Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 04. Aug. 2016 - 3 A 249/15 HGW

bei uns veröffentlicht am04.08.2016

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 6. März 2015 und der Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Die Kläger sind Eigentümer der beiden Grundstücke auf den Flurstücken G1 und G2 in D.. Die Grundstücke liegen an der auf einer Länge von etwa 385 m verlaufenden D.-Straße an.

3

Der Beklagte baute die ursprünglich aus einer Betonsteinplattenbefestigung bestehende Straße aus. Die Straße erhielt einen 50 cm straken frostsicheren Unterbau und eine Fahrbahnentwässerung in Gestalt einer an die Regenwasserleitung angeschlossenen Sickerdrainage. Die Fahrbahn wurde auf einer Breite von etwa 3,50 m mit Betonsteinpflaster befestigt. Des Weiteren wurde ein etwa 1,20 m breiter Gehweg angelegt. Zudem wurde die Straßenbeleuchtung durch Einbau neuer Straßenlaternen erneuert.

4

Mit den Bescheiden vom 2. Dezember 2014 zog der Beklagte die Kläger zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrages für die Herstellung und Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Beleuchtung und der Oberflächenentwässerung der D.-Straße D. zwischen der Kreisstraße und dem ländlichen Weg in Höhe von 1.924,72 Euro für das Grundstück G1 und in Höhe von 391,78 Euro für das Grundstück G2 heran. Der Beklagte ordnete die D.-Straße als Haupterschließungsstraße mit einem Anteil der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand von 30 vom Hundert für die Fahrbahn, 50 vom Hundert für den Gehweg, 30 vom Hundert für die Oberflächenentwässerung und 30 vom Hundert für die Straßenbeleuchtung ein. Der Beklagte ging daher von einem umlagefähigen Kostenaufwand von insgesamt 47.672,21 Euro und einem Abrechnungsgebiet mit der Ausdehnung von 36.262,82 m2 aus. Wobei sich ein Beitragssatz von 1,3147 Euro/m2 bei einer für die Grundstücke der Kläger zu berücksichtigenden Grundstücksfläche von 1.464 m2 für das Grundstück G1und von 298 m2 für das Grundstück G2 ergab.

5

Den gegen die Beitragsbescheide vom 2. Dezember 2014 gerichteten Widerspruch der Kläger vom 9. Dezember 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 zurück.

6

Am 18. März 2015 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Die Kläger sind der Auffassung, die angefochtenen Beitragsbescheide seien rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der Beitragsanspruch des Beklagten sei bereits verjährt, da die Baumaßnahme schon mit der Abnahme am 20. November 2008 abgeschlossen worden und die vierjährige Festsetzungsfrist bei Erlass der Beitragsbescheide damit abgelaufen gewesen sei. Außerdem sei die Ermittlung des Beitrages insoweit unzutreffend erfolgt, als dass die Kosten für 20 Straßenlaternen in Ansatz gebracht worden seien, obwohl an der ausgebauten D.-Straße selbst nur neun Straßenleuchten aufgestellt worden seien. Zudem liege eine Zusicherung des Beklagten in Gestalt eines Ergebnisprotokolls zu einer Einwohnerversammlung am 17. August 2008 (richtig wohl 17. September 2008) vor, aus dem hervorgehe, dass der Beitragssatz je Quadratmeter anzurechnende Grundstücksfläche nicht mehr als 0,60 Euro betragen werde. Die Einordnung der D.-Straße als Haupterschließungsstraße sei ebenfalls fehlerhaft. Stattdessen stelle die Straße eine Hauptverkehrsstraße dar, da sie von Berufspendlern genutzt werde, um die Hansestadt A-Stadt zu umfahren, und ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Verkehrs über sie abgewickelt werde. Schließlich handele es sich bei dem Grundstück auf dem Flurstück G1 um ein Eckgrundstück, da zwischen diesem und dem Grundstück G3 ein Weg entlang führe. Es seien daher für das Grundstück nur 2/3 des eigentlichen Beitrages zu erheben.

7

Die Kläger beantragen,

8

den Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 2 Dezember 2014 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Der Beitragsanspruch sei bei Erlass des Beitragsbescheides noch nicht verjährt gewesen, da die Festsetzungsverjährungsfrist erst am 31. Dezember 2015 abgelaufen sei, da erst mit Eingang eines Schreibens des Abwasserzweckverbandes A-Stadt - ... vom 18. April 2011, die Kosten der Maßnahme hätten ermittelt werden können. Auch die in Ansatz gebrachten Kosten seien gerechtfertigt. Die von den Klägern angeführte Zusicherung liege nicht vor. Zudem sei die D.-Straße im Hinblick auf die Rechtsprechung des OVG Greifswald nur als Haupterschließungs- und nicht als Hauptverkehrsstraße einzuordnen. Eine Eckgrundstücksvergünstigung sei nicht zu gewähren, da der an dem Grundstück vorbeiführende Weg nicht zum Anbau bestimmt sei.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die bei dem Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Das Gericht kann den Rechtsstreit durch den Berichterstatter anstelle der Kammer, § 87a Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), und ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO, entscheiden, da die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 26. Juli 2016 und 27. Juli 2016 ihr Einverständnis erteilt haben.

II.

14

Die zulässige - insbesondere form- und fristgerecht erhobene - Klage ist begründet.

15

Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 2. Dezember 2014 sind in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 gefunden haben, rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

16

1. Den angefochtenen Bescheiden fehlt es schon an der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderlichen satzungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage.

17

Die vom Beklagten bei Erlass der Beitragsbescheide herangezogene „Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) für das Land Mecklenburg-Vorpommern für straßenbauliche Maßnahmen der Hansestadt A-Stadt vom 11.06.1997“ in der Fassung der vierten Änderungssatzung vom 23. März 2011 (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) ist nichtig.

18

a) Die in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SABS getroffene Regelung über die Verteilung des Vorteils zwischen der Hansestadt A-Stadt und den Beitragspflichtigen ist vorteilswidrig und rechtswidrig. Dies führt zur Nichtigkeit der Straßenausbaubeitragssatzung.

19

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V sind Beiträge, die als Gegenleistung dafür erhoben werden, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Einrichtungen Vorteile geboten werden, nach den Vorteilen zu bemessen. Das damit zum Ausdruck gebrachte Vorteilsprinzip gilt indessen nicht nur für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes auf den Kreis Beitragspflichtigen, sondern gleichermaßen für die Verteilung des Aufwandes zwischen der beitragsberechtigten Gemeinde und den Beitragspflichtigen (vgl. jeweils m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 13.02.2012 - 3 A 1017/10 -, juris Rn. 16; OVG Weimar, Urt. v. 26.06.2013 - 4 KO 583/08 -, juris Rn. 53; Driehaus in: ders., Kommunalabgabenrecht - Band 2, § 8 Rn. 364, Stand 09/2012). Der Landesgesetzgeber hat mit § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V lediglich vorgesehen, dass die Gemeinden mindestens 10 vom Hundert des Aufwandes zu tragen haben. Dass der Landesgesetzgeber damit keine fixe Regelung des Gemeindeanteils bewirken wollte, sondern die Festlegung des von der Gemeinde zu tragenden Anteils am Aufwand in deren Regelungsermessen stellen wollte, ergibt sich unschwer aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, der von einem Gemeindeanteil vonmindestens 10 vom Hundert spricht. Bei der Bemessung des von ihr zu tragenden Anteils am Aufwand ist die Gemeinde indessen nicht frei. Sie hat bei Ausübung ihres Regelungsermessens vielmehr zu berücksichtigen, dass der Gemeindeanteil dem Vorteil entsprechen muss, der der Allgemeinheit, deren Repräsentantin die Gemeinde ist, im Verhältnis zur Gruppe der Grundstückseigentümer durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage geboten wird (vgl. OVG Weimar a.a.O. sowie OVG Magdeburg, Beschl. v. 08.12.2009 - 4 L 159/09 -, juris Rn. 4). Wegen des damit verbundenen unterschiedlichen Vorteils für die beiden aufwandsbelasteten Gruppen hat die Gemeinde bei der Festsetzung des Gemeindeanteils sowohl hinsichtlich der Verkehrsbedeutung der Anlage als auch hinsichtlich der einzelnen Teileinrichtung zu differenzieren (vgl. OVG Weimar, a.a.O.; Driehaus, a.a.O. Rn. 368). So vermittelt etwa eine Anliegerstraße, auf der kein oder nur wenig Durchgangsverkehr stattfindet, den Grundstückseigentümern im Vergleich zur Allgemeinheit einen größeren Vorteil als eine Hauptverkehrsstraße, die zu einem nicht nur unerheblichen Teil der Bewältigung von Durchgangsverkehr dient. Dem hat die Gemeinde mit der Festsetzung vorteilsgerechter Verteilungssätze Rechnung zu tragen.

20

Daran fehlt es hier. Für den hier betroffenen Fall einer Haupterschließungsstraße, die gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 lit. b) SABS als Straße, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen sind, legaldefiniert ist, hat die Hansestadt A-Stadt in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SABS einen Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand für die Fahrbahn, Radwege sowie Beleuchtung und Straßenentwässerung von 30 vom Hundert und für Parkstreifen und Gehwege von 50 vom Hundert festgesetzt. Das Gericht versteht die Definition der Haupterschließungsstraße - nicht zuletzt im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift - dahin, dass diese lediglich dem Verkehr innerhalb desselben Baugebietes oder desselben im Zusammenhang bebauten Ortsteils dienen, was sich auch aus der notwendigen Abgrenzung zu Hauptverkehrsstraßen im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 lit. c) SABS, die ihrerseits auch dem innerörtlichen Verkehr dienen, ergibt. Straßen dieser Kategorie dienen danach vorrangig, wenn nicht sogar ausschließlich, der Bewältigung des Verkehrs, der durch die angrenzenden oder in näherer Umgebung befindlichen Grundstücke verursacht wird. Zwar differenziert die Hansestadt A-Stadt bei der Festsetzung des Gemeindeanteils insoweit nach einzelnen Teileinrichtungen, jedoch genügt sie gleichwohl nicht den oben dargestellten Maßgaben. Die Festsetzung eines Anliegeranteils von nur 30 vom Hundert (mithin eines Gemeindeanteils von 70 vom Hundert) für die Teileinrichtung Fahrbahn bildet die nach der Definition der Haupterschließungsstraße bestehende (weit) überwiegende Nutzung der Straße durch Anlieger nicht hinreichend in der Vorteilsverteilung ab. Soweit die Hansestadt A-Stadt für die Teileinrichtungen Parkstreifen und Gehwege einen Anliegeranteil von 50 vom Hundert festsetzt ist dies ebenso wenig vorteilsgerecht. Die Gemeinde lässt damit unberücksichtigt, dass Fußgängerverkehr überwiegend im Nahbereich stattfindet. Das erkennende Gericht hat bereits entschieden (vgl. VG Greifswald, a.a.O.), dass selbst in Fällen von Hauptverkehrsstraßen, die zusätzlich von inner- und überörtlichem Durchgangsverkehr geprägt sind, ein gleichgroßer Anlieger- und Gemeindeanteil für die Teileinrichtung Gehweg vorteilswidrig ist, dies muss daher erst recht für eine - annähernd ausschließlich - von Anliegerverkehr geprägte Haupterschließungsstraße gelten.

21

In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass mit der vorteilswidrig zu niedrig erfolgten Festsetzung des Anliegeranteils für Haupterschließungsstraßen sich die Festsetzung eines Anliegeranteils von 50 vom Hundert für Anliegerstraßen sowie 10 vom Hundert für Hauptverkehrsstraßen für die Teileinrichtung Fahrbahn ebenso wie die Festsetzung eines Anliegeranteils von 60 vom Hundert für Anliegerstraßen und 50 vom Hundert für Hauptverkehrsstraßen für die Teileinrichtung Gehweg als vorteilswidrig erweist, da die festgesetzten Anliegeranteile vorteilsgerecht aufeinander abgestimmt sein müssen und sich in das System der für die anderen Straßenarten und Teileinrichten gewählten Anteilssätze einfügen müssen (vgl. m.w.N. Driehaus, a.a.O. Rn. 369a).

22

Dieser Fehler allein führt zur Nichtigkeit der Satzung (vgl. m.w.N. VG Greifswald a.a.O.).

23

b) Ohne dass es für die Entscheidung des vorliegenden Falles noch darauf ankäme, weist das Gericht darauf hin, dass die vom Beklagten herangezogene Straßenausbaubeitragssatzung noch weitere Rechtsfehler aufweist. Ob diese unter Berücksichtigung des Grundsatzes der regionalen Teilbarkeit (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 - 1 M 242/03 -, juris Rn. 46) für sich genommen im hiesigen Fall ebenso zur Nichtigkeit der Straßenausbaubeitragssatzung führen, bedarf hier keiner Entscheidung.

24

aa) Jedenfalls rechtsfehlerhaft ist die Bestimmung über den Kreis der Beitragsschuldner in § 5 Abs. 4 SABS, wonach in Fällen des § 286 Zivilgesetzbuches der DDR (ZGB-DDR) beitragspflichtig der Gebäudeeigentümer ist. Die Vorschrift entspricht nicht mehr den Vorgaben des § 7 Abs. 2 KAG M-V. Nach § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V sind nämlich die Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne von Art. 233 § 4 EGBGB anstelle des Grundstückseigentümers beitragspflichtig. Soweit die Vorschrift des § 5 Abs. 4 SABS die abweichende Beitragspflicht nur für Fälle des § 286 ZGB-DDR anordnet, deckt sie den Anwendungsbereich des Art. 233 § 4 EGBG nicht vollständig ab, da dieser nach dessen Abs. 7 auch andere als die in § 286 ZGB-DDR genannten Nutzungsrechte erfasst. Es fehlt mithin an einer abschließenden Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V.

25

bb) Allein auf Grund des Alters der Straßenausbaubeitragssatzung und des Umstandes, dass die letzte Änderung der Satzung im Jahr 2011 nur andere Regelungsgegenstände betraf, bestehen Zweifel daran, ob die Vorschrift über die Tiefenbegrenzung in § 4 (A) Abs. 2 Nr. 2 SABS noch den von der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, juris Rn. 72 ff.) entwickelten Anforderungen genügt.

26

cc) Die Vorschrift über den nutzungsbezogenen Artzuschlag in § 4 (C) Abs. 2 SABS erweist sich zumindest dann ebenfalls als rechtsfehlerhaft, wenn sie in ihrer zweiten Variante (unbeplantes Gebiet) dahin zu verstehen sein soll, dass es sich um ein zwar unbeplantes aber gleichwohl faktisch bestehendes Bebauungsgebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) handeln muss. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 - 3 B 522/15, juris Rn. 15 sowie Urt. v. 15.10.2015 - 3 A 409/13 -, juris Rn. 23 f.) ist es weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren, wenn die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlages davon abhängt, dass die gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Baunutzungsverordnung (vgl. §§ 2 ff. BauNVO) genannten faktischen (vgl. § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB) oder durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiete liegen.

27

dd) Obgleich dies nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führen würde, bestehen Bedenken auch gegen die Rechtmäßigkeit der Eckgrundstücksvergünstigung in § 3 Abs. 8 SABS. Soweit die Vorschrift das Eingreifen der Vergünstigung auf Grundstücke in Wohngebieten im Sinne von §§ 2 bis 5 und 10 BauNVO sowie Wohngrundstücke in Gebieten nach § 6 BauNVO beschränkt, ist sie mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht zu vereinbaren (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.10.2015 - 3 A 409/13 -, juris Rn. 27). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Daraus folgt, dass mehrfach erschlossene Grundstücke in faktischen Wohngebieten oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB nach dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht in den Genuss der Vergünstigung kommen sollen. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist aber nicht ersichtlich.

28

2. Nach alledem bedarf die Rechtsanwendung durch den Beklagten an sich keiner Erörterung mehr, da allein die Nichtigkeit der zu Grunde gelegten Satzung zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt.

29

Nichtsdestotrotz weist das Gericht für den Fall einer neuerlichen Beitragserhebung auf Folgendes hin:

30

Die von den Beteiligten aufgeworfene Frage der Verjährung des Beitragsanspruches stellt sich nicht mehr, da die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Beitragsanspruch entstanden ist (§ 12 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 Abgabenordnung - AO). Weil der Beitragsanspruch erst mit Vorliegen einer wirksamen Straßenausbaubeitragssatzung entsteht (vgl. m.w.N. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 37 Rn. 10), es an einer solchen aber bisher fehlt, ist der Beitragsanspruch des Beklagten noch nicht entstanden und in der Folge noch nicht verjährt.

31

Der Annahme einer wirksamen Zusicherung dahingehend, dass der Beitragssatz für die hier betroffene Ausbaumaßnahme nicht mehr als 0,60 Euro/m2 betragen werde, steht entgegen, dass die auf die Erhebung von Kommunalabgaben gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V anzuwendende Abgabenordnung das Institut der Zusicherung nicht kennt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 28.03.2002 - 3 A 2363/97 -, juris Rn. 36). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass seitens der Hansestadt A-Stadt bei Ausfertigung des Ergebnisprotokolls zu der Einwohnerversammlung vom 17. September 2008 (Bl. 112 VV) der für die Bewirkung des mit der sogenannten Zusicherung verbundenen teilweisen Beitragsverzichts erforderliche Verzichtswille vorgelegen hat.

32

Hinsichtlich des Einwands der Kläger, der Beklagte habe statt der angedachten 20 Straßenleuchten nur neun errichtet, lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen, dass der Beklagte auch den Aufwand für mehr als diese in Ansatz gebracht hat. Der Beklagte wird aber im Falle einer neuerlichen Beitragserhebung zu berücksichtigen haben, dass im Rahmen der Beitragserhebung nur der Aufwand in Ansatz zu bringen ist, der auf die abgerechnete Anlage entfallen ist.

33

Soweit der Kläger schließlich der Auffassung ist, die D.-Straße sei als Hauptverkehrsstraße einzuordnen, ist dem entgegenzuhalten, dass die D.-Straße mit einer Ausbaubreite (Fahrbahn) von nur 3,50 m nicht einmal den vom OVG Greifswald (vgl. Beschl. v. 09.07.2007 - 1 M 40/07 -, juris Rn. 15) entwickelten Anforderungen an eine Innerortsstraße genügt, sodass sie erst recht keine Hauptverkehrsstraße sein kann.

34

Auf die Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung haben die Kläger jedenfalls derzeit keinen Anspruch, da die maßgebliche Satzungsnorm, wie bereits dargelegt, nichtig ist. Ergänzend sei aber darauf hingewiesen, dass es im Straßenausbaubeitragsrecht, anders als der Beklagte im Schriftsatz vom 29. Juni 2015 zu erkennen gegeben hat, nicht auf das erschließungsbeitragsrechtliche Merkmal der Bestimmung des Weges zum Anbau ankommt, sondern vielmehr darauf abzustellen ist, ob es sich bei dem Weg um eine im straßenausbaubeitragsrechtlichen Sinne beitragsfähige Anlage handelt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.10. 2015 - 3 A 409/13 -, juris Rn. 48), da einzig dies dem Sinn und Zweck der Vergünstigungsvorschrift, den Grundstückseigentümer von einer doppelten Heranziehung zumindest teilweise zu entlasten, entspricht. Dem Zweck der Vorschrift kann nur genügt werden, wenn es sich bei der zweiten Anlage, hier also dem Weg, um eine solche handelt, die nach den straßenausbaubeitragsrechtlichen Maßstäben beitragsfähig ist. Dies wird der Beklagte im Falle einer neuerlichen Beitragserhebung ebenfalls zu berücksichtigen haben.

II.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 VwGO, sind nicht ersichtlich.

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(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 25.06.2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G1 in einer Größe von 4.538 m². Das Grundstück grenzt südlich an die Ortsdurchfahrt der B 104. Westlich schließen sich noch zwei bebaute Grundstücke - die Flurstücke G2 und G3 - an das klägerische Grundstück an. Mit Bescheid vom 22.06.1995 setzte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern, den Beginn der Ortsdurchfahrt auf km 9.749, Flurstück G4 (Grundstücksgrenze) und das Ende der Ortsdurchfahrt auf km 12.003, Flurstück G5 (Grundstücksgrenze) fest. Der so genannte OD-Stein am Ende der Ortsdurchfahrt befindet sich auf Höhe der westlichen Grenze des Grundstücks G3.

3

Etwa 300 m östlich des klägerischen Grundstücks mündet die L 285 in die B 104. Am 04.04.2006 schlossen die Gemeinde A-Stadt und die Bundesrepublik Deutschland (Straßenbauverwaltung) eine Vereinbarung zum Ausbau der Ortsdurchfahrt A-Stadt im Zuge der B 104 und der L 285.

4

Vor der Durchführung der vorliegend abgerechneten Baumaßnahme wies Ortsdurchfahrt der B 104 im Bereich westlich der Einmündung der L 285 einen beiderseitigen Gehweg und eine Straßenbeleuchtung auf. Der südliche Gehweg war unbefestigt, der nördliche Gehweg war teilweise vor den Grundstücken in einer Breite von 90 cm mit Betonplatten befestigt.

5

Im Rahmen der Baumaßnahme wurden u.a. der südliche Gehweg befestigt und die Straßenbeleuchtung in diesem Bereich erneuert. Das Ausbauende liegt auf Höhe des klägerischen Grundstücks. Eine Abschnittsbildung ist ebenso wenig erfolgt, wie eine Kostenspaltung.

6

Mit Bescheid vom 25.06.2010 zog der Beklagte die Klägerin für die Maßnahme „Ausbau des Gehweges/Straßenbeleuchtung Knoten B 104/L 285“ zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 560,39 EUR heran. Der Beitrag wurde unter Berücksichtigung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung ermittelt, die Straße als Hauptverkehrsstraße eingestuft. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2010 zurück.

7

Am 23.09.2010 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Bei der Beitragsermittlung sei die gesamte Grundstücksbreite berücksichtigt worden, obwohl der Gehweg bereits an der Grundstückeinfahrt ende. Die Klägerin habe den Gehweg auf eigene Kosten über die gesamte Grundstücksbreite anlegen lassen.

8

Die Klägerin beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 25.06.2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 aufzuheben.

10

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Mit Beschluss vom 13.02.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

14

Der Rechtsstreit kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 06.10.2010 bzw. 10.11.2010 ihr Einverständnis erklärt haben, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

II.

15

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in Ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

16

1. Ihm fehlt die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage. Nach dieser Bestimmung dürfen Abgaben - zu denen auch Straßenbaubeiträge gehören - nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung – SABS) vom 30.01.2001 scheidet als Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung aus, denn die in § 3 Abs. 2 mittlere und rechte Spalte SABS normierte Vorteilsregelung ist fehlerhaft. Die Bestimmung eines gleichhohen Anliegeranteils von jeweils 25 v.H. für alle Teileinrichtungen von Hauptverkehrsstraßen ist ebenso vorteilswidrig wie der einheitliche Ansatz von 50 v.H. für alle Teileinrichtungen von Innerortsstraßen. Das Vorteilsprinzip gebietet nicht nur eine hinreichende Differenzierung nach der Verkehrsbedeutung einer Straße, sondern - jedenfalls bei Innerorts- und Hauptverkehrsstraßen - auch nach Teileinrichtungen. Auch insoweit muss der unterschiedlichen Inanspruchnahme durch die Allgemeinheit und die Anlieger Rechnung getragen werden. Hieran fehlt es. Die dem Ansatz gleicher Anliegerteile zu Grunde liegende Annahme, dass beispielsweise der Fußgängerverkehr in Hauptverkehrsstraßen in gleichem Maße von Anliegern ausgeht, wie der Kraftverkehr ist offensichtlich unzutreffend. Fußgängerverkehr findet überwiegend im Nahbereich statt. Daher ist auch der Fußgängerverkehr auf Hauptverkehrsstraßen zu einem erheblichen Anteil Anliegerverkehr. Der Kraftverkehr auf Hauptverkehrsstraßen ist dagegen vorwiegend überörtlicher Verkehr. Daraus folgt, dass der Anliegeranteil für einen Gehweg höher sein muss, als für die Fahrbahn. Dieser Fehler führt zur Nichtigkeit der Satzung (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 25.07.2001 – 3 A 1146/00, S. 7 des Entscheidungsumdrucks; VG Dessau, Urt. v. 07.09.2000 – 2 A 756/99.DE – VwRR MO 2001, 60 <61>).

17

Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass auch ein – wie hier – gleichhoher Anteil für Radwege, kombinierte Rad- und Gehwege und Gehwege an Hauptverkehrsstraßen fehlerhaft ist und zur Nichtigkeit der Satzung führt (VG Greifswald, Beschl. v. 16.05.2007 – 3 B 51/07).

18

Den vorstehenden Ausführungen kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Anliegeranteil von 25 v.H. für Gehwege (und die Straßenbeleuchtung) an Hauptverkehrsstraßen zutreffend bestimmt ist und lediglich die Bestimmung der Anliegeranteile für die übrigen, vorliegend nicht relevanten Teileinrichtungen fehlerhaft sind. Zwar gilt im Straßenausbaubeitragsrecht der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, wonach es für die Wirksamkeit des Verteilungsmaßstabes im jeweiligen Abrechnungsgebiet ankommt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03). Die Annahme einer Teilnichtigkeit der Satzung nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit scheidet vorliegend jedoch aus, da der einheitliche Anliegeranteil von 25 v.H. ersichtlich auf einer (fehlerhaften) Gesamtabwägung der Gemeindevertretung von A-Stadt beruht. Der Abwägungsfehler erfasst daher auch die Bestimmung des Anliegeranteils für Gehwege (und die Straßenbeleuchtung).

19

2. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folgt und von der Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung ausgeht. Denn in diesem Fall ist die sachliche Beitragspflicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entstanden.

20

Nach § 8 Abs. 5 Kommunalabgabengesetz entsteht die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung, im Fall des § 7 Abs. 3 (Kostenspaltung) mit der Beendigung der Teilmaßnahme. Hierzu bestimmt § 6 Satz 1 der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung – SABS) vom 30.01.2001, dass der Beitrag für die in § 3 Abs. 2 genannten Teileinrichtungen selbstständig erhoben werden kann (Kostenspaltung). Der Gehweg entlang der B 104 ist ein beiderseitiger Gehweg. Die Fertigstellung des südlichen Gehweges samt seiner Abrechenbarkeit führt daher noch nicht zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Baumaßnahmen an einzelnen Teileinrichtungen oder – wie hier – an Teilen einzelner Teileinrichtungen führen ohne Kostenspaltung auch dann noch nicht zum Entstehen der Beitragspflicht, wenn die Baumaßnahmen für andere Teileinrichtungen der Anlage oder andere Teile der ausgebauten Teileinrichtung zeitlich weit auseinander liegen oder - wie hier - derzeit nicht beabsichtigt sind. Dies ist die Konsequenz aus dem Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts. Die Gemeinde hat es nicht in der Hand, über ein auf einzelne Teileinrichtungen oder Teile einzelner Teileinrichtungen beschränktes Bauprogramm die gesetzlichen Regelungen über die Entstehung der Beitragspflicht zu verdrängen. Diese verlangen ausdrücklich die endgültige Herstellung der Einrichtung insgesamt, d.h. mit allen vorhandenen Teileinrichtungen. Das Gericht folgt daher nicht der Rechtsauffassung, dass eine Kostenspaltung für die Entstehung der Beitragspflicht entbehrlich sei, wenn das Bauprogramm von vornherein auf bestimmte Teileinrichtungen beschränkt wird (vgl. die Nachweise bei Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 8 Anm. 1.1.3.3). Nach § 7 Abs. 3 KAG M-V gilt etwas anderes nur dann, wenn die Gemeinde die gesonderte Abrechnung einzelner Teileinrichtungen beschließt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 18.10.2001, 1 M 52/01, NVwZ-RR 2002, 304). Die somit für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erforderliche Kostenspaltung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfolgt.

21

3. Für den Fall einer erneuten Heranziehung der Klägerin – nach Heilung des dargestellten Satzungsfehlers und Durchführung einer Kostenspaltung – sei auf Folgendes hingewiesen:

22

Der Beklagte hat den Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts gründlich missverstanden. Beitragsfähige Anlage ist im Straßenausbaubeitragsrecht, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters als „gesamte Verkehrsanlage“ darstellt. Die Beurteilung richtet sich dabei nach dem Erscheinungsbild der Straße, wie es sich in seinem Gesamteindruck, geprägt durch die tatsächlichen Verhältnisse etwa in Gestalt von Straßenführung, Straßenlänge und Straßenausstattung, einem objektiven bzw. unbefangenen Beobachter vermittelt.

23

Dies schließt es zunächst aus, eine durchgehende Straße – wie die B 104 – und eine darin einmündende Straße – wie die L 285 – als einheitliche Anlage einzustufen. Die Auffassung des Beklagten, die beitragsfähige Anlage sei nach Lage und Verlauf einer einzelnen Teileinrichtung – des straßenbegleitenden Gehweges – zu bestimmen, ist ersichtlich unzutreffend. Soweit der Beklagte weiter darauf verweist, die Klägerin werde durch die Zusammenfassung besser gestellt, als bei einer getrennten Abrechnung, ist darauf hinzuweisen, dass dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht fest steht, da offen ist, wie das Abrechnungsgebiet gebildet werden muss (dazu sogleich).

24

In Ansehung der B 104 bedarf der Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise einer Einschränkung. Er gilt nicht ausnahmslos, vielmehr bedarf das Ergebnis der natürlichen Betrachtungsweise unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln einer Korrektur, Einschränkung bzw. entsprechenden Anpassung (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.02.2009 - 1 M 117/08 – juris Rn. 18).

25

Ein solcher Fall liegt hier vor. Einer Einschränkung des Anlagenbegriffs bedarf es bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen für so genannte klassifizierte Straßen, also solchen Verkehrsanlagen, die sich nicht in der Straßenbaulast der Gemeinde, sondern in der des Landkreises, des Landes oder – wie hier - des Bundes befinden. Trotz der Klassifizierung der Anlage befinden sich die Teileinrichtungen Gehwege, Parkplätze und Straßenbeleuchtung regelmäßig in der Straßenbaulast der Gemeinde. Eine einschränkungslose Anwendung des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs hätte zur Folge, dass eine Gemeinde beispielsweise den Gehweg an einer „durchlaufenden“ klassifizierten Straße ebenfalls durchlaufend, d.h. unter Umständen von Gemeindegrenze zu Gemeindegrenze anlegen oder ausbauen müsste, um die sachliche Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht wäre damit - überspitzt formuliert - nur um den Preis eines Verstoßes gegen den Grundsatz der anlagenbezogenen Erforderlichkeit möglich, weil für die Anlegung eines Gehweges außerhalb des Bereichs, in dem der klassifizierten Straße eine Anbaufunktion zukommt, in der Regel kein Bedürfnis besteht.

26

Bei klassifizierten Straßen wird der Anlagenbegriff i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise durch die Regelungen über die Straßenbaulast eingeschränkt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Bund ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 erste Var. Bundesfernstraßengesetz (FStrG) Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen. Zwar bestimmt § 5 Abs. 3 FStrG, dass in den Ortsdurchfahrten (...) die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze ist. Die Regelung ist jedoch auf die innerhalb der Ortsdurchfahrt verlaufenden Teilstrecken der Bundesfernstraßen beschränkt. Sie führt für die außerhalb der Ortsdurchfahrt gelegenen Teilstrecken nicht zu einem Wechsel der Straßenbaulast. Da die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG den Grundsatz und die in § 5 Abs. 3 FStrG die Ausnahme bildet, verbleibt es, wenn die Ausnahme nicht einschlägig ist, bei der Grundregel. Danach ist der Bund Träger der Straßenbaulast für einen Gehweg oder Parkplatz, soweit dieser außerhalb der Ortsdurchfahrt verläuft. Entsprechendes gilt für die Straßenbeleuchtung: Auch hier ist die Gemeinde nur für die Beleuchtung innerhalb der Ortsdurchfahrt einer klassifizierten Straße zuständig (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 33 Rn. 16).

27

Beitragsfähige Anlage bei einer „durchlaufenden“ klassifizierten Straße sind daher (nur) die innerhalb der – gemäß § 5 Abs. 4 Satz 4 FStrG bzw. § 5 Abs. 2 Straßen- und Wegegesetz Mecklenburg-Vorpommern (StrWG M-V) – festgesetzten Ortsdurchfahrt gelegene Teileinrichtungen, die in der Straßenbaulast der Gemeinde liegen (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 12.06.2008 - 3 A 1153/06 - n.v; Urt. v. 06.02.2012 – 23 A 266/09 – juris). Die Festsetzung ist ein Verwaltungsakt mit konstitutiver Wirkung, was sich daraus ergibt, dass sie nicht mit der Grenze der geschlossenen Ortslage i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 2 FStrG übereinstimmen muss, sondern abweichend erfolgen kann. Die Festsetzung hat damit auch für die Beitragserhebung Tatbestandswirkung (für das Erschließungsbeitragsrecht vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2000 - 11 C 11/99 - NVwZ-RR 2000, 530; Sauthoff, Straßen- und Wegegesetz M-V, Stand 12/06, § 5 Rn. 22). Damit entsteht für die innerhalb der Ortsdurchfahrt gelegenen in der gemeindlichen Straßenbaulast befindlichen Teileinrichtungen die sachliche Beitragspflicht grundsätzlich erst, wenn diese insgesamt ausgebaut worden sind.

28

Gemessen an diesen Kriterien ist zweifelhaft, ob - ungeachtet der fehlenden Kostenspaltung - die sachliche Beitragspflicht für den Gehweg entlang der Ortsdurchfahrt der B 104 zum gegenwärtigen Zeitpunkt entstanden ist. Ausweislich der im Internet einsehbaren Überfliegungsfotos (www.gaia-mv.de) handelt es sich bei der B 104 im Bereich der Ortslage von A-Stadt um eine einheitliche Anlage im Sinne der sog. natürlichen Betrachtungsweise. Damit gelten für die Bestimmung der äußeren Grenzen (Beginn und Ende) der Anlage die oben dargestellten Erwägungen. Zwar ist der südliche Gehweg in westliche Richtung in voller Länge ausgebaut worden. Die Ausbaustrecke endet auf Höhe der östlichen Grenze des Grundstück Flurstück 637/1. Nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen liegt diese Grenze bei km 12.003. Damit ist die Ausbaustrecke exakt bis zu dem Punkt geführt worden, an dem die Straßenbaulast der Gemeinde A-Stadt endet. Dass sich der sog. OD-Stein westlich davon auf Höhe der westlichen Grenze des Flurstücks G3 befindet, ist ohne Belang, da es – wie dargelegt – auf die Festsetzung der Ortsdurchfahrt ankommt.

29

Zweifelhaft ist aber, ob der Gehweg auch in östliche Richtung bis zum Ende der Ortsdurchfahrt auf Höhe von km 9.749 (Flurstück G4 – Grundstücksgrenze) führt. Sollte dies nicht der Fall sein – etwa weil der Gehweg nicht durchgängig vorhanden ist oder zwar vorhanden ist, sich aber in einem ausbaubedürftigen Zustand befindet - so entsteht die sachliche Beitragspflicht auch bei Durchführung einer Kostenspaltung nicht. Sollte dagegen östlich der Einmündung der L 285 ein durchgängig vorhandener Gehweg existieren, der sich in einem nicht ausbaubedürftigen Zustand befindet – etwa weil ein Ausbau bereits erfolgt ist – so entsteht mit der Durchführung der Kostenspaltung die sachliche Beitragspflicht für die gesamte Anlage. Es läge ein Teilstreckenausbau vor (vgl. dazu Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 11.11.2010 - 1 M 136/10 - juris), der dazu führt, dass sich der Ausbau des Gehweges westlich der Einmündung der L 285 als Ausbau der gesamten Anlage darstellt. In diesem Fall wären die Eigentümer aller von der Ortsdurchfahrt der B 104 erschlossenen Grundstücke - auch der östlich der Einmündung der L 285 gelegenen Grundstücke - in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Dieses Ergebnis kann der Beklagte nur vermeiden, wenn er rechtzeitig – also vor der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für die Ortsdurchfahrt der B 104 insgesamt - eine Abschnittsbildung durchführt.

30

Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung entsprechend.

31

Da das klägerische Grundstück nur von einer Verkehrsanlage bevorteilt wird, ist für die Gewährung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung kein Raum.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung (§§ 124, 124a VwGO) bestehen nicht.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. April 2013 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.219,55 EUR übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück G1, (38.385,00 m²), der in gleicher Flur und Gemarkung gelegenen Grundstücke Flurstück G2 (1.279,00 m²), Flurstück G3 (52,00 m²), Flurstück G4 (390,00 m²) und Flurstück G5 (504 m²), Flurstück G6 (1.097,00 m²), Flurstücke G7, G8 und G9 (1.099,00 m²) und Flurstücke G10, G11, G12 und G13 (1.793,00 m²) sowie des Grundstücks Flurstück G14 (8.333,00 m²).

3

Das bewaldete Grundstück Flurstück G1 liegt südlich der H.-Straße in K., die übrigen Grundstücke, die allesamt baulich genutzt werden, nördlich dieser Straße. Das Grundstück Flurstück G1, das mit einem Garagenkomplex bebaute Grundstück Flurstück G14, das Grundstück Flurstücke G7, G8 und G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die H-Straße an. Das Grundstück Flurstück G6, das Grundstück Flurstücke G10, G11, G12, G13 und die Grundstücke Flurstück G3, G4 und G5 sind aus der Sicht der H-Straße Hinterliegergrundstücke. Sie sind mit der H-Straße über die im Eigentum des Klägers stehende Privatstraße (Stichweg mit Wendehammer) auf dem Flurstück G15 bzw. den ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Stichweg auf dem Flurstück G16 verbunden. Die nach dem zwischen dem Kläger und der Gemeinde K. geschlossenen Erschließungsvertrag vorgesehene Übereignung des Flurstücks G15 an die Gemeinde K. ist bisher noch nicht erfolgt. Mit Ausnahme der Grundstücke Flurstücke G1 und G14 liegen die genannten Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 15 „Strandblick“ der Gemeinde K., der für das Grundstück Flurstück G2 die Festsetzung „sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenbeherbergung“ aufweist. Für die Grundstücke Flurstücke G4 und G5 weist er die Festsetzung „Sondergebiet Erholung mit der Zweckbestimmung Ferienhausgebiet“ und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 die Festsetzung „reines Wohngebiet“ auf. Entsprechend diesen Festsetzungen sind die Grundstücke bebaut: Auf dem Grundstück Flurstück G2 befindet sich ein Hotelkomplex, auf den Grundstücken Flurstücke G3, G4 und G5 wurden Ferienwohnungen und auf den Grundstücken Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 Wohngebäude mit jeweils einer Ferienwohnung errichtet. Die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 grenzen östlich an den Weidenweg. Hierbei handelt es sich nicht um eine öffentliche Straße, sondern um eine Privatstraße.

4

Bei der H-Straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Straße der Freundschaft in östliche Richtung führt und östlich der Einmündung der Dünenstraße in einem Wendehammer mit Parkplätzen endet. Nördlich des Grundstücks Flurstück G14 verläuft der K.-Weg. Dieser mündet in den L.-Stieg, der wiederum in die H-Straße einmündet. Die Eigentümer der dort gelegenen Grundstücke nutzen auch die H-Straße. Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 18 der Gemeinde K. (Ostseepark Dünenland K.) gelegene Baugebiet ist durch die Fa. V. (im Folgenden: Erschließungsträger) auf Grundlage des mit der Gemeinde K. geschlossenen städtebaulichen Vertrages vom 1. Oktober 2009 erschlossen worden. In § 2 Abs. 4 des Vertrages verpflichtete sich der Erschließungsträger „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ einen Betrag von 60.000,00 EUR bereitzustellen, der spätestens zum 31. Dezember 2010 fällig wurde.

5

Im Jahre 2010 ließ die Gemeinde K. die H-Straße in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 30. November 2010.

6

Mit Bescheiden vom 23. Oktober 2012 zog der Beklagte den Kläger für das Grundstück Flurstück G6 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 3.579,57 EUR, für das Grundstück Flurstück G1 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.262,61 EUR, für das Grundstück Flurstück G2 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 9.390,24 EUR, für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.019,35 EUR, für das Grundstück Flurstück G14 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 27.191,00 EUR und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 12.267,76 EUR heran. Im Rahmen der Beitragsberechnung berücksichtigte er für die Grundstücke Flurstück G2, Flurstück G3, Flurstück G4 und Flurstück G5 einen gewerblichen Artzuschlag. Das im Einmündungsbereich in die Straße der Freundschaft an die H-Straße angrenzende Grundstück Flurstück G17 wurde nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Die Widersprüche des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 23. bzw. 25. April 2013 – zugestellt am 30. April 2013 – zurück.

7

Am 30. Mai 2013 hat der Kläger zu den Aktenzeichen 3 A 409/13, 3 A 410/13, 3 A 411/13, 3 A 412/13, 3 A 41 G10 und 3 A 414/13 Anfechtungsklagen erhoben, die das Gericht mit Beschluss vom 4. Juni 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Aktenzeichens verbunden hat.

8

Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei der Höhe nach rechtswidrig. Die Aufwandsermittlung sei fehlerhaft, da der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag nicht aufwandsmindernd berücksichtigt worden sei. Die Erträge aus der Bewirtschaftung der straßenbegleitenden Parkflächen hätten ebenfalls zur Finanzierung der Baumaßnahme verwendet werden müssen. Auch die Aufwandsverteilung sei fehlerhaft. Die vom K.-Weg erschlossenen Grundstücke seien zu Unrecht nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einbezogen worden, obwohl der K.-Weg seine ihm zugedachte Verkehrsfunktion nur in Verbindung mit der H-Straße erfüllen könne. Das Grundstück der Mietergenossenschaft (Flurstück G17) sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, obwohl es an die H-Straße angrenze. Schließlich sei auch die Heranziehung des Klägers zu beanstanden. Der Kläger habe für die Pflasterung des hinteren Straßenteils einen Betrag von 3.500,00 EUR gezahlt. Dieser Betrag müsse von den Beitragsfestsetzungen abgezogen werden.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Bescheide des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 23. bzw. 25. April 2013 insoweit aufzuheben, als die Festsetzungen die Beträge von 2.505,70 EUR, 4.383,83 EUR, 6.573,17 EUR, 4.219,55 EUR, 19.033,70 EUR bzw. 8.587,27 EUR übersteigen.

11

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

14

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 legte der Beklagte eine überarbeitete Beitragsberechnung vor, bei der das Grundstück Flurstück G 18 in den Vorteilsausgleich einbezogen wird und für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 der gewerbliche Artzuschlag entfällt. Danach ergibt sich für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 eine Beitragsminderung i.H.v. 108,09 EUR, 810,69 EUR bzw. 1.047,67 EUR (zusammen: 1.966,45 EUR). Für die übrigen Grundstücke ergibt sich eine geringfügige Mehrbelastung.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist zum weit überwiegenden Teil unbegründet. Der Bescheid vom 23. Oktober 2012 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]), als die Festsetzung den Betrag von 4.052,90 EUR übersteigt. Er ist daher im Umfang des Klageantrags aufzuheben. Die übrigen Bescheide weisen hingegen keine Fehler zum Nachteil des Klägers auf.

17

1. Die Bescheide finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung – SBS) vom 25. September 2000 i.d.F. der ersten Änderung vom 25. September 2003. Die Satzung leidet nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht an zu ihrer Unwirksamkeit führenden Fehlern.

18

Zwar bestehen bereits mit Blick auf das Alter der Satzung gewisse Zweifel daran, dass die der Festsetzung der Tiefenbegrenzung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SBS zugrunde liegende Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe den Maßgaben der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 77) entspricht. Allerdings führt ein solcher – hier nur unterstellter – Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss (Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03 –, juris Rn. 46). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen hat die für Grundstücke im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BaugesetzbuchBauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) (sog. Randlagengrundstücke) geltende Bestimmung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS bei der Abrechnung der H-Straße keine Anwendung gefunden. Anhaltspunkte dafür, dass sie hätte Anwendung finden müssen, bestehen ebenfalls nicht. Übertiefe Randlagengrundstücke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS gehören nicht zum Abrechnungsgebiet. Damit greift der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit.

19

Ebenfalls fehlerhaft ist die Bestimmung in § 2 Satz 3 SBS. Zwar geht sie im Einklang mit der nach dem Kommunalabgabengesetz 1993 geltenden Rechtslage davon aus, dass der Gebäudeeigentümer neben dem Grundeigentümer beitragspflichtig ist („auch“). Nach der im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügten Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V ist allerdings der Gebäudeeigentümer anstelle des Grundstückseigentümers beitragspflichtig. Die für unzulässig gewordene Altregelungen geltende Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V ist lange abgelaufen. Auch dieser Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn er ist nicht auf (fehlerhafte) Verteilungsregelungen beschränkt, sondern auch auf Entstehensregeln bzw. sonstige Regelungen der Straßenbaubeitragssatzung anwendbar, wenn dies denklogisch möglich und sinnvoll ist, d.h. wenn die Regelung auch ohne den unwirksamen Teil noch Bestand hat und der unwirksame Teil im Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Anwendung findet (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 – 3 A 2032/08 –, n.v.). Dies trifft vorliegend zu. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Abrechnungsgebiet der H-Straße Grundstücke gibt, an denen isoliertes Gebäudeeigentum besteht. Dies wird vom der Kläger auch nicht behauptet.

20

Weiter ist die Bestimmung in § 2 Satz 1 zweite Var. SBS („dinglich Berechtigter“) unzulässig, weil nach § 7 Abs. 2 KAG M-V nur Eigentümer, Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – die bereits angesprochenen Gebäudeeigentümer – beitragspflichtig sein können. Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 Abs. 4 EGBGB sind mit dem Merkmal „dinglich Berechtigter“ offensichtlich nicht gemeint, denn sie werden in den spezielleren Vorschriften der Sätze 2 und 3 ausdrücklich genannt. Dieser Fehler führt aber ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Vielmehr liegt nach der Rechtsprechung des OVG Greifswald lediglich ein Fall der Teilnichtigkeit vor (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71).

21

Fehlerhaft ist auch die Regelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS. Der Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (VG Greifswald, Urt. v. 19.04.2012 – 3 A 356/10 –, juris Rn. 13).

22

Mit Blick auf das Vorteilsprinzip ist es zwar nicht zu beanstanden, dass in der Straßenbaubeitragssatzung sowohl ein nutzungsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) als auch ein gebietsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. b SBS) Artzuschlag normiert ist. Ebenfalls unbedenklich ist, dass der gebietsbezogene Artzuschlag höher ist als der nutzungsbezogene. Dies beruht auf der Annahme, dass Grundstücken in den in § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS genannten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Gewerbegebiet – § 8 BauNVO, Industriegebiet – § 9 BauNVO, Kerngebiet – § 7 BauNVO und sonstiges Sondergebiet – § 11 BauNVO) durch eine beitragsfähige Straßenbaumaßnahme ein größerer Vorteil vermittelt wird, als Grundstücken, die – außerhalb der genannten Gebietstypen gelegen – lediglich überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise genutzt werden.

23

Fehlerhaft und weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren ist es jedoch, dass § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlags davon abhängig macht, dass die überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Vorschrift genannten festgesetzten oder faktischen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung liegen. Dies schließt die Anwendbarkeit der Vorschrift auf überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und im Außenbereich (§ 35 BauGB) aus.

24

Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 – 3 B 522/15 –, juris Rn. 15). Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich im Regelfall oder auch nur überwiegend nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet, mit der Folge, dass es für die Fälle des § 34 Abs. 1 BauGB keiner Regelung bedarf. Denn die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB darf nicht dazu führen, dass eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in eine der Alternativen des Gebietskatalogs in § 1 Abs. 2 BauNVO gepresst wird, um dann in einer zweiten Stufe mehr oder weniger schematisch die Zulässigkeitsregeln der §§ 2 ff. BauNVO anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969 – VI C 12/67 –, BVerwGE 32, 31 <37>). Weist die nähere Umgebung z.B. die Merkmale zweier Baugebiete i.S. der Baunutzungsverordnung auf, findet § 34 Abs. 2 BauGB keine Anwendung. Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich in diesem Fall ausschließlich nach § 34 Abs. 1 BauGB (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 Rn. 60).

25

Da überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Außenbereichsgrundstücke (typischerweise) ebenfalls einen im Verhältnis zur Wohnnutzung verstärkten Ziel- und Quellverkehrs auslösen, ist ein sachlicher Grund für die Unanwendbarkeit des nutzungsbezogenen Artzuschlages bei diesen Grundstücke ebenfalls nicht erkennbar.

26

Einer weiteren Vertiefung bedarf es vorliegend nicht. Denn der dargestellte Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Denn die Bestimmung des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS findet – wie noch zu zeigen sein wird – in Ansehung der Grundstücke des Klägers keine Anwendung. Anhaltspunkte dafür, dass die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen Artzuschlages für andere Grundstücke im Abrechnungsgebiet notwendig ist, bestehen ebenfalls nicht. Abweichendes wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Wirksamkeit der Regelung in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS ist für die Vorteilsverteilung im Abrechnungsgebiet der H-Straße daher ohne Belang.

27

Auch die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 SBS ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 SBS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass mehrfach erschlossene Grundstücke in faktischen Wohngebieten nach dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht in den Genuss der Vergünstigung kommen sollen. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 SBS (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07 –, juris).

28

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.

29

a. Zwar ist die Zusammenfassung der aus den Flurstücken G7, G8, G9 sowie G10, G11, G12, G13 bestehenden zwei Grundstücken in einem Bescheid (Az. 634-01-05-09) ebenso fehlerhaft, wie die Zusammenfassung der jeweils selbstständigen Grundstücke G3, G4 und G5 (Az. 634-01-05-08-B). Bei den Flurstücken G7, G8 und G9 handelt es sich um ein Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, da die Flurstücke im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter derselben laufenden Nummer verzeichnet (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 53). Gleiches gilt für die Flurstücke G10, G11, G12 und G13. Bei den Flurstücken G3, G4 und G5 handelt es sich jeweils um Einzelgrundstücke, da die genannten Flurstücke im Bestandsverzeichnis des jeweiligen Grundbuchs unter unterschiedlichen laufenden Nummern verzeichnet sind.

30

Die Zusammenfassung selbstständiger Buchgrundstücke ist unzulässig, denn wegen des im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs muss für jedes Grundstück ein eigenständiger Beitragsbescheid erlassen werden (VG Greifswald, Urt. v. 07.07.2010 – 3 A 17/08 –, juris Rn. 14 ff.). Allerdings begründet dieser Fehler keinen Aufhebungsanspruch des Klägers. Denn nach § 127 Abgabenordnung (AO) – die Vorschrift findet gemäß § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) auch auf Straßenbaubeiträge Anwendung – kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Die Vorschrift schließt damit bei – wie hier – gebundenen Entscheidungen eine Aufhebung wegen bloß formeller Fehler aus, die nicht zur Nichtigkeit des Bescheides führen. Die Aufhebung kann daher nur beim Vorliegen und im Umfang eines materiellen Fehlers erfolgen. Danach ist eine Aufhebung ausgeschlossen: Nichtigkeitsgründe werden vom Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst erkennbar. Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Kläger für alle Grundstücke beitragspflichtig. Bei den Grundstücken Flurstücke G7, G8, G9 sowie Flurstücke G10, G11, G12, G13 ist die Summe der zutreffend ermittelten Beiträge nicht niedriger als die Höhe der Festsetzung. Dies trifft in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zwar nicht zu. Mit Blick auf § 127 letzter Halbsatz AO ist insoweit jedoch nur eine Teilaufhebung möglich.

31

Zweifel über den Umfang der nach § 7 Abs. 6 KAG M-V auf den jeweiligen Einzelgrundstücken ruhenden öffentlichen Last (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: VG Greifswald a.a.O., Rn. 18) können vorliegend ebenfalls nicht entstehen, weil die jeweiligen Grundstücksgrößen in den Bescheiden quadratmetergenau angegeben sind und für die zusammengefassten Grundstücke dieselben Berechnungsparameter zur Beitragsermittlung gelten. Daher ist die auf dem einzelnen Grundstück ruhende öffentliche Last anhand der in den Bescheiden enthaltenen Angaben hinreichend genau bestimmbar (VG Greifswald, Urt. v. 07.04.2010 – 3 A 3035/05 –, juris Rn. 15).

32

b. Abgesehen von dem die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffenden Bescheid (dazu sogleich) leiden die streitgegenständlichen Bescheide in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht an Fehlern, die den Kläger benachteiligen.

33

aa. Dies betrifft zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Dass es sich bei den durchgeführten Maßnahmen um beitragsfähige Maßnahmen i.S.d. § 1 SBS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt, so dass von Darlegungen abgesehen werden kann.

34

Zu Unrecht meint er, dass der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag von 60.000,00 EUR aufwandsmindernd berücksichtigt werden müsse. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V, dass der Aufwand unter Berücksichtigung der Leistungen und Zuschüsse Dritter zu berücksichtigen ist. Dies setzt aber voraus, dass die Leistung bzw. der Zuschuss des Dritten gerade für die abgerechnete Maßnahme erbracht wurde. Dies wiederum hängt davon ab, ob eine entsprechende Zweckbestimmung vorliegt, was jedoch nicht der Fall ist. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass der Betrag allgemein „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ eingesetzt werden sollte (und auch wurde). Dass er dazu dient, den umlagefähigen Aufwand für die Baumaßnahme in der H-Straße zu senken, klingt in der Vereinbarung nicht einmal an. Der weitere Einwand des Klägers, die Vereinbarung in § 2 Abs. 4 des Erschließungsvertrages vom 1. Oktober 2009 sei nichtig, kann auf sich beruhen. Denn bei einer Nichtigkeit der Bestimmung bestünde ein Rückzahlungsanspruch des Erschließungsträgers, was erst Recht eine aufwandsmindernde Berücksichtigung des Zahlbetrages ausschlösse.

35

Auch die an die Parkraumbewirtschaftung anknüpfenden Einwände des Klägers verfangen nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Aufwand für den Wendehammer nebst Stellplätzen am östlichen Ende der H-Straße im Rahmen der Beitragsberechnung ebenso wenig berücksichtigt worden ist, wie der Aufwand für die straßenbegleitenden Parkplätze. Die vom Beklagten vorgelegte Kalkulationsübersicht weist keinen Aufwand für unselbstständige Park- und Abstellflächen i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 6 SBS auf. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die straßenbegleitenden Parkflächen sind nicht durch bauliche Maßnahmen (Pflasterungen u.dgl.), sondern durch einfache farbliche Markierungen auf der Asphaltfahrbahn entstanden. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass eine straßenverkehrsrechtlich begründete Parkgebühr mit dem Ziel der Parkraumbewirtschaftung die Beitragsfähigkeit der Anlage nicht infrage stellt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: VGH München, Urt. v. 19.02.2002 – 6 B 99.94 –, juris Rn. 28 m.w.N.).

36

Die Erträge aus der Parkraumbewirtschaftung in der H-Straße sind entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht aufwandsmindernd zu berücksichtigen. Insbesondere handelt es sich auch insoweit nicht um Leistungen Dritter i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Die entsprechenden Gebühren werden allein für die Nutzung der Parkplätze entrichtet. Eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung besteht nicht. Über die Verwendung der Mittel kann die Gemeinde frei entscheiden.

37

bb. Bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist kein Fehler zum Nachteil des Klägers erkennbar. Dies betrifft zunächst das Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Die Einstufung der H-Straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 SBS wird vom Kläger nicht beanstandet, so dass sich Ausführungen zu ihrer Verkehrsfunktion erübrigen.

38

Auf Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Neuberechnung ist auch die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Abrechnungsgebiet ist nunmehr ordnungsgemäß gebildet. Nach § 5 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Verkehrseinrichtung nach § 1 eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Verkehrseinrichtung geboten wird. Die Rechtfertigung, ein Grundstück zu einem Ausbaubeitrag zu veranlagen und es demgemäß bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen, ergibt sich damit aus einer Sondervorteile vermittelnden, vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit. Vorteilsrelevant in diesem Sinne ist eine Inanspruchnahmemöglichkeit, die für bestimmte Grundstücke im Verhältnis zu allen anderen deshalb besonders vorteilhaft ist, weil aufgrund der räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage erfahrungsgemäß angenommen werden kann, diese werde von ihnen aus in stärkerem Umfang in Anspruch genommen als von anderen Grundstücken, führe also für sie zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt.

39

Dies trifft auf die vom Beklagten ursprünglich berücksichtigten Grundstücke und das nunmehr in den Vorteilsausgleich einbezogene Grundstück Flurstück G17 zu. Letzteres ist wie die übrigen Grundstücke in den Vorteilsausgleich einzubeziehen, da es unmittelbar an die H-Straße angrenzt und damit von der Baumaßnahme bevorteilt ist. Dem nur ca. 6 m tiefen Grünstreifen mit Containerstellplatz kommt keine trennende Wirkung zu. Da der Beklagte dies zwischenzeitlich selbst erkannt hat, kann von weiteren Darlegungen abgesehen werden. Auf die Beitragshöhe wirkt sich der Fehler nicht aus, da er durch die fehlerhafte Berücksichtigung des nutzungsbezogenen Artzuschlages für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 (dazu sogleich) „überkompensiert“ wird.

40

Zu Recht werden die an das Straßengrundstück nördlich angrenzenden Grundstücke Flurstücke 21/1 und 21/48 nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Denn sie sind durch die auf dem Straßengrundstück angelegte Grünanlage von der H-Straße getrennt. Die Grünanlage hat eine Breite von ca. 45 m und eine Tiefe von ca. 23 m bis 32 m. Ihr kommt trotz ihrer Belegenheit auf dem Straßengrundstück die Funktion einer eigenständigen beitragsfähigen Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB zu, denn bei den genannten Abmessungen kann nicht mehr von einem bloßen Seitenstreifen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) ausgegangen werden. Die Eigenständigkeit der Grünanlage unterbricht den Zurechnungszusammenhang zu der ausgebauten Anlage.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch die von den Straßen „K.-Weg“ und „L.-Stieg“ erschlossenen Grundstücke nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einzubeziehen. Eine gemeinsame Abrechnung scheidet bereits deshalb aus, weil ihre Anlegung auf Grundlage eines sog. „echten“ Erschließungsvertrages i.S.d. § 124 BauGB a.F. erfolgte, so dass der Gemeinde K. insoweit kein beitragsfähiger Aufwand entstanden ist. Die Bildung einer Abrechnungseinheit hätte daher zur Folge, dass die Anlieger des „K.-Weges“ und des „L.-Stieges“ nicht nur mit den über den jeweiligen Kaufvertrag anteilig umgelegten Kosten „ihrer“ Erschließungsanlagen, sondern zusätzlich mit den anteiligen Kosten der H-Straße belastet würden, ohne dass dem eine anteilige Belastung der Anlieger der H-Straße mit den Kosten des K.-Weges und des L.-Stieges gegenüber stünde.

42

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigten, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen anlagebezogen erfolgt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Bei den genannten Straßen handelt es sich jeweils um eigenständige Erschließungsanlagen im Sinne der sog. natürlichen Betrachtungsweise, was eine gemeinsame Abrechnung mit der H-Straße ebenfalls ausschließt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht ist im Straßenbaubeitragsrecht die Bildung von Abrechnungseinheiten zudem unzulässig, denn das Kommunalabgabengesetz enthält keine dem § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB entsprechende Bestimmung (VG Greifswald, Beschl. v. 10.11.2009 – 3 B 1405/09 –, juris Rn. 14 m.w.N.).

43

Die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich erfolgte ebenfalls zu Recht. Die Grundstücke Flurstück G1, Flurstück G14, Flurstücke G7, G8, G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die ausgebaute Anlage an, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Bei den Grundstücken Flurstücke G10, G11, G12, G13, Flurstück G3, Flurstück G13 und Flurstück G4 handelt es sich aus Sicht der H-Straße um Hinterliegergrundstücke, deren Einbeziehung in den Vorteilsausgleich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, weil auch sie dem Kläger als Eigentümer der Anliegergrundstücke gehören und unmittelbar bzw. mittelbar an diese angrenzen. Die Eigentümeridentität allein reicht vorliegend für die Einbeziehung aus, denn bei den genannten Grundstücken handelt es sich um sog. gefangene Hinterliegergrundstücke, die über keine weitere Anbindung an das öffentliche Wegenetz verfügen. Zwar grenzen die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 an den östlich von ihnen verlaufenden Weidenweg. Hierbei handelt es sich aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um eine Privatstraße, was vorbehaltlich zivilrechtlicher Vereinbarungen eine Nutzung durch den Kläger ausschließt. Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Bereich der des Hotels nebst Ferienhauskomplex und gemeinsamen Parkplatz um eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung von Hinterlieger- und Anliegergrundstücken handelt, was auch eine Einbeziehung sog. nicht gefangener Hinterliegergrundstücke in den Vorteilsausgleich erlauben würde (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 81/13 und 1 L 220/13 –, juris).

44

Die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) für das Hotelgrundstück Flurstück G2 ist dagegen fehlerhaft. Zum einen ist die vom Beklagten hierfür herangezogene Bestimmung unwirksam (s.o.). Zum anderen wäre sie auch im Falle ihrer Wirksamkeit unanwendbar, denn für das Grundstück ist die speziellere Bestimmung des § § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS maßgeblich. Hiernach wird die nach Absatz 3 ermittelte Fläche zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung mit dem Faktor 2,0 vervielfacht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Gewerbegebietes (§ 8 BauNVO), Industriegebietes (§ 9 BauNVO), Kerngebietes (§ 7 BauNVO) oder sonstigen Sondergebietes (§ 11 BauNVO) liegt. Letzteres trifft auf das Grundstück Flurstück G2 zu, denn es liegt im sog. Baufeld 3, dessen Ausweisung nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auf § 11 Abs. 2 BauNVO beruht. Damit hätte statt des nutzungsbezogenen Artzuschlages (Faktor 1,5) der gebietsbezogene Artzuschlag (Faktor 2,0) angewandt werden müssen. Der Fehler führt jedoch nicht zu einer Aufhebung des betreffenden Beitragsbescheides, denn der Kläger wird dadurch lediglich begünstigt.

45

Ebenfalls fehlerhaft ist die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5. Die Grundstücke sind mit Ferienwohnungen bebaut. Zwar hat das OVG Greifswald in dem Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) ausgeführt, dass bereits die Nutzung der Gebäude als Ferienwohnungen den Artzuschlag rechtfertigt (S. 14 des Entscheidungsumdrucks). Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht jedoch nicht (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 20.08.2015 – 3 A 1107/13 –, juris Rn. 29). Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.). All dies trifft auf eine als Ferienwohnung genutzte Wohnung nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Eigentümer für eigene Zwecke vorgehalten oder vom Eigentümer oder über einen gewerblichen Wohnungsvermittler (auch) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Die Nutzungsart bleibt Wohnnutzung. Die Betriebsstätte des gewerblichen Wohnungsvermittlers befindet sich regelmäßig an einem anderen Ort. Die Wohnungen sind lediglich Geschäftsobjekt. Der häufige Mieterwechsel führt regelmäßig zu keinem erhöhten Ziel- und Quellverkehr. Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass vom Wohnungsvermittler oder von Drittfirmen Dienstleistungen erbracht werden. Auch der Dauermieter bzw. der selbstnutzende Eigentümer nimmt typischerweise Dienstleistung in Anspruch oder ist zur Daseinsversorgung und, soweit er keine Fremdleistungen in Anspruch nimmt, zur Materialbeschaffung auf die Inanspruchnahme der Anbaustraße angewiesen. Typische Unterschiede ergeben sich insoweit nicht. Zudem sind Leerstandzeiten bei Ferienwohnungen unvermeidbar. In diesen Zeiten ist der Ziel- und Quellverkehr deutlich geringer als bei einer Dauernutzung (VG Bayreuth, Urt. v. 14.05.2014 – B 4 K 13.371 –, juris Rn. 57 ff.; Urt. v. 16.04.2014 – B 4 K 13.293 –, juris Rn. 30 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 19.06.2012 – 4 LB 5/12 –, juris Rn. 38).

46

Handelt es sich bei der Nutzung als Ferienwohnung somit nicht um eine gewerbliche Nutzung, so scheidet die Berücksichtigung des Artzuschlages für die genannten Grundstücke unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS aus. Der auf diese Grundstücke entfallende Beitrag ist damit nach der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 Neuberechnung – auf die zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird – um 1.966,45 EUR überhöht, so dass der die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffende Bescheid im Umfang des Klageantrags aufzuheben ist.

47

cc. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden. Mit den Eingang der letzten Unternehmerrechnung vom 30. November 2010 ist die sachliche Beitragspflicht (vgl. § 8 Abs. 5 KAG M-V) und – auf ihrer Grundlage – mit der Bekanntgabe der Beitragsbescheide die persönliche Beitragspflicht (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) des Klägers entstanden.

48

Die Nichtberücksichtigung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung nach § 5 Abs. 6 SBS begegnet keinen Bedenken, denn die Bestimmung ist – wie ausgeführt – unwirksam. Die Bestimmung findet aber auch dann keine Anwendung, wenn man dem nicht folgt und von ihrer Wirksamkeit ausgeht. Denn bei den Grundstücken des Klägers handelt es sich nicht um mehrfach erschlossene Grundstücke in diesem Sinne, obwohl jedenfalls die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 auch an den Weidenweg angrenzen. Bei dem Weidenweg handelt es sich – wie bereits dargelegt – um eine Privatstraße. Nach seinem Sinn und Zweck will § 5 Abs. 6 SBS lediglich die Beitragslast für Grundstücke reduzieren, die infolge einer Beitragserhebung für mehrere Straßen entsteht oder entstehen kann. Dies setzt aber voraus, dass die betreffenden Grundstücke an mehrere beitragsfähige Verkehrsanlagen angrenzen bzw. durch sie erschlossen werden. Beitragsfähig sind gemäß § 1 Satz 1 SBS jedoch nur öffentliche Straßen, Wege oder Plätze. In Ansehung einer Privatstraße kann daher eine Beitragserhebung nicht erfolgen. Scheidet damit eine Mehrbelastung der Grundstücke infolge einer Beitragserhebung für mehrere Verkehrsanlagen von vornherein aus, so besteht auch kein Grund für eine Beitragsreduzierung für den Ausbau der H-Straße (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 29.10.2008 – 3 A 593/07 –, n.v.).

49

Soweit der Kläger schließlich meint, der von ihm für die Pflasterung der Teilstrecke zwischen der Einmündung der Dünenstraße und dem Wendehammer an die bauausführende Firma gezahlte Betrag von 3.500,00 EUR sei auf die Beitragsfestsetzungen anzurechnen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Es handelt sich insbesondere nicht um eine auf die Beitragsforderungen anzurechnende Eigenleistung des Klägers. Nach dem Vortrag des Beklagten, der sich mit den Angaben der Baubeschreibung deckt, war ursprünglich auch in diesem Bereich eine Fahrbahnbefestigung aus Asphalt vorgesehen. Die Gemeinde hat – dem Wunsch des Klägers entsprechend – einer Pflasterbauweise mit der Maßgabe zugestimmt, dass der Kläger die entstehenden Mehrkosten trägt. Aus diesem Grund ist die Zahlung erfolgt. Dementsprechend sind die Mehrkosten nicht im Rahmen der Beitragserhebung berücksichtigt worden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist zuzulassen, weil die Entscheidung hinsichtlich der Frage, ob die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages bei der Nutzung eines Gebäudes als Ferienwohnung zu erfolgen hat, von dem Urteil des OVG Greifswald vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) abweicht (§§ 124a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Als Sondergebiete, die der Erholung dienen, kommen insbesondere in Betracht
Wochenendhausgebiete,
Ferienhausgebiete,
Campingplatzgebiete.

(2) Für Sondergebiete, die der Erholung dienen, sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte, der Eigenart des Gebiets entsprechende Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung des Gebiets und für sportliche Zwecke allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können.

(3) In Wochenendhausgebieten sind Wochenendhäuser als Einzelhäuser zulässig. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass Wochenendhäuser nur als Hausgruppen zulässig sind oder ausnahmsweise als Hausgruppen zugelassen werden können. Die zulässige Grundfläche der Wochenendhäuser ist im Bebauungsplan, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festzusetzen.

(4) In Ferienhausgebieten sind Ferienhäuser zulässig, die aufgrund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Im Bebauungsplan kann die Grundfläche der Ferienhäuser, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festgesetzt werden.

(5) In Campingplatzgebieten sind Campingplätze und Zeltplätze zulässig.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. April 2013 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.219,55 EUR übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück G1, (38.385,00 m²), der in gleicher Flur und Gemarkung gelegenen Grundstücke Flurstück G2 (1.279,00 m²), Flurstück G3 (52,00 m²), Flurstück G4 (390,00 m²) und Flurstück G5 (504 m²), Flurstück G6 (1.097,00 m²), Flurstücke G7, G8 und G9 (1.099,00 m²) und Flurstücke G10, G11, G12 und G13 (1.793,00 m²) sowie des Grundstücks Flurstück G14 (8.333,00 m²).

3

Das bewaldete Grundstück Flurstück G1 liegt südlich der H.-Straße in K., die übrigen Grundstücke, die allesamt baulich genutzt werden, nördlich dieser Straße. Das Grundstück Flurstück G1, das mit einem Garagenkomplex bebaute Grundstück Flurstück G14, das Grundstück Flurstücke G7, G8 und G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die H-Straße an. Das Grundstück Flurstück G6, das Grundstück Flurstücke G10, G11, G12, G13 und die Grundstücke Flurstück G3, G4 und G5 sind aus der Sicht der H-Straße Hinterliegergrundstücke. Sie sind mit der H-Straße über die im Eigentum des Klägers stehende Privatstraße (Stichweg mit Wendehammer) auf dem Flurstück G15 bzw. den ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Stichweg auf dem Flurstück G16 verbunden. Die nach dem zwischen dem Kläger und der Gemeinde K. geschlossenen Erschließungsvertrag vorgesehene Übereignung des Flurstücks G15 an die Gemeinde K. ist bisher noch nicht erfolgt. Mit Ausnahme der Grundstücke Flurstücke G1 und G14 liegen die genannten Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 15 „Strandblick“ der Gemeinde K., der für das Grundstück Flurstück G2 die Festsetzung „sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenbeherbergung“ aufweist. Für die Grundstücke Flurstücke G4 und G5 weist er die Festsetzung „Sondergebiet Erholung mit der Zweckbestimmung Ferienhausgebiet“ und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 die Festsetzung „reines Wohngebiet“ auf. Entsprechend diesen Festsetzungen sind die Grundstücke bebaut: Auf dem Grundstück Flurstück G2 befindet sich ein Hotelkomplex, auf den Grundstücken Flurstücke G3, G4 und G5 wurden Ferienwohnungen und auf den Grundstücken Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 Wohngebäude mit jeweils einer Ferienwohnung errichtet. Die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 grenzen östlich an den Weidenweg. Hierbei handelt es sich nicht um eine öffentliche Straße, sondern um eine Privatstraße.

4

Bei der H-Straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Straße der Freundschaft in östliche Richtung führt und östlich der Einmündung der Dünenstraße in einem Wendehammer mit Parkplätzen endet. Nördlich des Grundstücks Flurstück G14 verläuft der K.-Weg. Dieser mündet in den L.-Stieg, der wiederum in die H-Straße einmündet. Die Eigentümer der dort gelegenen Grundstücke nutzen auch die H-Straße. Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 18 der Gemeinde K. (Ostseepark Dünenland K.) gelegene Baugebiet ist durch die Fa. V. (im Folgenden: Erschließungsträger) auf Grundlage des mit der Gemeinde K. geschlossenen städtebaulichen Vertrages vom 1. Oktober 2009 erschlossen worden. In § 2 Abs. 4 des Vertrages verpflichtete sich der Erschließungsträger „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ einen Betrag von 60.000,00 EUR bereitzustellen, der spätestens zum 31. Dezember 2010 fällig wurde.

5

Im Jahre 2010 ließ die Gemeinde K. die H-Straße in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 30. November 2010.

6

Mit Bescheiden vom 23. Oktober 2012 zog der Beklagte den Kläger für das Grundstück Flurstück G6 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 3.579,57 EUR, für das Grundstück Flurstück G1 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.262,61 EUR, für das Grundstück Flurstück G2 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 9.390,24 EUR, für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.019,35 EUR, für das Grundstück Flurstück G14 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 27.191,00 EUR und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 12.267,76 EUR heran. Im Rahmen der Beitragsberechnung berücksichtigte er für die Grundstücke Flurstück G2, Flurstück G3, Flurstück G4 und Flurstück G5 einen gewerblichen Artzuschlag. Das im Einmündungsbereich in die Straße der Freundschaft an die H-Straße angrenzende Grundstück Flurstück G17 wurde nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Die Widersprüche des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 23. bzw. 25. April 2013 – zugestellt am 30. April 2013 – zurück.

7

Am 30. Mai 2013 hat der Kläger zu den Aktenzeichen 3 A 409/13, 3 A 410/13, 3 A 411/13, 3 A 412/13, 3 A 41 G10 und 3 A 414/13 Anfechtungsklagen erhoben, die das Gericht mit Beschluss vom 4. Juni 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Aktenzeichens verbunden hat.

8

Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei der Höhe nach rechtswidrig. Die Aufwandsermittlung sei fehlerhaft, da der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag nicht aufwandsmindernd berücksichtigt worden sei. Die Erträge aus der Bewirtschaftung der straßenbegleitenden Parkflächen hätten ebenfalls zur Finanzierung der Baumaßnahme verwendet werden müssen. Auch die Aufwandsverteilung sei fehlerhaft. Die vom K.-Weg erschlossenen Grundstücke seien zu Unrecht nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einbezogen worden, obwohl der K.-Weg seine ihm zugedachte Verkehrsfunktion nur in Verbindung mit der H-Straße erfüllen könne. Das Grundstück der Mietergenossenschaft (Flurstück G17) sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, obwohl es an die H-Straße angrenze. Schließlich sei auch die Heranziehung des Klägers zu beanstanden. Der Kläger habe für die Pflasterung des hinteren Straßenteils einen Betrag von 3.500,00 EUR gezahlt. Dieser Betrag müsse von den Beitragsfestsetzungen abgezogen werden.

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Der Kläger beantragt,

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die Bescheide des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 23. bzw. 25. April 2013 insoweit aufzuheben, als die Festsetzungen die Beträge von 2.505,70 EUR, 4.383,83 EUR, 6.573,17 EUR, 4.219,55 EUR, 19.033,70 EUR bzw. 8.587,27 EUR übersteigen.

11

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

14

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 legte der Beklagte eine überarbeitete Beitragsberechnung vor, bei der das Grundstück Flurstück G 18 in den Vorteilsausgleich einbezogen wird und für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 der gewerbliche Artzuschlag entfällt. Danach ergibt sich für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 eine Beitragsminderung i.H.v. 108,09 EUR, 810,69 EUR bzw. 1.047,67 EUR (zusammen: 1.966,45 EUR). Für die übrigen Grundstücke ergibt sich eine geringfügige Mehrbelastung.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist zum weit überwiegenden Teil unbegründet. Der Bescheid vom 23. Oktober 2012 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]), als die Festsetzung den Betrag von 4.052,90 EUR übersteigt. Er ist daher im Umfang des Klageantrags aufzuheben. Die übrigen Bescheide weisen hingegen keine Fehler zum Nachteil des Klägers auf.

17

1. Die Bescheide finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung – SBS) vom 25. September 2000 i.d.F. der ersten Änderung vom 25. September 2003. Die Satzung leidet nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht an zu ihrer Unwirksamkeit führenden Fehlern.

18

Zwar bestehen bereits mit Blick auf das Alter der Satzung gewisse Zweifel daran, dass die der Festsetzung der Tiefenbegrenzung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SBS zugrunde liegende Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe den Maßgaben der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 77) entspricht. Allerdings führt ein solcher – hier nur unterstellter – Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss (Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03 –, juris Rn. 46). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen hat die für Grundstücke im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BaugesetzbuchBauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) (sog. Randlagengrundstücke) geltende Bestimmung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS bei der Abrechnung der H-Straße keine Anwendung gefunden. Anhaltspunkte dafür, dass sie hätte Anwendung finden müssen, bestehen ebenfalls nicht. Übertiefe Randlagengrundstücke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS gehören nicht zum Abrechnungsgebiet. Damit greift der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit.

19

Ebenfalls fehlerhaft ist die Bestimmung in § 2 Satz 3 SBS. Zwar geht sie im Einklang mit der nach dem Kommunalabgabengesetz 1993 geltenden Rechtslage davon aus, dass der Gebäudeeigentümer neben dem Grundeigentümer beitragspflichtig ist („auch“). Nach der im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügten Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V ist allerdings der Gebäudeeigentümer anstelle des Grundstückseigentümers beitragspflichtig. Die für unzulässig gewordene Altregelungen geltende Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V ist lange abgelaufen. Auch dieser Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn er ist nicht auf (fehlerhafte) Verteilungsregelungen beschränkt, sondern auch auf Entstehensregeln bzw. sonstige Regelungen der Straßenbaubeitragssatzung anwendbar, wenn dies denklogisch möglich und sinnvoll ist, d.h. wenn die Regelung auch ohne den unwirksamen Teil noch Bestand hat und der unwirksame Teil im Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Anwendung findet (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 – 3 A 2032/08 –, n.v.). Dies trifft vorliegend zu. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Abrechnungsgebiet der H-Straße Grundstücke gibt, an denen isoliertes Gebäudeeigentum besteht. Dies wird vom der Kläger auch nicht behauptet.

20

Weiter ist die Bestimmung in § 2 Satz 1 zweite Var. SBS („dinglich Berechtigter“) unzulässig, weil nach § 7 Abs. 2 KAG M-V nur Eigentümer, Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – die bereits angesprochenen Gebäudeeigentümer – beitragspflichtig sein können. Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 Abs. 4 EGBGB sind mit dem Merkmal „dinglich Berechtigter“ offensichtlich nicht gemeint, denn sie werden in den spezielleren Vorschriften der Sätze 2 und 3 ausdrücklich genannt. Dieser Fehler führt aber ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Vielmehr liegt nach der Rechtsprechung des OVG Greifswald lediglich ein Fall der Teilnichtigkeit vor (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71).

21

Fehlerhaft ist auch die Regelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS. Der Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (VG Greifswald, Urt. v. 19.04.2012 – 3 A 356/10 –, juris Rn. 13).

22

Mit Blick auf das Vorteilsprinzip ist es zwar nicht zu beanstanden, dass in der Straßenbaubeitragssatzung sowohl ein nutzungsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) als auch ein gebietsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. b SBS) Artzuschlag normiert ist. Ebenfalls unbedenklich ist, dass der gebietsbezogene Artzuschlag höher ist als der nutzungsbezogene. Dies beruht auf der Annahme, dass Grundstücken in den in § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS genannten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Gewerbegebiet – § 8 BauNVO, Industriegebiet – § 9 BauNVO, Kerngebiet – § 7 BauNVO und sonstiges Sondergebiet – § 11 BauNVO) durch eine beitragsfähige Straßenbaumaßnahme ein größerer Vorteil vermittelt wird, als Grundstücken, die – außerhalb der genannten Gebietstypen gelegen – lediglich überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise genutzt werden.

23

Fehlerhaft und weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren ist es jedoch, dass § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlags davon abhängig macht, dass die überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Vorschrift genannten festgesetzten oder faktischen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung liegen. Dies schließt die Anwendbarkeit der Vorschrift auf überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und im Außenbereich (§ 35 BauGB) aus.

24

Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 – 3 B 522/15 –, juris Rn. 15). Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich im Regelfall oder auch nur überwiegend nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet, mit der Folge, dass es für die Fälle des § 34 Abs. 1 BauGB keiner Regelung bedarf. Denn die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB darf nicht dazu führen, dass eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in eine der Alternativen des Gebietskatalogs in § 1 Abs. 2 BauNVO gepresst wird, um dann in einer zweiten Stufe mehr oder weniger schematisch die Zulässigkeitsregeln der §§ 2 ff. BauNVO anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969 – VI C 12/67 –, BVerwGE 32, 31 <37>). Weist die nähere Umgebung z.B. die Merkmale zweier Baugebiete i.S. der Baunutzungsverordnung auf, findet § 34 Abs. 2 BauGB keine Anwendung. Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich in diesem Fall ausschließlich nach § 34 Abs. 1 BauGB (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 Rn. 60).

25

Da überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Außenbereichsgrundstücke (typischerweise) ebenfalls einen im Verhältnis zur Wohnnutzung verstärkten Ziel- und Quellverkehrs auslösen, ist ein sachlicher Grund für die Unanwendbarkeit des nutzungsbezogenen Artzuschlages bei diesen Grundstücke ebenfalls nicht erkennbar.

26

Einer weiteren Vertiefung bedarf es vorliegend nicht. Denn der dargestellte Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Denn die Bestimmung des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS findet – wie noch zu zeigen sein wird – in Ansehung der Grundstücke des Klägers keine Anwendung. Anhaltspunkte dafür, dass die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen Artzuschlages für andere Grundstücke im Abrechnungsgebiet notwendig ist, bestehen ebenfalls nicht. Abweichendes wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Wirksamkeit der Regelung in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS ist für die Vorteilsverteilung im Abrechnungsgebiet der H-Straße daher ohne Belang.

27

Auch die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 SBS ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 SBS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass mehrfach erschlossene Grundstücke in faktischen Wohngebieten nach dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht in den Genuss der Vergünstigung kommen sollen. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 SBS (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07 –, juris).

28

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.

29

a. Zwar ist die Zusammenfassung der aus den Flurstücken G7, G8, G9 sowie G10, G11, G12, G13 bestehenden zwei Grundstücken in einem Bescheid (Az. 634-01-05-09) ebenso fehlerhaft, wie die Zusammenfassung der jeweils selbstständigen Grundstücke G3, G4 und G5 (Az. 634-01-05-08-B). Bei den Flurstücken G7, G8 und G9 handelt es sich um ein Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, da die Flurstücke im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter derselben laufenden Nummer verzeichnet (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 53). Gleiches gilt für die Flurstücke G10, G11, G12 und G13. Bei den Flurstücken G3, G4 und G5 handelt es sich jeweils um Einzelgrundstücke, da die genannten Flurstücke im Bestandsverzeichnis des jeweiligen Grundbuchs unter unterschiedlichen laufenden Nummern verzeichnet sind.

30

Die Zusammenfassung selbstständiger Buchgrundstücke ist unzulässig, denn wegen des im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs muss für jedes Grundstück ein eigenständiger Beitragsbescheid erlassen werden (VG Greifswald, Urt. v. 07.07.2010 – 3 A 17/08 –, juris Rn. 14 ff.). Allerdings begründet dieser Fehler keinen Aufhebungsanspruch des Klägers. Denn nach § 127 Abgabenordnung (AO) – die Vorschrift findet gemäß § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) auch auf Straßenbaubeiträge Anwendung – kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Die Vorschrift schließt damit bei – wie hier – gebundenen Entscheidungen eine Aufhebung wegen bloß formeller Fehler aus, die nicht zur Nichtigkeit des Bescheides führen. Die Aufhebung kann daher nur beim Vorliegen und im Umfang eines materiellen Fehlers erfolgen. Danach ist eine Aufhebung ausgeschlossen: Nichtigkeitsgründe werden vom Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst erkennbar. Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Kläger für alle Grundstücke beitragspflichtig. Bei den Grundstücken Flurstücke G7, G8, G9 sowie Flurstücke G10, G11, G12, G13 ist die Summe der zutreffend ermittelten Beiträge nicht niedriger als die Höhe der Festsetzung. Dies trifft in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zwar nicht zu. Mit Blick auf § 127 letzter Halbsatz AO ist insoweit jedoch nur eine Teilaufhebung möglich.

31

Zweifel über den Umfang der nach § 7 Abs. 6 KAG M-V auf den jeweiligen Einzelgrundstücken ruhenden öffentlichen Last (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: VG Greifswald a.a.O., Rn. 18) können vorliegend ebenfalls nicht entstehen, weil die jeweiligen Grundstücksgrößen in den Bescheiden quadratmetergenau angegeben sind und für die zusammengefassten Grundstücke dieselben Berechnungsparameter zur Beitragsermittlung gelten. Daher ist die auf dem einzelnen Grundstück ruhende öffentliche Last anhand der in den Bescheiden enthaltenen Angaben hinreichend genau bestimmbar (VG Greifswald, Urt. v. 07.04.2010 – 3 A 3035/05 –, juris Rn. 15).

32

b. Abgesehen von dem die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffenden Bescheid (dazu sogleich) leiden die streitgegenständlichen Bescheide in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht an Fehlern, die den Kläger benachteiligen.

33

aa. Dies betrifft zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Dass es sich bei den durchgeführten Maßnahmen um beitragsfähige Maßnahmen i.S.d. § 1 SBS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt, so dass von Darlegungen abgesehen werden kann.

34

Zu Unrecht meint er, dass der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag von 60.000,00 EUR aufwandsmindernd berücksichtigt werden müsse. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V, dass der Aufwand unter Berücksichtigung der Leistungen und Zuschüsse Dritter zu berücksichtigen ist. Dies setzt aber voraus, dass die Leistung bzw. der Zuschuss des Dritten gerade für die abgerechnete Maßnahme erbracht wurde. Dies wiederum hängt davon ab, ob eine entsprechende Zweckbestimmung vorliegt, was jedoch nicht der Fall ist. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass der Betrag allgemein „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ eingesetzt werden sollte (und auch wurde). Dass er dazu dient, den umlagefähigen Aufwand für die Baumaßnahme in der H-Straße zu senken, klingt in der Vereinbarung nicht einmal an. Der weitere Einwand des Klägers, die Vereinbarung in § 2 Abs. 4 des Erschließungsvertrages vom 1. Oktober 2009 sei nichtig, kann auf sich beruhen. Denn bei einer Nichtigkeit der Bestimmung bestünde ein Rückzahlungsanspruch des Erschließungsträgers, was erst Recht eine aufwandsmindernde Berücksichtigung des Zahlbetrages ausschlösse.

35

Auch die an die Parkraumbewirtschaftung anknüpfenden Einwände des Klägers verfangen nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Aufwand für den Wendehammer nebst Stellplätzen am östlichen Ende der H-Straße im Rahmen der Beitragsberechnung ebenso wenig berücksichtigt worden ist, wie der Aufwand für die straßenbegleitenden Parkplätze. Die vom Beklagten vorgelegte Kalkulationsübersicht weist keinen Aufwand für unselbstständige Park- und Abstellflächen i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 6 SBS auf. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die straßenbegleitenden Parkflächen sind nicht durch bauliche Maßnahmen (Pflasterungen u.dgl.), sondern durch einfache farbliche Markierungen auf der Asphaltfahrbahn entstanden. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass eine straßenverkehrsrechtlich begründete Parkgebühr mit dem Ziel der Parkraumbewirtschaftung die Beitragsfähigkeit der Anlage nicht infrage stellt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: VGH München, Urt. v. 19.02.2002 – 6 B 99.94 –, juris Rn. 28 m.w.N.).

36

Die Erträge aus der Parkraumbewirtschaftung in der H-Straße sind entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht aufwandsmindernd zu berücksichtigen. Insbesondere handelt es sich auch insoweit nicht um Leistungen Dritter i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Die entsprechenden Gebühren werden allein für die Nutzung der Parkplätze entrichtet. Eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung besteht nicht. Über die Verwendung der Mittel kann die Gemeinde frei entscheiden.

37

bb. Bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist kein Fehler zum Nachteil des Klägers erkennbar. Dies betrifft zunächst das Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Die Einstufung der H-Straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 SBS wird vom Kläger nicht beanstandet, so dass sich Ausführungen zu ihrer Verkehrsfunktion erübrigen.

38

Auf Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Neuberechnung ist auch die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Abrechnungsgebiet ist nunmehr ordnungsgemäß gebildet. Nach § 5 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Verkehrseinrichtung nach § 1 eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Verkehrseinrichtung geboten wird. Die Rechtfertigung, ein Grundstück zu einem Ausbaubeitrag zu veranlagen und es demgemäß bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen, ergibt sich damit aus einer Sondervorteile vermittelnden, vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit. Vorteilsrelevant in diesem Sinne ist eine Inanspruchnahmemöglichkeit, die für bestimmte Grundstücke im Verhältnis zu allen anderen deshalb besonders vorteilhaft ist, weil aufgrund der räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage erfahrungsgemäß angenommen werden kann, diese werde von ihnen aus in stärkerem Umfang in Anspruch genommen als von anderen Grundstücken, führe also für sie zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt.

39

Dies trifft auf die vom Beklagten ursprünglich berücksichtigten Grundstücke und das nunmehr in den Vorteilsausgleich einbezogene Grundstück Flurstück G17 zu. Letzteres ist wie die übrigen Grundstücke in den Vorteilsausgleich einzubeziehen, da es unmittelbar an die H-Straße angrenzt und damit von der Baumaßnahme bevorteilt ist. Dem nur ca. 6 m tiefen Grünstreifen mit Containerstellplatz kommt keine trennende Wirkung zu. Da der Beklagte dies zwischenzeitlich selbst erkannt hat, kann von weiteren Darlegungen abgesehen werden. Auf die Beitragshöhe wirkt sich der Fehler nicht aus, da er durch die fehlerhafte Berücksichtigung des nutzungsbezogenen Artzuschlages für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 (dazu sogleich) „überkompensiert“ wird.

40

Zu Recht werden die an das Straßengrundstück nördlich angrenzenden Grundstücke Flurstücke 21/1 und 21/48 nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Denn sie sind durch die auf dem Straßengrundstück angelegte Grünanlage von der H-Straße getrennt. Die Grünanlage hat eine Breite von ca. 45 m und eine Tiefe von ca. 23 m bis 32 m. Ihr kommt trotz ihrer Belegenheit auf dem Straßengrundstück die Funktion einer eigenständigen beitragsfähigen Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB zu, denn bei den genannten Abmessungen kann nicht mehr von einem bloßen Seitenstreifen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) ausgegangen werden. Die Eigenständigkeit der Grünanlage unterbricht den Zurechnungszusammenhang zu der ausgebauten Anlage.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch die von den Straßen „K.-Weg“ und „L.-Stieg“ erschlossenen Grundstücke nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einzubeziehen. Eine gemeinsame Abrechnung scheidet bereits deshalb aus, weil ihre Anlegung auf Grundlage eines sog. „echten“ Erschließungsvertrages i.S.d. § 124 BauGB a.F. erfolgte, so dass der Gemeinde K. insoweit kein beitragsfähiger Aufwand entstanden ist. Die Bildung einer Abrechnungseinheit hätte daher zur Folge, dass die Anlieger des „K.-Weges“ und des „L.-Stieges“ nicht nur mit den über den jeweiligen Kaufvertrag anteilig umgelegten Kosten „ihrer“ Erschließungsanlagen, sondern zusätzlich mit den anteiligen Kosten der H-Straße belastet würden, ohne dass dem eine anteilige Belastung der Anlieger der H-Straße mit den Kosten des K.-Weges und des L.-Stieges gegenüber stünde.

42

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigten, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen anlagebezogen erfolgt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Bei den genannten Straßen handelt es sich jeweils um eigenständige Erschließungsanlagen im Sinne der sog. natürlichen Betrachtungsweise, was eine gemeinsame Abrechnung mit der H-Straße ebenfalls ausschließt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht ist im Straßenbaubeitragsrecht die Bildung von Abrechnungseinheiten zudem unzulässig, denn das Kommunalabgabengesetz enthält keine dem § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB entsprechende Bestimmung (VG Greifswald, Beschl. v. 10.11.2009 – 3 B 1405/09 –, juris Rn. 14 m.w.N.).

43

Die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich erfolgte ebenfalls zu Recht. Die Grundstücke Flurstück G1, Flurstück G14, Flurstücke G7, G8, G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die ausgebaute Anlage an, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Bei den Grundstücken Flurstücke G10, G11, G12, G13, Flurstück G3, Flurstück G13 und Flurstück G4 handelt es sich aus Sicht der H-Straße um Hinterliegergrundstücke, deren Einbeziehung in den Vorteilsausgleich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, weil auch sie dem Kläger als Eigentümer der Anliegergrundstücke gehören und unmittelbar bzw. mittelbar an diese angrenzen. Die Eigentümeridentität allein reicht vorliegend für die Einbeziehung aus, denn bei den genannten Grundstücken handelt es sich um sog. gefangene Hinterliegergrundstücke, die über keine weitere Anbindung an das öffentliche Wegenetz verfügen. Zwar grenzen die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 an den östlich von ihnen verlaufenden Weidenweg. Hierbei handelt es sich aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um eine Privatstraße, was vorbehaltlich zivilrechtlicher Vereinbarungen eine Nutzung durch den Kläger ausschließt. Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Bereich der des Hotels nebst Ferienhauskomplex und gemeinsamen Parkplatz um eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung von Hinterlieger- und Anliegergrundstücken handelt, was auch eine Einbeziehung sog. nicht gefangener Hinterliegergrundstücke in den Vorteilsausgleich erlauben würde (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 81/13 und 1 L 220/13 –, juris).

44

Die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) für das Hotelgrundstück Flurstück G2 ist dagegen fehlerhaft. Zum einen ist die vom Beklagten hierfür herangezogene Bestimmung unwirksam (s.o.). Zum anderen wäre sie auch im Falle ihrer Wirksamkeit unanwendbar, denn für das Grundstück ist die speziellere Bestimmung des § § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS maßgeblich. Hiernach wird die nach Absatz 3 ermittelte Fläche zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung mit dem Faktor 2,0 vervielfacht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Gewerbegebietes (§ 8 BauNVO), Industriegebietes (§ 9 BauNVO), Kerngebietes (§ 7 BauNVO) oder sonstigen Sondergebietes (§ 11 BauNVO) liegt. Letzteres trifft auf das Grundstück Flurstück G2 zu, denn es liegt im sog. Baufeld 3, dessen Ausweisung nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auf § 11 Abs. 2 BauNVO beruht. Damit hätte statt des nutzungsbezogenen Artzuschlages (Faktor 1,5) der gebietsbezogene Artzuschlag (Faktor 2,0) angewandt werden müssen. Der Fehler führt jedoch nicht zu einer Aufhebung des betreffenden Beitragsbescheides, denn der Kläger wird dadurch lediglich begünstigt.

45

Ebenfalls fehlerhaft ist die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5. Die Grundstücke sind mit Ferienwohnungen bebaut. Zwar hat das OVG Greifswald in dem Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) ausgeführt, dass bereits die Nutzung der Gebäude als Ferienwohnungen den Artzuschlag rechtfertigt (S. 14 des Entscheidungsumdrucks). Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht jedoch nicht (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 20.08.2015 – 3 A 1107/13 –, juris Rn. 29). Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.). All dies trifft auf eine als Ferienwohnung genutzte Wohnung nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Eigentümer für eigene Zwecke vorgehalten oder vom Eigentümer oder über einen gewerblichen Wohnungsvermittler (auch) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Die Nutzungsart bleibt Wohnnutzung. Die Betriebsstätte des gewerblichen Wohnungsvermittlers befindet sich regelmäßig an einem anderen Ort. Die Wohnungen sind lediglich Geschäftsobjekt. Der häufige Mieterwechsel führt regelmäßig zu keinem erhöhten Ziel- und Quellverkehr. Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass vom Wohnungsvermittler oder von Drittfirmen Dienstleistungen erbracht werden. Auch der Dauermieter bzw. der selbstnutzende Eigentümer nimmt typischerweise Dienstleistung in Anspruch oder ist zur Daseinsversorgung und, soweit er keine Fremdleistungen in Anspruch nimmt, zur Materialbeschaffung auf die Inanspruchnahme der Anbaustraße angewiesen. Typische Unterschiede ergeben sich insoweit nicht. Zudem sind Leerstandzeiten bei Ferienwohnungen unvermeidbar. In diesen Zeiten ist der Ziel- und Quellverkehr deutlich geringer als bei einer Dauernutzung (VG Bayreuth, Urt. v. 14.05.2014 – B 4 K 13.371 –, juris Rn. 57 ff.; Urt. v. 16.04.2014 – B 4 K 13.293 –, juris Rn. 30 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 19.06.2012 – 4 LB 5/12 –, juris Rn. 38).

46

Handelt es sich bei der Nutzung als Ferienwohnung somit nicht um eine gewerbliche Nutzung, so scheidet die Berücksichtigung des Artzuschlages für die genannten Grundstücke unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS aus. Der auf diese Grundstücke entfallende Beitrag ist damit nach der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 Neuberechnung – auf die zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird – um 1.966,45 EUR überhöht, so dass der die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffende Bescheid im Umfang des Klageantrags aufzuheben ist.

47

cc. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden. Mit den Eingang der letzten Unternehmerrechnung vom 30. November 2010 ist die sachliche Beitragspflicht (vgl. § 8 Abs. 5 KAG M-V) und – auf ihrer Grundlage – mit der Bekanntgabe der Beitragsbescheide die persönliche Beitragspflicht (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) des Klägers entstanden.

48

Die Nichtberücksichtigung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung nach § 5 Abs. 6 SBS begegnet keinen Bedenken, denn die Bestimmung ist – wie ausgeführt – unwirksam. Die Bestimmung findet aber auch dann keine Anwendung, wenn man dem nicht folgt und von ihrer Wirksamkeit ausgeht. Denn bei den Grundstücken des Klägers handelt es sich nicht um mehrfach erschlossene Grundstücke in diesem Sinne, obwohl jedenfalls die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 auch an den Weidenweg angrenzen. Bei dem Weidenweg handelt es sich – wie bereits dargelegt – um eine Privatstraße. Nach seinem Sinn und Zweck will § 5 Abs. 6 SBS lediglich die Beitragslast für Grundstücke reduzieren, die infolge einer Beitragserhebung für mehrere Straßen entsteht oder entstehen kann. Dies setzt aber voraus, dass die betreffenden Grundstücke an mehrere beitragsfähige Verkehrsanlagen angrenzen bzw. durch sie erschlossen werden. Beitragsfähig sind gemäß § 1 Satz 1 SBS jedoch nur öffentliche Straßen, Wege oder Plätze. In Ansehung einer Privatstraße kann daher eine Beitragserhebung nicht erfolgen. Scheidet damit eine Mehrbelastung der Grundstücke infolge einer Beitragserhebung für mehrere Verkehrsanlagen von vornherein aus, so besteht auch kein Grund für eine Beitragsreduzierung für den Ausbau der H-Straße (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 29.10.2008 – 3 A 593/07 –, n.v.).

49

Soweit der Kläger schließlich meint, der von ihm für die Pflasterung der Teilstrecke zwischen der Einmündung der Dünenstraße und dem Wendehammer an die bauausführende Firma gezahlte Betrag von 3.500,00 EUR sei auf die Beitragsfestsetzungen anzurechnen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Es handelt sich insbesondere nicht um eine auf die Beitragsforderungen anzurechnende Eigenleistung des Klägers. Nach dem Vortrag des Beklagten, der sich mit den Angaben der Baubeschreibung deckt, war ursprünglich auch in diesem Bereich eine Fahrbahnbefestigung aus Asphalt vorgesehen. Die Gemeinde hat – dem Wunsch des Klägers entsprechend – einer Pflasterbauweise mit der Maßgabe zugestimmt, dass der Kläger die entstehenden Mehrkosten trägt. Aus diesem Grund ist die Zahlung erfolgt. Dementsprechend sind die Mehrkosten nicht im Rahmen der Beitragserhebung berücksichtigt worden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist zuzulassen, weil die Entscheidung hinsichtlich der Frage, ob die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages bei der Nutzung eines Gebäudes als Ferienwohnung zu erfolgen hat, von dem Urteil des OVG Greifswald vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) abweicht (§§ 124a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 23. März 2007 - 3 B 121/07 -, mit dem unter Ziffer 1. die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen auch als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.506,19 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen für den Ausbau der S...straße in B...

2

Die Antragsgegnerin ließ die S...straße im Bereich von der N... Straße bis zur Kreuzung mit der M...Straße hinsichtlich Fahrbahn, Beleuchtung sowie Straßenentwässerung ausbauen, wobei eine auf der nördlichen Seite der S...straße gelegene Stützmauer aus Feldsteinen beseitigt und als Formsteinmauer wieder aufgebaut wurde. Die Antragsteller sind Eigentümer des an der S...straße anliegenden Grundstückes mit der Flurstücksbezeichnung Flur ..., Flurstück-Nr. ..., Gemarkung ... .

3

Mit Bescheid vom 20. November 2006 zog die Antragsgegnerin die Antragsteller dafür zu einem Beitrag in Höhe von 10.024,77 € heran. Die Antragsteller erhoben Widerspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung, die die Antragsgegnerin mit Entscheidung vom 8. Dezember 2006 ablehnte.

4

Die Antragsteller beantragten am 26. Januar 2007 bei dem Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches gegen den Beitragsbescheid vom 20. November 2006 anzuordnen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 23. März 2007 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, Fahrbahn, Gehweg sowie die Straßenentwässerung seien beitragsfähig verbessert worden. Gleiches gelte für die Stützmauer, deren Kosten zum beitragsfähigen Aufwand rechneten. Auch die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes sei nicht zu beanstanden, insbesondere habe die Antragsgegnerin die S...straße zutreffend als Anliegerstraße eingestuft und das Abrechnungsgebiet rechtsfehlerfrei gebildet. Die hier abgerechnete Anlage verlaufe bei natürlicher Betrachtungsweise von der Einmündung der M...Straße bis zur Grenze des Sanierungsgebietes. Die sachlichen Beitragspflichten dürften im Jahre 2005 mit Abschluss des Grunderwerbs entstanden sein. In der Heranziehung der Antragsteller liege keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte.

5

Die Antragsteller haben gegen den ihrem Bevollmächtigten am 12. April 2007 zugestellten Beschluss am 24. April 2007 Beschwerde erhoben, die sie mit am 12. Mai 2007 eingegangenem Schriftsatz begründet haben. Sie machen im Wesentlichen geltend, die Neuerrichtung der Stützmauer sei keine beitragsfähige Verbesserung, der Ausbau der Straßenentwässerung sei nicht abrechenbar, da hier ebenfalls keine Verbesserung eingetreten sei und sie bereits für den Ausbau des Schmutzwasserkanals herangezogen worden seien und vor allem sei die S...straße in ihrem hier abgerechneten Teil keine Anlieger-, sondern eine Innerortsstraße mit der Folge einer für sie günstigeren Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes auf die Anlieger der Straße.

6

Der Antragsgegner tritt dem im einzelnen entgegen.

II.

7

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den o. g. Beschluss ist zwar mit am 24. April 2007 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz fristgerecht binnen zwei Wochen (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhoben und mit am 12. Mai 2007 eingegangenem Schriftsatz innerhalb der in § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geregelten Monatsfrist begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

8

Im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt.

9

Nach § 80 Abs. 4 VwGO soll die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Diese Voraussetzungen liegen - in Ansehung des Beschwerdevorbringens - hier nicht vor. Das Vorbringen der Antragsteller gegen den umfassend begründeten Beschluss des Verwaltungsgerichts beschränkt sich auf Einwendungen gegen die Beitragsfähigkeit der Baumaßnahmen an der Straßenentwässerung und an der Stützmauer der Straße sowie gegen die von dem Verwaltungsgericht nicht beanstandete Annahme der Antragsgegnerin, dass die hier ausgebaute S...straße als "Anliegerstraße" i.S. von § 3 Abs. 5 der Satzung der Stadt B. auf Rügen über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 06. Dezember 2000 (ABS 2000) und nicht als "Innerortsstraße" einzustufen sei. Die auf diese Gesichtspunkte beschränkte gerichtliche Prüfung im Beschwerdeverfahren führt zu keinen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass in der Umstellung der im Mischsystem betriebenen Straßenentwässerung in der S...straße auf ein Trennsystem eine Verbesserung liege, weil durch die Trennung der Entwässerungssysteme für Niederschlags- und Schmutzwasser Störungen der Straßenentwässerung vermieden werden. Hierdurch erhöhe sich die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Mit diesen Erwägungen setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht exakt auseinander. Das Vorbringen der Antragsteller, erforderlich sei eine Leistungssteigerung allein im Bereich der Straßenentwässerung, ist nicht zutreffend. Die Verbesserung liegt - so zu Recht das Verwaltungsgericht - in einer Umstellung der Straßenentwässerung auf ein von der Schmutzwasserbeseitigung und etwaigen dort verursachten Störungen unabhängiges Trennsystem. Dies gilt unabhängig davon, ob zugleich die Schmutzwasserbeseitigung vorteilhafter gestaltet worden ist. Voraussetzung für eine Verbesserung der Straßenentwässerung ist auch nicht - was der Vortrag der Antragsteller offenbar nahelegen will -, dass wegen eines mangelhaften Zustandes der alten Anlage bereits Überflutungen der Straße eingetreten sind. Das Vorbringen, es habe zu keiner Zeit Probleme mit der Straßenentwässerung oder Überschwemmungen gegeben, führt daher nicht weiter. Gleiches gilt für den Einwand, die Antragsteller seien bereits für die Installation des Schmutzwasserkanals von dem Zweckverband veranlagt worden. Gegenstand der hier streitigen Beitragserhebung ist nicht der Schmutzwasserkanal, sondern die Anlage zur Entwässerung der Fahrbahn.

11

2. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Kosten für die Stützmauer seien beitragsfähiger Aufwand, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nach der Stellungnahme zu Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit des Ingenieurbüros M... vom 03. Juli 2002 bestand die Gefahr, dass es im Zuge der Herstellung und der Verdichtung des 60 cm unter dem bisherigen Straßenniveaus liegenden neuen Straßenplanums sowie bei den Arbeiten an dem 2 m tiefen Rohrgraben zu einem abschnittsweisen Einsturz der alten Wand und Abrutschen der Böschung kommen könnte (dort Punkt 1.). Eine temporäre Abstützung der Stützwand während der Bauphase sei wegen der Neigung der Wand nur schwer realisierbar und hätte die Durchführung der Straßenbauarbeiten stark behindert. Daher hätte eine Abstützung zusätzliche Kostenerhöhungen und vermutlich auch weitere Schäden an der Wand verursacht, so dass sie möglicherweise nach Abschluss der Bauarbeiten habe einstürzen können. Die spätere Sanierung der Wand hätte wegen der notwendigen Ausbildung eines Fundamentes einen erneuten Eingriff in den Straßenbau zur Folge gehabt, so dass die Stützvariante nicht sinnvoll gewesen sei. Stattdessen sollte eine Sanierung der Stützwand vorgenommen werden (Punkt 4.3.1).

12

Offenbar allein aus diesen Gründen - so auch die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung im Beschwerdeverfahren - ist die alte aus Feldsteinen bestehende Wand abgetragen und durch eine neue Wand aus Formsteinen ersetzt worden. Damit handelt es sich aber bei den Kosten für den Abbruch der alten und die Errichtung der neuen Wand bereits um durch den Ausbau der Fahrbahn und der Straßenentwässerung verursachte (notwendige) Kosten. Denn ohne Abbruch und Aufbau der Wand hätte der Ausbau der Fahrbahn mit ihrem 60 cm tief unter dem bisherigen Straßenniveau liegenden Planum nicht oder nur mit dem inakzeptablen Risiko vorgenommen werden können, dass die Mauer während der Bauarbeiten abrutscht. Daher sind die fraglichen Kosten gleichsam Folgekosten des Ausbaus, die lediglich nicht für unmittelbar an der ausgebauten Fahrbahn (bzw. der Straßenentwässerung) ausgeführte Maßnahmen anfallen (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage, § 33, Rn. 12). Auf die von den Antragstellern in Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung problematisierte Frage, ob die Neuerrichtung der Stützwand für sich betrachtet eine Verbesserung darstellt, kommt es daher nicht an. Entscheidend ist, dass die Ausbaumaßnahme an der Fahrbahn den Beitragstatbestand der Verbesserung (§ 8 Abs. 1 KAG) erfüllt und der Aufwand für die Stützwand zu den dafür notwendigen Ausbaukosten rechnet.

13

3. Das Verwaltungsgericht hat zur Ermittlung der Straßenkategorie der S...straße zutreffend eine an § 3 Abs. 5 ABS 2000 orientierte funktionsbezogene Betrachtungsweise angestellt. Nach dieser Satzungsregelung sind Anliegerstraßen Straßen, Wege und Plätze, die ausschließlich oder überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke dienen. Innerortsstraßen sind Straßen, die weder überwiegend der Erschließung von Grundstücken noch überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen. Danach kommt es, dafür spricht der satzungsrechtliche Begriff "dienen" (vgl. § 3 Abs. 5 ABS 2000), auf die der Straße zugedachte Aufgabe und Zweckbestimmung an, die durch eine Gesamtbetrachtung verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Dazu gehören, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, die Verkehrsplanung der Gemeinde, der darauf beruhende Ausbauzustand der Straße und die straßenrechtliche Gewichtung. Nur daneben kommt auch den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu (so auch BayVGH, 09.06.2004 - 6 CS 03.434 -, juris; OVG Magdeburg, 10.12.2003 - 2 L 308/02 -, juris; vgl. auch OVG Lüneburg, 12.03.2004 - 9 ME 45/04 -, juris). Dies ergibt sich schon daraus, dass für die mit der Straßenkategorisierung verbundene Aufteilung der für die Beitragserhebung maßgeblichen Vorteile auf die Allgemeinheit einerseits und die Anlieger der Straße andererseits nur Kriterien von einer gewissen Dauerhaftigkeit (vgl. dazu BayVGH, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage, § 34, Rn 33) entscheidend sein können. Dazu rechnet vor allem die von der Gemeinde im Einklang mit ihrer Verkehrsplanung gewählte Zweckbestimmung der Anlage, die sich in einem diesem Zweck entsprechenden dauerhaften Ausbau ausdrückt. Straßen verschiedener Kategorie erfüllen in verkehrlicher Hinsicht unterschiedliche Aufgaben und sind daher zwangsläufig ausbaumäßig unterschiedlich ausgestattet. Gleichermaßen von Gewicht für die satzungsgerechte Einstufung einer ausgebauten Straße ist ihre Lage im Straßennetz der Gemeinde. Die dauerhaft bestehende Anbindung an die umgebenden Anlieger-, Innerorts- und Durchgangsstraßen lässt maßgebliche Rückschlüsse auf die für die Einordnung entscheidende Zweckbestimmung der Straße zu. Die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse sind zwar in die Betrachtung mit einzubeziehen, können jedoch wegen ihres veränderlichen Charakters nicht von entscheidender Bedeutung sein. Sie hängen von zahlreichen Faktoren ab, wie etwa Baustellen in benachbarten Straßen, Umleitungen oder sonstigen das Verkehrsaufkommen beeinflussenden Zufälligkeiten (vgl. BayVGH, a.a.O.; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2007, § 8, Rn 380).

14

Demgemäß hat das Verwaltungsgericht zu Recht für eine Einstufung der S...straße als Anliegerstraße entscheidend darauf abgestellt, dass die Fahrbahn der S...straße eine Ausbaubreite von lediglich 4,75 m aufweist, die einen LKW-Begegnungsverkehr nicht erlaubt. Dieser Umstand indiziere eine geringe Verkehrsbedeutung der Anlage. Die in der S...straße geltende Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h bestätige dies ebenso wie die Einbettung der S...straße in das innerörtliche Verkehrssystem. Sie sei eine von vielen Straßen, die in der Ortslage von B... die anliegenden Grundstücke erschließen würden. Parkhaus, Sparkasse, Amtsgericht, Katasteramt und Polizeiinspektion seien im Stadtgebiet verteilt belegen und erlaubten daher keine Rückschlüsse auf eine erhöhte Verkehrsbedeutung der S...straße. Der Verkehr verteile sich vielmehr auf eine Vielzahl von Nebenstraßen im Ortskern von B... .

15

Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass zu durchschlagenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Annahmen. Zunächst trifft es zu, dass eine Straße, die mit einer weniger als 5 Meter breiten Fahrbahn ausgestattet ist, nicht den an eine Innerortsstraße zu stellenden Anforderungen genügen kann und vielmehr im Gegenteil ein Merkmal erfüllt, das typischerweise bei Anliegerstraßen anzutreffen ist (so auch OVG Lüneburg, 11.11.1986 - 9 A 25/86 -, KStZ 1987, 136f und die bisherige Rechtsprechung des Senates, vgl. Beschluss vom 07.07.2003 - 1 M 67/03 -). Begegnungsverkehr von Lastkraftwagen und/oder Bussen ist bei einer derart geringen Fahrbahnbreite nur unter erheblich erhöhter Vorsicht und verlangsamter Geschwindigkeit und nur mit Ausweichmanövern möglich. Das widerspricht der Aufgabe einer Straße mit örtlicher Verbindungsfunktion. Die Antragsteller tragen selbst vor, dass in benachbarten Innerortsstraßen der LKW-Verkehr den Bürgersteig für Ausweichmanöver in Anspruch nehmen muss. Selbst wenn dies in den von den Antragstellern genannten (Innerorts-) Straßen an bestimmten Stellen der Fall sein sollte, spräche das nicht für eine Einstufung auch der S...straße als Innerortsstraße. Denn die Fahrbahn der S...straße ist durchgängig nur 4,75 m breit, so dass nicht nur an einigen Stellen kein gefährdungsfreier Begegnungsverkehr größerer Fahrzeuge gewährleistet ist, sondern dies auf gesamter Länge nicht der Fall wäre. Außerdem dürfte regelmäßig ein Ausbau des Gehweges - wie hier - mit Betonpflastersteinen und entsprechendem Gehwegunterbau kaum für die Inanspruchnahme durch tonnenschwere Lastkraftwagen geeignet sein. Dass der Gehweg für ein Überfahren durch schwere Lastkraftwagen konzipiert sein könnte, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erkennen. Auch im Übrigen - dies kann hier ergänzt werden - weist der Ausbauzustand der S...straße auf eine Anliegerstraße hin. Nach dem in den Verwaltungsvorgängen dokumentierten Fotomaterial gibt es keine Markierungen, die die Fahrbahnhälften voneinander abtrennten. Die Fahrbahn ist außerdem mit Granitpflastersteinen befestigt, einem Baumaterial, dass jedenfalls wegen der Lärmentwicklung nicht als in besonderem Maße geeignet für den Einbau in eine Innerortsstraße erscheint.

16

Auch die Argumentation der Antragsteller, in der D...-, der B...- und der Ma...straße, die allesamt Durchgangsstraßen seien, gelte ebenfalls eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Antragsgegner hat unter Bezugnahme auf den Erläuterungsbericht des Planungsbüros "Me... Ingenieur ..." plausibel darauf hingewiesen, dass nach den Regeln der Empfehlungen zur Anlage von Erschließungsstraßen ../.. die S...straße schon aus Gründen baulicher Enge und erforderlicher seitlicher Sicherheitsabstände eine Geschwindigkeitsreduzierung erfahren habe. Die entsprechenden Geschwindigkeitsbeschränkungen in den angeführten weiteren Straßen im B... Stadtgebiet hätten hingegen ihren Grund darin, dass die Straßen im Sanierungsgebiet lägen und dort durch die Geschwindigkeitsreduzierung nur der Straßenlärm vermindert werden solle.

17

Schließlich vermag das Beschwerdevorbringen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Einbettung der S...straße in das innerörtliche Verkehrssystem lege keineswegs eine Einstufung als Innerortsstraße nahe, die S...straße sei nur eine von vielen Straßen, die in der Ortslage die anliegenden Grundstücke erschließen würden, nicht zu erschüttern. Die Argumentation der Antragsteller, der gesamte Verkehr aus der N... Straße werde über die S...straße abgeleitet, da die N... Straße in dieser Richtung eine Einbahnstraße sei, überzeugt schon deshalb nicht, worauf ebenfalls die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung hinweist, weil ein Ableiten des Verkehrs auch über die D...straße, d.h. nicht nach einem Rechtsabbiegen in die S...straße, sondern nach einem Linksabbiegen in die "N... Straße" erfolgen kann. Davon, dass die Verlängerung der S...straße in Richtung D...straße, die eben genannte "N... Straße", nicht zu der hier abgerechneten Einrichtung "S...straße" gehört, hat der Senat dabei auszugehen, da die Antragsteller die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel gezogen haben.

18

Ob die Einordnung der S...straße als Anliegerstraße wegen eines tatsächlich erheblich höheren - nach den vorstehenden Ausführungen bestimmungswidrigen - Verkehrsaufkommens abweichend von den zuvor erörterten Aspekten unzutreffend sein könnte, kann im summarischen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden. Zwar erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass eine Straße entgegen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung als Anliegerstraße in einem solchen Maße von motorisiertem oder nicht-motorisiertem Verkehr in Anspruch genommen wird, dass ihre Einstufung anderslautend (Innerortsstraße) vorgenommen werden muss. Dies kann aber jedenfalls im hier zu entscheidenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht angenommen werden. Verlässliche Erhebungen über die tatsächliche Verkehrsbelastung der S...straße liegen nicht vor. Dass der pauschale Vortrag der Antragsteller, den hier interessierenden Teil der S...straße würden 70 Fahrzeuge in der Stunde befahren, hierzu nicht ausreicht, liegt auf der Hand. Er lässt weder erkennen, zu welcher Tageszeit diese Belastung auftreten soll, noch ob es sich um eine durchschnittliche Kraftfahrzeugmenge handelt noch, welche Anteile davon den anliegenden Grundstücken im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten als Ziel- und Quellverkehr zuzurechnen ist, etwa dem großen Anliegergrundstück (Flurstück) ../.., das in dem in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Flurstücksplan mit "Kreispolizeibehörde" und in dem erstinstanzlichen Vorbringen der Antragsteller als "ehemaliges Sozialamt" bezeichnet ist.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

20

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Senat setzt in ständiger Rechtsprechung in Eilverfahren in Abgabensachen ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren in Betracht kommenden Streitwertes (hier 10.024,77 €) fest.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. April 2013 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.219,55 EUR übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück G1, (38.385,00 m²), der in gleicher Flur und Gemarkung gelegenen Grundstücke Flurstück G2 (1.279,00 m²), Flurstück G3 (52,00 m²), Flurstück G4 (390,00 m²) und Flurstück G5 (504 m²), Flurstück G6 (1.097,00 m²), Flurstücke G7, G8 und G9 (1.099,00 m²) und Flurstücke G10, G11, G12 und G13 (1.793,00 m²) sowie des Grundstücks Flurstück G14 (8.333,00 m²).

3

Das bewaldete Grundstück Flurstück G1 liegt südlich der H.-Straße in K., die übrigen Grundstücke, die allesamt baulich genutzt werden, nördlich dieser Straße. Das Grundstück Flurstück G1, das mit einem Garagenkomplex bebaute Grundstück Flurstück G14, das Grundstück Flurstücke G7, G8 und G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die H-Straße an. Das Grundstück Flurstück G6, das Grundstück Flurstücke G10, G11, G12, G13 und die Grundstücke Flurstück G3, G4 und G5 sind aus der Sicht der H-Straße Hinterliegergrundstücke. Sie sind mit der H-Straße über die im Eigentum des Klägers stehende Privatstraße (Stichweg mit Wendehammer) auf dem Flurstück G15 bzw. den ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Stichweg auf dem Flurstück G16 verbunden. Die nach dem zwischen dem Kläger und der Gemeinde K. geschlossenen Erschließungsvertrag vorgesehene Übereignung des Flurstücks G15 an die Gemeinde K. ist bisher noch nicht erfolgt. Mit Ausnahme der Grundstücke Flurstücke G1 und G14 liegen die genannten Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 15 „Strandblick“ der Gemeinde K., der für das Grundstück Flurstück G2 die Festsetzung „sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenbeherbergung“ aufweist. Für die Grundstücke Flurstücke G4 und G5 weist er die Festsetzung „Sondergebiet Erholung mit der Zweckbestimmung Ferienhausgebiet“ und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 die Festsetzung „reines Wohngebiet“ auf. Entsprechend diesen Festsetzungen sind die Grundstücke bebaut: Auf dem Grundstück Flurstück G2 befindet sich ein Hotelkomplex, auf den Grundstücken Flurstücke G3, G4 und G5 wurden Ferienwohnungen und auf den Grundstücken Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 Wohngebäude mit jeweils einer Ferienwohnung errichtet. Die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 grenzen östlich an den Weidenweg. Hierbei handelt es sich nicht um eine öffentliche Straße, sondern um eine Privatstraße.

4

Bei der H-Straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Straße der Freundschaft in östliche Richtung führt und östlich der Einmündung der Dünenstraße in einem Wendehammer mit Parkplätzen endet. Nördlich des Grundstücks Flurstück G14 verläuft der K.-Weg. Dieser mündet in den L.-Stieg, der wiederum in die H-Straße einmündet. Die Eigentümer der dort gelegenen Grundstücke nutzen auch die H-Straße. Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 18 der Gemeinde K. (Ostseepark Dünenland K.) gelegene Baugebiet ist durch die Fa. V. (im Folgenden: Erschließungsträger) auf Grundlage des mit der Gemeinde K. geschlossenen städtebaulichen Vertrages vom 1. Oktober 2009 erschlossen worden. In § 2 Abs. 4 des Vertrages verpflichtete sich der Erschließungsträger „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ einen Betrag von 60.000,00 EUR bereitzustellen, der spätestens zum 31. Dezember 2010 fällig wurde.

5

Im Jahre 2010 ließ die Gemeinde K. die H-Straße in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 30. November 2010.

6

Mit Bescheiden vom 23. Oktober 2012 zog der Beklagte den Kläger für das Grundstück Flurstück G6 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 3.579,57 EUR, für das Grundstück Flurstück G1 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.262,61 EUR, für das Grundstück Flurstück G2 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 9.390,24 EUR, für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.019,35 EUR, für das Grundstück Flurstück G14 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 27.191,00 EUR und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 12.267,76 EUR heran. Im Rahmen der Beitragsberechnung berücksichtigte er für die Grundstücke Flurstück G2, Flurstück G3, Flurstück G4 und Flurstück G5 einen gewerblichen Artzuschlag. Das im Einmündungsbereich in die Straße der Freundschaft an die H-Straße angrenzende Grundstück Flurstück G17 wurde nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Die Widersprüche des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 23. bzw. 25. April 2013 – zugestellt am 30. April 2013 – zurück.

7

Am 30. Mai 2013 hat der Kläger zu den Aktenzeichen 3 A 409/13, 3 A 410/13, 3 A 411/13, 3 A 412/13, 3 A 41 G10 und 3 A 414/13 Anfechtungsklagen erhoben, die das Gericht mit Beschluss vom 4. Juni 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Aktenzeichens verbunden hat.

8

Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei der Höhe nach rechtswidrig. Die Aufwandsermittlung sei fehlerhaft, da der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag nicht aufwandsmindernd berücksichtigt worden sei. Die Erträge aus der Bewirtschaftung der straßenbegleitenden Parkflächen hätten ebenfalls zur Finanzierung der Baumaßnahme verwendet werden müssen. Auch die Aufwandsverteilung sei fehlerhaft. Die vom K.-Weg erschlossenen Grundstücke seien zu Unrecht nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einbezogen worden, obwohl der K.-Weg seine ihm zugedachte Verkehrsfunktion nur in Verbindung mit der H-Straße erfüllen könne. Das Grundstück der Mietergenossenschaft (Flurstück G17) sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, obwohl es an die H-Straße angrenze. Schließlich sei auch die Heranziehung des Klägers zu beanstanden. Der Kläger habe für die Pflasterung des hinteren Straßenteils einen Betrag von 3.500,00 EUR gezahlt. Dieser Betrag müsse von den Beitragsfestsetzungen abgezogen werden.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Bescheide des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 23. bzw. 25. April 2013 insoweit aufzuheben, als die Festsetzungen die Beträge von 2.505,70 EUR, 4.383,83 EUR, 6.573,17 EUR, 4.219,55 EUR, 19.033,70 EUR bzw. 8.587,27 EUR übersteigen.

11

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

14

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 legte der Beklagte eine überarbeitete Beitragsberechnung vor, bei der das Grundstück Flurstück G 18 in den Vorteilsausgleich einbezogen wird und für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 der gewerbliche Artzuschlag entfällt. Danach ergibt sich für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 eine Beitragsminderung i.H.v. 108,09 EUR, 810,69 EUR bzw. 1.047,67 EUR (zusammen: 1.966,45 EUR). Für die übrigen Grundstücke ergibt sich eine geringfügige Mehrbelastung.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist zum weit überwiegenden Teil unbegründet. Der Bescheid vom 23. Oktober 2012 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]), als die Festsetzung den Betrag von 4.052,90 EUR übersteigt. Er ist daher im Umfang des Klageantrags aufzuheben. Die übrigen Bescheide weisen hingegen keine Fehler zum Nachteil des Klägers auf.

17

1. Die Bescheide finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung – SBS) vom 25. September 2000 i.d.F. der ersten Änderung vom 25. September 2003. Die Satzung leidet nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht an zu ihrer Unwirksamkeit führenden Fehlern.

18

Zwar bestehen bereits mit Blick auf das Alter der Satzung gewisse Zweifel daran, dass die der Festsetzung der Tiefenbegrenzung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SBS zugrunde liegende Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe den Maßgaben der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 77) entspricht. Allerdings führt ein solcher – hier nur unterstellter – Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss (Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03 –, juris Rn. 46). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen hat die für Grundstücke im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BaugesetzbuchBauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) (sog. Randlagengrundstücke) geltende Bestimmung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS bei der Abrechnung der H-Straße keine Anwendung gefunden. Anhaltspunkte dafür, dass sie hätte Anwendung finden müssen, bestehen ebenfalls nicht. Übertiefe Randlagengrundstücke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS gehören nicht zum Abrechnungsgebiet. Damit greift der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit.

19

Ebenfalls fehlerhaft ist die Bestimmung in § 2 Satz 3 SBS. Zwar geht sie im Einklang mit der nach dem Kommunalabgabengesetz 1993 geltenden Rechtslage davon aus, dass der Gebäudeeigentümer neben dem Grundeigentümer beitragspflichtig ist („auch“). Nach der im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügten Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V ist allerdings der Gebäudeeigentümer anstelle des Grundstückseigentümers beitragspflichtig. Die für unzulässig gewordene Altregelungen geltende Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V ist lange abgelaufen. Auch dieser Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn er ist nicht auf (fehlerhafte) Verteilungsregelungen beschränkt, sondern auch auf Entstehensregeln bzw. sonstige Regelungen der Straßenbaubeitragssatzung anwendbar, wenn dies denklogisch möglich und sinnvoll ist, d.h. wenn die Regelung auch ohne den unwirksamen Teil noch Bestand hat und der unwirksame Teil im Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Anwendung findet (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 – 3 A 2032/08 –, n.v.). Dies trifft vorliegend zu. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Abrechnungsgebiet der H-Straße Grundstücke gibt, an denen isoliertes Gebäudeeigentum besteht. Dies wird vom der Kläger auch nicht behauptet.

20

Weiter ist die Bestimmung in § 2 Satz 1 zweite Var. SBS („dinglich Berechtigter“) unzulässig, weil nach § 7 Abs. 2 KAG M-V nur Eigentümer, Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – die bereits angesprochenen Gebäudeeigentümer – beitragspflichtig sein können. Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 Abs. 4 EGBGB sind mit dem Merkmal „dinglich Berechtigter“ offensichtlich nicht gemeint, denn sie werden in den spezielleren Vorschriften der Sätze 2 und 3 ausdrücklich genannt. Dieser Fehler führt aber ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Vielmehr liegt nach der Rechtsprechung des OVG Greifswald lediglich ein Fall der Teilnichtigkeit vor (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71).

21

Fehlerhaft ist auch die Regelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS. Der Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (VG Greifswald, Urt. v. 19.04.2012 – 3 A 356/10 –, juris Rn. 13).

22

Mit Blick auf das Vorteilsprinzip ist es zwar nicht zu beanstanden, dass in der Straßenbaubeitragssatzung sowohl ein nutzungsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) als auch ein gebietsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. b SBS) Artzuschlag normiert ist. Ebenfalls unbedenklich ist, dass der gebietsbezogene Artzuschlag höher ist als der nutzungsbezogene. Dies beruht auf der Annahme, dass Grundstücken in den in § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS genannten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Gewerbegebiet – § 8 BauNVO, Industriegebiet – § 9 BauNVO, Kerngebiet – § 7 BauNVO und sonstiges Sondergebiet – § 11 BauNVO) durch eine beitragsfähige Straßenbaumaßnahme ein größerer Vorteil vermittelt wird, als Grundstücken, die – außerhalb der genannten Gebietstypen gelegen – lediglich überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise genutzt werden.

23

Fehlerhaft und weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren ist es jedoch, dass § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlags davon abhängig macht, dass die überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Vorschrift genannten festgesetzten oder faktischen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung liegen. Dies schließt die Anwendbarkeit der Vorschrift auf überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und im Außenbereich (§ 35 BauGB) aus.

24

Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 – 3 B 522/15 –, juris Rn. 15). Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich im Regelfall oder auch nur überwiegend nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet, mit der Folge, dass es für die Fälle des § 34 Abs. 1 BauGB keiner Regelung bedarf. Denn die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB darf nicht dazu führen, dass eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in eine der Alternativen des Gebietskatalogs in § 1 Abs. 2 BauNVO gepresst wird, um dann in einer zweiten Stufe mehr oder weniger schematisch die Zulässigkeitsregeln der §§ 2 ff. BauNVO anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969 – VI C 12/67 –, BVerwGE 32, 31 <37>). Weist die nähere Umgebung z.B. die Merkmale zweier Baugebiete i.S. der Baunutzungsverordnung auf, findet § 34 Abs. 2 BauGB keine Anwendung. Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich in diesem Fall ausschließlich nach § 34 Abs. 1 BauGB (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 Rn. 60).

25

Da überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Außenbereichsgrundstücke (typischerweise) ebenfalls einen im Verhältnis zur Wohnnutzung verstärkten Ziel- und Quellverkehrs auslösen, ist ein sachlicher Grund für die Unanwendbarkeit des nutzungsbezogenen Artzuschlages bei diesen Grundstücke ebenfalls nicht erkennbar.

26

Einer weiteren Vertiefung bedarf es vorliegend nicht. Denn der dargestellte Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Denn die Bestimmung des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS findet – wie noch zu zeigen sein wird – in Ansehung der Grundstücke des Klägers keine Anwendung. Anhaltspunkte dafür, dass die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen Artzuschlages für andere Grundstücke im Abrechnungsgebiet notwendig ist, bestehen ebenfalls nicht. Abweichendes wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Wirksamkeit der Regelung in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS ist für die Vorteilsverteilung im Abrechnungsgebiet der H-Straße daher ohne Belang.

27

Auch die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 SBS ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 SBS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass mehrfach erschlossene Grundstücke in faktischen Wohngebieten nach dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht in den Genuss der Vergünstigung kommen sollen. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 SBS (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07 –, juris).

28

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.

29

a. Zwar ist die Zusammenfassung der aus den Flurstücken G7, G8, G9 sowie G10, G11, G12, G13 bestehenden zwei Grundstücken in einem Bescheid (Az. 634-01-05-09) ebenso fehlerhaft, wie die Zusammenfassung der jeweils selbstständigen Grundstücke G3, G4 und G5 (Az. 634-01-05-08-B). Bei den Flurstücken G7, G8 und G9 handelt es sich um ein Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, da die Flurstücke im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter derselben laufenden Nummer verzeichnet (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 53). Gleiches gilt für die Flurstücke G10, G11, G12 und G13. Bei den Flurstücken G3, G4 und G5 handelt es sich jeweils um Einzelgrundstücke, da die genannten Flurstücke im Bestandsverzeichnis des jeweiligen Grundbuchs unter unterschiedlichen laufenden Nummern verzeichnet sind.

30

Die Zusammenfassung selbstständiger Buchgrundstücke ist unzulässig, denn wegen des im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs muss für jedes Grundstück ein eigenständiger Beitragsbescheid erlassen werden (VG Greifswald, Urt. v. 07.07.2010 – 3 A 17/08 –, juris Rn. 14 ff.). Allerdings begründet dieser Fehler keinen Aufhebungsanspruch des Klägers. Denn nach § 127 Abgabenordnung (AO) – die Vorschrift findet gemäß § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) auch auf Straßenbaubeiträge Anwendung – kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Die Vorschrift schließt damit bei – wie hier – gebundenen Entscheidungen eine Aufhebung wegen bloß formeller Fehler aus, die nicht zur Nichtigkeit des Bescheides führen. Die Aufhebung kann daher nur beim Vorliegen und im Umfang eines materiellen Fehlers erfolgen. Danach ist eine Aufhebung ausgeschlossen: Nichtigkeitsgründe werden vom Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst erkennbar. Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Kläger für alle Grundstücke beitragspflichtig. Bei den Grundstücken Flurstücke G7, G8, G9 sowie Flurstücke G10, G11, G12, G13 ist die Summe der zutreffend ermittelten Beiträge nicht niedriger als die Höhe der Festsetzung. Dies trifft in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zwar nicht zu. Mit Blick auf § 127 letzter Halbsatz AO ist insoweit jedoch nur eine Teilaufhebung möglich.

31

Zweifel über den Umfang der nach § 7 Abs. 6 KAG M-V auf den jeweiligen Einzelgrundstücken ruhenden öffentlichen Last (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: VG Greifswald a.a.O., Rn. 18) können vorliegend ebenfalls nicht entstehen, weil die jeweiligen Grundstücksgrößen in den Bescheiden quadratmetergenau angegeben sind und für die zusammengefassten Grundstücke dieselben Berechnungsparameter zur Beitragsermittlung gelten. Daher ist die auf dem einzelnen Grundstück ruhende öffentliche Last anhand der in den Bescheiden enthaltenen Angaben hinreichend genau bestimmbar (VG Greifswald, Urt. v. 07.04.2010 – 3 A 3035/05 –, juris Rn. 15).

32

b. Abgesehen von dem die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffenden Bescheid (dazu sogleich) leiden die streitgegenständlichen Bescheide in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht an Fehlern, die den Kläger benachteiligen.

33

aa. Dies betrifft zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Dass es sich bei den durchgeführten Maßnahmen um beitragsfähige Maßnahmen i.S.d. § 1 SBS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt, so dass von Darlegungen abgesehen werden kann.

34

Zu Unrecht meint er, dass der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag von 60.000,00 EUR aufwandsmindernd berücksichtigt werden müsse. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V, dass der Aufwand unter Berücksichtigung der Leistungen und Zuschüsse Dritter zu berücksichtigen ist. Dies setzt aber voraus, dass die Leistung bzw. der Zuschuss des Dritten gerade für die abgerechnete Maßnahme erbracht wurde. Dies wiederum hängt davon ab, ob eine entsprechende Zweckbestimmung vorliegt, was jedoch nicht der Fall ist. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass der Betrag allgemein „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ eingesetzt werden sollte (und auch wurde). Dass er dazu dient, den umlagefähigen Aufwand für die Baumaßnahme in der H-Straße zu senken, klingt in der Vereinbarung nicht einmal an. Der weitere Einwand des Klägers, die Vereinbarung in § 2 Abs. 4 des Erschließungsvertrages vom 1. Oktober 2009 sei nichtig, kann auf sich beruhen. Denn bei einer Nichtigkeit der Bestimmung bestünde ein Rückzahlungsanspruch des Erschließungsträgers, was erst Recht eine aufwandsmindernde Berücksichtigung des Zahlbetrages ausschlösse.

35

Auch die an die Parkraumbewirtschaftung anknüpfenden Einwände des Klägers verfangen nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Aufwand für den Wendehammer nebst Stellplätzen am östlichen Ende der H-Straße im Rahmen der Beitragsberechnung ebenso wenig berücksichtigt worden ist, wie der Aufwand für die straßenbegleitenden Parkplätze. Die vom Beklagten vorgelegte Kalkulationsübersicht weist keinen Aufwand für unselbstständige Park- und Abstellflächen i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 6 SBS auf. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die straßenbegleitenden Parkflächen sind nicht durch bauliche Maßnahmen (Pflasterungen u.dgl.), sondern durch einfache farbliche Markierungen auf der Asphaltfahrbahn entstanden. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass eine straßenverkehrsrechtlich begründete Parkgebühr mit dem Ziel der Parkraumbewirtschaftung die Beitragsfähigkeit der Anlage nicht infrage stellt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: VGH München, Urt. v. 19.02.2002 – 6 B 99.94 –, juris Rn. 28 m.w.N.).

36

Die Erträge aus der Parkraumbewirtschaftung in der H-Straße sind entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht aufwandsmindernd zu berücksichtigen. Insbesondere handelt es sich auch insoweit nicht um Leistungen Dritter i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Die entsprechenden Gebühren werden allein für die Nutzung der Parkplätze entrichtet. Eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung besteht nicht. Über die Verwendung der Mittel kann die Gemeinde frei entscheiden.

37

bb. Bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist kein Fehler zum Nachteil des Klägers erkennbar. Dies betrifft zunächst das Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Die Einstufung der H-Straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 SBS wird vom Kläger nicht beanstandet, so dass sich Ausführungen zu ihrer Verkehrsfunktion erübrigen.

38

Auf Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Neuberechnung ist auch die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Abrechnungsgebiet ist nunmehr ordnungsgemäß gebildet. Nach § 5 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Verkehrseinrichtung nach § 1 eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Verkehrseinrichtung geboten wird. Die Rechtfertigung, ein Grundstück zu einem Ausbaubeitrag zu veranlagen und es demgemäß bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen, ergibt sich damit aus einer Sondervorteile vermittelnden, vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit. Vorteilsrelevant in diesem Sinne ist eine Inanspruchnahmemöglichkeit, die für bestimmte Grundstücke im Verhältnis zu allen anderen deshalb besonders vorteilhaft ist, weil aufgrund der räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage erfahrungsgemäß angenommen werden kann, diese werde von ihnen aus in stärkerem Umfang in Anspruch genommen als von anderen Grundstücken, führe also für sie zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt.

39

Dies trifft auf die vom Beklagten ursprünglich berücksichtigten Grundstücke und das nunmehr in den Vorteilsausgleich einbezogene Grundstück Flurstück G17 zu. Letzteres ist wie die übrigen Grundstücke in den Vorteilsausgleich einzubeziehen, da es unmittelbar an die H-Straße angrenzt und damit von der Baumaßnahme bevorteilt ist. Dem nur ca. 6 m tiefen Grünstreifen mit Containerstellplatz kommt keine trennende Wirkung zu. Da der Beklagte dies zwischenzeitlich selbst erkannt hat, kann von weiteren Darlegungen abgesehen werden. Auf die Beitragshöhe wirkt sich der Fehler nicht aus, da er durch die fehlerhafte Berücksichtigung des nutzungsbezogenen Artzuschlages für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 (dazu sogleich) „überkompensiert“ wird.

40

Zu Recht werden die an das Straßengrundstück nördlich angrenzenden Grundstücke Flurstücke 21/1 und 21/48 nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Denn sie sind durch die auf dem Straßengrundstück angelegte Grünanlage von der H-Straße getrennt. Die Grünanlage hat eine Breite von ca. 45 m und eine Tiefe von ca. 23 m bis 32 m. Ihr kommt trotz ihrer Belegenheit auf dem Straßengrundstück die Funktion einer eigenständigen beitragsfähigen Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB zu, denn bei den genannten Abmessungen kann nicht mehr von einem bloßen Seitenstreifen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) ausgegangen werden. Die Eigenständigkeit der Grünanlage unterbricht den Zurechnungszusammenhang zu der ausgebauten Anlage.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch die von den Straßen „K.-Weg“ und „L.-Stieg“ erschlossenen Grundstücke nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einzubeziehen. Eine gemeinsame Abrechnung scheidet bereits deshalb aus, weil ihre Anlegung auf Grundlage eines sog. „echten“ Erschließungsvertrages i.S.d. § 124 BauGB a.F. erfolgte, so dass der Gemeinde K. insoweit kein beitragsfähiger Aufwand entstanden ist. Die Bildung einer Abrechnungseinheit hätte daher zur Folge, dass die Anlieger des „K.-Weges“ und des „L.-Stieges“ nicht nur mit den über den jeweiligen Kaufvertrag anteilig umgelegten Kosten „ihrer“ Erschließungsanlagen, sondern zusätzlich mit den anteiligen Kosten der H-Straße belastet würden, ohne dass dem eine anteilige Belastung der Anlieger der H-Straße mit den Kosten des K.-Weges und des L.-Stieges gegenüber stünde.

42

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigten, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen anlagebezogen erfolgt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Bei den genannten Straßen handelt es sich jeweils um eigenständige Erschließungsanlagen im Sinne der sog. natürlichen Betrachtungsweise, was eine gemeinsame Abrechnung mit der H-Straße ebenfalls ausschließt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht ist im Straßenbaubeitragsrecht die Bildung von Abrechnungseinheiten zudem unzulässig, denn das Kommunalabgabengesetz enthält keine dem § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB entsprechende Bestimmung (VG Greifswald, Beschl. v. 10.11.2009 – 3 B 1405/09 –, juris Rn. 14 m.w.N.).

43

Die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich erfolgte ebenfalls zu Recht. Die Grundstücke Flurstück G1, Flurstück G14, Flurstücke G7, G8, G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die ausgebaute Anlage an, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Bei den Grundstücken Flurstücke G10, G11, G12, G13, Flurstück G3, Flurstück G13 und Flurstück G4 handelt es sich aus Sicht der H-Straße um Hinterliegergrundstücke, deren Einbeziehung in den Vorteilsausgleich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, weil auch sie dem Kläger als Eigentümer der Anliegergrundstücke gehören und unmittelbar bzw. mittelbar an diese angrenzen. Die Eigentümeridentität allein reicht vorliegend für die Einbeziehung aus, denn bei den genannten Grundstücken handelt es sich um sog. gefangene Hinterliegergrundstücke, die über keine weitere Anbindung an das öffentliche Wegenetz verfügen. Zwar grenzen die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 an den östlich von ihnen verlaufenden Weidenweg. Hierbei handelt es sich aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um eine Privatstraße, was vorbehaltlich zivilrechtlicher Vereinbarungen eine Nutzung durch den Kläger ausschließt. Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Bereich der des Hotels nebst Ferienhauskomplex und gemeinsamen Parkplatz um eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung von Hinterlieger- und Anliegergrundstücken handelt, was auch eine Einbeziehung sog. nicht gefangener Hinterliegergrundstücke in den Vorteilsausgleich erlauben würde (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 81/13 und 1 L 220/13 –, juris).

44

Die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) für das Hotelgrundstück Flurstück G2 ist dagegen fehlerhaft. Zum einen ist die vom Beklagten hierfür herangezogene Bestimmung unwirksam (s.o.). Zum anderen wäre sie auch im Falle ihrer Wirksamkeit unanwendbar, denn für das Grundstück ist die speziellere Bestimmung des § § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS maßgeblich. Hiernach wird die nach Absatz 3 ermittelte Fläche zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung mit dem Faktor 2,0 vervielfacht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Gewerbegebietes (§ 8 BauNVO), Industriegebietes (§ 9 BauNVO), Kerngebietes (§ 7 BauNVO) oder sonstigen Sondergebietes (§ 11 BauNVO) liegt. Letzteres trifft auf das Grundstück Flurstück G2 zu, denn es liegt im sog. Baufeld 3, dessen Ausweisung nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auf § 11 Abs. 2 BauNVO beruht. Damit hätte statt des nutzungsbezogenen Artzuschlages (Faktor 1,5) der gebietsbezogene Artzuschlag (Faktor 2,0) angewandt werden müssen. Der Fehler führt jedoch nicht zu einer Aufhebung des betreffenden Beitragsbescheides, denn der Kläger wird dadurch lediglich begünstigt.

45

Ebenfalls fehlerhaft ist die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5. Die Grundstücke sind mit Ferienwohnungen bebaut. Zwar hat das OVG Greifswald in dem Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) ausgeführt, dass bereits die Nutzung der Gebäude als Ferienwohnungen den Artzuschlag rechtfertigt (S. 14 des Entscheidungsumdrucks). Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht jedoch nicht (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 20.08.2015 – 3 A 1107/13 –, juris Rn. 29). Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.). All dies trifft auf eine als Ferienwohnung genutzte Wohnung nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Eigentümer für eigene Zwecke vorgehalten oder vom Eigentümer oder über einen gewerblichen Wohnungsvermittler (auch) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Die Nutzungsart bleibt Wohnnutzung. Die Betriebsstätte des gewerblichen Wohnungsvermittlers befindet sich regelmäßig an einem anderen Ort. Die Wohnungen sind lediglich Geschäftsobjekt. Der häufige Mieterwechsel führt regelmäßig zu keinem erhöhten Ziel- und Quellverkehr. Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass vom Wohnungsvermittler oder von Drittfirmen Dienstleistungen erbracht werden. Auch der Dauermieter bzw. der selbstnutzende Eigentümer nimmt typischerweise Dienstleistung in Anspruch oder ist zur Daseinsversorgung und, soweit er keine Fremdleistungen in Anspruch nimmt, zur Materialbeschaffung auf die Inanspruchnahme der Anbaustraße angewiesen. Typische Unterschiede ergeben sich insoweit nicht. Zudem sind Leerstandzeiten bei Ferienwohnungen unvermeidbar. In diesen Zeiten ist der Ziel- und Quellverkehr deutlich geringer als bei einer Dauernutzung (VG Bayreuth, Urt. v. 14.05.2014 – B 4 K 13.371 –, juris Rn. 57 ff.; Urt. v. 16.04.2014 – B 4 K 13.293 –, juris Rn. 30 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 19.06.2012 – 4 LB 5/12 –, juris Rn. 38).

46

Handelt es sich bei der Nutzung als Ferienwohnung somit nicht um eine gewerbliche Nutzung, so scheidet die Berücksichtigung des Artzuschlages für die genannten Grundstücke unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS aus. Der auf diese Grundstücke entfallende Beitrag ist damit nach der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 Neuberechnung – auf die zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird – um 1.966,45 EUR überhöht, so dass der die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffende Bescheid im Umfang des Klageantrags aufzuheben ist.

47

cc. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden. Mit den Eingang der letzten Unternehmerrechnung vom 30. November 2010 ist die sachliche Beitragspflicht (vgl. § 8 Abs. 5 KAG M-V) und – auf ihrer Grundlage – mit der Bekanntgabe der Beitragsbescheide die persönliche Beitragspflicht (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) des Klägers entstanden.

48

Die Nichtberücksichtigung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung nach § 5 Abs. 6 SBS begegnet keinen Bedenken, denn die Bestimmung ist – wie ausgeführt – unwirksam. Die Bestimmung findet aber auch dann keine Anwendung, wenn man dem nicht folgt und von ihrer Wirksamkeit ausgeht. Denn bei den Grundstücken des Klägers handelt es sich nicht um mehrfach erschlossene Grundstücke in diesem Sinne, obwohl jedenfalls die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 auch an den Weidenweg angrenzen. Bei dem Weidenweg handelt es sich – wie bereits dargelegt – um eine Privatstraße. Nach seinem Sinn und Zweck will § 5 Abs. 6 SBS lediglich die Beitragslast für Grundstücke reduzieren, die infolge einer Beitragserhebung für mehrere Straßen entsteht oder entstehen kann. Dies setzt aber voraus, dass die betreffenden Grundstücke an mehrere beitragsfähige Verkehrsanlagen angrenzen bzw. durch sie erschlossen werden. Beitragsfähig sind gemäß § 1 Satz 1 SBS jedoch nur öffentliche Straßen, Wege oder Plätze. In Ansehung einer Privatstraße kann daher eine Beitragserhebung nicht erfolgen. Scheidet damit eine Mehrbelastung der Grundstücke infolge einer Beitragserhebung für mehrere Verkehrsanlagen von vornherein aus, so besteht auch kein Grund für eine Beitragsreduzierung für den Ausbau der H-Straße (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 29.10.2008 – 3 A 593/07 –, n.v.).

49

Soweit der Kläger schließlich meint, der von ihm für die Pflasterung der Teilstrecke zwischen der Einmündung der Dünenstraße und dem Wendehammer an die bauausführende Firma gezahlte Betrag von 3.500,00 EUR sei auf die Beitragsfestsetzungen anzurechnen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Es handelt sich insbesondere nicht um eine auf die Beitragsforderungen anzurechnende Eigenleistung des Klägers. Nach dem Vortrag des Beklagten, der sich mit den Angaben der Baubeschreibung deckt, war ursprünglich auch in diesem Bereich eine Fahrbahnbefestigung aus Asphalt vorgesehen. Die Gemeinde hat – dem Wunsch des Klägers entsprechend – einer Pflasterbauweise mit der Maßgabe zugestimmt, dass der Kläger die entstehenden Mehrkosten trägt. Aus diesem Grund ist die Zahlung erfolgt. Dementsprechend sind die Mehrkosten nicht im Rahmen der Beitragserhebung berücksichtigt worden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist zuzulassen, weil die Entscheidung hinsichtlich der Frage, ob die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages bei der Nutzung eines Gebäudes als Ferienwohnung zu erfolgen hat, von dem Urteil des OVG Greifswald vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) abweicht (§§ 124a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.