Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Jan. 2016 - 20 K 8226/14

ECLI:ECLI:DE:VGD:2016:0112.20K8226.14.00
12.01.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


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Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 7 Gewerbeertrag


1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veran

Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG | § 3


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Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für ein Unternehmen nachhaltig 1. Verträge abschließt oder v

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(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für ein Unternehmen nachhaltig

1.
Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt oder
2.
einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die mit notariellem Vertrag vom 16. September 1999 errichtet wurde und ein bestimmtes Grundstück in Berlin entwickeln sollte. Nachdem sich dieses Projekt nicht durchführen ließ, wurde "der Erwerb, die Entwicklung, die Vermietung, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien jeder Art" zum Zweck der Klägerin erklärt; der Gesellschaftsvertrag wurde mit Vereinbarung vom 13. Februar 2002 entsprechend neu gefasst. In diesem Zusammenhang kam es auch zum Wechsel von Gesellschaftern. Komplementärin war von Anfang an eine nicht an Kapital, Vermögen und Ergebnis beteiligte GmbH. Neben der C-AG trat am 13. Februar 2002 die A-Bank der Klägerin als Kommanditistin bei. Diese wandelte ihre Kapitaleinlage mit Vereinbarung vom 23. Dezember 2002 in ein Mezzanine-Darlehen um und verkaufte gleichzeitig ihren Gesellschaftsanteil an die C-AG. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 wurde die Klägerin aufgelöst; Liquidatorin ist die C-AG.

2

Mit Kaufvertrag vom 26. Oktober 2001 erwarb die Klägerin das Grundstück X. Sie plante, die aufstehenden Gebäude zu modernisieren und das Objekt anschließend zu verkaufen.

3

Nachdem sich Ende 2003 das Scheitern des Plans abgezeichnet hatte, schloss die Klägerin am 17. Februar 2004 einen Aufhebungsvertrag, durch den der Grundstückskauf mit sofortiger Wirkung rückabgewickelt wurde. Danach verfügte sie nicht mehr über Aktivvermögen. Um die Insolvenz zu vermeiden, bat die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2004 die A-Bank als Gläubigerin um einen Forderungsverzicht. Am 2. Juli 2004 verzichtete die A-Bank (mit Besserungsabrede) auf sämtliche Forderungen gegen die Klägerin. Außerdem verzichteten weitere Gläubiger, darunter die C-AG, auf ihre Forderungen. Die Klägerin buchte die Verbindlichkeiten im Erhebungszeitraum 2004 gewinnerhöhend aus. Hierdurch ergab sich für 2004 ein Jahresüberschuss von 1.862.924 €.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte zum 31. Dezember 2003 einen vortragsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von 2.656.561 € fest. Für das Streitjahr 2004 ging das FA von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.862.924 € aus. Davon zog es einen Gewerbeverlust in Höhe von 1.517.754 € ab. Diesen Betrag ermittelte das FA nach § 10a Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2922, BStBl I 2004, 20) in der Weise, dass es den festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust bis zur Höhe von 1 Mio. € in voller Höhe sowie von dem übersteigenden Betrag (862.924 €) 60 % (= 517.754 €) berücksichtigte. Danach verblieb ein gerundeter Gewerbeertrag von 345.100 €, woraus sich ein Gewerbesteuermessbetrag von 14.830 € und eine festgesetzte Gewerbesteuer für 2004 in Höhe von 60.803 € ergaben. Außerdem stellte das FA den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2004 mit 1.138.807 € fest.

5

Gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2004 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2004 legte die Klägerin Einspruch ein und rügte einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Gleichzeitig beantragte sie sinngemäß, die Gewerbesteuer für 2004 gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) auf 0 € festzusetzen bzw. nach § 227 AO zu erlassen.

6

Das FA lehnte eine Billigkeitsmaßnahme ab. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.

7

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer stehe im Einklang mit der Regelung des § 10a GewStG. Eine Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO komme nicht in Betracht. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. März 2004 X R 25/03 (BFH/NV 2004, 1212), das die Nichtberücksichtigung von Verlusten nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) betreffe, sei die Erhebung einer Steuer unbillig, wenn sie im Einzelfall nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht zu rechtfertigen sei und dessen Wertungen zuwiderlaufe. Der Gesetzgeber habe die mit der Beschränkung des Verlustabzugs verbundenen Härten ersichtlich in Kauf genommen, so dass eine Billigkeitsmaßnahme die generelle Geltungsanordnung des Steuergesetzes unterlaufen würde. Die Grundsätze des BFH-Urteils in BFH/NV 2004, 1212 ließen sich auf die Neuregelung des § 10a GewStG zum 1. Januar 2004 und die damit verbundene Einführung der Mindestbesteuerung übertragen.

8

Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den Gewerbesteuermessbetrag bzw. die Gewerbesteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO auf 0 € festzusetzen oder die Gewerbesteuer nach § 227 AO zu erlassen. Das Finanzgericht (FG) hob die Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete das FA, den Antrag der Klägerin auf Billigkeitsfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO bzw. Billigkeitserlass nach § 227 AO bezüglich des Gewerbesteuermessbetrags 2004 und der Gewerbesteuer 2004 neu zu bescheiden. Das FA habe bei seiner Ermessensentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass im Streitfall bereits am Ende des Erhebungszeitraums 2004 und damit auch bei der Wirksamkeit des Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheids 2004 erkennbar gewesen sei, dass der Verlustausgleich von gerundet 345.100 € aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sein werde. Die Beteiligten seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit nicht mehr aufnehmen werde und eine Entstehung von künftigen Gewinnen ausgeschlossen sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 1576 veröffentlicht.

9

Dagegen richtet sich die Revision des FA. Der Umstand, dass die Klägerin die wirtschaftliche Tätigkeit beendet habe und der Gewerbeverlust endgültig untergehe, könne zwar im Rahmen der Billigkeitsentscheidung in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Gesetzesfassung des § 10a GewStG sei davon auszugehen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspreche, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust bei Beendigung eines Unternehmens nicht mehr genutzt werden könne und dass es ggf. im Jahr der Beendigung der gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Mindestbesteuerung zur Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags und von Gewerbesteuer kommen könne. Der Gesetzgeber habe von seiner weitgehenden Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung Gebrauch gemacht und keine Sonderregelung für den Fall eines endgültigen Untergangs des bei Anwendung der Mindestbesteuerung verbleibenden Verlustvortrags vorgesehen. Zwar treffe es zu, dass im vorliegenden Fall bei Aufgabe des Gewerbebetriebs im Ergebnis ein wirtschaftlich nicht entstandener Totalgewinn versteuert werden müsse. Der Gesetzgeber sei jedoch nicht verpflichtet, einseitig zu Gunsten des Nettoprinzips den Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Grundsatz des Nettoprinzips zu lösen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 22. Juli 1991  1 BvR 313/88, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 423). Der Grundsatz der Rechtssicherheit müsse der Forderung nach Gerechtigkeit im Einzelfall allenfalls dann weichen, wenn ihm angesichts der Besonderheiten des vom Gesetzgeber geregelten Sachverhalts jede Tauglichkeit abzusprechen wäre. Das sei vorliegend nicht der Fall.

10

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Im Streitfall führe die Mindestbesteuerung endgültig zum Ausschluss des Verlustausgleichs. Dies habe bereits im Verlustabzugsjahr festgestanden, denn der Gewinn erhöhende Forderungsverzicht seitens der Gläubiger sei gerade zu dem Zweck erfolgt, der Klägerin die geordnete Liquidation zu ermöglichen. Mindestbesteuerung und Ausschluss des Verlustabzugs stünden damit im ursächlichen Zusammenhang. Der BFH habe an der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG verfassungsrechtliche Zweifel geäußert, wenn die spätere Verlustverrechnung endgültig ausgeschlossen sei (BFH-Beschluss vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826). Solche Bedenken äußere auch das Hessische FG im Hinblick auf § 10a Satz 2 GewStG, wenn dessen Anwendung gegen das objektive Nettoprinzip verstoße (Beschluss vom 26. Juli 2010  8 V 938/10, EFG 2010, 1811). Diese Erwägungen müssten auch im Billigkeitsverfahren gelten. Vorliegend komme verschärfend hinzu, dass der steuerbelastete Ertrag nicht auf einem erwirtschafteten Gewinn, sondern auf einem reinen Buchgewinn beruhe.

13

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

14

Es führt aus, § 227 AO stelle keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme dürfe nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit sei nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden könne, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 1998 II R 41/96, BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396).

15

Der Umstand, dass im Streitfall eine volle Verrechnung der festgestellten Fehlbeträge unterbleibe, sei unmittelbare Folge der Änderung des § 10a GewStG. Es sei nicht Sache der Finanzverwaltung, diese gesetzgeberische Folge mittels Billigkeitsregelungen zu unterlaufen. Die Besteuerung widerspreche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser sei sich bei der Abfassung des Gesetzes bewusst gewesen, dass es im Einzelfall zur nicht vollständigen Verrechnung festgestellter Fehlbeträge kommen könne (BTDrucks 15/481, S. 5, rechte Spalte, zweiter Absatz). Die Anhebung des Sockelbetrags in der endgültig Gesetz gewordenen Fassung und die Diskussion um den Prozentsatz einer möglichen Verlustverrechnung zeigten, dass dem Gesetzgeber die Wirkung der Einschränkungen bewusst gewesen sei; eine Regelungslücke liege deshalb nicht vor.

16

Eine Billigkeitsmaßnahme sei nicht von Verfassungs wegen geboten. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, den Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Nettoprinzip einseitig zu Gunsten des Nettoprinzips zu lösen (BVerfG-Beschluss in HFR 1992, 423). In Fällen, in denen ein Fehlbetrag nicht vollständig verrechenbar sei, könne ein Verfassungsverstoß nicht einseitig auf das Gebot des objektiven Nettoprinzips gestützt werden.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass das FA die Voraussetzungen der §§ 163 Satz 1, 227 AO ermessensfehlerhaft verneint habe, weil es nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass die Klägerin ihre wirtschaftliche Tätigkeit beendet habe und damit der vortragsfähige Gewerbeverlust endgültig untergehe.

18

1. Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

19

a) Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrags insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (BFH-Urteile vom 26. Mai 1994 IV R 51/93, BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, unter 1. der Gründe; vom 4. Juli 1972 VII R 103/69, BFHE 106, 268, BStBl II 1972, 806).

20

b) Die Erlassentscheidung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO), die gemäß § 102 FGO i.V.m. § 121 FGO grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Stellt das Gericht eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensfehler fest, ist es grundsätzlich auf die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung beschränkt. Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), ist es befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu setzen und eine Verpflichtung zum Erlass auszusprechen (BFH-Urteile vom 6. September 2011 VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, unter II.2. der Gründe, m.w.N.).

21

c) Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, unter 2. der Gründe, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 12. September 2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, unter II.5.b der Gründe, m.w.N.). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, unter II.2. der Gründe; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, jeweils m.w.N.). Bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von generalisierenden und typisierenden Normen des Steuerrechts fällt allerdings die Möglichkeit des Steuererlasses zur Milderung unbilliger Härten besonders ins Gewicht (BVerfG-Beschluss vom 5. April 1978  1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102; BFH-Urteile vom 6. Februar 1976 III R 24/71, BFHE 118, 151; in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396; vom 27. Mai 2004 IV R 55/02, BFH/NV 2004, 1555). Deshalb ist im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen, ob die vom Gesetzgeber gewählte Typisierung gerade deshalb für zulässig erachtet wird, weil im Zusammenhang mit der Anwendung des typisierenden Gesetzes auftretende Härten durch Billigkeitsmaßnahmen beseitigt werden können. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht ermitteln kann. Die Billigkeitsmaßnahme erweist sich in diesem Zusammenhang als eine flankierende Maßnahme zur Typisierung (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 36/10, BFHE 234, 542).

22

d) Die Billigkeitsprüfung muss sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen erstrecken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, unter II.4. der Gründe, m.w.N.). In eine solche Würdigung müssen nicht nur die Vorschriften einbezogen werden, aus denen der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach hergeleitet wird, sondern auch die Regelungen, die im zu entscheidenden Fall für die Konkretisierung des materiellen Rechts und seine verfahrensrechtliche Durchsetzung sorgen. Nur auf diese Weise lassen sich Wertungswidersprüche aufdecken und im Billigkeitswege beseitigen, die bei isolierter Betrachtungsweise als typischer Nebeneffekt der Anwendung einzelner steuerrechtlicher Normen hinnehmbar erscheinen, insgesamt aber in ihrem Zusammenwirken in einem atypischen Einzelfall eine Rechtslage herbeiführen, welche die Durchsetzung des Steueranspruchs als sachlich unbillig erscheinen lässt (BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, unter II.4. der Gründe).

23

e) Grundsätzlich kann im Rahmen der Prüfung, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, die Richtigkeit eines unanfechtbar gewordenen Steuerbescheids nicht mehr untersucht werden. Eine Ausnahme hat die Rechtsprechung für die Einwendungen zugelassen, die sich im konkreten Steuerrechtsverhältnis aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben (BFH-Urteile vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, unter II.B.3. der Gründe; vom 10. Juni 1975 VIII R 50/72, BFHE 116, 103, BStBl II 1975, 789). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann jedoch nur in Betracht kommen, wenn das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten (BFH-Urteile in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, unter II.B.3.a der Gründe; vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, unter 2. der Gründe).

24

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem FA nicht aufzugeben, eine erneute Prüfung der Billigkeitsgründe vorzunehmen. Selbst wenn das FA die Bedeutung der endgültigen Nichtverwertbarkeit der Verluste und der dadurch eintretenden Verletzung des objektiven Nettoprinzips nicht ausreichend bei seinen Ermessenserwägungen berücksichtigt haben sollte, wie das FG meint, konnte doch keine andere Entscheidung als die vom FA getroffene ergehen, da eine Unbilligkeit im Streitfall nicht vorlag.

25

a) Der Antrag der Klägerin auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme ist allerdings nicht bereits deshalb zurückzuweisen, weil sie davon abgesehen hat, Klage auch gegen die Festsetzungsverwaltungsakte zu erheben. Sie durfte sich darauf beschränken, nur die Entscheidung des FA über die beantragten Billigkeitsmaßnahmen mit der Klage anzugreifen.

26

Zwar kann sich ein Steuerpflichtiger grundsätzlich nicht auf die sachliche Unbilligkeit einer Steuerfestsetzung berufen, wenn er zuvor nicht alle Rechtsmittel gegen die Steuerfestsetzung ausgeschöpft hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können bestandskräftig festgesetzte Steuern im Billigkeitsverfahren u.a. nur dann sachlich überprüft werden, wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit der Festsetzung rechtzeitig zu wehren (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. April 1981 VI R 169/78, BFHE 133, 255, BStB1 II 1981, 611; vom 11. August 1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502, BStB1 II 1988, 512; vom 29. Mai 2008 V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889).

27

Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn der Steuerpflichtige sich darauf beruft, von einer von ihm grundsätzlich als verfassungskonform angesehenen typisierenden Norm unverhältnismäßig nachteilig betroffen zu sein. Hält der Steuerpflichtige die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers in Bezug auf die in Frage stehende Norm für gegeben, sieht er die Besteuerung aber in seinem Einzelfall als unbillig an, weil er von der Typisierung unverhältnismäßig nachteilig betroffen wird, ist ihm die Anfechtung der Steuerfestsetzung nicht zuzumuten. Er kann sich vielmehr darauf beschränken, lediglich eine Billigkeitsmaßnahme zu beantragen.

28

b) Im Streitfall kann offenbleiben, in welchen Fällen allgemein die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags trotz vortragsfähiger Verluste mindestens in Höhe des Gewerbeertrags zu einer auch durch die allgemeine Typisierungsbefugnis nicht mehr gedeckten unverhältnismäßigen Belastung eines einzelnen Steuerpflichtigen durch § 10a Sätze 1 und 2 GewStG führen kann und inwieweit die fehlende Möglichkeit zur künftigen Verrechnung gestreckter vortragsfähiger Verluste wegen der Einstellung der werbenden Tätigkeit auf Besonderheiten des Gewerbesteuerrechts beruht, die eine unverhältnismäßige Belastung des Steuerpflichtigen ausgeschlossen erscheinen lassen. Die Festsetzungen eines Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer gegenüber der Klägerin sind nämlich bereits deshalb nicht unbillig, weil die Klägerin durch ihr eigenes Verhalten dazu beigetragen hat, dass ein Gewerbeertrag entstanden ist, der nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG nicht vollständig mit vortragsfähigen Verlusten verrechnet werden konnte.

29

Der positive Gewerbeertrag im streitigen Erhebungszeitraum beruht ausschließlich darauf, dass Gläubiger der Klägerin auf ihre Forderungen gegenüber der Klägerin verzichtet haben. Der Verzicht wurde auf Betreiben der Klägerin erklärt, obwohl die Forderungen angesichts der Mittellosigkeit der Klägerin ohnehin schon wertlos geworden waren. Wäre der Verzicht nicht erklärt worden, hätte die Klägerin künftig keinen Gewinn mehr erzielt. Auch der Ausfall von gegen die Klägerin gerichteten Forderungen in einem Insolvenzverfahren hätte keine Gewinnauswirkung gehabt. Weder für den streitigen Erhebungszeitraum noch für spätere Erhebungszeiträume wären danach Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen gewesen.

30

Anhaltspunkte dafür, dass es ohne Initiative der Klägerin zu dem Forderungsverzicht hätte kommen können, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat deshalb selbst die Ursache für das Eintreten der Mindestbesteuerung gesetzt, obwohl sie die Besteuerungsfolgen kennen musste. Unter diesem Aspekt kann die Besteuerung nicht als unbillig angesehen werden.

31

3. Die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme durch das FA ist danach im Streitfall nicht zu beanstanden. Das FG ist von anderen Maßstäben ausgegangen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt den Teilerlass des Kammerbeitrags für das Jahr 2006.
Die Klägerin, die ihren Sitz in Hamburg hat, unterhält im Kammerbezirk der Beklagten mehre Betriebsstätten und ist danach Kammermitglied bei der Beklagten. Mit Wirkung vom 29.06.2006 veräußerte der Mutterkonzern der Klägerin seine Sparte „S.“. Ein Betrieb dieser Sparte war in B. und damit im Kammerbezirk der Beklagten angesiedelt. Aus der Veräußerung der Sparte erzielte die Klägerin insgesamt ein außerordentliches Ergebnis (nach Gewerbesteuer) von 253, 6 Millionen Euro; der gesamte Gewerbeertrag betrug ca. 461 Millionen.
Mit Bescheid vom 11.02.2009 setzte die Beklagte den Kammerbeitrag für 2006 auf den Betrag von 137.986,54 EUR fest. Bemessungsgrundlage hierfür ist der Gewerbeertrag für das Jahr 2006 in Höhe von 65.707.977,40 EUR (Zerlegungsanteil für den Bezirk der Beklagten) multipliziert mit dem Hebesatz von 0,210 %.
Mit Schreiben vom 04.03.2009 beantragte die Klägerin eines Teilerlass des Beitrags für 2006 in Höhe von 67.986,64 EUR. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass sich der Gewerbeertrag im Wirtschaftsjahr 2006 allein wegen des einmaligen Ereignisses des Verkaufs der Sparte „S.“ gegenüber dem normalen Ergebnis mehr als verdoppelt habe. Zwar bestimme sich der Umlageanteil des Beitrages nach dem Zerlegungsanteil der einzelnen Kammern am Gewerbeertrag. Anders als für Kapitalgesellschaften und gleichgestellte Unternehmen gehöre der Gewinn aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebes oder eines Teiles davon bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften nicht zum Gewerbeertrag. Diese Unausgewogenheit im steuerrechtlichen Bereich sollte nicht auch noch auf den Kammerbeitrag durchschlagen, so dass ein Teilerlass beantragt werde.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.03.2009 den Antrag auf Teilerlass ab. Nach § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung könnten im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise Beiträge erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Kammerzugehörigen werde an den Begriff der „unbilligen Härte“ jedoch ein strenger Maßstab angelegt. Die Voraussetzungen hierfür seien im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2009 Widerspruch. Die Veräußerung einer ganzen Konzernsparte stelle auch für einen Konzern wie den der Klägerin einen außergewöhnlichen Vorgang dar. Ein Teilerlass sei daher gerade eine geeignete und notwendige Maßnahme um die Gleichbehandlung mit den anderen Kammermitgliedern wieder herzustellen, da hier die Höhe des Gewerbeertrages für das Jahr 2006 gerade maßgeblich durch den Verkauf bestimmt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Beitragsveranlagung für das Jahr 2006 sei auf der Basis der Bestimmungen des IHK-Gesetzes sowie der entsprechenden Wirtschaftssatzung der Beklagten korrekt erfolgt. Bezüglich der Möglichkeiten eines Erlasses seien die Grenzen dort zu sehen, wo über einen Erlass die insoweit eindeutigen Vorgaben des Gesetzgebers missachtet bzw. diese gegebenenfalls korrigiert würden. Deshalb wäre der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verletzt, wenn die Beklagte allein die Tatsache einer signifikanten Änderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage aufgrund eines Sondereffekts zum Anlass für einen Erlass nehmen würde. Eine Berücksichtigung der durch die Aufgabe eines Betriebsteils oder einer Konzernsparte verursachten Effekte sehe das Gesetz gerade nicht vor, obwohl entsprechende Vorgänge seit jeher stattfänden. Es sei folglich auch nicht möglich, aufgrund eines solchen Vorgangs eine unbillige oder auch sachliche Härte anzunehmen und auf diesem Wege eine gesetzlich nicht vorgesehene Regelausnahme einzuführen.
Am 06.11.2009 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Die Beklagte lege in ihrer Beitragsordnung zur Bemessung des Beitrages einen rein linearen Zusammenhang zum Gewerbeertrag fest. Dies führe zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips. Auch sei darauf hinzuweisen, dass es bei den verschiedenen Kammern einen sehr unterschiedlichen Beitragssatz gebe. Dies entspreche möglicherweise nicht dem Gleichheitsgebot. Im Rahmen der Erlassvorschrift des § 19 der Beitragsordnung sei eine Prüfung des einzelnen Falles erforderlich. Ohne eine solche Prüfung und den damit verbundenen Vergleich mit den Bemessungsgrundlagen des Durchschnitts der Kammermitglieder im IHK-Bezirk sei ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gegeben. Die Erlassvorschrift werde von der Beklagten ermessensfehlerhaft auf die Fälle persönlicher Härte beschränkt. Auch wenn die Höhe des Gewerbeertrages in der Regel ein zutreffendes Bild von der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens wiedergebe, werde die vorgeschriebene gleichmäßige Behandlung aller Kammerzugehörigen verletzt, wenn dieser Zusammenhang in der Praxis schematisch dazu benutzt werde, das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 19 der Beitragsordnung zu verneinen und als Begründung auf die Festsetzung durch das Finanzamt zu verweisen. Dieser Hinweis sei prinzipiell untauglich für die Beurteilung der Frage, ob ein Härte vorliege, da diese wegen der schematischen Umsetzung der durch das zuständige Finanzamt festgesetzten Bemessungsgrundlage ja gerade erst eintrete. Für die Beantwortung der Frage, ob - wie im Falle der Klägerin - eine sachliche Härte vorliege, gebe dieses Vorgehen erkennbar nichts her. Dazu sei auf die Komponente der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage des jeweiligen Erhebungszeitraums abzustellen. Diese setze sich grundsätzlich aus den Erträgen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (betriebliches Ergebnis) und aus dem Finanzergebnis zusammen. Außerordentliche Ergebnisse einschließlich der Ergebnisse aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen und Geschäftsaktivitäten würden grundsätzlich einer dieser Kategorien zugeordnet, allerdings mit Ausnahme von derart außergewöhnlichen Ergebnissen, für die wegen der gebotenen Transparenz des Jahresabschlusses eine gesonderte Ausweisung vorgeschrieben sei (§ 277 Abs. 4 HGB). Zu dieser Kategorie gehöre das außerordentliche Ergebnis aus der Veräußerung der Sparte S. , das qualitativ und quantitativ weit über die vorgenannten - im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb auftretenden - Veräußerungsergebnisse hinausgehe. Wegen der Regelungen in § 277 Abs. 4 HGB sei auch der Nachweis entsprechender Vorgänge im Rahmen der Prüfung eines Erlassantrags unschwer möglich und führe nicht zu einer unangemessenen administrativen Belastung seitens der Beklagten, zumal das Erlassverfahren kein Massenverfahren sei. Die Erhebung der Umlage auf ein außerordentliches Ergebnis i.S.v. § 277 Abs. 4 HGB führe ersichtlich zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Klägerin im Vergleich zum Durchschnitt der übrigen Kammerzugehörigen, weil derartige Vorgänge bei der Mehrheit der Kammermitglieder selten seien. Ferner wachse der Kammer in derartigen außerordentlichen Veräußerungsfällen eine additionelle Bemessungsgrundlage zu, da an einen anderen Unternehmensträger veräußerte Betriebe ihre Leistungskraft prinzipiell nicht verlören. Die Kammer könne daher von einer fortgesetzten Beitragsleistung dieser Betriebe ausgehen und erhalte zusätzlich die volle Umlage auf das außerordentliche Verkaufsergebnis. Dieses offensichtlich unangemessene Ergebnis sei durch einen rechtsfehlerfreien Gebrauch der Erlassvorschrift des § 18 der Beitragsordnung vermeidbar und daher herbeizuführen.
Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich eine Verletzung des Äquivalenzprinzips aus der völligen Beitragsfreiheit großer Teile der Mitglieder ergebe. So hätten nach der Gewerbesteuerstatistik 2004 61 % der Gewerbesteuerpflichtigen einen Steuermessbetrag von Null und würden somit zu den Kammerbeiträgen maximal mit dem Grundbetrag herangezogen.
10 
Die Klägerin beantragt,
11 
den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Kammerbeitrag für das Jahr 2006 in einer Höhe von 67.986,54 EUR zu erlassen.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Einwendungen gegen den Beitragsbescheid vom 11.03.2009 seien unbeachtlich, da dieser bestandskräftig geworden sei. Ein Erlassantrag könne stets nur mit den Umständen des Einzelfalles begründet werden und sei nicht dazu geeignet, Einwände gegen das Gewerbesteuerrecht zu berücksichtigen und indirekt den Gewerbeertrag oder den Zerlegungsanteil zu korrigieren. Eine persönliche Härte sei nicht erkennbar, auch keine unbillige Härte aus sachlichen Gründen. Sachliche Unbilligkeit setze voraus, dass die Erhebung einer Abgabe nach dem Zweck der zugrundeliegenden Norm nicht zu rechtfertigen sei und deren Wertungen zuwiderlaufe. Dabei müssten jedoch sämtliche Folgen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringe. Eine Billigkeitsmaßnahme dürfte nicht dazu führen, dass die generelle Geltungsanordnung einer Rechtsgrundlage unterlaufen werde. Nach § 3 Abs. 3 S. 6 IHKG i.V.m. § 7 Abs. 1 der Beitragsordnung richte sich die Kammerumlage nach dem Gewerbeertrag. Diese gesetzliche Verknüpfung sei vom Normgeber gewollt und könne daher im Erlassverfahren nicht überprüft werden. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Bemessung der Beitragsforderung nach dem Gewerbeertrag im Falle der Klägerin unbillig sein solle. Eine Ungleichbehandlung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielten, in gleicher Weise zum Beitrag herangezogen würden. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass es sich bei der Veräußerung von Betriebsteilen um einen einmaligen Vorgang handele, der nur selten anfalle. Die Art des gewerblichen Vorgangs, aus dem ein Gewerbeertrag entstanden sei, bleibe nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers im Regelfall ohne Bedeutung. Auch der Umstand, dass der Veräußerungserlös nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“ im Jahresabschluss gesondert auszuweisen war, gebiete keine andere Beurteilung, da diese Vorschrift erkennbar einen anderen Schutzzweck verfolge.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Teilerlass des Beitrags für das Jahr 2006 noch ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
17 
Rechtsgrundlage für den begehrten teilweisen Beitragserlass ist § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung der Beklagten vom 07.09.2007- BO -. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BO können Beiträge auf Antrag im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller IHK-Zugehörigen ist an den Begriff nach Satz 2 der Regelung ein strenger Maßstab anzulegen.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Teilerlass liegen bereits nicht vor, da die Erhebung des Beitrags keine unbillige Härte i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 BO darstellt. Die Beitragsordnung selbst enthält keine nähere Konkretisierung des Begriffs der „unbilligen Härte“. Die Beklagte orientiert sich bei der Auslegung ersichtlich an den einschlägigen abgabenrechtlichen Definitionen. Eine unbillige Härte kann sich danach grundsätzlich aus persönlichen oder/und aus sachlichen Gründen ergeben. Vorliegend hat sich die Klägerin nicht auf persönliche Härtegründe berufen, in Betracht kommen danach allein sachliche Unbilligkeitsgründe.
19 
Eine sachliche Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Abgabenverhältnis zwar nach dem Wortlaut des Abgabentatbestandes gegeben ist, seine Geltendmachung im Einzelfall aber mit dem Zweck der Norm nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertung zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.1999 - 11 C 7.99 -, DVBl 2000, 1218). Bei der Prüfung der Frage, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, müssen jedoch grundsätzlich solche Erwägungen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Eine Billigkeitsmaßnahme darf - auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - dazu führen, die generelle Gültigkeitsanordnung des den Steueranspruch , bzw. hier des Abgabenanspruchs, begründenden Gesetzes (Satzung) zu unterlaufen (vgl. BFH, Urt. v. 26.10.1994 - X R 104/92 -, juris). Härten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, stehen einem Erlass entgegen (BFH, Urt. v. 23.10.2003 - V R 2/02 -, juris).
20 
Anknüpfungspunkt für die Festsetzung des IHK-Beitrages ist nach § 3 IHK-Gesetz und die auf dem IHK-Gesetz beruhende Beitragsordnung und Haushaltsatzung der Beklagten die vom Finanzamt im Einzelfall festgesetzte Gewerbesteuer. Die Anknüpfung an die Veranlagung zur Gewerbesteuer soll im Interesse einer einfachen Handhabung die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden im vorangegangen Verfahren nutzbar machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1965 - 7 C 52.62 -, BVerwGE 22, 58); der festgesetzten Gewerbesteuer kommt daher Tatbestandswirkung für die Beitragsfestsetzung durch die Beklagte zu. Einwendungen gegen die Höhe der Gewerbesteuer sind daher in dem dafür vorgesehen Verfahren geltend zu machen. Die Klägerin bezweifelt nicht, dass der Verkauf der Halbleitersparte grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig war. Weiter steht fest, dass dieser Verkaufsvorgang, aus dem die Klägerin den festgesetzten Gewerbeertrag erzielt hat, nach dem Gewerbesteuergesetz als regelmäßige gewerbliche Tätigkeit angesehen wird und dieser Ertrag ebenso der Gewerbesteuerpflicht unterliegt wie andere Erträge anderer Gewerbebetriebe, die in der gleichen Unternehmensform geführt werden. Dann jedoch ist nicht ersichtlich, weshalb die generell vorgeschriebene Verknüpfung der Beitragsberechnung mit dem Gewerbeertrag gerade in dem Einzelfall der Klägerin unbillig sein soll (vgl. auch VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 - 3 K 965/09 -). Es ist insoweit vielmehr eine - vom Gesetzgeber - gewollte systemimmanente Härte, dass ein - wie auch immer gelagerter - geschäftlicher Vorgang eines Unternehmens, der zur Erhöhung des Gewerbeertrags in einem Geschäftsjahr führt, entsprechend der Tatbestandswirkung der Festsetzung der Gewerbesteuer bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist und die Verknüpfung zwischen der Höhe des Gewerbeertrags und der Beitragshöhe nicht im Rahmen einer nachfolgenden Billigkeitsentscheidung Berücksichtigung finden kann. Die Art des gewerblichen Vorganges, aus dem heraus der Gewerbeertrag entstanden ist, ist demnach für das Erlassverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Klägerin zielt mit ihrer Argumentation vielmehr darauf ab, dass in solchen Fällen eines außergewöhnlichen Ertrages letztlich stets die Beitragsfestsetzung ohne Berücksichtigung des auf eine Veräußerung eines Betriebsteiles fallenden Gewerbeertrags erfolgen soll. Hierzu wäre jedoch allein der Gesetzgeber im Rahmen einer Regelung nach § 3 Abs. 3 - 4 IHKG berufen.
21 
Dass die Höhe des Beitrags allein die sachliche Unbilligkeit begründen könnte, ist ebenso ausgeschlossen, weil nach den Grundlagen der Beitragsbemessung alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielt haben, den gleichen Beitrag zu zahlen haben. Folglich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass derartige Fallkonstellationen wie bei der Klägerin alleine auch in anderen Fällen keinen Beitragserlass zu begründen vermögen.
22 
Schließlich ergibt sich die sachliche Unbilligkeit auch nicht aus dem Verweis der Klägerin auf die Notwendigkeit der Ausweisung des Verkaufserlöses im Jahresabschluss nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“. Hierzu hat das VG Aachen in seiner Entscheidung vom 19.01.2010 (a.a.O.) bereits zutreffend darauf verwiesen, dass die Regelung des § 277 Abs. 4 HGB dem Schutz der Adressaten des Jahresabschlusses dient. Im Unterschied zum Ergebnis gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstammen die in der Vorschrift genannten außergewöhnlichen Erträge bestimmten Sondereffekten, die im Vorfeld in aller Regel nicht vorhersehbar waren und die auch für die Zukunft nicht kalkulierbar sind. Gerade die zukünftige Ertragsentwicklung eines Unternehmens ist von besonderem Interesse für den Adressaten des Jahresabschluss, den die in Aussicht stehenden Reinerträge, etwa als Entscheidungsgrundlage für einen Anteilskauf oder -verkauf, stärker interessieren dürften als bereits realisierte Erträge. Daher sind solche außerordentlichen Erträge getrennt von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahresabschluss darzustellen. Hieraus lässt sich jedoch weder etwas für die steuerliche noch beitragsrechtliche Behandlung solcher außergewöhnlicher Erträge herleiten. Für die Leistungskraft des einzelnen Kammermitglieds in dem jeweiligen Beitragsjahr ist es vielmehr unerheblich, ob der Gewerbeertrag aus „normaler“ Geschäftstätigkeit oder Sondereffekten im Sinne des § 277 Abs. 4 HGB herrührt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 a.a.O.).
23 
Mit dem Vortrag, wonach die rein lineare Beitragsbemessung der Beklagten gegen das Äquivalenzprinzip verstoße, macht die Klägerin Einwendungen gegen die - bestandskräftige - Beitragsfestsetzung als solche geltend, mit denen die Klägerin im Erlassverfahren nicht gehört werden kann. Gleiches gilt, soweit die Klägerin auf die unterschiedlichen Beitragsbemessungen nach verschiedenen Umlagesätzen in den einzelnen IHK-Regionen im Bundesgebiet verweist.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Beschluss vom 01. Juli 2010
26 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG auf 67.986,54,-- EUR (Höhe des begehrten Beitragserlasses) festgesetzt.

Gründe

 
16 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Teilerlass des Beitrags für das Jahr 2006 noch ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
17 
Rechtsgrundlage für den begehrten teilweisen Beitragserlass ist § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung der Beklagten vom 07.09.2007- BO -. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BO können Beiträge auf Antrag im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller IHK-Zugehörigen ist an den Begriff nach Satz 2 der Regelung ein strenger Maßstab anzulegen.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Teilerlass liegen bereits nicht vor, da die Erhebung des Beitrags keine unbillige Härte i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 BO darstellt. Die Beitragsordnung selbst enthält keine nähere Konkretisierung des Begriffs der „unbilligen Härte“. Die Beklagte orientiert sich bei der Auslegung ersichtlich an den einschlägigen abgabenrechtlichen Definitionen. Eine unbillige Härte kann sich danach grundsätzlich aus persönlichen oder/und aus sachlichen Gründen ergeben. Vorliegend hat sich die Klägerin nicht auf persönliche Härtegründe berufen, in Betracht kommen danach allein sachliche Unbilligkeitsgründe.
19 
Eine sachliche Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Abgabenverhältnis zwar nach dem Wortlaut des Abgabentatbestandes gegeben ist, seine Geltendmachung im Einzelfall aber mit dem Zweck der Norm nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertung zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.1999 - 11 C 7.99 -, DVBl 2000, 1218). Bei der Prüfung der Frage, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, müssen jedoch grundsätzlich solche Erwägungen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Eine Billigkeitsmaßnahme darf - auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - dazu führen, die generelle Gültigkeitsanordnung des den Steueranspruch , bzw. hier des Abgabenanspruchs, begründenden Gesetzes (Satzung) zu unterlaufen (vgl. BFH, Urt. v. 26.10.1994 - X R 104/92 -, juris). Härten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, stehen einem Erlass entgegen (BFH, Urt. v. 23.10.2003 - V R 2/02 -, juris).
20 
Anknüpfungspunkt für die Festsetzung des IHK-Beitrages ist nach § 3 IHK-Gesetz und die auf dem IHK-Gesetz beruhende Beitragsordnung und Haushaltsatzung der Beklagten die vom Finanzamt im Einzelfall festgesetzte Gewerbesteuer. Die Anknüpfung an die Veranlagung zur Gewerbesteuer soll im Interesse einer einfachen Handhabung die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden im vorangegangen Verfahren nutzbar machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1965 - 7 C 52.62 -, BVerwGE 22, 58); der festgesetzten Gewerbesteuer kommt daher Tatbestandswirkung für die Beitragsfestsetzung durch die Beklagte zu. Einwendungen gegen die Höhe der Gewerbesteuer sind daher in dem dafür vorgesehen Verfahren geltend zu machen. Die Klägerin bezweifelt nicht, dass der Verkauf der Halbleitersparte grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig war. Weiter steht fest, dass dieser Verkaufsvorgang, aus dem die Klägerin den festgesetzten Gewerbeertrag erzielt hat, nach dem Gewerbesteuergesetz als regelmäßige gewerbliche Tätigkeit angesehen wird und dieser Ertrag ebenso der Gewerbesteuerpflicht unterliegt wie andere Erträge anderer Gewerbebetriebe, die in der gleichen Unternehmensform geführt werden. Dann jedoch ist nicht ersichtlich, weshalb die generell vorgeschriebene Verknüpfung der Beitragsberechnung mit dem Gewerbeertrag gerade in dem Einzelfall der Klägerin unbillig sein soll (vgl. auch VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 - 3 K 965/09 -). Es ist insoweit vielmehr eine - vom Gesetzgeber - gewollte systemimmanente Härte, dass ein - wie auch immer gelagerter - geschäftlicher Vorgang eines Unternehmens, der zur Erhöhung des Gewerbeertrags in einem Geschäftsjahr führt, entsprechend der Tatbestandswirkung der Festsetzung der Gewerbesteuer bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist und die Verknüpfung zwischen der Höhe des Gewerbeertrags und der Beitragshöhe nicht im Rahmen einer nachfolgenden Billigkeitsentscheidung Berücksichtigung finden kann. Die Art des gewerblichen Vorganges, aus dem heraus der Gewerbeertrag entstanden ist, ist demnach für das Erlassverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Klägerin zielt mit ihrer Argumentation vielmehr darauf ab, dass in solchen Fällen eines außergewöhnlichen Ertrages letztlich stets die Beitragsfestsetzung ohne Berücksichtigung des auf eine Veräußerung eines Betriebsteiles fallenden Gewerbeertrags erfolgen soll. Hierzu wäre jedoch allein der Gesetzgeber im Rahmen einer Regelung nach § 3 Abs. 3 - 4 IHKG berufen.
21 
Dass die Höhe des Beitrags allein die sachliche Unbilligkeit begründen könnte, ist ebenso ausgeschlossen, weil nach den Grundlagen der Beitragsbemessung alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielt haben, den gleichen Beitrag zu zahlen haben. Folglich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass derartige Fallkonstellationen wie bei der Klägerin alleine auch in anderen Fällen keinen Beitragserlass zu begründen vermögen.
22 
Schließlich ergibt sich die sachliche Unbilligkeit auch nicht aus dem Verweis der Klägerin auf die Notwendigkeit der Ausweisung des Verkaufserlöses im Jahresabschluss nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“. Hierzu hat das VG Aachen in seiner Entscheidung vom 19.01.2010 (a.a.O.) bereits zutreffend darauf verwiesen, dass die Regelung des § 277 Abs. 4 HGB dem Schutz der Adressaten des Jahresabschlusses dient. Im Unterschied zum Ergebnis gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstammen die in der Vorschrift genannten außergewöhnlichen Erträge bestimmten Sondereffekten, die im Vorfeld in aller Regel nicht vorhersehbar waren und die auch für die Zukunft nicht kalkulierbar sind. Gerade die zukünftige Ertragsentwicklung eines Unternehmens ist von besonderem Interesse für den Adressaten des Jahresabschluss, den die in Aussicht stehenden Reinerträge, etwa als Entscheidungsgrundlage für einen Anteilskauf oder -verkauf, stärker interessieren dürften als bereits realisierte Erträge. Daher sind solche außerordentlichen Erträge getrennt von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahresabschluss darzustellen. Hieraus lässt sich jedoch weder etwas für die steuerliche noch beitragsrechtliche Behandlung solcher außergewöhnlicher Erträge herleiten. Für die Leistungskraft des einzelnen Kammermitglieds in dem jeweiligen Beitragsjahr ist es vielmehr unerheblich, ob der Gewerbeertrag aus „normaler“ Geschäftstätigkeit oder Sondereffekten im Sinne des § 277 Abs. 4 HGB herrührt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 a.a.O.).
23 
Mit dem Vortrag, wonach die rein lineare Beitragsbemessung der Beklagten gegen das Äquivalenzprinzip verstoße, macht die Klägerin Einwendungen gegen die - bestandskräftige - Beitragsfestsetzung als solche geltend, mit denen die Klägerin im Erlassverfahren nicht gehört werden kann. Gleiches gilt, soweit die Klägerin auf die unterschiedlichen Beitragsbemessungen nach verschiedenen Umlagesätzen in den einzelnen IHK-Regionen im Bundesgebiet verweist.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Beschluss vom 01. Juli 2010
26 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG auf 67.986,54,-- EUR (Höhe des begehrten Beitragserlasses) festgesetzt.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.


Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Heranziehung zu einem Beitrag sowie einer Vorauszahlung durch die beklagte Industrie- und Handelskammer, deren Mitglied sie ist.

2

Mit Bescheid vom 6. Februar 2009 veranlagte die Beklagte die Klägerin für das Jahr 2007 zu einem Beitrag in Höhe von 21.291,90 € und für das Jahr 2009 zu einem vorläufigen Beitrag in derselben Höhe. Der Betrag setzte sich zusammen aus einem Grundbeitrag in Höhe von 690,00 € und einer Umlage in Höhe von 20.601,90 €. Der Umlagebetrag folgte aus der Multiplikation des im Jahre 2007 erzielten Gewerbeertrags (5.282.539,07 €) mit dem von der Beklagten festgesetzten Hebesatz von 0,39 %.

3

Auf den fristgerecht erhobenen Widerspruch der Klägerin reduzierte die Beklagte mit Bescheid vom 2. April 2009 die vorläufige Veranlagung für das Jahr 2009 auf 12.390,00 €, wobei sie der Berechnung einen Gewerbeertrag in Höhe von nur noch 3.000.000,00 € zugrundelegte. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin fristgerecht Widerspruch.

4

Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2009 zurück.

5

Der Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer fristgerecht erhobenen Klage hatte keinen Erfolg (Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Juli 2009 - 5 L 372/09.TR-; Beschluss des Senats vom 11. September 2009 - 6 B10855/09.OVG -).

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2010 als unbegründet abgewiesen. Darin heißt es im Wesentlichen:

7

Die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer sei weder verfassungs- und europarechtswidrig. Der Kammerbeitrag sei auch keine verfassungswidrige Sonderabgabe, sondern ein Beitrag im Rechtssinne.

8

Der Beklagten stehe hinsichtlich der Entscheidung, welche Tätigkeiten sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben als erforderlich ansehe, im Rahmen ihrer Selbstverwaltung ein gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbarer Freiraum zu. Es bestehe keine Veranlassung, zu prüfen, welche Einzelpositionen die Beklagte bei der Ermittlung ihres Finanzbedarfs in Ansatz gebracht habe, denn das Gesetz sehe einen institutionalisierten Kontrollmechanismus vor. Das einzelne Mitglied der Vollversammlung, somit erst recht das einzelne Kammermitglied, das nicht Mitglied der Vollversammlung sei, habe hingegen keinen detaillierten Auskunftsanspruch hinsichtlich des Finanzgebarens der Beklagten und grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Vorlage einer der Beitragserhebung zugrunde liegenden detaillierten Kostenkalkulation. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Darstellung der Einnahme- und Ausgabensituation in der Wirtschaftssatzung in sich stimmig und ein grobes Missverhältnis zwischen der Beitragsbelastung und dem durch die Mitgliedschaft begründeten Vorteil des Kammermitglieds nicht erkennbar sei.

9

Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzips sei nicht zu erkennen. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Selbstverwaltungsautonomie hinsichtlich der Bemessung ihrer Mitgliedsbeiträge grundsätzlich frei. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränke sich auf die Einhaltung der äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis. Diese würden im vorliegenden Fall nicht überschritten.

10

Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend:

11

Das Gericht sei verpflichtet, dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) die in ihrem Hilfsantrag formulierten entscheidungserheblichen Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der Gerichtshof habe diese Fragen noch nicht abschließend beantwortet. Die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit dar. In der Rechtsprechung und im Schrifttum sei umstritten, ob hierfür ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegen müsse. Es gebe Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofs, in denen rein innerstaatliche Sachverhalte den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten - insbesondere der Niederlassungsfreiheit - eröffneten. In ihrem Falle liege zudem aufgrund ihrer Verflechtung mit (insbesondere Tochter-) Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten eine grenzüberschreitende Konstellation vor. Die mit der Zwangsmitgliedschaft verknüpfte Beitragspflicht führe zu einem Nachteil im Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen. Die derzeitige Ausgestaltung des deutschen Kammerwesens und die Verwendung der Pflichtbeiträge zur Förderung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige verstießen zudem gegen das gemeinschaftsrechtliche Beihilfeverbot. Das Gebot der Verwirklichung des Binnenmarktes werde ebenfalls missachtet, da das deutsche Kammerwesen zur Bildung von Binnengrenzen beitrage, die den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital hemmten. Darüber hinaus werde das gemeinschaftsrechtliche Demokratieprinzip verletzt, da die Industrie- und Handelskammern lediglich auf einer einfachgesetzlichen Grundlage gegründet seien, ohne dass einer demokratisch legitimierten Behörde fachaufsichtliche Weisungsbefugnisse zustünden. Zudem verstoße die in § 5 Abs. 3 IHK-G vorgeschriebene Gruppenwahl gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit.

12

Die Zwangsmitgliedschaft stelle auch einen verfassungswidrigen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar, da sie, wie die Beispiele der meisten anderen Gemeinschaftsstaaten zeigten, nicht erforderlich sei. Zudem nehme die Beklagte Tätigkeiten außerhalb ihres Aufgabenbereichs wahr. Ihre Beteiligung am Flugplatz Bitburg und am Radiosender RPR sei weder für die Beklagte noch für ihre Mitglieder von Nutzen gewesen. Daher seien die von ihr erhobenen Beiträge als rechtswidrige Sonderabgaben zu qualifizieren. Eine nachvollziehbare Kalkulation der Kammerbeitragssätze sei im Übrigen nicht zu erkennen. Die Beklagte verstoße des Weiteren gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Schon der Betriebsaufwand von 6,9 Millionen Euro sei für eine so kleine Kammer erschreckend. Die Bilanz spiegele im Übrigen nur die Zahlen wider, lasse jedoch eine tatsächliche Überprüfung nicht zu. Gleiches gelte für das negative Finanzergebnis von knapp 300.000,00 €. Ausweislich der Bilanz für das Jahr 2007 seien Sachanlagen (Grundstücke und Bauwerke) von über 20,3 Millionen Euro vorhanden gewesen. Eine Rechtfertigung für eine solche Vermögensanhäufung sei nicht ersichtlich. Ebenso unverständlich sei, weshalb die Beklagte einen Betrag von über 2,4 Millionen Euro als „Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks“ angehäuft und nicht ihren Mitgliedern im Wege einer Beitragssenkung habe zukommen lassen. Entsprechendes gelte für den Gewinn aus dem Jahre 2007 von über 1 Million Euro. Den Neubau ihrer Niederlassung, für den sie zunächst ihre Rücklagen aufgebraucht und Darlehen aufgenommen habe, habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht näher beleuchtet. Ebenso sei es auf den Aspekt, dass 22 % der Kostenpositionen auf Versorgungsbezüge ehemaliger Vorstandsmitglieder der Beklagten entfielen, sowie auf die von der Beklagten erzielten zu geringen Zinserträge nicht eingegangen. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Kontrollinstanzen der Beklagten übersehe, dass eine echte Kontrolle nicht stattfinde. Schließlich sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 sowie der Finanzkrise zu berücksichtigen und den Hebesatz zumindest für das Jahr 2009 anzupassen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2010 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier den Beitragsbescheid der Beklagten vom 6. Februar 2009 in der Fassung des Beitragsbescheids vom 2. April 2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2009 aufzuheben,

15

hilfsweise,

16

das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

17

1. Ist die europarechtliche Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) so auszulegen, dass an die Niederlassung eines mitgliedstaatlichen Unternehmens (sei es ein deutsches Unternehmen oder ein Unternehmen eines andern Mitgliedstaates) in Deutschland eine verpflichtende, beitragsbegründende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer (hier der Industrie- und Handelskammer (IHK) geknüpft werden darf?

18

2. Ist das staatliche Beihilfeverbot (Art. 107 AEUV) so auszulegen, dass die durch eine deutsche berufsständische Kammer (hier die IHK), die als öffentlich-rechtliche Körperschaft mit staatlichen Befugnissen ausgestattet ist, zwangsweise und hoheitlich erhobene Mitgliedsbeiträge zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im IHK-Bezirk oder einzelner Gewerbezweige im IHK-Bezirk verwendet werden dürfen?

19

3. Ist es mit dem staatlichen Beihilfeverbot (Art. 107 AEUV) vereinbar, dass die deutschen berufsständischen Kammern (hier die IHK) mit den zwangsweise und hoheitlich erhobenen Mitgliedsbeiträgen der Gewerbetreibenden in ihrem Bezirk Anlagen und Einrichtungen einzelner Gewerbezweige fördern, die mit anderen Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb stehen, oder selbst Dienstleistungen (Unternehmensberatung, Existenzgründungsberatung und Sachverständigenwesen) anbieten und damit als Wettbewerber ihrer Mitglieder auftreten?

20

4. Ist es mit dem Ziel der Verwirklichung des Binnenmarktes (Art. 26, 27 AEUV) ohne Binnengrenzen für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- oder Kapitalverkehr vereinbar, dass die niederlassungsgebundene Pflichtmitgliedschaft mit gewinnabhängiger Beitragslast in Deutschland als Ausnahme neben freiwilligen berufsständischen Vereinigungen in den meisten Mitgliedstaaten fortbesteht.

21

5. Ist es mit dem europäischen Demokratieprinzip des Art. 2 EUV vereinbar, dass eine berufsständische Vereinigung (hier die IHK) als funktionale Selbstverwaltung ohne eine verfassungsrechtliche Legitimation im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland besteht und lediglich durch einfachgesetzliches Bundesrecht ohne behördliche Fachaufsicht etabliert ist?

22

6. Ist es mit dem europäischen Demokratieprinzip des Art. 2 EUV vereinbar, dass ein Träger funktionaler Selbstverwaltung (hier die IHK) ihre Satzungsbefugnis durch eine Vollversammlung ausüben lässt, die durch eine Gruppenwahl gewählt wurde, wenn diese Gruppenwahl die Wahlberechtigten in Branchen separiert und ihren Repräsentanten unterschiedlich starke Mandatsverhältnisse zuweist?

23

Die Beklagte beantragt,

24

die Berufung zurückzuweisen.

25

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:

26

Eine Vorlage an den Gerichtshof komme nicht in Betracht, da der Sachverhalt keinen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweise. Sie habe ihren gesetzlichen Aufgabenbereich eingehalten. Zudem sei die Klägerin im vorliegenden Verfahren mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen präkludiert, da sie einen entsprechenden Unterlassungsanspruch nicht geltend gemacht habe. Sie habe im Übrigen ihre Finanzierung nachvollziehbar dargelegt. Die Festlegung und Strukturierung ihrer Beiträge gehöre in den Bereich ihrer Finanzhoheit. Konkrete Verstöße oder Gesetzesübertretungen habe die Klägerin nicht dargelegt. Eine fundierte Abschätzung der tatsächlichen Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform und der Finanzkrise könne aufgrund der Festsetzung der Gewerbeerträge etc. durch das Finanzamt wohl erst Ende 2010 erfolgen.

27

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, da die Beitragsveranlagung der Klägerin für das Jahr 2007 sowie die Festsetzung einer Vorauszahlung für das Jahr 2009 rechtlich nicht zu beanstanden sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen.

I.

29

Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2008, BGBl. I S. 2418, im Folgenden: IHK-G). Danach werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht (Satz 1). Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (Satz 2). Gemäß § 3 Abs. 3 IHK-G erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen (Satz 1). Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Mitglieder von der Beitragspflicht befreit (Sätze 3 – 5). Bemessungsgrundlage ist der Gewebeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, sofern für das betreffende Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt worden ist, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb (Satz 6).

30

§ 1 Abs. 3 der Beitragsordnung der Beklagten vom 22. Dezember 2005 bzw. vom 18. Dezember 2007 (im Folgenden: BO 2005/BO 2007) überträgt der Vollversammlung die Aufgabe, die Grundbeiträge, den Hebesatz der Umlage und die Freistellungsgrenze jährlich in der Wirtschaftssatzung festzusetzen. Der Grundbeitrag liegt gemäß Ziff. II.2. der Wirtschaftssatzung vom 29. November 2006 (für das Geschäftsjahr 2007, im Folgenden WS 2007) bzw. vom 8. Dezember 2008 (für das Geschäftsjahr 2009, im Folgenden: WS 2009) in Abhängigkeit von der Höhe des Gewerbeertrags oder Gewinns aus Gewerbebetrieb - regelmäßig - zwischen 46 € und 690 €. Die Umlage beträgt nach Ziff. II.3. WS 2007/WS 2009 0,39 Prozent des in dem betreffenden Wirtschaftsjahr erzielten Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb. Nach § 16 BO 2005/BO 2007 i.V.m. Ziff. 5 WS 2007/WS 2009 wird, soweit ein Gewerbeertrag beziehungsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb für das Bemessungsjahr noch nicht bekannt ist, eine Vorauszahlung des Grundbeitrags und der Umlage auf der Grundlage des letzten der IHK vorliegenden Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb erhoben.

31

Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte den Beitrag für das Jahr 2007 und die Vorauszahlung für das Jahr 2009 aufgrund einer fehlerhaften Anwendung der genannten Vorschriften zu hoch berechnet hat. Da die Klägerin keine diesbezüglichen Rügen erhebt, wird von weiteren Ausführungen hierzu abgesehen.

II.

32

Die von ihr erhobenen Einwände gegen die Beitragspflicht als solche und den von der Beklagten festgesetzten Umlagesatz vermögen der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (III.1.), wobei insbesondere die Ausgestaltung der Wahl zur Vollversammlung als Gruppenwahl (III.2.a), die unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Nachwahl von Vollversammlungsmitgliedern durch die Vollversammlung (III.2.b) und das Fehlen einer staatlichen Fachaufsicht (III.2.c) verfassungsrechtlich unbedenklich sind. Der Beitrag zur Industrie- und Handelskammer ist nicht als verfassungswidrige Sonderabgabe zu qualifizieren (IV.). Verstöße gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsfreiheit (V.1.), das Gebot der Verwirklichung des Binnenmarktes (V.2.), ein „gemeinschaftsrechtliches Demokratieprinzip“ (V.3) oder das gemeinschaftsrechtliche Beihilfeverbot (V.4) sind nicht ersichtlich. Die Festsetzung des Beitrags für das Jahr 2007 und der Vorauszahlung für das Jahr 2009 ist nicht wegen einer Überschreitung des der Beklagten gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs (VI.) oder eines Verstoßes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (VII.), das Kostendeckungsprinzip (VIII.), das Äquivalenzprinzip (IX.) oder den allgemeinen Gleichheitssatz (X.) rechtswidrig. Die Beklagte war bisher auch nicht verpflichtet, den Umlagesatz für das Wirtschaftsjahr 2009 im Hinblick auf die Unternehmensteuerreform 2008 bzw. die Auswirkungen der Finanzkrise zu senken (XI.). Es besteht schließlich keine Veranlassung für ein an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen (XII.).

III.

33

Die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit der Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer greifen nicht durch.

34

1. Zwar liegt hierin ein Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -), das auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Handelsgesellschaften schützt (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1959 - 1 BvR 394/58 -, BVerfGE10, 89 [99]). Dieser ist jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt, gerechtfertigt (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2001 - 1 BvR 1806/98 -, NVwZ 2002, 335; BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 2004 - 6 B 60.04 -, GewArch 2005, 24; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 -, Juris, jeweils m.w.N.). Angesichts des weiten Gestaltungsermessens des deutschen Gesetzgebers (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010, a.a.O., m.w.N.) vermag die von der Klägerin ins Feld geführte abweichende Rechtslage in anderen Staaten die Verfassungsmäßigkeit der Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer nicht infrage zu stellen.

35

Dem von ihr in diesem Zusammenhang genannten Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni 2003(- 8 A 4281/02 -, GewArch 2003, 418) lassen sich ebenfalls keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zwangsmitgliedschaft entnehmen. Dort heißt es lediglich, die Zwangsmitgliedschaft stelle einen Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit dar, welches durch eine Aufgabenüberschreitung seitens der Körperschaft verletzt werde (vgl. hierzu unten).

36

2. Die von der Klägerin geäußerten Bedenken gegen die Grundsätze der Wahl zur Vollversammlung (a, b) sowie gegen das Fehlen einer staatlichen Fachaufsicht (c) sind nicht gerechtfertigt. Daher kann dahinstehen, ob ein insoweit bestehendes Legitimationsdefizit der Industrie- und Handelskammern im Allgemeinen und der Beklagten im Besonderen die Zwangsmitgliedschaft als solche zu Fall brächte oder lediglich die Rechtswidrigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidungen zur Folge hätte.

37

a) Das in Art. 20 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 GG verankerte Demokratieprinzip (vgl. auch Art. 50 und Art. 74 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV -) erfordert für die unmittelbare und die kommunale Staatsverwaltung eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern. Außerhalb dieses Bereichs, namentlich in der funktionalen Selbstverwaltung, dem die Industrie- und Handelskammern zuzuordnen sind, ist das Demokratieprinzip hingegen offen für andere, insbesondere vom Erfordernis der lückenlosen personellen demokratischen Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichende Formen der Organisation und Ausübung von Staatsgewalt. Es erlaubt, durch Gesetz für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen. In diesem Falle darf der Gesetzgeber keine Ausgestaltung vorschreiben, die mit dem Grundgedanken autonomer interessengerechter Selbstverwaltung einerseits und effektiver öffentlicher Aufgabenwahrnehmung andererseits unvereinbar wäre. Deshalb sind organisatorische Vorkehrungen erforderlich, damit die betroffenen Interessen angemessen berücksichtigt und nicht Interessen Einzelner oder bestimmter Gruppen bevorzugt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2002 - 2 BvL 5/98, 2 BvL 6/98 -, BVerfGE 107, 59 m.w.N.).

38

Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, dass § 5 Abs. 3 Satz 2 IHK-G und ihm folgend die Wahlordnung der Beklagten (vgl. § 7 der Wahlordnung vom 18. Juni 2008, im Folgenden: WO) die Aufteilung der Kammermitglieder in besondere Wahlgruppen vorschreiben und diesen eine bestimmte Anzahl von Sitzen in der Vollversammlung zuordnen. Dies trägt der im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung erforderlichen angemessenen Berücksichtigung unterschiedlicher Einzel- und Gruppeninteressen Rechnung. Der für die Volksvertretungen in der unmittelbaren und kommunalen Staatsverwaltung geltende Grundsatz der Gleichheit der Wahl (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 GG, Art. 50, 76 Abs. 1 LV) tritt demgegenüber im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung zurück.

39

b) Nach den dargelegten Grundsätzen bestehen auch keine Bedenken gegen die Regelung des § 6 Abs. 3 WO, wonach eine mittelbare Wahl von Mitgliedern der Vollversammlung durch die Vollversammlung - die verbliebenen Mitglieder - selbst erfolgt, wenn nach dem Ausscheiden eines Mitglieds kein qualifizierter Nachrücker vorhanden ist. Der Grundsatz der unmittelbaren Wahl (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 GG, Art. 50, 76 Abs. 1 LV) beansprucht im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung keine Geltung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. September 1963 - I C 113.61 -, BVerwGE 16, 312).

40

c) Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, die Beklagte einer staatlichen Fachaufsicht zu unterstellen.

41

In seinem Beschluss vom 5. Dezember 2002 (a.a.O.) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, es stehe dem Gesetzgeber frei, einen Träger funktionaler Selbstverwaltung zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter, und zwar auch gegenüber Nichtmitgliedern zu ermächtigen. Ein solches Handeln sei den Organen von Trägern der funktionalen Selbstverwaltung aus verfassungsrechtlicher Sicht aber nur gestattet, sofern das Volk auch insoweit maßgeblichen Einfluss auf dieses Handeln behalte. Das sei der Fall, wenn die Aufgaben und Handlungsbefugnisse in einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz ausreichend vorherbestimmt seien und ihre Wahrnehmung der Aufsicht demokratisch legitimierter Amtswalter unterliege. Diese Anforderungen hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung im Fall zweier Wasserverbände, denen durch Gesetz ein Großteil der wesentlichen wasserwirtschaftlichen Aufgaben für bestimmte Gebiete übertragen worden sind, als erfüllt angesehen. Für die Aufgaben der Selbstverwaltungseinheiten, für die Kreation der Verbands- und Genossenschaftsorgane und zu deren Handlungsbefugnissen gebe es detaillierte gesetzliche Vorgaben. Zudem existierten umfassende gesetzliche Regelungen über die staatliche Aufsicht, die neben der Rechtsaufsicht auch Ansätze der Fachaufsicht einschließe.

42

Demgegenüber unterliegen die Industrie- und Handelskammern nach § 11 Abs. 1 Satz 1 IHK-G zwar lediglich der Rechtsaufsicht des betreffenden Landes, und auch die Beschreibung ihrer wesentlichen Aufgaben in § 1 Abs. 1 IHK-G ist recht allgemein gehalten. Danach haben sie die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für die Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken.

43

Die insoweit bestehende Lockerung des Bestimmungsrecht des (Staats-) Volkes ist nach den oben dargelegten Maßstäben jedoch unbedenklich, da die Industrie- und Handelskammern zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht zu einem Handeln mit Entscheidungscharakter, zumal nicht gegenüber Nichtmitgliedern, ermächtigt werden. Ihre Tätigkeit ist auch nicht mit Auswirkungen für die Allgemeinheit oder ihre Mitglieder verbunden, die mit denen der Betätigung von Wasserverbänden mit umfangreichen wasserwirtschaftlichen Befugnissen vergleichbar wären.

IV .

44

Bei dem Beitrag zur Industrie- und Handelskammer handelt es sich um einen Beitrag im Rechtssinne und nicht um eine verfassungswidrige Sonderabgabe. Er dient nämlich als korporativer Zwangsbeitrag der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1C 45/87 -, NVwZ 1990, 1167; Urteil vom 21. Juli 1998 - 1 C 32/97 -, BVerwGE 107, 169, vgl. allgemein z.B. Drüen, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 3 AO Rn. 26, 29a). An dieser rechtlichen Einordnung des Kammerbeitrags würde sich entgegen der Auffassung der Klägerin selbst dann nichts ändern, wenn sich die Beitragserhebung durch die Beklagte etwa wegen einer Überschreitung ihres Aufgabenbereichs als rechtswidrig erwiese.

V .

45

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht.

46

1. Sie steht zunächst nicht im Widerspruch zu der in Art. 49 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47, im Folgenden: AEUV) geregelten Niederlassungsfreiheit.

47

a) Nach Art. 49 AEUV (vormals Art. 43 EGV) ist die Beschränkung der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten (Satz 1). Das Gleiche gilt für Beschränkung der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind (Satz 2). Vorbehaltlich der - hier nicht einschlägigen - Regelungen im Kapitel über den Kapitalverkehr (Art. 63 ff. AEUV, Art. 56 ff. EGV) umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Abs. 2 AEUV, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen (Satz 3). Art. 54 AEUV (Art. 48 EGV) stellt für die Anwendung des Kapitels über das Niederlassungsrecht die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften - insbesondere die des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts -, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.

48

b) Nach § 2 Abs. 1 IHK-G gehören zur Industrie- und Handelskammer alle zur Gewerbesteuer veranlagten natürlichen Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts (im Folgenden: Unternehmen), welche im Kammerbezirk eine Betriebsstätte unterhalten. Die Vorschrift knüpft wie § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002, BGBl. I S. 4167, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. April 2010, BGBl. I S. 386) an die Unterhaltung eines Betriebssitzes im Inland an. Somit werden auch Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten bzw. dort ansässige Gesellschaften, die sich mit ihrem Unternehmen im Inland niederlassen oder dort Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften gründen, der Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer unterworfen. Hierdurch werden sie jedoch lediglich inländischen Unternehmen gleichgestellt, so dass die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsfreiheit grundsätzlich nicht beeinträchtigt wird (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 30. November 1995 - Rs. C-55/94 - [Gebhard], Slg. S. I-4165).

49

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union kann freilich auch in der Unterwerfung eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens unter die allgemein geltenden innerstaatlichen Vorschriften unter bestimmten Umständen einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit bedeuten. So hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. Oktober 2004 (- Rs. C-442/02 - [CaixaBank France], Slg. S. I-8983) festgestellt, das aufgrund französischer Vorschriften bestehende Verbot, Sichteinlagenkonten zu verzinsen, stelle für die Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten - im konkreten Fall eine Gesellschaft spanischen Rechts - ein ernsthaftes Hindernis für die Ausübung ihrer Tätigkeiten durch eine Tochtergesellschaft in diesem Mitgliedstaat (Frankreich) dar, das ihren Zugang zum Markt beeinträchtige. Es hindere nämlich die Tochtergesellschaften ausländischer Gesellschaften an der Sammlung von Kapital beim Publikum, indem es ihnen verwehrt sei, mit den traditionell im Niederlassungsstaat ansässigen Kreditinstituten, die über ein ausgedehntes Filialnetz und damit über größere Möglichkeiten verfügten, Kapital beim Publikum zu sammeln, durch eine Verzinsung von Sichteinlagenkonten wirksamer in Wettbewerb zu treten.

50

Vergleichbare Wettbewerbsnachteile ausländischer gegenüber inländischen Unternehmern sind mit der Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer jedoch nicht verbunden. Somit kann dahingestellt bleiben, ob ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit Auswirkungen auf die Zwangsmitgliedschaft der Klägerin als inländisches Unternehmen (vgl. Art. 54 AEUV) hätte, oder ob lediglich ausländische Unternehmen mit ihren inländischen Betriebsstätten von der Zwangsmitgliedschaft auszunehmen wären.

51

c) Die mit der Beitragspflicht verbundene Benachteiligung inländischer Unternehmen bzw. ausländischer Unternehmen mit Betriebsstätten im Inland gegenüber Konkurrenten ohne inländische Betriebsstätten steht hingegen nicht im Widerspruch zur gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit. Denn sie garantiert nach Art. 63 Satz 3 AEUV lediglich die Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat nach den für seine eigenen Angehörigen geltenden Bestimmungen (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 30. November 1995, a.a.O., sowie Urteil vom 26. Januar 1993 – Rs. C-112/91 – [Werner], Slg S. I-429). Die aufgezeigte Benachteiligung ist lediglich eine Folge der unterschiedlich ausgestalteten Rechtsordnungen der EG-Mitgliedstaaten und vergleichbar mit Wettbewerbsnachteilen infolge unterschiedlich hoher steuerlicher Belastungen.

52

d) Die von der Klägerin genannten Entscheidungen des Gerichtshofs lassen entgegen ihrer Auffassung nicht erkennen, dass er den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit auf rein innerstaatliche Sachverhalte ausgedehnt hat. So geht es im Urteil vom 30. März 2006 (- Rs. 451/03 - [Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti Srl], Slg. S. I-2941) um eine italienische Regelung, aufgrund der allein Steuerberatungszentren (Centri di Assistenza Fiscale) berechtigt waren, bestimmte Tätigkeiten in Steuerfragen auszuüben. Der Gerichtshof hat die Regelung im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit beanstandet. Sie sei geeignet, die Niederlassung von Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten in Italien zur Erbringung solcher Dienstleistungen zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen. Diese Entscheidung lässt somit eine Erstreckung der Niederlassungsfreiheit auf rein innerstaatliche Sachverhalten ebenso wenig erkennen wie das ebenfalls von der Klägerin zum Beleg ihrer Auffassung angeführte Urteil vom 5. Oktober 2004 (vgl. oben). Da die Klägerin sich mit dem Inhalt der von ihr genannten weiteren zahlreichen Entscheidungen nicht näher auseinandergesetzt hat, wird von Ausführungen zu sämtlichen dieser Entscheidungen abgesehen.

53

2. Die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer verstößt nicht gegen das Gebot der Verwirklichung des Binnenmarktes, da es sich hierbei lediglich um ein Politikziel handelt, das sich nicht unmittelbar auf die Wirksamkeit der einschlägigen gesetzlichen Regelungen auswirkt.

54

Nach Art. 26 AEUV erlässt die Union die erforderlichen Maßnahmen, um nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Verträge den Binnenmarkt zu verwirklichen beziehungsweise dessen Funktionieren zu gewährleisten (Abs. 1). Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist (Abs. 2). Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission die Leitlinien und Bedingungen fest, die erforderlich sind, um in allen betroffenen Sektoren einen ausgewogenen Fortschritt zu gewährleisten (Abs. 3). Bei der Formulierung ihrer Vorschläge zur Verwirklichung der Ziele des Art. 26 AEUV berücksichtigt die Kommission den Umfang der Anstrengungen, die einigen Volkswirtschaften mit unterschiedlichem Entwicklungsstand für die Errichtung des Binnenmarktes abverlangt werden, und kann geeignete Bestimmungen vorschlagen (Art. 27 Satz 1 AEUV). Falls die Kommission feststellt, dass vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, tritt sie mit den betreffenden Mitgliedstaaten in Beratungen ein (Art. 116 Abs. 1 AEUV). Führen die Beratungen nicht zur Beseitigung dieser Verzerrung, erlassen das Europäische Parlament und der Rat die erforderlichen Richtlinien (Art. 116 Abs. 2 AEUV).

55

Die Regelungen zeigen, dass die Verwirklichung des Binnenmarktes lediglich ein Politikziel darstellt, das unmittelbar weder rechtliche Pflichten der Mitgliedstaaten noch Rechte Einzelner begründet (vgl. zu Art. 2 EWGV: EuGH, Urteil vom 29. September 1987 - Rs. 126/86 -, Slg. 1987, 3697). Insbesondere aus Art. 116 AEUV ergibt sich keine Pflicht der Mitgliedstaaten, wettbewerbsverzerrende Vorschriften von sich aus zu ändern. Erst recht folgt aus ihm nicht, dass innerstaatliche Regelungen, welche die Verwirklichung des Binnenmarktes hemmen oder sein Funktionieren beeinträchtigen, ohne Weiteres unwirksam sind. Vielmehr kommt den Gemeinschaftsorganen die Aufgabe zu, wettbewerbsverzerrende Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Zusammenarbeit mit den betreffenden Mitgliedstaaten und unter Berücksichtigung der innerstaatlichen Rahmenbedingungen im Verlauf eines mehr oder weniger lange dauernden Prozesses anzugleichen. Daher kann für die vorliegende Entscheidung dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer zu Verzerrungen im innergemeinschaftlichen Wettbewerb führt.

56

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin begegnen das für die Wahl der Vollversammlung der Beklagten gesetzlich vorgegebene Gruppenwahlprinzip und die in der Wahlordnung der Beklagten vorgesehene indirekte Nachwahl von Mitgliedern der Vollversammlung (vgl. o.) auch im Hinblick auf ein „gemeinschaftsrechtliches Demokratieprinzip“ keinen rechtlichen Bedenken. Nach Art. 2 des Vertrags über die Fassung über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. Nr. C 306 S.1, ber. ABl. 2008 Nr. C 290 S. 1, im Folgenden: EUV) ist die Demokratie einer der Werte, auf die sich die Union gründet (S. 1) und die allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Art. 49 Abs. 1 Satz 1 EUV verpflichtet Staaten, die in die Union aufgenommen werden möchten, ebenfalls zur Achtung und Förderung dieser Werte.

57

Die Konkretisierung des in Art. 2 EUV enthaltenen Begriffs der Demokratie bereitet allerdings beträchtliche Schwierigkeiten (vgl. Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 6 EUV Rn. 16 ff., 21 ff.). Da die Vorschrift an die bestehenden unterschiedlichen demokratischen Systeme der Mitgliedstaaten anknüpft, kann der gemeinschaftsrechtliche Demokratiebegriff lediglich die von allen Mitgliedstaaten als essentiell anerkannten demokratischen Mindeststandards umfassen. Dass sich hieraus strengere Anforderungen an die innere Organisation funktionaler Selbstverwaltungskörperschaften ableiten lassen sollten als aus dem Demokratieprinzip in der Ausgestaltung durch das Grundgesetz (vgl. oben III.2), ist deshalb ausgeschlossen und wird von der Klägerin nicht näher begründet. Sie bezieht sich vielmehr maßgeblich auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Anforderungen an Einrichtungen der funktionalen Selbstverwaltung.

58

4 . Die angefochtene Beitrags- bzw. Vorauszahlungserhebung steht auch nicht im Widerspruch zu dem gemeinschaftsrechtliche Beihilfeverbot. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex. Art. 87 EGV) sind, soweit in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

59

Die Klägerin hat für ihre von der Beklagten bestrittene Behauptung, die Kammer gewähre bestimmten Unternehmen bzw. Wirtschaftszweigen Beihilfen im Sinne dieser Vorschrift bzw. habe solche gewährt, weder Beweis angeboten noch konkrete Beispiele benannt. Daher besteht keine Veranlassung, den Sachverhalt im Hinblick auf diesen Vorwurf von Amts wegen weiter aufzuklären. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beklagte keine Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV erbringt bzw. erbracht hat.

60

Darüber hinaus würde sich ein solcher Verstoß gegen die rechtlichen Grenzen der Betätigung der Beklagten aus den nachfolgend dargelegten Gründen ebenso wenig auf den Beitragsanspruch der Beklagten auswirken wie eine Überschreitung des ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs.

VI .

61

Die Höhe des festgesetzten Beitrags bzw. der Vorauszahlung ist im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Überschreitung des der Beklagten obliegenden Aufgabenkreises nicht zu beanstanden.

62

1. Der Klägerin ist im Ansatz insoweit zu folgen, als die Beeinträchtigung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. o.) durch die Pflichtzugehörigkeit zur Beklagten allein durch die Wahrnehmung der den Industrie- und Handelskammern gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gerechtfertigt ist. Daher hat sie einen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei ihrer Tätigkeit die ihr gesetzlich vorgegebenen Grenzen einhält (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010, a.a.O., m.w.N., ständige Rechtsprechung).

63

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist aber die mit Ablauf des Jahres 2008 beendete Beteiligung der Beklagten an der Flugplatz Bitburg GmbH von der ihr durch § 1 Abs. 1 IHK-G übertragenen Aufgabe umfasst, das Gesamtinteresse der ihr angehörenden Gewerbetreibenden wahrzunehmen und für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken. Hierzu kann auch die Beteiligung an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die den Betrieb eines Flugplatzes zum Gegenstand hat, gehören, wenn es im Interesse der gewerblichen Wirtschaft liegt, die Errichtung einer solchen Infrastruktureinrichtung vorzubereiten, zu planen oder in anderer Weise zu fördern (BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 - 1 C 29/99 - BVerwGE 112, 69).

64

Um eine solche Beteiligung an dem Umwandlungsprozess eines militärischen in einen zivilen Flugplatz im Interesse der Wirtschaft und nicht um eine dauerhafte Beteiligung an einer Flugplatzbetreibergesellschaft ging es bei der von der Vollversammlung der Beklagten am 11. März 2002 beschlossenen Beteiligung an der „Flugplatz Bitburg GmbH“. Durch diesen Beschluss wurde die Stammeinlage auf maximal 10.000 € und ein möglicher Zuschuss auf maximal 25.000 € begrenzt. Die Gesellschafterrolle sollte im Sinne einer Anschubfunktion zunächst auf maximal 5 Jahre befristet sein. In dem Gesellschaftsvertrag war festzuhalten, dass die Beklagte damit lediglich eine Anschubfunktion für den regionalwirtschaftlich bedeutsamen Verkehrslandeplatz leiste, der schwerpunktmäßig der Ansiedlung von flugaffinem Gewerbe diene.

65

Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Pläne für die Umwandlung des Flugplatzes Bitburg seien völlig unrealistisch gewesen, so dass die Beklagte den ihr bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zustehenden Ermessensspielraum möglicherweise überschritten hätte. So heißt es in der entsprechenden Beschlussvorlage, nachdem eine luftverkehrsrechtliche Genehmigung aus dem Jahre 1998 zunächst aufgehoben worden sei, gehe es nur noch darum, wie dem gebotenen Fluglärmschutz durch ein Lärmschutzkonzept Rechnung getragen werden könne. Es seien neben einer Vielzahl anderer Gewerbebetriebe bereits zwei flugaffine Unternehmen angesiedelt. Es fänden zudem Verhandlungen über die airline-spezifische Endlackierung verschiedener Airbus-Typen statt. In der Endstufe sollten 50 Dauerarbeitsplätze geschaffen werden. Angesichts dessen reicht die nicht näher begründete Auffassung der Klägerin, die Pläne zur Umwandlung des Flugplatzes Bitburg seien von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen, nicht aus, um eine Überschreitung des Aufgabenbereichs der Beklagten zu begründen.

66

Im Übrigen wäre die Absenkung des Umlagesatzes für das Jahr 2007 selbst dann nicht geboten gewesen, wenn die Stammeinlage in Höhe von 10.000 € und möglicherweise geleistete Zuschüsse in Höhe von maximal 25.000 € an die Beklagte zurückgeflossen wären. Dieser Betrag in Höhe von insgesamt 35.000 € entspricht circa 0,6 Prozent der in der Erfolgsrechnung der Beklagten für das Jahr 2007 ausgewiesenen Mitgliedsbeiträge in Höhe von 5.774.652 €. Dem entspräche eine Minderung des Umlagesatzes um weniger als 0,0025 Prozent.

67

3. Ob die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben ebenfalls berechtigt war, sich an der Rheinland-Pfälzischen Rundfunk GmbH & Co. KG zu beteiligen, lässt sich aufgrund des derzeitigen Erkenntnisstandes nicht hinreichend sicher beurteilen. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da auch diese mit Ablauf des Jahres 2008 beendete Beteiligung in Höhe von lediglich 511,29 € - nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten - selbst zusammen mit der Beteiligung an der Flugplatz Bitburg GmbH keine Auswirkungen auf die Höhe der Umlage hatte.

68

4. Die Klägerin vermag auch mit ihrer Rüge, die Beklagte sei zu Unrecht in den Bereichen Unternehmensberatung und Existenzgründung tätig, nicht durchzudringen, denn die Beratung einzelner Kammerangehöriger gehört zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft i.S.v. § 1 Abs. 1 und 2 IHK-G und damit zum Aufgabenbereich der Beklagten (Fräntzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 1 Rn. 23; BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - I ZR 278/88 -, GewArch 1991, 233 [Steuerhilfe durch eine Handwerkskammer]). Dass die Beklagte in den genannten Bereichen außerhalb des Kreises ihrer Mitglieder tätig war bzw. ist, hat die Klägerin weder geltend gemacht, noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor.

69

5. Selbst wenn man aber mit der Klägerin davon ausginge, die Beklagte habe in den genannten Fällen den Kreis der ihr zugewiesenen Aufgaben überschritten, hätte dies keine Auswirkungen auf den Beitragsanspruch für das Jahr 2007 bzw. den Vorauszahlungsanspruch für das Jahr 2009. Zwar verletzt eine Betätigung einer Industrie- und Handelskammer außerhalb ihres Aufgabenbereichs ihre Mitglieder in ihrer grundrechtlich garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. o.). Daher hat jedes Kammermitglied einen Anspruch darauf, dass die Kammer bei ihrer Tätigkeit die ihr gesetzlich vorgegebenen Grenzen einhält, und kann ihn im Wege einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage geltend machen (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010, a.a.O.).

70

Die Festsetzung der Beiträge bleibt von einer solchen Aufgabenüberschreitung hingegen grundsätzlich unberührt. Das Beitragsaufkommen ist nämlich in der Regel verwendungsneutral und stellt eine Gegenleistung für sämtliche mit der Kammertätigkeit verbundenen Vorteile dar. Der von einem Mitglied geforderte Beitrag lässt sich somit nicht in verschiedene Anteile aufteilen, die bestimmten von der Kammer ausgeübten Tätigkeiten zugeordnet werden könnten. Eine Minderung des Beitragsanspruchs führt zudem nicht unmittelbar und zwangsläufig zur Beendigung der als unzulässig anzusehenden Betätigung (BVerwG , Urteil vom 1. März 1977 - I C 42.74 -, GewArch 1977, 232;OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Januar 1997 - 11 A 12624/96.OVG -, NVwZ-RR 1997, 196; OVG Niedersachsen, Urteil vom 20. Mai 1996 - 8 L 647/95 -, GewArch 1996, 413).

71

Etwas anders könnte allenfalls dann gelten, wenn es um einen Sonderbeitrag zur Finanzierung einer außerhalb des Aufgabenbereichs liegenden Aktivität oder einen mit einer entsprechenden Zweckbestimmung versehenen Beitragsanteil ginge (vgl. BVerwG , Urteil v. 1. März 1977, a.a.O.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier jedoch nicht.

72

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Fall um Beiträge für vergangene Wirtschaftsjahre geht. Die in diesen Zeiten aufgrund der Aktivitäten der Beklagten entstandenen Kosten lassen sich nicht rückgängig machen, auch soweit sie auf einer Überschreitung des gesetzlichen Aufgabenbereichs beruhen sollten. Würde man die Mitgliedsbeiträge nachträglich im Hinblick auf eine Aufgabenüberschreitung mindern, bliebe die Kostenbelastung erhalten und müsste aus den Mitteln der Beklagten, also letztlich zu Lasten der Gemeinschaft der Mitglieder ausgeglichen werden. Dies würde sich letztlich wiederum auf die Summe der benötigten Mitgliedsbeiträge auswirken.

VII.

73

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Beitragsminderung im Hinblick auf die von ihr gerügten Verstöße gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Zwar verpflichtet § 3 Abs. 2 Satz 2 IHK-G die Beklagte, ihren jährlichen Wirtschaftsplan nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung aufzustellen. Insoweit steht ihr allerdings im Rahmen ihrer Selbstverwaltung ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. Jahn, GewArch 2008, 340 [344 f.]; Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O. Rn 27 ff.). Die ihr durch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gesetzten Grenzen überschreitet sie erst durch ein Verhalten, das mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin nicht vereinbar ist (vgl. zu der entsprechenden Regelung in § 93 Abs. 3 der Gemeindeordnung - GemO -: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 1974 - 7 A 21/74 -, AS 13, 412; Urteil vom 8. Juni 2007 - 2 A 10286/07.OVG -, ESOVG).

74

Soweit die Klägerin rügt, der Neubau der Niederlassung der Beklagten sei mit erheblichen Kosten verbunden gewesen und habe - was die Beklagte nicht in Abrede stellt - zur Auflösung der Rücklagen im Jahre 1999 und einer Darlehensaufnahme mit erheblichen Zinslasten geführt, lässt dies allein ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechterdings nicht zu vereinbarendes Gebaren nicht erkennen. Gleiches gilt für den Umfang der von der Klägerin als zu hoch empfundenen Aufwendungen für Versorgungsbezüge, den nach ihrer Auffassung zu hohen Personalbestand, die als zu gering empfundenen Zinseinkünfte in Höhe von 132.000 € bei einem Guthaben von 2.424.000 € (ca. 5,45 % Jahreszins) sowie die Bildung von Rücklagen trotz bestehender Darlehensverbindlichkeiten.

VIII.

75

Die Klägerin hat auch keine gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßende und damit unzulässige Vermögensbildung betrieben. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G dürfen Beiträge allerdings nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Kammer nicht anderweitig gedeckt sind. Sie dürfen somit nicht der Vermögensbildung dienen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990, a.a.O.). Eine unzulässige Vermögensbildung lassen die von der Klägerin erhobenen Rügen jedoch nicht erkennen.

76

a) Soweit sie darauf verweist, die in der Bilanz für das Jahr 2007 ausgewiesenen Aktiva bestünden zu 84 Prozent aus Grundstücken und Bauten, hat der Vertreter der Beklagten dies in der mündlichen Verhandlung wie folgt erläutert: Zu den in der Bilanz für das Jahr 2007 erfassten Immobilien habe noch das Anwesen ihrer vormaligen Niederlassung gehört. Dieses sei wegen der zuvor ungünstigen Bedingungen auf dem Immobilienmarkt erst im Jahre 2007 veräußert worden. Der Erlös aus diesem Geschäft sei ihr im Jahre 2008 zugeflossen. Das Konversionsgelände, das sie seinerzeit erworben habe, um darauf ihre neue Niederlassung zu errichten, sei mit vier Gebäuden bebaut gewesen. Diese habe sie abreißen und durch einen Neubau ersetzen wollen. Die Gebäude seien jedoch unter Denkmalschutz gestellt worden, so dass sie von ihrem ursprünglichen Plan habe abrücken müssen. Sie habe daraufhin alle vier Gebäude ausgebaut und die beiden, die sie für ihre Niederlassung nicht benötigt habe, vermietet. Es sei absehbar, dass sich die Investitionen in diese Gebäude in näherer Zukunft amortisierten.

77

Diese Ausführungen, denen die Klägerin nicht widersprochen hat, erscheinen glaubhaft und sind sachlich nachvollziehbar. So weist die Bilanz der Beklagten für 2009 lediglich Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten im Wert von 16.988.696,00 € aus, während die entsprechende Position sich in der Bilanz für 2007 auf 20.322.479,00 € beläuft. Das belegt die Verringerung des Immobilieneigentums der Klägerin infolge der Veräußerung der vormaligen Niederlassung. Der Umstand, dass sie mit der Veräußerung dieses Anwesens bis 2007 zuwartete, um einen höheren Erlös zu erzielen, ist nicht als unzulässige Vermögensbildung aufzufassen, sondern entspricht gerade dem in § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G verankerten Sparsamkeitsgebot.

78

Dass der Erwerb des Konversionsgeländes zum Bau einer neuen Niederlassung nach den ursprünglichen Plänen der Beklagten keine Maßnahme zum Zweck der unzulässigen Vermögensbildung darstellt, liegt auf der Hand. Diese Einschätzung gilt - zumindest derzeit - auch im Hinblick auf die beiden Gebäude, die von der Beklagten nicht selbst genutzt, sondern vermietet werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sie ursprünglich beabsichtigt hatte, die auf dem Anwesen vorhandenen Gebäude abzureißen und lediglich die für ihre Niederlassung benötigten Räumlichkeiten zu schaffen. Diese Pläne wurden allein durch die denkmalrechtliche Unterschutzstellung der Gebäude durchkreuzt. Die Sanierung und anschließende Vermietung der beiden von ihr selbst nicht genutzten Gebäude war somit eine naheliegende Möglichkeit, die durch die Unterschutzstellung entstandenen zusätzlichen finanziellen Belastungen auszugleichen. Der Ausbau dieser Gebäude und ihre Nutzung als Mietobjekt stehen somit in einem engen Zusammenhang mit der Errichtung der neuen Niederlassung. Darin ist jedenfalls solange keine unzulässige Vermögensbildung zu sehen, wie sich die diesbezüglichen Investitionen noch nicht amortisiert haben. Das ist nach den glaubhaften Angaben der Beklagten derzeit noch nicht der Fall.

79

b) Keine rechtlichen Bedenken bestehen auch hinsichtlich der in den Bilanzen der Beklagten für die Jahre 2007 und 2009 ausgewiesenen und von der Klägerin als zu hoch beanstandeten Summe aus Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro (2007) bzw. 4,3 Millionen Euro (2009). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen erläutert, dass es sich hierbei im Wesentlichen um Mittel im Rahmen der gebildeten Ausgleichsrücklagen im Sinne ihres Finanzstatuts vom 1. Dezember 2005 handelt.

80

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts ist zum Ausgleich von Schwankungen im Beitragsaufkommen eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 und 50 Prozent der Betriebsaufwendungen beträgt. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Rücklagen in angemessener Höhe keine unzulässige Vermögensbildung darstellen. Der vorgeschriebene Umfang der Rücklage erscheint nicht unangemessen. Die Beklagte hat nämlich glaubhaft dargelegt, ein um mehrere Monate verzögerter Beitragseingang sei nicht ungewöhnlich, und die beanstandeten Guthaben dienten dazu, in einem solchen Fall kostspielige Kassenkredite zu vermeiden.

81

Angesichts des in den Erfolgsrechnungen der Beklagten ausgewiesenen Betriebsaufwands in Höhe von rund 6,93 Millionen Euro (2007) bzw. 7,65 Millionen Euro (2009) ist davon auszugehen, dass es sich bei den von der Klägerin beanstandeten Finanzmitteln jedenfalls ganz überwiegend um solche Rücklagen zum Ausgleich von Beitragsschwankungen handelt. Auch insoweit liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine unzulässige Vermögensbildung vor.

82

c) Die in den Bilanzen der Beklagten ausgewiesenen Rückstellungen für Pensionen und sonstige Verpflichtungen sind im Hinblick auf das Verbot der Vermögensbildung ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, diese Rückstellungen würden von einem externen Gutachter anhand der bestehenden rechtlichen Verpflichtungen berechnet. Seine Feststellungen würden von ihr übernommen. Die Klägerin ist diesem Vorbringen nicht entgegengetreten, so dass auch insoweit kein Grund für eine weitere Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen besteht.

83

d) Die Rüge der Klägerin, die Beklagte habe keine Kalkulation der von ihr erhobenen Beiträge vorgelegt, begründet ebenfalls keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung. Nach den Erfolgsrechnungen der Beklagten wurde das geplante Beitragsaufkommen von 5.750.000 € (2007) bzw. 6.200.000 € (2009) im Jahre 2007 um 24.652,66 € und im Jahre 2009 um 138.432,23 € übertroffen. Eine solche geringfügige Abweichung von rund 0,43 % (2007) bzw. 2,23 % (2009) lässt nicht erkennen, dass die Beklagte die Beitragssätze im Hinblick auf den von ihr ermittelten Finanzbedarf unter Berücksichtigung bestehender Prognoseunsicherheiten fehlerhaft kalkuliert haben könnte.

IX.

84

Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip ist nicht ersichtlich. Nach dieser beitragsrechtlichen Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedarf die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem gewährten Vorteil stehen. Es ist allerdings in der Rechtsprechung geklärt, dass ein die Beitragspflicht rechtfertigender Vorteil selbst dann vorhanden sein kann, wenn der Nutzen der von der Kammer finanzierten Tätigkeiten für das einzelne Mitglied nicht messbar ist, sondern weitgehend nur vermutet werden kann. Es liegt in der Natur eines Mitgliedsbeitrags, dass sich der Zusammenhang zwischen dem Erhebungsanlass und dem Vorteil des Pflichtigen zu einer bloßen Vermutung des Vorteils verflüchtigen kann (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990, a.a.O.; Beschluss vom 3. Mai 1995 - 1 B 222/93 -, GewArch 1995, 425). Somit greift der Einwand der Klägerin, sie habe keinen ihrem Beitrag entsprechenden Nutzen von der Tätigkeit der Beklagten gehabt, nicht durch. Zudem haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung nachvollziehbar erläutert, dass sie beispielsweise Fachveranstaltungen zu auch die Klägerin betreffende Themen anbietet. Ein Teilnahmeverzicht lässt aber den der Klägerin dadurch vermittelten beitragsrelevanten Vorteil nicht entfallen.

X.

85

Die streitgegenständliche Beitrags- und Vorauszahlungsfestsetzung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Er gebietet, niemanden im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, ohne dass zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Bei der Erhebung vorteilsbezogener Mitgliedsbeiträge durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist daher wesentlichen Verschiedenheiten der Mitglieder Rechnung zu tragen. Insbesondere müssen die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden (BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1995, a.a.O.). Insoweit besteht eine enge Verbindung zwischen dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Äquivalenzprinzip (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990, a.a.O.).

86

Die Festsetzung des Beitrags für das Jahr 2007 bzw. der Vorauszahlung für das Jahr 2009 verletzt die Klägerin jedoch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung, und zwar weder im Hinblick auf die übrigen Mitgliedern der Beklagten (1.) noch im Hinblick auf die Mitglieder anderer Industrie- und Handelskammern (2.).

87

1. Es begegnet keinen Bedenken, dass die Beklagte den zu erhebenden Grundbeitrag staffelt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG i.V.m. Ziff. II.2. WS 2007/WS 2009) und hierbei sowie bei der Festsetzung der Umlage auf den Gewerbeertrag bzw. den Gewinn aus Gewerbebetrieb abstellt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 6 IHK-G i.V.m. Ziff. II.3 WS 2007/WS 2009). Dieser Anknüpfung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder liegt die Vorstellung zugrunde, leistungsstarke Unternehmen könnten aus der der Kammer aufgegebenen Wahrnehmung des Gesamtinteresses ihrer Mitglieder in der Regel höheren Nutzen ziehen als wirtschaftlich schwächere. Eine solche Differenzierung erscheint sachgerecht, auch wenn - wie dargelegt - der Nutzen, den ein Mitglied aus seiner Kammerzugehörigkeit zieht, im konkreten Einzelfall kaum messbar sein mag (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990, a.a.O.). Angesichts dessen gebietet der allgemeine Gleichheitssatz auch nicht, den Anstieg des Umlagebetrags für ertragsstarke Unternehmen durch gestaffelte Umlagesätze abzuschwächen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990, a.a.O.).

88

2. Soweit die Klägerin geltend macht, die Umlagesätze anderer rheinland-pfälzischer Industrie- und Handelskammern seien zum Teil deutlich niedriger als der der Beklagten, trifft dies zwar zu. So betrugen diese in den Jahren 2007 und 2009 bei der IHK Koblenz 0,19 % bzw. 0,13 %, bei der IHK Pfalz 0,33 % bzw. 0,3 % und bei der IHK Rheinhessen 0,25 % bzw. 0,05 % (jeweils nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz ist hierin jedoch nicht zu sehen.

89

a) Der Gleichbehandlungsanspruch ist nämlich auf den Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlicher Gewalt beschränkt. Deshalb folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG kein Recht darauf, von einem Träger öffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtsträger von einem anderen Träger öffentlicher Gewalt (BVerfG, Beschluss vom 1. März 2010 - 1 BvR 2584/06 -, NVwZ-RR 2010, 505 m.w.N.). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Februar 1994 (- 1 BvR 1237/85 -, BVerfGE 89, 365) einen Anspruch der Angehörigen verschiedener Allgemeiner Ortskrankenkassen auf annähernd gleiche Beitragssätze bejaht. Diese Entscheidung beruht jedoch maßgeblich auf den Besonderheiten des gesetzlichen Krankenversicherungswesens und ist somit auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

90

b) Darüber hinaus sind die strukturellen Unterschiede zwischen den rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern so erheblich, dass die Beitragsunterschiede hierdurch sachlich gerechtfertigt sind. Nach den von der Beklagten vorgelegten und von der Klägerin nicht infrage gestellten Zahlen stellen sich die Verhältnisse folgendermaßen dar:

91
        

Mitglieder
2007

Gewerbeertrag
2007 in Mio. €

Gewerbeertrag
2007 pro
Mitglied ca.

 Umlage in %

 2007

2009

IHK Trier

27.927

850

30.000

 0,39

0,39

IHK Koblenz

86.066

3.140

36.000

 0,19

0,13

IHK Pfalz

77.542

2.260

29.000

 0,33

0,3

IHK
Rheinhessen

33.692

2.626

78.000

 0,25

0,05

92

Danach ist die Beklagte die mit zum Teil erheblichem Abstand mitgliederschwächste rheinland-pfälzische Industrie- und Handelskammer. Ihre Mitglieder erzielen einen insgesamt erheblich geringeren Gewerbeertrag als die der anderen Kammern. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, wenn die Beklagte darauf hinweist, dass ein gewisser Aufwand bei jeder Kammer unabhängig von der Zahl ihrer Mitglieder anfällt, und dieser sich bei ihr auf die Beitragsbelastung je Mitglied tendenziell stärker auswirkt als bei den mitgliederstärkeren Kammern.

93

Ein Vergleich der Beitragsbelastung der Mitglieder der verschiedenen Kammern kann auch nicht lediglich anhand der Umlagesätze erfolgen, sondern muss daneben auch den jeweils unterschiedlich hoch festgesetzten Grundbeitrag in den Blick nehmen. So hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen erläutert, ein Betrieb mit einem jährlichen Gewerbeertrag von 25.000 € müsse im Bezirk Rheinhessen trotz des niedrigeren Umlagesatzes einen deutlich höheren Beitrag zahlen als im Bezirk der Beklagten. Die tatsächliche Beitragsbelastung der Betriebe lässt dich daher nicht allein aus dem konkreten Umlagesatz der Kammer ableiten, der sie angehören.

94

Im Übrigen obliegt es der Beklagten, insbesondere ihrer demokratisch legitimierten Vollversammlung, in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts den Umfang ihrer Tätigkeiten und der hierfür erforderlichen finanziellen und sächlichen Mittel selbst zu bestimmen, solange sie ihren gesetzlichen Aufgabenbereich und die ihr durch den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gesteckten Grenzen (vgl. o.) nicht überschreitet. Der allgemeine Gleichbehandlungssatz zwingt sie nicht dazu, ihre Aktivitäten einzuschränken bzw. die nach ihrer Einschätzung hierfür erforderlichen Mittel zu reduzieren, um die Mitgliedsbeiträge ihrer Mitglieder an das niedrigere Niveau anderer Kammern anzugleichen.

XI.

95

Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die Beklagte in ihrer Wirtschaftssatzung für das Jahr 2009 nicht mit einer Beitragssenkung auf den Erlass des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (vom 14. August 2007, BGBl. I S. 1912) und die Finanzkrise reagiert hat. Sie hat glaubhaft erläutert, sie habe die Auswirkungen dieser Ereignisse auf die Ertragsentwicklung ihrer Mitglieder bislang noch nicht hinreichend zuverlässig abschätzen können, da ihr die hierfür erforderlichen Informationen seitens der Finanzämter erst nach und nach zugingen.

96

Darüber hinaus hat die Beklagte dem Anliegen der Klägerin bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie die Vorauszahlung abweichend von § 16 BO 2006/BO 2007 i.V.m. Ziff. 5 WS 2007/WS 2009 unter Zugrundelegung eines unterstellten geringeren Gewerbeertrags erheblich reduziert hat. Auf der Grundlage des von der Klägerin im Jahre 2007 erzielten Gewerbeertrags entspräche die Reduzierung einem Umlagesatz von ca. 0,22 Prozent.

XII.

97

Es besteht keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die im Hilfsantrag der Klägerin aufgeführten Fragen gemäß Art. 267 AEUV (Art. 234 EGV) zur Vorabentscheidung vorzulegen. Eine Vorlagepflicht besteht nach dieser Vorschrift nicht, da das Urteil mit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 VwGO) angefochten werden kann und die Vorlagefragen revisibles Recht (§ 137 VwGO) betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. März 1986 - 3 B 3.86 -, Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 59). Zudem sind, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, die maßgeblichen Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof entweder bereits geklärt, oder es ist offenkundig, wie sie zu beantworten sind (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 -, NJW 2010, 1268).

98

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

99

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

100

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

101

Beschluss

102

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 33.681,90 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt den Teilerlass des Kammerbeitrags für das Jahr 2006.
Die Klägerin, die ihren Sitz in Hamburg hat, unterhält im Kammerbezirk der Beklagten mehre Betriebsstätten und ist danach Kammermitglied bei der Beklagten. Mit Wirkung vom 29.06.2006 veräußerte der Mutterkonzern der Klägerin seine Sparte „S.“. Ein Betrieb dieser Sparte war in B. und damit im Kammerbezirk der Beklagten angesiedelt. Aus der Veräußerung der Sparte erzielte die Klägerin insgesamt ein außerordentliches Ergebnis (nach Gewerbesteuer) von 253, 6 Millionen Euro; der gesamte Gewerbeertrag betrug ca. 461 Millionen.
Mit Bescheid vom 11.02.2009 setzte die Beklagte den Kammerbeitrag für 2006 auf den Betrag von 137.986,54 EUR fest. Bemessungsgrundlage hierfür ist der Gewerbeertrag für das Jahr 2006 in Höhe von 65.707.977,40 EUR (Zerlegungsanteil für den Bezirk der Beklagten) multipliziert mit dem Hebesatz von 0,210 %.
Mit Schreiben vom 04.03.2009 beantragte die Klägerin eines Teilerlass des Beitrags für 2006 in Höhe von 67.986,64 EUR. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass sich der Gewerbeertrag im Wirtschaftsjahr 2006 allein wegen des einmaligen Ereignisses des Verkaufs der Sparte „S.“ gegenüber dem normalen Ergebnis mehr als verdoppelt habe. Zwar bestimme sich der Umlageanteil des Beitrages nach dem Zerlegungsanteil der einzelnen Kammern am Gewerbeertrag. Anders als für Kapitalgesellschaften und gleichgestellte Unternehmen gehöre der Gewinn aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebes oder eines Teiles davon bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften nicht zum Gewerbeertrag. Diese Unausgewogenheit im steuerrechtlichen Bereich sollte nicht auch noch auf den Kammerbeitrag durchschlagen, so dass ein Teilerlass beantragt werde.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.03.2009 den Antrag auf Teilerlass ab. Nach § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung könnten im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise Beiträge erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Kammerzugehörigen werde an den Begriff der „unbilligen Härte“ jedoch ein strenger Maßstab angelegt. Die Voraussetzungen hierfür seien im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2009 Widerspruch. Die Veräußerung einer ganzen Konzernsparte stelle auch für einen Konzern wie den der Klägerin einen außergewöhnlichen Vorgang dar. Ein Teilerlass sei daher gerade eine geeignete und notwendige Maßnahme um die Gleichbehandlung mit den anderen Kammermitgliedern wieder herzustellen, da hier die Höhe des Gewerbeertrages für das Jahr 2006 gerade maßgeblich durch den Verkauf bestimmt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Beitragsveranlagung für das Jahr 2006 sei auf der Basis der Bestimmungen des IHK-Gesetzes sowie der entsprechenden Wirtschaftssatzung der Beklagten korrekt erfolgt. Bezüglich der Möglichkeiten eines Erlasses seien die Grenzen dort zu sehen, wo über einen Erlass die insoweit eindeutigen Vorgaben des Gesetzgebers missachtet bzw. diese gegebenenfalls korrigiert würden. Deshalb wäre der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verletzt, wenn die Beklagte allein die Tatsache einer signifikanten Änderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage aufgrund eines Sondereffekts zum Anlass für einen Erlass nehmen würde. Eine Berücksichtigung der durch die Aufgabe eines Betriebsteils oder einer Konzernsparte verursachten Effekte sehe das Gesetz gerade nicht vor, obwohl entsprechende Vorgänge seit jeher stattfänden. Es sei folglich auch nicht möglich, aufgrund eines solchen Vorgangs eine unbillige oder auch sachliche Härte anzunehmen und auf diesem Wege eine gesetzlich nicht vorgesehene Regelausnahme einzuführen.
Am 06.11.2009 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Die Beklagte lege in ihrer Beitragsordnung zur Bemessung des Beitrages einen rein linearen Zusammenhang zum Gewerbeertrag fest. Dies führe zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips. Auch sei darauf hinzuweisen, dass es bei den verschiedenen Kammern einen sehr unterschiedlichen Beitragssatz gebe. Dies entspreche möglicherweise nicht dem Gleichheitsgebot. Im Rahmen der Erlassvorschrift des § 19 der Beitragsordnung sei eine Prüfung des einzelnen Falles erforderlich. Ohne eine solche Prüfung und den damit verbundenen Vergleich mit den Bemessungsgrundlagen des Durchschnitts der Kammermitglieder im IHK-Bezirk sei ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gegeben. Die Erlassvorschrift werde von der Beklagten ermessensfehlerhaft auf die Fälle persönlicher Härte beschränkt. Auch wenn die Höhe des Gewerbeertrages in der Regel ein zutreffendes Bild von der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens wiedergebe, werde die vorgeschriebene gleichmäßige Behandlung aller Kammerzugehörigen verletzt, wenn dieser Zusammenhang in der Praxis schematisch dazu benutzt werde, das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 19 der Beitragsordnung zu verneinen und als Begründung auf die Festsetzung durch das Finanzamt zu verweisen. Dieser Hinweis sei prinzipiell untauglich für die Beurteilung der Frage, ob ein Härte vorliege, da diese wegen der schematischen Umsetzung der durch das zuständige Finanzamt festgesetzten Bemessungsgrundlage ja gerade erst eintrete. Für die Beantwortung der Frage, ob - wie im Falle der Klägerin - eine sachliche Härte vorliege, gebe dieses Vorgehen erkennbar nichts her. Dazu sei auf die Komponente der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage des jeweiligen Erhebungszeitraums abzustellen. Diese setze sich grundsätzlich aus den Erträgen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (betriebliches Ergebnis) und aus dem Finanzergebnis zusammen. Außerordentliche Ergebnisse einschließlich der Ergebnisse aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen und Geschäftsaktivitäten würden grundsätzlich einer dieser Kategorien zugeordnet, allerdings mit Ausnahme von derart außergewöhnlichen Ergebnissen, für die wegen der gebotenen Transparenz des Jahresabschlusses eine gesonderte Ausweisung vorgeschrieben sei (§ 277 Abs. 4 HGB). Zu dieser Kategorie gehöre das außerordentliche Ergebnis aus der Veräußerung der Sparte S. , das qualitativ und quantitativ weit über die vorgenannten - im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb auftretenden - Veräußerungsergebnisse hinausgehe. Wegen der Regelungen in § 277 Abs. 4 HGB sei auch der Nachweis entsprechender Vorgänge im Rahmen der Prüfung eines Erlassantrags unschwer möglich und führe nicht zu einer unangemessenen administrativen Belastung seitens der Beklagten, zumal das Erlassverfahren kein Massenverfahren sei. Die Erhebung der Umlage auf ein außerordentliches Ergebnis i.S.v. § 277 Abs. 4 HGB führe ersichtlich zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Klägerin im Vergleich zum Durchschnitt der übrigen Kammerzugehörigen, weil derartige Vorgänge bei der Mehrheit der Kammermitglieder selten seien. Ferner wachse der Kammer in derartigen außerordentlichen Veräußerungsfällen eine additionelle Bemessungsgrundlage zu, da an einen anderen Unternehmensträger veräußerte Betriebe ihre Leistungskraft prinzipiell nicht verlören. Die Kammer könne daher von einer fortgesetzten Beitragsleistung dieser Betriebe ausgehen und erhalte zusätzlich die volle Umlage auf das außerordentliche Verkaufsergebnis. Dieses offensichtlich unangemessene Ergebnis sei durch einen rechtsfehlerfreien Gebrauch der Erlassvorschrift des § 18 der Beitragsordnung vermeidbar und daher herbeizuführen.
Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich eine Verletzung des Äquivalenzprinzips aus der völligen Beitragsfreiheit großer Teile der Mitglieder ergebe. So hätten nach der Gewerbesteuerstatistik 2004 61 % der Gewerbesteuerpflichtigen einen Steuermessbetrag von Null und würden somit zu den Kammerbeiträgen maximal mit dem Grundbetrag herangezogen.
10 
Die Klägerin beantragt,
11 
den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Kammerbeitrag für das Jahr 2006 in einer Höhe von 67.986,54 EUR zu erlassen.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Einwendungen gegen den Beitragsbescheid vom 11.03.2009 seien unbeachtlich, da dieser bestandskräftig geworden sei. Ein Erlassantrag könne stets nur mit den Umständen des Einzelfalles begründet werden und sei nicht dazu geeignet, Einwände gegen das Gewerbesteuerrecht zu berücksichtigen und indirekt den Gewerbeertrag oder den Zerlegungsanteil zu korrigieren. Eine persönliche Härte sei nicht erkennbar, auch keine unbillige Härte aus sachlichen Gründen. Sachliche Unbilligkeit setze voraus, dass die Erhebung einer Abgabe nach dem Zweck der zugrundeliegenden Norm nicht zu rechtfertigen sei und deren Wertungen zuwiderlaufe. Dabei müssten jedoch sämtliche Folgen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringe. Eine Billigkeitsmaßnahme dürfte nicht dazu führen, dass die generelle Geltungsanordnung einer Rechtsgrundlage unterlaufen werde. Nach § 3 Abs. 3 S. 6 IHKG i.V.m. § 7 Abs. 1 der Beitragsordnung richte sich die Kammerumlage nach dem Gewerbeertrag. Diese gesetzliche Verknüpfung sei vom Normgeber gewollt und könne daher im Erlassverfahren nicht überprüft werden. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Bemessung der Beitragsforderung nach dem Gewerbeertrag im Falle der Klägerin unbillig sein solle. Eine Ungleichbehandlung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielten, in gleicher Weise zum Beitrag herangezogen würden. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass es sich bei der Veräußerung von Betriebsteilen um einen einmaligen Vorgang handele, der nur selten anfalle. Die Art des gewerblichen Vorgangs, aus dem ein Gewerbeertrag entstanden sei, bleibe nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers im Regelfall ohne Bedeutung. Auch der Umstand, dass der Veräußerungserlös nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“ im Jahresabschluss gesondert auszuweisen war, gebiete keine andere Beurteilung, da diese Vorschrift erkennbar einen anderen Schutzzweck verfolge.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Teilerlass des Beitrags für das Jahr 2006 noch ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
17 
Rechtsgrundlage für den begehrten teilweisen Beitragserlass ist § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung der Beklagten vom 07.09.2007- BO -. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BO können Beiträge auf Antrag im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller IHK-Zugehörigen ist an den Begriff nach Satz 2 der Regelung ein strenger Maßstab anzulegen.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Teilerlass liegen bereits nicht vor, da die Erhebung des Beitrags keine unbillige Härte i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 BO darstellt. Die Beitragsordnung selbst enthält keine nähere Konkretisierung des Begriffs der „unbilligen Härte“. Die Beklagte orientiert sich bei der Auslegung ersichtlich an den einschlägigen abgabenrechtlichen Definitionen. Eine unbillige Härte kann sich danach grundsätzlich aus persönlichen oder/und aus sachlichen Gründen ergeben. Vorliegend hat sich die Klägerin nicht auf persönliche Härtegründe berufen, in Betracht kommen danach allein sachliche Unbilligkeitsgründe.
19 
Eine sachliche Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Abgabenverhältnis zwar nach dem Wortlaut des Abgabentatbestandes gegeben ist, seine Geltendmachung im Einzelfall aber mit dem Zweck der Norm nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertung zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.1999 - 11 C 7.99 -, DVBl 2000, 1218). Bei der Prüfung der Frage, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, müssen jedoch grundsätzlich solche Erwägungen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Eine Billigkeitsmaßnahme darf - auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - dazu führen, die generelle Gültigkeitsanordnung des den Steueranspruch , bzw. hier des Abgabenanspruchs, begründenden Gesetzes (Satzung) zu unterlaufen (vgl. BFH, Urt. v. 26.10.1994 - X R 104/92 -, juris). Härten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, stehen einem Erlass entgegen (BFH, Urt. v. 23.10.2003 - V R 2/02 -, juris).
20 
Anknüpfungspunkt für die Festsetzung des IHK-Beitrages ist nach § 3 IHK-Gesetz und die auf dem IHK-Gesetz beruhende Beitragsordnung und Haushaltsatzung der Beklagten die vom Finanzamt im Einzelfall festgesetzte Gewerbesteuer. Die Anknüpfung an die Veranlagung zur Gewerbesteuer soll im Interesse einer einfachen Handhabung die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden im vorangegangen Verfahren nutzbar machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1965 - 7 C 52.62 -, BVerwGE 22, 58); der festgesetzten Gewerbesteuer kommt daher Tatbestandswirkung für die Beitragsfestsetzung durch die Beklagte zu. Einwendungen gegen die Höhe der Gewerbesteuer sind daher in dem dafür vorgesehen Verfahren geltend zu machen. Die Klägerin bezweifelt nicht, dass der Verkauf der Halbleitersparte grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig war. Weiter steht fest, dass dieser Verkaufsvorgang, aus dem die Klägerin den festgesetzten Gewerbeertrag erzielt hat, nach dem Gewerbesteuergesetz als regelmäßige gewerbliche Tätigkeit angesehen wird und dieser Ertrag ebenso der Gewerbesteuerpflicht unterliegt wie andere Erträge anderer Gewerbebetriebe, die in der gleichen Unternehmensform geführt werden. Dann jedoch ist nicht ersichtlich, weshalb die generell vorgeschriebene Verknüpfung der Beitragsberechnung mit dem Gewerbeertrag gerade in dem Einzelfall der Klägerin unbillig sein soll (vgl. auch VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 - 3 K 965/09 -). Es ist insoweit vielmehr eine - vom Gesetzgeber - gewollte systemimmanente Härte, dass ein - wie auch immer gelagerter - geschäftlicher Vorgang eines Unternehmens, der zur Erhöhung des Gewerbeertrags in einem Geschäftsjahr führt, entsprechend der Tatbestandswirkung der Festsetzung der Gewerbesteuer bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist und die Verknüpfung zwischen der Höhe des Gewerbeertrags und der Beitragshöhe nicht im Rahmen einer nachfolgenden Billigkeitsentscheidung Berücksichtigung finden kann. Die Art des gewerblichen Vorganges, aus dem heraus der Gewerbeertrag entstanden ist, ist demnach für das Erlassverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Klägerin zielt mit ihrer Argumentation vielmehr darauf ab, dass in solchen Fällen eines außergewöhnlichen Ertrages letztlich stets die Beitragsfestsetzung ohne Berücksichtigung des auf eine Veräußerung eines Betriebsteiles fallenden Gewerbeertrags erfolgen soll. Hierzu wäre jedoch allein der Gesetzgeber im Rahmen einer Regelung nach § 3 Abs. 3 - 4 IHKG berufen.
21 
Dass die Höhe des Beitrags allein die sachliche Unbilligkeit begründen könnte, ist ebenso ausgeschlossen, weil nach den Grundlagen der Beitragsbemessung alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielt haben, den gleichen Beitrag zu zahlen haben. Folglich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass derartige Fallkonstellationen wie bei der Klägerin alleine auch in anderen Fällen keinen Beitragserlass zu begründen vermögen.
22 
Schließlich ergibt sich die sachliche Unbilligkeit auch nicht aus dem Verweis der Klägerin auf die Notwendigkeit der Ausweisung des Verkaufserlöses im Jahresabschluss nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“. Hierzu hat das VG Aachen in seiner Entscheidung vom 19.01.2010 (a.a.O.) bereits zutreffend darauf verwiesen, dass die Regelung des § 277 Abs. 4 HGB dem Schutz der Adressaten des Jahresabschlusses dient. Im Unterschied zum Ergebnis gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstammen die in der Vorschrift genannten außergewöhnlichen Erträge bestimmten Sondereffekten, die im Vorfeld in aller Regel nicht vorhersehbar waren und die auch für die Zukunft nicht kalkulierbar sind. Gerade die zukünftige Ertragsentwicklung eines Unternehmens ist von besonderem Interesse für den Adressaten des Jahresabschluss, den die in Aussicht stehenden Reinerträge, etwa als Entscheidungsgrundlage für einen Anteilskauf oder -verkauf, stärker interessieren dürften als bereits realisierte Erträge. Daher sind solche außerordentlichen Erträge getrennt von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahresabschluss darzustellen. Hieraus lässt sich jedoch weder etwas für die steuerliche noch beitragsrechtliche Behandlung solcher außergewöhnlicher Erträge herleiten. Für die Leistungskraft des einzelnen Kammermitglieds in dem jeweiligen Beitragsjahr ist es vielmehr unerheblich, ob der Gewerbeertrag aus „normaler“ Geschäftstätigkeit oder Sondereffekten im Sinne des § 277 Abs. 4 HGB herrührt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 a.a.O.).
23 
Mit dem Vortrag, wonach die rein lineare Beitragsbemessung der Beklagten gegen das Äquivalenzprinzip verstoße, macht die Klägerin Einwendungen gegen die - bestandskräftige - Beitragsfestsetzung als solche geltend, mit denen die Klägerin im Erlassverfahren nicht gehört werden kann. Gleiches gilt, soweit die Klägerin auf die unterschiedlichen Beitragsbemessungen nach verschiedenen Umlagesätzen in den einzelnen IHK-Regionen im Bundesgebiet verweist.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Beschluss vom 01. Juli 2010
26 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG auf 67.986,54,-- EUR (Höhe des begehrten Beitragserlasses) festgesetzt.

Gründe

 
16 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Teilerlass des Beitrags für das Jahr 2006 noch ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
17 
Rechtsgrundlage für den begehrten teilweisen Beitragserlass ist § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung der Beklagten vom 07.09.2007- BO -. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BO können Beiträge auf Antrag im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller IHK-Zugehörigen ist an den Begriff nach Satz 2 der Regelung ein strenger Maßstab anzulegen.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Teilerlass liegen bereits nicht vor, da die Erhebung des Beitrags keine unbillige Härte i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 BO darstellt. Die Beitragsordnung selbst enthält keine nähere Konkretisierung des Begriffs der „unbilligen Härte“. Die Beklagte orientiert sich bei der Auslegung ersichtlich an den einschlägigen abgabenrechtlichen Definitionen. Eine unbillige Härte kann sich danach grundsätzlich aus persönlichen oder/und aus sachlichen Gründen ergeben. Vorliegend hat sich die Klägerin nicht auf persönliche Härtegründe berufen, in Betracht kommen danach allein sachliche Unbilligkeitsgründe.
19 
Eine sachliche Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Abgabenverhältnis zwar nach dem Wortlaut des Abgabentatbestandes gegeben ist, seine Geltendmachung im Einzelfall aber mit dem Zweck der Norm nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertung zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.1999 - 11 C 7.99 -, DVBl 2000, 1218). Bei der Prüfung der Frage, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, müssen jedoch grundsätzlich solche Erwägungen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Eine Billigkeitsmaßnahme darf - auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - dazu führen, die generelle Gültigkeitsanordnung des den Steueranspruch , bzw. hier des Abgabenanspruchs, begründenden Gesetzes (Satzung) zu unterlaufen (vgl. BFH, Urt. v. 26.10.1994 - X R 104/92 -, juris). Härten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, stehen einem Erlass entgegen (BFH, Urt. v. 23.10.2003 - V R 2/02 -, juris).
20 
Anknüpfungspunkt für die Festsetzung des IHK-Beitrages ist nach § 3 IHK-Gesetz und die auf dem IHK-Gesetz beruhende Beitragsordnung und Haushaltsatzung der Beklagten die vom Finanzamt im Einzelfall festgesetzte Gewerbesteuer. Die Anknüpfung an die Veranlagung zur Gewerbesteuer soll im Interesse einer einfachen Handhabung die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden im vorangegangen Verfahren nutzbar machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1965 - 7 C 52.62 -, BVerwGE 22, 58); der festgesetzten Gewerbesteuer kommt daher Tatbestandswirkung für die Beitragsfestsetzung durch die Beklagte zu. Einwendungen gegen die Höhe der Gewerbesteuer sind daher in dem dafür vorgesehen Verfahren geltend zu machen. Die Klägerin bezweifelt nicht, dass der Verkauf der Halbleitersparte grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig war. Weiter steht fest, dass dieser Verkaufsvorgang, aus dem die Klägerin den festgesetzten Gewerbeertrag erzielt hat, nach dem Gewerbesteuergesetz als regelmäßige gewerbliche Tätigkeit angesehen wird und dieser Ertrag ebenso der Gewerbesteuerpflicht unterliegt wie andere Erträge anderer Gewerbebetriebe, die in der gleichen Unternehmensform geführt werden. Dann jedoch ist nicht ersichtlich, weshalb die generell vorgeschriebene Verknüpfung der Beitragsberechnung mit dem Gewerbeertrag gerade in dem Einzelfall der Klägerin unbillig sein soll (vgl. auch VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 - 3 K 965/09 -). Es ist insoweit vielmehr eine - vom Gesetzgeber - gewollte systemimmanente Härte, dass ein - wie auch immer gelagerter - geschäftlicher Vorgang eines Unternehmens, der zur Erhöhung des Gewerbeertrags in einem Geschäftsjahr führt, entsprechend der Tatbestandswirkung der Festsetzung der Gewerbesteuer bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist und die Verknüpfung zwischen der Höhe des Gewerbeertrags und der Beitragshöhe nicht im Rahmen einer nachfolgenden Billigkeitsentscheidung Berücksichtigung finden kann. Die Art des gewerblichen Vorganges, aus dem heraus der Gewerbeertrag entstanden ist, ist demnach für das Erlassverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Klägerin zielt mit ihrer Argumentation vielmehr darauf ab, dass in solchen Fällen eines außergewöhnlichen Ertrages letztlich stets die Beitragsfestsetzung ohne Berücksichtigung des auf eine Veräußerung eines Betriebsteiles fallenden Gewerbeertrags erfolgen soll. Hierzu wäre jedoch allein der Gesetzgeber im Rahmen einer Regelung nach § 3 Abs. 3 - 4 IHKG berufen.
21 
Dass die Höhe des Beitrags allein die sachliche Unbilligkeit begründen könnte, ist ebenso ausgeschlossen, weil nach den Grundlagen der Beitragsbemessung alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielt haben, den gleichen Beitrag zu zahlen haben. Folglich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass derartige Fallkonstellationen wie bei der Klägerin alleine auch in anderen Fällen keinen Beitragserlass zu begründen vermögen.
22 
Schließlich ergibt sich die sachliche Unbilligkeit auch nicht aus dem Verweis der Klägerin auf die Notwendigkeit der Ausweisung des Verkaufserlöses im Jahresabschluss nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“. Hierzu hat das VG Aachen in seiner Entscheidung vom 19.01.2010 (a.a.O.) bereits zutreffend darauf verwiesen, dass die Regelung des § 277 Abs. 4 HGB dem Schutz der Adressaten des Jahresabschlusses dient. Im Unterschied zum Ergebnis gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstammen die in der Vorschrift genannten außergewöhnlichen Erträge bestimmten Sondereffekten, die im Vorfeld in aller Regel nicht vorhersehbar waren und die auch für die Zukunft nicht kalkulierbar sind. Gerade die zukünftige Ertragsentwicklung eines Unternehmens ist von besonderem Interesse für den Adressaten des Jahresabschluss, den die in Aussicht stehenden Reinerträge, etwa als Entscheidungsgrundlage für einen Anteilskauf oder -verkauf, stärker interessieren dürften als bereits realisierte Erträge. Daher sind solche außerordentlichen Erträge getrennt von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahresabschluss darzustellen. Hieraus lässt sich jedoch weder etwas für die steuerliche noch beitragsrechtliche Behandlung solcher außergewöhnlicher Erträge herleiten. Für die Leistungskraft des einzelnen Kammermitglieds in dem jeweiligen Beitragsjahr ist es vielmehr unerheblich, ob der Gewerbeertrag aus „normaler“ Geschäftstätigkeit oder Sondereffekten im Sinne des § 277 Abs. 4 HGB herrührt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: VG Aachen, Urt. v. 19.01.2010 a.a.O.).
23 
Mit dem Vortrag, wonach die rein lineare Beitragsbemessung der Beklagten gegen das Äquivalenzprinzip verstoße, macht die Klägerin Einwendungen gegen die - bestandskräftige - Beitragsfestsetzung als solche geltend, mit denen die Klägerin im Erlassverfahren nicht gehört werden kann. Gleiches gilt, soweit die Klägerin auf die unterschiedlichen Beitragsbemessungen nach verschiedenen Umlagesätzen in den einzelnen IHK-Regionen im Bundesgebiet verweist.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Beschluss vom 01. Juli 2010
26 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG auf 67.986,54,-- EUR (Höhe des begehrten Beitragserlasses) festgesetzt.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin eine OHG ist. Kommanditisten der Klägerin waren neben der D-GmbH eine Stiftung, vier Kommanditgesellschaften, eine weitere GmbH und natürliche Personen. Die Klägerin ist gewerblich tätig und hält Beteiligungen an zahlreichen Kapitalgesellschaften.

2

Mit Ausnahme der D-GmbH veräußerten sämtliche Kommanditisten der Klägerin ihre Kommanditanteile, die etwa 80 % des Kapitals der Klägerin entsprachen, an die A-GmbH:

3

Im Juli 2001 schlossen alle Kommanditisten der Klägerin mit Ausnahme der D-GmbH eine Gesellschaftervereinbarung zur Vorbereitung auf einen angestrebten Verkauf der Kommanditanteile. Sie beauftragten einen Lenkungsausschuss mit dem Abschluss eines Anteilsverkaufvertrages im Namen der Gesellschafter unter Vorbehalt eines nachträglichen Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung.

4

Am 5. August 2001 wurde zwischen dem Lenkungsausschuss im Namen der veräußernden Kommanditisten, der Klägerin, der A-GmbH und der C-S.A./N.V. ein Vertrag ("Sale Agreement") geschlossen. Dieser sieht die dingliche Abtretung der Kommanditanteile frühestens für den 1. Februar 2002 vor (Klausel 15.1 des Vertrages). Er steht unter der aufschiebenden Bedingung einer mehrheitlichen Zustimmung der Kommanditisten (Klausel 16.1 des Vertrages). Nach Klausel 23.1 findet auf den Vertrag deutsches Recht Anwendung.

5

Am 1. September 2001 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Klägerin statt. Diese stimmte dem Kaufvertrag vom 5. August 2001 und der beabsichtigten Abtretung der Kommanditanteile zu.

6

Die Abtretung der Gesellschaftsanteile erfolgte am 1. Februar 2002.

7

In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr (2002) erklärte die Klägerin u.a. Veräußerungsgewinne i.S. des § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 --StBAÄG-- (BGBl I 2002, 2715; im Folgenden GewStG n.F.) in Höhe von … €. Erklärungsgemäß setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Gewerbesteuermessbetrag fest.

8

Die Klägerin machte mit ihrem Einspruch geltend, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei verfassungswidrig. Weiterhin sei der Bescheid auch insoweit rechtswidrig, als der Veräußerungsgewinn ohne Berücksichtigung des § 3 Nr. 40 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG) und des § 8b Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (KStG) der Gewerbesteuer unterworfen worden sei.

9

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

10

Die Klage war insoweit erfolgreich, als im Rahmen des § 7 GewStG n.F. die Vorschriften des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG und des § 8b Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 KStG zu berücksichtigen seien. Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab.

11

Das FG hielt in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1720 veröffentlichten Urteil die Einbeziehung des Veräußerungsgewinns nach § 7 Satz 2 GewStG n.F. nicht für verfassungswidrig.

12

Während des Revisionsverfahrens hat das FA den angegriffenen Bescheid mit Bescheiden vom 28. November 2007, vom 20. Mai 2008 und vom 28. April 2010 geändert; dabei hat das FA u.a. den teilweisen Klageerfolg der Klägerin berücksichtigt; die Änderungen betreffen nicht das Revisionsverfahren.

13

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie ist weiterhin der Auffassung, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei verfassungswidrig.

14

Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 28. April 2010 dahin zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2002 ohne Einbeziehung der von den Kommanditisten erzielten Veräußerungsgewinne festgesetzt wird.

15

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

II. A. Das angegriffene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da die während des Revisionsverfahrens ergangenen Bescheide an die Stelle des angegriffenen Bescheides getreten sind. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

17

Die Bescheide vom 28. November 2007, vom 20. Mai 2008 und vom 28. April 2010 sind nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und die Klägerin auch keinen weitergehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (BFH-Urteil in BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

18

B. Die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 28. April 2010 ist unbegründet und daher abzuweisen. § 7 Satz 2 GewStG n.F. verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG); die Anwendung der Vorschrift auf den Streitfall begründet keine unzulässige Rückwirkung.

19

1. § 7 Satz 2 GewStG n.F. hat folgende Entstehungsgeschichte:

20

a) § 7 GewStG in der Fassung vom 19. Mai 1999 lautete:

21

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach Satz 1."

22

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu § 7 Satz 1 GewStG gehören bei natürlichen Personen und Mitunternehmerschaften Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs nicht zum Gewerbeertrag. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer (BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 41/07, BFHE 228, 381, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vgl. auch Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien --GewStR-- 1998). Hingegen gehören bei Kapitalgesellschaften auch Gewinne aus der Veräußerung und der Aufgabe eines Betriebs oder eines Teilbetriebs zum Gewerbeertrag. Die Gewerbesteuerpflicht knüpft bei Kapitalgesellschaften allein an die Rechtsform an; nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt die Tätigkeit einer solchen Gesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (BFH-Urteil vom 5. September 2001 I R 27/01, BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe; vgl. auch Abschn. 40 Abs. 2 Satz 1 GewStR 1998 und R 7.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009).

23

b) Im "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 heißt es (Finanz-Rundschau --FR-- 2001, Beilage zu Heft 11, 1, 35, unter E.I.1.a):

24

"Die für Kapitalgesellschaften bestehende Möglichkeit, nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG Einzelwirtschaftsgüter steuerneutral in eine Personengesellschaft (Objektgesellschaft) einzubringen, um sie anschließend durch Verkauf der Beteiligung gewerbesteuerfrei zu veräußern, sollte künftig beseitigt werden (gewerbesteuerfreie Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft)."

25

c) Art. 4 Nr. 2 des Entwurfs der Bundesregierung über ein Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz --UntStFG--) vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01; inhaltsgleich: BTDrucks 14/6882 vom 10. September 2001) lautete:

26

"In § 7 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

'Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt.' "

27

Nach der Begründung dieses Gesetzentwurfs (BTDrucks 14/6882, S. 41) hatte die gesetzliche Neuregelung folgendes Ziel:

28

"Veräußerungsgewinne sollen bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften, Erbengemeinschaften) künftig der Gewerbesteuer unterliegen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen. Insbesondere bei einer Kapitalgesellschaft wird dies zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen für unverzichtbar gehalten. Kapitalgesellschaften hätten ohne die Regelung die Möglichkeit, Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, statt dessen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft zu übertragen und könnten anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern."

29

Im Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 7. November 2001 schlug dieser die Änderung vor, dass im letzten Halbsatz vor Mitunternehmer "unmittelbar beteiligter" eingefügt werde (BTDrucks 14/7343, S. 40). Der letzte Halbsatz des § 7 Satz 2 GewStG sollte demnach lauten: "...soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt." Die Begründung hierfür lautet (BTDrucks 14/7344, S. 12):

30

"Durch die Änderung werden nur die Veräußerungsgewinne bei Mitunternehmerschaften von der Gewerbesteuer steuerfrei gelassen, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. Soweit eine natürliche Person mittelbar beteiligt ist, erfolgt eine Entlastung um die Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Die Ergänzung ist notwendig, um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften ist es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt ist."

31

Der Deutsche Bundestag verabschiedete das UntStFG am 14. Dezember 2001 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, der Bundesrat stimmte am 20. Dezember 2001 zu. Am 24. Dezember 2001 wurde das UntStFG vom 20. Dezember 2001 im BGBl I 2001, 3858 veröffentlicht. Die Änderung des § 7 Satz 2 GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 UntStFG am Tag nach der Verkündung in Kraft, die neue Fassung des § 7 Satz 2 GewStG war aber nach § 36 Abs. 1 GewStG in der Fassung des UntStFG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

32

d) Durch Art. 11 des Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds "Deutsche Einheit" (Solidarpaktfortführungsgesetz --SFG--) vom 20. Dezember 2001 wurde § 7 GewStG erneut geändert. Art. 11 Nr. 2 SFG lautet:

33

"§ 7 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

34

'Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des KStG ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.' "

35

Die Änderung steht im Zusammenhang mit der Einfügung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (Art. 10 Nr. 2 SFG), welcher eine besondere Gewinnermittlungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ist und die Veranstaltung von Werbesendungen einheitlich besteuern soll (BTDrucks 14/7646, S. 32).

36

Durch Art. 11 Nr. 4 SFG wurde § 36 GewStG um einen Abs. 3 ergänzt, nach dem § 7 Satz 2 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden war.

37

Das SFG vom 20. Dezember 2001 wurde am 27. Dezember 2001 verkündet (BGBl I 2001, 3955). Die Änderung des GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 SFG am 1. Januar 2002 in Kraft.

38

e) In seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht zum Entwurf des StBAÄG vom 24. April 2002 (BTDrucks 14/8887, S. 26) schlug der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags eine Neufassung von § 7 GewStG vor. Diese sei zur Beseitigung eines redaktionellen Versehens, das aus der Verkündungsreihenfolge im BGBl resultiere, erforderlich. Im zuerst verkündeten UntStFG sei in § 7 GewStG ein neuer Satz 2 eingefügt worden, wodurch der bisherige Satz 2 zu Satz 3 geworden sei. Der neue Satz 2 sei dann sogleich durch das SFG geändert worden, obwohl der alte Satz 2, der zu Satz 3 geworden sei, gemeint gewesen sei.

39

Durch Art. 5 Nr. 1 StBAÄG wurde § 7 GewStG entsprechend der Beschlussempfehlung neu gefasst und erhielt folgenden Wortlaut, der in Satz 2 dem des § 7 Satz 2 GewStG i.d.F. des UnStFG entspricht:

40

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1."

41

Die Neufassung des § 7 Satz 2 GewStG war nach dem durch Art. 5 Nr. 2 StBAÄG ebenfalls geänderten § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

42

Das StBAÄG vom 23. Juli 2002 wurde am 26. Juli 2002 verkündet (BGBl I 2002, 2715). Die Änderung des GewStG trat nach Art. 17 Abs. 1 StBAÄG am Tag nach der Verkündung in Kraft.

43

2. Die Regelung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

44

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Die mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber allerdings unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtiger bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig umzusetzen. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--, z.B. BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, zu C.I.2., mit zahlreichen Nachweisen). Das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Gebot gleicher Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, von dem nur aus besonderem Grund abgewichen werden darf, gilt auch für die Gewerbeertragsteuer (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1, zu C.II.2.).

45

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass Kapitalgesellschaften einerseits und natürliche Personen andererseits bei § 7 Satz 2 GewStG n.F. unterschiedlich behandelt werden. Denn diese Vergleichsgruppen unterscheiden sich grundlegend voneinander (BFH-Urteil in BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe, m.w.N.; siehe auch BVerfG-Beschlüsse vom 21. März 1977  1 BvR 1/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 255, und 1 BvR 2/77, HFR 1977, 256). Dem Gesetzgeber ist es insoweit unbenommen, im Rahmen der Gewerbesteuer an die Rechtsform unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, zu C.III.).

46

c) Darüber hinaus verstößt § 7 Satz 2 GewStG n.F. auch nicht deswegen gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, weil --wie die Klägerin meint-- die Gesellschaft, deren Anteile veräußert würden, mit der Gewerbesteuer belastet werde, während der die Steuerpflicht auslösende Ertrag auf der Ebene des Gesellschafters erzielt werde.

47

Denn jedenfalls steht mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang, bei der Gewerbesteuer an die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter einer Personengesellschaft anzuknüpfen. Diese sind nämlich ungeachtet der Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG) auch bei der Gewerbesteuer die (Mit-)Unternehmer (BFH-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, unter II.2.a bb (4) der Gründe).

48

d) Ferner ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen unterscheidet.

49

aa) Die Gruppen sind in diesem Rahmen vergleichbar. Denn die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs gehören sowohl bei natürlichen Personen als auch bei Personengesellschaften nach § 7 Satz 1 GewStG nicht zum Gewerbeertrag (vgl. oben zu II.B.1.).

50

bb) § 7 Satz 2 GewStG n.F. unterscheidet in mehrfacher Hinsicht zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen:

51

(1) Die Vorschrift unterwirft --unter bestimmten Voraussetzungen-- nur die Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft der Gewerbesteuer, entsprechende Gewinne eines Einzelunternehmers gehören hingegen auch weiterhin nicht zum Gewerbeertrag.

52

(2) Darüber hinaus gehört der Gewinn i.S. des § 7 Satz 2 GewStG n.F. nur insoweit nicht zum Gewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft, als er auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Soweit der Gewinn auf eine beteiligte Personengesellschaft entfällt, ist er hingegen Teil des Gewerbeertrags.

53

cc) Diese unterschiedliche Behandlung ist durch einen besonderen Grund, nämlich das Ziel des Gesetzgebers, Steuerumgehungen zu verhindern, gerechtfertigt. Steuerumgehungen zu verhindern ist ein legitimes Ziel der Gesetzgebung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Juli 1967  1 BvR 495/63, 1 BvR 325/66, BVerfGE 22, 156, zu B.1.b, zur Steuerrechtsprechung).

54

(1) Vermieden werden sollte, dass Kapitalgesellschaften Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft gewerbesteuerfrei veräußern können (BTDrucks 14/6882, S. 41). "Insbesondere" zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber § 7 Satz 2 GewStG n.F. geschaffen.

55

(2) Dem kann --anders als die Klägerin meint-- nicht entgegengehalten werden, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei vom Ziel der Missbrauchsbekämpfung nicht mehr gedeckt.

56

(a) Auch wenn die unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften gegenüber natürlichen Personen eines besonderen Grundes bedarf, so hat der Gesetzgeber bei der Entscheidung, welche Regelung er als Reaktion auf eine Steuerumgehung wählt, einen weiten Gestaltungsspielraum.

57

(b) Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorschrift hätte sich z.B. durch Behaltensfristen auf die Fälle beschränken müssen, in denen tatsächlich Wirtschaftsgüter von Kapitalgesellschaften auf Mitunternehmerschaften übertragen worden seien. Der Klägerin ist zuzugeben, dass eine derartige Regelung (möglicherweise) zielgenauer gewesen wäre. Allerdings bergen Behaltensfristen ihrerseits die Gefahr der Umgehung. Bereits deswegen ist insoweit der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschritten.

58

(c) Ferner ist vom gesetzgeberischen Anliegen, Steuerumgehungen zu vermeiden, auch erfasst, dass der Gewinn nach § 7 Satz 2 GewStG n.F. insoweit zum Gewerbeertrag gehört, als er auf eine beteiligte Personengesellschaft entfällt. Denn ansonsten könnte eine Kapitalgesellschaft durch die Zwischenschaltung einer weiteren Personengesellschaft die gewerbesteuerrechtliche Erfassung von stillen Reserven auch weiterhin vermeiden.

59

e) Im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Missbrauchsvorschrift durfte der Gesetzgeber auch zwischen unmittelbar beteiligten natürlichen Personen und mittelbar beteiligten natürlichen Personen unterscheiden.

60

aa) Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags war der Auffassung, die nur mittelbar beteiligten natürlichen Personen würden durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG entlastet (BTDrucks 14/7344, S. 12). Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer durch eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer. Die im Streitjahr geltende Gesetzesfassung strebt an, den Steuerpflichtigen durch die Anrechnung, verbunden mit der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe, bei einem durchschnittlichen gemeindlichen Hebesatz von 400 % im Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer zu entlasten (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 97).

61

Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG richtet sich der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels. Das Entstehen von Anrechnungsüberhängen wegen der fehlenden Abstimmung des Anteils am Gewerbesteuermessbetrag mit dem Anteil an den steuerlichen Einkünften ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt selbst dann, wenn ein Anrechnungsüberhang endgültig nicht genutzt werden kann, wie etwa im Fall eines Überhangs zugunsten einer an der Mitunternehmerschaft beteiligten Kapitalgesellschaft. Im Übrigen können durch Anrechnungsüberhänge entstehende Mehr- oder Minderbeträge bei der Einkommensteuer gesellschaftsrechtlich durch Vereinbarungen zwischen den Mitunternehmern weitgehend ausgeglichen werden (BFH-Beschluss vom 7. April 2009 IV B 109/08, BFHE 224, 548, BStBl II 2010, 116).

62

Demnach ist im Ergebnis das Gewicht der unterschiedlichen Behandlung von unmittelbar und mittelbar beteiligten natürlichen Personen reduziert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1, zu C.I.2.c).

63

bb) Jedenfalls vor diesem Hintergrund durfte sich der Gesetzgeber von dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung leiten lassen: Nach der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags war die Unterscheidung erforderlich, "um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften" sei "es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt" sei (BTDrucks 14/7344, S. 12). Überlegungen dieser Art sind nicht fernliegend (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b cc der Gründe).

64

Dem steht auch nicht entgegen, dass die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse --wie im Streitfall-- dann zu ermitteln sind, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, Anteile an Kapitalgesellschaften hält. In diesem Fall sind die Vorschriften des § 8b Abs. 6 KStG und des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 2006 I R 95/05, BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279). Hierfür ist es im Rahmen der Gewerbesteuer notwendig, zu ermitteln, ob letztlich eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft mittelbar beteiligt ist (vgl. unter III. der Entscheidungsgründe des hier angefochtenen Urteils des FG Bremen in EFG 2007, 1720). § 8b Abs. 6 KStG beruht auf dem Rechtsgedanken, dass über eine Personengesellschaft bezogene Einkünfte nach denselben Regeln besteuert werden sollen wie vergleichbare Einkünfte, die eine Kapitalgesellschaft unmittelbar bezieht (BFH-Urteil vom 7. Februar 2007 I R 27/06, BFHE 216, 551, BStBl II 2008, 526, unter III.2.a ee der Gründe). Der "Durchgriff" durch die Personengesellschaft in diesen Fällen ist deshalb die folgerichtige Umsetzung des Halbeinkünfteverfahrens. Im Rahmen des § 7 Satz 2 GewStG n.F. ist ein solcher "Durchgriff" indessen nicht geboten. Zudem verbleibt für die beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung dieser Vorschrift Raum, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, keine Anteile an Kapitalgesellschaften hält.

65

3. Die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. auf den Streitfall begründet keine unzulässige Rückwirkung.

66

a) Vor dem Rechtsstaatsprinzip des GG bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG besonderer Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, zu B.III.1., und BVerfG-Beschluss vom 5. Februar 2002  2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.a, m.w.N.).

67

aa) Eine Rechtsnorm entfaltet nach der Rechtsprechung des BVerfG dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist (BVerfG-Urteil vom 22. März 1983  2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343, zu B.II.2.b; BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.a). Rechtlich existent werden nach deutschem Staatsrecht Normen des geschriebenen Rechts mit ihrer ordnungsgemäßen Verkündung, d.h. regelmäßig im Zeitpunkt der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes. Der --davon zu unterscheidende-- Zeitpunkt des Beginns des zeitlichen Anwendungsbereichs wird häufig im Gesetz selbst als der "Tag des Inkrafttretens" bestimmt. Der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs kann einheitlich oder unterschiedlich für einzelne Bestimmungen festgelegt sein.

68

Grundsätzlich erlaubt das GG nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, echte Rückwirkung), ist regelmäßig unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c bb und C.II.1.b). Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Normen findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75, BVerfGE 45, 142, zu B.II.1.c; in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c aa).

69

bb) Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.b; in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b aa). Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Mai 1995  2 BvL 19/91, 2 BvR 1206/91, 2 BvR 1584/91, 2 BvR 2601/93, BVerfGE 92, 277, zu C.V.).

70

cc) Der BFH ist der Rechtsprechung des BVerfG zur Unterscheidung zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) --auch nach erneuter Überprüfung-- gefolgt (BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e aa der Gründe; vom 2. August 2006 XI R 34/02, BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, und XI R 30/03, BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895; BFH-Urteil vom 1. März 2005 VIII R 92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, unter II.2.b cc der Gründe). Diese Auffassung teilt auch der erkennende Senat (Beschluss vom 19. April 2007 IV R 4/06, BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.d der Gründe).

71

dd) Bei der Abgrenzung der Rückbewirkung von Rechtsfolgen von der tatbestandlichen Rückanknüpfung führt --entgegen der Auffassung der Klägerin-- allein der Umstand, dass eine oder mehrere Dispositionen in der Vergangenheit liegen, nicht zur Annahme einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, wenn der Tatbestand, an den die Rechtsfolgen anknüpfen, noch nicht abgeschlossen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 92, 277, zu C.V.; in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.; BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.a dd der Gründe). Dementsprechend hat auch der XI. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 6. November 2002 XI R 42/01 (BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B.II.1.b und B.4. der Gründe) eine tatbestandliche Rückanknüpfung darin gesehen, dass eine Abfindung im Jahr vor der Neufassung des § 34 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 --StEntlG 1999/2000/2002-- (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) vereinbart worden ist (vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895, und in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, jeweils unter B.IV.2. der Gründe). Ferner sind nach dem Vorlagebeschluss des IX. Senats des BFH in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.3. der Gründe die Vorgänge bis zur Veräußerung eines Grundstücks im Rahmen des § 23 EStG an den Maßstäben einer tatbestandlichen Rückanknüpfung zu messen. Soweit der erkennende Senat in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.e bb der Gründe ausgeführt hat, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Differenzierung zwischen echter und unechter Rückwirkung bei Rechtsänderungen, die einen Dispositionsbezug aufweisen, der Zeitpunkt sei, in dem der Steuerpflichtige durch eine unter Inanspruchnahme des Grundrechts auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG getroffene Disposition sein Vertrauen auf die zu diesem Zeitpunkt bestehende Rechtslage betätigt habe, bezogen sich diese Ausführungen lediglich auf die Kritik an der sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung des BVerfG. Der Senat hat im Übrigen an der Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung festgehalten (BFH-Beschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.d der Gründe).

72

b) Mit diesen Grundsätzen vereinbar ist, dass die Neufassung des § 7 GewStG durch das StBAÄG, verkündet am 26. Juli 2002, für den gesamten Erhebungszeitraum 2002 gilt.

73

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Vorschrift --wie das FG meint-- bereits nach dem SFG vom 20. Dezember 2001 zum 1. Januar 2002 diese Fassung gehabt hat. Ferner ist im Streitfall ohne Bedeutung, ob nach der sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung auf das Ende des Veranlagungszeitraums abzustellen ist (zur Kritik hieran: Senatsbeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.e der Gründe, m.w.N.). Denn auch bei Anlegung des strengeren Maßstabs für eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) ist die Anwendung des durch das StBAÄG neu gefassten § 7 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2002 zulässig.

74

aa) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit der echten Rückwirkung ist vorrangig das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten. Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf insofern allein aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder wegen eines nicht (mehr) vorhandenen schutzwürdigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden. In der Rechtsprechung des BVerfG sind die einzelnen Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b; vom 3. Dezember 1997  2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, zu C.II.2.).

75

Danach ist der Gesetzgeber nicht allein deswegen, weil er ein bei der früheren Gesetzesfassung unterlaufenes Versehen berichtigen will, berechtigt, dies rückwirkend zu tun. Nur wenn sein Versehen zu erheblichen Unklarheiten oder zu objektiven Lücken in der ursprünglichen gesetzlichen Regelung geführt hat, ist eine Rückwirkung ausnahmsweise zulässig (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.). Denn der Staatsbürger kann auf das geltende Recht bei seinem Planen dann nicht vertrauen, wenn es unklar und "verworren" ist. In solchen Fällen muss es dem Gesetzgeber erlaubt sein, die Rechtslage rückwirkend zu klären (vgl. BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b). Gleiches gilt, wenn Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.).

76

bb) Vorliegend führten die Änderungen durch das UntStFG und das SFG jedenfalls dazu, dass die Bürger mit einer Änderung hinsichtlich von Gewinnen aus der Veräußerung und Aufgabe von Mitunternehmerschaften und deren Anteilen rechnen mussten.

77

Nach dem Wortlaut des Art. 11 Nr. 2 SFG wurde der mit dem UntStFG eingefügte § 7 Satz 2 GewStG wieder ersetzt und es ergab für den Erhebungszeitraum 2002 folgende Fassung des § 7 GewStG:

78

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach Satz 1."

79

Diese Fassung des Gesetzes ist offensichtlich fehlerhaft, weil Satz 3 überflüssig ist.

80

Hieraus ergibt sich zwar --worauf die Klägerin zu Recht hinweist-- noch nicht, dass die Klägerin mit der nunmehr in § 7 Satz 2 GewStG n.F. bestehenden Regelung rechnen musste. Denn zu Veräußerungsgewinnen trifft diese Fassung des § 7 GewStG keine Aussage.

81

Allerdings sind auch das UntStFG und das SFG zu berücksichtigen: Durch das UntStFG wurde § 7 Satz 2 GewStG so gefasst, dass nunmehr auch u.a. bestimmte Veräußerungsvorgänge von Personengesellschaften zum Gewerbeertrag gehören. Dieses Gesetz ist auch verkündet worden und die Änderung selbst ist in Kraft getreten (vgl. Art. 12 Abs. 1 UntStFG), auch wenn der neu gefasste § 7 Satz 2 GewStG erst ab dem Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden war (§ 36 Abs. 1 GewStG i.d.F. des UntStFG). Das SFG hat --nur drei Tage später-- diesen Satz 2 offensichtlich versehentlich wieder ersetzt. Die Änderung durch das SFG stand lediglich im Zusammenhang mit der Einführung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (BTDrucks 14/7646, S. 32), einer Gewinnermittlungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten; diese Vorschrift sollte auch für den Gewerbeertrag maßgeblich sein.

82

Ob danach die Rechtslage "verworren" war, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls mussten die Bürger mit einer Änderung rechnen, weil der nur drei Tage zuvor mit dem UntStFG geschaffene § 7 Satz 2 GewStG erkennbar versehentlich nach dem Wortlaut des SFG ersetzt wurde und sich hieraus ein offensichtlich fehlerhafter Wortlaut ergab.

83

cc) Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Juni 1998 B 7 AL 2/98 R (BSGE 82, 198) steht dem nicht entgegen. Danach hatte der erkennende Senat des BSG gewisse Zweifel, ob eine vom Gesetzgeber selbst geschaffene unklare und ggf. verfassungswidrige Rechtslage zur Rückwirkung berechtige. In diesem Streitfall ging das BSG jedoch davon aus, dass bereits bei dem Beschluss des Deutschen Bundestags über das diese Rechtslage auslösende Gesetz offensichtlich gewesen sei, dass verfassungsrechtliche Bedenken bestanden hätten. Im vorliegenden Fall ist hiervon nicht auszugehen; das Ersetzen des neu gefassten § 7 Satz 2 GewStG durch das SFG war vielmehr lediglich ein --für alle von der vorgesehenen Regelung Betroffenen offenbares-- Versehen. Jedenfalls in diesem Fall ist die Befugnis des Gesetzgebers nicht eingeschränkt, seinen Fehler rückwirkend zu berichtigen, wenn die Bürger mit einer solchen Änderung rechnen mussten.

84

c) Verfassungsrechtlich zulässig ist, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. im Streitfall Anwendung findet, obwohl das "Sale Agreement" bereits am 1. September 2001 wirksam geworden ist.

85

aa) Hinsichtlich der schuldrechtlichen Vereinbarung enthält § 7 Satz 2 GewStG n.F. für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 eine tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung). Denn erst mit der Abtretung ist der Tatbestand abgeschlossen, an den die Rechtsfolgen anknüpfen. Allerdings ist die Veräußerung bereits mit der verbindlichen schuldrechtlichen Vereinbarung "ins Werk gesetzt" (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B.II.1.b und B.II.4. der Gründe). Dieser Annahme steht nicht das Vorliegen einer echten Rückwirkung entgegen, weil dies eine tatbestandliche Rückanknüpfung nicht ausschließt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b).

86

bb) Tatbestandliche Rückanknüpfungen (unechte Rückwirkungen) berühren vorrangig Grundrechte, die mit der Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals vor Verkündung der Norm "ins Werk gesetzt" worden sind. In die damit erforderliche grundrechtliche Bewertung fließen freilich die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit (hier beschränkt auf den Gesichtspunkt der Vergangenheitsanknüpfung) in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c). Deshalb hält es der Senat mit der neueren Rechtsprechung des BVerfG für erforderlich, bei tatbestandlicher Rückanknüpfung (unechter Rückwirkung) in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e aa der Gründe; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.a, m.w.N.). Dieser vom BVerfG bisher nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen ist nach der Auffassung des Senats auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken. Zur Begründung verweist der Senat auf den Beschluss des IX. Senats des BFH in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e bb der Gründe.

87

cc) Maßgeblicher, Vertrauensschutz auslösender Sachverhalt ist damit im Streitfall die schuldrechtliche Bindung durch die veräußernden Kommanditisten; zu diesem Zeitpunkt haben sie ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b aa). Im Streitfall ist dies nicht schon der Abschluss des "Sale Agreement" am 5. August 2001, sondern erst die Zustimmung der Gesellschafter durch den Beschluss vom 1. September 2001. Erst mit Erfüllung dieser Bedingung (vgl. Klausel 16.1 des "Sale Agreement") ist der Vertrag wirksam geworden.

88

dd) Das Vertrauen der veräußernden Gesellschafter ist nicht besonders schützenswert.

89

(1) Zwar erhöht die jahrzehntelange Rechtslage, wonach Aufgabe- und Veräußerungsgewinne von Personengesellschaften nicht bei dem Gewerbeertrag zu berücksichtigen waren, das Vertrauen der Gesellschafter in den Fortbestand dieser Regelung. Der BFH hatte sich schon in seinem Urteil vom 25. Mai 1962 I 78/61 S (BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438) dieser bereits damals seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsprechung angeschlossen (vgl. Überblick bei Blümich/von Twickel, § 7 GewStG Rz 140). Die Verwaltung hat diese Auffassung übernommen (vgl. bereits Abschn. 40 Abs. 1 Nr. 1 GewStR 1955).

90

Ist eine gesetzliche Regelung seit Jahrzehnten maßgebend, so ist das Vertrauen darauf, dass diese Regelung jedenfalls nicht ohne Übergangsvorschrift fortfallen wird, besonders fest begründet (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c aa der Gründe; BVerfG-Beschlüsse vom 18. Februar 1998  1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86, BVerfGE 97, 271, zu C.II.3.b, und vom 12. Februar 1986  1 BvL 39/83, BVerfGE 72, 9, zu C.II.3.b).

91

Dieser Umstand verleiht dem Bestandsinteresse des Steuerpflichtigen jedoch noch nicht ein überwiegendes Gewicht. Dementsprechend hat der IX. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c aa und bb der Gründe zur Verlängerung der Spekulationsfrist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 die jahrzehntelange frühere Rechtslage nicht ausreichen lassen, sondern für eine angenommene unzulässige Rückwirkung "entscheidungserheblich" darauf abgestellt, ob die Spekulationsfrist bei der Verlängerung bereits abgelaufen war.

92

(2) Außerdem war das Vertrauen der veräußernden Kommanditisten durch den "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (FR 2001, Beilage zu Heft 11, 1) und den Regierungsentwurf des UntStFG vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) abgeschwächt.

93

(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG fällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags weg. Zugleich hebt das BVerfG stets hervor, dass das Bekanntwerden von Gesetzesinitiativen und die öffentliche Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung durch die gesetzgebenden Körperschaften die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die bisherige Rechtslage noch nicht entfallen lassen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b bb (5), m.w.N.). Das BVerfG führt hierzu auch aus, dass das Vertrauen mit dem Gesetzesbeschluss "zerstört" werde (Beschlüsse vom 15. Oktober 1996  1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, zu C.III.2.a; vom 29. Oktober 1999 1 BvR 1996/97, Zeitschrift für offene Vermögensfragen 2000, 23). Der XI. Senat des BFH vertritt hingegen in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, unter B.III.4. der Gründe --im Rahmen einer echten Rückwirkung-- die Auffassung, das Vertrauen sei bis zur Verkündung eines Gesetzes schutzwürdig (offen gelassen im Senatsbeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.2.d der Gründe).

94

(b) Andererseits sind nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG Äußerungen der Bundesregierung und anderer an der Gesetzgebung beteiligter öffentlicher Stellen als geeignet angesehen worden, bei der nunmehr angestellten Einzelfallabwägung im Rahmen einer unechten Rückwirkung (vgl. hierzu oben zu II.B.3.c dd) das Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Regelung abzuschwächen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.2.b cc).

95

(c) Daher ist das Vertrauen der veräußernden Gesellschafter in den Fortbestand der Rechtslage durch den "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (FR 2001, Beilage zu Heft 11, 1) und den Regierungsentwurf des UntStFG vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) zwar nicht "zerstört". Es war jedoch vor der Disposition am 1. September 2001 abgeschwächt.

96

Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass der Bericht der Bundesregierung keine konkrete Regelung enthielt und der Gesetzentwurf vom 17. August 2001 vorsah, den in § 7 Satz 2 GewStG genannten Gewinn nicht dem Gewerbeertrag zuzurechnen, soweit er "auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt." Erst nach der Gesellschafterversammlung der Klägerin am 1. September 2001 empfahl der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags mit Bericht vom 7. November 2001 die nunmehr gültige Fassung des § 7 Satz 2 GewStG, wonach ein Gewinn im Sinne dieser Vorschrift nicht zum Gewerbeertrag gehört, soweit er "auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt."

97

Das Vertrauen der Klägerin war aber abgeschwächt, weil sich aus den Äußerungen der Bundesregierung allgemein ergibt, dass eine weitreichende Einbeziehung von Gewinnen aus Veräußerungen und Aufgaben von Betrieben, Teilbetrieben und Anteilen an einer Mitunternehmerschaft in den Gewerbeertrag beabsichtigt war.

98

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstärkt die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 3. September 2001 G 1421-19-St 132-K (FR 2001, 1124) nicht den Vertrauensschutz.

99

Zum einen ist diese Verfügung erst nach dem Wirksamwerden des "Sale-Agreement" (1. September 2001) erlassen worden. Zum anderen wird darin nicht eine gesetzliche Übergangsregelung in Aussicht gestellt. Diese Verfügung hob die Verfügung der OFD Düsseldorf vom 18. Januar 2001 G 1421-19-St 132-K (FR 2001, 215) auf, wonach die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nach alter Rechtslage stets der Gewerbesteuer unterliege. In der Verfügung in FR 2001, 1124 ist weiter ausgeführt: "Mit den Gewerbesteuer-Referatsleitern des Bundes und der Länder ist abgestimmt, dass wegen der Regelungen in Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 GewStR i.V.m. R 139 Abs. 4 S. 1 EStR zumindest für die Vergangenheit im Wege einer Übergangsregelung Vertrauensschutz gewährt werden soll. Sich hieraus ergebende Zweifels- bzw. Folgefragen werde ich zu gegebener Zeit regeln. Insbesondere bleibt zunächst abzuwarten, welche gesetzliche Regelungen das im Entwurf vom Bundeskabinett bereits beschlossene Gesetz zur Fortführung der Unternehmenssteuerreform treffen wird." Damit hat die OFD Düsseldorf für den Fall der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils Vertrauensschutz auf Ebene der Verwaltung angekündigt. Eine (allgemeine) gesetzliche Übergangsregelung wurde damit aber nicht in Aussicht gestellt. Vielmehr sollte das Gesetzgebungsverfahren gerade abgewartet werden.

100

(4) Die Tatsache, dass die veräußernden Gesellschafter Dispositionen in erheblicher Höhe getätigt haben, verleiht ihrem Vertrauen kein besonderes Gewicht (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17).

101

(5) Ferner erhöht auch der Umstand, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. entgegen dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nunmehr u.a. bestimmte Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft im Gewerbeertrag erfasst, nicht das Vertrauen der Bürger.

102

Das Vertrauen in den Bestand von "Grundvorschriften", die zum systematischen Kern der geregelten Materie gehören, ist besonders schutzwürdig (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c cc der Gründe).

103

Es trifft zwar zu, dass wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer nur das Ergebnis der Ertragskraft des werbenden Betriebs einer Mitunternehmerschaft oder eines Einzelunternehmens --d.h. der "laufende Gewinn"-- unterliegt, nicht aber das Ergebnis aus der Aufdeckung der stillen Reserven anlässlich seiner Beendigung (vgl. oben zu II.B.1.). Das Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer kann rechtliche Wirkung aber nur insoweit entfalten, als dem nicht ausdrückliche gesetzliche Vorschriften entgegenstehen; es steht dem Gesetzgeber frei, neben dem objektiv-betriebsbezogenen auch das personelle Element zu berücksichtigen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.10.a der Gründe; BFH-Urteil vom 15. Juni 2004 VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754, unter II.2.b bb aaa der Gründe, mit zahlreichen Nachweisen).

104

Somit löst das Abweichen vom Objektsteuerprinzip keinen besonderen Vertrauensschutz aus.

105

ee) Das danach bestehende, durch das "Sale-Agreement" betätigte Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung überwiegt nicht das mit der Einführung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. verbundene Anliegen des Gesetzgebers.

106

Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.a bb der Gründe; BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979  2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, zu B.II.2.b). Der Bürger kann deshalb nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände gewährt hat, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (BVerfG-Entscheidungen vom 7. Juli 1964  2 BvL 22/63, 2 BvL 23/63, BVerfGE 18, 135, zu B.II.2.; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b cc). Dies gilt auch für die Aufhebung von "Freiräumen" und die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschlüsse vom 8. März 1983  2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b bb; vom 28. November 1984  1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, zu C.II.2.a aa). Demnach muss dem Gesetzgeber auch grundsätzlich möglich sein, auf bestehende vertragliche Vereinbarungen einzuwirken.

107

Der Gesetzgeber beabsichtigte mit § 7 Satz 2 GewStG n.F., Steuerumgehungen zu verhindern (vgl. hierzu oben zu II.B.2.d cc). Dieser Gesichtspunkt ist ein gewichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b).

108

Daher hat der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung, der Vorschrift des § 7 Satz 2 GewStG n.F. insofern unechte Rückwirkung zukommen zu lassen und damit das --wie dargestellt-- nicht besonders schützenswerte Vertrauen zu enttäuschen, seinen Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b) nicht überschritten.

109

4. Die Verfahrensrüge der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klägerin rügt, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen. Das FG habe, wie von ihr, der Klägerin, beantragt, darüber Beweis erheben müssen, ob "die veräußernden Kommanditisten die Steuerbarkeit der Veräußerungsgewinne in Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG... vorhergesehen haben und damit die Gewerbesteuerfreiheit der Veräußerungsgewinne zum Gegenstand ihrer Disposition gemacht haben".

110

Das FG hat indessen auf eine Beweiserhebung verzichten können. Denn nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG kam es hierauf nicht an (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 155/08, BFH/NV 2009, 412).

111

Das FG hat auf S. 31 seines Urteils ausgeführt, dass es hinsichtlich des Vertrauens "nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Gesellschafter der Klägerin und ihre individuelle Situation" ankomme. Vielmehr sei zu prüfen, "ob die Rechtslage, auf die sich der Steuerpflichtige" berufe, "bei objektiver Betrachtung geeignet" gewesen sei, "ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe zu begründen". Auch aus dem von der Klägerin zitierten Absatz auf S. 35 des FG-Urteils ergibt sich nichts anderes. Dort heißt es: "Wenn die Klägerin demgegenüber geltend macht, die gewerbesteuerliche Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen entfalte wegen der 'Preiswirkung der Gewerbesteuer' dispositionsgestaltende Wirkung, lässt sich dem nichts zu der Frage entnehmen, zu welchen Dispositionen die frühere Rechtslage die Steuerpflichtigen veranlasst haben könnte." Denn das FG stellt in diesem Abschnitt nicht auf die Klägerin oder deren Gesellschafter, sondern allgemein auf "die Steuerpflichtigen" ab.

112

C. Die vorstehenden Urteilsgründe geben auch bezüglich der Ausführungen dazu, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. nicht den Grundsätzen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes widerspricht (s. oben zu B.3.), die wesentlichen Erwägungen wieder, die --im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010-- für die Entscheidung des Senats aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens maßgeblich waren (§ 96 FGO; vgl. auch Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, HFR 1993, 674). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO) kommt weder mit Rücksicht auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30. Juli 2010 noch im Hinblick auf die zwischenzeitlich veröffentlichten BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 1727); 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (DStR 2010, 1733), und 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 (DStR 2010, 1736) in Betracht.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Fragen, ob die Einführung der Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Juli 2002 und das rückwirkende Inkraftsetzen dieser Vorschrift für den Erhebungszeitraum 2002 verfassungsrechtlich zulässig sind.

I.

2

1. Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Außerdem gilt die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG).

3

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG). Das ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 GewStG).

4

Anders als bei der Einkommensteuer können Schuldner der Gewerbesteuer neben natürlichen und juristischen Personen auch Personengesellschaften sein. Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, so ist Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer die Gesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Die Personengesellschaft bildet bei Vorliegen von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative einkommensteuerlich wie auch gewerbesteuerlich eine Mitunternehmerschaft (vgl. BFH Großer Senat, Beschluss vom 25. Juni 1984 - GrS 4/82 -, BFHE 141, 405 <440 ff.>).

5

Die Gewerbesteuer, die der Gewerbeertrag einer Kapitalgesellschaft auslöst, ist von der Kapitalgesellschaft geschuldet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Sie ist aufgrund gesetzlicher Regelung (§ 4 Abs. 5b EStG) seit 2008 für Kapitalgesellschaften nicht mehr als Betriebsausgabe bei der Gesellschaft abziehbar und auf Ebene des Gesellschafters auf dessen Einkommensteuer nicht anrechenbar.

6

2. Nach früherer gefestigter Rechtsprechung und damit übereinstimmender Auffassung in Rechtswissenschaft und Rechtspraxis begann die Gewerbesteuerpflicht bei Personengesellschaften und Einzelunternehmern grundsätzlich erst mit Aufnahme der werbenden "aktiven" Tätigkeit und endete mit deren Aufgabe. Aus diesem Grund unterlagen bei Personengesellschaften und Einzelunternehmern Gewinne aus der Veräußerung des Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs oder von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft bis zur Einführung des § 7 Satz 2 GewStG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 - StBAÄG - (BGBl I S. 2715) grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer (vgl. BFH, Urteil vom 25. Mai 1962 - I 78/61 S -, BFHE 75, 467 <470>; BFH, Urteil vom 27. März 1996 - I R 89/95 -, BFHE 181, 499 <502>; Abschnitt 38 Absatz 3 GewStR 1998; Roser, in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 13 f. ).

7

Bei Kapitalgesellschaften unterlagen und unterliegen dagegen grundsätzlich sämtliche Gewinne der Gewerbesteuer. Daher sind bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich auch die Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben oder aus der Aufgabe des Betriebs gewerbesteuerpflichtig. Allerdings ging die Rechtsprechung ungeachtet dieser gesetzlichen Fiktion davon aus, dass die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften - auch bei Kapitalgesellschaften, die ihre Anteile daran veräußern - nicht der Gewerbesteuer unterliegen (vgl. BFH, Urteil vom 28. Februar 1990 - I R 92/86 -, BStBl II 1990, S. 699 = juris, Rn. 17). Der Bundesfinanzhof begründete dies damit, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften deshalb nicht der veräußernden Kapitalgesellschaft zuzurechnen sei, weil in diesen Fällen die im Betrieb der Personengesellschaft liegenden stillen Reserven realisiert würden.

8

3. Mit der Einführung des mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffenen § 7 Satz 2 GewStG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen hat der Gesetzgeber diese Rechtslage für Mitunternehmerschaften beendet und bei ihnen auch die Gewinne aus der Veräußerung ihres Betriebs, eines Teilbetriebs oder von Anteilen eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer anzusehen ist, weitgehend der Gewerbesteuer unterworfen.

9

a) § 7 GewStG in der angegriffenen Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen lautet:

Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.

10

Die Einführung von § 7 Satz 2 GewStG sollte die Gefahr von Missbrauch beseitigen, die durch einkommen- und körperschaftsteuerliche Gestaltungsmöglichkeiten entsteht. Es sollte vermieden werden, dass die breitere, schon bisher Veräußerungsgewinne erfassende gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage bei Kapitalgesellschaften dadurch umgangen wird, dass die zu veräußernden Wirtschaftsgüter steuerneutral vor ihrer Veräußerung aus der Kapitalgesellschaft geschleust und dann gewerbesteuerfrei veräußert werden.

11

b) Im Einzelnen lag dem neu eingefügten § 7 Satz 2 GewStG eine aufgrund eines redaktionellen Versehens des Gesetzgebers ungewöhnliche Gesetzgebungsgeschichte zugrunde:

12

aa) (1) Ein Entwurf zur Änderung des § 7 GewStG wurde zunächst im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz - UntStFG) am 17. August 2001 dem Bundesrat zugeleitet (BRDrucks 638/01) und am 10. September 2001 beim Bundestag eingebracht. Die damalige Entwurfsfassung des neuen § 7 Satz 2 GewStG stimmte bereits weitestgehend mit der im Jahr 2002 Gesetz gewordenen Neuregelung überein. Lediglich der abschließende Halbsatz des zweiten Satzes lautete abweichend von der Endfassung wie folgt:

"… soweit er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt."

13

Art. 4 Nr. 5 UntStFG sah die Anwendung der Neuregelung erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 vor.

14

In der Einzelbegründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz heißt es dazu (BTDrucks 14/6882, S. 41):

Veräußerungsgewinne sollen bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften, Erbengemeinschaften) künftig der Gewerbesteuer unterliegen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen. Insbesondere bei einer Kapitalgesellschaft wird dies zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen für unverzichtbar gehalten. Kapitalgesellschaften hätten ohne die Regelung die Möglichkeit, Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, statt dessen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft zu übertragen und könnten anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern.

15

(2) Ausgangspunkt dieser Gesetzesinitiative war der "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (Beilage zu FR 11/2001, S. 1 <2 ff.>; im Weiteren "Bericht der Bundesregierung").

16

Dort ist unter B.I.6 ausgeführt:

Der Gewinn aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, aber auch aus der Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebes gehört bei Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit zum Gewerbeertrag (§ 8 Abs. 2 KStG). Hiervon ausgenommen ist der Gewinn einer Körperschaft aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft (Abschnitt 40 Abs. 2 S. 3 GewStR). Das verschafft Kapitalgesellschaften die Möglichkeit, nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG n.F. Einzelwirtschaftsgüter steuerneutral in eine Personengesellschaft (Objektgesellschaft) einzubringen, um sie anschließend durch Verkauf der Beteiligung gewerbesteuerfrei zu veräußern.

Es gibt keine nachvollziehbare Begründung dafür, dass eine Kapitalgesellschaft mit dem Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt, wenn sie ihren gesamten Betrieb oder Teilbetrieb veräußert, aber einen Betrieb oder Teilbetrieb gewerbesteuerfrei veräußern kann, wenn sie sich mit einer anderen Kapitalgesellschaft zusammenschließt oder wenn an ihr eine andere Person - das kann auch der Anteilseigner einer Ein-Mann-GmbH sein - als atypischer stiller Gesellschafter beteiligt ist. […]

Die Vertreter von Wissenschaft und Wirtschaft äußerten die Befürchtung, dass eine erweiterte gewerbesteuerliche Erfassung von Beteiligungsverkäufen möglicherweise den Mittelstand schädigen könne. Wegen einiger weniger Missbrauchsfälle sei eine allgemeine Erfassung von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen an Personengesellschaften nicht gerechtfertigt.

Die Vertreter der Verwaltung sind der Auffassung, dass die Möglichkeit der gewerbesteuerfreien Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft künftig beseitigt werden sollte.

Um diese Missbrauchsmöglichkeit künftig auszuschließen, sollte zum Gewerbeertrag auch der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters gehören, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Personengesellschaft anzusehen ist.

Den Befürchtungen der Wirtschaft könnte durch eine Nichtanwendungsklausel für natürliche Personen als Mitunternehmer Rechnung getragen werden. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass deren Veräußerungsgewinne wie bisher von der Gewerbesteuer befreit blieben.

17

(3) Im Bundestag wurde der Gesetzentwurf am 25. September 2001 zur Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Am 10. Oktober 2001 fand eine öffentliche Anhörung hierzu statt (BTDrucks 14/7344, S. 2 f.).

18

In seiner Beschlussempfehlung vom 7. November 2001 schlug der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags die Änderung vor, im letzten Halbsatz vor Mitunternehmer "unmittelbar beteiligter" einzufügen (BTDrucks 14/7343, S. 40). Der letzte Halbsatz des § 7 Satz 2 GewStG sollte demnach lauten:

[…] soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

19

Die Begründung hierfür lautete (BTDrucks 14/7344, S. 12):

Durch die Änderung werden nur die Veräußerungsgewinne bei Mitunternehmerschaften von der Gewerbesteuer steuerfrei gelassen, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. Soweit eine natürliche Person mittelbar beteiligt ist, erfolgt eine Entlastung um die Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Die Ergänzung ist notwendig, um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften ist es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt ist.

20

(4) Der Bundestag nahm das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz in der Fassung der BTDrucks 14/7343 am 9. November 2001 an (BRDrucks 893/01) und verabschiedete es am 14. Dezember 2001.

21

Der Bundesrat stimmte am 20. Dezember 2001 zu (BRDrucks 1061/01). Am 24. Dezember 2001 wurde das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz im BGBl I S. 3858 veröffentlicht. Die Änderung des § 7 Satz 2 GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 UntStFG am Tag nach der Verkündung in Kraft und war nach Art. 4 Nr. 5 UntStFG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

22

bb) Zwischenzeitlich hatte der Bundestag in Art. 11 Nr. 2 des Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds "Deutsche Einheit" vom 20. Dezember 2001 (Solidarpaktfortführungsgesetz - SFG) ebenfalls eine Neufassung des § 7 Satz 2 GewStG beschlossen. Sie stand in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der gewerbesteuerlichen Behandlung von Veräußerungsgewinnen, die Gegenstand der Regelung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes war. Gemäß Art. 11 Nr. 4 SFG sollte diese Fassung von § 7 Satz 2 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden sein.

23

Das Solidarpaktfortführungsgesetz wurde vom Bundestag am 30. November 2001 beschlossen (BRDrucks 999/01). Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am 20. Dezember 2001 zu (BRDrucks 999/01). Es wurde am 27. Dezember 2001 verkündet (BGBl I S. 3955) und ordnete, wie vorgesehen, eine Neufassung des § 7 Satz 2 GewStG mit dem Entwurfsinhalt nach dem Solidarpaktfortführungsgesetz an.

24

Aufgrund dieser zeitlichen Verkündungsabfolge wurde § 7 Satz 2 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes durch die Neufassung des Solidarpaktfortführungsgesetzes "überschrieben".

25

cc) Der ursprüngliche Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes sah keine Änderungen von § 7 GewStG vor (BTDrucks 14/8286). In seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht zum Entwurf vom 24. April 2002 nahm der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags dann aber den Vorschlag einer Neufassung von § 7 Satz 2 GewStG auf, die der "überschriebenen" Regelung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes entsprach, um ein redaktionelles Versehen zu beseitigen (BTDrucks 14/8887, S. 26). Art. 1 Buchstabe d Nr. 2 StBAÄG sah die Anwendung der Vorschrift erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 vor.

26

Das mittlerweile in Fünftes Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen umbenannte Gesetz wurde in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses im Bundestag am 26. April 2002 beschlossen (BRDrucks 351/02). Nach Anrufung des Vermittlungsausschusses durchlief es am 28. Juni 2002 endgültig den Bundestag (BRDrucks 607/02) und wurde am 26. Juli 2002 verkündet (BGBl I S. 2715). § 7 Satz 2 GewStG in der heute noch gültigen Fassung trat nach Art. 17 Abs. 1 StBAÄG am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die Neufassung des § 7 Satz 2 GewStG war nach dem durch Art. 5 Nr. 2 StBAÄG ebenfalls geänderten § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

27

4. Die Behandlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für Einzelunternehmer und Körperschaften folgt ertragsteuerlich eigenen Regeln. Die Mitunternehmerschaft selbst ist weder Einkommen- noch Körperschaftsteuersubjekt. Zudem sind Gewerbesteuer und Einkommensteuer in spezifischer Weise miteinander verknüpft.

28

a) Die Beendigung der Betätigung als Einzelunternehmer kann nur durch Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Veräußerung des Einzelunternehmens erfolgen. Ein dort entstehender Veräußerungsgewinn unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nach denselben Regeln wie die laufenden Gewinne aus einem Einzelunternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).

29

Wird die unternehmerische Tätigkeit in Form einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) ausgeübt, unterliegt die Personengesellschaft selbst weder der Einkommensteuer noch der Körperschaftsteuer (sog. Transparenz der Personengesellschaft). Diese Steuern fallen vielmehr bei ihren Gesellschaftern an, je nach deren Rechtsnatur bei natürlichen Personen als Einkommensteuer, bei juristischen Personen als Körperschaftsteuer.

30

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft unterliegt bei einer natürlichen Person als Veräußerungsgewinn beim veräußernden Gesellschafter der Einkommensteuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und bei veräußernden Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 KStG). Veräußert eine Personengesellschaft ihren Mitunternehmeranteil an einer anderen Personengesellschaft, zählt der hieraus erzielte Veräußerungsgewinn zum Gewinnanteil der veräußernden Personengesellschaft aus ihrer Beteiligung an der anderen Personengesellschaft. Dieser wird den Gesellschaftern der veräußernden Personengesellschaft wiederum nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssels zugerechnet und je nach Art des beteiligten Steuerrechtssubjekts der Einkommensteuer oder der Körperschaftsteuer unterworfen.

31

b) Einkommensteuer und Gewerbesteuer sind durch § 35 EStG miteinander verknüpft. Die Regelung trat mit Wirkung zum 1. Januar 2001 in Kraft und löste den bis dahin geltenden § 32c EStG ab (vgl. dazu BVerfGE 115, 97). Die Gewerbesteuer ist danach im dort geregelten Umfang auf die tarifliche Einkommensteuer anrechenbar und wirkt im Ergebnis vergleichbar einer Einkommensteuer-Vorauszahlung. Dies gilt allerdings nur für natürliche Personen, die unmittelbar oder mittelbar als Mitunternehmer an einer Personengesellschaft beteiligt sind. Für die Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer gibt es keine vergleichbare Anrechnungsregelung.

32

Wie beim Einzelunternehmer wird die Gewerbesteuer nach § 35 EStG bei einer Mitunternehmerschaft anteilig auf die Einkommensteuer der Gesellschafter (steuerlich der Mitunternehmer) angerechnet. Der Anrechnungsbetrag eines Mitunternehmers am Gewerbesteuer-Messbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des in der Gesellschaft vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinne sind nicht zu berücksichtigen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 EStG in der Fassung des Veranlagungszeitraums 2001).

II.

33

1. Die Beschwerdeführerin ist ein weltweit agierendes Unternehmen im Braugewerbe. Sie ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin in den entscheidungserheblichen Jahren 2001 und 2002 eine Offene Handelsgesellschaft war. Gesellschafterinnen der Offenen Handelsgesellschaft waren zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Kommanditisten der Beschwerdeführerin waren neben der H.-B. Brauerei GmbH eine Stiftung, vier Kommanditgesellschaften, eine weitere Gesellschaft mit beschränkter Haftung und natürliche Personen.

34

2. Mit Ausnahme der H.-B. Brauerei GmbH veräußerten alle an der Beschwerdeführerin beteiligten Kommanditisten in den Jahren 2001 und 2002 ihre Kommanditanteile.

35

a)Um dies vorzubereiten, schlossen die Gesellschafter im Juli 2001 eine Gesellschaftervereinbarung. Sie beauftragten einen Lenkungsausschuss mit dem Abschluss eines Anteilsverkaufsvertrags im Namen der Gesellschafter.

36

b)Am 5. August 2001 wurde zwischen dem Lenkungsausschuss im Namen der veräußernden Kommanditisten, der Beschwerdeführerin, der Käuferin und deren Konzernmuttergesellschaft ein Kauf- und Abtretungsvertrag geschlossen (im Weiteren "Sale Agreement").

37

Ziffer 15.1 des Sale Agreements bestimmt:

Die dingliche Abtretung der Kommanditanteile von den Verkäufern an die Käuferin ist innerhalb von 14 (vierzehn) Tagen nach Erhalt aller notwendigen kartellrechtlichen Freigaben […] zu vollziehen; die dingliche Abtretung erfolgt jedoch in keinem Fall vor dem 1. Februar 2002.

38

Als aufschiebende Bedingungen des Sale Agreements sahen Ziffer 16.1 die mehrheitliche Zustimmung der Kommanditisten und Ziffer 16.2 die Erteilung kartellrechtlicher Genehmigungen vor. Zum Wirksamkeitszeitpunkt wurde - unter der Voraussetzung des Eintritts der aufschiebenden Bedingungen - der 1. Februar 2002 bestimmt.

39

Das wirtschaftliche Eigentum an den Kommanditanteilen ging gemäß Ziffer 2.2 Satz 2 des Sale Agreements zum dort bestimmten Zeitpunkt, dem 1. Februar 2002, über. Gleichzeitig erfolgte auch die Abtretung der Gesellschaftsanteile.

40

In Ziffer 20.3 des Sale Agreements ist zu anfallenden Steuern geregelt:

[…] Die Käuferin trägt auch alle für die Übertragung gegebenenfalls anfallenden Steuern, insbesondere unter anderem die Grunderwerbssteuer [...]; dies berührt nicht die in Ziffer 5.2 (ii) bezeichneten Freistellungsansprüche.

41

In Ziffer 5.2 ist geregelt:

Die Verkäufer haben die Käuferin oder nach Wahl der Käuferin die Gesellschaft und die Tochtergesellschaften schadlos zu halten hinsichtlich (i) aller Steuern und Sozialabgaben, die sich auf vor dem oder zum Übertragungszeitpunkt abgelaufene Zeiträume und (ii) die von der Gesellschaft aufgrund der Übertragung der Kommanditanteile zu entrichtende Gewerbesteuer beziehen; […]

42

c) Am 1. September 2001 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beschwerdeführerin statt. Vor der Beschlussfassung wurden in einer Aussprache unter anderem die steuerlichen Auswirkungen auf Gesellschafterebene dargestellt. Sodann genehmigte die Gesellschafterversammlung das Sale Agreement und stimmte der beabsichtigten Abtretung der Kommanditanteile zu.

43

d) Am 4. November 2003 trafen die Beteiligten, darunter auch die Beschwerdeführerin, eine Vereinbarung zur Tragung der Gewerbesteuer aus dem Verkauf der Kommanditanteile (im Weiteren "Ergänzungsvereinbarung"). Sie ging davon aus, dass nur der Verkauf der Kommanditanteile der nicht-privaten Verkäufer (Kapital- und Personengesellschaften) der Gewerbesteuer unterliege. Die Ergänzungsvereinbarung beschränkte die vertragliche Verpflichtung der Verkäufer, die Käuferin von der Gewerbesteuer auf die Veräußerungsgewinne freizustellen, der Höhe nach.

44

e) In ihrer Gewerbesteuererklärung 2002 erklärte die Beschwerdeführerin einen laufenden Verlust für beide Rumpfwirtschaftsjahre und Veräußerungsgewinne nach § 7 Satz 2 GewStG in Höhe von circa 663 Mio. €. Das Finanzamt setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf knapp 26 Mio. € und die Gewerbesteuer auf knapp 107 Mio. € fest. Der Einspruch der Beschwerdeführerin hatte keinen Erfolg.

45

3. Die von der Beschwerdeführerin zum Finanzgericht erhobene Klage war nur teilweise erfolgreich. Gemäß ihrem Hilfsantrag wurde der Veräußerungsgewinn nicht in voller Höhe der Besteuerung unterworfen. Den Hauptvortrag, § 7 Satz 2 GewStG sei wegen unzulässiger Rückwirkung und wegen Verletzung des Gleichheitssatzes verfassungswidrig und daher der Veräußerungsgewinn nicht zu besteuern, hielt das Finanzgericht im Urteil vom 7. Februar 2007 (FG Bremen, Urteil vom 7. Februar 2007 - 3 K 73/05 (5) -, EFG 2007, S. 1720) hingegen für unbegründet.

46

Während des Revisionsverfahrens erließ das Finanzamt für den Gewerbesteuermessbetrag 2002 Änderungsbescheide, zuletzt vom 28. April 2010. Es berücksichtigte dabei unter anderem den teilweisen Klageerfolg der Beschwerdeführerin in der ersten Instanz. Die Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf der Kommanditanteile blieben unverändert berücksichtigt.

47

4. Der Bundesfinanzhof wies die Revision mit angegriffenem Urteil vom 22. Juli 2010 zurück (BFH, Urteil vom 22. Juli 2010 - IV R 29/07 -, BStBl II 2011, S. 511).

48

a) § 7 Satz 2 GewStG sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar.Das gelte für die unterschiedliche Behandlung von Kapitalgesellschaften und natürlichen Personen, da diese sich grundlegend voneinander unterschieden. Es sei dem Gesetzgeber unbenommen, an unterschiedliche Rechtsformen unterschiedliche gewerbesteuerliche Folgen zu knüpfen.

49

Ferner sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass § 7 Satz 2 GewStG zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen unterscheide. Die Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine Mitunternehmerschaft sei gewerbesteuerpflichtig, nicht hingegen der entsprechende Gewinn einer natürlichen Person als unmittelbar beteiligte Mitunternehmerin. Damit verfolge der Gesetzgeber das legitime Ziel, Steuerumgehungen zu verhindern. Es sollte insbesondere vermieden werden, dass Kapitalgesellschaften Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung der Gewerbesteuer unterliegen, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft gewerbesteuerfrei veräußern.

50

Dabei liege die unterschiedliche Behandlung zwischen unmittelbar beteiligten natürlichen Personen und mittelbar beteiligten natürlichen Personen im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Missbrauchsvorschrift; sie sei jedenfalls aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt.

51

Es verstoße nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, dass die Gesellschaft, deren Anteile veräußert würden, mit Gewerbesteuer belastet werde, obwohl der die Steuerpflicht auslösende Ertrag auf Ebene des Gesellschafters erzielt werde. Jedenfalls stehe es mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang, bei der Gewerbesteuer an die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter einer Personengesellschaft anzuknüpfen.

52

b) Die Anwendung von § 7 Satz 2 GewStG auf den Erhebungszeitraum 2002 begründe keine unzulässige Rückwirkung. Dabei könne offen bleiben, ob ein Fall echter oder unechter Rückwirkung vorliege. Selbst wenn man von einem Fall echter Rückwirkung ausgehe, sei die Neuregelung verfassungsgemäß. Die Rechtslage sei unklar und verworren gewesen, so dass die Bürger mit einer Änderung der Rechtslage hinsichtlich von Gewinnen aus der Veräußerung und Aufgabe von Mitunternehmerschaften und deren Anteilen rechnen mussten.

53

Vorliegend hätten die Änderungen durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz und das Solidarpaktfortführungsgesetz jedenfalls dazu geführt, dass die Bürger mit einer Änderung hinsichtlich von Gewinnen aus der Veräußerung und Aufgabe von Mitunternehmerschaften und deren Anteilen rechnen mussten. Der Wortlaut von § 7 Satz 2 GewStG sei nach Verkündung des Solidarpaktfortführungsgesetzes und des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes offensichtlich fehlerhaft gewesen, weil Satz 3 der Vorschrift dann überflüssig gewesen sei.

54

Verfassungsrechtlich sei es zulässig, dass § 7 Satz 2 GewStG im Streitfall Anwendung finde, obwohl das Sale Agreement bereits am 1. September 2001 wirksam geworden sei. Soweit die Kommanditisten der Beschwerdeführerin dieses bereits in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2001 abgeschlossen hätten, liege ein Fall unechter Rückwirkung vor, wobei es auf die Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch den Beschluss vom 1. September 2001 ankomme. Erst mit der Abtretung Anfang 2002 sei der Tatbestand abgeschlossen, an den die Rechtsfolgen anknüpften. Allerdings sei die Veräußerung bereits mit der verbindlichen schuldrechtlichen Vereinbarung ins Werk gesetzt.

55

Das Vertrauen der veräußernden Kommanditisten sei jedoch durch den Bericht der Bundesregierung vom 18. April 2001 und den Regierungsentwurf des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) zwar nicht zerstört, aber abgeschwächt gewesen.

56

c) Ein Verstoß gegen § 96 FGO liege nicht vor. Die Urteilsgründe gäben die wesentlichen Erwägungen wieder, die im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010 für die gerichtliche Entscheidung aufgrund ihres Gesamtergebnisses maßgeblich gewesen seien. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sei nicht in Betracht gekommen.

57

d) Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 8. März 2011 wies der Bundesfinanzhof die von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge und Gegenvorstellung zurück.

III.

58

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin Verstöße gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG), gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) sowie gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

59

1. Es liege ein Fall unechter Rückwirkung vor. Aufgrund der Vornahme des dinglichen Geschäfts am 1. Februar 2002 falle der Veräußerungsgewinn in das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Dezember 2002, das dem Veranlagungszeitraum 2002 zuzuordnen sei. Die Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn entstehe mit dem Ablauf des Erhebungszeitraums, hier des Jahres 2002. Das Gesetz, mit dem der maßgebliche § 7 Satz 2 GewStG geändert worden sei - das Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz -, sei am 26. Juli 2002 und mithin vor Entstehen der Gewerbesteuerschuld für den Veranlagungszeitraum 2002 verkündet worden.

60

Der Steuerpflichtige dürfe im Zeitpunkt seiner Disposition grundsätzlich in den Bestand der Rechtsordnung vertrauen. Der Gesetzentwurf zum Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz sei am 20. Februar 2002 durch die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht worden. Dieser Zeitpunkt liege nach der schuldrechtlichen Vereinbarung. Das Vertrauen sei auch deshalb uneingeschränkt schutzwürdig, weil das Rechtsgeschäft am 1. Februar 2002, also noch vor der Verkündung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes, mit dem Closing vollständig abgewickelt worden sei.

61

Durch die Neuregelung des § 7 Satz 2 GewStG sei nachträglich in konkret verfestigte Vermögenspositionen eingegriffen worden (Berufung auf BVerfGE 127, 1; 127, 31 und 127, 61). Diese lägen in den eingetretenen Wertzuwächsen und in der Kaufpreiszahlung. Die Interessenabwägung falle in beiden Fällen zugunsten der Beschwerdeführerin aus.

62

Für den Vertrauensschutz sei die Tatsache unbeachtlich, dass es bereits vor dem Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz Gesetzgebungsvorhaben zur Änderung des § 7 Satz 2 GewStG gegeben habe. Dies führe entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs gerade nicht zu einer Verminderung der Schutzwürdigkeit ihres Vertrauens. Es sei durchaus nicht ungewöhnlich, dass ein initiiertes Gesetzgebungsverfahren zunächst mehrfach scheitere und die grundsätzlich gewollte Regelung erst nach erneuter Einbringung eines Entwurfs Gesetzeswirkung entfalte. Gerade im Steuerrecht liefe der Vertrauensschutz des Bürgers angesichts der Vielzahl von Gesetzesinitiativen ansonsten nahezu leer.

63

Selbst wenn man von einer vom Solidarpaktfortführungsgesetz unbeeinflussten Einführung des § 7 Satz 2 GewStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz zum Jahresende 2001 ausginge, läge ebenfalls eine unechte Rückwirkung vor. Maßgeblich sei allein das durch den Abschluss des Sale Agreements am 5. August 2001 vorgenommene schuldrechtliche Geschäft. Soweit der Bundesfinanzhof nicht darauf abstellen wolle, sondern auf den 1. September 2001, sei dies nicht zu rechtfertigen. Die wirtschaftliche Disposition des einzelnen veräußernden Gesellschafters sei bindend spätestens mit Abschluss des Sale Agreements am 5. August 2001 erfolgt. Der einzelne Kommanditist habe sich damit seiner Handlungsfreiheit begeben gehabt.

64

Die Einbringung des Gesetzentwurfs zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz am 10. September 2001 sei also nach dem schuldrechtlichen Geschäft am 5. August 2001 erfolgt. Selbst die nach ihrer Auffassung ohnehin unbeachtliche Zuleitung an den Bundesrat sei erst am 17. August 2001 und damit nach dem Sale Agreement erfolgt.

65

2. Die Rückwirkung sei nicht gerechtfertigt. Das Argument der Missbrauchsvermeidung sei nicht geeignet, die Rückwirkung zu rechtfertigen. Generell sei die Veräußerung einer Beteiligung nicht rechtsmissbräuchlich. Hinzu komme, dass die Vorschrift zur steuerneutralen Übertragung von Wirtschaftsgütern, § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, mit geringen Abweichungen den sogenannten Mitunternehmererlass aus dem Jahr 1977 (BMF, BStBl I 1978, S. 8) gesetzlich normiere. Die Bundesregierung habe diesen 1999 abgeschafft und dann mit Wirkung zum Jahr 2001 wieder in der Sache vergleichbar als Gesetz eingeführt. Eine Missbrauchsgefahr sei während der langjährigen Geltung des Mitunternehmererlasses nie gesehen worden.

66

Selbst wenn man von einer Missbrauchsgefahr ausgehen wollte, bestünde sie auch bei natürlichen Personen. Unverständlich sei, warum nach Ansicht des Gesetzgebers die steuerneutrale Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern auf eine Personengesellschaft mit anschließendem steuerneutralem Verkauf des Mitunternehmeranteils durch eine unmittelbar beteiligte natürliche Person nicht ebenso missbräuchlich sein solle wie die mittelbare Realisierung über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft.

67

Ein Gesetzgebungsversehen sei - bezogen auf die Rückwirkung des § 7 Satz 2 GewStG - kein Rechtfertigungsgrund. Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs liege kein Sachverhalt vor, in dem wegen besonderer Komplexität ein Einzelaspekt mit der Folge von Wertungswidersprüchen nicht berücksichtigt worden sei. Die geplante Neuregelung des § 7 Satz 2 GewStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz habe wegen der nachfolgenden Verkündung des Solidarpaktfortführungsgesetzes insgesamt keine Rechtswirkungen entfaltet.

68

3. Die Einbeziehung der Veräußerungsgewinne, die auf die ehemaligen Gesellschafter der Beschwerdeführerin entfielen, die nicht natürliche Personen seien (vier Kommanditgesellschaften, eine Stiftung und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit insgesamt 42,64 % des verkauften Kommanditkapitals), sei auch deshalb verfassungswidrig, weil § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG in mehrfacher Hinsicht Art. 3 Abs. 1 GG verletze.

69

a) Da der Gewinn aus der Veräußerung des Gesellschaftsanteils auf Ebene des Gesellschafters anfalle, erhöhe er nicht die objektive Ertragskraft des Gewerbebetriebs der Personengesellschaft. Damit widerspreche § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG dem Gebot der Belastung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Besteuert werde eine lediglich fiktive Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, deren Anteile veräußert würden. Schuldnerin der Gewerbesteuer sei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ausschließlich die Gesellschaft, doch fließe ihr der Veräußerungsgewinn nicht zu und führe daher in keiner Weise zu einer Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit. Die Gesellschaft könne - insbesondere bei hohen Gewerbesteuerbeträgen wie im vorliegenden Fall - sogar allein aufgrund der Gewerbesteuerbelastung in die Insolvenz geraten.

70

Sonderbetriebseinnahmen eines Gesellschafters und die hierauf basierende Gewerbesteuerlast führten regelmäßig nicht dazu, dass die Leistungsfähigkeit des Gewerbebetriebes insgesamt überschritten werde. Eine die Substanz aufzehrende Sonderbetriebseinnahme sei regelmäßig ausgeschlossen. Demgegenüber könne die Einbeziehung von Veräußerungsgewinnen hinsichtlich der Anteile an der Personengesellschaft in den Gewerbeertrag und die hieran bemessene Gewerbesteuer durchaus die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft (signifikant) übersteigen. Das könne letztlich auch Insolvenzrisiken begründen.

71

Die Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 7 Satz 2 GewStG sei mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip allein unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft vereinbar. Selbst wenn die veräußernden Gesellschafter ungeachtet der Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft als (Mit-)Unternehmer anzusehen seien, führe ihre durch den Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils eintretende Steigerung der Leistungsfähigkeit auch nicht mittelbar zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Die Verbindung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sei vielmehr ab diesem Zeitpunkt beendet und es liege kein laufender Gewinn der Personengesellschaft mehr vor.

72

Im Gewerbesteuerrecht dürfe allein an die Leistungsfähigkeit der Personengesellschaft - und nicht an die der Gesellschafter - angeknüpft werden. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 116, 164 <184 f.>), wo der steuersystematische Unterschied zwischen Einkommen- und Gewerbesteuer darin gesehen worden sei, dass sich die Leistungsfähigkeit bei der Gewerbesteuer in der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs zeige.

73

b) Die angegriffene Vorschrift, der Gewerbesteuermessbescheid und das Urteil des Bundesfinanzhofs verletzten den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) auch insoweit, als die Gewerbesteuerlast der Beschwerdeführerin davon abhänge, ob unmittelbar beteiligte oder mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligte natürliche Personen ihre Anteile veräußert haben.

74

§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG differenziere hinsichtlich der Einbeziehung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an der Beschwerdeführerin in deren Gewerbeertrag. Nicht einbezogen würden allein solche Veräußerungsgewinne, die auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfielen. Bei bloß mittelbarer Beteiligung erhöhe sich demgegenüber die Gewerbesteuerlast für die Beschwerdeführerin. Die unterschiedliche Behandlung der Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen in Abhängigkeit von der Gesellschafterstruktur führe zu willkürlichen Ergebnissen.

75

Eine sachliche Rechtfertigung der gerügten Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Der Anteilskäufer müsse nach dem Erwerb als neuer Gesellschafter mittelbar die Gewerbesteuerlast für den von ihm gezahlten Veräußerungspreis tragen. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass der Kaufpreis bei Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns niedriger sei. Infolge dieser Kaufpreisrelevanz führe § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auf der Ebene der veräußernden Gesellschafter und der Gesellschaft zu einer personenbezogenen Ungleichbehandlung.

76

c) Der Verweis auf § 35 EStG sei für § 7 Satz 2 GewStG verfassungsrechtlich ohne Belang. Zwischen der gewerbesteuerlichen Belastung und der einkommensteuerlichen Entlastung bestehe keine verfassungsrechtliche Verbindung. Die Regelung könne eine gleichheitswidrige Besteuerung nicht beseitigen. Dies liege zum einen daran, dass § 35 EStG keinen Ausgleich auf Ebene der Gesellschaft, sondern auf Ebene des Gesellschafters herbeiführe. Zudem kompensiere sie die Gewerbesteuerbelastung nicht vollständig, weil hier der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz über 360 % liege und bei § 35 EStG eine vollständige Entlastung nur bis zu einem Hebesatz bis zu 360 % eintreten könne.

77

Besonders nachteilig wirke sich im vorliegenden Fall aus, dass der Maßstab, nach dem die Gewerbesteuer für Zwecke der Entlastung nach § 35 EStG verteilt werde, sich nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel richte, der die Veräußerungsgewinne gerade nicht berücksichtige.

78

d) Die vom Bundesfinanzhof behauptete Möglichkeit, etwaige Verzerrungen durch zivilrechtliche Maßnahmen abzumildern, gebe es nicht. Selbst wenn dies möglich wäre, seien aber solche Vereinbarungen nach Auffassung der Finanzverwaltung steuerlich nicht anzuerkennen und für die Anrechnung nach § 35 EStG unbeachtlich. Zudem trage der Verweis bereits aufgrund der rückwirkenden Einführung des § 7 Satz 2 GewStG nicht. Auch habe der einzelne Gesellschafter - zumal der mittelbare - keinen Anspruch gegen den Mitgesellschafter auf Abschluss einer solchen Vereinbarung. Schließlich könne es nicht Aufgabe des Steuerpflichtigen sein, dafür zu sorgen, gleichheitswidrige Gesetze in ihren Auswirkungen abzumildern.

79

e) Die Ungleichbehandlung sei nicht durch den Gedanken der Missbrauchsabwehr zu rechtfertigen. Der Bundesfinanzhof lasse unberücksichtigt, dass § 7 Satz 2 GewStG erheblich über den Aspekt der Missbrauchsvermeidung hinausreiche. Die Vorschrift beschränke sich ausdrücklich nicht auf die vom Gesetzgeber angeführten Missbrauchsfälle; eine Besteuerung trete auch dann ein, wenn zuvor keine steuerneutrale Veräußerung von Wirtschaftsgütern erfolgt sei.

80

f) Auch die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung rechtfertige § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG nicht. Die Annahme, bei mehrstufigen Personengesellschaften könne das Finanzamt nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellen, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt sei, sei nicht haltbar. Um etwaige Ermittlungsschwierigkeiten auszuschließen, hätte der Gesetzgeber als milderes Mittel erhöhte Mitwirkungspflichten vorsehen können.

81

4. Das Urteil des Bundesfinanzhofs verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Verstoß sei auch durch den Anhörungsrügebeschluss nicht behoben worden. Der Bundesfinanzhof habe sie vor seiner Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht informiert und auch nicht gehört.

82

5. Der Anhörungsrügebeschluss entziehe der Beschwerdeführerin den gesetzlichen Richter. Über die Anhörungsrüge habe der Bundesfinanzhof in der Besetzung mit drei Richtern entschieden und insofern die Regelung von § 10 Abs. 3 Alt. 2 FGO zur Anwendung gebracht. Die Entscheidung hätte jedoch in der Besetzung mit fünf Richtern ergehen müssen, weil andernfalls der mit § 133a FGO verfolgte Zweck einer wirksamen Selbstkontrolle des Senats nach durchgeführter mündlicher Verhandlung und ergangener Entscheidung nicht Rechnung getragen werden könne. Problematisch sei in diesem Zusammenhang auch, dass einer der drei unterzeichnenden Richter nicht zur Senatsbesetzung der mündlichen Verhandlung und der Revisionsentscheidung gehört habe. Auch dies sei vor dem Hintergrund der Zielsetzung des § 133a FGO (wirksame Selbstkontrolle) kritisch zu sehen.

IV.

83

1. Von Seiten des Bundes und der Länder haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung und die Freie Hansestadt Bremen Stellung genommen.

84

a) Das Bundesministerium der Finanzen sieht weder eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG noch eine unzulässige Rückwirkung.

85

aa) Die unterschiedliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen bei natürlichen Personen bei mittelbarer und unmittelbarer Beteiligung sei zwar eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte. Die Differenzierung sei aber gerechtfertigt, da die mittelbar beteiligte natürliche Person die Steuerermäßigung nach § 35 EStG in Anspruch nehmen könne. Bei mehrstufigen Personengesellschaften sei die Feststellung der Unterbeteiligten schwierig. Im Regelfall erfolge durch § 35 EStG eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer. Im Einzelfall verbleibende Belastungsunterschiede seien unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt.

86

Des Weiteren werde Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt, dass die Veräußerungsgewinne dem Gewerbeertrag der Personengesellschaft zugerechnet würden. Es stehe im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, bei der Gewerbesteuer auch an die Leistungsfähigkeit ihrer Gesellschafter anzuknüpfen. Diese Möglichkeit ergebe sich aus der Einbeziehung von Sonderbetriebseinnahmen in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft. Es stehe dem Gesetzgeber ebenso frei, die zeitliche Reichweite des Gewerbebetriebes für gewerbesteuerliche Zwecke zu bestimmen. Ein Gleichheitsverstoß scheitere darüber hinaus auch daran, dass es zumutbare gesellschaftsrechtliche Gestaltungen zur Abmilderung der Belastungen gebe.

87

Zwischen Kapitalgesellschaften und unmittelbar beteiligten Personen könne der Gesetzgeber differenzieren, ohne den Gleichheitssatz zu verletzen, weil es ihm unbenommen sei, an die Rechtsform unterschiedliche Rechtsfolgen anzuknüpfen.

88

Die Zwischenschaltung von Personengesellschaften sei ein gängiges Umgehungsmodell zur gewerbesteuerfreien Realisierung von stillen Reserven gewesen. Diese gängige Missbrauchsgestaltung habe der Gesetzgeber im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG unterbinden dürfen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, ob die durch die Typisierung entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar gewesen wäre. Die Einführung von Behaltensfristen wäre wegen der Umgehungsgefahr nicht in gleicher Weise wirksam gewesen.

89

bb) § 7 Satz 2 GewStG ordne eine gerechtfertigte unechte Rückwirkung an. Das Vertrauen des Steuerpflichtigen auf den Fortbestand der Steuerfreiheit sei zumindest stark abgeschwächt, daher überwiege das gesetzgeberische Änderungsinteresse. Der Vertrauensschutz sei deswegen gemindert, weil es bei wirtschaftlich so gewichtigen Vertragsabschlüssen üblich und zumutbar sei, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls Preisanpassungsklauseln zu vereinbaren. Vor der Beschlussfassung über die Zustimmung zum Sale Agreement sei am 1. September 2001 in der Gesellschafterversammlung eine Erläuterung der steuerlichen Konsequenzen vorausgegangen. Die Gewerbesteuerpflicht sei von den veräußernden Gesellschaftern bewusst in Kauf genommen worden, weil sie in Bezug auf die Einkommensbesteuerung der Veräußerungsgewinne eine Neuregelung in Anspruch hätten nehmen wollen, für die der Besteuerungszeitpunkt der Veräußerungsgewinne nach dem 31. Januar 2001 habe liegen müssen. Dass die Beschwerdeführerin den steuerlichen Realisationszeitpunkt danach habe erreichen wollen, zeige sich daran, dass sie diesbezüglich eine verbindliche Zusage bei den Finanzbehörden eingeholt habe.

90

b) Die Freie Hansestadt Bremen hält das Vertrauen der Beschwerdeführerin nicht für schutzwürdig, selbst wenn man von einer unechten Rückwirkung ausgehen wollte. Die Abwägung zwischen dem Vertrauen der Beschwerdeführerin und dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des gesetzgeberischen Willens falle nicht zugunsten der Beschwerdeführerin aus, weil sie bewusst gewartet habe, um das für sie steuerlich vorteilhafte Halbeinkünfteverfahren zu nutzen.

91

Am Tag der Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Bundesrat (17. August 2001) habe keine konkret verfestigte Vermögensposition bestanden. Dies habe die Beschwerdeführerin selbst im Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft bestätigt, da sie dort ausgeführt habe, die Kommanditisten würden bei einer abweichenden steuerlichen Beurteilung gegebenenfalls von der Durchführung der Veräußerung ihrer Anteile absehen.

92

2. Zur Verfassungsbeschwerde haben sich der Deutsche Anwaltverein, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. sowie die Bundesrechtsanwaltskammer schriftlich geäußert.

93

a) Der Deutsche Anwaltverein äußert Zweifel an der Rechtfertigung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG als Missbrauchsvermeidungsnorm. Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus den angegriffenen Entscheidungen sei ersichtlich, dass die Umgehungskonstellation quantitativ oder qualitativ besonders häufig oder typisch sei. Einzelfällen könne wirksam mit § 42 AO begegnet werden. § 42 AO sei systemadäquater, da er bei der Kapitalgesellschaft anknüpfe und nicht bei der zur Umgehung verwendeten Personengesellschaft.

94

b) Die Bundessteuerberaterkammer geht davon aus, dass das Objektsteuerprinzip durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG durchbrochen werde. Daher passe die Verortung der Steuerschuldnerschaft auf Ebene der Gesellschaft nicht mehr. Eine konkrete Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips durch eine übermäßige Belastung der Personengesellschaft durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG sei aber nicht gegeben. Eine übermäßige Belastung der Personengesellschaft könne sich auch ohne das Vorliegen von Veräußerungsgewinnen durch Hinzurechnungen aufgrund von § 8 GewStG ergeben.

95

c) Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sieht in § 7 Satz 2 GewStG einen Verstoß gegen das Verbot rückwirkender Gesetze, soweit Beteiligungsveräußerungen der Gewerbesteuer unterworfen werden, die auf vor der Einbringung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes getroffene Vereinbarungen zurückgehen. § 7 Satz 2 GewStG führe zudem zu einer Ungleichbehandlung von unmittelbar und mittelbar an einer Personengesellschaft beteiligten natürlichen Personen, die verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei.

96

d) Der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.ist der Auffassung, nach den Beschlüssen des Zweiten Senats vom 7. Juli 2010 (Hinweis auf BVerfGE 127, 1; 127, 31 und 127, 61) dürften Wertsteigerungen, die bis zum Zeitpunkt der Gesetzesverkündung entstanden seien, nicht der Ertragsbesteuerung unterworfen werden.

97

e) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die vom Bundesfinanzhof zugunsten der Beschwerdeführerin angenommene echte Rückwirkung nicht für gerechtfertigt. Es habe keine unklare oder verworrene Rechtslage vorgelegen, deren Ersetzung durch eine eindeutige neue hätte gerechtfertigt sein können. § 7 Satz 2 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes sei zwar einige Tage in Kraft gewesen, aber mit Beginn des Jahres 2002 durch eine weitere Neufassung ersetzt worden, die keinen offensichtlich fehlerhaften Wortlaut gehabt habe.

98

3. Das Bundesverfassungsgericht hat am 25. September 2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Geäußert haben sich die Beschwerdeführerin, die Bundesregierung sowie die Freie Hansestadt Bremen. Als sachkundige Auskunftsperson hat sich in der mündlichen Verhandlung Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen geäußert.

B.

99

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen (StBAÄG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2715), auf den sich die angegriffenen Entscheidungen stützen, verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG (I) noch gegen das Verbot rückwirkend belastender Gesetze (II). Das Urteil des Bundesfinanzhofs verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihren prozessualen grundrechtsgleichen Rechten (III).

I.

100

Die von der Beschwerdeführerin als gleichheitswidrig beanstandeten Regelungen durch den von ihr mittelbar angegriffenen § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG sind verfassungsgemäß; der Gesetzgeber bewegt sich mit dieser Neuregelung des Jahres 2002 im Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis.

101

Die Beschwerdeführerin beanstandet als Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Mitunternehmerschaft aufgrund von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG Gewerbesteuer auch in den Fällen schuldet, in denen der Veräußerungsgewinn dem veräußernden Mitunternehmer zufließt, ohne die Leistungsfähigkeit der Mitunternehmerschaft erkennbar zu erhöhen; die Besteuerung knüpfe damit nicht, wie aus Gleichheitsgesichtspunkten geboten, an Unterschiede der Leistungsfähigkeit an. Zudem benachteilige § 7 Satz 2 Nr. 2 Hs. 2 GewStG Mitunternehmerschaften, soweit an ihnen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften beteiligt sind, gegenüber solchen mit unmittelbar beteiligten natürlichen Personen.

102

Gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung für das Steuerrecht (1) erweist sich § 7 Satz 2 GewStG in beiderlei Hinsicht als verfassungsgemäß (2). Soweit die Beschwerdeführerin eine Ungleichbehandlung wegen der unterschiedlichen Steuerpflicht bei der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft vor und nach der Neuregelung des § 7 Satz 2 GewStG beanstandet, ist dies eine Frage der Rückwirkung und an Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zu messen (unten II).

103

1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 138, 136 <180 Rn. 121>; 139, 285 <309 Rn. 70> m.w.N.).

104

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (stRspr; vgl. BVerfGE 138, 136 <180 Rn. 122>; 139, 285 <309 Rn. 71> m.w.N.).

105

Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit dem Ausmaß der Abweichung und ihrer Bedeutung für die Verteilung der Steuerlast insgesamt (vgl. BVerfGE 138, 136 <181 Rn. 123, 185 Rn. 131>; 139, 285 <309 f. Rn. 72> jew. m.w.N.).

106

Die Belastung mit Finanzzwecksteuern ist an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen auszurichten (vgl. BVerfGE 137, 350 <367 Rn. 43> m.w.N.). Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert allerdings nicht einen gleichen Beitrag von jeder und jedem Steuerpflichtigen zur Finanzierung der Gemeinlasten, sondern verlangt, dass jede oder jeder von ihnen je nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen wird (vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 122, 210 <231>). Der Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft gilt auch für die Gewerbesteuer, da diese die objektivierte Ertragskraft der Gewerbebetriebe erfasst (vgl. BVerfGE 120, 1 <44>; 135, 126 <144 f. Rn. 56>).

107

2. Es widerspricht im Ergebnis nicht dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (s. oben 1), dass die Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) nach dem neu ins Gewerbesteuergesetz eingefügten § 7 Satz 2 Nr. 2 bei Verkauf eines Anteils durch einen Mitunternehmer grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig ist, obwohl der Veräußerungsgewinn beim Veräußerer verbleibt (a). Auch die Privilegierung des auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfallenden Veräußerungsgewinns in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (b).

108

a) Der Gesetzgeber durfte ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfGE 135, 126 <144 f. Rn. 56>; 137, 350 <367 Rn. 43> m.w.N.) auch nach Einführung des § 7 Satz 2 GewStG an seiner in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG für das Recht der Gewerbesteuer zum Ausdruck kommenden Entscheidung festhalten, die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft zuzuweisen. Dies weicht von dem ansonsten im Ertragsteuerrecht geltenden Transparenzprinzip ab, demzufolge die Einkommensteuer bei der Personengesellschaft immer vom Gesellschafter geschuldet wird. Der Gesetzgeber kann es in den Fällen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG ebenfalls bei der Gewerbesteuerschuld der Personengesellschaft belassen, obwohl der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Mitunternehmerschaft beim veräußernden Gesellschafter verbleibt. Dass die Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft hier gleichwohl die Gewerbesteuer schuldet, verletzt das Leistungsfähigkeitsprinzip im Ergebnis nicht.

109

Dabei ist fraglich, ob die Erwägung des Bundesfinanzhofs, dass bei der Gewerbesteuer ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG an die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter einer Personengesellschaft angeknüpft werden könne, weil diese ungeachtet der Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft auch bei der Gewerbesteuer "die (Mit-) Unternehmer" seien (Rn. 47 der hier angegriffenen Entscheidung unter Verweisung auf BFH-Urteil vom 3. April 2008 - IV R 54/04 - BFHE 220, 495), in verfassungsrechtlicher Hinsicht auch hier trägt. Die Begründung des Bundesfinanzhofs hierfür, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Personengesellschaft durch Gewinne im Bereich des Sonderbetriebsvermögens II eines Gesellschafters "unzweifelhaft erhöht" würde (BFH-Urteil vom 3. April 2008 - IV R 54/04 - BFHE 220, 495 <505>), ist nicht ohne Weiteres auf den für § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG maßgeblichen Fall übertragbar, weil hier der veräußernde Gesellschafter die Gesellschaft verlässt.

110

Ein durchgreifender Konflikt mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip liegt jedenfalls deshalb nicht vor, weil die in steuerrechtlicher Hinsicht mit dem Mitunternehmeranteil veräußerten Anteile an den Vermögensgegenständen durch den in die Gesellschaft einrückenden Erwerber in der Mitunternehmerschaft verbleiben und die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft im Grundsatz unverändert erhalten. Soweit der veräußernde Mitunternehmer einen Verkaufserlös durch Aufdeckung stiller Reserven erzielt hat, übernimmt der Erwerber den entsprechend erhöhten Bilanzwert in Form einer Ergänzungsbilanz in der Mitunternehmerschaft. Verkauft die Gesellschaft später diese Vermögensgegenstände oder veräußert sie den Betrieb oder Teile daran, wird durch die Auflösung der Ergänzungsbilanz beim eingetretenen Gesellschafter im Ergebnis eine Doppelbesteuerung auch nur von Teilen der stillen Reserven vermieden.

111

Im Übrigen durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die grundsätzlich mit der Verfassung vereinbare Begründung der Gewerbesteuerschuld bei der Personengesellschaft durch § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG auch in den Fällen des § 7 Satz 2 GewStG zu keinen unüberwindbaren Schwierigkeiten bei einer interessengerechten Verteilung der Gewerbesteuer innerhalb der Mitunternehmerschaft führt. Es ist Sache der Gesellschaft, die interne Gewinn- und Verlustverteilung auch unter Berücksichtigung anfallender Steuerpflichten zu regeln. Durch Gesellschaftsvertrag können etwaige Freistellungspflichten des die Gesellschaft durch den Verkauf seines Anteils verlassenden Gesellschafters im Hinblick auf Steuern vereinbart werden, die dadurch bei der Gesellschaft anfallen. Dies ist mittlerweile - wie auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde - durchaus üblich. Mit diesen vertraglichen Gestaltungsoptionen werden die Mitunternehmer im Anwendungsbereich des § 7 Satz 2 GewStG nicht - was nur in engen Grenzen zulässig ist - auf Ausweichgestaltungen zur "Rettung" eines ansonsten verfassungswidrigen Gesetzes verwiesen (vgl. dazu BVerfGE 120, 1 <53>), denn die Belastung der Mitunternehmerschaft mit der Gewerbesteuerschuld ist auch bei dieser Neuregelung schon für sich genommen nicht verfassungswidrig.

112

b) Art. 3 Abs. 1 GG wird nicht dadurch verletzt, dass § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG den Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebsanteils eines Mitunternehmers der Gewerbesteuer unterwirft, davon aber den Veräußerungsgewinn ausnimmt, der auf natürliche Personen entfällt, die unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind (§ 7 Satz 2 Nr. 2 Hs. 2 GewStG).

113

Diese Regelung benachteiligt Mitunternehmerschaften, soweit an ihnen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften beteiligt sind, gegenüber solchen mit unmittelbar beteiligten natürlichen Personen (aa). Der Gesetzgeber benötigt für diese Ungleichbehandlung einen hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund (bb), der hier vor allem in der Verhinderung von Umgehungsgestaltungen besteht (cc).

114

aa) § 7 Satz 2 GewStG behandelt Mitunternehmerschaften ungleich, je nach der unmittelbaren Beteiligung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften einerseits und natürlichen Personen andererseits. Dies führt dazu, dass der auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallende Veräußerungsgewinn dem bisherigen Regelfall entsprechend behandelt wird, auch wenn die Regelung innerhalb des § 7 Satz 2 GewStG im Halbsatz 2 als Ausnahme normiert ist. Danach unterfallen Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe von Anteilen an Mitunternehmerschaften durch sie nicht der Gewerbesteuer. Mitunternehmerschaften werden dagegen im Hinblick auf beteiligte Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften nunmehr generell schlechter gestellt, da der Gesetzgeber für Veräußerungsgewinne durch diese eine Gewerbesteuerpflicht der Mitunternehmerschaft begründet hat.

115

bb) An die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung sind keine hohen Anforderungen zu stellen; der Gesetzgeber bewegt sich bei der Ausformung der Regelung des § 7 Satz 2 GewStG, die er mit dem Ziel der Vermeidung von Missbrauch in das Gesetz eingeführt hat (dazu unten cc), im Rahmen eines weiten Gestaltungsspielraums. Es genügt, wenn der Differenzierungsgrund auf vernünftigen Erwägungen beruht und keinen völlig unbedeutenden Gemeinwohlbelang verfolgt.

116

Die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, auch die Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und von Anteilen daran in Mitunternehmerschaften in Abweichung von einer jahrzehntelangen Übung (oben A I 2) der Gewerbesteuer zu unterwerfen, kann als Teil der Bestimmung des Steuergegenstandes gesehen werden, bei der dem Gesetzgeber ein besonders weiter Spielraum zukommt (vgl. BVerfGE 138, 136 <181 Rn. 123>; 139, 285 <309 f. Rn. 72> jew. m.w.N.; s.o. 1). Hingegen betrifft die von der Beschwerdeführerin hier beanstandete Ungleichbehandlung die Binnendifferenzierung zwischen und innerhalb von Mitunternehmerschaften je nach Gesellschafterstruktur und dadurch ausgelöster Gewerbesteuerpflicht. Auch insoweit bietet allerdings keines der Kriterien, die zu einer strengeren Verhältnismäßigkeitskontrolle einer Ungleichbehandlung führen (vgl. dazu BVerfGE 138, 136 <180 f. Rn. 122>; 139, 285 <309 Rn. 71> m.w.N.; s.o. 1), Anlass, den Differenzierungsspielraum des Gesetzgebers substantiell einzuschränken. Dass die Mitunternehmerschaft als Steuerschuldnerin durch diese Unterscheidung bei der Steuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen in ihren Freiheitsrechten betroffen sein könnte, ist nicht erkennbar. Die nun grundsätzlich auch bei der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Anteilen daran bestehende Gewerbesteuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen mag die Gestaltungsinteressen der an der Mitunternehmerschaft Beteiligten beeinflussen; eine erhebliche Beeinträchtigung grundrechtlicher Freiheitsrechte, durch die eine strengere Gleichheitsprüfung veranlasst sein könnte, liegt darin jedoch nicht. Das Differenzierungskriterium - mittelbar oder unmittelbar beteiligt - entzieht sich grundsätzlich auch nicht der Verfügbarkeit der von der Ungleichbehandlung nachteilig betroffenen Mitunternehmerschaft.

117

Die Besserstellung der Mitunternehmerschaften mit unmittelbar beteiligten natürlichen Personen in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG begründet insbesondere keine strukturelle Ungleichbehandlung erheblichen Ausmaßes (vgl. dazu BVerfGE 138, 136 <181 Rn. 123>; 139, 285 <309 f. Rn. 72> jew. m.w.N.; s.o. 1). Sie nimmt bei der Belastung von Mitunternehmerschaften mit Gewerbesteuer lediglich den besonderen Fall der unmittelbar beteiligten natürlichen Person aus. Diese Ungleichbehandlung kann zwar im Einzelfall durchaus erheblich sein. Jedoch dürften die Veräußerungen durch unmittelbar beteiligte natürliche Personen im Vergleich zu Veräußerungen durch beteiligte Kapital- und Personengesellschaften dem Volumen nach tendenziell eher geringere Transaktionen betreffen. Dies verlangt jedenfalls keine strengere Verhältnismäßigkeitskontrolle.

118

Im Übrigen wird das Ausmaß der mittelbaren Benachteiligung der an der Mitunternehmerschaft beteiligten Personengesellschaften in gewissem Umfang dadurch reduziert, dass die in diesem Falle auf den Gewinn einer Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Anteilen daran entfallende Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer ihrer Gesellschafter nach § 35 EStG angerechnet wird. Die Anrechnung führt allerdings nicht in allen Fällen zu einem vollständigen Ausgleich. Daran fehlt es insbesondere bei Anrechnungsüberhängen und wegen der Verteilung des Anrechnungsvolumens gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel sowie wegen der unterschiedlich hohen Hebesätze.

119

cc) Danach ist die gewerbesteuerliche Besserstellung der Mitunternehmerschaften im Hinblick auf die Veräußerungsgewinne durch unmittelbar an ihnen beteiligte natürliche Personen in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG gerechtfertigt. Ausgehend von der legitimen Zielsetzung, steuerliche Umgehungsstrategien in diesem Bereich zu unterbinden ((1)), durfte der Gesetzgeber bei unmittelbar beteiligten natürlichen Personen ein von vornherein geringeres Umgehungspotential als bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften annehmen ((2)). Daneben können auch Erwägungen der Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs die Besserstellung stützen ((3)).

120

(1) Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 7 GewStG sollte ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu dem insoweit maßgeblichen Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz einer bis dahin möglichen und auch genutzten steuerlichen Umgehungsgestaltung der Boden entzogen werden (vgl. BTDrucks 14/6882, S. 41 sowie oben A I 3 b aa (1)). Ausgangspunkt der bekämpften Steuergestaltung war, dass Kapitalgesellschaften für Gewinne aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, aber auch aus der Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben uneingeschränkt gewerbesteuerpflichtig waren, wohingegen ihr Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft nicht gewerbesteuerpflichtig war (vgl. BFH, Urteil vom 28. Februar 1990 - I R 92/86 -, BStBl II S. 699 = juris, Rn. 17; Abschnitt 40 Abs. 2 Satz 3 GewStR 1998 sowie Bericht der Bundesregierung vom 18. April 2001, Beilage zu FR 11/2001, S. 1 <6 f.>). Diese Rechtslage verschaffte Kapitalgesellschaften die Möglichkeit, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Wirtschaftsgüter steuerneutral in eine Personengesellschaft einzubringen und sie anschließend durch Verkauf der Beteiligung hieran gewerbesteuerfrei zu veräußern (vgl. dazu BTDrucks 14/6882, S. 41 und Bericht der Bundesregierung vom 18. April 2001, a.a.O., sowie oben A I 3 b aa (1) und (2)).

121

Die Neuregelung in § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, welche die Gewerbesteuerpflicht auch für solche Veräußerungsgewinne eingeführt hat, wird in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Vermeidung der beschriebenen, dort als missbräuchlich angesehenen Gestaltungen "für unverzichtbar gehalten" (BTDrucks 14/6882, S. 41).

122

Nicht entscheidend ist hier, ob für den Gesetzgeber bei der Neuregelung daneben auch der Wunsch nach einer generellen Verbreiterung der Gewerbesteuerbemessungsgrundlage bestimmendes Motiv war. Das klingt im Bericht der Bundesregierung von Anfang 2001 an (a.a.O. unter B.I.6). In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist insoweit nur noch von dem Ziel der Missbrauchsverhinderung die Rede. Die ausdrückliche Beschränkung der Ausnahme von der neu eingeführten Gewerbesteuerpflicht auf Veräußerungen durch unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligte natürliche Personen im Unterschied zu ursprünglich allen natürlichen Personen als Mitunternehmer (s. dazu oben A I 3 b aa (3)) erfolgte auf Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (vgl. BTDrucks 14/7343 S. 40) mit der Begründung, dass die Beschränkung auf diesen Beteiligtenkreis notwendig sei, um die Beteiligungsbeziehungen bei mehrstufigen Personengesellschaften mit vertretbarem Verwaltungsaufwand feststellen zu können (vgl. BTDrucks 14/7344, S.12). Selbst wenn der Gesetzgeber mit der Neuregelung im Segment der Mitunternehmerschaft auch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer angestrebt haben sollte - wofür die Beschränkung der Ausnahmeregelung des Halbsatzes 2 auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen, vor allem aber das Fehlen einer tatbestandlichen Eingrenzung der Norm auf Missbrauchsfälle spricht -, ändert dies nichts an der Eignung des Gesetzes für das primäre Ziel, Umgehungsgestaltungen zu verhindern, noch konterkariert es sie.

123

(2) Mit der Bekämpfung von Steuergestaltungen zur Umgehung der Gewerbesteuerpflicht verfolgt der Gesetzgeber ein legitimes Ziel. Er darf Vorkehrungen treffen, um die Bemessungsgrundlage einer Steuer auch im praktischen Vollzug möglichst weitgehend zu erhalten. Unter Umständen folgt aus dem Gebot der gleichheitsgerechten Besteuerung sogar eine Pflicht, Möglichkeiten für Umgehungsgestaltungen im Gesetz zu vermeiden (vgl. BVerfGE 138, 136 <235 f. Rn. 254 f.>).

124

Durch die Erweiterung der Gewerbesteuerpflicht in § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auf die Anteilsveräußerung durch Kapitalgesellschaften als Beteiligte einer Mitunternehmerschaft wurde der vom Gesetzgeber als Hauptumgehungsfall erkannte Tatbestand erfasst. Dies gilt angesichts des vergleichbaren Umgehungspotentials auch für die Erstreckung der Gewerbesteuerpflicht auf Gewinne aus Anteilsveräußerungen durch an der Mitunternehmerschaft beteiligte Personengesellschaften. Die mit der Ausnahme von dieser Regelung verbundene Privilegierung für natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG ist gerechtfertigt.

125

(a) In der Begründung zum Gesetzentwurf des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes und im Bericht der Bundesregierung von 2001 wurde als Grundfall der Steuergestaltung das Verhalten von Kapitalgesellschaften beschrieben. Sie sind Ausgangspunkt und notwendig Teil der Gestaltung auf der Ebene der Mitunternehmerschaft. Ihre Einbeziehung in die auf die Verhinderung missbräuchlicher Gestaltung zielende Norm ist dadurch legitimiert. Sie ist zudem auch deshalb nicht zu beanstanden, weil das Gesetz damit für die Einbindung in eine Personengesellschaft wieder zum Regelfall der Gewerbesteuerpflicht jeglicher Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs oder von Teilen hieran durch eine Kapitalgesellschaft zurückkehrt (s.o. A I 2).

126

Die Einbeziehung von Personengesellschaften als Gesellschafter der Mitunternehmerschaft in die erweiterte Gewerbesteuerpflicht nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG führt ebenfalls zu keiner ungerechtfertigten Schlechterstellung dieser Mitunternehmerschaft gegenüber einer solchen mit unmittelbar beteiligten natürlichen Personen. Denn Personengesellschaften lassen sich grundsätzlich leichter für die hier in Rede stehenden Umgehungsgestaltungen einsetzen als natürliche Einzelpersonen, weil Personengesellschaften ihrerseits mit einer oder mehreren Kapitalgesellschaften gebildet werden können, unter denen sich dann auch die Ausgangsgesellschaft befinden mag, die die gewerbesteuerfreie Herauslösung eines Vermögensgegenstandes aus ihrem Gesellschaftsvermögen anstrebt. Auf diese Weise konnte der Gewinn aus der bis dahin gewerbesteuerfrei möglichen Veräußerung des Anteils an der Mitunternehmerschaft ohne größeren gestalterischen Aufwand im Ergebnis im Vermögen der Ausgangskapitalgesellschaft verbleiben. Abwandlungen dieser Grundstruktur der Umgehungsgestaltung sind bei Personengesellschaften ebenfalls leichter und wahrscheinlicher als bei unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligten natürlichen Personen.

127

Auf der anderen Seite ist es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, an der Mitunternehmerschaft unmittelbar beteiligte natürliche Personen in die zu unterbindende Umgehungsgestaltung einzubeziehen. Die schwierigeren Rahmenbedingungen machen eine solche Gestaltung jedoch für die Beteiligten unattraktiv und damit unwahrscheinlich. Wird nämlich der Vermögensgegenstand, um dessen gewerbesteuerfreie Veräußerung es geht, von der Ausgangskapitalgesellschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral so in eine Personengesellschaft überführt, dass eine unmittelbar beteiligte natürliche Einzelperson die ganz überwiegenden Gesellschaftsanteile hieran hält, besteht die Gefahr einer dann für die Kapitalgesellschaft gewerbesteuerlich und für den Gesellschafter einkommensteuerlich relevanten verdeckten Gewinnausschüttung. Daher durfte es der Gesetzgeber für nicht geboten halten, die unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligten natürlichen Personen in die Ausdehnung der Gewerbesteuerpflicht einzubeziehen.

128

(b) Soweit § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG - abweichend von dem in den Gesetzesmaterialien beschriebenen Grundfall - die gewerbesteuerfreie Veräußerung eines im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers befindlichen Vermögensgegenstandes über die steuerneutrale Einbringung in eine Personengesellschaft weiterhin ermöglicht, begründet auch dies keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber den Kapital- und Personengesellschaften. Derartige Gestaltungen waren in der steuerbehördlichen Praxis bisher offenbar nicht in einem Ausmaß aufgetreten, das dem Gesetzgeber ein Tätigwerden erforderlich erscheinen ließ. Gegen eine relevante Größenordnung solcher Gestaltungsfälle spricht auch, dass es sich bei Einzelunternehmern regelmäßig um Betriebe mit erheblich geringerem Gewerbesteuerpotenzial handeln dürfte als bei Kapital- und Personengesellschaften.

129

(c) Ob für die in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG geschaffene Privilegierung der auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallenden Veräußerungsgewinne daneben noch weitere Motive des Gesetzgebers eine Rolle gespielt haben - wie etwa die Schonung des Mittelstandes (vgl. Bericht der Bundesregierung vom 18. April 2001 a.a.O. unter B.I.6; s.o. A I 3 b aa (2)) - ist neben den tragfähigen Überlegungen zur Umgehungsverhinderung nicht erheblich.

130

(d) Unschädlich für die Vereinbarkeit der Besserstellung von Mitunternehmerschaften mit unmittelbar an ihnen beteiligten natürlichen Personen mit Art. 3 Abs. 1 GG ist die Ausgestaltung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auch insoweit, als sie sich nicht auf eine möglichst eng gehaltene Erfassung allein der Missbrauchsfälle beschränkt, sondern den Missbrauchsgestaltungen durch eine allgemeiner gefasste Erweiterung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen entgegenwirkt. Die Norm ist tatbestandlich nicht auf die Umgehungsfälle begrenzt, die Anlass für sie waren, wie etwa an das Vorliegen der steuerneutralen Übertragung eines Vermögensgegenstandes auf die Mitunternehmerschaft innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Sie bezieht Veräußerungsvorgänge in die neu geschaffene Gewerbesteuerpflicht mit ein, die in keinem Zusammenhang mit einem Umgehungsgeschäft stehen. Zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung von Mitunternehmerschaften, soweit an ihnen Kapital- und Personengesellschaften beteiligt sind, gegenüber solchen mit unmittelbar beteiligten natürlichen Personen führt dies indessen nicht, da die Freistellung von Veräußerungsgewinnen, die auf natürliche Personen entfallen, schon im Umgehungsfall und damit erst recht in den mit erfassten Nichtumgehungsfällen gerechtfertigt ist. Eine Freistellung auch der auf Kapital- und Personengesellschaften entfallenden Veräußerungsgewinne in den von der jetzigen Regelung mit erfassten Fällen ohne erkennbaren Umgehungsbezug ist aus Gleichheitsgründen nicht geboten. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt keine derart feinen Unterscheidungen.

131

(3) Schließlich sprechen auch Gründe der Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs (vgl. BVerfGE 139, 285 <313 Rn. 77>) für die Freistellung der auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallenden Veräußerungsgewinne von der Gewerbesteuerpflicht. Sie sind allerdings von geringem Gewicht, so dass sie allein die Besserstellung in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG nicht tragen können.

II.

132

Die Beschwerdeführerin wird nicht in ihrem verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG geschützten Vertrauen verletzt, nicht mit in unzulässiger Weise rückwirkenden Gesetze belastet zu werden.

133

Das auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes beruhende grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (1). Die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG auf den Erhebungszeitraum 2002 entfaltet unechte Rückwirkung (2 a). Die Regelung durfte ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht den der Beschwerdeführerin im Erhebungszeitraum 2002 zugeflossenen Veräußerungsgewinn erfassen, obwohl die verbindliche Verfügung hierüber bereits im Jahre 2001, aber erst nach Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Bundesrat erfolgt ist (2 b).

134

1. a) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (stRspr; vgl. BVerfGE 132, 302 <317 Rn. 41> m.w.N.).

135

Normen mit echter Rückwirkung sind danach grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 101, 139 <263>). Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 132, 302 <318 Rn. 42> m.w.N.). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <17>).

136

Normen mit unechter Rückwirkung sind hingegen grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 122, 374 <394 f.>; stRspr). Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>), etwa wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden (vgl. BVerfGE 132, 302 <318 Rn. 43> m.w.N.; ferner BVerfGE 127, 1 <17> m.w.N.; "tatbestandliche Rückanknüpfung").

137

b) Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>). Für den Bereich des Gewerbesteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Erhebungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist (vgl. BVerfGE 132, 302 <319 Rn. 44> unter Verweisung auf §§ 14, 18 GewStG; entsprechend für den Veranlagungszeitraum im Einkommensteuerrecht vgl. BVerfGE 127, 1 <17>; 127, 31 <47 f.>).

138

Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen. Allerdings ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 132, 302 <319 Rn. 45> m.w.N.).

139

Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 127, 1 <17 f.>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76 f.>). Insbesondere muss der Normadressat hier eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>; 127, 31 <48 f.>; 132, 302 <319 f. Rn. 45 f.> m.w.N.).

140

Wo danach jeweils die Grenzen verfassungsrechtlich zulässiger unechter Rückwirkung innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums liegen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Vertrauen ist besonders schutzwürdig, wenn die Betroffenen zum Zeitpunkt der Verkündung der Neuregelung nach der alten Rechtslage eine verfestigte Erwartung auf Vermögenszuwächse erlangt und realisiert hatten oder hätten realisieren können (vgl. BVerfGE 127, 1 <21>; 127, 61 <79 f.>). Das gilt vor allem dann, wenn auf der Grundlage des geltenden Rechts vor Verkündung des rückwirkenden Gesetzes bereits Leistungen zugeflossen waren (vgl. BVerfGE 127, 31 <56 ff.>; einschränkend insoweit BVerfGE 132, 302 <327 ff. Rn. 64 ff.>). Besonders schutzwürdig ist das Vertrauen der Betroffenen zudem dann, wenn diese vor der Einbringung des neuen Gesetzes in den Bundestag verbindliche Festlegungen getroffen hatten (vgl. BVerfGE 127, 31 <49>; 132, 302 <323 f. Rn. 54 ff.>).

141

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anwendung des im Juli 2002 in § 7 GewStG eingefügten Satzes 2 Nr. 2 auf den in diesem Erhebungszeitraum realisierten Veräußerungsgewinn der Beschwerdeführerin verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liegt ein Fall unechter Rückwirkung vor (a). Die Rückwirkung der angegriffenen Regelung auf den Erhebungszeitraum 2002 verletzt kein schützenswertes Vertrauen der Beschwerdeführerin in den Bestand der alten Rechtslage (b).

142

a) § 7 Satz 2 GewStG wurde durch Art. 5 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen (StBAÄG) vom 23. Juli 2002, verkündet am 26. Juli 2002 und in Kraft getreten am 27. Juli 2002 (BGBl I S. 2715), in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Nach § 36 Abs. 1 GewStG in der Fassung von Art. 5 Nr. 2 StBAÄG war § 7 Satz 2 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden; die Norm wirkt daher auf den 1. Januar 2002 zurück. Damit entfaltet § 7 Satz 2 GewStG nach der Rechtsprechung über den Erhebungszeitraum unechte Rückwirkung, weil die Gewerbesteuer erst mit dessen Ablauf entsteht (vgl. BVerfGE 132, 302 <319 Rn. 44>). Die Gewerbesteuerpflicht der Beschwerdeführerin aus der Veräußerung der Geschäftsanteile ihrer Mitunternehmer entstand danach Ende des Erhebungszeitraums 2002 für den in diesem Zeitraum durch die Mitunternehmer realisierten Veräußerungsgewinn.

143

Für die verfassungsrechtliche Einordnung insoweit nicht maßgeblich ist hingegen das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3858). Durch dieses am 24. Dezember 2001 verkündete und am 25. Dezember 2001 in Kraft getretene Gesetz wurde § 7 Satz 2 in der auch heute geltenden Fassung zwar bereits einmal in das Gewerbesteuergesetz eingefügt und sollte nach § 36 Abs. 1 GewStG in der Fassung von Art. 4 Nr. 5 UntStFG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden sein. § 7 Satz 2 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes war jedoch durch das Solidarpaktfortführungsgesetz (SFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3955), das am 27. Dezember 2001 verkündet wurde und am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist (Art. 12 Abs. 1 SFG), schon zum 1. Januar 2002 wieder außer Kraft gesetzt worden. Jener § 7 Satz 2 GewStG war somit im Dezember 2001 nur vier Tage in Kraft. Steuerrechtliche Wirkung konnte die Vorschrift insoweit nicht entfalten, da sie zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Anwendung bereits wieder außer Kraft gesetzt worden war.

144

b) Diese Entstehungsgeschichte des § 7 Satz 2 GewStG kann bei der verfassungsrechtlichen Bewertung des schutzwürdigen Vertrauens der Beschwerdeführerin nicht außer Betracht bleiben (aa). Ihr Vertrauen in den Bestand des geltenden Gewerbesteuerrechts war mit der Zuleitung des Entwurfs des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes zum Bundesrat nicht mehr schutzwürdig (bb). Die rückwirkende Inkraftsetzung des § 7 Satz 2 GewStG für den Erhebungszeitraum 2002 verletzt die Beschwerdeführerin daher nicht in ihrem schutzwürdigen Vertrauen (cc).

145

aa) Für die Beantwortung der Frage, ab welchem Zeitpunkt bereits vor Verkündung einer Neuregelung nicht mehr auf den Bestand der noch geltenden Rechtslage vertraut werden kann, sind in erster Linie der Gang des Gesetzgebungsverfahrens bis zur Neuregelung und dabei vor allem die öffentliche Bekanntgabe entsprechender Entwurfstexte entscheidend (näher dazu unten bb). Insofern muss hier auch auf die Entstehung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes abgestellt werden.

146

Beschränkte man die Betrachtung dagegen auf das Gesetzgebungsverfahren zum Fünften Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen im Hinblick auf die letztlich maßgebliche Verkündung des § 7 Satz 2 GewStG im Rahmen dieses Gesetzes im Juli 2002, wäre der Zeitpunkt der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vom 24. April 2002 zum Entwurf dieses Gesetzes maßgeblich. Durch diese Empfehlung wurde erstmals für das Gesetzgebungsvorhaben die erneute Einfügung des Satzes 2 in § 7 GewStG zur "Beseitigung eines redaktionellen Versehens" (vgl. BTDrucks 14/8887, S. 26) vorgeschlagen. Eine solche Sichtweise würde jedoch dem Gesetzgebungsverfahren zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz und dessen Bedeutung für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Betroffenen in den Fortbestand der Rechtslage nicht hinreichend Rechnung tragen.

147

Zwar handelt es sich bei dem für § 7 Satz 2 GewStG letztlich maßgeblichen Fünften Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen und dem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz um zwei im Ausgangspunkt selbständige Gesetzgebungsvorhaben mit unterschiedlichen Gegenständen und je eigenen Gesetzgebungsverfahren. Im Hinblick auf die Frage, ab welchem Zeitpunkt Mitunternehmerschaften mit für sie nachteiligen Änderungen der Rechtslage im Gewerbesteuergesetz rechnen mussten, sind hier jedoch beide Gesetzgebungsverfahren zusammen in den Blick zu nehmen. Denn die ursprünglich im Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz geplante und schließlich erst durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen umgesetzte Neuregelung des § 7 Satz 2 GewStG betrifft ein und dasselbe Gesetzgebungsziel mit demselben Inhalt durch denselben Gesetzgeber.

148

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Gesetzgebungsvorhaben - gerade im Steuerrecht - nicht selten über mehrere Legislaturperioden immer wieder in Angriff genommen werden, ehe sie schließlich zu einem Gesetz führen. In diesen Fällen kann in der Tat den vergeblichen Gesetzesinitiativen keine vertrauenszerstörende Wirkung im Hinblick auf die später Gesetz werdende Regelung beigemessen werden. Es ist grundsätzlich nicht vorhersehbar, ob ein im parlamentarischen Verfahren gescheitertes oder der Diskontinuität zum Opfer gefallenes Vorhaben von einem späteren Gesetzgeber wieder aufgegriffen wird. Es wäre der Rechtssicherheit in hohem Maße abträglich und den Steuerpflichtigen nicht zuzumuten, wenn sie in solchen Fällen unter Umständen über viele Jahre ihr Handeln nicht mehr in berechtigtem Vertrauen am geltenden Recht ausrichten könnten.

149

Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Es gab hier keinerlei öffentliche Bekundungen oder sonstige Signale, die den Rückschluss zugelassen hätten, dass der (identische) Gesetzgeber nach dem versehentlichen Scheitern des § 7 Satz 2 GewStG im Dezember 2001 von dem von ihm ersichtlich für wichtig gehaltenen Gesetzgebungsvorhaben hätte Abstand nehmen wollen. Angesichts der Besonderheiten im Ablauf dieses Gesetzesvorhabens mussten die Gewerbetreibenden von einer alsbaldigen Reparatur des Redaktionsfehlers im Jahre 2002 ausgehen. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt und auch geboten, die Verfahren zum Erlass des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes und zum Fünften Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen unter Vertrauensschutzgesichtspunkten als ein einheitliches Gesetzgebungsverfahren zu behandeln.

150

bb) Für die danach in einer Gesamtsicht zu bewertenden Gesetzgebungsverfahren kann nicht nur die Einbringung eines Gesetzesvorhabens in den Bundestag ((1)), sondern bereits dessen Zuleitung zum Bundesrat vertrauenszerstörende Wirkung haben ((2)).

151

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat in jüngerer Zeit bereits mehrfach entschieden, dass die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Deutschen Bundestag das Vertrauen der Betroffenen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zerstören kann und deshalb eine darin vorgesehene Neuregelung ohne Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes unechte Rückwirkung entfalten darf (vgl. dazu BVerfGE 127, 31 <50>; 143, 246 <385 Rn. 377>; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris, Rn. 199; in BVerfGE 132, 302 <326 Rn. 60> offen gelassen, weil in jenem Fall jedenfalls der Vorschlag des Vermittlungsausschusses das Vertrauen zerstört hatte). Ab diesem Zeitpunkt sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen allgemein absehbar. Deshalb können Steuerpflichtige regelmäßig nicht mehr darauf vertrauen, das gegenwärtig geltende Recht werde auch im Folgejahr unverändert fortbestehen; es ist ihnen vielmehr grundsätzlich möglich, ihre wirtschaftlichen Dispositionen durch entsprechende Anpassungsklauseln auf mögliche zukünftige Änderungen einzustellen (BVerfGE 127, 31 <50>). Dabei ist maßgeblich, inwieweit ein solcher Gesetzentwurf das Vertrauen in den Fortbestand der gegenwärtigen Rechtslage zerstört, nicht aber, inwieweit er die Erwartung rechtfertigt, eine bestimmte Regelung würde bald Gesetz. Denn der Ablauf des anschließenden Gesetzgebungsverfahrens bleibt in der Hand des demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Die Einbringung eines Gesetzentwurfs erlaubt kein Vertrauen darauf, dass eine eingebrachte Regelung Gesetz wird. Sie nimmt aber unter Umständen dem Vertrauen darauf die Grundlage, die jetzige Gesetzeslage in einem Regelungsbereich werde auf absehbare Zeit bestehen bleiben (zur Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts vgl. BVerfGE 127, 31 <57>; 132, 302 <327 Rn. 65, 330 f. Rn. 71>).

152

(2) Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise für die Zuleitung eines Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung an den Bundesrat (Art. 76 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch in diesem Fall hat sich ein nach dem Grundgesetz initiativberechtigtes Verfassungsorgan entschlossen, ein Gesetzgebungsverfahren förmlich einzuleiten. Hierzu muss ein ausformulierter Gesetzentwurf als Beschlussvorlage vorliegen. Die Zuleitung der Gesetzesvorlage an den Bundesrat ist im Ergebnis nicht mehr und nicht weniger verbindlich als die Einbringung in den Bundestag. Mit ihrer Veröffentlichung haben die durch das Vorhaben Betroffenen die Möglichkeit, sich in ihrem Verhalten auf die etwaige Gesetzesänderung einzustellen. Es ist ihnen zumutbar, jedenfalls bei in die Zukunft wirkenden Dispositionen darauf Bedacht zu nehmen. Ein qualitativer Unterschied zur Einbringung einer Gesetzesvorlage in den Bundestag ist im Hinblick auf die vertrauenszerstörende Wirkung der Zuleitung einer Gesetzesvorlage an den Bundesrat nicht erkennbar. Es bedeutete im Gegenteil einen Wertungswiderspruch, versagte man im erstgenannten Fall Vertrauensschutz, würde hingegen der Zuleitung an den Bundesrat keine vertrauenszerstörende Wirkung beimessen.

153

cc) Gemessen hieran musste sich die Beschwerdeführerin, zumal sie durchgängig steuerrechtlich beraten war, jedenfalls für das Erhebungsjahr 2002 auf eine auch sie betreffende nachteilige Änderung der Gewerbebesteuerung von Anteilsveräußerungen durch ihre Mitunternehmer einstellen. Nach Zuleitung des Entwurfs eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes am 17. August 2001 durch die Bundesregierung an den Bundesrat (BRDrucks 638/01) konnten Mitunternehmerschaften nicht mehr darauf vertrauen, dass eine Anteilsveräußerung durch ihre Gesellschafter auch künftig noch gewerbesteuerfrei sein würde.

154

Die verbindlichen Entscheidungen über die Anteilsveräußerungen fielen zeitlich nach der Zuleitung des Entwurfs zu einem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz an den Bundesrat ((1)). Die daraus folgende Einschränkung des Vertrauensschutzes erfasst auch die später Gesetz gewordene, gegenüber dem Entwurf engere Ausnahme des § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG von der Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns ((2)). An der Geltung der Neuregelung für den gesamten Erhebungszeitraum 2002 auch gegenüber der Beschwerdeführerin ändert sich auch nichts dadurch, dass die Veräußerungsgewinne den Mitunternehmern schon vor Verkündung des Gesetzes im Juli 2002 zugeflossen sind ((3)).

155

(1) Die Zuleitung des Entwurfs der Bundesregierung zu einem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz an den Bundesrat erfolgte am 17. August 2001 (BRDrucks 638/01). Der Inhalt des dem Bundesrat zugeleiteten Gesetzentwurfs zur Einfügung eines neuen § 7 Satz 2 GewStG war identisch mit dem am 10. September 2001 beim Deutschen Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf (BTDrucks 14/6882). Zwar hatte der Lenkungsausschuss der Beschwerdeführerin das Sale Agreement bereits am 5. August 2001 beschlossen. Die Zustimmung der Gesellschafter der Beschwerdeführerin zu dem Sale Agreement, durch die es für sie verbindlich wurde, erfolgte jedoch erst in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 1. September 2001. Zu diesem Zeitpunkt war der Gesetzentwurf zum neuen § 7 Satz 2 GewStG in der Bundesratsdrucksache bereits veröffentlicht und die Beschwerdeführerin und ihre Mitunternehmer hätten sich demzufolge darauf einstellen können. Zwar hatte sich der einzelne veräußerungswillige Kommanditist aufgrund der Gesellschaftervereinbarung vom Juli 2001 der Entscheidung des gemeinsam eingesetzten Lenkungsausschusses in Verbindung mit einer Mehrheitsentscheidung der veräußernden Kommanditisten unterworfen. Dies ändert indessen nichts daran, dass das Sale Agreement nach dessen Ziffer 16.1. weiterhin des Mehrheitsbeschlusses der Kommanditisten bedurfte. Die fachgerichtliche Deutung der Veräußerungsvereinbarungen durch den Bundesfinanzhof, wonach erst die Zustimmung in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 1. September 2001 zur rechtlich verbindlichen Disposition über die Geschäftsanteile geführt hat, ist vor diesem Hintergrund verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

156

(2) Die vertrauenszerstörende Wirkung der Zuleitung des Entwurfs eines Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes beschränkt sich nicht streng auf den durch den Wortlaut des Entwurfs von § 7 Satz 2 GewStG betroffenen Kreis von Mitunternehmern. Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte künftig der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe unter anderem (Nr. 2) des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, der Gewerbesteuer unterfallen, "soweit er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt" (Halbsatz 2). Gesetz wurde dann jedoch eine Formulierung des Halbsatzes 2, die dahin präzisiert war, dass lediglich der auf "eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer" entfallende Gewinn gewerbesteuerfrei war. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob die ursprüngliche Fassung des Entwurfs tatsächlich die Veräußerungsgewinne, die auf alle natürlichen Personen entfallen, die in einer Personengesellschaft als Mitunternehmer beteiligt waren, von der Gewerbesteuer freistellen sollte, oder ob diese Ausnahmevorschrift von Anfang an insoweit auf die unmittelbar beteiligten natürlichen Personen beschränkt war. Angesichts der klaren Zielsetzung des Gesetzgebers, Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen einer Mitunternehmerschaft der Gewerbesteuer zu unterwerfen, um so Umgehungsgestaltungen zu vermeiden, durften sich Mitunternehmer auch schon nach Bekanntwerden der ursprünglichen Entwurfsfassung nicht darauf verlassen, dass Veräußerungsgewinne von mittelbar beteiligten natürlichen Personen von der Besteuerungserweiterung verschont bleiben würden. Denn vor dem Hintergrund der Begründung des Regierungsentwurfs und des hier betonten Umgehungsverhinderungszwecks der Neuregelung lag keineswegs auf der Hand, dass hiervon Veräußerungsgewinne mittelbar beteiligter natürlicher Personen nicht betroffen und deshalb ausgenommen werden sollten. Daher mussten sich Mitunternehmer nach Veröffentlichung des Gesetzentwurfs bei ihren Dispositionen darauf einstellen, dass Gewinne bei der Veräußerung von Betriebsanteilen in die erweiterte Gewerbesteuerpflicht einbezogen würden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Einschränkung der Ausnahmeklausel des Halbsatzes 2 von § 7 Satz 2 GewStG später in dem entsprechenden Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages mit Verwaltungspraktikabilitätserwägungen begründet wurde (vgl. BTDrucks 14/7344, S. 12). Entscheidend für die Reichweite der das berechtigte Vertrauen relativierenden Bedeutung des ursprünglichen Gesetzentwurfs ist demgegenüber allein das die Betroffenen zur Vorsicht mahnende Signal, die Rechtslage werde in dem aus dem Entwurf erkennbaren Umfang geändert. Das Gesetzesvorhaben zielte hier im Grundsatz zunächst einmal auf die Einbeziehung der Veräußerungsgewinne von Mitunternehmeranteilen insgesamt. Ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass Mitunternehmer, die nicht selbst natürliche Personen sind, davon ausgenommen seien, bestand nicht.

157

(3) Das rückwirkende Inkraftsetzen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG zum Beginn des Erhebungszeitraums 2002 ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes auch insoweit vereinbar, als die Regelung Veräußerungsgewinne erfasst, die zwar vor Verkündung des Gesetzes im Juli 2002 den Verkäufern zugeflossen sind, aber auf Dispositionen beruhen, die erst nach der Zuleitung des Gesetzes an den Bundesrat verbindlich getroffen wurden. Eine besonders verfestigte Vermögensposition, die einem unecht rückwirkenden Zugriff des Steuergesetzgebers entzogen wäre, besteht hier zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht. Gewinne aus Dispositionen, die erst vorgenommen wurden, nachdem ein ordnungsgemäß in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachter und damit auch veröffentlichter Gesetzentwurf etwaiges Vertrauen zerstört hat, hindern den Gesetzgeber nicht an einer unecht rückwirkenden Steuerbelastung, selbst wenn die Erträge vor der Verkündung des Gesetzes zugeflossen sind (so bereits BVerfGE 132, 302 <327 ff. Rn. 64 ff.>). Elemente besonderer Schutzwürdigkeit, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zur sogenannten "Fünftel-Regelung" des § 34 Abs. 1 EStG mit Rücksicht auf damals betroffene Abfindungsvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmern angenommen hat (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 ff.> sowie dazu wiederum BVerfGE 132, 302 <327 ff. Rn. 65 ff.>), sind hier nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG in Juli 2002 nicht mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Zuleitung des Gesetzentwurfs zum Bundesrat im August 2001, sondern - deutlich moderater - erst für den Erhebungszeitraum 2002 in Kraft gesetzt wurde.

III.

158

Die gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs und gegen dessen Beschluss über die Anhörungsrüge erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin hierzu genügt insgesamt nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ergebenden Begründungsanforderungen (vgl. dazu BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9> m.w.N.).

159

Die Beschwerdeführerin beanstandet als Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) insbesondere, dass ihr nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, zur Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen, die durch die zwischenzeitlich ergangenen Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1; 127, 31; 127, 61) zur Zulässigkeit rückwirkender Gesetze im Steuerrecht aufgeworfen worden sei. Sie führt jedoch nicht aus, welche Gründe sie für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO vorgetragen hätte und weshalb ein solches Vorbringen ungeachtet der gegenteiligen Ausführungen des Bundesfinanzhofs im Anhörungsrügebeschluss eine abweichende Entscheidung in diesem Punkt zur Folge hätte haben können. Die Rüge bliebe aber auch in der Sache ohne Erfolg. Die Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass er wegen der zwischenzeitlich am 5. August 2010 erfolgten telefonischen Bekanntgabe der Urteilsformel und der dadurch eingetretenen Selbstbindung die erst am 19. August 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 in seinem Urteil nicht mehr hätte berücksichtigen können (BFH, Beschluss vom 8. März 2011 - IV S 14/10 -, juris, Rn. 8 ff.), betrifft die fachgerichtliche Auslegung einfachen Prozessrechts. Es ist weder substantiiert gerügt noch ohne Weiteres erkennbar, dass dieser Standpunkt verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre. Die Verletzung rechtlichen Gehörs kann allein mit der vom eigenen Standpunkt abweichenden Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs ohnehin nicht begründet werden.

160

Die Verfassungsbeschwerde genügt auch nicht den Begründungsanforderungen, soweit sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zusammensetzung des Gerichts bei dessen Entscheidung über die Anhörungsrüge in den Raum stellt, ohne sich mit den sich dabei stellenden Fragen näher auseinanderzusetzen. Im Übrigen liegt es im Spielraum des Gesetzgebers, aus Gründen der Praktikabilität die Anhörungsrüge so auszugestalten, dass der darüber befindende Spruchkörper nicht personenidentisch mit dem zusammengesetzt sein muss, der die Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat (§ 10 Abs. 3 Hs. 2 FGO, § 133a FGO), und es damit bei der funktionalen Identität des Spruchkörpers bewenden zu lassen; insoweit darf der Gesetzgeber den Gedanken der Selbstkontrolle, welcher der Anhörungsrüge zugrunde liegt (vgl. BVerfGE 107, 395 <411 f.>), hinter zwingende prozessökonomische Erwägungen zurücktreten lassen.

IV.

161

Das Urteil ist zu Punkt B I 2 b) mit 6:1 Stimmen ergangen.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

(1) Für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 als Betriebsvermögen anzusetzen sind, gilt das Folgende:

1.
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um die Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Abzüge nach § 6b und ähnliche Abzüge, anzusetzen.2Ist der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden.3Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.4Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, sind in den folgenden Wirtschaftsjahren gemäß Satz 1 anzusetzen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert nach Satz 2 angesetzt werden kann.
1a.
Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).2Zu diesen Aufwendungen gehören nicht die Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Absatz 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
1b.
Bei der Berechnung der Herstellungskosten brauchen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 255 Absatz 2 Satz 3 des Handelsgesetzbuchs nicht einbezogen zu werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.2Das Wahlrecht ist bei Gewinnermittlung nach § 5 in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben.
2.
Andere als die in Nummer 1 bezeichneten Wirtschaftsgüter des Betriebs (Grund und Boden, Beteiligungen, Umlaufvermögen) sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um Abzüge nach § 6b und ähnliche Abzüge, anzusetzen.2Ist der Teilwert (Nummer 1 Satz 3) auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden.3Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend.
2a.
Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 ermitteln, können für den Wertansatz gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens unterstellen, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht.2Der Vorratsbestand am Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung der Bewertung nach Satz 1 vorangeht, gilt mit seinem Bilanzansatz als erster Zugang des neuen Wirtschaftsjahres.3Von der Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge nach Satz 1 kann in den folgenden Wirtschaftsjahren nur mit Zustimmung des Finanzamts abgewichen werden.
2b.
Steuerpflichtige, die in den Anwendungsbereich des § 340 des Handelsgesetzbuchs fallen, haben die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente, die nicht in einer Bewertungseinheit im Sinne des § 5 Absatz 1a Satz 2 abgebildet werden, mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlages (§ 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs) zu bewerten.2Nummer 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden.
3.
Verbindlichkeiten sind unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Nummer 2 anzusetzen.
3a.
Rückstellungen sind höchstens insbesondere unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen:
a)
bei Rückstellungen für gleichartige Verpflichtungen ist auf der Grundlage der Erfahrungen in der Vergangenheit aus der Abwicklung solcher Verpflichtungen die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nur zu einem Teil der Summe dieser Verpflichtungen in Anspruch genommen wird;
b)
Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen sind mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten;
c)
künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, sind, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, bei ihrer Bewertung wertmindernd zu berücksichtigen;
d)
Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.2Rückstellungen für gesetzliche Verpflichtungen zur Rücknahme und Verwertung von Erzeugnissen, die vor Inkrafttreten entsprechender gesetzlicher Verpflichtungen in Verkehr gebracht worden sind, sind zeitanteilig in gleichen Raten bis zum Beginn der jeweiligen Erfüllung anzusammeln; Buchstabe e ist insoweit nicht anzuwenden.3Rückstellungen für die Verpflichtung, ein Kernkraftwerk stillzulegen, sind ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung bis zum Zeitpunkt, in dem mit der Stilllegung begonnen werden muss, zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln; steht der Zeitpunkt der Stilllegung nicht fest, beträgt der Zeitraum für die Ansammlung 25 Jahre;
e)
Rückstellungen für Verpflichtungen sind mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen; ausgenommen von der Abzinsung sind Rückstellungen für Verpflichtungen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Rückstellungen für Verpflichtungen, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.2Für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen ist der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend.3Für die Abzinsung von Rückstellungen für die Verpflichtung, ein Kernkraftwerk stillzulegen, ist der sich aus Buchstabe d Satz 3 ergebende Zeitraum maßgebend; und
f)
bei der Bewertung sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend; künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden.
4.
Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind mit dem Teilwert anzusetzen; die Entnahme ist in den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz mit dem gemeinen Wert und in den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz mit dem Wert anzusetzen, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde legt, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert.2Die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, ist für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen; bei der privaten Nutzung von Fahrzeugen mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden (Elektrofahrzeuge), oder von extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen, ist der Listenpreis dieser Kraftfahrzeuge
1.
soweit die Nummern 2, 3 oder 4 nicht anzuwenden sind und bei Anschaffung vor dem 1. Januar 2023 um die darin enthaltenen Kosten des Batteriesystems im Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugs wie folgt zu mindern: für bis zum 31. Dezember 2013 angeschaffte Kraftfahrzeuge um 500 Euro pro Kilowattstunde der Batteriekapazität, dieser Betrag mindert sich für in den Folgejahren angeschaffte Kraftfahrzeuge um jährlich 50 Euro pro Kilowattstunde der Batteriekapazität; die Minderung pro Kraftfahrzeug beträgt höchstens 10 000 Euro; dieser Höchstbetrag mindert sich für in den Folgejahren angeschaffte Kraftfahrzeuge um jährlich 500 Euro, oder
2.
soweit Nummer 3 nicht anzuwenden ist und bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2022 nur zur Hälfte anzusetzen; bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen muss das Fahrzeug die Voraussetzungen des § 3 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 des Elektromobilitätsgesetzes erfüllen, oder
3.
bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2031 nur zu einem Viertel anzusetzen, wenn das Kraftfahrzeug keine Kohlendioxidemission je gefahrenen Kilometer hat und der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60 000 Euro beträgt, oder
4.
soweit Nummer 3 nicht anzuwenden ist und bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Januar 2025 nur zur Hälfte anzusetzen, wenn das Kraftfahrzeug
a)
eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat oder
b)
die Reichweite des Fahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 60 Kilometer beträgt, oder
5.
soweit Nummer 3 nicht anzuwenden ist und bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2024 und vor dem 1. Januar 2031 nur zur Hälfte anzusetzen, wenn das Kraftfahrzeug
a)
eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat oder
b)
die Reichweite des Fahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 80 Kilometer beträgt,
die maßgebliche Kohlendioxidemission sowie die Reichweite des Kraftfahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine ist der Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG oder aus der Übereinstimmungsbescheinigung nach Artikel 38 der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 zu entnehmen.3Die private Nutzung kann abweichend von Satz 2 mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden; bei der privaten Nutzung von Fahrzeugen mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden (Elektrofahrzeuge), oder von extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen, sind
1.
soweit die Nummern 2, 3 oder 4 nicht anzuwenden sind und bei Anschaffung vor dem 1. Januar 2023 die der Berechnung der Entnahme zugrunde zu legenden insgesamt entstandenen Aufwendungen um Aufwendungen für das Batteriesystem zu mindern; dabei ist bei zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehörenden Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen die der Berechnung der Absetzungen für Abnutzung zugrunde zu legende Bemessungsgrundlage um die nach Satz 2 in pauschaler Höhe festgelegten Aufwendungen zu mindern, wenn darin Kosten für ein Batteriesystem enthalten sind, oder
2.
soweit Nummer 3 nicht anzuwenden ist und bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2022 bei der Ermittlung der insgesamt entstandenen Aufwendungen die Anschaffungskosten für das Kraftfahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen; bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen muss das Fahrzeug die Voraussetzungen des § 3 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 des Elektromobilitätsgesetzes erfüllen, oder
3.
bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2031 bei der Ermittlung der insgesamt entstandenen Aufwendungen die Anschaffungskosten für das Kraftfahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen nur zu einem Viertel zu berücksichtigen, wenn das Kraftfahrzeug keine Kohlendioxidemission je gefahrenen Kilometer hat, und der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60 000 Euro beträgt oder
4.
soweit Nummer 3 nicht anzuwenden ist und bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Januar 2025 bei der Ermittlung der insgesamt entstandenen Aufwendungen die Anschaffungskosten für das Kraftfahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, wenn das Kraftfahrzeug
a)
eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat oder
b)
die Reichweite des Kraftfahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 60 Kilometer beträgt, oder
5.
soweit Nummer 3 nicht anzuwenden ist und bei Anschaffung nach dem 31. Dezember 2024 und vor dem 1. Januar 2031 bei der Ermittlung der insgesamt entstandenen Aufwendungen die Anschaffungskosten für das Kraftfahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, wenn das Kraftfahrzeug
a)
eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat oder
b)
die Reichweite des Kraftfahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 80 Kilometer beträgt,
die maßgebliche Kohlendioxidemission sowie die Reichweite des Kraftfahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine ist der Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG oder aus der Übereinstimmungsbescheinigung nach Artikel 38 der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 zu entnehmen.4Wird ein Wirtschaftsgut unmittelbar nach seiner Entnahme einer nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 1 unentgeltlich überlassen, so kann die Entnahme mit dem Buchwert angesetzt werden.5Satz 4 gilt nicht für die Entnahme von Nutzungen und Leistungen.6Die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des Satzes 2 ist, bleibt außer Ansatz.
5.
Einlagen sind mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen; sie sind jedoch höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut
a)
innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt worden ist,
b)
ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist und der Steuerpflichtige an der Gesellschaft im Sinne des § 17 Absatz 1 oder Absatz 6 beteiligt ist; § 17 Absatz 2 Satz 5 gilt entsprechend, oder
c)
ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 20 Absatz 2 oder im Sinne des § 2 Absatz 4 des Investmentsteuergesetzes ist.
2Ist die Einlage ein abnutzbares Wirtschaftsgut, so sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um Absetzungen für Abnutzung zu kürzen, die auf den Zeitraum zwischen der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und der Einlage entfallen.3Ist die Einlage ein Wirtschaftsgut, das vor der Zuführung aus einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen entnommen worden ist, so tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wert, mit dem die Entnahme angesetzt worden ist, und an die Stelle des Zeitpunkts der Anschaffung oder Herstellung der Zeitpunkt der Entnahme.
5a.
In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 8 zweiter Halbsatz ist das Wirtschaftsgut mit dem gemeinen Wert anzusetzen; unterliegt der Steuerpflichtige in einem anderen Staat einer Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates, ist das Wirtschaftsgut mit dem Wert anzusetzen, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde legt, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert.
5b.
Im Fall des § 4 Absatz 1 Satz 9 ist das Wirtschaftsgut jeweils mit dem Wert anzusetzen, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde legt, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert.
6.
Bei Eröffnung eines Betriebs ist Nummer 5 entsprechend anzuwenden.
7.
Bei entgeltlichem Erwerb eines Betriebs sind die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen.

(2)1Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 800 Euro nicht übersteigen.2Ein Wirtschaftsgut ist einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind.3Das gilt auch, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann.4Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1, deren Wert 250 Euro übersteigt, sind unter Angabe des Tages der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretenden Werts in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen.5Das Verzeichnis braucht nicht geführt zu werden, wenn diese Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind.

(2a)1Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann für die abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs ein Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 250 Euro, aber nicht 1 000 Euro übersteigen.2Der Sammelposten ist im Wirtschaftsjahr der Bildung und den folgenden vier Wirtschaftsjahren mit jeweils einem Fünftel gewinnmindernd aufzulösen.3Scheidet ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 aus dem Betriebsvermögen aus, wird der Sammelposten nicht vermindert.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 250 Euro nicht übersteigen.5Die Sätze 1 bis 3 sind für alle in einem Wirtschaftsjahr angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter einheitlich anzuwenden.

(3)1Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers (Mitunternehmers) die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; dies gilt auch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen sowie bei der unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person.2Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn der bisherige Betriebsinhaber (Mitunternehmer) Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören, nicht überträgt, sofern der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht veräußert oder aufgibt.3Der Rechtsnachfolger ist an die in Satz 1 genannten Werte gebunden.

(4) Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut außer in den Fällen der Einlage (§ 4 Absatz 1 Satz 8) unentgeltlich in das Betriebsvermögen eines anderen Steuerpflichtigen übertragen, gilt sein gemeiner Wert für das aufnehmende Betriebsvermögen als Anschaffungskosten.

(5)1Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt, ist bei der Überführung der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.2Satz 1 gilt auch für die Überführung aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie für die Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften.3Satz 1 gilt entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut

1.
unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt,
2.
unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt oder
3.
unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft
übertragen wird.4Wird das nach Satz 3 übertragene Wirtschaftsgut innerhalb einer Sperrfrist veräußert oder entnommen, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, es sei denn, die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven sind durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet worden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die in Satz 3 bezeichnete Übertragung erfolgt ist.5Der Teilwert ist auch anzusetzen, soweit in den Fällen des Satzes 3 der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht.6Soweit innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung des Wirtschaftsguts nach Satz 3 der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut aus einem anderen Grund unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung ebenfalls der Teilwert anzusetzen.

(6)1Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege des Tausches übertragen, bemessen sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts.2Erfolgt die Übertragung im Wege der verdeckten Einlage, erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts.3In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 5 Satz 1 Buchstabe a erhöhen sich die Anschaffungskosten im Sinne des Satzes 2 um den Einlagewert des Wirtschaftsguts.4Absatz 5 bleibt unberührt.

(7) Im Fall des § 4 Absatz 3 sind

1.
bei der Bemessung der Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung die sich bei der Anwendung der Absätze 3 bis 6 ergebenden Werte als Anschaffungskosten zugrunde zu legen und
2.
die Bewertungsvorschriften des Absatzes 1 Nummer 1a und der Nummern 4 bis 7 entsprechend anzuwenden.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin eine OHG ist. Kommanditisten der Klägerin waren neben der D-GmbH eine Stiftung, vier Kommanditgesellschaften, eine weitere GmbH und natürliche Personen. Die Klägerin ist gewerblich tätig und hält Beteiligungen an zahlreichen Kapitalgesellschaften.

2

Mit Ausnahme der D-GmbH veräußerten sämtliche Kommanditisten der Klägerin ihre Kommanditanteile, die etwa 80 % des Kapitals der Klägerin entsprachen, an die A-GmbH:

3

Im Juli 2001 schlossen alle Kommanditisten der Klägerin mit Ausnahme der D-GmbH eine Gesellschaftervereinbarung zur Vorbereitung auf einen angestrebten Verkauf der Kommanditanteile. Sie beauftragten einen Lenkungsausschuss mit dem Abschluss eines Anteilsverkaufvertrages im Namen der Gesellschafter unter Vorbehalt eines nachträglichen Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung.

4

Am 5. August 2001 wurde zwischen dem Lenkungsausschuss im Namen der veräußernden Kommanditisten, der Klägerin, der A-GmbH und der C-S.A./N.V. ein Vertrag ("Sale Agreement") geschlossen. Dieser sieht die dingliche Abtretung der Kommanditanteile frühestens für den 1. Februar 2002 vor (Klausel 15.1 des Vertrages). Er steht unter der aufschiebenden Bedingung einer mehrheitlichen Zustimmung der Kommanditisten (Klausel 16.1 des Vertrages). Nach Klausel 23.1 findet auf den Vertrag deutsches Recht Anwendung.

5

Am 1. September 2001 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Klägerin statt. Diese stimmte dem Kaufvertrag vom 5. August 2001 und der beabsichtigten Abtretung der Kommanditanteile zu.

6

Die Abtretung der Gesellschaftsanteile erfolgte am 1. Februar 2002.

7

In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr (2002) erklärte die Klägerin u.a. Veräußerungsgewinne i.S. des § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 --StBAÄG-- (BGBl I 2002, 2715; im Folgenden GewStG n.F.) in Höhe von … €. Erklärungsgemäß setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Gewerbesteuermessbetrag fest.

8

Die Klägerin machte mit ihrem Einspruch geltend, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei verfassungswidrig. Weiterhin sei der Bescheid auch insoweit rechtswidrig, als der Veräußerungsgewinn ohne Berücksichtigung des § 3 Nr. 40 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG) und des § 8b Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (KStG) der Gewerbesteuer unterworfen worden sei.

9

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

10

Die Klage war insoweit erfolgreich, als im Rahmen des § 7 GewStG n.F. die Vorschriften des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG und des § 8b Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 KStG zu berücksichtigen seien. Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab.

11

Das FG hielt in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1720 veröffentlichten Urteil die Einbeziehung des Veräußerungsgewinns nach § 7 Satz 2 GewStG n.F. nicht für verfassungswidrig.

12

Während des Revisionsverfahrens hat das FA den angegriffenen Bescheid mit Bescheiden vom 28. November 2007, vom 20. Mai 2008 und vom 28. April 2010 geändert; dabei hat das FA u.a. den teilweisen Klageerfolg der Klägerin berücksichtigt; die Änderungen betreffen nicht das Revisionsverfahren.

13

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie ist weiterhin der Auffassung, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei verfassungswidrig.

14

Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 28. April 2010 dahin zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2002 ohne Einbeziehung der von den Kommanditisten erzielten Veräußerungsgewinne festgesetzt wird.

15

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

II. A. Das angegriffene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da die während des Revisionsverfahrens ergangenen Bescheide an die Stelle des angegriffenen Bescheides getreten sind. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

17

Die Bescheide vom 28. November 2007, vom 20. Mai 2008 und vom 28. April 2010 sind nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und die Klägerin auch keinen weitergehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (BFH-Urteil in BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

18

B. Die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 28. April 2010 ist unbegründet und daher abzuweisen. § 7 Satz 2 GewStG n.F. verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG); die Anwendung der Vorschrift auf den Streitfall begründet keine unzulässige Rückwirkung.

19

1. § 7 Satz 2 GewStG n.F. hat folgende Entstehungsgeschichte:

20

a) § 7 GewStG in der Fassung vom 19. Mai 1999 lautete:

21

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach Satz 1."

22

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu § 7 Satz 1 GewStG gehören bei natürlichen Personen und Mitunternehmerschaften Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs nicht zum Gewerbeertrag. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer (BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 41/07, BFHE 228, 381, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vgl. auch Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien --GewStR-- 1998). Hingegen gehören bei Kapitalgesellschaften auch Gewinne aus der Veräußerung und der Aufgabe eines Betriebs oder eines Teilbetriebs zum Gewerbeertrag. Die Gewerbesteuerpflicht knüpft bei Kapitalgesellschaften allein an die Rechtsform an; nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt die Tätigkeit einer solchen Gesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (BFH-Urteil vom 5. September 2001 I R 27/01, BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe; vgl. auch Abschn. 40 Abs. 2 Satz 1 GewStR 1998 und R 7.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009).

23

b) Im "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 heißt es (Finanz-Rundschau --FR-- 2001, Beilage zu Heft 11, 1, 35, unter E.I.1.a):

24

"Die für Kapitalgesellschaften bestehende Möglichkeit, nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG Einzelwirtschaftsgüter steuerneutral in eine Personengesellschaft (Objektgesellschaft) einzubringen, um sie anschließend durch Verkauf der Beteiligung gewerbesteuerfrei zu veräußern, sollte künftig beseitigt werden (gewerbesteuerfreie Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft)."

25

c) Art. 4 Nr. 2 des Entwurfs der Bundesregierung über ein Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz --UntStFG--) vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01; inhaltsgleich: BTDrucks 14/6882 vom 10. September 2001) lautete:

26

"In § 7 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

'Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt.' "

27

Nach der Begründung dieses Gesetzentwurfs (BTDrucks 14/6882, S. 41) hatte die gesetzliche Neuregelung folgendes Ziel:

28

"Veräußerungsgewinne sollen bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften, Erbengemeinschaften) künftig der Gewerbesteuer unterliegen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen. Insbesondere bei einer Kapitalgesellschaft wird dies zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen für unverzichtbar gehalten. Kapitalgesellschaften hätten ohne die Regelung die Möglichkeit, Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, statt dessen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft zu übertragen und könnten anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern."

29

Im Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 7. November 2001 schlug dieser die Änderung vor, dass im letzten Halbsatz vor Mitunternehmer "unmittelbar beteiligter" eingefügt werde (BTDrucks 14/7343, S. 40). Der letzte Halbsatz des § 7 Satz 2 GewStG sollte demnach lauten: "...soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt." Die Begründung hierfür lautet (BTDrucks 14/7344, S. 12):

30

"Durch die Änderung werden nur die Veräußerungsgewinne bei Mitunternehmerschaften von der Gewerbesteuer steuerfrei gelassen, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. Soweit eine natürliche Person mittelbar beteiligt ist, erfolgt eine Entlastung um die Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Die Ergänzung ist notwendig, um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften ist es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt ist."

31

Der Deutsche Bundestag verabschiedete das UntStFG am 14. Dezember 2001 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, der Bundesrat stimmte am 20. Dezember 2001 zu. Am 24. Dezember 2001 wurde das UntStFG vom 20. Dezember 2001 im BGBl I 2001, 3858 veröffentlicht. Die Änderung des § 7 Satz 2 GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 UntStFG am Tag nach der Verkündung in Kraft, die neue Fassung des § 7 Satz 2 GewStG war aber nach § 36 Abs. 1 GewStG in der Fassung des UntStFG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

32

d) Durch Art. 11 des Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds "Deutsche Einheit" (Solidarpaktfortführungsgesetz --SFG--) vom 20. Dezember 2001 wurde § 7 GewStG erneut geändert. Art. 11 Nr. 2 SFG lautet:

33

"§ 7 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

34

'Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des KStG ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.' "

35

Die Änderung steht im Zusammenhang mit der Einfügung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (Art. 10 Nr. 2 SFG), welcher eine besondere Gewinnermittlungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ist und die Veranstaltung von Werbesendungen einheitlich besteuern soll (BTDrucks 14/7646, S. 32).

36

Durch Art. 11 Nr. 4 SFG wurde § 36 GewStG um einen Abs. 3 ergänzt, nach dem § 7 Satz 2 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden war.

37

Das SFG vom 20. Dezember 2001 wurde am 27. Dezember 2001 verkündet (BGBl I 2001, 3955). Die Änderung des GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 SFG am 1. Januar 2002 in Kraft.

38

e) In seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht zum Entwurf des StBAÄG vom 24. April 2002 (BTDrucks 14/8887, S. 26) schlug der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags eine Neufassung von § 7 GewStG vor. Diese sei zur Beseitigung eines redaktionellen Versehens, das aus der Verkündungsreihenfolge im BGBl resultiere, erforderlich. Im zuerst verkündeten UntStFG sei in § 7 GewStG ein neuer Satz 2 eingefügt worden, wodurch der bisherige Satz 2 zu Satz 3 geworden sei. Der neue Satz 2 sei dann sogleich durch das SFG geändert worden, obwohl der alte Satz 2, der zu Satz 3 geworden sei, gemeint gewesen sei.

39

Durch Art. 5 Nr. 1 StBAÄG wurde § 7 GewStG entsprechend der Beschlussempfehlung neu gefasst und erhielt folgenden Wortlaut, der in Satz 2 dem des § 7 Satz 2 GewStG i.d.F. des UnStFG entspricht:

40

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1."

41

Die Neufassung des § 7 Satz 2 GewStG war nach dem durch Art. 5 Nr. 2 StBAÄG ebenfalls geänderten § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

42

Das StBAÄG vom 23. Juli 2002 wurde am 26. Juli 2002 verkündet (BGBl I 2002, 2715). Die Änderung des GewStG trat nach Art. 17 Abs. 1 StBAÄG am Tag nach der Verkündung in Kraft.

43

2. Die Regelung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

44

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Die mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber allerdings unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtiger bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig umzusetzen. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--, z.B. BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, zu C.I.2., mit zahlreichen Nachweisen). Das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Gebot gleicher Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, von dem nur aus besonderem Grund abgewichen werden darf, gilt auch für die Gewerbeertragsteuer (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1, zu C.II.2.).

45

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass Kapitalgesellschaften einerseits und natürliche Personen andererseits bei § 7 Satz 2 GewStG n.F. unterschiedlich behandelt werden. Denn diese Vergleichsgruppen unterscheiden sich grundlegend voneinander (BFH-Urteil in BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe, m.w.N.; siehe auch BVerfG-Beschlüsse vom 21. März 1977  1 BvR 1/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 255, und 1 BvR 2/77, HFR 1977, 256). Dem Gesetzgeber ist es insoweit unbenommen, im Rahmen der Gewerbesteuer an die Rechtsform unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, zu C.III.).

46

c) Darüber hinaus verstößt § 7 Satz 2 GewStG n.F. auch nicht deswegen gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, weil --wie die Klägerin meint-- die Gesellschaft, deren Anteile veräußert würden, mit der Gewerbesteuer belastet werde, während der die Steuerpflicht auslösende Ertrag auf der Ebene des Gesellschafters erzielt werde.

47

Denn jedenfalls steht mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang, bei der Gewerbesteuer an die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter einer Personengesellschaft anzuknüpfen. Diese sind nämlich ungeachtet der Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG) auch bei der Gewerbesteuer die (Mit-)Unternehmer (BFH-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, unter II.2.a bb (4) der Gründe).

48

d) Ferner ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen unterscheidet.

49

aa) Die Gruppen sind in diesem Rahmen vergleichbar. Denn die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs gehören sowohl bei natürlichen Personen als auch bei Personengesellschaften nach § 7 Satz 1 GewStG nicht zum Gewerbeertrag (vgl. oben zu II.B.1.).

50

bb) § 7 Satz 2 GewStG n.F. unterscheidet in mehrfacher Hinsicht zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen:

51

(1) Die Vorschrift unterwirft --unter bestimmten Voraussetzungen-- nur die Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft der Gewerbesteuer, entsprechende Gewinne eines Einzelunternehmers gehören hingegen auch weiterhin nicht zum Gewerbeertrag.

52

(2) Darüber hinaus gehört der Gewinn i.S. des § 7 Satz 2 GewStG n.F. nur insoweit nicht zum Gewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft, als er auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Soweit der Gewinn auf eine beteiligte Personengesellschaft entfällt, ist er hingegen Teil des Gewerbeertrags.

53

cc) Diese unterschiedliche Behandlung ist durch einen besonderen Grund, nämlich das Ziel des Gesetzgebers, Steuerumgehungen zu verhindern, gerechtfertigt. Steuerumgehungen zu verhindern ist ein legitimes Ziel der Gesetzgebung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Juli 1967  1 BvR 495/63, 1 BvR 325/66, BVerfGE 22, 156, zu B.1.b, zur Steuerrechtsprechung).

54

(1) Vermieden werden sollte, dass Kapitalgesellschaften Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft gewerbesteuerfrei veräußern können (BTDrucks 14/6882, S. 41). "Insbesondere" zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber § 7 Satz 2 GewStG n.F. geschaffen.

55

(2) Dem kann --anders als die Klägerin meint-- nicht entgegengehalten werden, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei vom Ziel der Missbrauchsbekämpfung nicht mehr gedeckt.

56

(a) Auch wenn die unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften gegenüber natürlichen Personen eines besonderen Grundes bedarf, so hat der Gesetzgeber bei der Entscheidung, welche Regelung er als Reaktion auf eine Steuerumgehung wählt, einen weiten Gestaltungsspielraum.

57

(b) Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorschrift hätte sich z.B. durch Behaltensfristen auf die Fälle beschränken müssen, in denen tatsächlich Wirtschaftsgüter von Kapitalgesellschaften auf Mitunternehmerschaften übertragen worden seien. Der Klägerin ist zuzugeben, dass eine derartige Regelung (möglicherweise) zielgenauer gewesen wäre. Allerdings bergen Behaltensfristen ihrerseits die Gefahr der Umgehung. Bereits deswegen ist insoweit der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschritten.

58

(c) Ferner ist vom gesetzgeberischen Anliegen, Steuerumgehungen zu vermeiden, auch erfasst, dass der Gewinn nach § 7 Satz 2 GewStG n.F. insoweit zum Gewerbeertrag gehört, als er auf eine beteiligte Personengesellschaft entfällt. Denn ansonsten könnte eine Kapitalgesellschaft durch die Zwischenschaltung einer weiteren Personengesellschaft die gewerbesteuerrechtliche Erfassung von stillen Reserven auch weiterhin vermeiden.

59

e) Im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Missbrauchsvorschrift durfte der Gesetzgeber auch zwischen unmittelbar beteiligten natürlichen Personen und mittelbar beteiligten natürlichen Personen unterscheiden.

60

aa) Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags war der Auffassung, die nur mittelbar beteiligten natürlichen Personen würden durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG entlastet (BTDrucks 14/7344, S. 12). Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer durch eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer. Die im Streitjahr geltende Gesetzesfassung strebt an, den Steuerpflichtigen durch die Anrechnung, verbunden mit der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe, bei einem durchschnittlichen gemeindlichen Hebesatz von 400 % im Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer zu entlasten (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 97).

61

Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG richtet sich der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels. Das Entstehen von Anrechnungsüberhängen wegen der fehlenden Abstimmung des Anteils am Gewerbesteuermessbetrag mit dem Anteil an den steuerlichen Einkünften ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt selbst dann, wenn ein Anrechnungsüberhang endgültig nicht genutzt werden kann, wie etwa im Fall eines Überhangs zugunsten einer an der Mitunternehmerschaft beteiligten Kapitalgesellschaft. Im Übrigen können durch Anrechnungsüberhänge entstehende Mehr- oder Minderbeträge bei der Einkommensteuer gesellschaftsrechtlich durch Vereinbarungen zwischen den Mitunternehmern weitgehend ausgeglichen werden (BFH-Beschluss vom 7. April 2009 IV B 109/08, BFHE 224, 548, BStBl II 2010, 116).

62

Demnach ist im Ergebnis das Gewicht der unterschiedlichen Behandlung von unmittelbar und mittelbar beteiligten natürlichen Personen reduziert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1, zu C.I.2.c).

63

bb) Jedenfalls vor diesem Hintergrund durfte sich der Gesetzgeber von dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung leiten lassen: Nach der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags war die Unterscheidung erforderlich, "um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften" sei "es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt" sei (BTDrucks 14/7344, S. 12). Überlegungen dieser Art sind nicht fernliegend (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b cc der Gründe).

64

Dem steht auch nicht entgegen, dass die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse --wie im Streitfall-- dann zu ermitteln sind, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, Anteile an Kapitalgesellschaften hält. In diesem Fall sind die Vorschriften des § 8b Abs. 6 KStG und des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 2006 I R 95/05, BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279). Hierfür ist es im Rahmen der Gewerbesteuer notwendig, zu ermitteln, ob letztlich eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft mittelbar beteiligt ist (vgl. unter III. der Entscheidungsgründe des hier angefochtenen Urteils des FG Bremen in EFG 2007, 1720). § 8b Abs. 6 KStG beruht auf dem Rechtsgedanken, dass über eine Personengesellschaft bezogene Einkünfte nach denselben Regeln besteuert werden sollen wie vergleichbare Einkünfte, die eine Kapitalgesellschaft unmittelbar bezieht (BFH-Urteil vom 7. Februar 2007 I R 27/06, BFHE 216, 551, BStBl II 2008, 526, unter III.2.a ee der Gründe). Der "Durchgriff" durch die Personengesellschaft in diesen Fällen ist deshalb die folgerichtige Umsetzung des Halbeinkünfteverfahrens. Im Rahmen des § 7 Satz 2 GewStG n.F. ist ein solcher "Durchgriff" indessen nicht geboten. Zudem verbleibt für die beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung dieser Vorschrift Raum, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, keine Anteile an Kapitalgesellschaften hält.

65

3. Die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. auf den Streitfall begründet keine unzulässige Rückwirkung.

66

a) Vor dem Rechtsstaatsprinzip des GG bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG besonderer Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, zu B.III.1., und BVerfG-Beschluss vom 5. Februar 2002  2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.a, m.w.N.).

67

aa) Eine Rechtsnorm entfaltet nach der Rechtsprechung des BVerfG dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist (BVerfG-Urteil vom 22. März 1983  2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343, zu B.II.2.b; BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.a). Rechtlich existent werden nach deutschem Staatsrecht Normen des geschriebenen Rechts mit ihrer ordnungsgemäßen Verkündung, d.h. regelmäßig im Zeitpunkt der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes. Der --davon zu unterscheidende-- Zeitpunkt des Beginns des zeitlichen Anwendungsbereichs wird häufig im Gesetz selbst als der "Tag des Inkrafttretens" bestimmt. Der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs kann einheitlich oder unterschiedlich für einzelne Bestimmungen festgelegt sein.

68

Grundsätzlich erlaubt das GG nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, echte Rückwirkung), ist regelmäßig unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c bb und C.II.1.b). Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Normen findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75, BVerfGE 45, 142, zu B.II.1.c; in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c aa).

69

bb) Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.b; in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b aa). Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Mai 1995  2 BvL 19/91, 2 BvR 1206/91, 2 BvR 1584/91, 2 BvR 2601/93, BVerfGE 92, 277, zu C.V.).

70

cc) Der BFH ist der Rechtsprechung des BVerfG zur Unterscheidung zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) --auch nach erneuter Überprüfung-- gefolgt (BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e aa der Gründe; vom 2. August 2006 XI R 34/02, BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, und XI R 30/03, BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895; BFH-Urteil vom 1. März 2005 VIII R 92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, unter II.2.b cc der Gründe). Diese Auffassung teilt auch der erkennende Senat (Beschluss vom 19. April 2007 IV R 4/06, BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.d der Gründe).

71

dd) Bei der Abgrenzung der Rückbewirkung von Rechtsfolgen von der tatbestandlichen Rückanknüpfung führt --entgegen der Auffassung der Klägerin-- allein der Umstand, dass eine oder mehrere Dispositionen in der Vergangenheit liegen, nicht zur Annahme einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, wenn der Tatbestand, an den die Rechtsfolgen anknüpfen, noch nicht abgeschlossen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 92, 277, zu C.V.; in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.; BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.a dd der Gründe). Dementsprechend hat auch der XI. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 6. November 2002 XI R 42/01 (BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B.II.1.b und B.4. der Gründe) eine tatbestandliche Rückanknüpfung darin gesehen, dass eine Abfindung im Jahr vor der Neufassung des § 34 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 --StEntlG 1999/2000/2002-- (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) vereinbart worden ist (vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895, und in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, jeweils unter B.IV.2. der Gründe). Ferner sind nach dem Vorlagebeschluss des IX. Senats des BFH in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.3. der Gründe die Vorgänge bis zur Veräußerung eines Grundstücks im Rahmen des § 23 EStG an den Maßstäben einer tatbestandlichen Rückanknüpfung zu messen. Soweit der erkennende Senat in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.e bb der Gründe ausgeführt hat, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Differenzierung zwischen echter und unechter Rückwirkung bei Rechtsänderungen, die einen Dispositionsbezug aufweisen, der Zeitpunkt sei, in dem der Steuerpflichtige durch eine unter Inanspruchnahme des Grundrechts auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG getroffene Disposition sein Vertrauen auf die zu diesem Zeitpunkt bestehende Rechtslage betätigt habe, bezogen sich diese Ausführungen lediglich auf die Kritik an der sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung des BVerfG. Der Senat hat im Übrigen an der Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung festgehalten (BFH-Beschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.d der Gründe).

72

b) Mit diesen Grundsätzen vereinbar ist, dass die Neufassung des § 7 GewStG durch das StBAÄG, verkündet am 26. Juli 2002, für den gesamten Erhebungszeitraum 2002 gilt.

73

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Vorschrift --wie das FG meint-- bereits nach dem SFG vom 20. Dezember 2001 zum 1. Januar 2002 diese Fassung gehabt hat. Ferner ist im Streitfall ohne Bedeutung, ob nach der sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung auf das Ende des Veranlagungszeitraums abzustellen ist (zur Kritik hieran: Senatsbeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.e der Gründe, m.w.N.). Denn auch bei Anlegung des strengeren Maßstabs für eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) ist die Anwendung des durch das StBAÄG neu gefassten § 7 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2002 zulässig.

74

aa) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit der echten Rückwirkung ist vorrangig das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten. Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf insofern allein aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder wegen eines nicht (mehr) vorhandenen schutzwürdigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden. In der Rechtsprechung des BVerfG sind die einzelnen Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b; vom 3. Dezember 1997  2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, zu C.II.2.).

75

Danach ist der Gesetzgeber nicht allein deswegen, weil er ein bei der früheren Gesetzesfassung unterlaufenes Versehen berichtigen will, berechtigt, dies rückwirkend zu tun. Nur wenn sein Versehen zu erheblichen Unklarheiten oder zu objektiven Lücken in der ursprünglichen gesetzlichen Regelung geführt hat, ist eine Rückwirkung ausnahmsweise zulässig (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.). Denn der Staatsbürger kann auf das geltende Recht bei seinem Planen dann nicht vertrauen, wenn es unklar und "verworren" ist. In solchen Fällen muss es dem Gesetzgeber erlaubt sein, die Rechtslage rückwirkend zu klären (vgl. BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b). Gleiches gilt, wenn Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.).

76

bb) Vorliegend führten die Änderungen durch das UntStFG und das SFG jedenfalls dazu, dass die Bürger mit einer Änderung hinsichtlich von Gewinnen aus der Veräußerung und Aufgabe von Mitunternehmerschaften und deren Anteilen rechnen mussten.

77

Nach dem Wortlaut des Art. 11 Nr. 2 SFG wurde der mit dem UntStFG eingefügte § 7 Satz 2 GewStG wieder ersetzt und es ergab für den Erhebungszeitraum 2002 folgende Fassung des § 7 GewStG:

78

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach Satz 1."

79

Diese Fassung des Gesetzes ist offensichtlich fehlerhaft, weil Satz 3 überflüssig ist.

80

Hieraus ergibt sich zwar --worauf die Klägerin zu Recht hinweist-- noch nicht, dass die Klägerin mit der nunmehr in § 7 Satz 2 GewStG n.F. bestehenden Regelung rechnen musste. Denn zu Veräußerungsgewinnen trifft diese Fassung des § 7 GewStG keine Aussage.

81

Allerdings sind auch das UntStFG und das SFG zu berücksichtigen: Durch das UntStFG wurde § 7 Satz 2 GewStG so gefasst, dass nunmehr auch u.a. bestimmte Veräußerungsvorgänge von Personengesellschaften zum Gewerbeertrag gehören. Dieses Gesetz ist auch verkündet worden und die Änderung selbst ist in Kraft getreten (vgl. Art. 12 Abs. 1 UntStFG), auch wenn der neu gefasste § 7 Satz 2 GewStG erst ab dem Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden war (§ 36 Abs. 1 GewStG i.d.F. des UntStFG). Das SFG hat --nur drei Tage später-- diesen Satz 2 offensichtlich versehentlich wieder ersetzt. Die Änderung durch das SFG stand lediglich im Zusammenhang mit der Einführung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (BTDrucks 14/7646, S. 32), einer Gewinnermittlungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten; diese Vorschrift sollte auch für den Gewerbeertrag maßgeblich sein.

82

Ob danach die Rechtslage "verworren" war, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls mussten die Bürger mit einer Änderung rechnen, weil der nur drei Tage zuvor mit dem UntStFG geschaffene § 7 Satz 2 GewStG erkennbar versehentlich nach dem Wortlaut des SFG ersetzt wurde und sich hieraus ein offensichtlich fehlerhafter Wortlaut ergab.

83

cc) Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Juni 1998 B 7 AL 2/98 R (BSGE 82, 198) steht dem nicht entgegen. Danach hatte der erkennende Senat des BSG gewisse Zweifel, ob eine vom Gesetzgeber selbst geschaffene unklare und ggf. verfassungswidrige Rechtslage zur Rückwirkung berechtige. In diesem Streitfall ging das BSG jedoch davon aus, dass bereits bei dem Beschluss des Deutschen Bundestags über das diese Rechtslage auslösende Gesetz offensichtlich gewesen sei, dass verfassungsrechtliche Bedenken bestanden hätten. Im vorliegenden Fall ist hiervon nicht auszugehen; das Ersetzen des neu gefassten § 7 Satz 2 GewStG durch das SFG war vielmehr lediglich ein --für alle von der vorgesehenen Regelung Betroffenen offenbares-- Versehen. Jedenfalls in diesem Fall ist die Befugnis des Gesetzgebers nicht eingeschränkt, seinen Fehler rückwirkend zu berichtigen, wenn die Bürger mit einer solchen Änderung rechnen mussten.

84

c) Verfassungsrechtlich zulässig ist, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. im Streitfall Anwendung findet, obwohl das "Sale Agreement" bereits am 1. September 2001 wirksam geworden ist.

85

aa) Hinsichtlich der schuldrechtlichen Vereinbarung enthält § 7 Satz 2 GewStG n.F. für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 eine tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung). Denn erst mit der Abtretung ist der Tatbestand abgeschlossen, an den die Rechtsfolgen anknüpfen. Allerdings ist die Veräußerung bereits mit der verbindlichen schuldrechtlichen Vereinbarung "ins Werk gesetzt" (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B.II.1.b und B.II.4. der Gründe). Dieser Annahme steht nicht das Vorliegen einer echten Rückwirkung entgegen, weil dies eine tatbestandliche Rückanknüpfung nicht ausschließt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b).

86

bb) Tatbestandliche Rückanknüpfungen (unechte Rückwirkungen) berühren vorrangig Grundrechte, die mit der Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals vor Verkündung der Norm "ins Werk gesetzt" worden sind. In die damit erforderliche grundrechtliche Bewertung fließen freilich die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit (hier beschränkt auf den Gesichtspunkt der Vergangenheitsanknüpfung) in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c). Deshalb hält es der Senat mit der neueren Rechtsprechung des BVerfG für erforderlich, bei tatbestandlicher Rückanknüpfung (unechter Rückwirkung) in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e aa der Gründe; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.a, m.w.N.). Dieser vom BVerfG bisher nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen ist nach der Auffassung des Senats auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken. Zur Begründung verweist der Senat auf den Beschluss des IX. Senats des BFH in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e bb der Gründe.

87

cc) Maßgeblicher, Vertrauensschutz auslösender Sachverhalt ist damit im Streitfall die schuldrechtliche Bindung durch die veräußernden Kommanditisten; zu diesem Zeitpunkt haben sie ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b aa). Im Streitfall ist dies nicht schon der Abschluss des "Sale Agreement" am 5. August 2001, sondern erst die Zustimmung der Gesellschafter durch den Beschluss vom 1. September 2001. Erst mit Erfüllung dieser Bedingung (vgl. Klausel 16.1 des "Sale Agreement") ist der Vertrag wirksam geworden.

88

dd) Das Vertrauen der veräußernden Gesellschafter ist nicht besonders schützenswert.

89

(1) Zwar erhöht die jahrzehntelange Rechtslage, wonach Aufgabe- und Veräußerungsgewinne von Personengesellschaften nicht bei dem Gewerbeertrag zu berücksichtigen waren, das Vertrauen der Gesellschafter in den Fortbestand dieser Regelung. Der BFH hatte sich schon in seinem Urteil vom 25. Mai 1962 I 78/61 S (BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438) dieser bereits damals seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsprechung angeschlossen (vgl. Überblick bei Blümich/von Twickel, § 7 GewStG Rz 140). Die Verwaltung hat diese Auffassung übernommen (vgl. bereits Abschn. 40 Abs. 1 Nr. 1 GewStR 1955).

90

Ist eine gesetzliche Regelung seit Jahrzehnten maßgebend, so ist das Vertrauen darauf, dass diese Regelung jedenfalls nicht ohne Übergangsvorschrift fortfallen wird, besonders fest begründet (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c aa der Gründe; BVerfG-Beschlüsse vom 18. Februar 1998  1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86, BVerfGE 97, 271, zu C.II.3.b, und vom 12. Februar 1986  1 BvL 39/83, BVerfGE 72, 9, zu C.II.3.b).

91

Dieser Umstand verleiht dem Bestandsinteresse des Steuerpflichtigen jedoch noch nicht ein überwiegendes Gewicht. Dementsprechend hat der IX. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c aa und bb der Gründe zur Verlängerung der Spekulationsfrist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 die jahrzehntelange frühere Rechtslage nicht ausreichen lassen, sondern für eine angenommene unzulässige Rückwirkung "entscheidungserheblich" darauf abgestellt, ob die Spekulationsfrist bei der Verlängerung bereits abgelaufen war.

92

(2) Außerdem war das Vertrauen der veräußernden Kommanditisten durch den "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (FR 2001, Beilage zu Heft 11, 1) und den Regierungsentwurf des UntStFG vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) abgeschwächt.

93

(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG fällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags weg. Zugleich hebt das BVerfG stets hervor, dass das Bekanntwerden von Gesetzesinitiativen und die öffentliche Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung durch die gesetzgebenden Körperschaften die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die bisherige Rechtslage noch nicht entfallen lassen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b bb (5), m.w.N.). Das BVerfG führt hierzu auch aus, dass das Vertrauen mit dem Gesetzesbeschluss "zerstört" werde (Beschlüsse vom 15. Oktober 1996  1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, zu C.III.2.a; vom 29. Oktober 1999 1 BvR 1996/97, Zeitschrift für offene Vermögensfragen 2000, 23). Der XI. Senat des BFH vertritt hingegen in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, unter B.III.4. der Gründe --im Rahmen einer echten Rückwirkung-- die Auffassung, das Vertrauen sei bis zur Verkündung eines Gesetzes schutzwürdig (offen gelassen im Senatsbeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.2.d der Gründe).

94

(b) Andererseits sind nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG Äußerungen der Bundesregierung und anderer an der Gesetzgebung beteiligter öffentlicher Stellen als geeignet angesehen worden, bei der nunmehr angestellten Einzelfallabwägung im Rahmen einer unechten Rückwirkung (vgl. hierzu oben zu II.B.3.c dd) das Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Regelung abzuschwächen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.2.b cc).

95

(c) Daher ist das Vertrauen der veräußernden Gesellschafter in den Fortbestand der Rechtslage durch den "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (FR 2001, Beilage zu Heft 11, 1) und den Regierungsentwurf des UntStFG vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) zwar nicht "zerstört". Es war jedoch vor der Disposition am 1. September 2001 abgeschwächt.

96

Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass der Bericht der Bundesregierung keine konkrete Regelung enthielt und der Gesetzentwurf vom 17. August 2001 vorsah, den in § 7 Satz 2 GewStG genannten Gewinn nicht dem Gewerbeertrag zuzurechnen, soweit er "auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt." Erst nach der Gesellschafterversammlung der Klägerin am 1. September 2001 empfahl der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags mit Bericht vom 7. November 2001 die nunmehr gültige Fassung des § 7 Satz 2 GewStG, wonach ein Gewinn im Sinne dieser Vorschrift nicht zum Gewerbeertrag gehört, soweit er "auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt."

97

Das Vertrauen der Klägerin war aber abgeschwächt, weil sich aus den Äußerungen der Bundesregierung allgemein ergibt, dass eine weitreichende Einbeziehung von Gewinnen aus Veräußerungen und Aufgaben von Betrieben, Teilbetrieben und Anteilen an einer Mitunternehmerschaft in den Gewerbeertrag beabsichtigt war.

98

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstärkt die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 3. September 2001 G 1421-19-St 132-K (FR 2001, 1124) nicht den Vertrauensschutz.

99

Zum einen ist diese Verfügung erst nach dem Wirksamwerden des "Sale-Agreement" (1. September 2001) erlassen worden. Zum anderen wird darin nicht eine gesetzliche Übergangsregelung in Aussicht gestellt. Diese Verfügung hob die Verfügung der OFD Düsseldorf vom 18. Januar 2001 G 1421-19-St 132-K (FR 2001, 215) auf, wonach die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nach alter Rechtslage stets der Gewerbesteuer unterliege. In der Verfügung in FR 2001, 1124 ist weiter ausgeführt: "Mit den Gewerbesteuer-Referatsleitern des Bundes und der Länder ist abgestimmt, dass wegen der Regelungen in Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 GewStR i.V.m. R 139 Abs. 4 S. 1 EStR zumindest für die Vergangenheit im Wege einer Übergangsregelung Vertrauensschutz gewährt werden soll. Sich hieraus ergebende Zweifels- bzw. Folgefragen werde ich zu gegebener Zeit regeln. Insbesondere bleibt zunächst abzuwarten, welche gesetzliche Regelungen das im Entwurf vom Bundeskabinett bereits beschlossene Gesetz zur Fortführung der Unternehmenssteuerreform treffen wird." Damit hat die OFD Düsseldorf für den Fall der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils Vertrauensschutz auf Ebene der Verwaltung angekündigt. Eine (allgemeine) gesetzliche Übergangsregelung wurde damit aber nicht in Aussicht gestellt. Vielmehr sollte das Gesetzgebungsverfahren gerade abgewartet werden.

100

(4) Die Tatsache, dass die veräußernden Gesellschafter Dispositionen in erheblicher Höhe getätigt haben, verleiht ihrem Vertrauen kein besonderes Gewicht (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17).

101

(5) Ferner erhöht auch der Umstand, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. entgegen dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nunmehr u.a. bestimmte Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft im Gewerbeertrag erfasst, nicht das Vertrauen der Bürger.

102

Das Vertrauen in den Bestand von "Grundvorschriften", die zum systematischen Kern der geregelten Materie gehören, ist besonders schutzwürdig (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c cc der Gründe).

103

Es trifft zwar zu, dass wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer nur das Ergebnis der Ertragskraft des werbenden Betriebs einer Mitunternehmerschaft oder eines Einzelunternehmens --d.h. der "laufende Gewinn"-- unterliegt, nicht aber das Ergebnis aus der Aufdeckung der stillen Reserven anlässlich seiner Beendigung (vgl. oben zu II.B.1.). Das Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer kann rechtliche Wirkung aber nur insoweit entfalten, als dem nicht ausdrückliche gesetzliche Vorschriften entgegenstehen; es steht dem Gesetzgeber frei, neben dem objektiv-betriebsbezogenen auch das personelle Element zu berücksichtigen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.10.a der Gründe; BFH-Urteil vom 15. Juni 2004 VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754, unter II.2.b bb aaa der Gründe, mit zahlreichen Nachweisen).

104

Somit löst das Abweichen vom Objektsteuerprinzip keinen besonderen Vertrauensschutz aus.

105

ee) Das danach bestehende, durch das "Sale-Agreement" betätigte Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung überwiegt nicht das mit der Einführung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. verbundene Anliegen des Gesetzgebers.

106

Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.a bb der Gründe; BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979  2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, zu B.II.2.b). Der Bürger kann deshalb nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände gewährt hat, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (BVerfG-Entscheidungen vom 7. Juli 1964  2 BvL 22/63, 2 BvL 23/63, BVerfGE 18, 135, zu B.II.2.; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b cc). Dies gilt auch für die Aufhebung von "Freiräumen" und die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschlüsse vom 8. März 1983  2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b bb; vom 28. November 1984  1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, zu C.II.2.a aa). Demnach muss dem Gesetzgeber auch grundsätzlich möglich sein, auf bestehende vertragliche Vereinbarungen einzuwirken.

107

Der Gesetzgeber beabsichtigte mit § 7 Satz 2 GewStG n.F., Steuerumgehungen zu verhindern (vgl. hierzu oben zu II.B.2.d cc). Dieser Gesichtspunkt ist ein gewichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b).

108

Daher hat der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung, der Vorschrift des § 7 Satz 2 GewStG n.F. insofern unechte Rückwirkung zukommen zu lassen und damit das --wie dargestellt-- nicht besonders schützenswerte Vertrauen zu enttäuschen, seinen Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b) nicht überschritten.

109

4. Die Verfahrensrüge der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klägerin rügt, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen. Das FG habe, wie von ihr, der Klägerin, beantragt, darüber Beweis erheben müssen, ob "die veräußernden Kommanditisten die Steuerbarkeit der Veräußerungsgewinne in Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG... vorhergesehen haben und damit die Gewerbesteuerfreiheit der Veräußerungsgewinne zum Gegenstand ihrer Disposition gemacht haben".

110

Das FG hat indessen auf eine Beweiserhebung verzichten können. Denn nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG kam es hierauf nicht an (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 155/08, BFH/NV 2009, 412).

111

Das FG hat auf S. 31 seines Urteils ausgeführt, dass es hinsichtlich des Vertrauens "nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Gesellschafter der Klägerin und ihre individuelle Situation" ankomme. Vielmehr sei zu prüfen, "ob die Rechtslage, auf die sich der Steuerpflichtige" berufe, "bei objektiver Betrachtung geeignet" gewesen sei, "ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe zu begründen". Auch aus dem von der Klägerin zitierten Absatz auf S. 35 des FG-Urteils ergibt sich nichts anderes. Dort heißt es: "Wenn die Klägerin demgegenüber geltend macht, die gewerbesteuerliche Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen entfalte wegen der 'Preiswirkung der Gewerbesteuer' dispositionsgestaltende Wirkung, lässt sich dem nichts zu der Frage entnehmen, zu welchen Dispositionen die frühere Rechtslage die Steuerpflichtigen veranlasst haben könnte." Denn das FG stellt in diesem Abschnitt nicht auf die Klägerin oder deren Gesellschafter, sondern allgemein auf "die Steuerpflichtigen" ab.

112

C. Die vorstehenden Urteilsgründe geben auch bezüglich der Ausführungen dazu, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. nicht den Grundsätzen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes widerspricht (s. oben zu B.3.), die wesentlichen Erwägungen wieder, die --im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010-- für die Entscheidung des Senats aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens maßgeblich waren (§ 96 FGO; vgl. auch Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, HFR 1993, 674). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO) kommt weder mit Rücksicht auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30. Juli 2010 noch im Hinblick auf die zwischenzeitlich veröffentlichten BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 1727); 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (DStR 2010, 1733), und 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 (DStR 2010, 1736) in Betracht.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.