichtet ist, wenn es sich im Hinblick auf die langfristige Vermietung an die einzelnen Bewohner und die mit der Ausstattung der Räume ermöglichte auf Dauer angelegte Häuslichkeit und Eigenverantwortung der Haushaltsführung nicht ohnehin um eine Wohnnutzung handelt.
Dies gilt erst Recht, wenn sich nach dem Augenschein im Hauptsacheverfahren die nähere Umgebung als Mischgebiet i. S. v. § 6 BauNVO darstellt.
Damit hat ein nachbarlicher Abwehranspruch im Hinblick auf die Wahrung der Gebietsart keinen Erfolg, da dieser im Ergebnis darauf gerichtet ist, Vorhaben zu verhindern, die nach Art der baulichen Nutzung weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13).
3.1.3 Gelangte man nach Durchführung des Augenscheins im Klageverfahren zu dem Ergebnis, dass vorliegend die maßgebliche nähere Umgebung des Bauvorhabens im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB weder eindeutig einem allgemeinem Wohngebiet noch einem Mischgebiet zugeordnete werden kann, weil das Geviert in seiner zufälligen Zusammensetzung keinen städtebaulichen Ordnungsvorstellungen i. S. der BauNVO entspricht, läge eine sog. Gemengelage vor, in der grundsätzlich kein Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart besteht.
3.2. Das Vorhaben verletzt bei einer Belegungsobergrenze von 250 Betten auch nicht das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot.
Ein Vorhaben, dass sich wie das streitgegenständliche Vorhaben innerhalb des aus der Umgebung ableitbaren Rahmens hält, kann sich trotzdem nicht einfügen, wenn es die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhandene Bebauung vermissen lässt (vgl. BVerwG
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22;
Wertminderungen, die etwa auch durch Mietminderungen der Mieter verursacht werden, als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bilden für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinn des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht, da sich jede Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann (vgl. BVerwG
3.2.1 Nach diesen Maßstäben liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten der Antragstellerin, jedenfalls bei Einhaltung einer Belegungsobergrenze von 250 Betten, nicht vor. Die von dem Bauvorhaben in der genehmigten Form ausgehende Belästigung und die mit der Benutzung des Wohnheims für die nähere Umgebung verbundenen Auswirkungen sind ortsüblich und sozialadäquat und damit von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen.
Wie bereits oben dargelegt, ist das Vorhaben in dem maßgeblichen Bereich seiner Art nach zulässig. Bei den Geräuschimmissionen, wie z. B. Gespräche, Zurufe, Abspielen von CD und Radio bei offenem Fenster, handelt es sich im allgemeinem Wohngebiet, im Mischgebiet und in der Gemengelage um grundsätzlich hinzunehmende Wohngeräusche (vgl. BayVGH U. v. 13.09.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 38 bei Gemengelage). Derartige Wohnimmissionen sind selbst in Wohngebieten hinzunehmen, die durch eine andere homogen Wohnbevölkerung geprägt sind (vgl. BVerwG U. v. 23.08.1996 - 4 C 13/94 - juris Rn.72). Soweit auf die von der vorhandenen Wohnbevölkerung abweichenden Lebensgewohnheiten der künftigen Bewohner des Wohnheims hingewiesen wird, ist klarzustellen, dass das allgemeine Bauplanungsrecht keinen „Milieuschutz“ gewährleistet (vgl. BVerwG U. v. 23.08.1996 - 4 C 13/94 - juris Rn.72). Dies gilt auch für das Vorbringen, dass aufgrund der räumlichen Enge und im Hinblick auf die Anzahl der Unterzubringenden der Gemeinschaftsunterkunft mit ständigen Konfliktsituationen zu rechnen sei. Eine für Wohnheime übliche Belegungsdichte begründet für sich genommen keine bodenrechtlich relevanten Störungen, auch wenn sich Lebensrhythmus und Gewohnheiten der Untergebrachten von denen der Ortsansässigen abheben können (vgl. BVerwG
Im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist weiter zu berücksichtigen, dass mit der Baugenehmigung vom ... Juli 1968 bereits ein Fremdenheim genehmigt worden ist, so dass das vorliegende Geviert schon seit über 45 Jahren von einem großen Fremdenwohnheim geprägt wird und damit die Schutzwürdigkeit der Antragstellerin gemindert ist. Das Grundstück der Antragstellerin ist ferner deshalb vorbelastet, weil die ...-straße 9 nicht weit vom Stadtzentrum entfernt ist, so dass - auch bedingt durch die gewerbliche und Büronutzung - dort täglich ein reger Geschäftsverkehr vorzufinden ist. Zahlreiche Fahrzeuge sind entlang der ...-straße geparkt und es herrscht ein für die Innenstadtlage typischer Pkw-Verkehr. Die Antragstellerin kann daher hier nicht die gleiche Schutzwürdigkeit beanspruchen, wie z. B. für ein Grundstück in einer ruhigen Anwohnerstraße. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch das Vorhaben ist mithin nicht festzustellen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Baugenehmigung lediglich auf 10 Jahre befristet ist und mit einer Belegungsobergrenze versehen wurde, so dass auch insoweit die nachbarlichen Interessen berücksichtigt worden sind.
3.2.2 Auch der von der Antragstellerin befürchtete Kinderlärm durch die im Wohnheim mit ihren Familien zusammen untergebrachten Kinder verstößt nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Was die Frage der Zumutbarkeit von Kinderlärm aus der Nutzung von Spielplätzen angeht, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt ist, dass die mit einer solchen Nutzung für die nähere Umgebung unvermeidbar verbundenen Auswirkungen grundsätzlich von den Nachbarn hinzunehmen sind und nur in besonders gelagerten Einzelfällen eine andere Beurteilung in Betracht kommen kann. Kinderspielplätze mit üblicher Ausstattung gehören in die unmittelbare Nähe der Wohnbebauung. Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBO ist bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen auf dem Baugrundstück oder in unmittelbarer Nähe auf einem anderen geeigneten Grundstück ein ausreichend großer Kinderspielplatz anzulegen. Die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung typischerweise verbundenen Geräusche sind, soweit sie Folge der natürlichen Lebensäußerungen von Kindern sind, als ortsüblich und sozialadäquat zu werten (vgl. BVerwG U. v. 12.12.1991 - 4 C 5/88 - BauR 1992, 338; NdsOVG, B. v. 29.6.2006 - 9 LA 113/04 - NVwZ 2006, 1199; VGH BW, B. v. 3.3.2008 - 8 S 2165/07 - DVBl 2008, 1001).
Auch nach § 22 Abs. 1a BImSchG sind Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen, Kindertagesstätten und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und Richtwerte nicht herangezogen werden.
Regelungen zur selben Materie enthält auch das bayerische Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG). Dieses regelt die Zulässigkeit von Kinder- und Jugendspieleinrichtungen in der Nachbarschaft von Wohnbebauung (Art. 1 Satz 1 KJG). Nach Art. 2 KJG sind die natürlichen Lebensäußerungen von Kindern, die Ausdruck natürlichen Spielens oder anderer kindlicher Verhaltensweisen sind, als sozialadäquat hinzunehmen.
Eine Abweichung von diesem Regelfall kann nur angenommen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände wegen einer sensiblen Nutzung der Nachbarschaft ein besonderes Ruhebedürfnis besteht, wie z. B. bei Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Dies ist hier nicht der Fall; nachbarrechtlich irrelevant ist auch eine eher unwahrscheinliche Beeinträchtigung des, etwa 400 m entfernten, auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindliche „Klinikum ... Straße“ durch den Kinderspielplatz im rückwärtigen Grundstückbereich.
Die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen gehen vorliegend daher nicht über das hinaus, was bei der Nutzung eines Spielplatzes zu erwarten und als sozialadäquat hinzunehmen ist.
4. Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um einen Sonderbau im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 6 BayBO, so dass im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfs auch die Vorschriften der Bayerischen Bauordnung zu prüfen sind. Als entscheidungserheblich kommen vorliegend allenfalls Vorschriften des Brandschutzes bzw. die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in Betracht.
4.1 Bei dem gerügten Verstoß gegen brandschutzrechtliche Vorschriften der Art. 24 ff. BayBO ist von Seiten der Antragstellerin nicht hinreichend konkret vorgetragen, welche Brandschutzvorschriften hier nicht nur dem Schutz der Bewohner des Wohnheims, sondern gerade dem Schutz der Antragstellerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind und inwieweit hiervon zu ihren Lasten abgewichen wurde.
Nach Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist die Einhaltung der Anforderungen an den Brandschutz nach Maßgabe der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen, Bauvorlagenverordnung - BauVorlV nachzuweisen. Die Anforderungen für einen ordnungsgemäßen Brandschutznachweis ergeben sich aus § 11 BauVorlV. Er kann gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BauVorlV gesondert in Form eines objektbezogenen Brandschutzkonzeptes dargestellt werden. Nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO muss dieser Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt oder bauaufsichtlich geprüft sein. Das vom Architektenbüro ... vorgelegte Brandschutzkonzept vom 09.09.2014 mit integriertem Brandschutznachweis nach § 11 Bauvorlagenverordnung wurde ausweislich des Stempels der Antragsgegnerin geprüft und ist Bestandteil der Baugenehmigung vom...09.2014. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin trotz dieses ausführlichen und bauaufsichtlich geprüften Brandschutzkonzeptes in Rechten verletzt ist, die auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BayVGH B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20), wurden von der Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen rügt die Antragstellerin allein die Verletzung von brandschutzrechtlichen Vorschriften, die dem Schutz der Bewohner des Wohnheims dienen sollen.
4.2 Auch eine Verletzung von Nachbarrechten der Antragstellerin wegen eines Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschriften ist zu verneinen.
Die neu zu errichtende außenliegende Rettungstreppe wirft keine Abstandsflächen auf das Grundstück der WEG, so dass eine Rechtsverletzung der Antragstellerin insoweit ausscheidet.
5. Der Antrag ist nach alldem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Er beantragt,
II.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheids für die Umnutzung ehemaliger Forsthäuser zur allgemeinen Wohnnutzung.
1. Mit Kaufvertrag vom
Das Grundstück Fl.Nr. ... liegt außerhalb der geschlossenen Ortslage im Gemeindegebiet der Gemeinde W. (Beigeladene). Für das Baugrundstück besteht kein Bebauungsplan. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen stellt das Baugrundstück als „Grünfläche/Forstamt“ dar. Das Baugrundstück liegt an der Staatsstraße 2316 und in ca. 200 m Entfernung zur Bundesautobahn A3 und zur Autobahnraststätte S.-Süd.
Unter dem
2. Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das Baugrundstück liege im Außenbereich, die bauplanungsrechtliche Beurteilung richte sich daher nach § 35 BauGB. Die beabsichtigte bzw. bereits aufgenommene Wohnnutzung der zum ehemaligen Forsthof gehörenden Gebäude erfülle keinen Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 BauGB und stelle daher ein sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB dar. Das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, da es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung begünstige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Die Voraussetzungen für eine Teilprivilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 4 BauGB lägen nicht vor. Im Übrigen sei die ausreichende Erschließung des Vorhabens im Hinblick auf die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung nicht dauerhaft gesichert. Schließlich habe auch die Beigeladene ihr gemeindliches Einvernehmen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verweigert.
3. Mit Schriftsatz vom
1. Der Vorbescheid des Landratsamts A.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung in Aussicht zu stellen;
hilfsweise über den gestellten Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei der Errichtung der früheren Forstgebäude seien diese als vollwertige Wohnhäuser mit den erforderlichen Leitungen für Wasser und Abwässer ausgeführt worden. Die Gebäude hätten dem Wohnen der Forstbediensteten und ihrer Familien gedient. Aktuell werde die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung durch den Anschluss an das Wasserleitungsnetz der nahe gelegenen Autobahnraststätte gewährleistet. Insoweit seien Wasserversorgung und Abwasserentsorgung durch unwiderrufliche Verträge mit dem Betreiber der Autobahnraststätte gesichert. Bei dem Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der nahe gelegenen Bundesautobahn A3 sei die Planfeststellungsbehörde davon ausgegangen, dass auf dem Baugrundstück Wohnnutzung stattfinde bzw. zulässig sei. Die Klägerin habe das Gelände des ehemaligen Forsthofs in dem Glauben darauf, dass dort Wohnnutzung zulässig sei, vom Freistaat Bayern erworben. Die Baugenehmigungsbehörde sei an die rechtliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde bzw. weiterer Beteiligter im Planfeststellungsverfahren, dass auf dem Baugrundstück Wohnnutzung zulässig sei, nach Treu und Glauben gebunden. Jedenfalls sei auf dem Baugrundstück Wohnnutzung unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes zulässig. Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung der vorhandenen Gebäude werde durch die nunmehr von der Klägerin beabsichtigte Wohnnutzung nicht überschritten. Denn die auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäude seien auch vor Außerbetriebnahme des Forsthofs zum weit überwiegenden Teil als Wohnräume genutzt worden. Die von der Klägerin beabsichtigte Wohnnutzung unterscheide sich von der früheren Nutzung daher nur darin, dass weder die Klägerin noch ihre Angehörigen im Forstdienst stehen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu aufwerfe, so genieße der vorhandene Gebäudebestand einschließlich der Art und Weise der Erschließung dennoch Bestandsschutz. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.
4. Das Landratsamt A. beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Zwar sei davon auszugehen, dass die Forstgebäude als privilegierte Vorhaben rechtmäßig errichtet worden seien. Die Auflösung des Forstamts und der Wegzug der letzten Forstbediensteten im Jahre 1998 hätten jedoch zu einer Entprivilegierung geführt. Aus dem Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der Bundesautobahn A 3 könne die Zulässigkeit der Wohnnutzung nicht abgeleitet werden, da das Gelände des ehemaligen Forsthofs dort lediglich im Rahmen von Lärmschutzmaßnahmen behandelt worden sei. Dies könne eine baurechtliche Genehmigung keinesfalls ersetzen. Die Erschließung sei nicht gesichert; die privatrechtlichen Verträge der Klägerin mit dem Betreiber der nahe gelegenen Autobahnraststätte erfüllten nicht die Anforderungen an eine dauerhaft gesicherte Erschließung. Die Anwendung des § 35 Abs. 4 BauGB scheide aus, da es sich bei den ehemaligen Forstgebäuden, die in der Nachkriegszeit entstanden und nicht von historischer oder denkmalschutzwürdiger Relevanz seien, nicht um erhaltenswerte Bausubstanz handele.
5. Die Beigeladene beantragte ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts rechtmäßig und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids noch auf erneute Verbescheidung ihrer Bauvoranfrage. Es kann dahinstehen, ob das Vorhaben der Klägerin unter einen Teilprivilegierungstatbestand gemäß § 35 Abs. 4 BauGB fällt (1.), weil jedenfalls die Erschließung i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht gesichert ist (2.). Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen (3.).
1. Es kann hier offen bleiben, ob das Landratsamt die Anwendung der Teilprivilegierungsregelung des § 35 Abs. 4 BauGB zu Recht abgelehnt hat. Zwar kommt die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorliegend zumindest in Betracht. Denn die ehemaligen Forstgebäude dienten nach Auskunft des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht bloß der staatlichen Verwaltungstätigkeit, sondern waren offenbar auch in die Bewirtschaftung des Staatswaldes eingebunden (vgl. Bl. 97 der Behördenakte 825/13 V-II). Im Hinblick darauf spricht einiges dafür, dass die Forsthäuser vor Auflösung des Forstamts R. einem forstwirtschaftlichen Betrieb i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dienten. Auch die Bezugnahme auf eine „Hofstelle“ in § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) BauGB spricht nicht zwingend gegen die Teilprivilegierung des Vorhabens der Klägerin, da mit dieser gesetzlichen Regelung nach Einschätzung der Kammer lediglich sichergestellt werden soll, dass ein räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen den einzelnen, dem forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Gebäuden besteht, was bei den räumlich eng beieinander liegenden und funktional eng verbundenen Forstgebäuden der Fall war. Ausreichend ist insoweit, dass die Hofstelle vor Aufgabe der privilegierten Nutzung bestanden hat; sie muss nicht zwingend noch aktuell vorhanden sein (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, § 35 Rn. 144). Andererseits erscheint es nach dem Eindruck, den das Gericht durch Inaugenscheinnahme des Forsthofgeländes in einem anderen Verfahren (W 4 K 12.517) gewonnen hat, zumindest zweifelhaft, ob hinsichtlich aller auf dem Gelände vorhandenen Gebäude von einer „erhaltenswerten Bausubstanz“ i. S. d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) gesprochen werden kann.
2. Diese Rechtsfragen bedürfen hier jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn das Vorhaben nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 35 Abs. 4 BauGB teilprivilegiert sein sollte, muss dennoch die Erschließung i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB gesichert sein. Durch eine Teilprivilegierung verliert ein Bauvorhaben nicht seine Eigenschaft als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB (BayVGH, B.v. 16.9.2004 - 15 ZB 03.1475 - juris Rn. 3). Eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 BauGB hat lediglich zur Folge, dass dem Vorhaben bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden können, führt jedoch nicht zu geringeren Anforderungen hinsichtlich des gesetzlichen Erfordernisses der gesicherten Erschließung (vgl. BVerwG, U.v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 - juris Rn. 22; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 74). Daraus folgt auch, dass für das hier zu beurteilende Vorhaben die Erschließung in vollem Umfang gesichert sein muss und nicht - wie bei privilegierten Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB - eine „ausreichende“ Erschließung genügt (vgl. Söfker, a. a. O.).
Das gesetzliche Erfordernis der gesicherten Erschließung verlangt neben der Anbindung des Baugrundstücks an das öffentliche Wegenetz insbesondere auch, dass die Wasserversorgung sowie die Beseitigung der auf dem Grundstück anfallenden Abwässer gesichert sind. Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung müssen dabei nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich auf Dauer gesichert sein. Das ist regelmäßig der Fall, wenn das Baugrundstück an die Straße angrenzt, in der die Versorgungsleitung liegt, und die Versorgungsleitung zumindest bis auf Höhe der Grundstücksgrenze reicht (BayVGH, U.v. 3.12.2007 - 1 B 05.3080 - juris Rn. 48). Ist dies - wie hier - nicht der Fall, so kommt eine Herstellung der Erschließung über privatrechtliche Rechtsverhältnisse zwar in Betracht. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass schuldrechtliche Verträge allein keine rechtliche Sicherung der Erschließung begründen können; erforderlich ist vielmehr, dass die schuldrechtlichen Rechte in dinglicher Hinsicht gesichert sind (BVerwG, U.v. 3.5.1988 - 4 C 54/85 - juris Rn. 14; Wolf in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 4 Rn. 244; Stüer, Hdb. des Bau- und Fachplanungsrechts, 4. Aufl. 2009, Teil C Rn. 2471). Diese vom BVerwG für die Frage der wegemäßigen Erschließung entwickelte Rechtsprechung ist nach Überzeugung der Kammer auch auf die hier in Streit stehende Erschließung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung anzuwenden. Es sind keinerlei Gründe ersichtlich, die dafür sprächen, insoweit geringere Anforderungen an die rechtliche Sicherung der Erschließung zu stellen.
Unter Berücksichtigung dessen genügt der zwischen der Klägerin und der Betreiberin der nahe gelegenen Autobahnraststätte bestehende schuldrechtliche Vertrag nicht, um die Erschließung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung dauerhaft zu sichern. Der Klägerbevollmächtigte kann insoweit auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, es handele sich um einen „unwiderruflichen“ Vertrag. Abgesehen davon, dass auch ein „unwiderruflicher“ schuldrechtlicher Vertrag nicht von dem Erfordernis der dinglichen Sicherung entbindet, ist zu berücksichtigen, dass nach dem Vertragstext zwar das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, jedoch das Recht zur außerordentlichen Kündigung besteht (Ziffer X des Vertrags, Bl. 18 der Behördenakte 825/13 V-II). Die Betreiberin der Autobahnraststätte hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung bezüglich des ehemaligen Forsthofgeländes nur so lange gewährleistet wird, wie die Betreiberin die Konzession für den Betrieb der Raststätte innehat (Bl. 160 der Behördenakte 9040/2012 S). Im Hinblick darauf sind Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung hier gerade nicht dauerhaft gesichert.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Landratsamt A. offenbar hinsichtlich des in der Nähe des ehemaligen Forsthofgeländes gelegenen Jagdschlosses von einer gesicherten Erschließung ausgegangen ist. Es erschließt sich dem Gericht zwar nicht ohne Weiteres, warum insoweit offenbar geringere Anforderungen an die Erschließung gestellt wurden, obwohl Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung auch dort lediglich durch schuldrechtliche Vereinbarungen geregelt sind. Auch die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB hinsichtlich des Jagdschlosses mindert nach den obigen Ausführungen nicht die an die gesicherte Erschließung zu stellenden Anforderungen. Ungeachtet dessen ist Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren allein die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung in den ehemaligen Forsthäusern. Die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB und insbesondere der rechtlichen Voraussetzungen der gesicherten Erschließung obliegt im gerichtlichen Verfahren allein dem Gericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulassung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB ungeachtet des Wortlauts („kann“) nach einhelliger Auffassung um eine gebundene Entscheidung handelt und der Baugenehmigungsbehörde insoweit durch das Gesetz kein Ermessen eingeräumt ist (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 66 m. w. N.). Dies zugrunde gelegt, ist die Kammer unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals „gesicherte Erschließung“ hier nicht gegeben sind. Unerheblich ist demgegenüber, ob das Landratsamt bei anderen Vorhaben in der Nähe des ehemaligen Forsthofs von einer gesicherten Erschließung ausgegangen ist. Insbesondere ist angesichts des fehlenden behördlichen Ermessens bei der Anwendung des § 35 Abs. 2 BauGB und der gerichtlichen Beurteilungskompetenz für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kein Raum für den Einwand, das Landratsamt könne aus Gleichbehandlungsgründen die Frage der Erschließung bezüglich der ehemaligen Forsthäuser nicht anders beurteilen als bezüglich des nahe gelegenen Jagdschlosses.
3. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen.
Hinsichtlich der Frage des Bestandsschutzes ist nach gefestigter Rechtsprechung zwischen dem sog. passiven und dem sog. aktiven Bestandsschutz zu unterscheiden. Passiver Bestandsschutz schützt allein den genehmigten bzw. nicht genehmigungsbedürftigen und materiell rechtmäßigen Bestand und beruht auf der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, B.v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 - BayVBl. 1996, 240). Aktiver Bestandsschutz lässt demgegenüber gewisse Änderungen oder Erweiterungen des vorhandenen Bestands zu, besteht jedoch nur nach Maßgabe einfach-gesetzlicher Regelungen (grundlegend BVerwG, U.v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 - NVwZ 1998, 842).
Zu den Regelungen des aktiven Bestandsschutzes zählt insbesondere der hier in Betracht zu ziehende § 35 Abs. 4 BauGB. Nach den obigen Ausführungen entbindet diese gesetzliche Regelung jedoch gerade nicht von dem Erfordernis der - hier nicht vorliegenden - gesicherten Erschließung.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf passiven Bestandsschutz berufen. Bestandsschutz in diesem Sinne gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Von ihm gedeckt ist aber nur die nach Art und Umfang unveränderte Nutzung. Wird ein Bauwerk, das bisher für einen nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Zweck genutzt wurde, später für einen anderen Zweck genutzt, so ist hierin eine Nutzungs- und Funktionsänderung zu sehen, die zu einer Entprivilegierung führt. Damit erlischt der dem Gebäude zukommende Bestandsschutz. Eine Trennung von Nutzung und baulicher Substanz findet nicht statt (BVerwG, B.v. 9.9.2002 - 4 B 52/02 - juris Rn. 5). Ein solcher Fall liegt hier vor. Es ist zwar mit der insoweit übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten davon auszugehen, dass die zu dem ehemaligen Forsthof gehörenden Gebäude ursprünglich privilegiert i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder jedenfalls Nr. 4 BauGB genutzt wurden. Mit der Auflösung des Forstamts R. und dem Auszug der letzten Forstbediensteten Ende der 1990er Jahre wurde diese privilegierte Nutzung jedoch aufgegeben. Die Aufnahme der allgemeinen Wohnnutzung in den ehemaligen Forstgebäuden, die im Übrigen erst Jahre später stattfand, stellt eine Nutzungsänderung dar, die durch den zuvor für die privilegierte Nutzung bestehenden Bestandsschutz nicht gedeckt ist. Aufgrund der Entprivilegierung ist der Bestandsschutz erloschen. Durch die Nutzungsänderung aufgrund der allgemeinen Wohnnutzung wird die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit hinsichtlich der hier in Streit stehenden gesicherten Erschließung neu aufgeworfen und bedarf einer neuen rechtlichen Beurteilung.
Die Klägerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass sie bei Erwerb des ehemaligen Forsthofs in rechtlich beachtlicher Weise auf die Zulässigkeit der allgemeinen Wohnnutzung auf dem erworbenen Anwesen vertraut habe. Eine rechtlich verbindliche Aussage über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit konnte nur das Landratsamt A. als zuständige Baugenehmigungsbehörde treffen. Eine solche Entscheidung des Landratsamts hat die Klägerin vor Erwerb des ehemaligen Forsthofs nicht herbeigeführt bzw. abgewartet. Vielmehr hat sie nach dem Vortrag ihres Bevollmächtigten zwar beim Landratsamt wegen der Zulässigkeit der allgemeinen Wohnnutzung angefragt, das Anwesen jedoch vor Erhalt einer Stellungnahme seitens des Landratsamts erworben (vgl. Bl. 36 und 57 der Behördenakte 825/2013 V-II). Von der Möglichkeit, bereits vor Erwerb des ehemaligen Forsthofs die bauplanungsrechtliche Rechtslage in einem Vorbescheids- oder Baugenehmigungsverfahren klären zu lassen, hat die Klägerin hingegen keinen Gebrauch gemacht. Auch für eine Zusicherung i. S. d. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hinsichtlich der Zulassung der allgemeinen Wohnnutzung durch die Baugenehmigungsbehörde bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit der Argumentation durchdringen, die Planfeststellungsbehörde sei im Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau der nahe gelegenen Bundesautobahn A 3 von der Zulässigkeit der Wohnnutzung auf dem Gelände des ehemaligen Forsthofs ausgegangen. Die Planfeststellungsbehörde mag insoweit eine dort stattfindende Wohnnutzung in tatsächlicher Hinsicht berücksichtigt haben. Ein Eingriff in die Beurteilungskompetenz der für die Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung allein zuständigen Baugenehmigungsbehörde war damit aber offensichtlich nicht verbunden. In keinem Fall können die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss die gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderliche Baugenehmigung ersetzen.
4. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen hat, weil sich diese durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 - 2 K 1538/10 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamts Esslingen vom 3. Dezember 2008 und des Widerspruchsbescheides Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25. März 2010 verpflichtet, gegenüber den Beigeladenen den Abbruch der Garage auf dem Grundstück Flst. Nr. 2775/33 der Gemarkung ... anzuordnen.
Die Beigeladenen als Gesamtschuldner und der Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 23. August 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die übrigen Beteiligten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten, mit dem eine ihm erteilte Baugenehmigung auf den Widerspruch der Beigeladenen hin aufgehoben wurde.
- 2
Der Kläger ist Betreiber der sog. „Musikwerkstatt“, die als Veranstaltungsort für Live-Konzerte, Mottoparties, Comedy- und Kleinkunstveranstaltungen dient. Nachdem das Lokal am 30. Januar 2009 an seinem ursprünglichen Standort in der L... Straße .. bis .. durch einen Brand zerstört worden war, fand der Kläger mit Unterstützung der Beklagten Anfang Februar 2009 einen Ersatzstandort in dem Gebäude der früheren Garnisonsbäckerei der ehemaligen Condé-Kaserne in der L... Straße ... Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Naulott Guckinsland III. Änderung“ der Beklagten, der für diesen Bereich ein eingeschränktes Gewerbegebiet ausweist; nach Ziffer 1.3.2 der Textfestsetzungen werden Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 BauNVO – also u. a. Vergnügungsstätten – nicht zugelassen. Hingegen kann in diesem Gewerbegebiet nach Ziffer 1.3.1 der Textfestsetzungen ausnahmsweise je Betrieb eine Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen oder Betriebsinhaber und Betriebsleiter gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zugelassen werden.
- 3
Am 9. März 2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Bauantrag auf Genehmigung der teilweisen Nutzungsänderung und des Umbaus des vorhandenen Gebäudes in der L... Straße .. zu einer Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen. Dem Bauantrag war ein Dekra-Gutachten vom 17. März 2009 über die Prognose von Schallimmissionen beigefügt. Ausweislich der darin enthaltenen Betriebsbeschreibung handelt es sich nicht um einen Diskothekenbetrieb, sondern um einen Veranstaltungsraum mit Live-Konzerten, Mottoparties, Comedy- und Kleinkunstveranstaltungen für 250 bis 300 Besucher. Auf dem Gelände seien 55 Stellplätze vorgesehen. Die Zu- und Abfahrten zum Parkplatz sollten von der L... Straße aus über eine ca. 150 m lange Stichstraße auf das ehemalige Kasernengelände erfolgen. Die Gaststätte solle wie im vorherigen Betrieb nur freitags und samstags sowie an Tagen vor Feiertagen in der Zeit von 22 bis 5 Uhr betrieben werden. Wie beim bisherigen Betrieb sei vorgesehen, dass für die Besucher kein Recht auf wiederholten Einlass an einem Veranstaltungsabend bestehe. Die schalltechnische Prognose gelangte zu dem Ergebnis, dass die einschlägigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Gewerbegebiete an den nächstgelegenen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet beim Betrieb der „Musikwerkstatt“ unterschritten werden.
- 4
Mit Bescheid vom 16. April 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger einen „vorläufigen Bauschein“ zur Nutzungsänderung des Gebäudes in eine „Gaststätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen mit max. 300 Personen.“ Die „vorläufige Baugenehmigung“ wurde auf jederzeitigen Widerruf und unter zahlreichen Auflagen erteilt; u. a. seien die Voraussetzungen, Bedingungen, Vorgaben und Grenzwerte aus dem vorgelegten Dekra-Gutachten sowie in Bezug auf das nächstgelegene Wohnhaus bzw. die nächstgelegene Betriebswohnung die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Gewerbegebiete einzuhalten; weitergehende Forderungen bezüglich des Lärmschutzes blieben vorbehalten. Außerdem wurden gewerbeaufsichtliche Auflagen der SGD Süd, die sich auf den Betrieb von Diskotheken beziehen, zum Gegenstand der Genehmigung gemacht.
- 5
Nach Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ am 18. April 2009 wandten sich u. a. Anwohner der L... Straße mit Beschwerden über Lärmbelästigungen und Müllablagerungen durch Gäste der Musikwerkstatt an die Beklagte. Ein an den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten gerichtetes Beschwerdeschreiben vom 12. Mai 2009 wurde auch von den Beigeladenen zu 1) und 2) unterzeichnet. Diese sind Eigentümer des östlich der „Musikwerkstatt“ im Geltungsbereich desselben Bebauungsplans gelegenen Grundstücks „L... Straße …“ (Flurstück-Nr. 3641/31), auf dem sie ein Gerüstbauunternehmen betreiben und die im Dachgeschoss des Anwesens gelegene Betriebswohnung bewohnen. Ausweislich des Dekra-Gutachtens handelt es sich um die zur „Musikwerkstatt“ nächstgelegene Wohnung.
- 6
Mit Anwaltsschreiben vom 14. Juli 2009 wandten sich die Beigeladenen erneut mit Beschwerden über Ruhestörungen und Abfallablagerungen durch Gäste der Musikwerkstatt an die Beklagte und baten u. a. um Auskunft darüber, ob der einschlägige Bebauungsplan einen Diskothekenbetrieb wie die „Musikwerkstatt“ zulasse. Daraufhin wurden ihnen mit Schreiben der Beklagten vom 19. August 2009 Kopien des Bebauungsplans und der Baugenehmigung übersandt.
- 7
Mit Anwaltsschreiben vom 8. September 2009 legten die Beigeladenen gegen die Baugenehmigung vom 16. April 2009 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie u. a. geltend machten, die Musikwerkstatt sei in dem festgesetzten Gewerbegebiet unzulässig, da der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ausschließe.
- 8
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 gab der Stadtrechtsausschuss der Beklagten dem Widerspruch der Beigeladenen statt und hob die Baugenehmigung vom 16. April 2009 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der „Musikwerkstatt“ handele es sich um eine Vergnügungsstätte, da der Betrieb durch ständig wechselnde Unterhaltungsprogramme, insbesondere Tanz- und Musikdarbietungen sowie sog. Mottoparties geprägt werde. Deutliche Kennzeichen für eine Vergnügungsstätte in Gestalt einer Diskothek seien auch die Erhebung eines Eintrittsgeldes, die Öffnungszeiten ab 22.00 Uhr, der Umstand, dass es keine Küche gebe, sowie das Angebot eines Einwilligungsformulars für den Diskothekenbesuch von Jugendlichen unter 18 Jahren auf der Homepage des Betriebs. Als Vergnügungsstätte sei das Vorhaben wegen des diesbezüglichen Nutzungsausschlusses im Bebauungsplan unzulässig. Daraus ergebe sich eine Rechtsverletzung der Nachbarn, die sich auf einen Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart berufen könnten.
- 9
Zur Begründung seiner beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere vorgetragen: Die genehmigte Nutzungsänderung sei planungsrechtlich zulässig, da es sich nicht um eine Diskothek, sondern um einen Veranstaltungsort mit Live-Konzerten, Mottoparties, Comedy- und Kleinkunstveranstaltungen handele; es werde lediglich das bisherige Konzept der Musikwerkstatt an einem neuen, nur 200 m vom bisherigen Standort entfernten Standort fortgesetzt. Die Beklagte habe sein Vorhaben stets unterstützt. Da er das Vorhaben mittlerweile vollständig verwirklicht, insbesondere umfangreiche Schallschutzmaßnahmen getroffen habe, stehe ihm zumindest ein Befreiungsanspruch zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welche Gründe zum Ausschluss von Vergnügungsstätten in dem Gebiet geführt hätten. Das ursprüngliche Gebietskonzept sei durch neuere Entwicklungen überholt, nachdem in unmittelbarer Nähe zum Betrieb der Beigeladenen eine Lagerhalle genehmigt worden sei und es Pläne für die Errichtung eines Bahnhaltepunktes in dem Gebiet gebe, von dem zusätzlicher Lärm zu erwarten sei.
- 10
Im Übrigen hätten die Beigeladenen ihr Widerspruchsrecht verwirkt, da sie schon seit Februar 2009 über das Vorhaben informiert gewesen seien.
- 11
Der Kläger hat beantragt,
- 12
den Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 aufzuheben.
- 13
Die Beklagte hat auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen und beantragt,
- 14
die Klage abzuweisen.
- 15
Die Beigeladenen haben ebenfalls beantragt,
- 16
die Klage abzuweisen.
- 17
Sie haben zur Begründung auf ihr Widerspruchsvorbringen und den Widerspruchsbescheid verwiesen.
- 18
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat die Klage durch Urteil vom 23. August 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerspruchsbescheid habe die Baugenehmigung vom 16. April 2009 zu Recht aufgehoben, weil diese die Beigeladenen in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletze. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beigeladenen ihr nachbarliches Abwehrrecht ausnahmsweise vor Ablauf der ihnen grundsätzlich für die Einlegung des Widerspruchs zuzubilligenden Jahresfrist ab Kenntnis von der Erteilung der Baugenehmigung verwirkt haben könnten. Der Kläger habe selbst nicht vorgetragen, dass die Beigeladenen bereits früher eindeutig zu erkennen gegeben hätten, dass sie die Zulassung der Nutzungsänderung akzeptieren wollten. Auf den Umstand, dass über das Vorhaben bereits Anfang Februar 2009 und damit zwei Monate vor Erteilung der Baugenehmigung in der Presse berichtet worden sei, komme es insoweit nicht an. Die Baugenehmigung sei unter Verletzung der Nachbarrechte der Beigeladenen erteilt worden. Das Vorhaben des Klägers sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es nach der Art der Nutzung dem einschlägigen Bebauungsplan widerspreche. Ungeachtet der Bezeichnung als Nutzungsänderung in eine Gaststätte habe die Beklagte den Betrieb einer Vergnügungsstätte zugelassen. Dies ergebe sich aus dem Zusatz „mit regelmäßigen Musikveranstaltungen mit max. 300 Personen“ in der Nutzungsbestimmung, aber auch aus den genehmigten Plänen und den beigefügten Nebenbestimmungen. Da das Grundstück des Klägers in dem durch den Bebauungsplan, gegen dessen Rechtsverbindlichkeit keine Bedenken bestünden, ausgewiesenen Gewerbegebiet gelegen sei, könnten dort gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise zugelassen werden. Die Zulassung der „Musikwerkstatt“ auf der Grundlage der Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB komme jedoch nicht in Betracht, weil im Bebauungsplan die Erteilung von Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 BauNVO durch Ziffer 1.3.2 der Textfestsetzungen ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Sei das Vorhaben in dem maßgeblichen Bebauungsplangebiet nach der Art der Nutzung unzulässig, so folge daraus bereits eine Verletzung der Nachbarrechte der Beigeladenen. Als Grundstückseigentümern im selben Baugebiet stehe ihnen der aus §§ 30 Abs. 1 BauGB, 8 BauNVO abzuleitende Schutzanspruch des Nachbarn auf Bewahrung der Gebietsart nach der BauNVO zu. Im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses könne jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebietes unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern. Auf die Frage, ob vom Betrieb der „Musikwerkstatt“ unzumutbare Beeinträchtigungen des Grundstücks der Beigeladenen ausgingen, komme es daher nicht an. In diesem Zusammenhang sei auch nicht zu prüfen, ob der Kläger einen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB habe. Mit der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung sei keine konkludente Befreiungsgewährung zur Art der Nutzung des Vorhabens verbunden gewesen, da die Beklagte offenbar den Betrieb der „Musikwerkstatt“ nicht als Vergnügungsstätte angesehen und daher keine Notwendigkeit für eine Befreiungserteilung gesehen habe. Das bloße Vorliegen einer Befreiungslage genüge nicht, um die Baugenehmigung als rechtmäßig ansehen zu können. Vielmehr bedürfe es der tatsächlichen Befreiungserteilung, wenn nur dadurch ein bestimmtes Vorhaben in einem Baugebiet zugelassen werden könne.
- 19
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er halte daran fest, dass die ihm erteilte Baugenehmigung vom 16. April 2009 bestandskräftig sei. Hier liege ein Fall vor, in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Nachbarrechte schon vor Ablauf der grundsätzlich bestehenden Jahresfrist verwirkt seien, weil der Nachbar durch sein Verhalten beim Bauherrn den berechtigten Eindruck erweckt habe, er werde keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben erheben. Bereits am 4. Februar 2009 sei u. a. auf seine Veranlassung hin in der „Rheinpfalz“ berichtet worden, dass die „Musikwerkstatt“ innerhalb der nächsten 5 Wochen in den jetzigen Räumlichkeiten wieder eröffnet werden solle. Spätestens zu diesem Zeitpunkt seien auch die Beigeladenen über die konkret anstehende Nutzungsänderung in den Räumlichkeiten der Condé-Kaserne informiert gewesen. Nach Erhalt des Bauscheins vom 16. April 2009 habe er zu allen Anwohnern im Plangebiet, insbesondere auch zu den Beigeladenen persönlich Kontakt aufgenommen und sie über Details der anstehenden Bauarbeiten und Arbeitsabläufe, die geplanten Öffnungszeiten und dergleichen informiert und dabei deutlich gemacht, dass er persönlich im Falle von Beanstandungen als Ansprechpartner zur Verfügung stehe; hierzu habe er seine Kontaktdaten, einschließlich Mobilfunknummer, hinterlassen. Spätestens im März/April 2009 seien die Beigeladenen vollumfänglich über sämtliche Vorgänge sowie die grundlegende Konzeption der Musikwerkstatt informiert gewesen. Sie hätten ursprünglich auch ihre Kooperation zugesagt. Aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen hätten die Beigeladenen jedoch mit Schreiben vom 9. September 2009 Widerspruch erhoben, ohne von seinem Angebot Gebrauch gemacht zu haben, ihn direkt zu kontaktieren und etwaige Beschwerden vorzubringen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Betrieb des Unternehmens bereits im Gange und die Arbeiten seien weitestgehend abgeschlossen gewesen, alle Auflagen aus dem Bauschein seien nahezu vollständig erfüllt worden. Die Beigeladenen hätten erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, dass der Betrieb des Klägers am jetzigen Standort baurechtlich nicht zulässig sei.
- 20
Er habe im Vertrauen auf den Fortbestand der Baugenehmigung umfangreiche Investitionen und sonstige Arbeiten mit einem Volumen von 150.000 bis 170.000 € getätigt, die im Falle einer Schließung des Objekts nahezu vollständig dort verbleiben müssten. Die wesentlichen Umbau-, Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten hätten im Zeitraum von Februar bis August/September 2009 stattgefunden, wobei ein Großteil der Arbeiten in Eigenleistung zusammen mit seinen Mitarbeitern durchgeführt worden sei; die genaue zeitliche Abfolge der überwiegend ineinander übergehenden Arbeiten lasse sich nicht immer Tag genau wiedergeben. Im Einzelnen seien folgende Arbeiten und Investitionen vorgenommen worden, zu denen der Kläger ein Konvolut von Rechnungen und Kassenbons vorlegt:
- 21
- Februar 2009: Umfangreiche Abbruch- und Maurerarbeiten; reine Materialkosten ca. 4063,22 €, insgesamt 74 Arbeitsstunden
- 22
- Februar 2009: Weitere Mauer- und Verputzarbeiten, insgesamt rund 297 Arbeitsstunden
- 23
- Februar bis März 2009: Anbringung einer Brandschutzisolierung an der Dachkonstruktion, Materialkosten i. H. v. 2.614,10 €, 64 Arbeitsstunden
- 24
- März 2009: Bau der „zweiten Ebene“ der Musikwerkstatt, Materialeinsatz rund 7.204,00 €, rund 140 Arbeitsstunden
- 25
- März 2009: Bau nahezu aller Treppen, Materialeinsatz ca. 6.434,16 €, rund 90 Arbeitsstunden
- 26
- März 2009: Installation der jeweiligen Treppengeländer, Materialeinsatz rund 1.316,12 €, rund 96 Arbeitsstunden
- 27
- März 2009: Bau der vollständigen Toilettenanlage, rund 155 Arbeitsstunden
- 28
- März 2009: Installation der Lüftungs- und Entrauchungsanlage, Materialkosten ca. 1.351,08 €, rund 45 Arbeitsstunden
- 29
- März 2009: Setzen von Brandschutz-, Zwischen-, Notausgang-, Büro-, WC- und Lagertüren, Materialeinsatz etwa 2.935,92 €, rund 9 Arbeitsstunden
- 30
- März 2009: Installation der Heizungsanlage und der Wasserversorgung, rund 4.956,70 € Material und rund 75 Arbeitsstunden
- 31
- „In diesem Zuge“: Durchführung von Schallschutzmaßnahmen, Materialkosten i. H. v. 1.190,55 €, rund 154 Arbeitsstunden
- 32
- Von März/April 2009 bis August 2009: Umfangreiche Schreinerarbeiten im Bar- und Bühnenbereich, rund 4.910.72 € an Materialkosten, rund 189 Arbeitsstunden
- 33
- Mai 2009: Verlegung von Böden, insgesamt 1.793,77 € an Materialkosten, rund 57 Arbeitsstunden
- 34
- August 2009: Errichtung des Büros, rund 431,97 € Materialeinsatz, rund 16 Arbeitsstunden
- 35
- August/September 2009: Installation ortsunveränderlicher Deko-Elemente, insgesamt rund 698,53 € Materialkosten, etwa 45 Arbeitsstunden
- 36
- „Während des gesamten Zeitraums“: Installation der Elektrotechnik des gesamten Anwesens durch Firmen Zimmer und Grün; Investitionskosten rund 19.640,93 € (laut beigefügter Auflistung aber „Februar-März 2009“)
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- „Quasi durchgängig bis September 2009“: Tätigung von Investitionen in Sound-, Licht- und Videoeffekte i. H. v. 5.258,17 €
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- „Februar bis August 2009“: Investitionen für Planungen, Prüfungen und nicht zuzuordnende Materialien i. H. v. ca. 9.508,89 €.
- 39
Insgesamt sei es ihm nicht zumutbar, die vorgenommenen Investitionen abzuschreiben und die Räumlichkeiten aufzugeben. Zwar habe er sich entschlossen, am 11. März 2011 einen weiteren Betrieb in Haßloch zu eröffnen.
- 40
Jedoch erwirtschafte er allein mit der „Musikwerkstatt“ Gewinne; dieser Betrieb bilde zumindest derzeit die einzige Existenzgrundlage für ihn und eine große Anzahl seiner Mitarbeiter. Im Falle einer Schließung der „Musikwerkstatt“ werde eine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen wegfallen. Daher überwiege das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der ihm erteilten Baugenehmigung die Interessen der Beigeladenen und der Beklagten deutlich.
- 41
Der Kläger beantragt,
- 42
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. März 2010 aufzuheben.
- 43
Die Beklagte beantragt,
- 44
die Berufung zurückzuweisen.
- 45
Sie trägt noch ergänzend vor: Die vom Kläger vorgenommenen Aufstellungen und Aufgliederungen seien nicht aussagekräftig. Die vorgelegten Belege ließen sich nicht eindeutig dem Standort „Musikwerkstatt“ zuordnen, sondern könnten auch für die von ihm betriebene Gastwirtschaft „Lounge“ in Neustadt oder für private Zwecke entstanden sein. Aus den zu den jeweiligen Tätigkeitsbereichen benannten Arbeitsstunden seiner Mitarbeiter gehe nicht hervor, welche Mitarbeiter in welcher Zahl dort tätig gewesen und wie die angefallenen Arbeitsstunden aufgezeichnet und abgerechnet worden seien. Der Kläger habe im Übrigen vorzeitig mit dem Bau begonnen und keine Baubeginnanzeige erstattet. Auch Mitteilungen über abschließende Fertigstellung oder Teilfertigstellungen fehlten.
- 46
Ferner weist die Beklagte darauf hin, dass sie einen Antrag des Klägers auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans mit Bescheid vom 12. Januar 2011 abgelehnt hat, und reicht diesen Bescheid zu den Gerichtsakten.
- 47
Die Beigeladenen beantragen,
- 48
die Berufung zurückzuweisen.
- 49
Zur Begründung tragen sie insbesondere vor, der Kläger könne sich gegen die erfolgreiche Anfechtung der Baugenehmigung durch die Beigeladenen nicht mit dem Einwand des Vertrauensschutzes verteidigen. Die Baugenehmigung sei ihnen gegenüber nicht in Bestandskraft erwachsen. Zum einen hätten sie mit der Einlegung des Widerspruchs am 8. September 2009 gegen die ihnen erst am 28. August 2009 bekannt gegebene Baugenehmigung die Widerspruchsfrist von einem Monat eingehalten. Zum anderen hätten sie ihr Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Zwar könne in besonders gelagerten Fällen auch eine kürzere Frist als die bei nicht förmlicher Bekanntgabe der Baugenehmigung ab dem Zeitpunkt zumutbarer Kenntnisnahme relevanter Bautätigkeiten laufende Jahresfrist gelten, wenn der Nachbar durch aktives Tun dem Bauherrn vermittelt habe, mit dem Vorhaben einverstanden zu sein, so dass der Bauherr nicht mehr mit einer Anfechtung der Baugenehmigung zu rechnen brauchte und auf den wirtschaftlichen Nutzen seiner Investitionen vertrauen durfte. Dies komme hier jedoch nicht zum Tragen. Weder hätten die Beigeladenen dem Kläger zu erkennen gegeben, mit dem Vorhaben einverstanden zu sein bzw. nicht dagegen vorgehen zu wollen, noch habe dieser nachgewiesen, im Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung schutzwürdige Investitionen in das Vorhaben getätigt zu haben.
- 50
Die Behauptung des Klägers, er habe sämtliche Anwohner spätestens im März/April 2009 vollumfänglich in sämtliche Vorgänge, die geplanten Umbauarbeiten und die grundlegende Konzeption der Musikwerkstatt eingeweiht, entspreche nicht den Tatsachen. Sie hätten erstmals Anfang April 2009 Kontakt mit dem Kläger gehabt, als dieser sich in ihrem Anwesen als Betreiber der „Musikwerkstatt“ vorgestellt und mitgeteilt habe, dass der Betrieb in der folgenden Woche eröffnet werde. Er habe ihnen unter Angabe seiner Mobilfunknummer angeboten, sich bei Beschwerden an ihn zu wenden. Tatsächlich hätten sie sich bereits in der Woche nach der Eröffnung am 17. April 2009 dreimal veranlasst gesehen, den Kläger unter seiner Mobilfunknummer anzurufen und sich über Lärmbelästigungen durch Besucher der Musikwerkstatt zu beschweren. Der Kläger habe jeweils mitgeteilt, dass er nur bis etwa 00:00 Uhr in der „Musikwerkstatt“ sei und der Lärm während seiner Abwesenheit entstehe. Dies seien die einzigen Kontakte zwischen dem Kläger und ihnen gewesen. Danach hätten sie sich ausschließlich an die Beklagte gewandt. Da sich an den vom Betrieb der „Musikwerkstatt“ ausgehenden nächtlichen Ruhestörungen und Belästigungen nichts geändert habe, hätten sie sich schließlich am 6. Juli 2009 an ihre Prozessbevollmächtigte gewandt, die sich mit dem Schreiben vom 14. Juli 2009 bei der Beklagten für sie bestellt und über die baurechtliche Situation erkundigt habe. Nach Übersendung eines Abdrucks der Baugenehmigung mit Schreiben der Beklagten vom 19. August 2009 hätten sie mit Schreiben vom 8. September 2009 und damit unverzüglich nach Kenntnisnahme von der Baugenehmigung Widerspruch eingelegt. Mithin hätten sie zu keiner Zeit und in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, keine Einwendungen gegen das Vorhaben erheben zu wollen.
- 51
Zudem sei die Behauptung des Klägers, er habe aufgrund eines berechtigten Vertrauens auf den Fortbestand der Baugenehmigung erhebliche Investitionen in einem Umfang von rund 170.000 € unmittelbar nach Erteilung der Baugenehmigung getätigt, unzutreffend. Aus den jetzt vorgelegten Aufstellungen ergebe sich vielmehr, dass er bereits im Februar 2009 und damit noch vor Beantragung der Nutzungsänderungsgenehmigung mit seinen Sanierungs- und Umbauarbeiten begonnen habe. Insgesamt weise die vorgelegte Aufstellung nur einen Kostenaufwand von rund 80.800 € aus, wobei der überwiegende Anteil, nämlich rund 62.500 €, in den Monaten Februar und März 2009 und daher vor Erteilung des Bauscheins entstanden sei. Ein weiterer Teil der Arbeiten mit einem Kostenvolumen von rund 16.000 € sei für den Zeitraum Februar bzw. März bis August 2009 zusammengefasst, mithin teilweise ebenfalls noch vor Antragstellung bzw. Erteilung des Bauscheins durchgeführt worden. Da der Kläger die „Musikwerkstatt“ am 17. April 2009 eröffnet habe, sei davon auszugehen, dass an diesem Tage die wesentlichen Baumaßnahmen abgeschlossen gewesen seien. Auch von den insgesamt aufgelisteten 1.578 Arbeitsstunden seien bereits 1.272 in der Zeit von Februar bis März 2009, mithin vor Erteilung der Baugenehmigung aufgewendet worden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie sich die behaupteten Arbeitsstunden auf die Eigenleistungen des Klägers bzw. seiner Mitarbeiter verteilt hätten, welche Mitarbeiter tätig gewesen seien und wie die Arbeitsstunden erfasst und abgerechnet worden seien. Auch die vorgelegten Rechnungsbelege und Kassenbons bewiesen nicht, dass die eingekaufte Ware tatsächlich für Zwecke der „Musikwerkstatt“ verwendet worden sei, zumal einige der Belege an die Privatanschrift des Klägers bzw. an die Anschrift seines weiteren Gaststättenbetriebs adressiert seien.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010 zu Recht abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil sich der gegen die ihm erteilte Baugenehmigung für die „Musikwerkstatt“ gerichtete Widerspruch der Beigeladenen als zulässig und begründet erweist. Mithin ist die Baugenehmigung vom 16. April 2009 zu Recht aufgehoben worden.
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1. Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend entschieden, dass die Baugenehmigung vom 16. April 2009 wegen Verstoßes gegen materielles Baurecht rechtswidrig ist. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben des Klägers zur Nutzungsänderung des Gebäudes der ehemaligen Garnisonsbäckerei in einen neuen Standort für die von ihm betriebene „Musikwerkstatt“ planungsrechtlich unzulässig ist, weil es den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans widerspricht. Auch der Senat hegt keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Vorhaben um eine „Vergnügungsstätte“ im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO handelt, auch wenn es sich nicht um eine „klassische“ Diskothek handeln mag (vgl. zum Begriff der Vergnügungsstätte Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 6, Rn. 42 ff. m.w.N.). Hierfür sprechen eindeutig die in den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts, aber auch bereits in der Begründung des Widerspruchsbescheides aufgeführten Kriterien, namentlich die den Charakter der Lokalität prägenden, weil an nahezu jedem der Öffnungstage stattfindenden Livekonzerte, Mottoparties und sonstigen Unterhaltungsprogramme, die Erhebung eines Eintrittsgelds von den Besuchern sowie die auf freitags, samstags und Tage vor Feiertagen sowie die Nachtzeit von 22:00 bis 5:00 Uhr beschränkten, diskothekentypischen Öffnungszeiten. Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere den Senatsbeschluss vom 9. März 2007 – 8 A 10066/07.OVG –, LKRZ 2007, 202).
- 56
Als Vergnügungsstätte ist das Vorhaben in dem hier festgesetzten Gewerbegebiet gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig; die Zulassung von Ausnahmen nach dieser Vorschrift ist indessen im Bebauungsplan mit der Textfestsetzung Ziffer 1.3.2 ausgeschlossen worden. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans oder speziell dieser Festsetzung sind weder vom Kläger geltend gemacht worden noch für den Senat ersichtlich.
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2. Das Verwaltungsgericht ist des Weiteren zu Recht davon ausgegangen, dass die angefochtene Baugenehmigung nachbarschützende Rechte der Beigeladenen verletzt.
- 58
Die Beigeladenen können sich als Grundstückseigentümer im selben Baugebiet auf den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten, aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herzuleitenden Schutzanspruch des Nachbarn auf Bewahrung der (festgesetzten) Gebietsart nach der BauNVO berufen (sog. Gebietserhaltungsanspruch). Danach kann jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit eine schleichende Umwandlung des Baugebietscharakters verhindern, ohne dass es auf eine konkrete, tatsächlich spürbare oder nachweisbare Beeinträchtigung des Nachbarn durch das baugebietswidrige Vorhaben ankommt (st. Rspr.; vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28.91 –, BVerwGE 94, 151 und juris, Rn. 23; Urteil vom 23. August 1996 – 4 C 13.94 –, BVerwGE 101, 364 und juris, Rn. 48 ff.; Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 4 B 55.07 –, NVwZ 2008, 427 und juris, Rn. 5).
- 59
Die hier in Rede stehende Festsetzung im Bebauungsplan „Naulott Guckinsland III. Änderung“ der Beklagten, der Ausschluss der Zulassung von Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO, namentlich von Vergnügungsstätten, im Plangebiet, gibt insoweit keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Schutzzweck der Textfestsetzung Ziffer 1.3.2 ist – wie die Beklagte in der Begründung des Bescheides vom 17. Januar 2011, mit der der Befreiungsantrag des Klägers abgelehnt wurde, nochmals deutlich gemacht hat – ersichtlich, die in Rede stehenden Teilflächen des eingeschränkten Gewerbegebiets vornehmlich für „klassische“ Gewerbebetriebe zu reservieren und dabei dem besonderen Schutzbedürfnis von Betriebswohnungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, die nach der Textfestsetzung Ziffer 1.3.1 ausnahmsweise zugelassen werden können, Rechnung zu tragen. Solche betriebsakzessorischen Wohnnutzungen sollen vor Immissionen und sonstigen Störungen, wie sie in klassischen Gewerbegebieten nicht zu erwarten, aber zum Beispiel für Vergnügungsstätten typisch sind, bewahrt werden. Hierzu zählen namentlich Geräuschimmissionen, wie sie vom Betrieb einer Vergnügungsstätte und von deren Besuchern beim Zu- und Abgang in den Nachtstunden zwischen 22:00 und 5:00 Uhr und damit zu einer Zeit verursacht werden, in der in einem klassischen Gewerbegebiet an sich nicht mit regelmäßigen Störungen der Nachtruhe gerechnet werden muss. Von daher besteht hier kein Anlass, am generell nachbarschützenden Charakter der einschlägigen Bebauungsplanfestsetzung zu zweifeln, so dass der Frage, inwieweit von dem Vorhaben des Klägers konkret nachweisbare, unzumutbare Beeinträchtigungen für das Grundstück der Beigeladenen ausgehen, nicht nachgegangen werden muss.
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3. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen kann, er habe gemäß § 31 Abs. 2 BauGB Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts wird der Gebietserhaltungsanspruch eines Grundstückseigentümers im Baugebiet durch die Zulassung eines der Art der baulichen Nutzung nach dort nicht zulässigen Vorhabens nur dann nicht verletzt, wenn dem Bauherrn dazu eine Befreiung tatsächlich erteilt worden ist; das bloße Vorliegen einer Befreiungslage genügt hingegen nicht (vgl. OVG RP, Beschluss vom 5. Februar 2010 – 1 B 11356/09.OVG –, DVBl. 2010, 659 und juris, Rn. 4).
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Im Übrigen hat die Beklagte inzwischen den Antrag des Klägers auf Befreiung mit Bescheid vom 12. Januar 2011 abgelehnt. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides bestehen nicht. Der oben dargelegte Schutzzweck der nachbarschützenden Textfestsetzung, von der befreit werden sollte, stellt vielmehr ersichtlich einen Grundzug der Planung im Sinne von § 31 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB dar, was einer Befreiungserteilung hier von vornherein entgegensteht.
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4. Die Beigeladenen haben schließlich ihr nachbarliches Abwehrrecht nicht verwirkt.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet Verwirkung (im materiell-rechtlichen Sinne) als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben, namentlich gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens, erscheinen lassen (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – 4 C 4.89 –, NVwZ 1991, 1182 und juris, Rn. 22, m.w. Rechtsprechungsnachweisen). Danach setzt die Verwirkung einen gewissen Zeitablaut („Zeitmoment“) und als „Umstandsmoment“ jedenfalls eine Vertrauensgrundlage und einen Vertrauenstatbestand voraus (vgl. dazu auch de Vivie/Barsuhn, Baurecht 1995, S. 492, 494). Mithin kommt die Verwirkung des materiellen Abwehrrechts eines Nachbarn gegen ein genehmigtes Bauvorhaben in Betracht, wenn der Nachbar in Kenntnis der Erteilung einer Baugenehmigung oder im Falle des Kennenmüssens ihrer Erteilung über längere Zeit untätig geblieben ist, dieses Verhalten des Nachbarn Grundlage für die Entstehung des Vertrauens des Bauherrn in das Ausbleiben von Nachbareinwendungen ist und der Bauherr aufgrund dieses Vertrauens von der Baugenehmigung Gebrauch gemacht, namentlich vermögenswirksame Dispositionen getroffen hat, deren Rückgängigmachung oder Verlust ihm nicht zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 – IV C 2.72 –, BVerwGE 44, 294 und juris, Rn. 24 ff.; Beschluss vom 28. August 1987 – 4 N 3.86 –, BVerwGE 78, 85 und juris, Rn. 13 ff.; Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 21 ff.; Beschluss vom 16. März 2010 – 4 B 5.10 –, juris, Rn. 8; zusammenfassend in der Literatur: de Vivie/Barsuhn, a.a.O., 492 ff. und Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 12. Aufl. 2010, § 33, Rn. 11 ff.).
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Diese Voraussetzungen liegen hier indessen nicht vor.
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a. Dabei kann zunächst offenbleiben, ob nicht bereits das „Zeitmoment“ hier nicht gegeben ist. Was die „längere Zeit“ angeht, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies dem Berechtigten möglich gewesen wäre, steht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls fest, dass der maßgebliche Zeitraum der Untätigkeit des Berechtigten deutlich länger zu bemessen ist als die Zeit, die dem Berechtigten gemäß den im Regelfall geltenden verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfsfristen für die Geltendmachung seines Rechts eingeräumt ist; ein Abwehrrecht des Nachbarn gegen eine durch Erteilung einer Baugenehmigung zugelassene Nutzung eines benachbarten Grundstücks kann demnach nicht schon dann verwirkt sein, wenn der Nachbar nur während der regulären Monatsfrist für die Erhebung eines Widerspruchs gemäß §§ 70, 58 Abs. 1 VwGO, die ihm selbst bei ordnungsgemäßer Zustellung der Baugenehmigung mit Rechtsbehelfsbelehrung zustehen würde, seine Abwehrposition nicht gegenüber dem Bauherrn geltend gemacht hat; eine Verwirkung des materiellen Abwehrrechts kommt vielmehr in Fällen dieser Art erst dann in Betracht, wenn der Berechtigte deutlich länger als einen Monat untätig geblieben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 22). Jedenfalls beginnt der Verwirkungszeitraum erst nach Erlangung zuverlässiger Kenntnis des Nachbarn von der (tatsächlich erfolgten) Erteilung der Baugenehmigung bzw. im Zeitpunkt des sich Aufdrängens der Kenntnis hiervon (vgl. de Vivie/Barsuhn, a.a.O., S. 494), so dass es auf die vom Kläger hervorgehobene Presseberichterstattung schon ab Februar 2009 über eine baldige Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ am neuen Standort nicht ankommen kann.
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Zwar ist vorliegend einerseits festzustellen, dass die Beigeladenen bis zur Einlegung ihres Widerspruchs mit Schreiben vom 8. September 2009 immerhin fast fünf Monate seit der Erteilung der Baugenehmigung vom 16. April 2009, über die sie wohl zeitnah Kenntnis hatten oder – schon wegen der Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ bereits am 18. April 2009 – jedenfalls Kenntnis haben mussten, abgewartet haben. Andererseits sind die Beigeladenen in dieser Zeit nicht vollständig untätig geblieben. Sie haben sich vielmehr bereits wenige Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung und Aufnahme des Betriebs der „Musikwerkstatt“ mit Beschwerden über unzuträgliche Auswirkungen des Betriebs auf ihre Wohnnutzung zunächst (telefonisch) an den Kläger persönlich, danach – im Rahmen einer Sammelbeschwerde mit Schreiben vom 12. Mai 2009 – an die Beklagte gewandt. Letztlich bedarf die Frage, ob angesichts der zwischenzeitlichen Beschwerden der Beigeladenen über störende Auswirkungen des Vorhabens noch von einer „längeren Zeit“ der Nichtausübung ihres Nachbarrechts ausgegangen werden kann, keiner Entscheidung, weil jedenfalls das Umstandsmoment als weitere Voraussetzung einer Verwirkung nicht vorliegt.
- 67
b. Zweifelhaft ist – wie sich im Grunde schon aus dem Vorstehenden ergibt – bereits das Bestehen einer hinreichenden Vertrauensgrundlage auf Seiten des Klägers.
- 68
Wie dargelegt, setzt die Verwirkung neben dem bloßen Zeitablauf als Umstandsmoment zunächst voraus, dass der Verpflichtete (Bauherr) aufgrund eines Verhaltens des Berechtigten (Nachbar) darauf vertrauen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. allgemein zur Verwirkung BVerwG, Urteil vom 22. August 2007 – 8 C 6.06 –, juris, Rn. 20; s.a. de Vivie/Barsuhn, a.a.O., S. 495). Aufgrund der besonderen Pflichten im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis kann bereits eine bloße Untätigkeit des Nachbarn genügen, wenn sie vom Bauherrn als eine dem aktiven Tun des Nachbarn (Zustimmung) gleichzusetzende Duldung des Vorhabens verstanden werden konnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 1989 – 4 B 28.89 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 87). Der Nachbar muss, um seiner Verpflichtung aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis nachzukommen, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder einen Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten, nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. März 1988 – 4 B 50.88 –, NVwZ 1988, 730 und juris, Rn. 4). Zwar bedarf es insoweit nicht der Einhaltung der Schriftform wie beim Widerspruch selbst; auch können Beschwerden gegenüber den zuständigen Behörden im Einzelfall genügen, wenn der Berechtigte davon ausgehen kann, dass sie gleichsam automatisch auch dem Verpflichteten bekannt werden; regelmäßig wird allerdings nur die Geltendmachung des Rechts unmittelbar gegenüber dem Verpflichteten den durch Untätigkeit des Berechtigten entstehenden Eindruck, dieser werde sein Recht nicht (mehr) geltend machen, ausreichend entgegenwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 25).
- 69
Danach ergibt sich hier folgendes Bild: Zwar haben die Beigeladenen – nach eigenem, vom Kläger nicht ausdrücklich bestrittenen Bekunden – bereits im April 2009 diesem gegenüber telefonisch Beschwerden wegen nächtlicher Lärmbelästigungen vorgebracht. Danach haben sie sich mit weiteren Beschwerden allerdings nur noch an die Beklagte gewandt, wobei das von ihnen mitunterzeichnete Sammelbeschwerdeschreiben vom 12. Mai 2009 offenbar nicht unmittelbar dem Kläger zur Kenntnis gebracht wurde; dieser wurde aber immerhin mit Schreiben der Beklagten vom 19. Juni 2009 generell über das Vorliegen von Nachbarbeschwerden wegen Lärmbelästigungen informiert. Zwar haben die Beigeladenen mit ihren Beschwerden über bestimmte Auswirkungen des genehmigten Betriebs das Vorhaben nicht ausdrücklich grundsätzlich in Frage gestellt; dessen bauplanungsrechtliche Zulässigkeit haben sie erst mit dem anwaltlichen Schreiben vom 14. Juli 2009 an die Beklagte hinterfragt, über das aber offenbar der Kläger nicht informiert wurde. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die Beigeladenen mit ihren Beschwerden namentlich über das störende Verhalten von Gästen der „Musikwerkstatt“ beim nächtlichen Zu- und Abgang zu dieser Einrichtung Klage über nutzungsarttypische Belästigungen durch den Betrieb einer Vergnügungsstätte geführt haben. Danach spricht bereits viel dafür, dass bei dem Kläger schon aufgrund der nachhaltigen Geltendmachung von Beschwerden über solche störenden Auswirkungen des Vorhabens, die für die von ihm gewählte Nutzungsart typisch sind, keine Vertrauensgrundlage dahin entstehen konnte, dass die betroffenen Nachbarn keine nachbarlichen Abwehrrechte gegen das Vorhaben als solches mehr geltend machen würden.
- 70
c. Jedenfalls fehlt es aber auf Seiten des Klägers an einem Vertrauenstatbestand.
- 71
Schon aus seinen eigenen Einlassungen und den vorgelegten Aufstellungen und Rechnungsbelegen ergibt sich, dass er den weit überwiegenden Teil seiner Investitionen in das Vorhaben nicht aufgrund eines Vertrauens in das Ausbleiben von Nachbarwidersprüchen gegen die Baugenehmigung vom 16. April 2009 getätigt haben kann.
- 72
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Verwirkung des materiellen nachbarlichen Abwehrrechts neben dem Zeitmoment und dem Bestehen einer Vertrauensgrundlage weiter voraus, dass der Verpflichtete (Bauherr) tatsächlich darauf vertraut hat, dass der Berechtigte (Nachbar) sein Recht nicht mehr ausüben werde, und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. z.B. Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 28, m.w.N.). Die Verwirkung erfordert mithin eine kausale Verknüpfung zwischen der verzögerten Geltendmachung des Abwehrrechts durch den Nachbarn und bestimmten Maßnahmen bzw. vermögenswirksamen Dispositionen des Bauherrn (vgl. de Vivie/Barsuhn, a.a.O., S. 495; Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., Rn. 15). Ist der Bauherr daher nicht durch die – längere Zeit andauernde – Untätigkeit des Nachbarn und im Hinblick auf ein dadurch geschaffenes Vertrauen zu seinen Baumaßnahmen veranlasst worden, sondern hat er unabhängig davon eine ihm erteilte Genehmigung von sich aus sofort in vollem Umfang ausgenutzt und weitgehende, mit erheblichem Kapitaleinsatz verbundene Schritte unternommen, so kann auch eine längere Untätigkeit des Nachbarn, die solchen Dispositionen des Bauherrn nachfolgt, nicht mehr zur Verwirkung der nachbarlichen Abwehrrechte führen; mithin scheidet eine spätere Verwirkung insbesondere dann aus, wenn zu einem Zeitpunkt, als die Untätigkeit des Nachbarn begann, die für eine Verwirkung erhebliche zeitliche Mindestdauer zu erreichen, der Bauherr sein Vorhaben im Wesentlichen schon verwirklicht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O., Rn. 28).
- 73
Letzteres ist hier anzunehmen: Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Aufstellungen ergibt, hat er den – vom Volumen sowohl der angeführten Materialkosten als auch der aufgelisteten Arbeitsstunden her – weit überwiegenden Teil der Umbau-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur (durch die angefochtene Genehmigung ermöglichten) Wiedereröffnung der „Musikwerkstatt“ bereits in den Monaten Februar und März 2009, also vor Erteilung der Baugenehmigung vom 16. April 2009, zum Teil sogar vor Stellung seines Bauantrags vom 9. März 2009, kostenwirksam vorgenommen. Für einen weiteren, nicht unerheblichen Teil der aufgewendeten Materialkosten und Arbeitsstunden wird ohne nähere Differenzierung angegeben, sie seien im gesamten Zeitraum zwischen Februar bzw. März und August bzw. September 2009 angefallen; abgesehen davon, dass das Vorbringen des Klägers insoweit kaum den Mindestanforderungen an eine substantiierte Darlegung eines Vertrauenstatbestandes genügt, folgt auch aus diesen Zeitangaben, dass zumindest ein Teil dieser Aufwendungen bereits vor Bauantragstellung oder jedenfalls Baugenehmigung bzw. in einer Zeitphase getätigt wurde, in der die Untätigkeit der Beigeladenen noch in die ihnen mindestens zuzugestehende „Überlegungsfrist“ von einem Monat nach Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Baugenehmigungserteilung fiel. Ebenfalls unerheblich für die Frage einer Verwirkung sind die für den Monat Mai 2009 angegebenen Aufwendungen für die „Verlegung von Böden“, da sie entweder vollständig oder jedenfalls ganz überwiegend innerhalb der Monatsfrist ab Kenntnis bzw. Kennenmüssen des Erlasses der Baugenehmigung vom 16. April 2009 getätigt wurden, vor deren Ablauf nach der genannten Rechtsprechung der Verwirkungszeitraum und damit die Zeitspanne, in der ein schutzwürdiges Vertrauen in die Nichtausübung eines Abwehrrechts überhaupt erst entstehen kann, noch nicht begonnen hatte. Es verbleiben danach lediglich die Aufwendungen in den Monaten August bzw. – nach Angaben des Klägers – „im August/September 2009“; diese sind jedoch schon vom Umfang her so geringfügig (1.130,50 € bzw. 61 Arbeitsstunden), dass sie lediglich ein weiteres Indiz dafür bilden, dass der Kläger das genehmigte Vorhaben vorher im Wesentlichen bereits verwirklicht hatte. Darüber hinaus ist von der Art der Maßnahmen her („Büroerrichtung“, „Installation ortsunveränderlicher Deko-Elemente“) nicht eindeutig, ob es sich insoweit nicht um Investitionen gehandelt hat, deren Rückgängigmachung dem Kläger zumutbar wäre, weil er die betreffenden Gegenstände in seinen weiteren Lokalitäten wieder verwenden könnte. Die in der allenfalls kritischen Zeitspanne ab Anfang Juni 2009 bis zur Widerspruchseinlegung im September 2009 getätigten, wie dargelegt relativ geringfügigen weiteren Investitionen sind daher nach Art und Umfang nicht geeignet, die förmliche Geltendmachung des materiellen Abwehrrechts mit dem Widerspruch vom 8. September 2009 als treuwidrig erscheinen zu lassen.
- 74
Bestätigt wird die Einschätzung, dass der Kläger sein Vorhaben im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung und damit ohne die erforderliche kausale Verknüpfung mit einem Verhalten der Beigeladenen im Wesentlichen bereits verwirklicht hatte, im Übrigen durch die Tatsache, dass er den Betrieb der „Musikwerkstatt“ bereits am 18. April 2009 am heutigen Standort wieder aufgenommen und in der Folgezeit offenbar ohne nennenswerte Einschränkungen durchgehend fortgeführt hat.
- 75
Steht danach fest, dass es zumindest an einem Vertrauenstatbestand für die Annahme einer Verwirkung des materiellen Abwehrrechts der Beigeladenen fehlt, so kommt es auf die weiteren Rügen der Beklagten und der Beigeladenen hinsichtlich einer unklaren Zuordnung von Kostenbelegen zu Investitionen für die „Musikwerkstatt“ und zur mangelnden Substantiierung der aufgelisteten Arbeitsstunden nach Grund, Höhe und Bewertung nicht entscheidungserheblich an. Der Senat brauchte somit den diesbezüglichen Beweisangeboten der Beigeladenen im Schriftsatz vom 19. Mai 2011 nicht nachzugehen.
- 76
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
- 77
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 167 Abs. 2, 708, 711 ZPO.
- 78
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
- 79
Beschluss
- 80
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2007 - 6 K 2270/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. Oktober 2010 - 5 K 1991/10 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.