Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Apr. 2016 - 5 K 1177/14

bei uns veröffentlicht am15.04.2016

Tenor

Soweit der Kläger die Klage (der Sache nach) zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 4.820,32 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 12.05.2014 zu zahlen.

Die Beklagte trägt zwei Drittel, der Kläger trägt ein Drittel der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
Der am xxx geborene Kläger ist seit dem xxx als schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt. Nach einer Berufsausbildung zum Großhandelskaufmann erwarb er im zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife. 1992 erlangte er an der Fachhochschule Fulda das Diplom als Betriebswirt. In der Folge war wiederholt befristet beschäftigt und absolvierte eine zweijährige Ausbildung zum Chemisch-Technischen Assistenten. Im September 2004 nahm er eine Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst des Landes Baden-Württemberg auf. Das Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Kehl schloss er im August 2008 mit der Gesamtnote "befriedigend (7 Punkte)" ab und ist seitdem Diplomverwaltungswirt (FH). Von da an bewarb er sich in einer Vielzahl von Fällen erfolglos um ausgeschriebene Stellen in der öffentlichen Verwaltung. Aus einem früheren Entschädigungsverfahren ist der Kammer bekannt, dass er im Jahr 2010 für knapp drei Monate bei einer bayerischen Gemeinde auf Probe beschäftigt war (Urt. v. 10.05.2011 - 5 K 1013/00 -). Da der Kläger schon zuvor und auch später zumeist nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurde, machte er ab dem Jahr 2009 Entschädigungsansprüche nach dem AGG geltend, womit er bei den Verwaltungsgerichten und bei den Arbeitsgerichten regelmäßig Erfolg hatte
Auf eine Ausschreibung der Beklagten eines/einer stellvertretenden Amtsleiters/Amtsleiterin für das Rechnungsamt zum 1.1.2014 meldete sich der Kläger unter dem 2.12.2013 und legte einen ausführlichen Lebenslauf, Zeugnisse und eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises vor.
Auf eine telefonische und per e-mail erfolgte Rückfrage des Klägers vom 21.1.2014 teilte ihm der Bürgermeister der Beklagten mit Schreiben vom 14.2.2014 mit, dass er, wie ihm schon bekannt sei, leider nicht habe berücksichtigt werden können und gab die Bewerbungsunterlagen zurück; von einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch habe man abgesehen, weil er die fachliche Eignung für die ausgeschriebenen Leitungsfunktion offensichtlich nicht mitbringe. Diese Begründung ergänzte die Beklagte am 11.03.2014.
Mit Schreiben vom 14.3.2014 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm eine Entschädigung von drei Monatsgehältern einschließlich gesetzlicher Zulagen zu zahlen und wies dabei auch auf die unterbliebene Meldung der ausgeschriebenen Stelle an die Bundesagentur für Arbeit hin.
Mit Schreiben vom 24.03.2014 an den Kläger erklärte sich die Haftpflichtversicherung der Beklagten bereit, den Kläger - ohne den Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach anzuerkennen - mit 5.000,- EUR zu entschädigen und bat um eine unterschriebene Abfindungserklärung. Der Kläger erwiderte, es sei ihm, wie der Haftpflichtversicherung bereits aus anderen Fällen bekannt sei, schon aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen, nicht gestattet, auf derartige Vergleiche einzugehen; auch sei die angebotene Summe zu gering. Mit Schreiben vom 7.4.2014 erwiderte die Haftpflichtversicherung, dass sie heute einen Betrag in Höhe von 5.000 EUR „zur Klaglosstellung auf die geltend gemachte Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf ihr Konto bei der Postbank“ zur Anweisung gebracht habe. Diesen Betrag überwies der Kläger zurück.
Der Kläger hat am 12.5.2014 Klage erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Höhe von drei Grundgehältern nach der Besoldungsgruppe A9 einschließlich gesetzlicher Zulagen nebst Zinsen hieraus zu zahlen. Er trägt vor: Die Beklagte hätte ihn wegen seiner Schwerbehinderung zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen. Für die ausgeschriebene Stelle sei er als Diplom-Verwaltungswirt fachlich geeignet, zumal er an der Verwaltungshochschule den Wirtschaftszweig mit Wahlpflichtfach Rechnungswesen belegt gehabt habe. Berufserfahrung oder gar Leitungserfahrung sei in der Ausschreibung nicht gefordert worden. Für die Bemessung der Entschädigung müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte ihn vorsätzlich nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen habe, dass die Meldung des freien Arbeitsplatzes an die Agentur für Arbeit unterblieben sei und dass das Absageschreiben nicht ausreichend begründet worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, eine Entschädigung in Höhe von mindestens zwei Grundgehältern nach der Besoldungsgruppe A9 einschließlich der gesetzlichen Zulagen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie trägt vor: Der Kläger habe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil er den von ihrer Haftpflichtversicherung „zur Klaglosstellung“ überwiesenen Betrag zurücküberwiesen habe. Hilfsweise sei die Klage unbegründet. Es dränge sich der Verdacht auf, dass es dem Kläger nicht darum gehe, eine geeignete Beschäftigung zu erlangen, sondern nur darum, möglichst viele Entschädigungszahlungen zu erhalten. Dem Kläger müsse auch klar sein, dass er durch die Vielzahl der von ihm geführten Klagen selbst zu seinem zweifelhaften Ruf im gesamten süddeutschen Raum beigetragen habe. Wenngleich die Beklagte diesen Ruf offenbar nicht gekannt habe, habe der Kläger neben seinen wenig überzeugende Noten und neben den abgebrochenen Ausbildungen selbst die Ursachen gesetzt, die nun seine schlechten Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt bedingten. Er habe sich selbst durch die Anzahl der eingereichten Klagen stigmatisiert. In seinem Bewerbungsschreiben habe er zum Ausdruck gebracht, dass es ihm nicht vordringlich darauf angekommen sei, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Dort heiße es nämlich, dass er sich über ein persönliches Gespräch sehr freuen würde, was angesichts der zahlreichen angestrengten Entschädigungsverfahren scheinheilig gewesen sei. Schließlich habe auch keine Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestanden, weil der Kläger für die Stelle als stellvertretender Leiter der Kämmerei offensichtlich ungeeignet gewesen sei. Die Stelle sei faktisch als Vertretungsstelle für die in Elternzeit befindliche Leiterin der Kämmerei ausgeschrieben worden, so dass der Kläger über längere Zeit die Kämmerei hätte selbst leiten sollen. Dafür sei er aber nach seinem Lebenslauf und den darin aufgeführten Qualifikationen offensichtlich ungeeignet gewesen; insbesondere habe dem Kläger im öffentlich-rechtlichen Bereich und gerade im Rahmen der Kämmerei jegliche berufliche Erfahrung gefehlt. Endlich fehle es auch an einer objektiven Benachteiligung des Klägers, weil dieser im Bewerbungsverfahren eindeutig nicht hätte zum Zuge kommen können. Die tatsächlich eingestellte Bewerberin habe Ihre Staatsprüfung mit der Note „zehn Punkte“ absolviert, der Kläger mit der Note „sieben Punkten“. Außerdem habe diese Bewerberin bereits bei verschiedenen Abteilungen eines Landratsamts mit hervorragenden dienstlichen Beurteilung erfolgreich gearbeitet. Bei der Beklagten gebe es weder einen Personalrat noch eine Schwerbehindertenverfügung, die einbezogen hätten werden können. Sollte dem Kläger doch eine Entschädigung zuzusprechen sein, wäre nach Art und Schwere der behaupteten Benachteiligung eine Entschädigung in Höhe eines Monatsgehalts ausreichend.
13 
Der Kammer liegt ein Heft Akten der Beklagten betreffend die ausgeschriebene Stelle vor.

Entscheidungsgründe

14 
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers (Telefax) vom 15.4.2016 gibt dem Gericht keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
15 
Spätestens indem der Kläger in der mündlichen Verhandlung - entsprechend seiner Äußerung vom 11.3.2016 zu dem rechtlichen Hinweis in der Ladung vom 4.3.2016 - den Klagantrag auf zwei Grundgehälter beschränkt hat, hat er die ursprünglich auf drei Grundgehälter gerichtete Klage teilweise zurückgenommen. Daran ändert der Zusatz „mindestens“ in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klagantrag nichts, der nach den Erläuterungen des Klägers zur Überzeugung der Kammer nur noch seinen Unmut zum Ausdruck bringen sollte, dass er nach dem Inhalt der im Verfahren zur Bewilligung auf Prozesskostenhilfe ergangenen Entscheidungen keine höhere Entschädigung mehr erwarten konnte.
16 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere fehlt dem Kläger nicht das Rechtsschutzbedürfnis; denn die Beklagte hat den Anspruch ausdrücklich nicht (vorbehaltlos) anerkannt und auch nicht ihre fortbestehende Bereitschaft erklärt, den Anspruch zu erfüllen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.12.2013 - 4 S 225/13 -); eine gleichsam aufgedrängte Zahlung vor Klagerhebung zur „Klaglosstellung“ entspricht diesen Anforderungen nicht, wenn im Klageverfahren der Anspruch nicht (teilweise oder ganz) anerkannt wird.
17 
Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch zu.
18 
Die Forderung ist nicht etwa, wie dies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss im Prozesskostenhilfeverfahren vom 11.02.2016 - 4 S 2582/15 - in Betracht gezogen hat, durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB entsprechend), weil die Haftpflichtversicherung dem Kläger vor Klagerhebung 5.000,- EUR überwiesen hat. Einer solchen Rechtsfolge steht § 266 BGB entsprechend entgegen. Danach ist der Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt. Um eine solche Teilleistung handelte es sich (damals) auch, wie unten noch näher aufgezeigt wird.
19 
Dieser Grundsatz (vgl., auch zum Folgenden, Kerwer, in: jurisPK-BGB Band 2, § 266 Rdnr. 19 ff.) unterliegt zwar nach allgemeiner Meinung dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es bleibt aber zu beachten, dass die Vorschrift eine gesetzgeberische Wertung enthält, die vom Rechtsanwender zu respektieren ist, auch wenn er sie rechtspolitisch für verfehlt hält. Die Gründe, wegen derer man dem Gläubiger die Annahme von Teilleistungen zumuten will, müssen daher schon von einigem, erheblichem Gewicht sein.
20 
Anerkannt ist etwa, dass eine Teilleistung zulässig ist, wenn nur ein geringfügiger Betrag (so genannter Spitzenbetrag) offen bleibt; das ist hier offensichtlich nicht der Fall.
21 
Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Haftpflichtversicherer der Beklagten der Auffassung sein durfte, mit den überwiesenen 5.000,- EUR leiste er alles, was er schulde.
22 
Zwar hat sich in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Arbeitsgerichte des Landes eine Praxis herausgebildet, wonach dem Kläger regelmäßig zwei Grundgehälter zugesprochen werden, wenn er, was typischerweise der Fall ist, zum Vorstellungsgespräch als Schwerbehinderter nicht eingeladen wurde, die ausgeschriebene Stelle der Bundesagentur für Arbeit nicht gemeldet war und - ohne dass es darauf entscheidend ankommt - die Absage an ihn nicht begründet war. Der Kläger selbst hat in solchen Fällen auch schon entsprechende Vergleiche, auch vor der Kammer, angenommen.
23 
Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass der Kläger in den beschriebenen Fällen nicht auch einmal eine höhere Entschädigung erhalten könnte. So hat er in einigen Fällen von Gerichten auch drei Grundgehälter zugesprochen erhalten (z.B. VG Sigmaringen, Urt. v. 15.9.2015 - 7 K 4881/13 - juris).
24 
Zudem weist der Kläger zu Recht auch darauf hin, dass er die Aussichten, ob ihm das zuständige Gericht zwei oder drei Gehälter zusprechen werde, ohne Akteneinsicht nicht abschätzen und gegenüber dem Anspruchsgegner bzw. dessen Versicherer nicht begründet geltend machen könne. Vor einer solchen Akteneinsicht (die allerdings auch vor Erhebung der Klage bei der Behörde erfolgen könnte, welche das Stellenbesetzungsverfahren geführt hat und welche dem Kläger in vergleichbaren Fällen zur Vermeidung einer Klage tunlichst angeboten werden sollte) ist er nach Treu und Glauben nicht gehalten, eine (in Betracht kommende) Teilzahlung anzunehmen; dies würde umso mehr gelten, falls die Haftpflichtversicherung die Teilzahlung ohne Prüfung des Einzelfalls nur deshalb erbracht hätte, um das Verfahren schnell abschließen zu können und um den Kläger vor der Geltendmachung einer höheren Entschädigung möglichst abzuhalten; denn vor einem solchen Schuldnerverhalten soll § 266 BGB gerade schützen.
25 
Dabei unterscheidet sich der Fall des Klägers von der in einzelnen älteren zivilgerichtlichen Entscheidungen anerkannten Fallgruppe, dass eine Zahlung dann nicht abgelehnt werden könne, wenn der Schuldner in entschuldbarer Weise über die Höhe der Schuld in Unkenntnis sein könne, weil der zu leistende Betrag von einer gerichtlichen Schätzung abhänge, etwa bei der Bemessung von Schmerzensgeld (vgl. Kerwer a.a.O., Rdnr. 20 mit Fußnote 89). Denn in diesen Fällen ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt bereits bekannt und nur noch die gerichtliche Bewertung ungewiss.
26 
Ein nach Treu und Glauben zu schützendes Interesse der Beklagten bzw. deren Haftpflichtversicherung folgt in Fällen der vorliegenden Art auch nicht daraus, dass diese in der Lage sein müssen, sich einer angedrohten Klage zur Vermeidung von Verfahrenskosten zu entziehen. Denn den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens können sie durch ein (Teil-)Schuldanerkenntnis ohne weiteres aus dem Weg gehen (was die Haftpflichtversicherung der Beklagten und auch diese selbst im Prozess hier gerade nicht abgegeben haben).
27 
Danach kann offenbleiben, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende Zurücküberweisung des von der Haftpflichtversicherung gezahlten Betrags sich für den Gläubiger über das Kostenrecht hinaus (§ 156 VwGO, vgl. BAG, Beschl. v. 14.2.2012 - 3 AZB 59/11 - BAGE 140, 362) auch dahin auswirken würde, dass der Schuldner der auf einen höheren Betrag gerichteten Klage ein (Teil-)Erlöschen der Entschädigungsforderung durch Erfüllung entgegen halten könnte.
28 
Offenbleiben kann auch, ob der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf ein laufendes sozialgerichtliches Verfahren eingewandt hat - auch deshalb nach Treu und Glauben die Teilzahlung nicht entgegen zu nehmen brauchte, weil er daraus Schwierigkeiten hinsichtlich der Berücksichtigung des geleisteten Betrags als Schoneinkommen bzw. Schonvermögen bei der Grundsicherung befürchten durfte.
29 
Dem Kläger steht die geltend gemachte Entschädigung in der zuletzt noch geltend gemachten Höhe zu. Dies hat die Kammer bereits in dem Prozesskostenhilfe gewährenden Beschluss vom 26.11.2015 unter Hinweis u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.12.2013 - 4 S 2025/13 - näher ausgeführt (vgl. schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.12.2012 - 4 S 1814/11 -, mit der ein klagabweisendes Urteil der Kammer aufgehoben wurde). Darauf kann Bezug genommen werden. Die Beklagte (deren Argumentation insoweit in einem gewissen Widerspruch mit dem Verhalten ihrer Haftpflichtversicherung steht) übersieht, dass für die Beurteilung der Eignung des Klägers für die ausgeschriebene Stelle im Sinn von § 82 Satz 3 SGB IX allein der Inhalt der Ausschreibung maßgeblich ist, deren Anforderungen der Kläger erfüllt, dass schon die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch für einen Schwerbehinderten eine Benachteiligung ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.2.2012 - 4 S 82/12 - juris, Rdnr. 27) und dass der Gesetzgeber diesem einen Entschädigungsanspruch auch deshalb eingeräumt hat, damit auf diese Weise, gleichsam im Wege einer Sanktion, erreicht wird, dass die dem Schutz und der Förderung von Schwerbehinderten dienenden Vorschriften allgemein (und ohne Abwägung der Anstellungskörperschaften im Einzelnen) eingehalten werden.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers (Telefax) vom 15.4.2016 gibt dem Gericht keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
15 
Spätestens indem der Kläger in der mündlichen Verhandlung - entsprechend seiner Äußerung vom 11.3.2016 zu dem rechtlichen Hinweis in der Ladung vom 4.3.2016 - den Klagantrag auf zwei Grundgehälter beschränkt hat, hat er die ursprünglich auf drei Grundgehälter gerichtete Klage teilweise zurückgenommen. Daran ändert der Zusatz „mindestens“ in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klagantrag nichts, der nach den Erläuterungen des Klägers zur Überzeugung der Kammer nur noch seinen Unmut zum Ausdruck bringen sollte, dass er nach dem Inhalt der im Verfahren zur Bewilligung auf Prozesskostenhilfe ergangenen Entscheidungen keine höhere Entschädigung mehr erwarten konnte.
16 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere fehlt dem Kläger nicht das Rechtsschutzbedürfnis; denn die Beklagte hat den Anspruch ausdrücklich nicht (vorbehaltlos) anerkannt und auch nicht ihre fortbestehende Bereitschaft erklärt, den Anspruch zu erfüllen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.12.2013 - 4 S 225/13 -); eine gleichsam aufgedrängte Zahlung vor Klagerhebung zur „Klaglosstellung“ entspricht diesen Anforderungen nicht, wenn im Klageverfahren der Anspruch nicht (teilweise oder ganz) anerkannt wird.
17 
Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch zu.
18 
Die Forderung ist nicht etwa, wie dies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss im Prozesskostenhilfeverfahren vom 11.02.2016 - 4 S 2582/15 - in Betracht gezogen hat, durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB entsprechend), weil die Haftpflichtversicherung dem Kläger vor Klagerhebung 5.000,- EUR überwiesen hat. Einer solchen Rechtsfolge steht § 266 BGB entsprechend entgegen. Danach ist der Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt. Um eine solche Teilleistung handelte es sich (damals) auch, wie unten noch näher aufgezeigt wird.
19 
Dieser Grundsatz (vgl., auch zum Folgenden, Kerwer, in: jurisPK-BGB Band 2, § 266 Rdnr. 19 ff.) unterliegt zwar nach allgemeiner Meinung dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es bleibt aber zu beachten, dass die Vorschrift eine gesetzgeberische Wertung enthält, die vom Rechtsanwender zu respektieren ist, auch wenn er sie rechtspolitisch für verfehlt hält. Die Gründe, wegen derer man dem Gläubiger die Annahme von Teilleistungen zumuten will, müssen daher schon von einigem, erheblichem Gewicht sein.
20 
Anerkannt ist etwa, dass eine Teilleistung zulässig ist, wenn nur ein geringfügiger Betrag (so genannter Spitzenbetrag) offen bleibt; das ist hier offensichtlich nicht der Fall.
21 
Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Haftpflichtversicherer der Beklagten der Auffassung sein durfte, mit den überwiesenen 5.000,- EUR leiste er alles, was er schulde.
22 
Zwar hat sich in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Arbeitsgerichte des Landes eine Praxis herausgebildet, wonach dem Kläger regelmäßig zwei Grundgehälter zugesprochen werden, wenn er, was typischerweise der Fall ist, zum Vorstellungsgespräch als Schwerbehinderter nicht eingeladen wurde, die ausgeschriebene Stelle der Bundesagentur für Arbeit nicht gemeldet war und - ohne dass es darauf entscheidend ankommt - die Absage an ihn nicht begründet war. Der Kläger selbst hat in solchen Fällen auch schon entsprechende Vergleiche, auch vor der Kammer, angenommen.
23 
Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass der Kläger in den beschriebenen Fällen nicht auch einmal eine höhere Entschädigung erhalten könnte. So hat er in einigen Fällen von Gerichten auch drei Grundgehälter zugesprochen erhalten (z.B. VG Sigmaringen, Urt. v. 15.9.2015 - 7 K 4881/13 - juris).
24 
Zudem weist der Kläger zu Recht auch darauf hin, dass er die Aussichten, ob ihm das zuständige Gericht zwei oder drei Gehälter zusprechen werde, ohne Akteneinsicht nicht abschätzen und gegenüber dem Anspruchsgegner bzw. dessen Versicherer nicht begründet geltend machen könne. Vor einer solchen Akteneinsicht (die allerdings auch vor Erhebung der Klage bei der Behörde erfolgen könnte, welche das Stellenbesetzungsverfahren geführt hat und welche dem Kläger in vergleichbaren Fällen zur Vermeidung einer Klage tunlichst angeboten werden sollte) ist er nach Treu und Glauben nicht gehalten, eine (in Betracht kommende) Teilzahlung anzunehmen; dies würde umso mehr gelten, falls die Haftpflichtversicherung die Teilzahlung ohne Prüfung des Einzelfalls nur deshalb erbracht hätte, um das Verfahren schnell abschließen zu können und um den Kläger vor der Geltendmachung einer höheren Entschädigung möglichst abzuhalten; denn vor einem solchen Schuldnerverhalten soll § 266 BGB gerade schützen.
25 
Dabei unterscheidet sich der Fall des Klägers von der in einzelnen älteren zivilgerichtlichen Entscheidungen anerkannten Fallgruppe, dass eine Zahlung dann nicht abgelehnt werden könne, wenn der Schuldner in entschuldbarer Weise über die Höhe der Schuld in Unkenntnis sein könne, weil der zu leistende Betrag von einer gerichtlichen Schätzung abhänge, etwa bei der Bemessung von Schmerzensgeld (vgl. Kerwer a.a.O., Rdnr. 20 mit Fußnote 89). Denn in diesen Fällen ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt bereits bekannt und nur noch die gerichtliche Bewertung ungewiss.
26 
Ein nach Treu und Glauben zu schützendes Interesse der Beklagten bzw. deren Haftpflichtversicherung folgt in Fällen der vorliegenden Art auch nicht daraus, dass diese in der Lage sein müssen, sich einer angedrohten Klage zur Vermeidung von Verfahrenskosten zu entziehen. Denn den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens können sie durch ein (Teil-)Schuldanerkenntnis ohne weiteres aus dem Weg gehen (was die Haftpflichtversicherung der Beklagten und auch diese selbst im Prozess hier gerade nicht abgegeben haben).
27 
Danach kann offenbleiben, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende Zurücküberweisung des von der Haftpflichtversicherung gezahlten Betrags sich für den Gläubiger über das Kostenrecht hinaus (§ 156 VwGO, vgl. BAG, Beschl. v. 14.2.2012 - 3 AZB 59/11 - BAGE 140, 362) auch dahin auswirken würde, dass der Schuldner der auf einen höheren Betrag gerichteten Klage ein (Teil-)Erlöschen der Entschädigungsforderung durch Erfüllung entgegen halten könnte.
28 
Offenbleiben kann auch, ob der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf ein laufendes sozialgerichtliches Verfahren eingewandt hat - auch deshalb nach Treu und Glauben die Teilzahlung nicht entgegen zu nehmen brauchte, weil er daraus Schwierigkeiten hinsichtlich der Berücksichtigung des geleisteten Betrags als Schoneinkommen bzw. Schonvermögen bei der Grundsicherung befürchten durfte.
29 
Dem Kläger steht die geltend gemachte Entschädigung in der zuletzt noch geltend gemachten Höhe zu. Dies hat die Kammer bereits in dem Prozesskostenhilfe gewährenden Beschluss vom 26.11.2015 unter Hinweis u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.12.2013 - 4 S 2025/13 - näher ausgeführt (vgl. schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.12.2012 - 4 S 1814/11 -, mit der ein klagabweisendes Urteil der Kammer aufgehoben wurde). Darauf kann Bezug genommen werden. Die Beklagte (deren Argumentation insoweit in einem gewissen Widerspruch mit dem Verhalten ihrer Haftpflichtversicherung steht) übersieht, dass für die Beurteilung der Eignung des Klägers für die ausgeschriebene Stelle im Sinn von § 82 Satz 3 SGB IX allein der Inhalt der Ausschreibung maßgeblich ist, deren Anforderungen der Kläger erfüllt, dass schon die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch für einen Schwerbehinderten eine Benachteiligung ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.2.2012 - 4 S 82/12 - juris, Rdnr. 27) und dass der Gesetzgeber diesem einen Entschädigungsanspruch auch deshalb eingeräumt hat, damit auf diese Weise, gleichsam im Wege einer Sanktion, erreicht wird, dass die dem Schutz und der Förderung von Schwerbehinderten dienenden Vorschriften allgemein (und ohne Abwägung der Anstellungskörperschaften im Einzelnen) eingehalten werden.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Apr. 2016 - 5 K 1177/14

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Apr. 2016 - 5 K 1177/14 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 104


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 82 Leistungen zur Förderung der Verständigung


Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilf

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 156


Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 266 Teilleistungen


Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 15. Sept. 2015 - 7 K 4881/13

bei uns veröffentlicht am 15.09.2015

Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 7.032,93 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahre

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 14. Feb. 2012 - 3 AZB 59/11

bei uns veröffentlicht am 14.02.2012

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 2011 - 18 Ta 24/11 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 7.032,93 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt unter Berufung darauf, dass er im Rahmen eines von der Beklagten durchgeführten Bewerbungsverfahrens als Schwerbehinderter diskriminiert worden sei, eine Entschädigung.
Der am ...1964 geborene Kläger ist aufgrund eines nicht behandlungsbedürftigen essentiellen Tremors als schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt. Er absolvierte nach dem Besuch der Grund- und Realschule zunächst das Kaufmännische Berufskolleg I und machte anschließend eine Lehre zum Großhandelskaufmann. Nach Erwerb der Fachhochschulreife studierte er bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F. mit dem Abschluss Diplombetriebswirt (FH). Zwischen 1992 und Anfang 2002 war er in verschiedenen Tätigkeiten und Praktika befristet beschäftigt und absolvierte eine Ausbildung zum Chemisch-Technischen Assistenten. Von September 2004 bis August 2005 leistete er das praktische Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst des Landes Baden-Württemberg und studierte anschließend an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K.. Im September 2008 legte er die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst mit der Gesamtnote „befriedigend (7 Punkte)“ ab.
Mit Bewerbungsschreiben vom 10.05.2013 bewarb sich der Kläger auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle des (der) Fachbediensteten für das Finanzwesen - Leitung der Finanzverwaltung. In der Ausschreibung wird ein abgeschlossenes Studium zum/zur Diplom-Verwaltungswirt/in (FH) bzw. Bachelor of Arts (Public Management) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation verlangt. Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen wird als „wünschenswert“ bezeichnet. Zudem werden zum Profil potentieller Kandidaten Eigeninitiative, Einsatzbereitschaft, selbständige und eigenverantwortliche Arbeitsweise, Belastbarkeit, sicheres Auftreten, kooperativer Führungsstil und Teamfähigkeit gezählt. Gute Kenntnisse in MS-Office-Produkten sowie KIRP-Kenntnisse wären nach dem Ausschreibungstext „von Vorteil“. Zudem wird auf „Aufstiegsmöglichkeiten bis Besoldungsgruppe A 12“ hingewiesen.
Der zu besetzende Arbeitsplatz wurde der Agentur für Arbeit nicht gemeldet.
In seiner Bewerbung führte der Kläger insbesondere aus, seine Schwerbehinderung (GdB 60) beeinträchtigte ihn nicht in seiner geistigen und körperlichen Amtsausübung und führe nicht zu erhöhten Krankheitstagen. Der Bewerbung beigefügt waren ein ausführlicher Lebenslauf des Klägers, sein Schwerbehindertenausweis und ein ärztliches Attest.
Insgesamt bewarben sich einschließlich des Klägers sieben Personen auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle. Es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob und ggf. unter welchen Umständen der Personalrat über die Bewerbung des Klägers informiert wurde. Drei der sieben Bewerber, nicht aber der Kläger, wurden zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.
Mit Schreiben vom 27.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Gemeinderat habe hinsichtlich der Stelle bei der Beklagten als Fachbediensteter für das Finanzwesen eine Vorauswahl getroffen und der Kläger sei „nicht in den engeren Kreis der Bewerber/innen aufgenommen worden“.
Mit Schreiben vom 13.08.2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm nach § 81 Abs. 2 und § 82 S. 2 SGB IX i. V. m. §§ 1, 7, 15 AGG eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A9 zu bezahlen. Zur Begründung führte er insbesondere aus, trotz des Hinweises in seinem Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderung sei er entgegen § 82 S. 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und entgegen § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nicht detailliert über die Gründe der Absage informiert worden. Außerdem hätte die Beklagte gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX den Personalrat unmittelbar nach Eingang seiner Bewerbung unterrichten müssen. Die Beklagte habe auch entgegen § 82 S. 1 SGB IX die örtlich zuständige Agentur für Arbeit nicht über die Stellenausschreibung informiert. Es bestehe der Verdacht, dass er wegen seiner Schwerbehinderung und seines Alters benachteiligt worden sei.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten kündigte mit Schreiben vom 21.08.2013 gegenüber dem Kläger eine Stellungnahme an, die aber nicht erfolgte.
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Am 06.12.2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung beruft er sich insbesondere darauf, er sei durch das Auswahlverfahren der Beklagten als dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle entsprechender und damit fachlich geeigneter Bewerber aufgrund seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden. Die Beklagte habe weder die Verpflichtung nach § 82 S. 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, noch ihre Meldepflicht nach § 82 S. 1 SGB IX erfüllt. Darüber hinaus sei der Personalrat nicht umgehend gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX informiert worden, wie er vom ehemaligen Personalratsvorsitzenden der Beklagten erfahren habe. Eine ausreichende Begründung der Absage fehle. Damit seien Indizien dargetan, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung i. S. d. § 22 AGG vermuten ließen. Da die Beklagte diese Vermutung nicht widerlegen könne, bestehe ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 nebst der gesetzlichen Zulagen. Darüber hinaus sei er auch wegen seines Alters diskriminiert worden. Der Kläger führt weiter aus, mit seinen AGG-Klagen betreibe er kein Geschäft, so dass der Vorwurf, er sei ein „AGG-Hopper“, nicht gerechtfertigt sei. Die Unterstellung eines „unsteten Lebenslaufs“ sei Ausdruck seiner systematischen Benachteiligung.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 9 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie rügte die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Darüber hinaus sei die Frist nach § 61b ArbGG versäumt worden, die auch im Verwaltungsprozess gelte. Der Kläger sei weiter nicht benachteiligt worden, denn seine fachliche Eignung habe i. S. d. § 82 S. 3 SGB IX offensichtlich gefehlt, so dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei. Er könne keine Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen vorweisen, habe noch keine Führungsaufgaben ausgeübt und in seinem Bewerbungsschreiben keine guten Kenntnisse der MS-Office-Produkte angegeben. Mit der Nichteinladung sei dem Kläger zudem nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden, so dass keine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorliege. Die Unterlassung der Meldung bei der Agentur für Arbeit sei nicht kausal. Auch wenn der Kläger zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, wäre er nicht eingestellt worden, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Der Personalrat sei in das Bewerbungs- und Auswahlverfahren eingebunden gewesen. Die Beklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger offenbar als „AGG-Hopper“ bekannt sei und habe den Vorwurf eines unsteten Lebenslaufs nicht erhoben.
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Mit Beschluss vom 24.08.2015 hat die Kammer gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorab entschieden, dass der beschrittene Rechtsweg zulässig ist; gegen den Beschluss wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
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Der Kammer hat die Akte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesG BW und Prozesszinsen.
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Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung in Form eines Verwaltungsakts nicht voraus. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG bedarf es nicht, da das die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschriften begründende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn im vorliegenden Fall nicht gegeben ist und mit der vorliegenden Klage auch nicht angestrebt wird (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, jeweils m. w. N.).
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Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40 = BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, m. w. N.).
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Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Die Beklagte hat den Kläger wegen seiner Behinderung (s. zum Begriff der Behinderung BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150) benachteiligt, indem sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat und zudem die ausgeschriebene Stelle nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Zwischen der Benachteiligung und der Behinderung besteht auch ein Kausalzusammenhang, die Klage wurde nicht rechtsmissbräuchlich erhoben, die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich und es wurde keine Ausschlussfrist missachtet. Für eine Diskriminierung (auch) wegen seines Alters hat der Kläger dagegen keine hinreichenden Vermutungstatsachen dargelegt.
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Die Beteiligten unterfallen zunächst dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Als Bewerber für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis (als Beamter, s. dazu bereits den Beschluss der Kammer vom 24.08.2015) gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigter im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als mögliche (künftige) Dienstherrin ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
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Der Kläger ist durch das Vorgehen der Beklagten auch i. S. d. § 7 AGG benachteiligt worden. Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 (AGG) genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 33 = BT-Drs. 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 51 = BT-Drs. 16/1780 S. 47, s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
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Die nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung des Klägers liegt davon ausgehend darin, dass ihm die Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihm im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte. Ob die fachliche Eignung i. S. d. § 82 Satz 3 SGB offensichtlich fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dabei sind die konstitutiven Elemente des Anforderungsprofils besonders zu berücksichtigen. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; vgl. auch VGH BaWü, Beschluss v. 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, NVwZ-RR 2011, 193-194). Der Ausschreibungstext verlangt von den Bewerbern für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle ein abgeschlossenes Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation. Der Kläger hat sein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich abgeschlossen, so dass er die nach dem Anforderungsprofil insoweit notwendige Qualifikation besitzt, denn ein bestimmtes Examensergebnis oder eine darüber hinausgehende besondere Ausbildung wurde nicht verlangt (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Weitere konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils sind nicht ersichtlich, zumal die im Ausschreibungstext erwähnte Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen ausdrücklich als „wünschenswert“ bezeichnet wird und die guten Kenntnisse in MS-Office-Produkten und KIRP-Kenntnisse danach „von Vorteil“ wären. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; zum nicht durchgreifenden Argument eines unsteten Lebenslaufes, das die Beklagte allerdings ohnehin nicht vorgebracht hat, im Fall der Schwerbehinderung vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
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Der damit dargelegten Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegenhalten, mit der Nichteinladung sei dem Kläger nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden. Dem gerade in der Vorenthaltung dieses gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils liegt die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), deren Verhinderung bzw. Beseitigung nach § 1 AGG Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
26 
Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung in Gestalt der unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch besteht weiter ein Kausalzusammenhang. § 22 AGG senkt insoweit das Beweismaß. Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Die Vorenthaltung des erwähnten gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.). Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.).
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Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren (s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
28 
Vorliegend hat die Beklagte sich ausschließlich darauf berufen, dass der Kläger, auch wenn er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, nicht eingestellt worden wäre, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Damit werden zur Widerlegung der aufgrund des Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität zwischen der Behinderung und der Benachteiligung ausschließlich Gründe genannt, die sich auf die fachliche Eignung des Klägers im Verhältnis zu derjenigen des eingestellten Bewerbers beziehen. Die Beklagte hat damit nicht nachgewiesen, dass die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Klägers betreffen. Im Gegenteil hat der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, denn der Kläger „wäre ohnehin nicht zum Zuge gekommen“. Damit konnte die Beklagte die Vermutung der Kausalität nicht widerlegen.
29 
Zusätzlich ergibt sich eine Benachteiligung des Klägers durch die Beklagte daraus, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle entgegen § 82 Satz 1 AGG nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Die auch insoweit aufgrund des § 22 AGG eingreifende Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Benachteiligung konnte die Beklagte ebenfalls nicht widerlegen, denn über die von ihr verneinte fachliche Eignung des Klägers hinaus hat sie zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität keine Gründe vorgetragen. Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Sind die Chancen eines Bewerbers - wie hier - bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schwerbehinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat (vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
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Dass der Personalrat im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens entgegen der Annahme des Klägers, der sich ausschließlich auf die unterlassene Beteiligung des früheren Personalratsvorsitzenden beruft und damit keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX darlegt, wohl ordnungsgemäß beteiligt wurde, ändert damit an der aus der Verletzung der Pflichten aus § 82 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Benachteiligung des Klägers nichts.
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Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Beklagte nicht erhoben. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gibt es auch keine Hinweise, insbesondere lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert und der Umstand, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen gegenüber öffentlichen Arbeitgebern Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat, stellt kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte, rechtsmissbräuchliche Bewerbung dar (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.; VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -).
32 
Der Entschädigungsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht hat, der Beklagten die anderweitige Vergabe der Stelle vorläufig zu untersagen und ihr aufzugeben, ihm ein Vorstellungsgespräch zu gewähren. Der Entschädigungsanspruch ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch, der grundsätzlich mit der Benachteiligungshandlung entsteht und für den das AGG weder eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB anordnet noch sonst dem Benachteiligten als Entschädigungsvoraussetzung eine Schadensminderungs- oder Abwendungspflicht auferlegt (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
33 
Dem Erfolg der Klage steht schließlich nicht entgegen, dass eine Ausschlussfrist missachtet worden wäre. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.06.2013 hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle abgesagt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2013 Entschädigungsansprüche geltend. Damit hat er die Frist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
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Darüber hinaus existieren - entgegen der Auffassung der Beklagten - für den vorliegenden Anspruch keine Ausschlussfristen. So handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage, für die in der VwGO keine Klagefrist vorgesehen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten beruft sich allerdings auf § 61b Abs. 1 ArbGG, wonach eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Ob es sich bei der in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehenen Frist um eine materielle Ausschlussfrist (BAG, Urteil v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 -, NJW 2014, 1612-1615; Walker, in: Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage 2015, § 61b Rn. 9, jeweils m. w. N.) oder um eine (prozessuale) Klagefrist (vgl. BAG, Urteil v. 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -; BAG, Urteil v. 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 -, BAGE 148, 158-167; BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27) handelt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon findet § 61b Abs. 1 ArbGG in Verwaltungsprozessen keine, auch keine entsprechende Anwendung. Zunächst befindet sich die Vorschrift innerhalb des Dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes („Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen“). Zudem ist in § 61b Abs. 2 ArbGG, also in unmittelbarem Zusammenhang, eine besondere Regelung über die Zuständigkeit desArbeitsgerichtes enthalten. Mithin zeigt sowohl die Formulierung des § 61b Abs. 2 ArbGG als auch der systematische Standort des § 61b ArbGG, dass die Vorschrift ausschließlich für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
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Auch für eine entsprechende Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess gibt es keine Hinweise. Insbesondere lässt sich aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, mit dem § 61b Abs. 1 ArbGG seine heutige Fassung erhalten hat, eine solche entsprechende Anwendung nicht herleiten. Zwar wird zu dem neu eingefügten Verweis auf § 15 AGG ausgeführt, die Klagefrist sei „damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung einzuhalten“ (BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass damit auch verwaltungsprozessuale Klagen erfasst werden sollten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG auch § 61b Abs. 2 ArbGG geändert, der wie erwähnt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts regelt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG allein das arbeitsgerichtliche Verfahren im Blick hatte. Hätte er eine zumindest entsprechende Anwendung auch im Verwaltungsprozess beabsichtigt, hätte zudem eine systematische Verankerung entweder in der VwGO oder in einem prozessordnungsübergreifend geltenden Gesetz wie dem AGG nahe gelegen. Angesichts des mit einer Ausschlussfrist verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wäre eine solche gesetzliche Grundlage auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verlangen und ihr Fehlen steht einer entsprechenden Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess entgegen. Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass § 61b ArbGG ausweislich der bislang veröffentlichten Entscheidungen soweit ersichtlich ausschließlich von Arbeitsgerichten angewendet worden ist.
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Da davon ausgehend über die vom Kläger eingehaltene Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG hinaus keine Ausschlussfrist einzuhalten war, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorgehen der Beklagten bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten, auf die mit Schreiben vom 13.08.2013 erhobene Entschädigungsforderung des Klägers hin eine Stellungnahme anzukündigen, diese aber nicht abzugeben und sich sodann auf den Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG zu berufen, rechtsmissbräuchlich gewesen wäre.
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Für die Höhe der dem Kläger zustehenden angemessenen Entschädigung ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestimmte Obergrenze maßgebend. Das erkennende Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger auch bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Bewerberauswahlverfahrens von der Beklagten nicht eingestellt worden wäre (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Innerhalb des danach geltenden Rahmens von drei Bruttomonatsverdiensten richtet sich die Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und der Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.). Davon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass die Angabe der Beklagten, die Vorschriften des SGB IX seien zum Zeitpunkt der Bewerbung des Klägers nicht bekannt gewesen, angesichts der Vielzahl seiner Bewerbungen und Klageverfahren nicht zweifelsfrei erscheint. Dies kann allerdings dahinstehen, denn ein etwaiger Rechtsirrtum wirkte sich nicht zugunsten der Beklagten aus. Vielmehr besteht die Verpflichtung, sich ggf. über bestehende Vorschriften zum Schutz Behinderter zu informieren. Darüber hinaus zeigt die Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, dass dieser einen Verstoß gegen das Schwerbehindertenrecht bewusst in Kauf genommen hätte. Ob dieser Fall einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gleichzustellen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn jedenfalls belegt die Äußerung eine sich von einfacher Fahrlässigkeit unterscheidende, besondere Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen und Rechten Behinderter in diesem konkreten Einzelfall des Klägers. Ferner kann eine höhere Entschädigung geboten sein, wenn der Betroffene aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur Einschaltung der Agentur für Arbeit verstoßen. Nach alledem hält das Gericht hier eine Entschädigung in Höhe drei Bruttomonatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesGBW für angemessen, insgesamt damit also in Höhe von 7.032,93 Euro.
38 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
40 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesG BW und Prozesszinsen.
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung in Form eines Verwaltungsakts nicht voraus. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG bedarf es nicht, da das die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschriften begründende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn im vorliegenden Fall nicht gegeben ist und mit der vorliegenden Klage auch nicht angestrebt wird (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, jeweils m. w. N.).
20 
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40 = BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, m. w. N.).
21 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Die Beklagte hat den Kläger wegen seiner Behinderung (s. zum Begriff der Behinderung BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150) benachteiligt, indem sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat und zudem die ausgeschriebene Stelle nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Zwischen der Benachteiligung und der Behinderung besteht auch ein Kausalzusammenhang, die Klage wurde nicht rechtsmissbräuchlich erhoben, die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich und es wurde keine Ausschlussfrist missachtet. Für eine Diskriminierung (auch) wegen seines Alters hat der Kläger dagegen keine hinreichenden Vermutungstatsachen dargelegt.
22 
Die Beteiligten unterfallen zunächst dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Als Bewerber für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis (als Beamter, s. dazu bereits den Beschluss der Kammer vom 24.08.2015) gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigter im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als mögliche (künftige) Dienstherrin ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
23 
Der Kläger ist durch das Vorgehen der Beklagten auch i. S. d. § 7 AGG benachteiligt worden. Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 (AGG) genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 33 = BT-Drs. 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 51 = BT-Drs. 16/1780 S. 47, s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
24 
Die nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung des Klägers liegt davon ausgehend darin, dass ihm die Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihm im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte. Ob die fachliche Eignung i. S. d. § 82 Satz 3 SGB offensichtlich fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dabei sind die konstitutiven Elemente des Anforderungsprofils besonders zu berücksichtigen. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; vgl. auch VGH BaWü, Beschluss v. 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, NVwZ-RR 2011, 193-194). Der Ausschreibungstext verlangt von den Bewerbern für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle ein abgeschlossenes Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation. Der Kläger hat sein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich abgeschlossen, so dass er die nach dem Anforderungsprofil insoweit notwendige Qualifikation besitzt, denn ein bestimmtes Examensergebnis oder eine darüber hinausgehende besondere Ausbildung wurde nicht verlangt (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Weitere konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils sind nicht ersichtlich, zumal die im Ausschreibungstext erwähnte Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen ausdrücklich als „wünschenswert“ bezeichnet wird und die guten Kenntnisse in MS-Office-Produkten und KIRP-Kenntnisse danach „von Vorteil“ wären. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; zum nicht durchgreifenden Argument eines unsteten Lebenslaufes, das die Beklagte allerdings ohnehin nicht vorgebracht hat, im Fall der Schwerbehinderung vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
25 
Der damit dargelegten Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegenhalten, mit der Nichteinladung sei dem Kläger nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden. Dem gerade in der Vorenthaltung dieses gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils liegt die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), deren Verhinderung bzw. Beseitigung nach § 1 AGG Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
26 
Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung in Gestalt der unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch besteht weiter ein Kausalzusammenhang. § 22 AGG senkt insoweit das Beweismaß. Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Die Vorenthaltung des erwähnten gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.). Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.).
27 
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren (s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
28 
Vorliegend hat die Beklagte sich ausschließlich darauf berufen, dass der Kläger, auch wenn er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, nicht eingestellt worden wäre, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Damit werden zur Widerlegung der aufgrund des Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität zwischen der Behinderung und der Benachteiligung ausschließlich Gründe genannt, die sich auf die fachliche Eignung des Klägers im Verhältnis zu derjenigen des eingestellten Bewerbers beziehen. Die Beklagte hat damit nicht nachgewiesen, dass die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Klägers betreffen. Im Gegenteil hat der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, denn der Kläger „wäre ohnehin nicht zum Zuge gekommen“. Damit konnte die Beklagte die Vermutung der Kausalität nicht widerlegen.
29 
Zusätzlich ergibt sich eine Benachteiligung des Klägers durch die Beklagte daraus, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle entgegen § 82 Satz 1 AGG nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Die auch insoweit aufgrund des § 22 AGG eingreifende Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Benachteiligung konnte die Beklagte ebenfalls nicht widerlegen, denn über die von ihr verneinte fachliche Eignung des Klägers hinaus hat sie zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität keine Gründe vorgetragen. Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Sind die Chancen eines Bewerbers - wie hier - bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schwerbehinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat (vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
30 
Dass der Personalrat im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens entgegen der Annahme des Klägers, der sich ausschließlich auf die unterlassene Beteiligung des früheren Personalratsvorsitzenden beruft und damit keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX darlegt, wohl ordnungsgemäß beteiligt wurde, ändert damit an der aus der Verletzung der Pflichten aus § 82 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Benachteiligung des Klägers nichts.
31 
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Beklagte nicht erhoben. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gibt es auch keine Hinweise, insbesondere lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert und der Umstand, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen gegenüber öffentlichen Arbeitgebern Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat, stellt kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte, rechtsmissbräuchliche Bewerbung dar (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.; VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -).
32 
Der Entschädigungsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht hat, der Beklagten die anderweitige Vergabe der Stelle vorläufig zu untersagen und ihr aufzugeben, ihm ein Vorstellungsgespräch zu gewähren. Der Entschädigungsanspruch ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch, der grundsätzlich mit der Benachteiligungshandlung entsteht und für den das AGG weder eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB anordnet noch sonst dem Benachteiligten als Entschädigungsvoraussetzung eine Schadensminderungs- oder Abwendungspflicht auferlegt (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
33 
Dem Erfolg der Klage steht schließlich nicht entgegen, dass eine Ausschlussfrist missachtet worden wäre. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.06.2013 hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle abgesagt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2013 Entschädigungsansprüche geltend. Damit hat er die Frist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
34 
Darüber hinaus existieren - entgegen der Auffassung der Beklagten - für den vorliegenden Anspruch keine Ausschlussfristen. So handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage, für die in der VwGO keine Klagefrist vorgesehen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten beruft sich allerdings auf § 61b Abs. 1 ArbGG, wonach eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Ob es sich bei der in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehenen Frist um eine materielle Ausschlussfrist (BAG, Urteil v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 -, NJW 2014, 1612-1615; Walker, in: Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage 2015, § 61b Rn. 9, jeweils m. w. N.) oder um eine (prozessuale) Klagefrist (vgl. BAG, Urteil v. 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -; BAG, Urteil v. 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 -, BAGE 148, 158-167; BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27) handelt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon findet § 61b Abs. 1 ArbGG in Verwaltungsprozessen keine, auch keine entsprechende Anwendung. Zunächst befindet sich die Vorschrift innerhalb des Dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes („Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen“). Zudem ist in § 61b Abs. 2 ArbGG, also in unmittelbarem Zusammenhang, eine besondere Regelung über die Zuständigkeit desArbeitsgerichtes enthalten. Mithin zeigt sowohl die Formulierung des § 61b Abs. 2 ArbGG als auch der systematische Standort des § 61b ArbGG, dass die Vorschrift ausschließlich für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
35 
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess gibt es keine Hinweise. Insbesondere lässt sich aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, mit dem § 61b Abs. 1 ArbGG seine heutige Fassung erhalten hat, eine solche entsprechende Anwendung nicht herleiten. Zwar wird zu dem neu eingefügten Verweis auf § 15 AGG ausgeführt, die Klagefrist sei „damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung einzuhalten“ (BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass damit auch verwaltungsprozessuale Klagen erfasst werden sollten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG auch § 61b Abs. 2 ArbGG geändert, der wie erwähnt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts regelt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG allein das arbeitsgerichtliche Verfahren im Blick hatte. Hätte er eine zumindest entsprechende Anwendung auch im Verwaltungsprozess beabsichtigt, hätte zudem eine systematische Verankerung entweder in der VwGO oder in einem prozessordnungsübergreifend geltenden Gesetz wie dem AGG nahe gelegen. Angesichts des mit einer Ausschlussfrist verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wäre eine solche gesetzliche Grundlage auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verlangen und ihr Fehlen steht einer entsprechenden Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess entgegen. Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass § 61b ArbGG ausweislich der bislang veröffentlichten Entscheidungen soweit ersichtlich ausschließlich von Arbeitsgerichten angewendet worden ist.
36 
Da davon ausgehend über die vom Kläger eingehaltene Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG hinaus keine Ausschlussfrist einzuhalten war, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorgehen der Beklagten bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten, auf die mit Schreiben vom 13.08.2013 erhobene Entschädigungsforderung des Klägers hin eine Stellungnahme anzukündigen, diese aber nicht abzugeben und sich sodann auf den Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG zu berufen, rechtsmissbräuchlich gewesen wäre.
37 
Für die Höhe der dem Kläger zustehenden angemessenen Entschädigung ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestimmte Obergrenze maßgebend. Das erkennende Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger auch bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Bewerberauswahlverfahrens von der Beklagten nicht eingestellt worden wäre (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Innerhalb des danach geltenden Rahmens von drei Bruttomonatsverdiensten richtet sich die Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und der Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.). Davon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass die Angabe der Beklagten, die Vorschriften des SGB IX seien zum Zeitpunkt der Bewerbung des Klägers nicht bekannt gewesen, angesichts der Vielzahl seiner Bewerbungen und Klageverfahren nicht zweifelsfrei erscheint. Dies kann allerdings dahinstehen, denn ein etwaiger Rechtsirrtum wirkte sich nicht zugunsten der Beklagten aus. Vielmehr besteht die Verpflichtung, sich ggf. über bestehende Vorschriften zum Schutz Behinderter zu informieren. Darüber hinaus zeigt die Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, dass dieser einen Verstoß gegen das Schwerbehindertenrecht bewusst in Kauf genommen hätte. Ob dieser Fall einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gleichzustellen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn jedenfalls belegt die Äußerung eine sich von einfacher Fahrlässigkeit unterscheidende, besondere Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen und Rechten Behinderter in diesem konkreten Einzelfall des Klägers. Ferner kann eine höhere Entschädigung geboten sein, wenn der Betroffene aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur Einschaltung der Agentur für Arbeit verstoßen. Nach alledem hält das Gericht hier eine Entschädigung in Höhe drei Bruttomonatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesGBW für angemessen, insgesamt damit also in Höhe von 7.032,93 Euro.
38 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
40 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.

Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 2011 - 18 Ta 24/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Die Parteien haben darüber gestritten, um welchen Betrag die Betriebsrente des Klägers zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2010 anzupassen war.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 1995 von der Beklagten eine Betriebsrente, die sich zunächst umgerechnet auf monatlich 2.048,75 Euro brutto belief. Die Beklagte passte die Betriebsrente in der Folgezeit mehrfach nach § 16 BetrAVG an. Mit Wirkung zum 1. Juli 2007 erhöhte sie die Betriebsrente des Klägers auf insgesamt 2.458,04 Euro brutto und mit Wirkung zum 1. Juli 2010 um weitere 4 % auf insgesamt 2.557,04 Euro brutto. Diesen Betrag zahlte sie ab dem 1. Juli 2010 monatlich an den Kläger aus.

3

Mit der am 8. Februar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage nahm der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer höheren monatlichen Betriebsrente in Anspruch. Mit seinem Antrag zu 1. verlangte er Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von Juli 2010 bis Februar 2011 in Höhe von insgesamt 135,68 Euro brutto sowie mit seinem Antrag zu 2. Zahlung künftiger Leistungen für die Zeit ab März 2011 in Höhe von 2.574,00 Euro brutto monatlich. Die Klage wurde der Beklagten am 11. Februar 2011 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2011, der beim Arbeitsgericht am 16. Februar 2011 einging, beantragte die Beklagte Klageabweisung. Zugleich erkannte sie den mit dem Antrag zu 2. geltend gemachten Anspruch auf künftige Leistungen in Höhe von monatlich 2.557,04 Euro brutto unter Protest gegen die Kostenlast an. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 21. Juli 2011 änderte der Kläger seine Klageanträge dahin ab, dass er mit dem Antrag zu 1. rückständige Betriebsrente für die Zeit von Juli 2010 bis Juni 2011 in Höhe von insgesamt 91,08 Euro und mit dem Antrag zu 2. die Zahlung künftiger Leistungen ab Juli 2011 in Höhe von 2.564,63 Euro brutto monatlich verlangte. Im Übrigen nahm er die Klage zurück.

4

Mit „Teilanerkenntnis- und Schlussurteil“ vom 21. Juli 2011 erkannte das Arbeitsgericht in der Hauptsache nach den zuletzt gestellten Anträgen, wies jedoch die Kostenlast insgesamt dem Kläger zu. Zur Begründung führte es aus: Hinsichtlich des Betrages in Höhe von 2.557,04 Euro brutto habe der Kläger die Kosten nach § 93 ZPO zu tragen, da die Beklagte ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben habe. Insoweit habe die Beklagte keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Der Anteil des Unterliegens der Beklagten in Höhe des den anerkannten Betrag übersteigenden Betrages sei gemessen am geforderten Gesamtbetrag verhältnismäßig geringfügig und habe keine wesentlich höheren Kosten veranlasst (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen habe, habe er die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 ZPO zu tragen. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert im Urteil auf 107.805,54 Euro festgesetzt.

5

Das Urteil wurde dem Kläger am 5. August 2011 zugestellt. Der Kläger hat am 19. August 2011 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich allein gegen die Kostenentscheidung gewandt und die Auffassung vertreten hat, die Beklagte habe trotz ihres sofortigen Anerkenntnisses die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er hinsichtlich des Gesamtbetrages der künftigen Leistungen ein Titulierungsinteresse gehabt habe und seine ursprüngliche Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15. September 2011 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

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II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zu Recht zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zwar zulässig, aber unbegründet.

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1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO iVm. § 99 Abs. 2 ZPO statthaft.

8

a) Zwar kann gemäß § 99 Abs. 1 ZPO die Kostenentscheidung nur zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden. Ist jedoch die Hauptsache durch eine aufgrund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt, so findet gemäß § 99 Abs. 2 ZPO gegen die Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde statt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein Rechtsmittel in der (nicht angefochtenen) Hauptsache zulässig gewesen wäre. Dies wäre nach § 99 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur dann der Fall, wenn die Berufungssumme erreicht worden wäre, die sich gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG auf 600,00 Euro beläuft. Zudem ist die Beschwerde gegen Entscheidungen über Kosten nach § 567 Abs. 2 ZPO nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt(vgl. BGH 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10 - Rn. 4, NJW-RR 2011, 143).

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b) In Anwendung dieser Grundsätze ist die sofortige Beschwerde statthaft.

10

Das Arbeitsgericht hat den Wert der Beschwer in der Hauptsache gemäß §§ 9, 5 ZPO im Urteil auf 107.805,54 Euro und damit höher als den für die Statthaftigkeit der Berufung notwendigen Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,00 Euro festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des mit dem Antrag zu 2. verfolgten Begehrens auf Zahlung künftiger Leistungen ab Juli 2011 in Höhe von 2.564,63 Euro brutto monatlich sowie dem Wert des mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von Juli 2010 bis Juni 2011 in Höhe von insgesamt 91,08 Euro. An diese Festsetzung sind die Rechtsmittelinstanzen gebunden, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig ist (BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 280/06 - Rn. 16, EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 42; 4. Juni 2008 - 3 AZB 37/08 - Rn. 10, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 42 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 43). Dies ist nicht der Fall. Das Arbeitsgericht hat sich am Klageantrag orientiert. Der Kläger hat nicht nur den streitigen Differenzbetrag zwischen der von der Beklagten gezahlten und der von ihm beanspruchten monatlichen Betriebsrente eingeklagt, sondern mit seiner Klage auch ein Titulierungsinteresse im Hinblick auf den unstreitig von der Beklagten gezahlten Betrag geltend gemacht.

11

Auch der Beschwerdewert nach § 567 Abs. 2 ZPO von 200,00 Euro wird überschritten. Dieser Wert beläuft sich nach § 42 Abs. 2 und Abs. 4 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag der ursprünglich geforderten Gesamtrente in Höhe von 2.574,00 Euro brutto, mithin auf 92.664,00 Euro.

12

2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO auch insoweit zu tragen, als die Beklagte den Anspruch des Klägers auf künftige Leistungen in Höhe von monatlich 2.557,04 Euro brutto anerkannt hat und entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt wurde. Die Beklagte hat die Klageforderung zwar nur teilweise anerkannt. Gleichwohl fallen dem Kläger nach § 93 ZPO die Prozesskosten auch insoweit zur Last, weil die Beklagte durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage keinen Anlass gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat.

13

a) § 93 ZPO erfordert nach seinem Wortlaut zwar, dass der gesamte Klageanspruch anerkannt wird. Ausnahmsweise kann jedoch auch ein Teilanerkenntnis die Kostenfolge des § 93 ZPO auslösen.

14

§ 93 ZPO passt die prozessuale Situation an die materielle Rechtslage gemäß § 266 BGB an, wonach der Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt ist(vgl. OLG Hamm 18. Februar 1997 - 7 WF 72/97 - FamRZ 1997, 1413; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 70. Aufl. § 93 Rn. 58; Zöller/ Herget ZPO 29. Aufl. § 93 Rn. 6). Allerdings wird § 266 BGB durch § 242 BGB(Treu und Glauben) eingeschränkt. Der Gläubiger darf Teilleistungen nicht ablehnen, wenn ihm die Annahme bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interessen zuzumuten ist. Ist die Höhe des Anspruchs streitig, kann eine Annahmepflicht dann bestehen, wenn der Schuldner in vertretbarer Würdigung der Umstände der Ansicht sein durfte, er leiste alles was er schulde oder wenn nur ein geringfügiger Spitzenbetrag fehlt (Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 266 Rn. 8 mwN). Dementsprechend kann sich ein Schuldner, der von einem Gläubiger klageweise auf Zahlung in Anspruch genommen wird, der Kostenlast nicht dadurch teilweise entziehen, dass er die Klageforderung zum Teil anerkennt, es sei denn, dem Gläubiger ist die Annahme der Teilleistung zuzumuten und der Schuldner hat keine Veranlassung zur Klage gegeben.

15

b) Danach hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO zu tragen, soweit die Beklagte die Klageforderung anerkannt hat.

16

aa) Die Beklagte kann sich zwar nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe in vertretbarer Würdigung der Umstände der Ansicht sein dürfen, sie leiste alles was sie schulde.

17

Die Beklagte hat die von ihr zu zahlende Betriebsrente in Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Senats berechnet, wonach der für den Anpassungsbedarf und die reallohnbezogene Obergrenze maßgebliche Prüfungszeitraum grundsätzlich vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag reicht (vgl. nur 25. April 2006 - 3 AZR 184/05 - Rn. 31; 31. August 2010 - 3 AZN 445/10 - Rn. 6 ff. mwN). Deshalb konnte sie nicht annehmen, sie erfülle die gesamte Schuld.

18

bb) Allerdings bleibt der von der Beklagten gezahlte und anerkannte Teilbetrag in Höhe von monatlich 2.557,04 Euro brutto nur geringfügig sowohl hinter der vom Kläger ursprünglich geforderten monatlichen Betriebsrente in Höhe von 2.574,00 Euro brutto als auch hinter der von der Beklagten tatsächlich geschuldeten monatlichen Betriebsrente in Höhe von 2.564,63 Euro brutto zurück. Zudem hat der Kläger in der Vergangenheit seit Juli 2010 die Teilleistungen entgegengenommen. Es war ihm daher zumutbar, die Teilleistungen seitens der Beklagten weiterhin anzunehmen und die Klage auf die darüber hinausgehenden Differenzbeträge zu beschränken.

19

cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger ein Titulierungsinteresse für die volle geschuldete Betriebsrente hatte.

20

(1) Hinsichtlich des streitigen Teils der Betriebsrente war ein Titel schon deswegen erforderlich, weil erst dieser dem Kläger die Vollstreckung ermöglicht. Ein Titulierungsinteresse hatte der Kläger allerdings auch hinsichtlich des unstreitigen Teilbetrages. Dies folgt aus § 258 ZPO, wonach bei wiederkehrenden Leistungen auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden kann(vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 137/09 - Rn. 16). Nach § 258 ZPO sind wiederkehrende Leistungen - hierzu gehören auch Betriebsrentenzahlungen - schon vor Eintritt der Fälligkeit des jeweiligen Teilanspruchs der Titulierung zugänglich. Dadurch wird es dem Gläubiger erspart, über jede Rate auf der Grundlage sich stets wiederholenden Vortrags immer wieder einen Titel erwirken zu müssen (vgl. BGH 17. November 2006 - V ZR 71/06 - NJW 2007, 294). Bei einer Klage nach § 258 ZPO auf wiederkehrende Leistungen, die von keiner Gegenleistung abhängen, muss im Gegensatz zu einer Klage nach § 259 ZPO zudem nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde(BAG 9. November 1999 - 3 AZR 361/98 - zu A 2 der Gründe, AP BetrAVG § 7 Nr. 96 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 62).

21

(2) Das Titulierungsinteresse schließt die Anwendung des § 93 ZPO jedoch nicht aus. Passt der Arbeitgeber die Betriebsrente zum jeweiligen Anpassungsstichtag nach § 16 BetrAVG an und zahlt er die sich aus seiner Anpassungsentscheidung ergebende Betriebsrente an den Betriebsrentner aus, ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - der gezahlte und anerkannte Teilbetrag nur geringfügig hinter der insgesamt geschuldeten Betriebsrente zurückbleibt, die Anwendung von § 93 ZPO zu Gunsten des Arbeitgebers geboten. Nur dann kann er sein Kostenrisiko, das aus dem mit der Klage auf Zahlung der vollen Betriebsrente verbundenen höheren Streitwert (hier: 92.326,68 Euro) resultiert, auf den Wert reduzieren, der sich aus der streitigen Forderung ergibt (hier: 610,56 Euro). Anderenfalls müsste er stets den gesamten vom Betriebsrentner geforderten Betrag zahlen und anerkennen, um der drohenden Kostenfolge des § 91 ZPO zu entgehen. Demgegenüber ist es dem Versorgungsgläubiger zuzumuten, sich auf die Geltendmachung der über die gezahlte Betriebsrente hinausgehenden streitigen Differenzbeträge zu beschränken. Die Gefahr, der Arbeitgeber werde bei einer entsprechenden Titulierung nur den Differenzbetrag zahlen und sich im Übrigen seiner Leistungspflicht entziehen, besteht in einem solchen Fall nicht.

22

dd) Die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 2. Dezember 2009 (- XII ZB 207/08 - NJW 2010, 238) zur Kostentragungspflicht bei einem Teilanerkenntnis aufgestellt hat, gebieten keine andere Beurteilung. Sie betreffen Unterhaltsleistungen und sind deshalb für das vorliegende Verfahren nicht einschlägig.

23

III. Da der Kläger mit der Rechtsbeschwerde unterlegen ist, hat er nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

        

        

        

        

        

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 7.032,93 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt unter Berufung darauf, dass er im Rahmen eines von der Beklagten durchgeführten Bewerbungsverfahrens als Schwerbehinderter diskriminiert worden sei, eine Entschädigung.
Der am ...1964 geborene Kläger ist aufgrund eines nicht behandlungsbedürftigen essentiellen Tremors als schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt. Er absolvierte nach dem Besuch der Grund- und Realschule zunächst das Kaufmännische Berufskolleg I und machte anschließend eine Lehre zum Großhandelskaufmann. Nach Erwerb der Fachhochschulreife studierte er bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F. mit dem Abschluss Diplombetriebswirt (FH). Zwischen 1992 und Anfang 2002 war er in verschiedenen Tätigkeiten und Praktika befristet beschäftigt und absolvierte eine Ausbildung zum Chemisch-Technischen Assistenten. Von September 2004 bis August 2005 leistete er das praktische Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst des Landes Baden-Württemberg und studierte anschließend an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K.. Im September 2008 legte er die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst mit der Gesamtnote „befriedigend (7 Punkte)“ ab.
Mit Bewerbungsschreiben vom 10.05.2013 bewarb sich der Kläger auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle des (der) Fachbediensteten für das Finanzwesen - Leitung der Finanzverwaltung. In der Ausschreibung wird ein abgeschlossenes Studium zum/zur Diplom-Verwaltungswirt/in (FH) bzw. Bachelor of Arts (Public Management) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation verlangt. Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen wird als „wünschenswert“ bezeichnet. Zudem werden zum Profil potentieller Kandidaten Eigeninitiative, Einsatzbereitschaft, selbständige und eigenverantwortliche Arbeitsweise, Belastbarkeit, sicheres Auftreten, kooperativer Führungsstil und Teamfähigkeit gezählt. Gute Kenntnisse in MS-Office-Produkten sowie KIRP-Kenntnisse wären nach dem Ausschreibungstext „von Vorteil“. Zudem wird auf „Aufstiegsmöglichkeiten bis Besoldungsgruppe A 12“ hingewiesen.
Der zu besetzende Arbeitsplatz wurde der Agentur für Arbeit nicht gemeldet.
In seiner Bewerbung führte der Kläger insbesondere aus, seine Schwerbehinderung (GdB 60) beeinträchtigte ihn nicht in seiner geistigen und körperlichen Amtsausübung und führe nicht zu erhöhten Krankheitstagen. Der Bewerbung beigefügt waren ein ausführlicher Lebenslauf des Klägers, sein Schwerbehindertenausweis und ein ärztliches Attest.
Insgesamt bewarben sich einschließlich des Klägers sieben Personen auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle. Es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob und ggf. unter welchen Umständen der Personalrat über die Bewerbung des Klägers informiert wurde. Drei der sieben Bewerber, nicht aber der Kläger, wurden zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.
Mit Schreiben vom 27.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Gemeinderat habe hinsichtlich der Stelle bei der Beklagten als Fachbediensteter für das Finanzwesen eine Vorauswahl getroffen und der Kläger sei „nicht in den engeren Kreis der Bewerber/innen aufgenommen worden“.
Mit Schreiben vom 13.08.2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm nach § 81 Abs. 2 und § 82 S. 2 SGB IX i. V. m. §§ 1, 7, 15 AGG eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A9 zu bezahlen. Zur Begründung führte er insbesondere aus, trotz des Hinweises in seinem Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderung sei er entgegen § 82 S. 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und entgegen § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nicht detailliert über die Gründe der Absage informiert worden. Außerdem hätte die Beklagte gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX den Personalrat unmittelbar nach Eingang seiner Bewerbung unterrichten müssen. Die Beklagte habe auch entgegen § 82 S. 1 SGB IX die örtlich zuständige Agentur für Arbeit nicht über die Stellenausschreibung informiert. Es bestehe der Verdacht, dass er wegen seiner Schwerbehinderung und seines Alters benachteiligt worden sei.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten kündigte mit Schreiben vom 21.08.2013 gegenüber dem Kläger eine Stellungnahme an, die aber nicht erfolgte.
10 
Am 06.12.2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung beruft er sich insbesondere darauf, er sei durch das Auswahlverfahren der Beklagten als dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle entsprechender und damit fachlich geeigneter Bewerber aufgrund seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden. Die Beklagte habe weder die Verpflichtung nach § 82 S. 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, noch ihre Meldepflicht nach § 82 S. 1 SGB IX erfüllt. Darüber hinaus sei der Personalrat nicht umgehend gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX informiert worden, wie er vom ehemaligen Personalratsvorsitzenden der Beklagten erfahren habe. Eine ausreichende Begründung der Absage fehle. Damit seien Indizien dargetan, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung i. S. d. § 22 AGG vermuten ließen. Da die Beklagte diese Vermutung nicht widerlegen könne, bestehe ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 nebst der gesetzlichen Zulagen. Darüber hinaus sei er auch wegen seines Alters diskriminiert worden. Der Kläger führt weiter aus, mit seinen AGG-Klagen betreibe er kein Geschäft, so dass der Vorwurf, er sei ein „AGG-Hopper“, nicht gerechtfertigt sei. Die Unterstellung eines „unsteten Lebenslaufs“ sei Ausdruck seiner systematischen Benachteiligung.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 9 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie rügte die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Darüber hinaus sei die Frist nach § 61b ArbGG versäumt worden, die auch im Verwaltungsprozess gelte. Der Kläger sei weiter nicht benachteiligt worden, denn seine fachliche Eignung habe i. S. d. § 82 S. 3 SGB IX offensichtlich gefehlt, so dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei. Er könne keine Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen vorweisen, habe noch keine Führungsaufgaben ausgeübt und in seinem Bewerbungsschreiben keine guten Kenntnisse der MS-Office-Produkte angegeben. Mit der Nichteinladung sei dem Kläger zudem nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden, so dass keine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorliege. Die Unterlassung der Meldung bei der Agentur für Arbeit sei nicht kausal. Auch wenn der Kläger zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, wäre er nicht eingestellt worden, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Der Personalrat sei in das Bewerbungs- und Auswahlverfahren eingebunden gewesen. Die Beklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger offenbar als „AGG-Hopper“ bekannt sei und habe den Vorwurf eines unsteten Lebenslaufs nicht erhoben.
16 
Mit Beschluss vom 24.08.2015 hat die Kammer gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorab entschieden, dass der beschrittene Rechtsweg zulässig ist; gegen den Beschluss wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
17 
Der Kammer hat die Akte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesG BW und Prozesszinsen.
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung in Form eines Verwaltungsakts nicht voraus. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG bedarf es nicht, da das die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschriften begründende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn im vorliegenden Fall nicht gegeben ist und mit der vorliegenden Klage auch nicht angestrebt wird (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, jeweils m. w. N.).
20 
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40 = BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, m. w. N.).
21 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Die Beklagte hat den Kläger wegen seiner Behinderung (s. zum Begriff der Behinderung BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150) benachteiligt, indem sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat und zudem die ausgeschriebene Stelle nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Zwischen der Benachteiligung und der Behinderung besteht auch ein Kausalzusammenhang, die Klage wurde nicht rechtsmissbräuchlich erhoben, die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich und es wurde keine Ausschlussfrist missachtet. Für eine Diskriminierung (auch) wegen seines Alters hat der Kläger dagegen keine hinreichenden Vermutungstatsachen dargelegt.
22 
Die Beteiligten unterfallen zunächst dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Als Bewerber für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis (als Beamter, s. dazu bereits den Beschluss der Kammer vom 24.08.2015) gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigter im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als mögliche (künftige) Dienstherrin ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
23 
Der Kläger ist durch das Vorgehen der Beklagten auch i. S. d. § 7 AGG benachteiligt worden. Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 (AGG) genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 33 = BT-Drs. 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 51 = BT-Drs. 16/1780 S. 47, s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
24 
Die nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung des Klägers liegt davon ausgehend darin, dass ihm die Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihm im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte. Ob die fachliche Eignung i. S. d. § 82 Satz 3 SGB offensichtlich fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dabei sind die konstitutiven Elemente des Anforderungsprofils besonders zu berücksichtigen. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; vgl. auch VGH BaWü, Beschluss v. 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, NVwZ-RR 2011, 193-194). Der Ausschreibungstext verlangt von den Bewerbern für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle ein abgeschlossenes Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation. Der Kläger hat sein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich abgeschlossen, so dass er die nach dem Anforderungsprofil insoweit notwendige Qualifikation besitzt, denn ein bestimmtes Examensergebnis oder eine darüber hinausgehende besondere Ausbildung wurde nicht verlangt (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Weitere konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils sind nicht ersichtlich, zumal die im Ausschreibungstext erwähnte Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen ausdrücklich als „wünschenswert“ bezeichnet wird und die guten Kenntnisse in MS-Office-Produkten und KIRP-Kenntnisse danach „von Vorteil“ wären. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; zum nicht durchgreifenden Argument eines unsteten Lebenslaufes, das die Beklagte allerdings ohnehin nicht vorgebracht hat, im Fall der Schwerbehinderung vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
25 
Der damit dargelegten Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegenhalten, mit der Nichteinladung sei dem Kläger nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden. Dem gerade in der Vorenthaltung dieses gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils liegt die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), deren Verhinderung bzw. Beseitigung nach § 1 AGG Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
26 
Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung in Gestalt der unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch besteht weiter ein Kausalzusammenhang. § 22 AGG senkt insoweit das Beweismaß. Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Die Vorenthaltung des erwähnten gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.). Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.).
27 
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren (s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
28 
Vorliegend hat die Beklagte sich ausschließlich darauf berufen, dass der Kläger, auch wenn er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, nicht eingestellt worden wäre, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Damit werden zur Widerlegung der aufgrund des Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität zwischen der Behinderung und der Benachteiligung ausschließlich Gründe genannt, die sich auf die fachliche Eignung des Klägers im Verhältnis zu derjenigen des eingestellten Bewerbers beziehen. Die Beklagte hat damit nicht nachgewiesen, dass die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Klägers betreffen. Im Gegenteil hat der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, denn der Kläger „wäre ohnehin nicht zum Zuge gekommen“. Damit konnte die Beklagte die Vermutung der Kausalität nicht widerlegen.
29 
Zusätzlich ergibt sich eine Benachteiligung des Klägers durch die Beklagte daraus, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle entgegen § 82 Satz 1 AGG nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Die auch insoweit aufgrund des § 22 AGG eingreifende Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Benachteiligung konnte die Beklagte ebenfalls nicht widerlegen, denn über die von ihr verneinte fachliche Eignung des Klägers hinaus hat sie zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität keine Gründe vorgetragen. Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Sind die Chancen eines Bewerbers - wie hier - bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schwerbehinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat (vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
30 
Dass der Personalrat im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens entgegen der Annahme des Klägers, der sich ausschließlich auf die unterlassene Beteiligung des früheren Personalratsvorsitzenden beruft und damit keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX darlegt, wohl ordnungsgemäß beteiligt wurde, ändert damit an der aus der Verletzung der Pflichten aus § 82 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Benachteiligung des Klägers nichts.
31 
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Beklagte nicht erhoben. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gibt es auch keine Hinweise, insbesondere lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert und der Umstand, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen gegenüber öffentlichen Arbeitgebern Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat, stellt kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte, rechtsmissbräuchliche Bewerbung dar (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.; VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -).
32 
Der Entschädigungsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht hat, der Beklagten die anderweitige Vergabe der Stelle vorläufig zu untersagen und ihr aufzugeben, ihm ein Vorstellungsgespräch zu gewähren. Der Entschädigungsanspruch ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch, der grundsätzlich mit der Benachteiligungshandlung entsteht und für den das AGG weder eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB anordnet noch sonst dem Benachteiligten als Entschädigungsvoraussetzung eine Schadensminderungs- oder Abwendungspflicht auferlegt (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
33 
Dem Erfolg der Klage steht schließlich nicht entgegen, dass eine Ausschlussfrist missachtet worden wäre. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.06.2013 hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle abgesagt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2013 Entschädigungsansprüche geltend. Damit hat er die Frist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
34 
Darüber hinaus existieren - entgegen der Auffassung der Beklagten - für den vorliegenden Anspruch keine Ausschlussfristen. So handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage, für die in der VwGO keine Klagefrist vorgesehen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten beruft sich allerdings auf § 61b Abs. 1 ArbGG, wonach eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Ob es sich bei der in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehenen Frist um eine materielle Ausschlussfrist (BAG, Urteil v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 -, NJW 2014, 1612-1615; Walker, in: Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage 2015, § 61b Rn. 9, jeweils m. w. N.) oder um eine (prozessuale) Klagefrist (vgl. BAG, Urteil v. 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -; BAG, Urteil v. 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 -, BAGE 148, 158-167; BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27) handelt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon findet § 61b Abs. 1 ArbGG in Verwaltungsprozessen keine, auch keine entsprechende Anwendung. Zunächst befindet sich die Vorschrift innerhalb des Dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes („Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen“). Zudem ist in § 61b Abs. 2 ArbGG, also in unmittelbarem Zusammenhang, eine besondere Regelung über die Zuständigkeit desArbeitsgerichtes enthalten. Mithin zeigt sowohl die Formulierung des § 61b Abs. 2 ArbGG als auch der systematische Standort des § 61b ArbGG, dass die Vorschrift ausschließlich für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
35 
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess gibt es keine Hinweise. Insbesondere lässt sich aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, mit dem § 61b Abs. 1 ArbGG seine heutige Fassung erhalten hat, eine solche entsprechende Anwendung nicht herleiten. Zwar wird zu dem neu eingefügten Verweis auf § 15 AGG ausgeführt, die Klagefrist sei „damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung einzuhalten“ (BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass damit auch verwaltungsprozessuale Klagen erfasst werden sollten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG auch § 61b Abs. 2 ArbGG geändert, der wie erwähnt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts regelt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG allein das arbeitsgerichtliche Verfahren im Blick hatte. Hätte er eine zumindest entsprechende Anwendung auch im Verwaltungsprozess beabsichtigt, hätte zudem eine systematische Verankerung entweder in der VwGO oder in einem prozessordnungsübergreifend geltenden Gesetz wie dem AGG nahe gelegen. Angesichts des mit einer Ausschlussfrist verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wäre eine solche gesetzliche Grundlage auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verlangen und ihr Fehlen steht einer entsprechenden Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess entgegen. Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass § 61b ArbGG ausweislich der bislang veröffentlichten Entscheidungen soweit ersichtlich ausschließlich von Arbeitsgerichten angewendet worden ist.
36 
Da davon ausgehend über die vom Kläger eingehaltene Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG hinaus keine Ausschlussfrist einzuhalten war, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorgehen der Beklagten bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten, auf die mit Schreiben vom 13.08.2013 erhobene Entschädigungsforderung des Klägers hin eine Stellungnahme anzukündigen, diese aber nicht abzugeben und sich sodann auf den Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG zu berufen, rechtsmissbräuchlich gewesen wäre.
37 
Für die Höhe der dem Kläger zustehenden angemessenen Entschädigung ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestimmte Obergrenze maßgebend. Das erkennende Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger auch bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Bewerberauswahlverfahrens von der Beklagten nicht eingestellt worden wäre (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Innerhalb des danach geltenden Rahmens von drei Bruttomonatsverdiensten richtet sich die Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und der Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.). Davon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass die Angabe der Beklagten, die Vorschriften des SGB IX seien zum Zeitpunkt der Bewerbung des Klägers nicht bekannt gewesen, angesichts der Vielzahl seiner Bewerbungen und Klageverfahren nicht zweifelsfrei erscheint. Dies kann allerdings dahinstehen, denn ein etwaiger Rechtsirrtum wirkte sich nicht zugunsten der Beklagten aus. Vielmehr besteht die Verpflichtung, sich ggf. über bestehende Vorschriften zum Schutz Behinderter zu informieren. Darüber hinaus zeigt die Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, dass dieser einen Verstoß gegen das Schwerbehindertenrecht bewusst in Kauf genommen hätte. Ob dieser Fall einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gleichzustellen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn jedenfalls belegt die Äußerung eine sich von einfacher Fahrlässigkeit unterscheidende, besondere Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen und Rechten Behinderter in diesem konkreten Einzelfall des Klägers. Ferner kann eine höhere Entschädigung geboten sein, wenn der Betroffene aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur Einschaltung der Agentur für Arbeit verstoßen. Nach alledem hält das Gericht hier eine Entschädigung in Höhe drei Bruttomonatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesGBW für angemessen, insgesamt damit also in Höhe von 7.032,93 Euro.
38 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
40 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesG BW und Prozesszinsen.
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung in Form eines Verwaltungsakts nicht voraus. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG bedarf es nicht, da das die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschriften begründende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn im vorliegenden Fall nicht gegeben ist und mit der vorliegenden Klage auch nicht angestrebt wird (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, jeweils m. w. N.).
20 
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40 = BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, m. w. N.).
21 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Die Beklagte hat den Kläger wegen seiner Behinderung (s. zum Begriff der Behinderung BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150) benachteiligt, indem sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat und zudem die ausgeschriebene Stelle nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Zwischen der Benachteiligung und der Behinderung besteht auch ein Kausalzusammenhang, die Klage wurde nicht rechtsmissbräuchlich erhoben, die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich und es wurde keine Ausschlussfrist missachtet. Für eine Diskriminierung (auch) wegen seines Alters hat der Kläger dagegen keine hinreichenden Vermutungstatsachen dargelegt.
22 
Die Beteiligten unterfallen zunächst dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Als Bewerber für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis (als Beamter, s. dazu bereits den Beschluss der Kammer vom 24.08.2015) gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigter im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als mögliche (künftige) Dienstherrin ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
23 
Der Kläger ist durch das Vorgehen der Beklagten auch i. S. d. § 7 AGG benachteiligt worden. Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 (AGG) genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 33 = BT-Drs. 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 51 = BT-Drs. 16/1780 S. 47, s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
24 
Die nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung des Klägers liegt davon ausgehend darin, dass ihm die Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihm im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte. Ob die fachliche Eignung i. S. d. § 82 Satz 3 SGB offensichtlich fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dabei sind die konstitutiven Elemente des Anforderungsprofils besonders zu berücksichtigen. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; vgl. auch VGH BaWü, Beschluss v. 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, NVwZ-RR 2011, 193-194). Der Ausschreibungstext verlangt von den Bewerbern für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle ein abgeschlossenes Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation. Der Kläger hat sein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich abgeschlossen, so dass er die nach dem Anforderungsprofil insoweit notwendige Qualifikation besitzt, denn ein bestimmtes Examensergebnis oder eine darüber hinausgehende besondere Ausbildung wurde nicht verlangt (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Weitere konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils sind nicht ersichtlich, zumal die im Ausschreibungstext erwähnte Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen ausdrücklich als „wünschenswert“ bezeichnet wird und die guten Kenntnisse in MS-Office-Produkten und KIRP-Kenntnisse danach „von Vorteil“ wären. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; zum nicht durchgreifenden Argument eines unsteten Lebenslaufes, das die Beklagte allerdings ohnehin nicht vorgebracht hat, im Fall der Schwerbehinderung vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
25 
Der damit dargelegten Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegenhalten, mit der Nichteinladung sei dem Kläger nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden. Dem gerade in der Vorenthaltung dieses gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils liegt die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), deren Verhinderung bzw. Beseitigung nach § 1 AGG Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
26 
Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung in Gestalt der unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch besteht weiter ein Kausalzusammenhang. § 22 AGG senkt insoweit das Beweismaß. Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Die Vorenthaltung des erwähnten gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.). Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.).
27 
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren (s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
28 
Vorliegend hat die Beklagte sich ausschließlich darauf berufen, dass der Kläger, auch wenn er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, nicht eingestellt worden wäre, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Damit werden zur Widerlegung der aufgrund des Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität zwischen der Behinderung und der Benachteiligung ausschließlich Gründe genannt, die sich auf die fachliche Eignung des Klägers im Verhältnis zu derjenigen des eingestellten Bewerbers beziehen. Die Beklagte hat damit nicht nachgewiesen, dass die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Klägers betreffen. Im Gegenteil hat der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, denn der Kläger „wäre ohnehin nicht zum Zuge gekommen“. Damit konnte die Beklagte die Vermutung der Kausalität nicht widerlegen.
29 
Zusätzlich ergibt sich eine Benachteiligung des Klägers durch die Beklagte daraus, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle entgegen § 82 Satz 1 AGG nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Die auch insoweit aufgrund des § 22 AGG eingreifende Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Benachteiligung konnte die Beklagte ebenfalls nicht widerlegen, denn über die von ihr verneinte fachliche Eignung des Klägers hinaus hat sie zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität keine Gründe vorgetragen. Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Sind die Chancen eines Bewerbers - wie hier - bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schwerbehinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat (vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
30 
Dass der Personalrat im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens entgegen der Annahme des Klägers, der sich ausschließlich auf die unterlassene Beteiligung des früheren Personalratsvorsitzenden beruft und damit keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX darlegt, wohl ordnungsgemäß beteiligt wurde, ändert damit an der aus der Verletzung der Pflichten aus § 82 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Benachteiligung des Klägers nichts.
31 
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Beklagte nicht erhoben. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gibt es auch keine Hinweise, insbesondere lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert und der Umstand, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen gegenüber öffentlichen Arbeitgebern Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat, stellt kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte, rechtsmissbräuchliche Bewerbung dar (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.; VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -).
32 
Der Entschädigungsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht hat, der Beklagten die anderweitige Vergabe der Stelle vorläufig zu untersagen und ihr aufzugeben, ihm ein Vorstellungsgespräch zu gewähren. Der Entschädigungsanspruch ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch, der grundsätzlich mit der Benachteiligungshandlung entsteht und für den das AGG weder eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB anordnet noch sonst dem Benachteiligten als Entschädigungsvoraussetzung eine Schadensminderungs- oder Abwendungspflicht auferlegt (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
33 
Dem Erfolg der Klage steht schließlich nicht entgegen, dass eine Ausschlussfrist missachtet worden wäre. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.06.2013 hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle abgesagt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2013 Entschädigungsansprüche geltend. Damit hat er die Frist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
34 
Darüber hinaus existieren - entgegen der Auffassung der Beklagten - für den vorliegenden Anspruch keine Ausschlussfristen. So handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage, für die in der VwGO keine Klagefrist vorgesehen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten beruft sich allerdings auf § 61b Abs. 1 ArbGG, wonach eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Ob es sich bei der in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehenen Frist um eine materielle Ausschlussfrist (BAG, Urteil v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 -, NJW 2014, 1612-1615; Walker, in: Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage 2015, § 61b Rn. 9, jeweils m. w. N.) oder um eine (prozessuale) Klagefrist (vgl. BAG, Urteil v. 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -; BAG, Urteil v. 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 -, BAGE 148, 158-167; BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27) handelt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon findet § 61b Abs. 1 ArbGG in Verwaltungsprozessen keine, auch keine entsprechende Anwendung. Zunächst befindet sich die Vorschrift innerhalb des Dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes („Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen“). Zudem ist in § 61b Abs. 2 ArbGG, also in unmittelbarem Zusammenhang, eine besondere Regelung über die Zuständigkeit desArbeitsgerichtes enthalten. Mithin zeigt sowohl die Formulierung des § 61b Abs. 2 ArbGG als auch der systematische Standort des § 61b ArbGG, dass die Vorschrift ausschließlich für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
35 
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess gibt es keine Hinweise. Insbesondere lässt sich aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, mit dem § 61b Abs. 1 ArbGG seine heutige Fassung erhalten hat, eine solche entsprechende Anwendung nicht herleiten. Zwar wird zu dem neu eingefügten Verweis auf § 15 AGG ausgeführt, die Klagefrist sei „damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung einzuhalten“ (BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass damit auch verwaltungsprozessuale Klagen erfasst werden sollten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG auch § 61b Abs. 2 ArbGG geändert, der wie erwähnt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts regelt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG allein das arbeitsgerichtliche Verfahren im Blick hatte. Hätte er eine zumindest entsprechende Anwendung auch im Verwaltungsprozess beabsichtigt, hätte zudem eine systematische Verankerung entweder in der VwGO oder in einem prozessordnungsübergreifend geltenden Gesetz wie dem AGG nahe gelegen. Angesichts des mit einer Ausschlussfrist verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wäre eine solche gesetzliche Grundlage auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verlangen und ihr Fehlen steht einer entsprechenden Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess entgegen. Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass § 61b ArbGG ausweislich der bislang veröffentlichten Entscheidungen soweit ersichtlich ausschließlich von Arbeitsgerichten angewendet worden ist.
36 
Da davon ausgehend über die vom Kläger eingehaltene Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG hinaus keine Ausschlussfrist einzuhalten war, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorgehen der Beklagten bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten, auf die mit Schreiben vom 13.08.2013 erhobene Entschädigungsforderung des Klägers hin eine Stellungnahme anzukündigen, diese aber nicht abzugeben und sich sodann auf den Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG zu berufen, rechtsmissbräuchlich gewesen wäre.
37 
Für die Höhe der dem Kläger zustehenden angemessenen Entschädigung ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestimmte Obergrenze maßgebend. Das erkennende Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger auch bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Bewerberauswahlverfahrens von der Beklagten nicht eingestellt worden wäre (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Innerhalb des danach geltenden Rahmens von drei Bruttomonatsverdiensten richtet sich die Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und der Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.). Davon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass die Angabe der Beklagten, die Vorschriften des SGB IX seien zum Zeitpunkt der Bewerbung des Klägers nicht bekannt gewesen, angesichts der Vielzahl seiner Bewerbungen und Klageverfahren nicht zweifelsfrei erscheint. Dies kann allerdings dahinstehen, denn ein etwaiger Rechtsirrtum wirkte sich nicht zugunsten der Beklagten aus. Vielmehr besteht die Verpflichtung, sich ggf. über bestehende Vorschriften zum Schutz Behinderter zu informieren. Darüber hinaus zeigt die Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, dass dieser einen Verstoß gegen das Schwerbehindertenrecht bewusst in Kauf genommen hätte. Ob dieser Fall einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gleichzustellen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn jedenfalls belegt die Äußerung eine sich von einfacher Fahrlässigkeit unterscheidende, besondere Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen und Rechten Behinderter in diesem konkreten Einzelfall des Klägers. Ferner kann eine höhere Entschädigung geboten sein, wenn der Betroffene aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur Einschaltung der Agentur für Arbeit verstoßen. Nach alledem hält das Gericht hier eine Entschädigung in Höhe drei Bruttomonatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesGBW für angemessen, insgesamt damit also in Höhe von 7.032,93 Euro.
38 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
40 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.

Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 2011 - 18 Ta 24/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Die Parteien haben darüber gestritten, um welchen Betrag die Betriebsrente des Klägers zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2010 anzupassen war.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 1995 von der Beklagten eine Betriebsrente, die sich zunächst umgerechnet auf monatlich 2.048,75 Euro brutto belief. Die Beklagte passte die Betriebsrente in der Folgezeit mehrfach nach § 16 BetrAVG an. Mit Wirkung zum 1. Juli 2007 erhöhte sie die Betriebsrente des Klägers auf insgesamt 2.458,04 Euro brutto und mit Wirkung zum 1. Juli 2010 um weitere 4 % auf insgesamt 2.557,04 Euro brutto. Diesen Betrag zahlte sie ab dem 1. Juli 2010 monatlich an den Kläger aus.

3

Mit der am 8. Februar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage nahm der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer höheren monatlichen Betriebsrente in Anspruch. Mit seinem Antrag zu 1. verlangte er Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von Juli 2010 bis Februar 2011 in Höhe von insgesamt 135,68 Euro brutto sowie mit seinem Antrag zu 2. Zahlung künftiger Leistungen für die Zeit ab März 2011 in Höhe von 2.574,00 Euro brutto monatlich. Die Klage wurde der Beklagten am 11. Februar 2011 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2011, der beim Arbeitsgericht am 16. Februar 2011 einging, beantragte die Beklagte Klageabweisung. Zugleich erkannte sie den mit dem Antrag zu 2. geltend gemachten Anspruch auf künftige Leistungen in Höhe von monatlich 2.557,04 Euro brutto unter Protest gegen die Kostenlast an. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 21. Juli 2011 änderte der Kläger seine Klageanträge dahin ab, dass er mit dem Antrag zu 1. rückständige Betriebsrente für die Zeit von Juli 2010 bis Juni 2011 in Höhe von insgesamt 91,08 Euro und mit dem Antrag zu 2. die Zahlung künftiger Leistungen ab Juli 2011 in Höhe von 2.564,63 Euro brutto monatlich verlangte. Im Übrigen nahm er die Klage zurück.

4

Mit „Teilanerkenntnis- und Schlussurteil“ vom 21. Juli 2011 erkannte das Arbeitsgericht in der Hauptsache nach den zuletzt gestellten Anträgen, wies jedoch die Kostenlast insgesamt dem Kläger zu. Zur Begründung führte es aus: Hinsichtlich des Betrages in Höhe von 2.557,04 Euro brutto habe der Kläger die Kosten nach § 93 ZPO zu tragen, da die Beklagte ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben habe. Insoweit habe die Beklagte keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Der Anteil des Unterliegens der Beklagten in Höhe des den anerkannten Betrag übersteigenden Betrages sei gemessen am geforderten Gesamtbetrag verhältnismäßig geringfügig und habe keine wesentlich höheren Kosten veranlasst (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen habe, habe er die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 ZPO zu tragen. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert im Urteil auf 107.805,54 Euro festgesetzt.

5

Das Urteil wurde dem Kläger am 5. August 2011 zugestellt. Der Kläger hat am 19. August 2011 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich allein gegen die Kostenentscheidung gewandt und die Auffassung vertreten hat, die Beklagte habe trotz ihres sofortigen Anerkenntnisses die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er hinsichtlich des Gesamtbetrages der künftigen Leistungen ein Titulierungsinteresse gehabt habe und seine ursprüngliche Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15. September 2011 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

6

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zu Recht zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zwar zulässig, aber unbegründet.

7

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO iVm. § 99 Abs. 2 ZPO statthaft.

8

a) Zwar kann gemäß § 99 Abs. 1 ZPO die Kostenentscheidung nur zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden. Ist jedoch die Hauptsache durch eine aufgrund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt, so findet gemäß § 99 Abs. 2 ZPO gegen die Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde statt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein Rechtsmittel in der (nicht angefochtenen) Hauptsache zulässig gewesen wäre. Dies wäre nach § 99 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur dann der Fall, wenn die Berufungssumme erreicht worden wäre, die sich gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG auf 600,00 Euro beläuft. Zudem ist die Beschwerde gegen Entscheidungen über Kosten nach § 567 Abs. 2 ZPO nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt(vgl. BGH 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10 - Rn. 4, NJW-RR 2011, 143).

9

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist die sofortige Beschwerde statthaft.

10

Das Arbeitsgericht hat den Wert der Beschwer in der Hauptsache gemäß §§ 9, 5 ZPO im Urteil auf 107.805,54 Euro und damit höher als den für die Statthaftigkeit der Berufung notwendigen Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,00 Euro festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des mit dem Antrag zu 2. verfolgten Begehrens auf Zahlung künftiger Leistungen ab Juli 2011 in Höhe von 2.564,63 Euro brutto monatlich sowie dem Wert des mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von Juli 2010 bis Juni 2011 in Höhe von insgesamt 91,08 Euro. An diese Festsetzung sind die Rechtsmittelinstanzen gebunden, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig ist (BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 280/06 - Rn. 16, EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 42; 4. Juni 2008 - 3 AZB 37/08 - Rn. 10, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 42 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 43). Dies ist nicht der Fall. Das Arbeitsgericht hat sich am Klageantrag orientiert. Der Kläger hat nicht nur den streitigen Differenzbetrag zwischen der von der Beklagten gezahlten und der von ihm beanspruchten monatlichen Betriebsrente eingeklagt, sondern mit seiner Klage auch ein Titulierungsinteresse im Hinblick auf den unstreitig von der Beklagten gezahlten Betrag geltend gemacht.

11

Auch der Beschwerdewert nach § 567 Abs. 2 ZPO von 200,00 Euro wird überschritten. Dieser Wert beläuft sich nach § 42 Abs. 2 und Abs. 4 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag der ursprünglich geforderten Gesamtrente in Höhe von 2.574,00 Euro brutto, mithin auf 92.664,00 Euro.

12

2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO auch insoweit zu tragen, als die Beklagte den Anspruch des Klägers auf künftige Leistungen in Höhe von monatlich 2.557,04 Euro brutto anerkannt hat und entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt wurde. Die Beklagte hat die Klageforderung zwar nur teilweise anerkannt. Gleichwohl fallen dem Kläger nach § 93 ZPO die Prozesskosten auch insoweit zur Last, weil die Beklagte durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage keinen Anlass gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat.

13

a) § 93 ZPO erfordert nach seinem Wortlaut zwar, dass der gesamte Klageanspruch anerkannt wird. Ausnahmsweise kann jedoch auch ein Teilanerkenntnis die Kostenfolge des § 93 ZPO auslösen.

14

§ 93 ZPO passt die prozessuale Situation an die materielle Rechtslage gemäß § 266 BGB an, wonach der Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt ist(vgl. OLG Hamm 18. Februar 1997 - 7 WF 72/97 - FamRZ 1997, 1413; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 70. Aufl. § 93 Rn. 58; Zöller/ Herget ZPO 29. Aufl. § 93 Rn. 6). Allerdings wird § 266 BGB durch § 242 BGB(Treu und Glauben) eingeschränkt. Der Gläubiger darf Teilleistungen nicht ablehnen, wenn ihm die Annahme bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interessen zuzumuten ist. Ist die Höhe des Anspruchs streitig, kann eine Annahmepflicht dann bestehen, wenn der Schuldner in vertretbarer Würdigung der Umstände der Ansicht sein durfte, er leiste alles was er schulde oder wenn nur ein geringfügiger Spitzenbetrag fehlt (Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 266 Rn. 8 mwN). Dementsprechend kann sich ein Schuldner, der von einem Gläubiger klageweise auf Zahlung in Anspruch genommen wird, der Kostenlast nicht dadurch teilweise entziehen, dass er die Klageforderung zum Teil anerkennt, es sei denn, dem Gläubiger ist die Annahme der Teilleistung zuzumuten und der Schuldner hat keine Veranlassung zur Klage gegeben.

15

b) Danach hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO zu tragen, soweit die Beklagte die Klageforderung anerkannt hat.

16

aa) Die Beklagte kann sich zwar nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe in vertretbarer Würdigung der Umstände der Ansicht sein dürfen, sie leiste alles was sie schulde.

17

Die Beklagte hat die von ihr zu zahlende Betriebsrente in Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Senats berechnet, wonach der für den Anpassungsbedarf und die reallohnbezogene Obergrenze maßgebliche Prüfungszeitraum grundsätzlich vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag reicht (vgl. nur 25. April 2006 - 3 AZR 184/05 - Rn. 31; 31. August 2010 - 3 AZN 445/10 - Rn. 6 ff. mwN). Deshalb konnte sie nicht annehmen, sie erfülle die gesamte Schuld.

18

bb) Allerdings bleibt der von der Beklagten gezahlte und anerkannte Teilbetrag in Höhe von monatlich 2.557,04 Euro brutto nur geringfügig sowohl hinter der vom Kläger ursprünglich geforderten monatlichen Betriebsrente in Höhe von 2.574,00 Euro brutto als auch hinter der von der Beklagten tatsächlich geschuldeten monatlichen Betriebsrente in Höhe von 2.564,63 Euro brutto zurück. Zudem hat der Kläger in der Vergangenheit seit Juli 2010 die Teilleistungen entgegengenommen. Es war ihm daher zumutbar, die Teilleistungen seitens der Beklagten weiterhin anzunehmen und die Klage auf die darüber hinausgehenden Differenzbeträge zu beschränken.

19

cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger ein Titulierungsinteresse für die volle geschuldete Betriebsrente hatte.

20

(1) Hinsichtlich des streitigen Teils der Betriebsrente war ein Titel schon deswegen erforderlich, weil erst dieser dem Kläger die Vollstreckung ermöglicht. Ein Titulierungsinteresse hatte der Kläger allerdings auch hinsichtlich des unstreitigen Teilbetrages. Dies folgt aus § 258 ZPO, wonach bei wiederkehrenden Leistungen auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden kann(vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 137/09 - Rn. 16). Nach § 258 ZPO sind wiederkehrende Leistungen - hierzu gehören auch Betriebsrentenzahlungen - schon vor Eintritt der Fälligkeit des jeweiligen Teilanspruchs der Titulierung zugänglich. Dadurch wird es dem Gläubiger erspart, über jede Rate auf der Grundlage sich stets wiederholenden Vortrags immer wieder einen Titel erwirken zu müssen (vgl. BGH 17. November 2006 - V ZR 71/06 - NJW 2007, 294). Bei einer Klage nach § 258 ZPO auf wiederkehrende Leistungen, die von keiner Gegenleistung abhängen, muss im Gegensatz zu einer Klage nach § 259 ZPO zudem nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde(BAG 9. November 1999 - 3 AZR 361/98 - zu A 2 der Gründe, AP BetrAVG § 7 Nr. 96 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 62).

21

(2) Das Titulierungsinteresse schließt die Anwendung des § 93 ZPO jedoch nicht aus. Passt der Arbeitgeber die Betriebsrente zum jeweiligen Anpassungsstichtag nach § 16 BetrAVG an und zahlt er die sich aus seiner Anpassungsentscheidung ergebende Betriebsrente an den Betriebsrentner aus, ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - der gezahlte und anerkannte Teilbetrag nur geringfügig hinter der insgesamt geschuldeten Betriebsrente zurückbleibt, die Anwendung von § 93 ZPO zu Gunsten des Arbeitgebers geboten. Nur dann kann er sein Kostenrisiko, das aus dem mit der Klage auf Zahlung der vollen Betriebsrente verbundenen höheren Streitwert (hier: 92.326,68 Euro) resultiert, auf den Wert reduzieren, der sich aus der streitigen Forderung ergibt (hier: 610,56 Euro). Anderenfalls müsste er stets den gesamten vom Betriebsrentner geforderten Betrag zahlen und anerkennen, um der drohenden Kostenfolge des § 91 ZPO zu entgehen. Demgegenüber ist es dem Versorgungsgläubiger zuzumuten, sich auf die Geltendmachung der über die gezahlte Betriebsrente hinausgehenden streitigen Differenzbeträge zu beschränken. Die Gefahr, der Arbeitgeber werde bei einer entsprechenden Titulierung nur den Differenzbetrag zahlen und sich im Übrigen seiner Leistungspflicht entziehen, besteht in einem solchen Fall nicht.

22

dd) Die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 2. Dezember 2009 (- XII ZB 207/08 - NJW 2010, 238) zur Kostentragungspflicht bei einem Teilanerkenntnis aufgestellt hat, gebieten keine andere Beurteilung. Sie betreffen Unterhaltsleistungen und sind deshalb für das vorliegende Verfahren nicht einschlägig.

23

III. Da der Kläger mit der Rechtsbeschwerde unterlegen ist, hat er nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

        

        

        

        

        

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.