Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 28. Nov. 2018 - 12 L 982/18
Gericht
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache untersagt, die bei ihm zu besetzende Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 LBesG NRW mit der Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
2. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis zu 13.000,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der sinngemäß dem Tenor entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Er ist zulässig und begründet.
4Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gem. § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
5I.
6Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.Der Antragsgegner beabsichtigt, die streitbefangene Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 9 LBesG NRW an die Beigeladene zu vergeben und diese Entscheidung könnte nach dem Grundsatz der Ämterstabilität im Beamtenrecht nur mit Blick auf eine – hier nicht ersichtliche – Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG in Ausnahmefällen rückgängig gemacht werden.
7II.Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
8Die Auswahlentscheidung zur Besetzung des in Rede stehenden Beförderungsdienstpostens mit der Beigeladenen zu Lasten der Antragstellerin ist rechtswidrig und verletzt ihren Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG.
9Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat.
10Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, juris Rn 21.
11Der daraus folgende und durch eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähige Bewerbungsverfahrensanspruch setzt voraus, dass der „übergangene“ Bewerber die Verletzung des Rechts auf fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung glaubhaft macht und die Möglichkeit besteht, dass die noch zu treffende rechtmäßige Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle mit ihm führen kann.
12Vgl. zu letzterem Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris Rn. 20; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. März 2016 – 1 B 1512/15 –, juris Rn. 19.; Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, Kapitel 6 Rn. 26.
13Für den Erfolg des Antrags genügt mithin jeder Fehler, einschließlich möglicher Fehler in den dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen, der für das Auswahlergebnis kausal gewesen sein kann. Ist die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft, kann die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes nur dann in Betracht kommen, wenn im Sinne einer „offensichtlichen Chancenlosigkeit“ von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Wiederholung des Stellenbesetzungsverfahrens unter Vermeidung der Rechtsverletzung zu einer günstigeren Entscheidung für die Antragstellerin führen kann.
14Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris Rn. 20; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. März 2016 – 1 B 1512/15, juris Rn. 19.
151.
16Die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung verletzt den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin. Die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin vom 2. März 2017 sowie der Beigeladenen vom 13. März 2017 sind rechtswidrig.
17Dienstliche Beurteilungen sind im Hinblick auf ihre inhaltliche Richtigkeit nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich. Nach Sinn und Zweck der dienstlichen Beurteilungen obliegt es allein dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden Vorgesetzten, in der Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abzugeben, ob und in welcher Weise der zu Beurteilende den zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des ausgeübten Amtes entspricht. Dem Gericht ist es demnach verwehrt, die fachliche und persönliche Beurteilung des Antragstellers durch den zuständigen Beurteiler in vollem Umfang nachzuvollziehen oder diese gar durch eine eigene Beurteilung zu ersetzen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob diese – über Art. 3 Abs. 1 GG den Dienstherrn gegenüber dem Beamten rechtlich bindenden – Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen.
18Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 2 A 7.07 –, juris Rn. 11 mit Verweis auf seine ständige Rechtsprechung; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2015– 6 A 2748/13 –, juris Rn. 5 m. w. N.
19Gemessen an diesem Maßstab leiden die dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin vom 2. März 2017 sowie der Beigeladenen vom 13. März 2017 an einem erheblichen Fehler, da sie – im Einklang mit den maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien – nicht statusamtsbezogen erstellt, sondern ein auf den konkreten innegehabten Dienstposten bezogener Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt worden ist.
20Maßgeblicher Zweck der dienstlichen Beurteilung ist es, Grundlage für einen späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren zu sein. Daraus folgt die Notwendigkeit, schon bei der dienstlichen Beurteilung einheitliche Maßstäbe einzuhalten. Diese müssen auf das jeweilige Statusamt des zu beurteilenden Beamten bezogen sein. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Die Festlegung der Einzelmerkmale und die folgende Ermittlung und Begründung des Gesamturteils müssen auf die Anforderungen des Statusamts bezogen sein.
21Die erforderliche Gewichtung der Einzelmerkmale darf weder mit Bezug auf den konkret durch den Beamten innegehabten Dienstposten noch durch verschiedene Beurteiler unterschiedlich erfolgen. Vielmehr muss der Dienstherr dafür Sorge tragen, dass innerhalb des Geltungsbereichs einer Beurteilungsrichtlinie oder innerhalb einer Gruppe von Beamten, die im Geltungsbereich derselben Beurteilungsrichtlinie einer bestimmten Laufbahngruppe angehören, diese Gewichtung einheitlich vorgenommen wird.
22Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 1. März 2018– 2 A 10/17 –, juris Rn. 44 f.
23Gemessen an diesen Grundsätzen verstoßen die den dienstlichen Beurteilungen zugrunde gelegten Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des N. für J. , X. und G. in Ziffer 5.2 a) und Ziffer 5.2 d) gegen die aus Art. 33 Abs. 2 GG abzuleitende Verpflichtung des Dienstherrn, bei der dienstlichen Beurteilung die gezeigten Leistungen einheitlich allein am Maßstab des jeweiligen Statusamtes des zu beurteilenden Beamten zu messen.
24Die Beurteilungsrichtlinien sehen in Ziffer 5.2 a) folgende Regelung vor:
25„Grundlage der Leistungsbeurteilung ist eine Aufgabenbeschreibung; diese beinhaltet die den Beurteilungszeitraum prägenden Aufgaben sowie der oder den Beschäftigten übertragene Sonderaufgaben wie eine Projektleitung, die Beteiligung an einem Projekt oder an einer Arbeitsgruppe sowie Dozententätigkeiten. In der Regel sollen nicht mehr als fünf Aufgaben benannt werden. Die Beschäftigten sind an der Zusammenarbeit zu beteiligen.“
26Diese Regelung orientiert sich am jeweiligen Dienstposten und nicht am Statusamt des zu Beurteilenden. Die Aufgabenbeschreibung bezieht sich auf das Aufgabenprofil des jeweiligen konkreten Dienstpostens und soll Besonderheiten in Form von Sonderaufgaben berücksichtigen.
27Ziffer 5.2 d) der Beurteilungsrichtlinien normiert:
28„Die Gesamtnote der Leistungsbeurteilung ist unter Würdigung der Bedeutung der Leistungsmerkmale an dem wahrgenommenen Arbeitsplatz und des Gesamtbildes der Leistungen der oder des Beschäftigen zu bilden. Der Punktwert der Gesamtnote soll wegen der bei der Gesamtschau vorzunehmenden unterschiedlichen Gewichtung der Leistungsmerkmale nicht im Wege einer arithmetischen Mittelung gebildet werden.“
29Auch diese Regelung orientiert sich am jeweiligen Dienstposten und nicht am Statusamt des zu Beurteilenden. Der Gewichtungsmaßstab stellt auf den wahrgenommenen Arbeitsplatz ab. Arbeitsplatz ist die von jedem Beschäftigten individuell ausgeübte Position.
30Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. August 2018 – 1 A 379/17 –,juris Rn. 98 zur vergleichbaren Formulierung „unter Berücksichtigung der für die Aufgabenerfüllung besonders bedeutsamen Einzelmerkmale“.
31Dies ist Folge des in den Beurteilungsrichtlinien einleitend ausdrücklich statuierten Ziels, ein einheitliches Beurteilungssystem für alle Beschäftigten, d.h. für Beamtinnen und Beamte sowie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen zu errichten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben aber kein Statusamt inne. Ihre Beurteilungen können ausschließlich anhand der gezeigten Leistungen am konkreten Arbeitsplatz erstellt werden.
32Die Fehlerhaftigkeit der Beurteilungsrichtlinien hinsichtlich des Beurteilungs-maßstabes hat sich in den dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin vom 2. März 2017 sowie der Beigeladenen vom 13. März 2017 konkret niedergeschlagen. Diese dienstlichen Beurteilungen wurden auf Grundlage der Beurteilungsrichtlinien ersichtlich allein am Maßstab des konkreten Dienstpostens erstellt. Anhaltspunkte für eine abweichende Verwaltungspraxis bestehen nicht. Die dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen bieten keinen Anhaltspunkt für einen Statusamtsbezug. Der Leistungsbeurteilung wurde jeweils eine Aufgabenbeschreibung vorangestellt, die als Grundlage der dienstlichen Beurteilungen diente. Die Bewertung der Leistungen orientiert sich nicht am Statusamt, sondern am jeweiligen konkreten Aufgabenbereich.
33Zudem weist die Kammer ergänzend darauf hin, dass Ziffer 5.2 d) der Beurteilungsrichtlinien eine einheitliche Maßgabe für die Gewichtung der einzelnen Leistungskriterien im Rahmen der Bildung einer Gesamtbeurteilung nicht erkennen lässt.
34Vgl. zu diesem Erfordernis u.a. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 1. März 2018 – 2 A 10/17 –, juris Rn. 45 f. sowie Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. August 2018 – 1 A 379/17 –, juris Rn. 109 ff.
352.
36Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Antragstellerin bei der noch zu treffenden Auswahlentscheidung nach den Grundsätzen der Bestenauslese auf Grundlage der anhand des zutreffenden rechtlichen Maßstabs zu erstellenden neuen Beurteilungen ausgewählt wird.
37Eine Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes kann nur dann in Betracht kommen, wenn im Sinne einer „offensichtlichen Chancenlosigkeit“ von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Wiederholung des Auswahlverfahrens unter Vermeidung der Rechtsverletzung zu einer günstigeren Entscheidung für den Antragsteller führen kann.
38Vgl. zu letzterem Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris Rn. 20; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. März 2016 – 1 B 1512/15 –, juris Rn. 19.
39Eine solche „offensichtliche Chancenlosigkeit“ liegt nicht vor.
40Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin vom 2. März 2017 sowie die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen vom 13. März 2017 wurden auf der Grundlage eines fehlerhaften Beurteilungsmaßstabes erstellt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene bei Orientierung an ihrem Statusamt eine abweichende Beurteilung erhalten.
413.
42Die Antragstellerin hat das Recht, sich gegen die Auswahlentscheidung zu wenden, nicht deshalb verwirkt, weil sich die Fehlerhaftigkeit der Beurteilungsrichtlinien auch in der über sie erstellten dienstlichen Beurteilung auswirkt und sie diese erstmals am 28. Mai 2018 – mithin knapp 14 Monate nach der Bekanntgabe vom 3. April 2017 – mit diesem Eilantrag angegriffen hat.
43Das Rechtsinstitut der Verwirkung hat als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben für die gesamte Rechtsordnung Gültigkeit. Es bildet einen Anwendungsfall des „venire contra factum proprium" (Verbot des widersprüchlichen Verhaltens) und besagt, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment).
44Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. September 2018, – 6 A 1510/17 –, juris Rn. 19; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 2 B 75/13 –, juris Rn. 15.
45Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die ein Beteiligter - hier der Dienstherr oder der begünstigte Dritte - vertrauen, sich einstellen und sich einrichten darf (sog. Vertrauensmoment).
46Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. August 2018 – 2 C 10/17 –, juris Rn. 21.
47Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Rechte der Antragstellerin nicht verwirkt.
48Das Recht, ihren Bewerbungsverfahrensanspruch im streitgegenständlichen Besetzungsverfahren geltend zu machen, ist schon im Hinblick auf das Zeitmoment nicht verwirkt. Die Antragstellerin hat gegen die mit Nachricht vom 15. Mai 2018 mitgeteilte Auswahlentscheidung am 28. Mai 2018 um vorläufigen Rechtsschutz ersucht.
49Die Antragstellerin hat auch nicht das Recht verwirkt, sich zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf zu berufen, dass sowohl die über sie als auch die über die Beigeladene erstellte dienstliche Beurteilung auf der Anwendung eines fehlerhaften rechtlichen Maßstabs beruhen.
50Hinsichtlich einer dienstlichen Beurteilung tritt eine Verwirkung sowohl des materiellen Rechts auf Überprüfung und gegebenenfalls Änderung der dienstlichen Beurteilung als auch des prozessualen Klagerechts ein, wenn der beurteilte Beamte während eines längeren Zeitraumes unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Rechtswahrung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich der Beurteilung nichts mehr unternehmen. Die Bemessung des Zeitraumes, bis wann der Beamte tätig geworden sein muss, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab.
51Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Juli 2011 – 6 A 1343/10 –, juris Rn. 5; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. September 2018 – 6 A 1510/17 –, juris Rn. 19 ff.
52Eine (unmittelbare) Anwendung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO scheidet aus, weil es sich bei einer dienstlichen Beurteilung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW handelt.
53Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. September 2018 – 6 A 1510/17 –, juris Rn. 21.
54Der in der Rechtsprechung zum Teil vertretenen Auffassung, die Jahresfrist biete eine regelmäßige zeitliche Obergrenze für die Geltendmachung von Beurteilungsfehlern, vermag sich die Kammer jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung nicht anzuschließen, da es sich um ein laufendes Auswahlverfahren in einem mehrpoligen Rechtsverhältnis handelt.
55Vgl. zur Allgemeingültigkeit einer Jahresfrist: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. Juli 2012 – 1 M 67/12 –, juris Rn. 9 sowie Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Januar 2014 – 1 L 138/13 – jurisRn. 12; in der Tendenz ebenso: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. September 2018 – 6 A 1510/17 –, juris Rn. 21.
56Allerdings kommt der Jahresgrenze durchaus Aussagekraft für die Verwirklichung eines Zeitmoments zu.
57Zwar wurde die dienstliche Beurteilung durch die Antragstellerin erst im Rahmen dieses Eilverfahrens – knapp vierzehn Monate nach ihrer Bekanntgabe – angegriffen und damit ein gewisses Zeitmoment verwirklicht, es fehlt jedoch an dem erforderlichen Umstandsmoment.
58Maßgeblich ist eine Gesamtbewertung aller zeitlichen und sonstigen Umstände. Dies kann im Einzelfall, insbesondere bei - wie hier - mehrpoligen Rechtsbeziehungen, zu komplexen Abwägungsvorgängen führen.
59Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. August 2018 – 2 C 10/17 –, juris Rn. 22.
60Diese Abwägung fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus. Es sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine Geltendmachung des Mangels des Beurteilungssystems – erst – zu diesem Zeitpunkt als treuwidrig erscheinen lassen.
61Der Regelbeurteilungszeitraum ist noch nicht, auch nicht zu einem erheblichen Teil, abgelaufen.
62Zudem wurde auf der Grundlage der streitgegenständlichen Beurteilung keine anderweitige Auswahlentscheidung zu Lasten der Antragstellerin getroffen, deren Hinnahme nachhaltig für ein Vorliegen eines Umstandsmoments gesprochen hätte.
63Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Juli 2011 – 6 A 1343/10 –, juris Rn. 10.
64Ferner sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine erneute dienstliche Beurteilung der Leistungen in tatsächlicher Hinsicht erschwert sein könnte, weder hinreichend vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar.
65Das vom Antragsgegner angeführte Argument der Rechtssicherheit streitet in diesem Fall nicht für, sondern gegen eine Verwirkung. Zwar hat der Dienstherr ein erhebliches Interesse daran, dass seine Auswahlverfahren nicht dadurch mit Unsicherheiten belastet werden, dass die ihnen zu Grunde zu legenden dienstlichen Beurteilungen auch längere Zeit nach deren Bekanntgabe noch angefochten werden können,
66vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Juli 2011 – 6 A 1343/10 –, juris Rn. 12 f; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. September 2018 – 6 A 1510/17 –, juris Rn. 21,
67jedoch wirkt sich der vorliegende Mangel hier nicht nur auf die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin aus. Das Beurteilungssystem orientiert sich insgesamt nicht am Statusamt des zu beurteilenden Beamten. Damit gewährleistet es keine Auswahlentscheidung auf Grundlage rechtmäßiger dienstlicher Beurteilungen. So ist im vorliegenden Fall auch die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen unter Anwendung des fehlerhaften Maßstabes erstellt worden.
68Das Recht der Antragstellerin, sich gegen die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu richten, ist nicht verwirkt. Insofern fehlt es bereits an einem Zeitmoment, da die Antragstellerin keinen Anlass hatte, die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu einem früheren Zeitpunkt anzugreifen. Ferner kann auch ein mögliches Vertrauen der Beigeladenen auf den Bestand ihrer dienstlichen Beurteilung nicht den Umstand überwiegen, dass das Auswahlverfahren aufgrund des grundlegenden Mangels des Beurteilungssystems insgesamt fehlerhaft war. Es sind keine Umstände ersichtlich, die ein besonderes Vertrauen der Beigeladenen begründen. Ein Mitkonkurrent muss stets damit rechnen, dass seine dienstliche Beurteilung im Rahmen eines Beförderungsverfahrens vom im Auswahlverfahren unterlegenen Beamten angegriffen wird.
69III.
70Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen (Ablehnungs-)Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
71Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 GKG. Wegen des im Eilverfahren lediglich verfolgten Sicherungszwecks ist danach von einem Viertel der im Kalenderjahr im streitgegenständlichen Beförderungsamt an Beamte zu zahlenden Bezüge auszugehen mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind. Ausgangspunkt der vorzunehmenden (fiktiven) Berechnung der Bezüge ist das vom Antragsteller angestrebte Amt der Besoldungsgruppe A 9 in der zu Grunde zu legenden höchsten Erfahrungsstufe.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.