Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 06. Juli 2015 - 15 E 3047/15

bei uns veröffentlicht am06.07.2015

Tenor

Der Antrag vom 29. Mai 2015 auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin nach einem Streitwert von 1.200 €.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine Rechtsanwältin, begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine Fahrtenbuchauflage.

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Am 4. Juli 2014 um 18:05 Uhr überschritt ausweislich des Fahrerfotos ein männlicher Fahrer mit dem auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeug des Typs Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen HH-..., in der Gemarkung E auf der B 209, km 22,475, in Fahrtrichtung Soltau die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 29 km/h. Zulässig waren 80 km/h, festgestellt wurde nach Toleranzabzug eine Geschwindigkeit von 109 km/h.

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Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 und Erinnerungsschreiben vom 15. August 2014 forderte der Landkreis Lüneburg die Antragstellerin als Zeugin im Ordnungswidrigkeitsverfahren Az. ... auf, den für die Geschwindigkeitsübertretung verantwortlichen Fahrer ihres Fahrzeugs zu benennen.

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Mit Schreiben vom 26. August 2014 teilte die Antragstellerin dem Landkreis Lüneburg mit, dass sie die Verteidigerin des Fahrzeugführers sei und sich deshalb auf ihr anwaltliches Zeugnisverweigerungsrecht berufe.

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Mit Schreiben vom 3. September 2014 ersuchte der Landkreis Lüneburg die Antragsgegnerin, die Halterin des Kraftfahrzeugs nach dem Fahrer zu befragen.

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Am 5. September 2014 suchte ein Bediensteter des Polizeikommissariats 33 die Meldeanschrift der Antragstellerin auf. Dort waren weder die Antragstellerin noch ein Nachbar anzutreffen. Mit Schreiben vom gleichen Tage lud die Antragsgegnerin zwecks Fahrerermittlung die Antragstellerin für den 11. September 2014 um 10:15 Uhr zur Zeugenvernehmung vor. Die Vorladung blieb erfolglos.

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Am 12. September 2014 begab sich der Bedienstete erneut zur Wohnung der Antragstellerin und traf eine Nachbarin an, die den Fahrer auf dem Foto aber nicht erkannte. Sodann öffnete die Antragstellerin die Tür und bat den Bediensteten herein. Sie berief sich abermals auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, weil es sich beim Fahrer um einen Mandanten handele, und sagte aus, sie habe die Vorladung vom 5. September 2014 nicht erhalten, da sie ihren Briefkasten nur unregelmäßig leere.

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Am 7. Oktober 2014 stellte der Landkreis Lüneburg das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den unbekannt gebliebenen Fahrer ein.

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Mit Bescheid vom 21. April 2015, zugestellt am 24. April 2015, ordnete die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... oder ein an dessen Stelle verwendetes Fahrzeug ab dem 12. Mai 2015 für einen Zeitraum von 6 Monaten eine Fahrtenbuchauflage an. Für den Fall, dass beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs beantragt werde, beginne abweichend hiervon der Zeitraum der Führung des Fahrtenbuches zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft einer ablehnenden Eilentscheidung. Das Fahrtenbuch sei in der 35., 44. und 53. Kalenderwoche des Jahres 2015 beim zuständigen Polizeikommissariat 33 vorzulegen. Zudem wurde für den Fall, dass kein oder kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit dem Fahrzeug am 4. Juli 2014 die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 80 km/h um 29 km/h, also um mehr als 30 %, überschritten worden sei. Dies stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen der Verkehrssicherheit dienende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung dar, der eine Fahrtenbuchauflage rechtfertige. Die Feststellung der Identität des verantwortlichen Fahrzeugführers sei den Ermittlungsbehörden nicht möglich gewesen. Weitere Ermittlungen seien von der Polizei nicht zu verlangen. Die Ermittlungen hätten sich an den Aussagen und Einwänden des Betroffenen auszurichten. Die Antragstellerin habe die Pflicht gehabt, an der Fahrerermittlung mitzuwirken. Sie habe jedoch keine Stellungnahme zu dem Verkehrsverstoß abgegeben, die Ansatz für weitere Ermittlungen hätte geben können. Aufgrund ihres Verhaltens sei zu befürchten, dass bei einem erneuten Verkehrsverstoß mit ihrem Fahrzeug der Fahrer wiederum nicht festgestellt werden könne. Um dieses zu vermeiden, sei eine Fahrtenbuchauflage der hier verfügten Dauer ein angemessenes und zumutbares Mittel. Ferner ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Bescheides an: Angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials des zu Grunde liegenden Verkehrsverstoßes erscheine es im Interesse der Verkehrssicherheit als nicht sachgerecht, wenn das Fahrtenbuch erst nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu führen wäre. Denn im Interesse der Allgemeinheit und der Gefahrenabwehr für andere Verkehrsteilnehmer sei es unabdingbar, den verantwortlichen Fahrzeugführer unverzüglich ermitteln zu können.

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Am 22. Mai 2015 legte die Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin Widerspruch ein: Der für die Geschwindigkeitsüberschreitung verantwortliche Fahrer sei Herr a gewesen, den sie aufgrund ihrer Eigenschaft als seine Verteidigerin nicht habe benennen können. Insoweit berufe sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 S. 1 StPO. Andernfalls hätte sie sich gegenüber ihren Mandanten wegen Verletzung ihrer Pflichten aus dem Mandatsverhältnis haftbar gemacht. Außerdem könne sich der Verdacht des Parteiverrats und der Verletzung von Geheimnissen ergeben. Eine Offenlegung der Person des Fahrzeugführers sei daher nicht in Betracht gekommen. Da sie sich nur rechtmäßig verhalten habe, könne sie nicht mit einer Fahrtenbuchauflage belegt werden.

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Am 29. Mai 2015 hat die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21. April 2015 wiederherzustellen. Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend macht sie geltend, dass ihr Widerspruch leerlaufen würde, wenn die sofortige Vollziehung, an der es jedenfalls kein vorrangiges öffentliches Interesse gebe, nicht ausgesetzt würde.

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Die Antragsgegnerin tritt dem Begehren entgegen und macht geltend: Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechte stünden der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen, da es sich um eine präventive Maßnahme handele, um künftige Verstöße gegen Vorschriften des Straßenverkehrs zu ahnden und zu verhindern. Die Fahrtenbuchanordnung umgehe weder das Zeugnisverweigerungsrecht, noch höhle es dieses aus, da ein Zeugnisverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeitsverfahren respektiert werde. Im Übrigen erstrecke sich das Zeugnisverweigerungsrecht einer Rechtsanwältin gar nicht auf ihre private Sphäre, der die Nutzungsüberlassung ihres Fahrzeugs an einen Dritten zuzuordnen sei.

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Hierauf erwidert die Antragstellerin, dass sie nicht ihr privates Fahrzeug an einen Dritten überlassen habe. Vielmehr habe es sich um das betriebliche Fahrzeug gehandelt, dass ihre Anwaltskanzlei zur ständigen Nutzung an einen Mitarbeiter im Rahmen seines Arbeitsvertrages überlassen habe. Das Zeugnisverweigerungsrecht erstrecke sich hier eindeutig auf den Namen des Fahrzeugführers, da ihm dieser in Ausübung ihrer anwaltlichen Tätigkeit bekannt geworden sei. Als sie den betroffenen Mitarbeiter nach Eingang des Zeugenfragebogens auf den Vorgang angesprochen habe, habe dieser sie beauftragt, ihn in dem eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren zu vertreten. Diesen Auftrag habe sie angenommen, so dass sie bezüglich seiner Person als Täter der Ordnungswidrigkeit der anwaltlichen Schweigepflicht unterliege. Im Übrigen erscheine es als unzulässig, dass bei einem Dienstfahrzeug, das ausdrücklich nur von einem Mitarbeiter genutzt werde, die Fahrtenbuchauflage gegenüber dem Halter verhängt werde. Ihr Mitarbeiter sei auch berechtigt, das Fahrzeug für private Fahrten zu nutzen. Hiernach könne sie jedoch nicht fragen, da dies eine unzulässige Ausspähung der Privatangelegenheiten des Mitarbeiters wäre und damit einen Verstoß gegen den Datenschutz und das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Mitarbeiters darstelle. Im Übrigen sei durch nichts erwiesen, dass ein Fahrtenbuch tatsächlich Gefahren vom Straßenverkehr abwenden könne.

II.

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Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, hat aber sowohl hinsichtlich der Fahrtenbuchauflage(unten 1.) als auch hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzung (unten 2.) in der Sache keinen Erfolg.

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1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage ist formell rechtmäßig (unten a.). Auch überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs (unten b.).

16

a. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend begründet. Angesichts des Gewichts des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes und der Gefahren, die von solchen – mangels Ermittlung des Fahrzeugführers nicht sanktionierten – Verstößen für die Sicherheit des Straßenverkehrs und die körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer ausgehen, musste die Antragsgegnerin nicht stärker auf die Umstände des konkreten Einzelfalls eingehen (vgl. entsprechend OVG Hamburg, Beschluss vom 22.5.2013, 4 Bs 122/13; vgl. ähnlich BayVGH, Beschluss vom 30.8.2011, 11 CS 11.1548, juris Rn. 36 ff.).

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b. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich veranlassten summarischen Prüfung überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin daran, bis auf weiteres kein Fahrtenbuch führen zu müssen. Die angefochtene Fahrtenbuchauflage ist aller Voraussicht nach rechtmäßig (unten aa.). Zudem besteht ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage (unten bb.).

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aa. Die angegriffene Verfügung wird aller Voraussicht nach im Hauptsacheverfahren Bestand haben.

19

Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist eine Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs. Mit ihr soll in Ergänzung der Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht dafür Sorge getragen werden, dass anders als in dem Fall, der Anlass zur Auferlegung eines Fahrtenbuchs gegeben hat, künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist (vgl. grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 23.4.1971, VII C 66.70, juris Rn. 12). Sofern die Antragstellerin demgegenüber Zweifel daran äußert, dass eine Fahrtenbuchauflage die Verkehrssicherheit steigern könne, hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 7. Dezember 1981 (2 BvR 1172/81, NJW 1982, 568, juris Rn. 5) solche als abwegig erachtet, da die Vorlage eines Fahrtenbuches regelmäßig den verantwortlichen Fahrer ausweisen könne. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 31a StVZO hatte das Gericht entsprechend keine Bedenken(BVerfG a. a. O., juris Rn. 2 ff.).

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aaa. Die Antragstellerin war zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen Verkehrsverstoßes unstreitig und unzweifelhaft Halterin des Fahrzeugs, mit dem am 4. Juli 2014 eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften begangen wurde. Nach Abzug des Toleranzwertes ergab sich ausweislich des Messprotokolls und des Beweisfotos der Geschwindigkeitsmessanlage eine Überschreitung der dort außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 29 km/h.

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bbb. Die Feststellung des damaligen Fahrzeugführers war innerhalb der Verjährungsfrist nicht möglich. Die in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO geforderte Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers ist anzunehmen, wenn die Polizei nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie hierfür angemessene und zumutbare Maßnahmen ergriffen hat(vgl. m. w. N. z. B. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982, BVerwG 7 C 3/80, VRS 64, 466 ff., juris Rn. 7). Dies war hier der Fall:

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Zu den notwendigen angemessenen und zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen gehört zunächst grundsätzlich die unverzügliche, d.h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen erfolgende Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung, damit der Halter die Frage, wer das Fahrzeug zur Tatzeit geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.6.1987, 7 B 139/87, Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 17, juris Rn. 2). Diese Frist dürfte hier eingehalten worden sein. Zudem hatte sie für die Ermittlung des verantwortlichen Fahrers keinerlei Bedeutung, da dieser der Antragstellerin bekannt war (vgl. grundlegend BVerwG, Beschluss vom 23.12.1996, 11 B 84/96, juris Rn. 3; OVG Hamburg, Beschluss vom 30.4.2013, 4 Bf 122/12.Z).

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Nicht nur die Polizei, sondern auch der Fahrzeughalter hat an der Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes soweit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Zu seinen Obliegenheiten gehört es insbesondere, dass er den ihm bekannten oder auf einem vorgelegten Fahrerfoto erkannten Fahrzeugführer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingegrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005, 8 A 280/05, juris Rn. 25; BayVGH, Beschluss vom 6.5.2010, 11 ZB 09.2947, juris Rn. 3).

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Die Antragstellerin hat sich insoweit bis zum Eintritt der Verjährung der Ordnungswidrigkeit auf ihr anwaltliches Zeugnisverweigerungsrecht berufen (§ 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO). Sofern – wovon in diesem Eilverfahren zu Gunsten der Antragstellerin ausgegangen wird – es zutrifft, dass der verantwortliche Fahrer sie nach Bekanntwerden seiner Ordnungswidrigkeit als Rechtsanwältin mandatiert hat, unterliegt dies Zeugnisverweigerungsrecht keinen Bedenken.

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Die Ermittlungsbehörde muss durch sachgerechten und rationellen Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen treffen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg versprechen. Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit an den Angaben des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab oder bezeichnet er absichtlich einen falschen Fahrzeugführer, so ist es der Polizei grundsätzlich nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende weitere Ermittlungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982, BVerwG 7 C 3/80, juris Rn. 7; m.w.N. OVG Hamburg, Beschluss vom 30.4.2013, 4 Bf 122/12.Z; vgl. auch Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 5). Es besteht mithin eine Wechselwirkung zwischen der erbrachten Mitwirkung des Fahrzeughalters und der Ermittlungspflicht der Behörde.

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Die Antragsgegnerin hat, hieran gemessen, nicht zu wenig Ermittlungsaufwand geleistet. Nachdem die Antragstellerin sich auf ihr anwaltliches Zeugnisverweigerungsrecht berufen hatte und auch ihre Nachbarn den verantwortlichen Fahrer nicht identifiziert hatten, waren weitere Erfolg versprechende und zumutbare Erkenntnisquellen nicht ersichtlich. Insbesondere waren auch keine Ermittlungen in der Rechtsanwaltskanzlei der Antragstellerin erforderlich, da Rechtsanwälte aufgrund von § 2 Abs. 4 und 5 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) ihre Mitarbeiter zur Verschwiegenheit verpflichten müssen, so dass nicht zu erwarten war, dass diese Aussagen über den verantwortlichen Fahrer gemacht hätten.

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ccc. Das ihr durch § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO eingeräumte Ermessen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO.

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(a) Insbesondere war es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin hier nicht von einer Fahrtenbuchauflage abgesehen hat, weil die Antragstellerin Rechtsanwältin ist und deshalb den besonderen Schutz von Berufsgeheimnisträgern genießt, insbesondere nach § 43a Abs. 2 BRAO einer anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt und nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO im Rahmen ihrer anwaltlichen Tätigkeit ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend machen kann.

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Der Halter eines Kraftfahrzeuges, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, ist rechtlich nicht gehindert, von einem etwaigen Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren Gebrauch zu machen; er muss dann allerdings die Auflage in Kauf nehmen, ein Fahrtenbuch zu führen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Ein „doppeltes Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht (vgl. grundlegend BVerwG, Beschluss vom 22.6.1995, 11 B 7/95, juris Rn. 3 f.; im Anschluss daran z.B. OVG Hamburg, Beschluss vom 8.3.2012, 4 Bs 12/12; vgl. ferner m. w. N. aus der Rechtsprechung Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 7). Es widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.

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Dies gilt auch für Rechtsanwälte, obwohl diese nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Verschwiegenheit haben. Die anwaltliche Betätigung eines Fahrzeughalters steht der Führung und Vorlage eines Fahrtenbuchs nicht entgegen, so dass ein Rechtsanwalt, der sich vor die Alternative gestellt sieht, den Namen eines Mandanten preiszugeben oder aber ein Fahrtenbuch zu führen, nicht in eine unlösbare Konfliktsituation gedrängt wird.

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Durch die Vorlage eines Fahrtenbuchs werden Rechtsanwälte nicht gezwungen, ihre aus § 43a BRAO folgende Verschwiegenheitspflicht zu verletzen.

32

Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt gerade in Ausübung seines Berufs als Anwalt bekannt geworden ist (BVerwG, Urteil vom 13.12.2011, 8 C 24/10, juris Rn. 21). Hintergrund des Schutzes anwaltlicher Verschwiegenheit ist der Umstand, dass es dem Rechtsanwalt als berufenem unabhängigem Berater obliegt, seinem Mandanten umfassend beizustehen. Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass zwischen Anwalt und Mandant ein Vertrauensverhältnis besteht. Integrität, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit des Anwalts sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann (BVerfG, Urteil vom 30.3.2004, 2 BvR 1520/01, BVerfGE 110, 26 ff., juris Rn. 101; BVerwG, Urteil vom 13.12.2011, 8 C 24/10, juris Rn. 28).

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Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit gilt nicht ausnahmslos. Neben spezialgesetzlich geregelten Ausnahmen im Sinne von § 2 Abs. 3 BORA sind Ausnahmen auch dann zugelassen, wenn sie ihre Grundlage in einer allgemeinen, nicht berufsspezifischen Regelung finden, die das Gesetz jedermann oder einer nicht nach dem Beruf abgegrenzten Gruppe auferlegt. Diese Auskunftspflichten treffen grundsätzlich auch Rechtsanwälte (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011, 8 C 24/10, juris Rn. 25). Hierzu gehört auch die Verpflichtung zur Führung und Vorlage eines Fahrtenbuchs. Dieser stehen keine hinreichend gewichtigen Gründe entgegen:

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Sofern ein Rechtsanwalt sein privates Kraftfahrzeug an Dritte verleiht, betrifft dieses ohnehin nicht seine Tätigkeit als Rechtsanwalt, so dass die Führung eines Fahrtenbuchs schon aus diesem Grund nicht die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berühren kann (vgl. dazu VG Köln, Urteil vom 8.10.2010, 18 K 3922/10, juris Rn. 27).

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Selbst wenn ein Rechtsanwalt sein Fahrzeug einem Mandanten überlässt und deshalb dessen Namen als verantwortlichen Fahrzeugführer in seinem Fahrtenbuch notieren muss, berührt dies die anwaltliche Verschwiegenheit nicht. Vertrauensbedürftig ist zwar bereits die Tatsache, dass ein Mandant überhaupt anwaltlichen Rat sucht. Das Fahrtenbuch verlangt jedoch keine Angabe zum Verhältnis zwischen dem Halter und dem Fahrzeugführer. Und allein der aus dem Fahrtenbuch ersichtliche Umstand, dass ein Dritter ein Fahrzeug eines Rechtsanwalts führt oder geführt hat, besagt nichts darüber, ob ein Mandatsverhältnis besteht oder bestanden hat (VG Köln a. a. O., juris Rn. 35). Denn üblicherweise nutzen Angehörige oder Mitarbeiter das Fahrzeug eines Rechtsanwalts. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mandant des Rechtsanwalts mit dessen Fahrzeug im Straßenverkehr auffällt, dürfte hingegen äußerst gering sein.

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Auch wenn ein Rechtsanwalt - was hier geltend gemacht wird - ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug dauerhaft einem Mitarbeiter der Kanzlei überlässt, berührt die Eintragung dieser Person in einem Fahrtenbuch nicht die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Anknüpfungspunkt der Eintragung ist hier lediglich der Umstand, dass der verantwortliche Fahrer in einem Arbeitsverhältnis zum Rechtsanwalt steht und in diesem Rahmen das Kanzleifahrzeug benutzen darf. Die Fahrtenbucheintragung betrifft damit nicht unmittelbar die durch die Verschwiegenheitspflicht geschützte anwaltliche Tätigkeit des Fahrzeughalters, sondern seine Rolle als Arbeitgeber, hinsichtlich derer er sich nicht von anderen Berufsgruppen unterscheidet.

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Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht, die Teil der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit der Berufsausübung ist(BVerwG, Urteil vom 13.12.2011, 8 C 24/10, juris Rn. 28), dürfte deshalb nur dann berührt werden können, wenn der Fahrer des ihm vom Anwalt überlassenen Kraftfahrzeugs unerkannt eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat damit begeht und hinsichtlich dieser anschließend den Fahrzeughalter als Verteidiger beauftragt. Für diesen Fall geriete die Pflicht des Anwalts, das Fahrtenbuch ordnungsgemäß zu führen und bei Bedarf vorzulegen, in Widerstreit mit seiner Verschwiegenheitspflicht, da er seinen Mandanten nicht ohne dessen Einwilligung als Täter preisgeben darf. Entsprechend könnte er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, da Zeugen berechtigt sind, die Vorlage von Urkunden zu verweigern, aus denen sich durch ihr Zeugnisverweigerungsrecht geschützte Tatsachen ergeben (vgl. für ein Fahrtenbuch entsprechend zum Steuerrecht BFH, Urteil vom 14.5.2002, IX R 31/00, juris Rn. 16), wie diese nach § 97 Abs. 1 StPO auch vor Beschlagnahme geschützt sind.

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Auf der Hand liegt, dass dieser weit reichende prospektive Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheit einen Anreiz dafür schaffen könnte, eine Verschwiegenheitspflicht im Konfliktfall erst zu begründen oder sogar nur zu behaupten, dass der betroffene Fahrer den Fahrzeughalter als Anwalt beauftragt hat, damit der Anwalt weder eine belastende Zeugenaussage machen noch das Fahrtenbuch vorlegen muss. Fahrtenbuchauflagen gegenüber Rechtsanwälten würden jedoch ihre Funktion einbüßen, wenn Anwälte sich ihrer Vorlagepflicht ohne weiteres dadurch entziehen könnten, dass sie geltend machen, sie könnten das Fahrtenbuch nicht vorlegen, weil dort ein Mandant notiert sei, der mit ihrem Fahrzeug einen Verkehrsverstoß begangen habe. Eine ganze Berufsgruppe könnte sich auf diese Weise dem Instrumentarium der Fahrtenbuchauflage entziehen.

39

Ein solches widerspräche dem Sinn und Zweck des § 31a StVZO, einer Vorschrift, die legitime Gründe des allgemeinen Wohls verfolgt und deshalb grundsätzlich geeignet ist, auch das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Berufsausübung einzuschränken(vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011, 8 C 24/10, juris Rn. 31). Die Pflicht zur Führung und Vorlage eines Fahrtenbuchs auch durch Rechtsanwälte ist in gleicher Weise geeignet und erforderlich wie bei anderen Kraftfahrzeughaltern. Sie greift auch nicht unangemessen in das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Berufsausübung ein, da es einem Rechtsanwalt ohne weiteres zumutbar ist, auf das Mandat eines Fahrers, der mit seinem Fahrzeug einen Verkehrsverstoß begangen hat, zu verzichten, weil dieses einen unvereinbaren Konflikt zwischen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht und der Pflicht zur Vorlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches verursachen würde. Personen, denen er sein Fahrzeug überlassen will, kann und muss er darüber unterrichten, dass bei einem etwaigen Verkehrsverstoß ihr Name aus dem Fahrtenbuch bekannt wird und dass sie dies auch nicht durch ein Verteidigermandat verhindern können. Die hieraus folgende Einschränkung ihrer freien Anwaltswahl (§ 3 Abs. 3 BRAO) müssen die verantwortlichen Fahrzeugführer aus Gründen des allgemeinen Wohls hinnehmen.

40

(b) Sofern sich die Antragstellerin dagegen wendet, dass der Fahrzeughalter auch bei einem Dienstfahrzeug, das ausschließlich von einem Mitarbeiter genutzt werde, ein Fahrtenbuch führen müsse und hierbei das Privatleben des Mitarbeiters kontrollieren könne, findet diese Besorgnis bereits in den gesetzlichen Vorgaben keine Grundlage. Denn § 31a Abs. 2 StVZO erlaubt die Führung des Fahrtenbuchs auch durch einen Beauftragten des Fahrzeughalters. Entsprechend wird der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. April 2015 auch nur auferlegt, das Fahrtenbuch persönlich oder durch eine beauftragte Person beim zuständigen Polizeikommissariat vorzulegen. Mithin kann die Antragstellerin die Führung und die Vorlage des Fahrtenbuchs allein dem Mitarbeiter überlassen, dem sie auch ihr Fahrzeug zur ausschließlichen Nutzung gibt.

41

Bei der Antragstellerin verbleibt lediglich die Verantwortung dafür, dass das Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt und auch zur Kontrolle vorgelegt wird. Hierfür ist es jedoch regelmäßig nicht erforderlich, dass sie selbst das Fahrtenbuch kontrolliert und damit Kenntnis von seinem Inhalt erhält. Sofern dem Mitarbeiter die durch das von ihm selbst provozierte Fahrtenbuch mögliche Offenlegung privater Daten nicht behagt, muss er fortan auf die private Nutzung des Fahrzeugs verzichten.

42

(c) Die angeordnete Fahrtenbuchauflage verstößt ferner nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie stellt ein geeignetes Mittel dar, um den Zweck zu erreichen, bei erneuten mit dem Fahrzeug begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten den verantwortlichen Fahrzeugführer zügig und zweifelsfrei zu ermitteln. Ein schonenderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist nicht ersichtlich.

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Auch die Dauer der Fahrtenbuchauflage von 6 Monaten erweist sich als angemessen. Sie ist entsprechend dem Gewicht der zugrunde liegenden Ordnungswidrigkeit zu bemessen. Für die Beurteilung der Schwere eines Verkehrsverstoßes darf sich die Behörde an den in Anlage 13 zur FeV geregelten Punktzahlen orientieren (vgl. m. w. N. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31 a StVZO Rn. 8). Die Geschwindigkeitsüberschreitung von im vorliegenden Fall 29 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften wäre im Verkehrs-Zentralregister mit einem Punkt zu bewerten gewesen (vgl. Ziffer 3.2.2 der Anlage 13 zu § 40 FeV und Nr. 11.3.5 des Bußgeldkatalogs). Bereits bei einer solchen sicherheitsrelevanten Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit einem Punkt bewertet wird, sieht die Rechtsprechung seit langem regelmäßig eine Fahrtenbuchauflage als gerechtfertigt an (vgl. m.w.N. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31 a StVZO Rn. 8 m.w.N; BayVGH, Beschluss vom 12.3.2014, 11 CS 14.176, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 9.9.1999, 3 B 94/99, NZV 2000, 386, juris Rn. 2). Da seit Mai 2014 eine Fahrerlaubnis bereits bei Vorliegen von 8 Punkten und nicht mehr, wie bisher, erst bei 18 Punkten zu entziehen ist (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG), hat der nach neuem Recht vergebene Punkt inzwischen sogar deutlich an Gewicht gewonnen. Der Nachweis einer konkreten Gefährdung ist bei einem derartigen nicht unwesentlichen Verstoß, der sich jedenfalls verkehrsgefährdend hätte auswirken können, für die Annahme der Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Fahrtenbuchauflage und ihrer Dauer nicht erforderlich (vgl. m.w.N. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31 a StVZO Rn. 8).

44

Hinsichtlich der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird in der Rechtsprechung auch bei einem erstmaligen Verstoß bei nur mit einem Punkt bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen von 20 km/h ein Zeitraum von 12 Monaten durchweg für noch verhältnismäßig gehalten (vgl. jew. m. w. N. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31 a StVZO Rn. 8; BayVGH, Beschluss vom 5.7.2007, 11 ZB 05.3290, juris Rn. 8). Bei einer Fahrtenbuchauflage von nur einem halben Jahr, wie sie hier verhängt wurde, bestehen deshalb keine Bedenken. Ein noch kürzerer Zeitraum wäre nicht mehr hinreichend, um den Zweck der Fahrtenbuchauflage zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.5.1995, 11 C 12/94, BVerwGE 98, 227 ff., juris Rn. 12).

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ddd. Die angegriffene Verfügung ist auch nicht insoweit zu beanstanden, als sie sich auf ein mögliches Ersatzfahrzeug bezieht. Dies folgt aus § 31 a Abs. 1 StVZO.

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eee. Auch die Aufforderung, das Fahrtenbuch zu den insoweit näher bestimmten Kalenderwochen bei der örtlich zuständigen Polizeiwache vorzulegen oder durch eine beauftragte Person vorlegen zu lassen, ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür ist § 31a Abs. 3 Buchst. a StVZO.

47

bb. Es besteht schließlich auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der nicht bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Fahrtenbuchauflage (vgl. dazu grundlegend VG Hamburg, Beschluss vom 9.1.2012, 15 E 2913/11, bestätigt durch OVG Hamburg, Beschluss vom 8.3.2012, 4 Bs 12/12; entsprechend auch OVG Hamburg, Beschluss vom 22.5.2013, 4 Bs 122/13). Von einem solchen Interesse kann aufgrund des besonderen gefahrenabwehrrechtlichen Zwecks der Fahrtenbuchauflage ausgegangen werden, auch wenn es dadurch in der Regel bereits mit dem allgemeinen Erlassinteresse übereinstimmen wird (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 4.5.2015, 1 B 66/15, juris Rn. 3). Denn die Fahrtenbuchauflage soll zum einen garantieren, dass zukünftige Verkehrsverstöße während der Dauer der Fahrtenbuchauflage geahndet werden können. Zum anderen soll sie darauf hinwirken, dass solche Verstöße künftig unterbleiben, weil es sich positiv auf die Verkehrsdisziplin eines Fahrzeugführers auswirkt, wenn er damit rechnen muss, wegen der aufgrund des Fahrtenbuchs feststellbaren Fahreridentität für jeden Verkehrsverstoß zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6.3.2008, 11 CS 07.3451, juris Rn. 17 sowie eingehend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.11.1997, 10 S 2113/97, juris Rn. 4 ff.). Deshalb ist es wichtig, dass das Fahrtenbuch tatsächlich unmittelbar nach Erlass des entsprechenden Bescheids und nicht erst nach dessen möglicherweise erst Jahre später eintretenden Bestandskraft zu führen ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6.3.2008, 11 CS 07.3451, juris Rn. 17).

48

Die im Eilverfahren gebotene Abwägung darf sich somit – neben der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage – ausnahmsweise auf die Prüfung beschränken, ob wegen der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung im Einzelfall weniger dringlich als im Normalfall ist (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 4.5.2015, 1 B 66/15, juris Rn. 3; BayVGH, Beschluss vom 6.3.2008, 11 CS 07.3451, juris Rn. 17). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr rechtfertigt der Umstand, dass mit einem Fahrzeug der Antragstellerin ein erheblicher Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde und sie sodann im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Verteidigung des Fahrers übernahm, um sich auf ihr anwaltliches Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu können, sogar in besonderem Maße die sofortige Vollziehung der Fahrtenbuchauflage, um eine baldige Wiederholung dieser im Ergebnis erfolgreichen Aktion zu verhindern.

49

2. Auch hinsichtlich der Festsetzung des Zwangsgelds überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse der Antragstellerin, so dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insoweit nicht anzuordnen war. Bei der Festsetzung des Zwangsgeldes handelt es sich um einen Akt der Verwaltungsvollstreckung, in Bezug auf den Rechtsbehelfe von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung haben (§ 29 Abs. 1 HmbVwVG). Besondere Gründe, von dieser Regel hier abzuweichen, gibt es nicht. Denn die zusammen mit der für sofort vollziehbar erklärten Vorlageverpflichtung erfolgte Festsetzung des Zwangsgelds in Höhe von 500 € war auf der Rechtsgrundlage von § 14 HmbVwVG aller Voraussicht nach ebenfalls rechtmäßig.

III.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei ist der Streitwert der Eilsache mit der Hälfte des in der Hauptsache anzunehmenden Streitwerts (nach Ziff. 46.13 des Streitwertkatalogs 400 € x 6 = 2.400 €) festzusetzen. Die gleichzeitige Festsetzung des Zwangsgelds ist eine unselbständige, den Streitwert nicht erhöhende Regelung.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung - StVZO 2012 | § 31a Fahrtenbuch


(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach ein

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(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden. (2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworde

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(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt 1. Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;2. Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anv

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(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. (2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz bes

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(1) Der Beschlagnahme unterliegen nicht 1. schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den Personen, die nach § 52 oder § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b das Zeugnis verweigern dürfen;2. Aufzeichnungen, welche die in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr.

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Tenor Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg auf Grund mündlicher Verhandlung vom 23. Januar 2017 zuzulassen, wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Str

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(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gegen die von der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auferlegte Pflicht zur Auskunftserteilung über Geschäftsvorgänge und zur Vorlage entsprechender Unterlagen.

2

Von Ende Juni bis Mitte Juli 2007 nahm der Kläger auf seinem Girokonto Geldbeträge verschiedener Zahlungsanweiser in Höhe von insgesamt 496 000 € unter dem Betreff "S. Portfolio" oder vergleichbaren Verwendungszwecken entgegen. Die Zahlungseingänge variierten zwischen 5 000 € und 160 000 €. Am 5. Juli 2007 hob der Kläger 120 000 € in bar vom Konto ab, 155 000 € verwendete er für den Erwerb von Wertpapieren. Weitere 170 000 € sollten an einen anderen Rechtsanwalt überwiesen werden. Das kontoführende Geldinstitut sah sich aufgrund der Zahlungsanweisung über 170 000 € veranlasst, Verdachtsanzeige nach dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) zu erstatten, die sie unter anderem der Beklagten übermittelte.

3

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2007 zur näheren Erläuterung der getätigten Geschäfte auf, um eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz beurteilen zu können. Hierauf teilte der Kläger am 1. August 2007 mit, dass er seit 1990 als Rechtsanwalt zugelassen sei und neben der anwaltlichen Tätigkeit keine Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte betreibe. Die Entgegennahme und Weiterleitung von Mandantengeldern gehöre zum Tagesgeschäft eines Rechtsanwalts. Weitere Auskünfte könne er mangels Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht nicht erteilen. Er werde das Schreiben seiner Mandantschaft zur Kenntnisnahme und zur Stellungnahme weiterleiten.

4

Mitte August 2007 erhielt die Beklagte anonym Unterlagen, unter anderem einen Treuhandantrag und einen Vermögensverwaltungsvertrag der "D. GbR".

5

Zu weiteren Schreiben der Beklagten vom 18. September und 11. Oktober 2007 gab der Kläger keine inhaltliche Stellungnahme ab, sondern verwies erneut auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit.

6

Mit Bescheid vom 28. November 2007 forderte die Beklagte den Kläger auf, sämtliche Geschäfts- und Kontounterlagen vorzulegen, die die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der "S." und der Gesellschaft "S. GbR" beträfen oder hiermit im Zusammenhang stünden, und Auskunft über die Geschäftsangelegenheiten zu erteilen. Für den Fall, dass er dieser Aufforderung binnen zwei Wochen nicht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € angedroht. Es bestehe der Verdacht, dass er Finanzdienstleistungen erbringe oder in derartige Geschäftstätigkeiten der genannten Firmen einbezogen sei. Die gewerbsmäßige Erbringung derartiger Geschäfte bedürfe nach dem Kreditwesengesetz der vorherigen Erlaubnis, über die weder der Kläger noch die betreffenden Gesellschaften verfüge.

7

Im weiteren Verfahren gab der Kläger an, dass er weder als Privatperson noch als Rechtsanwalt Geldleistungen und Versicherungen vermittle oder sonstige Finanzdienstleistungen erbringe. Er sei zu keinem Zeitpunkt als echter Treuhänder tätig gewesen. Er sei im Juni 2007 von der "S. Ltd." beauftragt worden, Geldbeträge ihrer Gesellschafter entgegenzunehmen, um sie einer Rechtsprüfung gemäß den Bestimmungen des Geldwäschegesetzes zu unterziehen. Den Wertpapierkauf über 155 000 € habe er auf Weisung der Mandantschaft ausgeführt. Das Depot sei aufgelöst und der Betrag an den Verfügungsberechtigten ausgekehrt worden. Seine Auftraggeberin sei als Verwalterin für die "S. GbR" tätig. Er legte eine auf den 15. Juni 2007 datierte unterzeichnete Vollmacht vor, die die Errichtung eines Anderkontos und Anderdepots umfasst. Aus der Vollmachtsurkunde gehen weder die Anschrift der "S. Ltd." noch deren Verantwortliche hervor.

8

Die nach Durchführung eines erfolglosen Widerspruchsverfahrens erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten sei rechtmäßig. Der Kläger könne sich nicht auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen, weil die von ihm betriebene Tätigkeit nicht spezifisch anwaltlicher Art sei.

9

Im Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Entgegennahme und Weiterleitung von Geldern durch einen Rechtsanwalt unterfalle zwar dem Tatbestand des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG. Der Kläger sei in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen einbezogen. Er sei dennoch nicht zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen verpflichtet, weil er sich auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen könne. Die Schweigepflicht erstrecke sich auf alles, was einem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekannt geworden sei. Ausnahmen hiervon müssten spezialgesetzlich ausdrücklich vorgesehen sein. Die Verschwiegenheitspflicht entfalle nur, wenn der Mandant auf den Schutz verzichte. Weiteren Einschränkungen sei die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nicht zugänglich. Sie solle die eigenständige und unabhängige Funktion des Rechtsanwalts zur Durchsetzung des Rechts im Interesse des Mandanten schützen und das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant von staatlicher Kontrolle frei halten. Das Wissen, auf welches sich die Auskunftspflicht und das Vorlageersuchen der Beklagten bezögen, habe der Kläger in Ausübung seines Berufes als Rechtsanwalt erlangt. Was zur anwaltlichen Tätigkeit gehöre, sei nicht im Einzelnen festgelegt, sondern erstrecke sich auf sämtliche Rechtsbereiche. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass eine anwaltliche Tätigkeit gewünscht werde, wenn man sich an einen Rechtsanwalt wende. Die Tätigkeit könne auch rein wirtschaftliche Interessen zum Gegenstand haben, sofern der rechtliche Beistand nicht völlig in den Hintergrund trete. Eine Treuhandtätigkeit gehöre durchaus zum typischen Berufsbild eines Rechtsanwalts. Erforderlich sei allein, dass auch eine Rechtsberatung vorliege. Das sei hier der Fall. Es ließen sich zwar keine eindeutigen Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des Mandatsverhältnisses mit der "S. Ltd." gewinnen. Für eine anwaltliche Tätigkeit spreche jedoch die erteilte Vollmacht. Zudem sei der Kläger nach seinen Angaben beauftragt gewesen, die über sein Anderkonto vereinnahmten Beträge zu überprüfen und Verdachtsfälle nach dem Geldwäschegesetz zu melden. Diese Tätigkeit habe sich nicht auf die Sachverhaltsermittlung beschränkt, sondern habe es wegen der im Raum stehenden Verwirklichung von Straftatbeständen nahe gelegt, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Von einem ausschließlich oder vorherrschend wirtschaftlich geprägten Treuhandverhältnis könne daher nicht ausgegangen werden.

10

Mit ihrer Revision macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, dass dem Kläger nach Sinn und Zweck des § 43a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) kein Schweigerecht zustehe. Die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung diene allein dem Individualinteresse des Mandanten, nicht aber dem Geheimhaltungsinteresse des Rechtsanwalts. Ein Anwalt müsse deshalb das ihm Anvertraute in demselben Umfang offenbaren, in dem sein Mandant selbst zur Auskunft verpflichtet sei. Dass eine Verschwiegenheitspflicht nur den Interessen des Einzelnen und nicht dem Gemeinwohl diene, werde durch Schweigepflichten in anderen Bereichen belegt. Nötig sei eine Abwägung zwischen dem Schutz des Berufsgeheimnisses gegenüber dem Schutz der Stabilität und Integrität des Finanzsystems. Letzteres genieße den Vorrang. Die Betreiber unerlaubter Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte könnten sich sonst durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts der aufsichtsrechtlichen Kontrolle entziehen, indem sie das Wissen um wesentliche Teile ihres Geschäftsmodells bei diesem monopolisierten.

11

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. November 2010 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Mai 2009 zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hätte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen.

15

1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kommt dem Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten keine Dauerwirkung zu. Die Regelung erschöpft sich darin, dem Kläger die umgehende zeitnahe Erfüllung bestimmter Verhaltenspflichten aufzuerlegen, und ist nicht auf eine laufende Kontrolle angelegt (Urteil vom 22. September 2004 - BVerwG 6 C 29.03 - BVerwGE 122, 29 <52> = Buchholz 451.61 KWG Nr. 19). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ist damit der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2008.

16

2. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG (in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung - Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz - GwBekErgG - vom 13. August 2008 - BGBl I S. 1690, 1700) ist. Danach haben ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen oder feststeht, dass es Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Erlaubnis oder nach § 3 verbotene Geschäfte betreibt, sowie in die Abwicklung der Geschäfte einbezogene oder einbezogen gewesene andere Unternehmen der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Das Vorgehen der Bundesanstalt setzt den Verdacht voraus, dass unerlaubt Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht oder verbotene Geschäfte nach § 3 KWG betrieben werden (vgl. Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl. 2008, § 44c Rn. 13 f.; Samm, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Stand: August 2011, § 44c Rn. 80; Schmitz, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 44c Rn. 6). Auskunfts- und vorlagepflichtig sind die in die Abwicklung der Geschäfte einbezogenen oder einbezogen gewesene andere Unternehmen; das sind alle, die einen Beitrag zur Durchführung verdächtiger Geschäfte leisten (Lindemann, in: a.a.O., § 44c Rn. 27 f.; Schmitz, in: a.a.O., § 44c Rn. 28). § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf banktypische Unternehmen. Vielmehr wurde die Auskunfts- und Vorlagepflicht durch Art. 6 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2010, 2058) auf Drittunternehmen erweitert. Dadurch sollte den Aufsichtsbehörden das rechtliche Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, unerlaubte Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erfolgreich und noch effizienter bekämpfen zu können (BTDrucks 13/7142, S. 93; 14/8017, S. 128, 184). Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG ist daher jeder Akteur, dem eine von § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG erfasste Geschäftstätigkeit zugerechnet werden kann. Das umfasst auch selbstständig tätige Rechtsanwälte (Göpfert, BRAK-Mitteilungen 2009, 252; Schwennicke, in: Schwennicke/Adelt/Anders u.a., KWG, 2009, § 44c Rn. 6).

17

§ 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG zwingt zu keiner anderen Auslegung. Danach gelten als Finanzdienstleistungsinstitute nicht Angehörige Freier Berufe, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses als Freiberufler erbringen und einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des Öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt. Das lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie der Begriff "Unternehmen" in § 44c Abs. 1 KWG zu definieren ist.

18

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Kläger als Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 KWG in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der auftraggebenden Gesellschaften einbezogen ist oder war. Er ist damit nach dieser Vorschrift grundsätzlich auskunfts- und vorlagepflichtig.

19

3. Zu Unrecht meint das angegriffene Urteil, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gehe der Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG vor. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Verschwiegenheitspflicht könne nur aufgrund einer ausdrücklichen Regelung eingeschränkt werden, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

20

Die Auskunfts- und Vorlagepflicht des § 44c Abs. 1 KWG gilt für die dort umschriebenen Unternehmen ausnahmslos. Dass der Gesetzgeber dabei auch an Rechtsanwälte gedacht hat, zeigt § 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG (vgl. Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Auflage, § 2 Rn. 62 ff.; Weber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 2 Rn. 26); er hat für sie keine Ausnahme zugelassen. Aus der anwaltlichen Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt sich nichts anderes.

21

a) Die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte ist seit der Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I S. 2278) in § 43a Abs. 2 BRAO niedergelegt. Sie bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dabei genügt es nicht, dass der Informationsträger nur als Rechtsanwalt zugelassen ist. Auch ein Rechtsanwalt kann anderen als gerade anwaltlichen Tätigkeiten zu Erwerbszwecken nachgehen. Geschützt sind vielmehr nur diejenigen Tatsachen, die einem Rechtsanwalt gerade in Ausübung seines Berufs als Anwalt bekannt geworden sind. Auch dann gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

22

Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass das ihm von der Firma "S. Ltd." erteilte Mandat auf eine Tätigkeit zielte, die zumindest auch anwaltlicher Art war. Allerdings bestehen an den diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erhebliche Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof geht zwar in rechtlicher Hinsicht im Ansatz zutreffend davon aus, dass eine anwaltliche Tätigkeit nur angenommen werden könne, wenn bei einer vorrangig wirtschaftlichen Tätigkeit die Rechtsberatung oder -verfolgung nicht zurücktritt und unwesentlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1966 - VII ZR 195/64 - BGHZ 46, 268 <270 f.>, vom 7. April 1980 - III ZR 73/79 - NJW 1980, 1855), und dass jedenfalls die anwaltliche Schweigepflicht voraussetzt, dass das spezifisch anwaltliche Element der Tätigkeit nicht völlig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - IX ZR 338/97 - NJW 1999, 3040 <3042>). Er hat jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die den Schluss auf irgendein spezifisch anwaltliches Element der Tätigkeit des Klägers tragen könnten. Die Vollmachtserteilung allein belegt das nicht, auch nicht wenn sie auf einem Formular erfolgt, wie es üblicherweise für die anwaltliche Mandatierung Verwendung findet. Die vom Kläger beschriebene Tätigkeit der Überprüfung der eingegangenen Zahlungen von Kunden seiner Mandantin nach dem Geldwäschegesetz lässt in ihrer konkreten Ausgestaltung kein rechtsberatendes oder rechtsprüfendes Element erkennen.

23

Sofern der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht sein sollte, zugunsten des Vorliegens einer zumindest auch anwaltlichen Tätigkeit spreche eine Vermutung, welche die Behörde entkräften müsse, könnte ihm nicht gefolgt werden. Die Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 KWG ist der gesetzliche Regelfall. Wer sich demgegenüber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, hat dessen Voraussetzungen darzutun. Das gilt auch für den Rechtsanwalt, der sich auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Er ist deshalb jedenfalls dafür darlegungspflichtig, dass Informationen in Rede stehen, die ihm in Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Das bedarf hier keiner weiteren Erörterung, insbesondere muss nicht entschieden werden, wie weit diese Darlegungspflicht im Einzelnen reicht.

24

b) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit gilt freilich nicht ausnahmslos. Gemäß § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BRAO wird diese allgemeine Berufspflicht durch die Berufsordnung näher geregelt. Nach § 2 Abs. 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) gilt die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht, wenn andere Rechtsvorschriften Ausnahmen zulassen. Damit wurde der Rechtszustand positiviert, der auch vor dem erwähnten Gesetz vom 2. September 1994 bereits galt.

25

Andere Rechtsvorschriften, die im Sinne von § 2 Abs. 3 BORA Ausnahmen zulassen, sind nicht nur solche, die die Schweigepflicht des Rechtsanwalts ausdrücklich einschränken. Zugelassen sind Ausnahmen vielmehr auch dann, wenn sie ihre Grundlage in einer allgemeinen, nicht berufsspezifischen Regelung finden. Auskunftspflichten, die das Gesetz jedermann oder einer nicht nach dem Beruf abgegrenzten Gruppe auferlegt, treffen grundsätzlich auch Rechtsanwälte (vgl. zur Auskunftspflicht von Abgeordneten, die anwaltlich tätig sind, Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 6 A 1.08 - BVerwGE 135, 77 <88 ff.>; allgemein: Kleine-Cosack, RAO, 6. Aufl. 2009, § 43a Rn. 24; Zuck, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, § 43a BRAO/§ 2 BORA Rn. 29). Auch die spezielle Regelung von Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechten (vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 3, § 53a StPO; § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; § 98 VwGO) lässt darauf schließen, dass die Erfüllung allgemeiner gesetzlicher Pflichten nicht schon unter Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheit verweigert werden kann. Die berufsspezifische Beschränkung der Pflicht zur Anzeige schwerer Straftaten (§§ 138, 139 Abs. 3 Satz 2 StGB) lässt ebenfalls erkennen, dass die Anzeigepflicht für jedermann und damit grundsätzlich auch für Rechtsanwälte gilt.

26

Aus der Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG folgt ebenfalls nicht, dass die Ausnahmen von der anwaltlichen Verschwiegenheit im Gesetz speziell geregelt sein müssten. Wie noch zu zeigen sein wird, kann dem Grundrecht des Rechtsanwalts aus Art. 12 Abs. 1 GG bei der Anwendung des § 44c KWG im Rahmen des behördlichen Ermessens Rechnung getragen werden. Damit ist dem gebotenen Grundrechtsschutz Genüge getan (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520, 1521/01 - BVerfGE 110, 226 <248 f., 254 f.>).

27

4. Dass die Beklagte im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung der Verschwiegenheitspflicht des Klägers keinen Vorrang eingeräumt hat, ist rechtsfehlerfrei. Das Auskunfts- und Vorlageverlangen der Beklagten ist verfassungskonform; insbesondere stellt es keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers dar.

28

a) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit und dementsprechend sein Recht, dieser Pflicht durch Schweigen nachzukommen, bestehen nicht nur aufgrund des einfachgesetzlichen Berufsrechts, sondern sind zugleich grundrechtlich geschützt. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Sie zielt auch für den Rechtsanwalt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Tätigkeit ab (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 251 f. m.w.N.). Bestandteil dieses grundrechtlichen Schutzes ist die anwaltliche Verschwiegenheit. Dem Rechtsanwalt als berufenem unabhängigem Berater obliegt es, seinem Mandanten umfassend beizustehen. Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass zwischen Anwalt und Mandant ein Vertrauensverhältnis besteht. Integrität, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit des Anwalts sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann. Die Verschwiegenheit rechnet daher von jeher zu den anwaltlichen Grundpflichten (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

29

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt die anwaltliche Verschwiegenheit nicht allein im Interesse des Mandanten. Dass sie gewahrt werden kann, liegt vielmehr auch im eigenen beruflichen Interesse des Rechtsanwalts; denn er würde von Mandanten nicht gleichermaßen konsultiert und informiert, könnten diese auf seine Verschwiegenheit nicht vertrauen. Das Gewicht des Schweigerechts wird dadurch noch verstärkt, dass die Verschwiegenheit des Anwalts wie die ganze anwaltliche Berufsausübung nicht allein im individuellen Interesse des einzelnen Rechtsanwalts oder des einzelnen Rechtsuchenden liegt. Der Rechtsanwalt ist "Organ der Rechtspflege" (§§ 1 und 3 BRAO); sein berufliches Tätigwerden liegt zugleich im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege. Unter der Geltung des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes müssen dem Bürger aus Gründen der Chancen- und Waffengleichheit Rechtskundige zur Seite stehen, denen er vertrauen und von denen er erwarten kann, dass sie seine Interessen unabhängig, frei und uneigennützig wahrnehmen (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

30

b) Durch ihr Auskunfts- und Vorlageverlangen hat die Beklagte dieses Grundrecht des Klägers nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.

31

Die Ziele, die das Gesetz mit der Auskunfts- und Vorlagepflicht nach § 44c Abs. 1 KWG verfolgt, sind legitime Gründe des gemeinen Wohls, welche grundsätzlich geeignet sind, das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Ausübung seines Berufs einzuschränken. Die Vorschriften über die Beaufsichtigung der Finanzdienstleistungsinstitute und der Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sollen die Integrität des Kredit- und Finanzmarktes schützen und damit die Stabilität des Finanzsystems wahren. Daneben bezwecken die Vorschriften den Ein- und Anlegerschutz (Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 8 C 37.09 - GWR 2011, 138 m.w.N.). Dabei dient die Auskunfts- und Vorlagepflicht gemäß § 44c KWG dazu, der Aufsichtsbehörde Erkenntnisquellen zu verschaffen, damit sie gegen Unternehmen einschreiten kann, die unerlaubt Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen; sie dient damit dem Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt (vgl. Lindemann, a.a.O., § 44c Rn. 1 f.; Samm, a.a.O., § 44c Rn. 1 f., 13).

32

Dass das Auskunftsverlangen der Beklagten geeignet ist aufzuklären, ob die "S. Ltd." oder die "S. GbR" unerlaubt Finanzdienstleistungen erbringt oder erbracht hat und ob diese Geschäftstätigkeit zu unterbinden ist, liegt auf der Hand. Es war auch erforderlich, die gesetzlichen Ziele zu erreichen. Ein Einschreiten gegen die Auftraggeberin des Klägers ist zwar als milderes und die Verschwiegenheitspflicht des Klägers nicht beeinträchtigendes Mittel theoretisch denkbar gewesen, tatsächlich hat es jedoch keinen Erfolg versprochen. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass die Auftraggeberin des Klägers der Beklagten nicht bekannt war, sodass ein Vorgehen diesem gegenüber schon gar nicht möglich war. Auch im Verwaltungsverfahren hat der Kläger weder verantwortliche Personen noch eine zustellungsfähige Postanschrift genannt. Seine Inanspruchnahme war somit für die Beklagte die einzige Möglichkeit, ihre Aufsichtsbefugnisse effektiv wahrzunehmen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, schrittweise vorzugehen und ihr Begehren zunächst auf die Benennung von Namen, Anschrift und verantwortliche Personen des Auftraggebers des Klägers zu beschränken. Noch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung waren die vom Kläger gegebenen Auskünfte über die Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft, die offenbar in London ansässig sein soll, und die dahinter stehenden Personen so unvollständig und irreführend, dass ein derart beschränktes Auskunftsverlangen es nicht ermöglicht hätte, die Verantwortlichen zeitnah zur Auskunft und Vorlage von Geschäftsunterlagen zu verpflichten.

33

Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die damit verbundene Belastung ist mit Blick auf den mit ihm verfolgten Zweck weder unangemessen noch unzumutbar. Angesichts von Art und Umfang der konkreten Tätigkeit, wie sie der Kläger behauptet, wurde seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht durch die Preisgabe von Kontaktdaten und die Vorlage von Geschäftsunterlagen nur am Rande berührt.

34

5. Die Zwangsgeldandrohung beruht auf § 17 Satz 1 FinDAG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 2 VwVG und hält sich im gesetzlichen Rahmen, der ein Zwangsgeld bis zu 250 000 € zulässt (§ 17 Satz 4 FinDAG).

35

6. Bedenken gegen die Festsetzung der Widerspruchsgebühr in Höhe von 750 € bestehen ebenfalls nicht. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 und 2 FinDAG i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz in der Fassung der 6. Änderungsverordnung vom 24. August 2007 (BGBl I S. 2136). Hiernach ist für die Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine nicht gebührenpflichtige Amtshandlung ein Gebührenrahmen bis zu 1 500 € eröffnet. Diesen hat die Beklagte aufgrund des als durchschnittlich erachteten Verwaltungsaufwands nur zur Hälfte ausgeschöpft.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gegen die von der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auferlegte Pflicht zur Auskunftserteilung über Geschäftsvorgänge und zur Vorlage entsprechender Unterlagen.

2

Von Ende Juni bis Mitte Juli 2007 nahm der Kläger auf seinem Girokonto Geldbeträge verschiedener Zahlungsanweiser in Höhe von insgesamt 496 000 € unter dem Betreff "S. Portfolio" oder vergleichbaren Verwendungszwecken entgegen. Die Zahlungseingänge variierten zwischen 5 000 € und 160 000 €. Am 5. Juli 2007 hob der Kläger 120 000 € in bar vom Konto ab, 155 000 € verwendete er für den Erwerb von Wertpapieren. Weitere 170 000 € sollten an einen anderen Rechtsanwalt überwiesen werden. Das kontoführende Geldinstitut sah sich aufgrund der Zahlungsanweisung über 170 000 € veranlasst, Verdachtsanzeige nach dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) zu erstatten, die sie unter anderem der Beklagten übermittelte.

3

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2007 zur näheren Erläuterung der getätigten Geschäfte auf, um eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz beurteilen zu können. Hierauf teilte der Kläger am 1. August 2007 mit, dass er seit 1990 als Rechtsanwalt zugelassen sei und neben der anwaltlichen Tätigkeit keine Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte betreibe. Die Entgegennahme und Weiterleitung von Mandantengeldern gehöre zum Tagesgeschäft eines Rechtsanwalts. Weitere Auskünfte könne er mangels Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht nicht erteilen. Er werde das Schreiben seiner Mandantschaft zur Kenntnisnahme und zur Stellungnahme weiterleiten.

4

Mitte August 2007 erhielt die Beklagte anonym Unterlagen, unter anderem einen Treuhandantrag und einen Vermögensverwaltungsvertrag der "D. GbR".

5

Zu weiteren Schreiben der Beklagten vom 18. September und 11. Oktober 2007 gab der Kläger keine inhaltliche Stellungnahme ab, sondern verwies erneut auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit.

6

Mit Bescheid vom 28. November 2007 forderte die Beklagte den Kläger auf, sämtliche Geschäfts- und Kontounterlagen vorzulegen, die die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der "S." und der Gesellschaft "S. GbR" beträfen oder hiermit im Zusammenhang stünden, und Auskunft über die Geschäftsangelegenheiten zu erteilen. Für den Fall, dass er dieser Aufforderung binnen zwei Wochen nicht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € angedroht. Es bestehe der Verdacht, dass er Finanzdienstleistungen erbringe oder in derartige Geschäftstätigkeiten der genannten Firmen einbezogen sei. Die gewerbsmäßige Erbringung derartiger Geschäfte bedürfe nach dem Kreditwesengesetz der vorherigen Erlaubnis, über die weder der Kläger noch die betreffenden Gesellschaften verfüge.

7

Im weiteren Verfahren gab der Kläger an, dass er weder als Privatperson noch als Rechtsanwalt Geldleistungen und Versicherungen vermittle oder sonstige Finanzdienstleistungen erbringe. Er sei zu keinem Zeitpunkt als echter Treuhänder tätig gewesen. Er sei im Juni 2007 von der "S. Ltd." beauftragt worden, Geldbeträge ihrer Gesellschafter entgegenzunehmen, um sie einer Rechtsprüfung gemäß den Bestimmungen des Geldwäschegesetzes zu unterziehen. Den Wertpapierkauf über 155 000 € habe er auf Weisung der Mandantschaft ausgeführt. Das Depot sei aufgelöst und der Betrag an den Verfügungsberechtigten ausgekehrt worden. Seine Auftraggeberin sei als Verwalterin für die "S. GbR" tätig. Er legte eine auf den 15. Juni 2007 datierte unterzeichnete Vollmacht vor, die die Errichtung eines Anderkontos und Anderdepots umfasst. Aus der Vollmachtsurkunde gehen weder die Anschrift der "S. Ltd." noch deren Verantwortliche hervor.

8

Die nach Durchführung eines erfolglosen Widerspruchsverfahrens erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten sei rechtmäßig. Der Kläger könne sich nicht auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen, weil die von ihm betriebene Tätigkeit nicht spezifisch anwaltlicher Art sei.

9

Im Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Entgegennahme und Weiterleitung von Geldern durch einen Rechtsanwalt unterfalle zwar dem Tatbestand des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG. Der Kläger sei in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen einbezogen. Er sei dennoch nicht zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen verpflichtet, weil er sich auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen könne. Die Schweigepflicht erstrecke sich auf alles, was einem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekannt geworden sei. Ausnahmen hiervon müssten spezialgesetzlich ausdrücklich vorgesehen sein. Die Verschwiegenheitspflicht entfalle nur, wenn der Mandant auf den Schutz verzichte. Weiteren Einschränkungen sei die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nicht zugänglich. Sie solle die eigenständige und unabhängige Funktion des Rechtsanwalts zur Durchsetzung des Rechts im Interesse des Mandanten schützen und das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant von staatlicher Kontrolle frei halten. Das Wissen, auf welches sich die Auskunftspflicht und das Vorlageersuchen der Beklagten bezögen, habe der Kläger in Ausübung seines Berufes als Rechtsanwalt erlangt. Was zur anwaltlichen Tätigkeit gehöre, sei nicht im Einzelnen festgelegt, sondern erstrecke sich auf sämtliche Rechtsbereiche. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass eine anwaltliche Tätigkeit gewünscht werde, wenn man sich an einen Rechtsanwalt wende. Die Tätigkeit könne auch rein wirtschaftliche Interessen zum Gegenstand haben, sofern der rechtliche Beistand nicht völlig in den Hintergrund trete. Eine Treuhandtätigkeit gehöre durchaus zum typischen Berufsbild eines Rechtsanwalts. Erforderlich sei allein, dass auch eine Rechtsberatung vorliege. Das sei hier der Fall. Es ließen sich zwar keine eindeutigen Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des Mandatsverhältnisses mit der "S. Ltd." gewinnen. Für eine anwaltliche Tätigkeit spreche jedoch die erteilte Vollmacht. Zudem sei der Kläger nach seinen Angaben beauftragt gewesen, die über sein Anderkonto vereinnahmten Beträge zu überprüfen und Verdachtsfälle nach dem Geldwäschegesetz zu melden. Diese Tätigkeit habe sich nicht auf die Sachverhaltsermittlung beschränkt, sondern habe es wegen der im Raum stehenden Verwirklichung von Straftatbeständen nahe gelegt, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Von einem ausschließlich oder vorherrschend wirtschaftlich geprägten Treuhandverhältnis könne daher nicht ausgegangen werden.

10

Mit ihrer Revision macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, dass dem Kläger nach Sinn und Zweck des § 43a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) kein Schweigerecht zustehe. Die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung diene allein dem Individualinteresse des Mandanten, nicht aber dem Geheimhaltungsinteresse des Rechtsanwalts. Ein Anwalt müsse deshalb das ihm Anvertraute in demselben Umfang offenbaren, in dem sein Mandant selbst zur Auskunft verpflichtet sei. Dass eine Verschwiegenheitspflicht nur den Interessen des Einzelnen und nicht dem Gemeinwohl diene, werde durch Schweigepflichten in anderen Bereichen belegt. Nötig sei eine Abwägung zwischen dem Schutz des Berufsgeheimnisses gegenüber dem Schutz der Stabilität und Integrität des Finanzsystems. Letzteres genieße den Vorrang. Die Betreiber unerlaubter Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte könnten sich sonst durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts der aufsichtsrechtlichen Kontrolle entziehen, indem sie das Wissen um wesentliche Teile ihres Geschäftsmodells bei diesem monopolisierten.

11

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. November 2010 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Mai 2009 zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hätte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen.

15

1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kommt dem Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten keine Dauerwirkung zu. Die Regelung erschöpft sich darin, dem Kläger die umgehende zeitnahe Erfüllung bestimmter Verhaltenspflichten aufzuerlegen, und ist nicht auf eine laufende Kontrolle angelegt (Urteil vom 22. September 2004 - BVerwG 6 C 29.03 - BVerwGE 122, 29 <52> = Buchholz 451.61 KWG Nr. 19). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ist damit der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2008.

16

2. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG (in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung - Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz - GwBekErgG - vom 13. August 2008 - BGBl I S. 1690, 1700) ist. Danach haben ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen oder feststeht, dass es Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Erlaubnis oder nach § 3 verbotene Geschäfte betreibt, sowie in die Abwicklung der Geschäfte einbezogene oder einbezogen gewesene andere Unternehmen der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Das Vorgehen der Bundesanstalt setzt den Verdacht voraus, dass unerlaubt Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht oder verbotene Geschäfte nach § 3 KWG betrieben werden (vgl. Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl. 2008, § 44c Rn. 13 f.; Samm, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Stand: August 2011, § 44c Rn. 80; Schmitz, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 44c Rn. 6). Auskunfts- und vorlagepflichtig sind die in die Abwicklung der Geschäfte einbezogenen oder einbezogen gewesene andere Unternehmen; das sind alle, die einen Beitrag zur Durchführung verdächtiger Geschäfte leisten (Lindemann, in: a.a.O., § 44c Rn. 27 f.; Schmitz, in: a.a.O., § 44c Rn. 28). § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf banktypische Unternehmen. Vielmehr wurde die Auskunfts- und Vorlagepflicht durch Art. 6 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2010, 2058) auf Drittunternehmen erweitert. Dadurch sollte den Aufsichtsbehörden das rechtliche Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, unerlaubte Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erfolgreich und noch effizienter bekämpfen zu können (BTDrucks 13/7142, S. 93; 14/8017, S. 128, 184). Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG ist daher jeder Akteur, dem eine von § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG erfasste Geschäftstätigkeit zugerechnet werden kann. Das umfasst auch selbstständig tätige Rechtsanwälte (Göpfert, BRAK-Mitteilungen 2009, 252; Schwennicke, in: Schwennicke/Adelt/Anders u.a., KWG, 2009, § 44c Rn. 6).

17

§ 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG zwingt zu keiner anderen Auslegung. Danach gelten als Finanzdienstleistungsinstitute nicht Angehörige Freier Berufe, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses als Freiberufler erbringen und einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des Öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt. Das lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie der Begriff "Unternehmen" in § 44c Abs. 1 KWG zu definieren ist.

18

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Kläger als Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 KWG in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der auftraggebenden Gesellschaften einbezogen ist oder war. Er ist damit nach dieser Vorschrift grundsätzlich auskunfts- und vorlagepflichtig.

19

3. Zu Unrecht meint das angegriffene Urteil, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gehe der Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG vor. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Verschwiegenheitspflicht könne nur aufgrund einer ausdrücklichen Regelung eingeschränkt werden, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

20

Die Auskunfts- und Vorlagepflicht des § 44c Abs. 1 KWG gilt für die dort umschriebenen Unternehmen ausnahmslos. Dass der Gesetzgeber dabei auch an Rechtsanwälte gedacht hat, zeigt § 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG (vgl. Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Auflage, § 2 Rn. 62 ff.; Weber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 2 Rn. 26); er hat für sie keine Ausnahme zugelassen. Aus der anwaltlichen Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt sich nichts anderes.

21

a) Die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte ist seit der Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I S. 2278) in § 43a Abs. 2 BRAO niedergelegt. Sie bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dabei genügt es nicht, dass der Informationsträger nur als Rechtsanwalt zugelassen ist. Auch ein Rechtsanwalt kann anderen als gerade anwaltlichen Tätigkeiten zu Erwerbszwecken nachgehen. Geschützt sind vielmehr nur diejenigen Tatsachen, die einem Rechtsanwalt gerade in Ausübung seines Berufs als Anwalt bekannt geworden sind. Auch dann gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

22

Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass das ihm von der Firma "S. Ltd." erteilte Mandat auf eine Tätigkeit zielte, die zumindest auch anwaltlicher Art war. Allerdings bestehen an den diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erhebliche Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof geht zwar in rechtlicher Hinsicht im Ansatz zutreffend davon aus, dass eine anwaltliche Tätigkeit nur angenommen werden könne, wenn bei einer vorrangig wirtschaftlichen Tätigkeit die Rechtsberatung oder -verfolgung nicht zurücktritt und unwesentlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1966 - VII ZR 195/64 - BGHZ 46, 268 <270 f.>, vom 7. April 1980 - III ZR 73/79 - NJW 1980, 1855), und dass jedenfalls die anwaltliche Schweigepflicht voraussetzt, dass das spezifisch anwaltliche Element der Tätigkeit nicht völlig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - IX ZR 338/97 - NJW 1999, 3040 <3042>). Er hat jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die den Schluss auf irgendein spezifisch anwaltliches Element der Tätigkeit des Klägers tragen könnten. Die Vollmachtserteilung allein belegt das nicht, auch nicht wenn sie auf einem Formular erfolgt, wie es üblicherweise für die anwaltliche Mandatierung Verwendung findet. Die vom Kläger beschriebene Tätigkeit der Überprüfung der eingegangenen Zahlungen von Kunden seiner Mandantin nach dem Geldwäschegesetz lässt in ihrer konkreten Ausgestaltung kein rechtsberatendes oder rechtsprüfendes Element erkennen.

23

Sofern der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht sein sollte, zugunsten des Vorliegens einer zumindest auch anwaltlichen Tätigkeit spreche eine Vermutung, welche die Behörde entkräften müsse, könnte ihm nicht gefolgt werden. Die Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 KWG ist der gesetzliche Regelfall. Wer sich demgegenüber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, hat dessen Voraussetzungen darzutun. Das gilt auch für den Rechtsanwalt, der sich auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Er ist deshalb jedenfalls dafür darlegungspflichtig, dass Informationen in Rede stehen, die ihm in Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Das bedarf hier keiner weiteren Erörterung, insbesondere muss nicht entschieden werden, wie weit diese Darlegungspflicht im Einzelnen reicht.

24

b) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit gilt freilich nicht ausnahmslos. Gemäß § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BRAO wird diese allgemeine Berufspflicht durch die Berufsordnung näher geregelt. Nach § 2 Abs. 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) gilt die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht, wenn andere Rechtsvorschriften Ausnahmen zulassen. Damit wurde der Rechtszustand positiviert, der auch vor dem erwähnten Gesetz vom 2. September 1994 bereits galt.

25

Andere Rechtsvorschriften, die im Sinne von § 2 Abs. 3 BORA Ausnahmen zulassen, sind nicht nur solche, die die Schweigepflicht des Rechtsanwalts ausdrücklich einschränken. Zugelassen sind Ausnahmen vielmehr auch dann, wenn sie ihre Grundlage in einer allgemeinen, nicht berufsspezifischen Regelung finden. Auskunftspflichten, die das Gesetz jedermann oder einer nicht nach dem Beruf abgegrenzten Gruppe auferlegt, treffen grundsätzlich auch Rechtsanwälte (vgl. zur Auskunftspflicht von Abgeordneten, die anwaltlich tätig sind, Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 6 A 1.08 - BVerwGE 135, 77 <88 ff.>; allgemein: Kleine-Cosack, RAO, 6. Aufl. 2009, § 43a Rn. 24; Zuck, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, § 43a BRAO/§ 2 BORA Rn. 29). Auch die spezielle Regelung von Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechten (vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 3, § 53a StPO; § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; § 98 VwGO) lässt darauf schließen, dass die Erfüllung allgemeiner gesetzlicher Pflichten nicht schon unter Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheit verweigert werden kann. Die berufsspezifische Beschränkung der Pflicht zur Anzeige schwerer Straftaten (§§ 138, 139 Abs. 3 Satz 2 StGB) lässt ebenfalls erkennen, dass die Anzeigepflicht für jedermann und damit grundsätzlich auch für Rechtsanwälte gilt.

26

Aus der Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG folgt ebenfalls nicht, dass die Ausnahmen von der anwaltlichen Verschwiegenheit im Gesetz speziell geregelt sein müssten. Wie noch zu zeigen sein wird, kann dem Grundrecht des Rechtsanwalts aus Art. 12 Abs. 1 GG bei der Anwendung des § 44c KWG im Rahmen des behördlichen Ermessens Rechnung getragen werden. Damit ist dem gebotenen Grundrechtsschutz Genüge getan (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520, 1521/01 - BVerfGE 110, 226 <248 f., 254 f.>).

27

4. Dass die Beklagte im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung der Verschwiegenheitspflicht des Klägers keinen Vorrang eingeräumt hat, ist rechtsfehlerfrei. Das Auskunfts- und Vorlageverlangen der Beklagten ist verfassungskonform; insbesondere stellt es keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers dar.

28

a) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit und dementsprechend sein Recht, dieser Pflicht durch Schweigen nachzukommen, bestehen nicht nur aufgrund des einfachgesetzlichen Berufsrechts, sondern sind zugleich grundrechtlich geschützt. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Sie zielt auch für den Rechtsanwalt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Tätigkeit ab (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 251 f. m.w.N.). Bestandteil dieses grundrechtlichen Schutzes ist die anwaltliche Verschwiegenheit. Dem Rechtsanwalt als berufenem unabhängigem Berater obliegt es, seinem Mandanten umfassend beizustehen. Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass zwischen Anwalt und Mandant ein Vertrauensverhältnis besteht. Integrität, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit des Anwalts sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann. Die Verschwiegenheit rechnet daher von jeher zu den anwaltlichen Grundpflichten (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

29

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt die anwaltliche Verschwiegenheit nicht allein im Interesse des Mandanten. Dass sie gewahrt werden kann, liegt vielmehr auch im eigenen beruflichen Interesse des Rechtsanwalts; denn er würde von Mandanten nicht gleichermaßen konsultiert und informiert, könnten diese auf seine Verschwiegenheit nicht vertrauen. Das Gewicht des Schweigerechts wird dadurch noch verstärkt, dass die Verschwiegenheit des Anwalts wie die ganze anwaltliche Berufsausübung nicht allein im individuellen Interesse des einzelnen Rechtsanwalts oder des einzelnen Rechtsuchenden liegt. Der Rechtsanwalt ist "Organ der Rechtspflege" (§§ 1 und 3 BRAO); sein berufliches Tätigwerden liegt zugleich im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege. Unter der Geltung des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes müssen dem Bürger aus Gründen der Chancen- und Waffengleichheit Rechtskundige zur Seite stehen, denen er vertrauen und von denen er erwarten kann, dass sie seine Interessen unabhängig, frei und uneigennützig wahrnehmen (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

30

b) Durch ihr Auskunfts- und Vorlageverlangen hat die Beklagte dieses Grundrecht des Klägers nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.

31

Die Ziele, die das Gesetz mit der Auskunfts- und Vorlagepflicht nach § 44c Abs. 1 KWG verfolgt, sind legitime Gründe des gemeinen Wohls, welche grundsätzlich geeignet sind, das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Ausübung seines Berufs einzuschränken. Die Vorschriften über die Beaufsichtigung der Finanzdienstleistungsinstitute und der Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sollen die Integrität des Kredit- und Finanzmarktes schützen und damit die Stabilität des Finanzsystems wahren. Daneben bezwecken die Vorschriften den Ein- und Anlegerschutz (Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 8 C 37.09 - GWR 2011, 138 m.w.N.). Dabei dient die Auskunfts- und Vorlagepflicht gemäß § 44c KWG dazu, der Aufsichtsbehörde Erkenntnisquellen zu verschaffen, damit sie gegen Unternehmen einschreiten kann, die unerlaubt Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen; sie dient damit dem Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt (vgl. Lindemann, a.a.O., § 44c Rn. 1 f.; Samm, a.a.O., § 44c Rn. 1 f., 13).

32

Dass das Auskunftsverlangen der Beklagten geeignet ist aufzuklären, ob die "S. Ltd." oder die "S. GbR" unerlaubt Finanzdienstleistungen erbringt oder erbracht hat und ob diese Geschäftstätigkeit zu unterbinden ist, liegt auf der Hand. Es war auch erforderlich, die gesetzlichen Ziele zu erreichen. Ein Einschreiten gegen die Auftraggeberin des Klägers ist zwar als milderes und die Verschwiegenheitspflicht des Klägers nicht beeinträchtigendes Mittel theoretisch denkbar gewesen, tatsächlich hat es jedoch keinen Erfolg versprochen. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass die Auftraggeberin des Klägers der Beklagten nicht bekannt war, sodass ein Vorgehen diesem gegenüber schon gar nicht möglich war. Auch im Verwaltungsverfahren hat der Kläger weder verantwortliche Personen noch eine zustellungsfähige Postanschrift genannt. Seine Inanspruchnahme war somit für die Beklagte die einzige Möglichkeit, ihre Aufsichtsbefugnisse effektiv wahrzunehmen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, schrittweise vorzugehen und ihr Begehren zunächst auf die Benennung von Namen, Anschrift und verantwortliche Personen des Auftraggebers des Klägers zu beschränken. Noch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung waren die vom Kläger gegebenen Auskünfte über die Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft, die offenbar in London ansässig sein soll, und die dahinter stehenden Personen so unvollständig und irreführend, dass ein derart beschränktes Auskunftsverlangen es nicht ermöglicht hätte, die Verantwortlichen zeitnah zur Auskunft und Vorlage von Geschäftsunterlagen zu verpflichten.

33

Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die damit verbundene Belastung ist mit Blick auf den mit ihm verfolgten Zweck weder unangemessen noch unzumutbar. Angesichts von Art und Umfang der konkreten Tätigkeit, wie sie der Kläger behauptet, wurde seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht durch die Preisgabe von Kontaktdaten und die Vorlage von Geschäftsunterlagen nur am Rande berührt.

34

5. Die Zwangsgeldandrohung beruht auf § 17 Satz 1 FinDAG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 2 VwVG und hält sich im gesetzlichen Rahmen, der ein Zwangsgeld bis zu 250 000 € zulässt (§ 17 Satz 4 FinDAG).

35

6. Bedenken gegen die Festsetzung der Widerspruchsgebühr in Höhe von 750 € bestehen ebenfalls nicht. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 und 2 FinDAG i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz in der Fassung der 6. Änderungsverordnung vom 24. August 2007 (BGBl I S. 2136). Hiernach ist für die Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine nicht gebührenpflichtige Amtshandlung ein Gebührenrahmen bis zu 1 500 € eröffnet. Diesen hat die Beklagte aufgrund des als durchschnittlich erachteten Verwaltungsaufwands nur zur Hälfte ausgeschöpft.

(1) Der Beschlagnahme unterliegen nicht

1.
schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den Personen, die nach § 52 oder § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b das Zeugnis verweigern dürfen;
2.
Aufzeichnungen, welche die in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b Genannten über die ihnen vom Beschuldigten anvertrauten Mitteilungen oder über andere Umstände gemacht haben, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt;
3.
andere Gegenstände einschließlich der ärztlichen Untersuchungsbefunde, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b Genannten erstreckt.

(2) Diese Beschränkungen gelten nur, wenn die Gegenstände im Gewahrsam der zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten sind, es sei denn, es handelt sich um eine elektronische Gesundheitskarte im Sinne des § 291a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Die Beschränkungen der Beschlagnahme gelten nicht, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist, oder wenn es sich um Gegenstände handelt, die durch eine Straftat hervorgebracht oder zur Begehung einer Straftat gebraucht oder bestimmt sind oder die aus einer Straftat herrühren.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, soweit die Personen, die nach § 53a Absatz 1 Satz 1 an der beruflichen Tätigkeit der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3b genannten Personen mitwirken, das Zeugnis verweigern dürfen.

(4) Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Personen reicht, ist die Beschlagnahme von Gegenständen unzulässig. Dieser Beschlagnahmeschutz erstreckt sich auch auf Gegenstände, die von den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Personen den an ihrer Berufstätigkeit nach § 53a Absatz 1 Satz 1 mitwirkenden Personen anvertraut sind. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen, die nach § 53a Absatz 1 Satz 1 an der beruflichen Tätigkeit der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 genannten Personen mitwirken, das Zeugnis verweigern dürften.

(5) Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 genannten Personen reicht, ist die Beschlagnahme von Verkörperungen eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches), die sich im Gewahrsam dieser Personen oder der Redaktion, des Verlages, der Druckerei oder der Rundfunkanstalt befinden, unzulässig. Absatz 2 Satz 2 und § 160a Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend, die Beteiligungsregelung in Absatz 2 Satz 2 jedoch nur dann, wenn die bestimmten Tatsachen einen dringenden Verdacht der Beteiligung begründen; die Beschlagnahme ist jedoch auch in diesen Fällen nur zulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht und die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gegen die von der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auferlegte Pflicht zur Auskunftserteilung über Geschäftsvorgänge und zur Vorlage entsprechender Unterlagen.

2

Von Ende Juni bis Mitte Juli 2007 nahm der Kläger auf seinem Girokonto Geldbeträge verschiedener Zahlungsanweiser in Höhe von insgesamt 496 000 € unter dem Betreff "S. Portfolio" oder vergleichbaren Verwendungszwecken entgegen. Die Zahlungseingänge variierten zwischen 5 000 € und 160 000 €. Am 5. Juli 2007 hob der Kläger 120 000 € in bar vom Konto ab, 155 000 € verwendete er für den Erwerb von Wertpapieren. Weitere 170 000 € sollten an einen anderen Rechtsanwalt überwiesen werden. Das kontoführende Geldinstitut sah sich aufgrund der Zahlungsanweisung über 170 000 € veranlasst, Verdachtsanzeige nach dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) zu erstatten, die sie unter anderem der Beklagten übermittelte.

3

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2007 zur näheren Erläuterung der getätigten Geschäfte auf, um eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz beurteilen zu können. Hierauf teilte der Kläger am 1. August 2007 mit, dass er seit 1990 als Rechtsanwalt zugelassen sei und neben der anwaltlichen Tätigkeit keine Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte betreibe. Die Entgegennahme und Weiterleitung von Mandantengeldern gehöre zum Tagesgeschäft eines Rechtsanwalts. Weitere Auskünfte könne er mangels Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht nicht erteilen. Er werde das Schreiben seiner Mandantschaft zur Kenntnisnahme und zur Stellungnahme weiterleiten.

4

Mitte August 2007 erhielt die Beklagte anonym Unterlagen, unter anderem einen Treuhandantrag und einen Vermögensverwaltungsvertrag der "D. GbR".

5

Zu weiteren Schreiben der Beklagten vom 18. September und 11. Oktober 2007 gab der Kläger keine inhaltliche Stellungnahme ab, sondern verwies erneut auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit.

6

Mit Bescheid vom 28. November 2007 forderte die Beklagte den Kläger auf, sämtliche Geschäfts- und Kontounterlagen vorzulegen, die die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der "S." und der Gesellschaft "S. GbR" beträfen oder hiermit im Zusammenhang stünden, und Auskunft über die Geschäftsangelegenheiten zu erteilen. Für den Fall, dass er dieser Aufforderung binnen zwei Wochen nicht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € angedroht. Es bestehe der Verdacht, dass er Finanzdienstleistungen erbringe oder in derartige Geschäftstätigkeiten der genannten Firmen einbezogen sei. Die gewerbsmäßige Erbringung derartiger Geschäfte bedürfe nach dem Kreditwesengesetz der vorherigen Erlaubnis, über die weder der Kläger noch die betreffenden Gesellschaften verfüge.

7

Im weiteren Verfahren gab der Kläger an, dass er weder als Privatperson noch als Rechtsanwalt Geldleistungen und Versicherungen vermittle oder sonstige Finanzdienstleistungen erbringe. Er sei zu keinem Zeitpunkt als echter Treuhänder tätig gewesen. Er sei im Juni 2007 von der "S. Ltd." beauftragt worden, Geldbeträge ihrer Gesellschafter entgegenzunehmen, um sie einer Rechtsprüfung gemäß den Bestimmungen des Geldwäschegesetzes zu unterziehen. Den Wertpapierkauf über 155 000 € habe er auf Weisung der Mandantschaft ausgeführt. Das Depot sei aufgelöst und der Betrag an den Verfügungsberechtigten ausgekehrt worden. Seine Auftraggeberin sei als Verwalterin für die "S. GbR" tätig. Er legte eine auf den 15. Juni 2007 datierte unterzeichnete Vollmacht vor, die die Errichtung eines Anderkontos und Anderdepots umfasst. Aus der Vollmachtsurkunde gehen weder die Anschrift der "S. Ltd." noch deren Verantwortliche hervor.

8

Die nach Durchführung eines erfolglosen Widerspruchsverfahrens erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten sei rechtmäßig. Der Kläger könne sich nicht auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen, weil die von ihm betriebene Tätigkeit nicht spezifisch anwaltlicher Art sei.

9

Im Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Entgegennahme und Weiterleitung von Geldern durch einen Rechtsanwalt unterfalle zwar dem Tatbestand des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG. Der Kläger sei in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen einbezogen. Er sei dennoch nicht zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen verpflichtet, weil er sich auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen könne. Die Schweigepflicht erstrecke sich auf alles, was einem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekannt geworden sei. Ausnahmen hiervon müssten spezialgesetzlich ausdrücklich vorgesehen sein. Die Verschwiegenheitspflicht entfalle nur, wenn der Mandant auf den Schutz verzichte. Weiteren Einschränkungen sei die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nicht zugänglich. Sie solle die eigenständige und unabhängige Funktion des Rechtsanwalts zur Durchsetzung des Rechts im Interesse des Mandanten schützen und das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant von staatlicher Kontrolle frei halten. Das Wissen, auf welches sich die Auskunftspflicht und das Vorlageersuchen der Beklagten bezögen, habe der Kläger in Ausübung seines Berufes als Rechtsanwalt erlangt. Was zur anwaltlichen Tätigkeit gehöre, sei nicht im Einzelnen festgelegt, sondern erstrecke sich auf sämtliche Rechtsbereiche. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass eine anwaltliche Tätigkeit gewünscht werde, wenn man sich an einen Rechtsanwalt wende. Die Tätigkeit könne auch rein wirtschaftliche Interessen zum Gegenstand haben, sofern der rechtliche Beistand nicht völlig in den Hintergrund trete. Eine Treuhandtätigkeit gehöre durchaus zum typischen Berufsbild eines Rechtsanwalts. Erforderlich sei allein, dass auch eine Rechtsberatung vorliege. Das sei hier der Fall. Es ließen sich zwar keine eindeutigen Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des Mandatsverhältnisses mit der "S. Ltd." gewinnen. Für eine anwaltliche Tätigkeit spreche jedoch die erteilte Vollmacht. Zudem sei der Kläger nach seinen Angaben beauftragt gewesen, die über sein Anderkonto vereinnahmten Beträge zu überprüfen und Verdachtsfälle nach dem Geldwäschegesetz zu melden. Diese Tätigkeit habe sich nicht auf die Sachverhaltsermittlung beschränkt, sondern habe es wegen der im Raum stehenden Verwirklichung von Straftatbeständen nahe gelegt, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Von einem ausschließlich oder vorherrschend wirtschaftlich geprägten Treuhandverhältnis könne daher nicht ausgegangen werden.

10

Mit ihrer Revision macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, dass dem Kläger nach Sinn und Zweck des § 43a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) kein Schweigerecht zustehe. Die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung diene allein dem Individualinteresse des Mandanten, nicht aber dem Geheimhaltungsinteresse des Rechtsanwalts. Ein Anwalt müsse deshalb das ihm Anvertraute in demselben Umfang offenbaren, in dem sein Mandant selbst zur Auskunft verpflichtet sei. Dass eine Verschwiegenheitspflicht nur den Interessen des Einzelnen und nicht dem Gemeinwohl diene, werde durch Schweigepflichten in anderen Bereichen belegt. Nötig sei eine Abwägung zwischen dem Schutz des Berufsgeheimnisses gegenüber dem Schutz der Stabilität und Integrität des Finanzsystems. Letzteres genieße den Vorrang. Die Betreiber unerlaubter Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte könnten sich sonst durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts der aufsichtsrechtlichen Kontrolle entziehen, indem sie das Wissen um wesentliche Teile ihres Geschäftsmodells bei diesem monopolisierten.

11

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. November 2010 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Mai 2009 zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hätte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen.

15

1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kommt dem Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten keine Dauerwirkung zu. Die Regelung erschöpft sich darin, dem Kläger die umgehende zeitnahe Erfüllung bestimmter Verhaltenspflichten aufzuerlegen, und ist nicht auf eine laufende Kontrolle angelegt (Urteil vom 22. September 2004 - BVerwG 6 C 29.03 - BVerwGE 122, 29 <52> = Buchholz 451.61 KWG Nr. 19). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ist damit der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2008.

16

2. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG (in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung - Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz - GwBekErgG - vom 13. August 2008 - BGBl I S. 1690, 1700) ist. Danach haben ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen oder feststeht, dass es Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Erlaubnis oder nach § 3 verbotene Geschäfte betreibt, sowie in die Abwicklung der Geschäfte einbezogene oder einbezogen gewesene andere Unternehmen der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Das Vorgehen der Bundesanstalt setzt den Verdacht voraus, dass unerlaubt Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht oder verbotene Geschäfte nach § 3 KWG betrieben werden (vgl. Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl. 2008, § 44c Rn. 13 f.; Samm, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Stand: August 2011, § 44c Rn. 80; Schmitz, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 44c Rn. 6). Auskunfts- und vorlagepflichtig sind die in die Abwicklung der Geschäfte einbezogenen oder einbezogen gewesene andere Unternehmen; das sind alle, die einen Beitrag zur Durchführung verdächtiger Geschäfte leisten (Lindemann, in: a.a.O., § 44c Rn. 27 f.; Schmitz, in: a.a.O., § 44c Rn. 28). § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf banktypische Unternehmen. Vielmehr wurde die Auskunfts- und Vorlagepflicht durch Art. 6 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2010, 2058) auf Drittunternehmen erweitert. Dadurch sollte den Aufsichtsbehörden das rechtliche Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, unerlaubte Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erfolgreich und noch effizienter bekämpfen zu können (BTDrucks 13/7142, S. 93; 14/8017, S. 128, 184). Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG ist daher jeder Akteur, dem eine von § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG erfasste Geschäftstätigkeit zugerechnet werden kann. Das umfasst auch selbstständig tätige Rechtsanwälte (Göpfert, BRAK-Mitteilungen 2009, 252; Schwennicke, in: Schwennicke/Adelt/Anders u.a., KWG, 2009, § 44c Rn. 6).

17

§ 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG zwingt zu keiner anderen Auslegung. Danach gelten als Finanzdienstleistungsinstitute nicht Angehörige Freier Berufe, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses als Freiberufler erbringen und einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des Öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt. Das lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie der Begriff "Unternehmen" in § 44c Abs. 1 KWG zu definieren ist.

18

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Kläger als Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 KWG in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der auftraggebenden Gesellschaften einbezogen ist oder war. Er ist damit nach dieser Vorschrift grundsätzlich auskunfts- und vorlagepflichtig.

19

3. Zu Unrecht meint das angegriffene Urteil, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gehe der Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG vor. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Verschwiegenheitspflicht könne nur aufgrund einer ausdrücklichen Regelung eingeschränkt werden, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

20

Die Auskunfts- und Vorlagepflicht des § 44c Abs. 1 KWG gilt für die dort umschriebenen Unternehmen ausnahmslos. Dass der Gesetzgeber dabei auch an Rechtsanwälte gedacht hat, zeigt § 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG (vgl. Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Auflage, § 2 Rn. 62 ff.; Weber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 2 Rn. 26); er hat für sie keine Ausnahme zugelassen. Aus der anwaltlichen Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt sich nichts anderes.

21

a) Die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte ist seit der Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I S. 2278) in § 43a Abs. 2 BRAO niedergelegt. Sie bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dabei genügt es nicht, dass der Informationsträger nur als Rechtsanwalt zugelassen ist. Auch ein Rechtsanwalt kann anderen als gerade anwaltlichen Tätigkeiten zu Erwerbszwecken nachgehen. Geschützt sind vielmehr nur diejenigen Tatsachen, die einem Rechtsanwalt gerade in Ausübung seines Berufs als Anwalt bekannt geworden sind. Auch dann gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

22

Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass das ihm von der Firma "S. Ltd." erteilte Mandat auf eine Tätigkeit zielte, die zumindest auch anwaltlicher Art war. Allerdings bestehen an den diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erhebliche Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof geht zwar in rechtlicher Hinsicht im Ansatz zutreffend davon aus, dass eine anwaltliche Tätigkeit nur angenommen werden könne, wenn bei einer vorrangig wirtschaftlichen Tätigkeit die Rechtsberatung oder -verfolgung nicht zurücktritt und unwesentlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1966 - VII ZR 195/64 - BGHZ 46, 268 <270 f.>, vom 7. April 1980 - III ZR 73/79 - NJW 1980, 1855), und dass jedenfalls die anwaltliche Schweigepflicht voraussetzt, dass das spezifisch anwaltliche Element der Tätigkeit nicht völlig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - IX ZR 338/97 - NJW 1999, 3040 <3042>). Er hat jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die den Schluss auf irgendein spezifisch anwaltliches Element der Tätigkeit des Klägers tragen könnten. Die Vollmachtserteilung allein belegt das nicht, auch nicht wenn sie auf einem Formular erfolgt, wie es üblicherweise für die anwaltliche Mandatierung Verwendung findet. Die vom Kläger beschriebene Tätigkeit der Überprüfung der eingegangenen Zahlungen von Kunden seiner Mandantin nach dem Geldwäschegesetz lässt in ihrer konkreten Ausgestaltung kein rechtsberatendes oder rechtsprüfendes Element erkennen.

23

Sofern der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht sein sollte, zugunsten des Vorliegens einer zumindest auch anwaltlichen Tätigkeit spreche eine Vermutung, welche die Behörde entkräften müsse, könnte ihm nicht gefolgt werden. Die Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 KWG ist der gesetzliche Regelfall. Wer sich demgegenüber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, hat dessen Voraussetzungen darzutun. Das gilt auch für den Rechtsanwalt, der sich auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Er ist deshalb jedenfalls dafür darlegungspflichtig, dass Informationen in Rede stehen, die ihm in Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Das bedarf hier keiner weiteren Erörterung, insbesondere muss nicht entschieden werden, wie weit diese Darlegungspflicht im Einzelnen reicht.

24

b) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit gilt freilich nicht ausnahmslos. Gemäß § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BRAO wird diese allgemeine Berufspflicht durch die Berufsordnung näher geregelt. Nach § 2 Abs. 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) gilt die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht, wenn andere Rechtsvorschriften Ausnahmen zulassen. Damit wurde der Rechtszustand positiviert, der auch vor dem erwähnten Gesetz vom 2. September 1994 bereits galt.

25

Andere Rechtsvorschriften, die im Sinne von § 2 Abs. 3 BORA Ausnahmen zulassen, sind nicht nur solche, die die Schweigepflicht des Rechtsanwalts ausdrücklich einschränken. Zugelassen sind Ausnahmen vielmehr auch dann, wenn sie ihre Grundlage in einer allgemeinen, nicht berufsspezifischen Regelung finden. Auskunftspflichten, die das Gesetz jedermann oder einer nicht nach dem Beruf abgegrenzten Gruppe auferlegt, treffen grundsätzlich auch Rechtsanwälte (vgl. zur Auskunftspflicht von Abgeordneten, die anwaltlich tätig sind, Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 6 A 1.08 - BVerwGE 135, 77 <88 ff.>; allgemein: Kleine-Cosack, RAO, 6. Aufl. 2009, § 43a Rn. 24; Zuck, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, § 43a BRAO/§ 2 BORA Rn. 29). Auch die spezielle Regelung von Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechten (vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 3, § 53a StPO; § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; § 98 VwGO) lässt darauf schließen, dass die Erfüllung allgemeiner gesetzlicher Pflichten nicht schon unter Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheit verweigert werden kann. Die berufsspezifische Beschränkung der Pflicht zur Anzeige schwerer Straftaten (§§ 138, 139 Abs. 3 Satz 2 StGB) lässt ebenfalls erkennen, dass die Anzeigepflicht für jedermann und damit grundsätzlich auch für Rechtsanwälte gilt.

26

Aus der Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG folgt ebenfalls nicht, dass die Ausnahmen von der anwaltlichen Verschwiegenheit im Gesetz speziell geregelt sein müssten. Wie noch zu zeigen sein wird, kann dem Grundrecht des Rechtsanwalts aus Art. 12 Abs. 1 GG bei der Anwendung des § 44c KWG im Rahmen des behördlichen Ermessens Rechnung getragen werden. Damit ist dem gebotenen Grundrechtsschutz Genüge getan (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520, 1521/01 - BVerfGE 110, 226 <248 f., 254 f.>).

27

4. Dass die Beklagte im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung der Verschwiegenheitspflicht des Klägers keinen Vorrang eingeräumt hat, ist rechtsfehlerfrei. Das Auskunfts- und Vorlageverlangen der Beklagten ist verfassungskonform; insbesondere stellt es keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers dar.

28

a) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit und dementsprechend sein Recht, dieser Pflicht durch Schweigen nachzukommen, bestehen nicht nur aufgrund des einfachgesetzlichen Berufsrechts, sondern sind zugleich grundrechtlich geschützt. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Sie zielt auch für den Rechtsanwalt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Tätigkeit ab (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 251 f. m.w.N.). Bestandteil dieses grundrechtlichen Schutzes ist die anwaltliche Verschwiegenheit. Dem Rechtsanwalt als berufenem unabhängigem Berater obliegt es, seinem Mandanten umfassend beizustehen. Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass zwischen Anwalt und Mandant ein Vertrauensverhältnis besteht. Integrität, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit des Anwalts sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann. Die Verschwiegenheit rechnet daher von jeher zu den anwaltlichen Grundpflichten (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

29

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt die anwaltliche Verschwiegenheit nicht allein im Interesse des Mandanten. Dass sie gewahrt werden kann, liegt vielmehr auch im eigenen beruflichen Interesse des Rechtsanwalts; denn er würde von Mandanten nicht gleichermaßen konsultiert und informiert, könnten diese auf seine Verschwiegenheit nicht vertrauen. Das Gewicht des Schweigerechts wird dadurch noch verstärkt, dass die Verschwiegenheit des Anwalts wie die ganze anwaltliche Berufsausübung nicht allein im individuellen Interesse des einzelnen Rechtsanwalts oder des einzelnen Rechtsuchenden liegt. Der Rechtsanwalt ist "Organ der Rechtspflege" (§§ 1 und 3 BRAO); sein berufliches Tätigwerden liegt zugleich im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege. Unter der Geltung des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes müssen dem Bürger aus Gründen der Chancen- und Waffengleichheit Rechtskundige zur Seite stehen, denen er vertrauen und von denen er erwarten kann, dass sie seine Interessen unabhängig, frei und uneigennützig wahrnehmen (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

30

b) Durch ihr Auskunfts- und Vorlageverlangen hat die Beklagte dieses Grundrecht des Klägers nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.

31

Die Ziele, die das Gesetz mit der Auskunfts- und Vorlagepflicht nach § 44c Abs. 1 KWG verfolgt, sind legitime Gründe des gemeinen Wohls, welche grundsätzlich geeignet sind, das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Ausübung seines Berufs einzuschränken. Die Vorschriften über die Beaufsichtigung der Finanzdienstleistungsinstitute und der Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sollen die Integrität des Kredit- und Finanzmarktes schützen und damit die Stabilität des Finanzsystems wahren. Daneben bezwecken die Vorschriften den Ein- und Anlegerschutz (Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 8 C 37.09 - GWR 2011, 138 m.w.N.). Dabei dient die Auskunfts- und Vorlagepflicht gemäß § 44c KWG dazu, der Aufsichtsbehörde Erkenntnisquellen zu verschaffen, damit sie gegen Unternehmen einschreiten kann, die unerlaubt Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen; sie dient damit dem Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt (vgl. Lindemann, a.a.O., § 44c Rn. 1 f.; Samm, a.a.O., § 44c Rn. 1 f., 13).

32

Dass das Auskunftsverlangen der Beklagten geeignet ist aufzuklären, ob die "S. Ltd." oder die "S. GbR" unerlaubt Finanzdienstleistungen erbringt oder erbracht hat und ob diese Geschäftstätigkeit zu unterbinden ist, liegt auf der Hand. Es war auch erforderlich, die gesetzlichen Ziele zu erreichen. Ein Einschreiten gegen die Auftraggeberin des Klägers ist zwar als milderes und die Verschwiegenheitspflicht des Klägers nicht beeinträchtigendes Mittel theoretisch denkbar gewesen, tatsächlich hat es jedoch keinen Erfolg versprochen. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass die Auftraggeberin des Klägers der Beklagten nicht bekannt war, sodass ein Vorgehen diesem gegenüber schon gar nicht möglich war. Auch im Verwaltungsverfahren hat der Kläger weder verantwortliche Personen noch eine zustellungsfähige Postanschrift genannt. Seine Inanspruchnahme war somit für die Beklagte die einzige Möglichkeit, ihre Aufsichtsbefugnisse effektiv wahrzunehmen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, schrittweise vorzugehen und ihr Begehren zunächst auf die Benennung von Namen, Anschrift und verantwortliche Personen des Auftraggebers des Klägers zu beschränken. Noch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung waren die vom Kläger gegebenen Auskünfte über die Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft, die offenbar in London ansässig sein soll, und die dahinter stehenden Personen so unvollständig und irreführend, dass ein derart beschränktes Auskunftsverlangen es nicht ermöglicht hätte, die Verantwortlichen zeitnah zur Auskunft und Vorlage von Geschäftsunterlagen zu verpflichten.

33

Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die damit verbundene Belastung ist mit Blick auf den mit ihm verfolgten Zweck weder unangemessen noch unzumutbar. Angesichts von Art und Umfang der konkreten Tätigkeit, wie sie der Kläger behauptet, wurde seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht durch die Preisgabe von Kontaktdaten und die Vorlage von Geschäftsunterlagen nur am Rande berührt.

34

5. Die Zwangsgeldandrohung beruht auf § 17 Satz 1 FinDAG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 2 VwVG und hält sich im gesetzlichen Rahmen, der ein Zwangsgeld bis zu 250 000 € zulässt (§ 17 Satz 4 FinDAG).

35

6. Bedenken gegen die Festsetzung der Widerspruchsgebühr in Höhe von 750 € bestehen ebenfalls nicht. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 und 2 FinDAG i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz in der Fassung der 6. Änderungsverordnung vom 24. August 2007 (BGBl I S. 2136). Hiernach ist für die Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine nicht gebührenpflichtige Amtshandlung ein Gebührenrahmen bis zu 1 500 € eröffnet. Diesen hat die Beklagte aufgrund des als durchschnittlich erachteten Verwaltungsaufwands nur zur Hälfte ausgeschöpft.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Dem Fahreignungs-Bewertungssystem sind die in Anlage 13 bezeichneten Zuwiderhandlungen mit der dort jeweils festgelegten Bewertung zu Grunde zu legen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.200 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen.

Er ist Halter des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... Mit diesem Fahrzeug wurde am 17. Mai 2013 auf der Bundesautobahn A 96 bei einer Geschwindigkeit von 119 km/h der erforderliche Abstand zum voranfahrenden Fahrzeug erheblich unterschritten; er betrug weniger als 5/10 des halben Tachowerts. Diese Feststellung wurde durch Abstandsmessung mittels Video und durch Frontfoto dokumentiert. Den ihm durch das Polizeiverwaltungsamt zugeleiteten Anhörungsbogen vom 29. Mai 2013 sandte der Antragsteller nicht zurück. Daraufhin ersuchte das Polizeiverwaltungsamt unter dem 19. Juni 2013 die zuständige Polizeiinspektion, den verantwortlichen Fahrzeugführer festzustellen und anzuhören. Unter dem 16. Juli 2013 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller eingestellt, nachdem er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte und der Fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte.

Mit Bescheid vom 12. September 2013 ordnete die Straßenverkehrsbehörde nach vorheriger Anhörung des Antragstellers für den Zeitraum bis 31. März 2014 in sofort vollziehbarer Weise die Führung eines Fahrtenbuchs an.

Das Verwaltungsgericht München lehnte mit Beschluss vom 18. Dezember 2013 den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 12. September 2013 ab. Nach summarischer Prüfung bestünden gegen die Fahrtenbuchanordnung gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zur Rechtfertigung einer Fahrtenbuchauflage müssten Verkehrsvorschriften in nennenswertem Umfang verletzt worden sein. Bereits ein einziger nicht unwesentlicher Verstoß genüge. Grundsätzlich reiche ein lediglich mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß, ohne dass es darauf ankäme, ob eine konkrete Gefährdungssituation vorgelegen habe. Nach den Umständen des Einzelfalls sei die Polizei nicht in der Lage gewesen, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen habe. Sie habe nicht weitere wahllose und zeitraubende kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen betreiben müssen.

Mit seiner gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde macht der Antragsteller geltend, die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuchs seien nicht gegeben. Die Ermittlung des Fahrzeugführers sei nicht unmöglich gewesen. Hätten die Polizeibeamten sorgfältig ermittelt, hätten sie feststellen können, dass sich der Name seines volljährigen Sohns neben dem des Antragstellers befinde. Umfeldermittlungen etwa durch Nachfragen in der Nachbarschaft seien nicht durchgeführt worden. Das wäre zumutbar und naheliegend gewesen. Der Ermittlungsbericht sei insoweit unvollständig und könne nicht als Grundlage für eine Ermessensentscheidung herangezogen werden. Auch wären Ermittlungen zu Verwandten in der Heimatstadt K. zu fordern gewesen. Die ergebnislose Recherche in der internen Polizeivorgangsverwaltung sei nicht ausreichend. Die Berufung des Antragstellers auf sein Aussageverweigerungsrecht stehe einem Mindestmaß an Ermittlungen nicht entgegen. Letztlich werde mit der Anordnung des Fahrtenbuchs die Berufung des Antragstellers auf sein Aussageverweigerungsrecht sanktioniert. Materiell rechtlich sei die Fahrtenbuchanordnung unverhältnismäßig. Der Verkehrsverstoß sei nicht erheblich gewesen und lasse keinen Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Antragstellers und eine davon ausgehende Gefährdung des Straßenverkehres zu. Die Begründung, dass mit der Fahrtenbuchauflage künftige unaufklärbare Verstöße verhindert werden sollten, reiche nicht aus.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen und beantragt, sie zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist unmöglich und die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO zulässig, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80; B. v. 21.10.1987 - 7 B 162/87 - Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 12 und Nr. 18; B. v. 23.12.1996 - 11 B 84/96).

Die Ermittlungsmaßnahmen der zuständigen Polizeiinspektion waren hier angemessen, denn die Behörde hat in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen ergriffen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können (BVerwG, B. v. 21.10.1987, a. a. O.). Lehnt der Fahrzeughalter, wie hier der Antragsteller, unter ausdrücklichem Hinweis auf sein Zeugnisverweigerungsrecht die Mitwirkung an der weiteren Aufklärung ab, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, aber kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben (vgl. BVerwG, B. v. 1.3.1994 - 11 B 130.93 - VRS 88, 158 ff.; B. v. 9.12.1993 - 11 B 113/93; B. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 - BayVBl. 1983, 310 ff.). Es kann dahinstehen, ob, wie vom Antragsteller nun behauptet, Hinweise darauf vorhanden gewesen wären, dass sein Sohn bei ihm lebt, denn aus dem bei der Behördenakte befindlichen Foto von der Videomessung ist ersichtlich, dass es sich bei der fahrenden Person mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen jungen Mann handelt. Warum sonst die Feststellung seines Sohnes als möglichem Mitnutzer des Kraftfahrzeugs zur Ahndung des Verkehrsverstoßes hätte beitragen können, legt der Antragsteller nicht dar. Die Feststellung, dass der Antragsteller ledig ist und kein weiterer Name auf dem Briefkasten und dem Klingelbrett seiner Wohnung steht, sowie die ergebnislos gebliebene Recherche in der internen Polizeivorgangsverwaltung waren nach den Umständen des Einzelfalls ausreichend. Insbesondere musste die Polizei nicht ins Blaue hinein nach Verwandten des laut Behördenakte in M... geborenen und in M... wohnhaften Antragstellers in K... forschen, zumal nicht davon ausgegangen werden konnte, dass sich die befragten Familienmitglieder selbst oder gegenseitig belasten würden.

2. Bereits im Fall der erstmaligen Begehung eines Verkehrsverstoßes, der - wie hier - im Fall seiner Ahndung zur Eintragung von wenigstens einem Punkt im Verkehrszentralregistergesetz geführt hätte, ist die Auferlegung eines Fahrtenbuches gerechtfertigt und verhältnismäßig, weil es sich um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht i. S. d. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO handelt. Nicht erforderlich ist, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist (vgl. BVerwG, U. v. 17.5.1995 - 11 C 12/94 - BVerwGE 98, 227/229; B. v. 9.9.1999 - 3 B 94/99 - BayVBl. 2000, 380). Ferner ist es nicht erforderlich, dass eine Wiederholungsgefahr besteht (BVerwG, B. v. 23.6.1989 - 7 B 90/89 - NJW 1989, 2704), so dass auch die bloße Androhung einer Fahrtenbuchauflage für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung, bei der der verantwortliche Fahrzeugführer nicht festgestellt werden kann, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kein milderes, ebenfalls in Betracht kommendes Mittel wäre (zuletzt BayVGH, B. v. 8.11.2013 - 11 CS 13.1950)

Soweit der Antragsteller vorträgt, ein Verkehrsverstoß, der nicht auch den Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Kraftfahrers zulasse, rechtfertige keine Fahrtenbuchauflage, kann auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. In seiner Entscheidung vom 17. Mai 1995 (11 C 12.94 - BVerwGE 98, 227) stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Fahrtenbuchauflage nicht gerechtfertigt ist, wenn nur ein einmaliger, unwesentlicher Verstoß festgestellt wird, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Unzuverlässigkeit des Kraftfahrers zulässt. Es kann dahinstehen, ob darin das Erfordernis der Unzuverlässigkeit als zusätzlicher Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit von Fahrtenbuchauflagen zum Ausdruck kommt. Denn der hier in mitten stehende Verkehrsverstoß zeigt jedenfalls, dass der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin am Steuer des Kfz, dessen Halter der Antragsteller ist, bereit ist, eine erhebliche Straßenverkehrsgefährdung in Kauf zu nehmen, um selbst schneller voran zu kommen. Darin drückt sich eine auf die Straßenverkehrsteilnahme bezogene charakterliche Unzuverlässigkeit aus, zumal die Unterschreitung des erforderlichen Abstands bei hoher Geschwindigkeit latent ein großes Risiko birgt. Ergibt sich aufgrund eines unvorhersehbaren Ereignisses die Notwendigkeit, zu bremsen, wird ein Unfall unvermeidbar.

Derjenige Fahrzeughalter, der unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer solchen Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, darf durch das Führen eines Fahrtenbuches zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG vom 23.6.1989 - 7 B 90.89 - NJW 1989, 2704).

3. Der Halter eines Kraftfahrzeugs kann auch nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er von einem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen, die auch der Antragsteller für sich gegenüber anderen in Anspruch nimmt (vgl. BVerfG, B. v. 7.12.1981 - 2 BvR 1172/81 - NJW 1982, 568; BVerwG, B. v. 22.6.1995 - 11 B 7/95 - BayVBl. 1996, 156; B. v. 11.8.1999 - 3 B 96/99 - BayVBl. 2000, 380; BayVGH, B. v. 10.4.2006 - 11 CS 05.1980; v. 2.8.2007 - 11 ZB 06.1759; B. v. 20.3.2008 - 11 ZB 08.432; B. v. 22.4.2008 - 11 ZB 07.3419; B. v. 12.6.2008 - 11 CS 08.587; B. v. 30.9.2008 - 11 CS 08.1953; B. v. 7.11.2008 - 11 CS 08.2650; B. v. 28.3.2011 - 11 CS 11.360; B. v. 1.2.2012 - 11 CS 11.2640; B. v. 24.6.2013 - 11 CS 13.1079).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.11 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php).

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. August 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

3

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne vom § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris und vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).

4

a) Soweit die Beschwerde sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob bei einer überlangen Dauer des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates (hier: über neun Monate) eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaates nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung infolge einer Ermessensreduzierung auf Null besteht, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision.

5

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union lässt sich darüber hinaus eine Pflicht zum Selbsteintritt nur ableiten, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N.S. u.a. - Rn. 98 und vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35). Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass mit einer solchen Konstellation der vorliegende Fall nicht vergleichbar ist. Unabhängig hiervon wäre, selbst wenn man der Rechtsprechung des Gerichtshofs einen allgemeinen Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer entnehmen wollte, eine Verfahrensdauer von etwas über neun Monaten von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung zur Wiederaufnahme nicht unangemessen lang (vgl. zu einer Verfahrensdauer von etwas mehr als elf Monaten: BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14, 1 C 33.1 C 33.14 und 1 C 34.1 C 34.14 - jeweils Rn. 21).

6

b) Des Weiteren wirft der Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf,

"ob nicht entsprechend der Dublin III-Verordnung für Wiederaufnahmegesuche eine Frist von nur zwei Monaten bei Vorliegen einer Eurodac-Treffermeldung greift (entsprechend Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung)."

7

Auch diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Denn aus der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ergibt sich, dass die Dublin III-Verordnung erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar ist, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Im vorliegenden Fall wurde der erneute Asylantrag bereits am 25. Februar 2013 gestellt, weshalb Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung hier nicht zur Anwendung gelangen kann. Gründe für eine analoge Anwendung, die insbesondere eine Regelungslücke voraussetzt, legt die Beschwerde nicht in hinreichender Weise dar.

8

c) Die Kläger halten weiterhin für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob verneinendenfalls die Überstellungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden ist, wenn auf gerichtliche Anordnung vorher die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels angeordnet wurde, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des ablehnenden Asylbescheides (hier: 27.01.2014) die überlange Verfahrensdauer von neun Monaten unstreitig bereits vorliegt."

9

Wie sich aus den obigen Ausführungen (zu 1. a) ergibt, kann eine Verfahrensdauer von etwas über neun Monaten von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung zur Wiederaufnahme bereits nicht als unangemessen lang angesehen werden, weshalb es auf die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich ankommt. Darüber hinaus ist die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Überstellungsfrist zu laufen beginnt, wenn nach innerstaatlichem Recht einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt, für die Dublin II-Verordnung durch den Gerichtshof der Europäischen Union durch Urteil vom 29. Januar 2009 (C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 42 ff.) geklärt. Der Gerichtshof stellte fest, dass für die entsprechende Regelung bei der Wiederaufnahme eines Asylsuchenden nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d und Art. 20 Abs. 2 Dublin II-Verordnung die Frist für die Durchführung der Überstellung nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die der Durchführung der Überstellung nicht mehr entgegengesetzt werden kann. Die ratio der Entscheidung besteht darin, den Mitgliedstaaten eine Überstellungsfrist von sechs Monaten in vollem Umfang zur Durchführung der Überstellung zu ermöglichen (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 -, Rn. 44).

10

d) Soweit die Kläger ferner für grundsätzlich klärungsbedürftig erachten,

"ob sich der gerichtlich überprüfbare Anspruch des Antragstellers in diesem Fall nur auf systemische Mängel im als verfahrenszuständig bestimmten Staat beschränkt oder darüber hinaus auch weitere Rechtsaspekte, wie z.B. nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland sich erstmalig ergebende neue Asylgründe, nicht auch hier überprüft werden müssen",

kann auch dies nicht zur Zulassung der Revision führen.

11

Diese Frage ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das mit der Anfechtungsklage zu verfolgende Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrages nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin II-Verordnung und nicht eine Verpflichtungsklage, im Rahmen derer über die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu entscheiden wäre. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 27. Januar 2014 die Zuständigkeit der Tschechischen Republik für die Durchführung des Asylverfahrens angenommen und ausdrücklich keine materielle Prüfung der Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens (§ 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) vorgenommen.

12

e) Schließlich rechtfertigt auch die von den Klägern aufgeworfene Frage,

"ob die Beklagte und der Bayerische VGH zu Recht für die Tschechische Republik grundsätzlich das Vorliegen von systemischen Mängeln verneint hat",

nicht die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

13

Diese Fragestellung führt auch nicht ansatzweise auf eine in einem Revisionsverfahren klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Vielmehr stellt die Beschwerde mit diesem Vorbringen im Gewande der Grundsatzrüge die dem Tatrichter vorbehaltene Feststellung der tatsächlichen Prognosegrundlagen und dessen darauf aufbauende prognostische Würdigung infrage, den Klägern drohe infolge der angeordneten Abschiebung in die Tschechische Republik dort nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen. Die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vermag die Beschwerde mit diesem Vorbringen nicht zu erreichen.

14

2. Auch die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) führen nicht zur Zulassung der Revision.

15

a) Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 138 Nr. 3 VwGO) geltend. Das Berufungsgericht habe den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Schriftsatz vom 13. Juli 2015 in den Entscheidungsgründen nicht erwogen. In diesem Schriftsatz sei ausgeführt worden, dass in der Tschechischen Republik ein rechtsstaatliches Verfahren nicht durchgeführt werde. Den Klägern sei nach Abschluss des Verfahrens ein Dokument in russischer Sprache ausgehändigt worden, wonach sie bei einer weiteren Antragstellung sofort abgeschoben werden würden. Ausweislich der Entscheidungsgründe (S. 8 UA) hat sich das Berufungsgericht indes mit dem entsprechenden Vortrag der Kläger auseinandergesetzt und dargelegt, dass die beschriebene Verfahrensweise geltendem Unionsrecht entspreche und daher keine systemischen Mängel des Asylverfahrens begründeten. Die weiteren, in der Beschwerdeschrift angeführten Gründe für die von den Klägern behaupteten systemischen Mängel des Asylverfahrens in der Tschechischen Republik begründen keine Gehörsverletzung, da diese erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht wurden und daher vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt werden konnten.

16

b) Auch eine den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Eine solche ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 27. Juli 2015 - 9 B 33.15 - NJW 2015, 3386 - juris Rn. 8 m.w.N.) gegeben, wenn ein Gericht einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten, und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten. Ansonsten besteht im Grundsatz keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten seine Auffassung jeweils vor dem Ergehen einer Entscheidung zu offenbaren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. November 1986 - 1 BvR 706/85 - BVerfGE 74, 1 <5 f.>). Ein Gericht muss die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - 5 B 21.9 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 61 - Rn. 18 m.w.N.).

17

Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör durch eine unzulässige Überraschungsentscheidung nicht dargetan. Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden kann, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Das Berufungsgericht hat ausweislich der angefochtenen Entscheidung (UA S. 9 f.) den mit gerichtlichem Schriftsatz vom 17. Juli 2015 eingeführten Erkenntnisquellen entnommen, dass dem Asylsystem der Tschechischen Republik keine systemischen Mängel anhaften. Die Kläger hatten Gelegenheit, sich zu den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln zu äußern. Es ist daher nicht ersichtlich, dass das angefochtene Urteil im Hinblick auf die verneinten systemischen Mängel des Asylsystems in der Tschechischen Republik das rechtliche Gehör der Kläger verletzt.

18

c) Die Beschwerde beanstandet schließlich, dass das Berufungsgericht nicht ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden dürfen, weil die Kläger einer Entscheidung gemäß § 130a VwGO ausdrücklich widersprochen hatten. Hätte das Berufungsgericht die Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört, hätten sie ihre Angaben zu den systemischen Mängeln in der Tschechischen Republik konkretisieren können.

19

Auch dieses Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruht. Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil der Verwaltungsgerichtshof, nachdem er die Beteiligten dazu angehört hat, über die Berufung ohne mündliche Verhandlung im vereinfachten Verfahren gemäß § 130a VwGO entschieden hat.

20

Ob ein Berufungsgericht den ihm gemäß § 130a VwGO eröffneten Weg einer Entscheidung im Beschlussverfahren beschreitet, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das grundsätzlich nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüfbar ist; dabei ist insbesondere die Schwierigkeit der Sache ein im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigender wesentlicher Gesichtspunkt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2004 - 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 <213 f.>; Beschlüsse vom 27. Januar 2011 - 3 B 63.10 - NJW 2011, 1830 Rn. 8 und vom 7. September 2011 - 9 B 61.11 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 61 Rn. 4). Hiernach erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts für das Beschlussverfahren gemäß § 130a VwGO nicht als sachfremd oder grob fehlerhaft, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Streitfall einen außergewöhnlichen Schwierigkeitsgrad aufweist. Dass die Kläger einer Entscheidung gemäß § 130a VwGO - hier ohne neuen Sachvortrag oder zusätzliche Beweisangebote - ausdrücklich widersprochen haben, ist unerheblich (BVerwG, Beschluss vom 7. September 2011 - 9 B 61.11 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 61 Rn. 4).

21

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Der Schriftsatz der Beschwerdegegnerin vom 30. November 2015 enthält keinen neuen Sach- oder Rechtsvortrag, so dass er dem Beschwerdeführer nicht vor der Entscheidung zuzuleiten war.

22

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.