Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 8. Feb. 2018 - VG 8K 661.16 A
Gericht
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Beteiligte Anwälte
Lawyer who sues
Principles
Leitsätze des einreichenden
1. Einem wehrdienstpflichtigen Mann, der sich dem zeitnah bevorstehenden Wehrdienst in Syrien entzogen hat, drohen bei hypothetisch anzunehmender Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Verletzungen von grundlegenden Menschenrechten im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG.
2. Wer Syrien verlässt und sich dem Wehrdienst entzieht, schädigt nach Ansicht von Assads Regierung, die Syrische Armee und setzt sie dem Risiko
einer militärischen Niederlage aus. Daher knüpft die drohende Verfolgung auch an eine zumindest unterstellte oppositionelle politische Überzeugung an (§§ 3
Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 AsylG).
3. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 3e AsylG ist in Syrien derzeit nicht gegeben.
Leitsätze des einreichenden
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VERWALTUNGSGERICHT BERLIN
URTEIL
Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
des Herrn ..., geb. ...1992,
....Berlin,
Klägers,
Verfahrensbevollmächtigte(r):
BSP Rechtsanwälte,
Wilhelmstraße 46, 10117 Berlin,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch das Bundesministerium des Innern,
dieses vertreten durch das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge
- Außenstelle Berlin -,
Badensche Straße 23, 10715 Berlin,
Beklagte,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 8. Kammer, aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2018 durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Samel
als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes
für Migration und Flüchtlinge vom 13. September 2016 verpflichtet, dem Kläger die
Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
-2-
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Be-
trages leistet.
Tatbestand
Der 25jährige Kläger ist syrische Staatsangehörigkeit muslimisch-sunnitischer Religions-
zugehörigkeit; er stammt aus Damaskus. Er begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingsei-
genschaft durch die Beklagte.
Nach seiner Einreise im Herbst 2015 stellte er am 30. November 2015 einen Asylantrag.
In seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am
1. Juli 2016 gab er an, seine Heimat bereits 2012 mit einem Besuchsvisum nach Saudi-
Arabien verlassen zu haben. Er sei wegen des Krieges und der drohenden Einberufung
zum Militärdienst ausgereist. In Saudi-Arabien habe er nicht bleiben können und sei daher
mit dem Flugzeug in die Türkei und von dort weiter nach Europa und Deutschland gereist.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2016 erkannte die Beklagte dem
Kläger den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab.
Mit seiner am 22. September 2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter. Unter Vorlage einer auszugsweise übersetzten Kopie seines Wehrbuchs macht er
geltend, vor Ablauf der darin aufgeführten ersten Einberufungsfrist nach Saudi-Arabien
ausgereist zu sein. In Syrien werde er als Sunnit von den Alewiten bedroht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge vom 13. September 2016 zu verpflichten, ihm die
Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 4. Januar 2018 auf den Berichter-
statter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
- 3 -
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu seinen Fluchtgründen angehört worden. Für das Ergebnis der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung
verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Be-
teiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Asylakte und die
beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin geführte Auslän-
derakte sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel zur Arabischen
Republik Syrien verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der gemäß § 76 Abs. 1 AsylG zur Entscheidung berufene Einzelrichter konnte ge-
mäß § 102 Abs. 2 VwG° trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten entschei-
den, weil die Beteiligten mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden
sind.
Die Klage hat Erfolg. Sie ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 Verwal-
tungsgerichtsordnung (VwG0) zulässig und begründet. Der Kläger hat in dem für die
Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündli-
chen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz -7 AsylG) einen Anspruch auf Zu-
erkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwG0). Der dem entge-
genstehende Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2016 ist rechtswidrig
und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten.
Dem Kläger droht zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 108 Abs. 1 VwG0) im Falle
seiner Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Ver-
folgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG durch den syrischen Staat.
1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über
die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention
(GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse,
Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimm-
ten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staats-
angehörigkeit er besitzt, und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder
wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, und in das er nicht zurückkehren
kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Dabei ist es unerheblich, ob
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er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder
politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale
von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG).
Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien
oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes
beherrschen (Nr. 2) oder nichtstaatlichen Akteuren (Nr. 3), sofern die in den Num-
mern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen er-
wiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG
Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine
staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Als Verfolgungshandlungen gelten nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG Handlungen, die auf
Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegen-
de Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der
Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) —
EMRK — keine Abweichung zulässig ist. Eine Verfolgungshandlung kann nach § 3a
Abs. 1 Nr. 2 AsylG auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, ein-
schließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist,
dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise be-
troffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1
unter anderem die dort im Einzelnen aufgeführten Handlungen gelten, insbesondere
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt
(Nr. 1) und unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestra-
fung (Nr. 3). Außerdem kann danach die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen
Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbre-
chen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3
Abs. 2 AsylG fallen, eine Verfolgungshandlung darstellen (Nr. 5).
Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine interne Schutzmöglichkeit
besteht (vgl. § 3e AsylG).
Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Verbin-
dung mit § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und
2 des § 3a AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von
Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Ob die erforderliche
Verknüpfung zwischen den Verfolgungsgründen einerseits und den erlittenen oder
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bevorstehenden Rechtsgutsverletzungen bzw. dem fehlenden Schutz vor solchen
Handlungen andererseits besteht, ist im Sinne einer objektiven Gerichtetheit festzu-
stellen (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009- 10 C 52.07-, juris Rn.22). Die Ver-
knüpfung ist also anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerich-
tetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder
Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 - 10
C 11.08 -, juris Rn. 13). Es kommt demzufolge nicht auf die ohnehin kaum feststell-
baren (künftigen) subjektiven Vorstellungen der jeweils für den Akteur im Sinne des
§ 3c AsylG handelnden Person(en) an (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009 a.a.O.).
Eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG liegt vor,
wenn dem Kläger bei verständiger (objektiver) Würdigung der gesamten Umstände
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten
ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Die „verständige Würdigung aller Um-
stände" hat eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe
zum Inhalt und bezieht sich vorliegend auf den Fall einer hypothetisch zu unterstel-
lenden Rückkehr, die aufgrund des subsidiären Schutzstatus nicht in Aussicht steht.
Im Rahmen dieser Prognose ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne
einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung
anzulegen. Es ist maßgebend, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünf-
tig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Klägers Furcht vor Verfol-
gung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne begründete Furcht vor ei-
nem Ereignis kann deshalb auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen"
Betrachtungsweise weniger als 50 v.H. Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt be-
steht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist deshalb dann anzuneh-
men, wenn bei der im Rahmen der Prognose vorzunehmenden zusammenfassenden
Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung
sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber
den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist in dieser Hinsicht
damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Entscheidend ist, ob aus der
Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Klä-
gers nach Abwägung aller bekannten Umstände eine (hypothetische) Rückkehr in
den Herkunftsstaat als unzumutbar erscheint. Ergeben die Gesamtumstände des
Falles die "reale Mögfichkeit" einer politischen Verfolgung, wird auch ein verständi-
ger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen.
Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch
die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in sei-
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ne Betrachtung einbeziehen (vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage vom 7. Februar 2008 - 10
C 33.07 -, juris Rn. 37 und zu Art. 16a GG Urteil vom 5. November 1991 -9 C 118/90
juris Rn. 17).
II. Anhaltspunkte, die auf eine Vorverfolgung des Klägers hindeuten und zu einer
Beweiserleichterung führen könnten (Art. 4 Abs. 4 Qualifikations-RL; BVerwG, Urteil
vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, juris Rn. 23), sind nach dem Vortrag des Klägers,
der Syrien im Jahre 2012 legal nach Saudi-Arabien verlassen konnte, nicht ersicht-
lich. Aufgrund der vom Kläger geschilderten Situation und der dem Gericht vorlie-
genden Erkenntnisse ist aber die Annahme von Nachfluchtgründen (§ 28 Abs. la
AsylG) gerechtfertigt. Gemessen an den oben genannten Maßstäben hält sich der
Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung (siehe 1.) wegen einer ihm seitens
des syrischen Staates zumindest zugeschriebenen politischen Überzeugung (siehe
2.) außerhalb seines Heimatlandes Syrien auf. Im Fall seiner hypothetischen Rück-
kehr muss der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit menschenverachtender
Behandlung, Misshandlungen oder Folter bei Verhören durch syrische Regierungs-
beamte rechnen, weil er sich durch die Ausreise ins westliche Ausland seinem
Wehrdienst (bzw. Militärdienst) entzogen und damit aus Sicht des syrischen Staates
eine oppositionelle Haltung zum Ausdruck gebracht hat (so auch VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 14. Juni 2017- A 11 S 511/17-, juris Rn. 34 ff.; Hessischer
VGH, Urteil vom 6. Juni 2017 - 3 A 3040/16.A juris Rn. 51 ff.; Bayerischer VGH,
Urteil vom 12. Dezember 2016 - 21 B 16.30372 -, juris Rn. 23 ff.; in Kombination von
Wehrdienstentziehung und Aufenthalt mit Asylantragstellung im westlichen Ausland
VG Berlin, Urteil vom 16. Mai 2017 - 4 K 452.16 A -, juris Rn. 29 ff.; Urteile vom 28.
September 2017 — VG 8 K 696.16 A, VG 8 K 885.16 A —, beide juris; a.A. Nieder-
sächsisches OVG, Urteil vom 27. Juni 2017 -2 LB 91/17-, juris Rn. 72 ff. bestätigt
Beschluss vom 8. Februar 2018 —.2 LA 1784.17 - juris; OVG Saarland, Urteil vom 6.
Juni 2017- 2 A 283/17-, juris Rn. 28 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.
Mai 2017- 14 A 2023/16.A -, juris Rn. 37 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.
Dezember 2016 - 1 A 10922/16 -, juris Rn. 133 ff.).
Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des OVG Berlin-
Brandenburg (Urteil vom 22. November 2017— OVG 3 B 12.17 — juris) Schutzsu-
chenden, die unverfolgt aus Syrien ausreist sind, bei einer Rückkehr nach Syrien
nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Ausreise, Asylantrag-
stellung sowie eines längeren Aufenthalts im westlichen Ausland eine Verfolgung
droht.
-7-
1. Einem wehrdienstpflichtigen Mann wie dem 25-jährigen Kläger, der nach einem
vorübergehenden Aufenthalt in Saudi-Arabien nicht in sein Heimatland zurückge-
kehrt ist und sich so dem zeitnah bevorstehenden Wehrdienst entzogen hat, drohen
bei hypothetisch anzunehmender Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
schwerwiegende Verletzungen von grundlegenden Menschenrechten im Sinne von §
3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Insbesondere hat der Kläger die Anwendung physischer und
psychischer Gewalt gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 1 'AsylG zu befürchten.
Die Wehrdienstpflicht betrifft alle syrischen Männer zwischen 18 und 42 Jahren, wo-
bei nach einigen Quellen sowohl für Minderjährige als auch für ältere Männer über
50 Jahren eine Einberufung beziehungsweise Zwangsrekrutierung nicht mehr aus-
geschlossen sein soll (zusammenfassend Schweizer Flüchtlingshilfe vom 23. März
2017, Zwangsrekrutierung, Wehrdienstentzug, Desertation, S. 4 ff.; Auswärtiges Amt
— Auskunft der Botschaft Beirut an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom
3. Februar 2016, S. 2— bis zum 52. Lebensjahr; Finish Immigration Service vom 23.
August 2016, Syria: Military Service, S. 5 — bis zum 54. Lebensjahr).
Es existiert keine Möglichkeit, den Wehrdienst — beispielsweise aus Gewissensgrün-
den — zu verweigern oder als Ersatzdienst abzuleisten (UNHCR von April 2017, Re-
levante Herkunftsinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-
Länderleitfadens für Syrien, S. 23). Alternativ zum Wehrdienst in der syrischen Ar-
mee kommt eine Verpflichtung bei den Assad treuen und lokal verankerten National
Defense Forces in Betracht (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 28. März 2015, Mobili-
sierung in die syrische Armee, S. 6 f.; Finish Immigration Service vom 23. August
2016, a.a.O., S. 14 ff.). Während aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen
oder im Falle von Einzelkindern die Freistellung vom Wehrdienst prinzipiell in Be-
tracht kommt, besteht für Hochschulstudenten und Auszubildende zumindest die
Möglichkeit, den Wehrdienst für die Dauer des Studiums beziehungsweise der Aus-
bildung aufzuschieben (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 30. Juli 2014, Rekrutierung
durch die Syrische Armee, S. 2; Finish Immigration Service vom 23. August 2016,
a.a.O., S. 9 f.).
Der Kläger hat sich jedenfalls mit seiner Reise nach Deutschland dem Wehrdienst
entzogen. Zwar hat er Syrien im Jahr 2012 noch mit einer Ausreisegenehmigung
nach Saudi-Arabien verlassen und auch von dort eine Verlängerung seines zah-
lungspflichtigen Wehrdienstaufschubs bis zum 15. November 2015 erreicht. Nach
Ablauf des letzten Wehrdienstaufschubs ist der Kläger jedoch nicht nach Syrien zu-
rückkehrt. Zuvor hatte er sich den dazu notwendigen Reisepass über einen Rechts-
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anwalt verschafft. Nach zweimaligem zahlungspflichtigem Aufschub und Zahlung
einer Geldstrafe konnte er die Einberufung zum Wehrdienst nicht länger hinauszö-
gern. Dies ergibt sich auch aus dem auszugsweise übersetzt vorgelegten Wehrbuch
des Klägers.
Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien besteht für den Kläger eine hohe Wahrschein-
lichkeit, bereits bei seiner Einreise von den syrischen Sicherheitsbehörden als
Wehrdienstentzieher festgestellt zu werden. Eine der legalen Einreisemöglichkeiten
führt über die internationalen Flughäfen Damaskus und Latakia. Beide Flughäfen',
aber auch die übrigen vom syrischen Staat beherrschten Grenzübergänge, wie vor
allem diejenigen zum Libanon oder auch Jordanien, werden von Geheim- und ande-
ren Sicherheitsdiensten kontrolliert (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 21. März 2017,
Rückkehr, S. 5 f.). Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen überprüfen die syri-
schen Sicherheitsbehörden erkennbar junge und daher mutmaßlich wehrdienstpflich-
tige Männer bei der Einreise auch daraufhin, ob sie ihren Wehrdienst geleistet ha-
ben. Mit Hilfe von Listen und Datenbanken können sie dies ohne Weiteres feststellen
(zu den Rückkehrkontrollen siehe UNHCR von April 2017, a.a.O., S. 5 f.; Schweizer
Flüchtlingshilfe vom 21. März 2017, a.a.O., S. 7 f.; Immigration and Refugee Board
of Canada vom 19. Januar 2016, Nr. 5). Selbst wenn es Rückkehrern gelingen sollte,
auf illegalen Wegen nach Syrien einzureisen, besteht gleichwohl ein hohes Entde-
ckungsrisiko. Die syrische Staatsmacht unterhält ein weit verzweigtes System von
festen und mobilen Checkpoints, welches im Landesinneren ein unbemerktes Reisen
verhindert und auch der Kontrolle der Wehrdienstpflicht dient. Die Checkpoints sind
hierbei Bestandteil von verschiedenen Maßnahmen, um den hohen Mobilisierungs-
bedarf der syrischen Armee abzudecken (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
der Republik Österreich vom 5. Januar 2017, Länderinformationsblatt der Staatendo-
kumentation — Syrien, S. 23 ff.; UNHCR von April 2017, a.a.O., S. 24 f.; Finish Im-
migration Service vom 23. August 2016, a.a.O., S. 5 ff.). Bereits seit einigen Jahren
herrscht in der Syrischen Armee aufgrund von Wehrdienstentziehungen, Desertation
und Verlusten ein erheblicher Personalmangel, der sowohl hinsichtlich der erstmalig
Wehrpflichtigen als auch der Reservisten zu intensivierten Rekrutierungsbemühun-
gen führte (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 23. März 2017, a.a.O., S. 2 ff., Reduktion
von 300.000 auf knapp 100.000 Militärangehörige; UNHCR vom 30. November 2016,
Syrien: Militärdienst, S. 2 ff.; so auch schon Danish Immigration Service von Sep-
tember 2015, Syria — Update an Military Service, S. 9 ff.).
- 9 -
Als Wehrdienstentzieher drohen dem Kläger strafrechtliche Konsequenzen, da er
sich nach dem syrischen Militärstrafgesetzbuch strafbar gemacht hat. Ob die Geld-
und Freiheitsstrafen, die hiernach in Aussicht stehen (vgl. hierzu Auswärtiges Amt an
VG Düsseldorf vom 2. Januar 2017 — zu 5 K 7480/16 A, siehe 3 j., k.; Schweizer
Flüchtlingshilfe vom 23. März 2017, a.a.O., S. 8 ff.), unverhältnismäßig beziehungs-
weise diskriminierend sind (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG), bedarf ebenso wenig einer
Entscheidung wie die Frage, ob sich die Strafverfolgung wegen Wehrdienstverweige-
rung auf den Militärdienst in einem Konflikt bezieht, der Verbrechen oder Handlun-
gen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen
(§ 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG). Denn als Wehrdienstentzieher droht dem Kläger mit be-
achtlicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Misshandlung mittels physischer
und psychischer Gewalt gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG. Der Einzelrichter schließt
sich insoweit der Rechtsprechung der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin
(Urteile vom 28. September 2017 —VG 8K 696.16 A, VG 8K 885.16 A—, beide juris)
an.
Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen müssen Wehrdienstentzieher mit einer
schwerwiegenden menschenrechtswidrigen Behandlung rechnen. In ihnen wird von
kurzfristigen Fronteinsätzen, Haft, Folter, anderen Misshandlungen, Verschwinden-
lassen bis gar zur Todesstrafe als möglichen Sanktionen berichtet (vgl. auch Danish
Immigration Service von September 2015, a.a.O., S. 18).
So führt das Auswärtige Amt in seiner Auskunft der Botschaft Beirut an das Bundes-
amt für Migration und Flüchtlinge vom 3. Februar 2016, I., aus:
„(...) Allerdings sind Fälle bekannt, bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt,
zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden sind. Dies steht überwie-
gend in Zusammenhang mit oppositionsnahen Aktivitäten (beispielsweise
Journalisten oder Menschenrechtsverteidigern) oder in Zusammenhang mit
einem nicht abgeleisteten Militärdienst. Dies entspricht auch den Erkenntnis-
sen von Menschenrechtsorganisationen, mit denen das Auswärtige Amt bzw.
die Botschaft Beirut zusammen arbeitet."
Der Auskunft des Deutschen Orient-Instituts an das OVG Schleswig-Holstein zum
Beschluss 3 LB 17/16, 12 A 222/16, S. 2, ist zu entnehmen:
„(...) Diente die Ausreise unter anderem dem Zweck, sich dem Wehrdienst zu
entziehen (z.B. durch Flucht oder Bestechung eines direkten Vorgesetzten),
so hat dies eine harte Bestrafung, bis hin Todesstrafe, aber oft auch Folter,
zur Folge. (...)"
Der UNHCR antwortete dem Hessischen VGH am 30. Mai 2017, S. 2 f.:
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„(...) Anstatt die gesetzlich im Militärstrafgesetzbuch vorgesehenen Strafen
(Haft) anzuwenden, werden Wehrdienstentzieher Berichten zufolge Tage oder
Wochen nach ihrer Festnahme an die Front geschickt, oft nur mit einer mini-
malen Ausbildung. Bei Festnahme und während der Inhaftierung droht den
Betroffenen Folter oder andere Misshandlung; es wird berichtet, dass diese
Praktiken in Syrien endemisch sind."
Dass Wehrdienstentzieher mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Misshandlungen aus-
gesetzt sind, beruht zudem maßgeblich auf dem Umstand, dass ihnen bei der Einrei-
se eine Kontrolle und Verhaftung durch die syrischen Geheim- und Sicherheitsdiens-
te droht. Diese agieren bei ihren Kontrollen der Einreisenden in einem nahezu
rechtsfreien Raum und sind mit umfassenden Handlungsvollmachten im Sinne einer
„carte blanche" ausgestattet. Für die Betroffenen existieren diesbezüglich keinerlei
Rechtsbehelfe (vgl. Auswärtiges Amt an VG Düsseldorf vom 2. Januar 2017 — zu 5 K
7221/16 A, siehe 1) a) bb.; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 21. März 2017, a.a.O., S.
8 ff.; Immigration and Refugee Board of Canada vom 19. Januar 2016, Nr. 2). Wer
wie Wehrdienstentzieher erst einmal unter Oppositionsverdacht steht (siehe 2.) und
sich im Verantwortungsbereich der Geheim- und Sicherheitsdienste in Haft befindet,
dem droht eine auch in ihrer Dauer schwer zu prognostizierende Behandlung, beste-
hend aus Haft, Verhören, Folter, Misshandlungen bis hin zu extralegalen Tötungen.
Die syrischen Sicherheitsdienste sind auf die Bekämpfung von oppositionellen Be-
strebungen seit Jahren ausgerichtet und haben ihre bereits gängigen menschenver-
achtenden und rücksichtslosen Praktiken systematisch ausgeweitet, um die in Be-
drängnis geratene Regierung Assads zu stabilisieren (vgl. Amnesty International
vom 17. Februar 2017, Human Slaughterhouse — Mass Hangings and Extermination
at Saydnaya Prison, Syria; Amnesty International von August 2016, lt breaks the
human — torture, disease and death in syria's prisons; Human Rights Watch vom 16.
Dezember 2015, If the Dead could speak — Mass Deaths and Torture in Syria's De-
tention Facilities; US Department of State von 2017, Country Reports on Human
Rights Practices for 2016: Syria; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 26. Oktober 2015,
Syrien: Geheimdienst).
2. Die dem Kläger im Fall einer potenziellen Rückkehr drohende Verfolgung knüpft
auch an eine zumindest unterstellte oppositionelle politische Überzeugung an (§§ 3
Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 AsylG).
Allerdings lassen sich den offiziellen Auskünften des Auswärtigen Amts keine ein-
deutigen Hinweise darauf entnehmen, dass Wehrdienstentziehern eine oppositionel-
le politische Überzeugung zugeschrieben wird. Ohne den Rückschluss auf eine sol-
che Überzeugung zu ziehen, berichtet es von den strafrechtlichen Konsequenzen
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einer Wehrdienstentziehung (Auswärtiges Amt an VG Düsseldorf vom 2. Januar
2017 — zu 5 K 7480/16 A, siehe 3 j., k.), aber auch von Fällen zeitweiliger Inhaftie-
rung und dauerhaften Verschwindens (Auswärtiges Amt — Auskunft der Botschaft
Beirut an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 3. Februar 2016, siehe
I.). Dabei wird die Möglichkeit einer Verknüpfung zwischen der Bestrafung oder dem
Verschwindenlassen und einer unterstellten politischen Überzeugung nicht ausge-
schlossen.
Der Einzelrichter ist jedoch aufgrund der weiteren zur Verfügung stehenden Er-
kenntnismittel davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 VwG0), dass einem als Wehrdienst-
entzieher festgestellten Mann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle
Haltung zugeschrieben wird.
Der UNHCR beispielsweise kommt im April 2017, a.a.O., S. 23, zu der Einschätzung:
„Die Regierung betrachtet, wie Berichten zu entnehmen ist, Wehrdienstent-
ziehung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern
auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das
Vaterland gegen „terroristische" Bedrohungen zu schützen. Es wird berichtet,
dass Wehrdienstentzieher in der Praxis festgenommen und unterschiedlich
lange inhaftiert werden und danach in ihrer militärischen Einheit Dienst leisten
müssen. Aus Berichten geht hervor, dass sie während der Haft dem Risiko
der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind."
Die Professorin für Kulturanthropologie an der Georgetown Universität Rochelle Da-
vis schlussfolgert:
„(...) auf der Grundlage von Interviews, die ich durchgeführt habe sowie auf-
grund von Zeugenaussagen, die ich geprüft habe, kann ich guten Gewissens
sagen, dass Wehrdienstentziehung von der Regierung als regierungsfeindli-
che Aktivität angesehen wird. (...)" (Auszug aus einer Email an den UNHCR
vom 22. Mai 2017, zitiert nach UNHCR vom 30. Mai 2017, Antwort an Hessi-
schen VGH, S.6).
Joshua Landis, Direktor des Center for Middle East Studies und Associate Professor
an der Oklahoma Universität bewertet den Zusammenhang folgendermaßen:
„Syrische Beamte sehen VVehrdienstentzieher und jene, die nicht bereit sind
im Militär zu dienen, oftmals als Zeichen von Opposition und Subversion."
(Auszug aus einer Email an den UNHCR vom 22. Mai 2017, zitiert nach UN-
HCR vom 30. Mai 2017, Antwort an Hessischen VGH, S. 6).
Diese Einschätzungen werden von den Erkenntnissen zu den Gesamtumständen,
unter denen Wehrdienstentzieher kontrolliert, inhaftiert und zum Teil menschenver-
achtend behandelt werden, untermauert.
- 12 -
Bereits die besondere Intensität der Wehrdienstentziehern drohenden Misshandlun-
gen indiziert, dass diese Behandlung auf ein flüchtlingsrelevantes Merkmal gerichtet
ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Juni 2017 -A 11 S 511/17-, juris Rn.
62; zu diesem Zusammenhang BVerfG, Beschluss vom 29. April 2009 - 2 ByR 78/08
juris Rn. 18). Besondere Gründe, die es erlauben solche Eingriffe ausnahmsweise
nicht als Verfolgung anzusehen, etwa weil es sich um auch in vergleichbaren Fällen
ohne jeden politischen Bezug eingesetzte und damit insoweit nicht auf asylerhebli-
che Merkmale zielende Maßnahmen handelt, sind nicht ersichtlich (zur Widerlegung
BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 - BverwG 9 C 28.99 -, juris Rn. 15).
Angesichts des seit Jahren andauernden Bürgerkriegs in Syrien ist der Einzelrichter
davon überzeugt, dass der syrische Staat auf ein ausgeprägtes Freund-Feind-
Denken abstellt, um Anhänger von Oppositionellen zu trenhen. In dieser Zuspitzung
ist ein neutraler Standpunkt nicht denkbar, weshalb jede Verweigerung — insbeson-
dere Wehrdienst zu leisten — zwangsläufig als Verrat an der eigenen Sache angese-
hen wird (zum Freund-Feind-Schema vgl. Deutsches Orient-Institut vom 22. Februar
2017 — Auskunft an den VGH Baden-Württemberg zum Beschluss A 11 S 2334/16;
vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 6. Juni 2017 - 3 A 3040/16A juris Rn. 38). Auch
wenn danach die Zuschreibungskriterien für eine oppositionelle Gesinnung sehr weit
sein mögen, bleibt die syrische Staatsmacht gleichwohl darum bemüht, Dissidenten
zu identifizieren (vgl. UNHCR von April 2017, a.a.O.; Schweizer Flüchtlingshilfe vom
21. März 2017, a.a.O.)
Wer sich nachweisbar oppositionell engagiert hat oder vermeintlich oppositionellen
Kreisen nahesteht, wird von Assads Regierung brutal unterdrückt und gnadenlos
verfolgt, wie unter anderem der UNHCR im April 2017, a.a.O., S. 7 ff. ausführt:
„Es liegen schon seit längerem Berichte darüber vor, dass die syrische Regie-
rung politischen Dissens durch Einschüchterung, Überwachung und Inhaftie-
rung von politischen Aktivisten, Journalisten, Schriftstellern und Intellektuellen
unterdrückt. [...] Es wurde berichtet, dass zahlreiche Protestteilnehmer, Akti-
visten, Wehrdienstentzieher, Deserteure, Laienjournalisten, Mitarbeiter von
Hilfsorganisationen, Ärzte und andere Personen, denen regierungsfeindliche
Haltungen zugeschrieben wurden, willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft
genommen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt, oder Opfer
von extralegalen oder Massenhinrichtungen wurden."
Davon können auch Regierungsmitarbeiter betroffen sein, die nicht mehr zur Arbeit
erscheinen (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 12. März 2015 zur Arbeitsverweigerung).
- 13 -
Vor diesem Hintergrund drängt sich angesichts der bedrohlichen Personallage in der
Syrischen Armee die Zuschreibung einer oppositionellen Einstellung bei Wehrdienst-
entziehern geradezu auf. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen,
dass der um den Machterhalt ringende syrische Staat ein solches Verhalten als Ab-
lehnung und damit als feindliche Gesinnung einordnen wird. Die syrische Regierung
muss aufgrund von Verlusten, aber auch vor allem aufgrund von Deserteuren und
VVehrdienstentziehern erhebliche Mobilisierungsbemühungen unternehmen, um die
Handlungsfähigkeit der Armee aufrechtzuerhalten (Schweizer Flüchtlingshilfe vom
23. März 2017, a.a.O., S. 2 ff.; UNHCR vom 30. November 2016, a.a.O., S. 2 ff.;
Danish Immigration Service von September 2015, a.a.O., S. 9 ff.). In diesem Zu-
sammenhang sind auch die Ausreisebeschränkungen von wehrdienstpflichtigen
Männern zu sehen (UNHCR von April 2017, a.a.O., S. 4; Schweizer Flüchtlingshilfe
vom 23. März 2017, a.a.O., S. 13 f.). Wer in Ansehung dessen Syrien verlässt und
sich dem Wehrdienst entzieht, schädigt die Syrische 'Armee und setzt sie dem Risiko
einer militärischen Niederlage aus.
III. Schließlich steht dem Kläger keine inländische Fluchtalternative im Sinne von
§ 3e AsylG offen. Nach aktuellen Erkenntnissen ist es schon äußerst zweifelhaft, ob
in Syrien derzeit überhaupt sichere und verfolgungsfreie Landesteile existieren. Je-
denfalls sind aufgrund ständig wechselnder Frontverläufe und der hohen Kontroll-
dichte mittels Checkpoints weder die Einreise nach Syrien selbst, noch eine an-
schließende Fortbewegung im Landesinnern zumutbar.
Der Antwort des Auswärtigen Amts an das VG Dresden vom 2. Januar 2017, zu 4 K
689/16.A, unter e., ist zu entnehmen:
„Es gibt in Syrien keine Möglichkeit, sich dem Militärdienst durch sicher zu er-
reichende inländische Fluchtalternativen, d. h. verfolgungsfreie Teile Syriens,
zu entziehen. Bei dem Versuch, sich dem Militärdienst durch Flucht in andere
Landesteile, die nicht unter Kontrolle des Regimes stehen, zu entziehen,
müssten Wehrpflichtige zahlreiche militärische und paramilitärische Kontroll-
stellen passieren, mit dem Risiko einer zwangsweisen Einziehung entweder
durch die syrischen Streitkräfte oder durch regimetreue Milizen."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwG0. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwG0 i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1
und 2 ZPO.
- 14 -
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Ober-
verwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils
schriftlich oder in elektronischer Form gemäß § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwG0) zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstra-
ße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In ihm
sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevoll-
mächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Beru-
fung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen
oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Uni-
on, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirt-
schaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber
hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwG0 bezeichneten Per-
sonen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteilig-
ter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebil-
deten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Rich-
teramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen
Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zu-
sammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche
Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.
... Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
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Annotations
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
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in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.