Verwaltungsgericht Bayreuth Gerichtsbescheid, 20. Apr. 2016 - B 3 K 15.633

bei uns veröffentlicht am20.04.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 24.08.2015 verpflichtet, den Berufsausbildungsvertrag der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 vom 25.03.2015 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge aufzunehmen.

2. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 09.09.2015 verpflichtet, den Berufsausbildungsvertrag der Klägerin mit der Beigeladenen zu 2 vom 06.07.2015 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge aufzunehmen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Bescheide der Beklagten vom 24.08.2015 und 09.09.2015 und begehrt deren Verpflichtung zur Eintragung der Ausbildungsverhältnisse vom 25.03.2015 und 06.07.2015.

Die Klägerin schloss mit Datum vom 25.03.3015 mit der Beigeladenen zu 1 und mit Datum vom 06.07.2015 mit der Beigeladenen zu 2 einen „Berufsausbildungsvertrag“. Hiernach sollte bei beiden die Ausbildung am 01.09.2015 beginnen und am 31.08.2018 enden (§ 1 Nr. 1 b). Nach § 5 Nr. 1 sollte die Vergütung im ersten Ausbildungsjahr monatlich 320,00 €, im zweiten 450,00 € und im dritten 510,00 € betragen.

Die Klägerin beantragte am 05.05.2015 die Eintragung des Ausbildungsvertrages mit der Beigeladenen zu 1 in das von der Beklagten geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse. Am 20.07.2015 beantragte die Klägerin die Eintragung des Ausbildungsverhältnisses mit der Beigeladenen zu 2.

Mit Schreiben vom 19.05.2015 (Beigeladene zu 1) bzw. 12.08.2015 (Beigeladene zu 2) kündigte die Beklagte die Ablehnung des jeweiligen Antrages wegen Fehlens einer angemessenen Vergütung ab und forderte die Klägerin zur Nachbesserung auf.

Mit Bescheid vom 24.08.2015 (Beigeladene zu 1) bzw. 09.09.2015 (Beigeladene zu 2) lehnte die Beklagte die Anträge ab.

Mit Schriftsatz vom 14.09.2015 erhob die Klägerin Klage und beantragte:

1. Die Beklagte wird verpflichtet, den Berufsausbildungsvertrag der Klägerin mit Frau ... vom 25.03.2015 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge aufzunehmen.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Berufsausbildungsvertrag der Klägerin mit Frau ... vom 06.07.2015 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge aufzunehmen.

Sie meint, für die Entscheidung über die Angemessenheit sei die Verkehrsanschauung der überwiegenden Mehrheit der am Rechtsverkehr beteiligten Personen maßgeblich. Auch widerspreche die von der Beklagten vorgesehene Erhöhung der Mindestendbetrag den Funktionen der Ausbildungsvergütung, da hierdurch nur die Anwälte be- und die Auszubildenden entreichert würden. Die Beklagte sei nicht berechtigt, verbindliche Mindestsätze festzulegen.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) passe, soweit sie Streitigkeiten zwischen Auszubildendem und Ausbilder regele, nicht auf die streitgegenständliche Fallgestaltung. Hier liege eine andere Interessenlage vor. Auch sei Verwaltungs- und nicht Arbeitsrecht einschlägig, so dass andere Maßstäbe gültig seien. Es gehe nicht um die Angemessenheit der Vergütung für den Auszubildenden, sondern allein um die Festsetzungsbefugnis der Beklagten.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 13.10.2015,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Eintragungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Es sei eine zulässige Mindestempfehlung gegeben. Zudem sei fraglich, ob die Festlegung gerichtlich überprüft werden könne. Jedenfalls liege bei der Festsetzung kein Ermessensfehler vor. Ausschlaggebend für die Angemessenheit sei nur der Bruttobetrag.

Die Rechtsprechung des BAG könne nicht angewandt werden, da gerade kein Streit zwischen Auszubildendem und Ausbilder gegeben sei. Der festgesetzte Betrag stelle auch keine Empfehlung, sondern eine Mindestvergütung dar. Einzig relevant sei damit die Frage, ob die Beklagte eine solche festlegen dürfe. Dafür spreche die Tatsache, dass eine angemessene Entlohnung eine anwaltliche Berufspflicht darstelle (§ 26 Abs. 2 der Berufsordnung der Rechtsanwälte - BORA) und die Beklagte für die Überwachung der Einhaltung dieser Pflichten verantwortlich sei. Eine Umdeutung der Mindesteintragungsgrenze in eine Mindestempfehlung sei unzulässig, da der Wille der Beklagten insoweit entgegenstehe. Letztendlich bleibe die Vergütung unangemessen, da sie weit hinter den Vergütungen in den Räumen Nürnberg (500,00 €) und München (800,00 €) zurückbleibe.

Das Gericht wies die Beteiligten auf das Urteil des BAG vom 16.07.2013, Az.: 9 AZR 784/11, hin und hörte sie zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Absatz 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.

Die zulässigen Klagen sind begründet. Die ablehnenden Verwaltungsakte sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Es besteht ein Anspruch der Klägerin auf Eintragung beider Ausbildungsverhältnisse in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse nach § 35 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG).

1. Die Voraussetzungen des § 35 Absätze 2, 3, 36 Abs. 1 BBiG stehen nicht in Frage.

2. Die Beteiligten streiten allein über das Vorliegen der Voraussetzung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 BBiG, also ob die von der Klägerin in beiden Ausbildungsverhältnissen gezahlte monatliche Vergütung von 320,00 € im ersten Jahr angemessen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG ist. Dies ist zu bejahen.

2.1 Gemäß der Rechtsprechung des BAG handelt es sich bei der „angemessenen Vergütung“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff (BAG, Urt. v. 17.03.2015, Az. 9 AZR 731/13, und Urt. v. 29.04.2015, Az. 9 AZR 108/14). § 17 BBiG stellt eine Rahmenvorschrift dar, die den Vertragsparteien unter Zugestehen eines Spielraums Mindestanforderungen auferlegt. Der Mindestvergütungsbetrag ist unter Abwägung der konkreten Interessen und anhand der Situation des Einzelfalls nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen. Die Vergütung hat dabei drei Funktionen: Sie soll die Arbeitsleistung des Auszubildenden entlohnen, ihn in Bezug auf die Lebenshaltungskosten entlasten und die Ausbildung von ausreichend qualifiziertem Nachwuchs sicherstellen (BAG, Urt. v. 30.09.1998, Az. 5 AZR 690/97). Die konkrete angemessene Vergütungshöhe bestimmt sich dabei nach der Verkehrsanschauung.

Wichtigste Anhaltspunkte sind - soweit vorhanden - einschlägige Tarifverträge, da diese von beiden Seiten ausgehandelt wurden, also ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt wurde. Eine grundsätzliche Pflicht zur Übernahme der vereinbarten Beträge des Tarifvertrages besteht hingegen nicht (BAG, Urt. v. 29.04.2015, Az.: 9 AZR 108/14).

Soweit solche nicht vorhanden sind, kann auf branchenübliche Sätze oder - als Indiz - auf die Verkehrsauffassung des betreffenden Gewerbezweigs abgestellt werden. Hierunter fallen die Empfehlungen der Kammern oder Handwerksinnungen. Allerdings stellen diese ebenfalls nur ein Indiz dar; insoweit verkennt die Beklagte die Reichweite ihrer „Befugnisse“ bei der Vorgabe von Mindestempfehlungen. Selbst den Berufsbildungsausschüssen (§ 77 BBiG) steht nicht das Recht zu, Mindestsätze für die Ausbildungsvergütung festzusetzen (BVerwG, Urt. v. 26.03.1981, Az.: 5 C 50/80). Diese sind nach § 79 Abs. 4 Satz 1 BBiG für den Erlass von Rechtsvorschriften für die Durchführung der Berufsbildung zuständig, soweit sie nach dem BBiG durch die zuständige Stelle zu erlassen sind. Darüber hinausgehende, verbindliche Regelungen obliegen ihnen nicht. Im Bereich des § 17 BBiG sind keine solchen Regelungsbefugnisse ersichtlich.

Damit gilt dies erst Recht für die Rechtsanwaltskammer als solche. Wenn schon der grundsätzlich zuständige Fachausschuss keine solchen Mindestbeträge festlegen kann, so kann dies auch die allgemeine Kammer nicht. Diese mag zwar nach §§ 71 Abs. 4, 76 Abs. 1 BBiG für die Überwachung der Durchführung zuständig sein, für etwaige Festlegungen jedoch nicht. Daran ändert auch die Berufsordnung der Rechtsanwälte nichts. Zwar mag diese den Kammern weitergehende Befugnisse einräumen, doch können sie wegen der Gesetzeshierarchie, die einen fundamentalen rechtsstaatlichen Grundsatz der Bundesrepublik Deutschland darstellt, Bundesrecht (wie das BBiG) nicht abbedingen.

Eine Unangemessenheit wird vermutet, sobald die vereinbarte Vergütung die tariflich vorgegebenen bzw. von Kammern etc., empfohlenen Beträge um mehr als 20% unterschreitet. Dabei stellt ein Betrag von 80% des Referenzbetrages das gerade noch zulässige Maß der Unterschreitung dar (BAG, Urt. v. 16.07.2013, Az.: 9 AZR 784/11 m.w.N, und Urt. v. 30.09.1998, Az. 5 AZR 690/97).

Diesen Einschätzungen des BAG schließt sich die Kammer an. Zwar mag im Gegensatz zu den Entscheidungen des BAG ein verwaltungs- und kein arbeitsrechtlicher Streit und auch keine Klage der Auszubildenden gegen den Ausbilder gegeben sein. Doch übersehen die Beteiligten offensichtlich den Zweck des § 35 Abs. 1 S. 1 BBiG, der sicherstellen soll, dass der Auszubildendenschutz, wie er im BBiG vorgesehen ist, eingehalten wird. Deshalb ist es für den Prüfungsmaßstab unerheblich, welcher Art die Klagesituation ist.

Letztendlich ist also auch hier die Angemessenheitsfrage des § 17 Abs. 1 BBiG zu entscheiden, weil eine vergleichbare Ausgangslage gegeben ist. Die Konstruktion einer anderen Interessenlage ist nicht überzeugend und widerspricht darüber hinaus auch der Einheit der Rechtsordnung.

2.2 Bei den umstrittenen Ausbildungsverhältnissen wurde ein monatliches Entgelt von 320,00 € vereinbart. Dieses weicht mit 30 € um nicht mehr als 20% von der Kammerempfehlung in Höhe von 350,00 €, also insgesamt 70,00 €, ab. Damit wird insoweit die Unangemessenheit nicht schon aufgrund der Abweichung indiziert.

In dem Empfehlungsbetrag der Beklagten ist ein taugliches Indiz für die Höhe einer angemessenen Vergütung zu sehen. Für den vorliegenden Fall hat der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung vom 10.05.2014 beschlossen, die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr vom 01.01.2015 an von 320,00 € auf 350,00 € zu erhöhen. Gleichzeitig berief sich die Beklagte in der Bekanntmachung dieses Beschlusses in ihrem Mitteilungsblatt vom Juni 2014, S. 9 f., darauf, dass sie „keine Empfehlung aus[spreche] und […] auch keine Mindestsätze für die Ausbildungsvergütung“ vorgebe. Sie forderte die gesonderte Begründung bei Unterschreitung dieses Betrages um bis zu 20% mit der Anmeldung des Ausbildungsverhältnisses, „weil andernfalls eine Nachfrage seitens der Geschäftsstelle erfolgt.“

Es kann offen bleiben, um was es sich bei dieser Festlegung handeln soll. Eine verbindliche Festlegung wäre mangels Regelungskompetenz rechtswidrig und damit unbeachtlich, aber dennoch als Indiz für die Angemessenheit tauglich. Dass die Beklagte ausdrücklich betont, sie wollte eben keine Empfehlung treffen, hindert die Einordnung als Indiz nicht. Hierfür spricht insbesondere auch der Wortlaut der Veröffentlichung, in dem die Beklagte jeglicher Einordnung widersprochen hat. Sie wollte also mit anderen Worten und streng genommen gar nichts festsetzen, hat dies aber dennoch getan.

Bei der Festlegung der „Mindestvergütung“ ging es der Beklagten - unter Berücksichtigung ihres Zweckes - wohl um die Findung eines Betrages, der die Funktionen einer Ausbildungsvergütung gewährleistet und gleichzeitig der Meinung der Mehrheit ihrer Mitglieder entspricht. Insoweit spricht nichts dagegen, die Festlegung als Indiz heranzuziehen. Weiterhin sah sie ausdrücklich auch die 20%-Ausnahme vor, was für eine Empfehlung und eben nicht für einen absoluten Mindestbetrag spricht, wie die Beklagte jetzt meint.

2.3 Auch ist nicht ersichtlich, warum der Betrag unangemessen sein soll. Dieser stellt für die Auszubildenden einen Unterstützungsbetrag für die Lebenshaltungskosten dar, entlohnt deren Arbeit zumindest teilweise und stellt die Attraktivität der Ausbildung ausreichend vieler Rechtsanwaltsfachangestellten sicher. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass er im Gegensatz zu der Empfehlung der Beklagten brutto wie netto die gleiche Höhe aufweist.

Der Verweis der Beklagten auf die Empfehlungen der Rechtsanwaltskammern Nürnberg und München kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Wie die Klägerin ausgeführt hat, bestehen zwischen Zentren und ländlich geprägten Gebieten erhebliche Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten, so dass diese Empfehlungen nicht ohne weiteres als Maßstab herangezogen werden können oder in der Lage sind, die Angemessenheitseinschätzung zu erschüttern. Der Beklagten bleibt es jedoch weiterhin unbenommen, neue, höhere Empfehlungen auszusprechen, die dann wiederum als Indiz bei der Angemessenheitsprüfung herangezogen werden können, nicht aber übernommen werden müssen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO und bezüglich der Beigeladenen auf §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO. Da sie keine Anträge gestellt haben, tragen sie kein Kostenrisiko; es entspricht deshalb auch nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten dem unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Absatz 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder

Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,

1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,

2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. wenn der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Dem Antrag eines Beteiligten sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

I.

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder

Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

eingeht.

Die Beschwerde ist in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR nicht übersteigt.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Über die Beschwerde entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.

II.

Für die Streitwertfestsetzung gilt diese Rechtsmittelbelehrung mit der Maßgabe, dass Vertretungszwang nicht besteht und die Beschwerde innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen ist. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Diese Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


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Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 17 Vergütungsanspruch und Mindestvergütung


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Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 71 Zuständige Stellen


(1) Für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung ist die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes. (2) Für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen ist die Industrie- und Handelskammer zuständige Stelle im S

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 35 Eintragen, Ändern, Löschen


(1) Ein Berufsausbildungsvertrag und Änderungen seines wesentlichen Inhalts sind in das Verzeichnis einzutragen, wenn 1. der Berufsausbildungsvertrag diesem Gesetz und der Ausbildungsordnung entspricht,2. die persönliche und fachliche Eignung sowie d

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Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 79 Aufgaben


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Bundesarbeitsgericht Urteil, 29. Apr. 2015 - 9 AZR 108/14

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. September 2013 - 7 Sa 374/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11

bei uns veröffentlicht am 16.07.2013

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Juni 2011 - 6 Sa 19/11 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufge

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Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Juni 2011 - 6 Sa 19/11 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12. November 2010 - 31 Ca 1202/10 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.255,77 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

b) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.653,38 Euro brutto abzüglich bereits bezahlter 1.591,13 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

c) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 480,60 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu 25 % zu tragen, der Beklagte zu 75 %. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu 17 % zu tragen, der Beklagte zu 83 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 65 % zu tragen, der Beklagte zu 35 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über restliche Ausbildungsvergütung und Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses.

2

Die Klägerin war beim Beklagten, der Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Metallindustrie anbietet, in der Zeit vom 14. Juli 2008 bis zum 12. November 2009 auf der Grundlage eines bis zum 1. September 2010 befristeten Berufsausbildungsvertrags vom 7. Juli 2008 als Auszubildende für den Beruf einer Kauffrau für Bürokommunikation beschäftigt. Vor Beginn der Ausbildung bei dem Beklagten hatte die Klägerin mit ihrer Berufsausbildung bereits in einem anderen Ausbildungsbetrieb begonnen. Die dort zurückgelegte Ausbildungszeit von zehn Monaten wurde angerechnet.

3

Im Ausbildungsvertrag vereinbarten die nicht tarifgebundenen Parteien eine monatliche Ausbildungsvergütung für das erste Ausbildungsjahr iHv. 500,00 Euro brutto, für das zweite Ausbildungsjahr iHv. 550,00 Euro brutto und für das dritte Ausbildungsjahr iHv. 600,00 Euro brutto. Die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) hatte für den Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Bürokommunikation mit Stand 2007 eine Ausbildungsvergütung von 669,00 Euro brutto im ersten Ausbildungsjahr, 731,00 Euro brutto im zweiten Ausbildungsjahr und 801,00 Euro brutto im dritten Ausbildungsjahr vorgeschlagen.

4

Ab August 2009 zahlte der Beklagte die Ausbildungsvergütung nicht mehr termingerecht. Die Klägerin forderte ihn mehrfach erfolglos zur Zahlung auf und erklärte, dass sie gezwungen sei, das Ausbildungsverhältnis vorzeitig zu beenden, wenn der Beklagte seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkomme. Mit Schreiben vom 12. November 2009 kündigte die Klägerin das Ausbildungsverhältnis unter Angabe von Gründen fristlos und machte noch ausstehende Ausbildungsvergütung sowie Schadensersatzansprüche geltend. Am 1. Dezember 2009 begann sie ein neues Ausbildungsverhältnis, in dem sie eine Ausbildungsvergütung von 519,00 Euro netto bezog. Auf die Vergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum August 2009 bis einschließlich 12. November 2009 zahlte der Beklagte insgesamt 1.591,13 Euro netto.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die vereinbarte Ausbildungsvergütung sei nicht angemessen. Die Angemessenheit sei nach den Metall-Tarifverträgen zu beurteilen. Jedenfalls seien aber die Empfehlungen der IHK zugrunde zu legen. Bei einer unangemessenen Vergütungsvereinbarung finde keine geltungserhaltende Reduktion statt. Ihr Schadensersatzanspruch wegen der vom Beklagten zu vertretenen vorzeitigen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beinhalte auch eine Abfindung analog §§ 9, 10 KSchG.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.255,77 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.653,38 Euro brutto abzüglich 1.591,13 Euro netto erhaltener Ausbildungsvergütung nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.281,60 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

7

Zu seinem Klageabweisungsantrag hat der Beklagte die Ansicht vertreten, die Empfehlungen der IHK stellten keinen Maßstab für sein Unternehmen dar. Die vereinbarte Ausbildungsvergütung sei angemessen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung bestehe nicht.

8

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung weiterer Ausbildungsvergütung für den Zeitraum vom 14. Juli 2008 bis zum 31. Juli 2009 iHv. 437,95 Euro brutto und für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 12. November 2009 iHv. 2.122,72 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.591,13 Euro netto sowie zur Zahlung von Schadensersatz iHv. 384,48 Euro verurteilt, jeweils zuzüglich Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 6. Februar 2010. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Seine Anschlussberufung hat der Beklagte zurückgenommen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit diesem nicht bereits rechtskräftig stattgegeben wurde.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet.

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I. Die Klägerin hat über die bereits gezahlte bzw. bereits rechtskräftig ausgeurteilte Vergütung hinaus einen Anspruch auf weitere Ausbildungsvergütung iHv. 757,35 Euro brutto aus § 17 Abs. 1 BBiG nebst Zinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

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1. Die vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung ist unangemessen.

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a) Die in § 17 BBiG geregelte Ausbildungsvergütung hat regelmäßig drei Funktionen. Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang „entlohnen“ (st. Rspr., zuletzt BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 37 mwN, BAGE 139, 89; vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 18 mwN, BAGE 126, 12 zur Vorgängervorschrift § 10 BBiG aF). § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG ist nur eine Rahmenvorschrift. Sie legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest. Bei fehlender Tarifbindung ist es Aufgabe der Vertragsparteien, die Höhe der Vergütung zu vereinbaren. Sie haben dabei einen Spielraum. Die richterliche Überprüfung erstreckt sich nur darauf, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen anzusehen ist. Ob die Parteien den Spielraum gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgeblich dafür ist die Verkehrsanschauung (st. Rspr., zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 10 mwN). Insoweit kommt dem Revisionsgericht ein unbeschränktes Überprüfungsrecht zu (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 20 mwN, aaO).

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Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung sind die einschlägigen Tarifverträge. Bei ihnen ist anzunehmen, dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt (st. Rspr., zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 11 mwN). Nur wenn einschlägige tarifliche Regelungen fehlen, kann auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Gewerbezweigs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. In diesem Fall kann auf die Empfehlungen der Kammern oder der Handwerksinnungen zurückgegriffen werden (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 12 mwN). Eine Orientierung an der Berufsausbildungsbeihilfe scheidet dagegen aus. Eine solche Ausrichtung würde nur die Funktion der Ausbildungsvergütung als Beitrag zum Lebensunterhalt berücksichtigen, nicht aber die Funktionen der Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses und der „Entlohnung“ des Auszubildenden.

14

Eine vereinbarte Ausbildungsvergütung ist in der Regel unangemessen, wenn sie die einschlägige tarifliche oder branchenübliche Vergütung um mehr als 20 % unterschreitet (st. Rspr., vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 41, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF). Der Auszubildende trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Vergütung unangemessen ist. Er genügt seiner Darlegungslast regelmäßig damit, dass er sich auf die einschlägige tarifliche Vergütung oder - falls es eine solche nicht gibt - auf Empfehlungen von Kammern und Innungen stützt und darlegt, dass die ihm gezahlte Vergütung diese um mehr als 20 % unterschreitet (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 14 mwN). Der Ausbildende darf sich dann nicht auf den Vortrag beschränken, die von ihm gezahlte Vergütung sei angemessen. Er hat vielmehr zu begründen, warum dies der Fall sein soll. Zu einem substanziierten Bestreiten des Ausbildenden gehört auch die Darlegung, warum im Einzelfall ein von den geschilderten Grundsätzen abweichender Maßstab gelten soll (vgl. zu § 10 BBiG aF: BAG 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00 - zu I 4 der Gründe mwN; 30. September 1998 - 5 AZR 690/97 - zu II 5 der Gründe).

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b) Die von den Parteien vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung ist unter Anwendung dieser Grundsätze unangemessen, weil sie die von der IHK empfohlene Ausbildungsvergütung um mehr als 20 % unterschreitet.

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aa) Eine einschlägige tarifliche Regelung existiert nicht. Ein Tarifvertrag ist dann einschlägig, wenn beide Vertragsparteien (bei unterstellter Tarifbindung) unter seinen räumlichen, zeitlichen und fachlichen Geltungsbereich fallen (Kittner/Zwanziger/Deinert-Lakies 7. Aufl. § 115 Rn. 127a). Weder die Klägerin noch der Beklagte hat schlüssig dargetan, dass ein Tarifvertrag nach seinem Geltungsbereich für das Ausbildungsverhältnis der Parteien einschlägig war. Die Klägerin hat deshalb zu Recht der Berechnung ihrer Klageforderung die Empfehlung der für den Beklagten zuständigen IHK zugrunde gelegt.

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bb) Diese Empfehlung ist maßgeblich. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 ZPO) gab es eine Empfehlung der IHK für den Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Bürokommunikation mit Stand 2007. Anhaltspunkte dafür, dass die IHK für die Jahre 2008 und 2009 eine geringere Ausbildungsvergütung empfahl, bestehen nicht. Der Beklagte hat sich auf eine solche Empfehlung auch nicht berufen. Die IHK ist nach § 71 Abs. 2 BBiG die für die nicht handwerkliche Ausbildung zuständige Stelle. Das Unternehmen des Beklagten befindet sich im Bezirk der IHK.

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c) Anerkennenswerte Gründe, die empfohlene Vergütung um mehr als 20 % zu unterschreiten, sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ersichtlich. Im Einzelfall kann es zwar Gründe geben, einen an sich geltenden Maßstab nicht zur Prüfung der Angemessenheit heranzuziehen (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 39 mwN, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF). Solche Gründe hat der Beklagte jedoch nicht dargetan. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es insbesondere nicht darauf an, ob der Ausbildende über finanzielle Mittel für eine höhere Ausbildungsvergütung verfügt, welche Leistungsfähigkeit er hat und ob ggf. seine Finanzdecke nicht besonders hoch ist. Die gesetzliche Regelung, nach der eine angemessene Ausbildungsvergütung zu zahlen ist, dient auch dazu, Verfälschungen des Ausbildungsmarkts zu vermeiden. Das schließt eine Orientierung an den finanziellen Möglichkeiten der Träger der praktischen Ausbildung aus (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 40 mwN, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF).

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2. Die Unangemessenheit der vereinbarten Berufsausbildungsvergütung bewirkt, dass der Klägerin die von der IHK für das jeweilige Ausbildungsjahr empfohlene Ausbildungsvergütung zusteht. Die Vergütungsvereinbarung der Parteien ist gemäß § 25 BBiG nichtig. An die Stelle der vereinbarten tritt die angemessene Vergütung (vgl. BAG 10. April 1991 - 5 AZR 226/90 - zu II 4 c der Gründe, BAGE 68, 10 zu § 10 BBiG aF; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 174 Rn. 63).

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a) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist kein Abschlag von 20 % vorzunehmen. Die Begrenzung des Anspruchs auf das gerade noch zulässige Maß der Unterschreitung widerspräche dem Zweck von § 17 Abs. 1 BBiG. Diese Vorschrift soll eine angemessene Ausbildungsvergütung sicherstellen. Damit wäre es nicht vereinbar, bei einer Unterschreitung der nach der Verkehrsanschauung angemessenen Ausbildungsvergütung den Anspruch zugunsten des Trägers der praktischen Ausbildung auf das gerade noch Angemessene zu begrenzen (st. Rspr., vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 41 mwN, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF; 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 50 mwN, BAGE 126, 12 zu § 12 Abs. 1 KrPflG; 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00 - zu I 8 der Gründe zu § 10 BBiG aF).

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b) Soweit das Landesarbeitsgericht argumentiert hat, es gehe nicht an, dass die Vertragspartner bei Begründung des Ausbildungsverhältnisses einen Spielraum haben, der die Vereinbarung einer Vergütung 20 % unterhalb einer tariflichen oder branchenüblichen Vergütung erlaube, sie aber mit einer Anpassung stets auf die volle Höhe der Empfehlung rechnen müssten, wenn sie eine geringere vertragliche Vergütung vorsehen, überzeugt dies nicht. Gewährt der Ausbildende dem Auszubildenden entgegen der gesetzlichen Anordnung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG keine angemessene Vergütung, überschreitet er den ihm eingeräumten Spielraum. Wäre die Konsequenz aus diesem gesetzeswidrigen Verhalten, dass nur die Ausbildungsvergütung geschuldet würde, die gerade noch angemessen ist, bestünde bei einem Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG für den Ausbilder kein Risiko, die nach der Verkehrsanschauung angemessene Ausbildungsvergütung zahlen zu müssen. Dies widerspräche dem Schutzzweck der Norm.

22

3. Unter Zugrundelegung der zwischen den Parteien unstreitigen Differenzbeträge und geleisteten Zahlungen steht der Klägerin für den Zeitraum vom 14. Juli 2008 bis zum 31. Juli 2009 ein Anspruch auf Zahlung von 2.255,77 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu. Für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 12. November 2009 hat sie Anspruch auf Zahlung von 2.653,38 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 1.591,13 Euro netto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010.

23

II. In Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist die Revision nur teilweise begründet. Die Klägerin hat aus § 23 Abs. 1 BBiG einen Anspruch auf weiteren Schadensersatz iHv. 96,12 Euro.

24

1. Wird das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit vorzeitig gelöst, so kann nach § 23 Abs. 1 BBiG der Ausbildende oder der Auszubildende Ersatz des Schadens verlangen, wenn die andere Person den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.

25

a) Das bis zum 1. September 2010 befristete Berufsausbildungsverhältnis der Parteien wurde nach Ablauf der Probezeit durch die fristlose Kündigung der Klägerin zum 12. November 2009 gelöst.

26

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe den Grund für die Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses zu vertreten, weil er ab August 2009 die Ausbildungsvergütung trotz der Mahnung der Klägerin nicht termingerecht zahlte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal der Beklagte selbst erklärte, er könne die vereinbarte Ausbildungsvergütung erst im Folgejahr zahlen.

27

c) Mit ihrer dem Beklagten am 5. Februar 2010 zugestellten Klage auf Schadensersatz wahrte die Klägerin die Ausschlussfrist des § 23 Abs. 2 BBiG.

28

2. Der Schadensersatzanspruch umfasst entgangene Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 13. bis zum 30. November 2009 iHv. weiteren 96,12 Euro.

29

a) Ausgehend von der Empfehlung der IHK ergibt sich für diesen Zeitraum eine Ausbildungsvergütung iHv. 480,60 Euro (801,00 Euro / 30 Tage x 18 Tage). Nach Abzug des bereits rechtskräftig zugesprochenen Betrags iHv. 384,48 Euro verbleibt als Schaden eine Differenz iHv. 96,12 Euro.

30

b) Ein Vermögensvorteil der Klägerin, der auf diesen Schaden anspruchsmindernd anzurechnen wäre, besteht nicht. Zwar muss sich der Auszubildende auf den Ersatzanspruch, der grundsätzlich die Vergütung ab dem tatsächlichen bis zum vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses erfasst, den in diesem Zeitraum insgesamt adäquat erworbenen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen (vgl. BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 103/07 - Rn. 27 mwN, BAGE 123, 247; ErfK/Schlachter 13. Aufl. § 23 BBiG Rn. 2). Der Geschädigte muss dabei, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitwirken (vgl. Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 254 BGB Rn. 72 mwN). Die Klägerin ist dieser Mitwirkungspflicht nachgekommen und hat ihre ab dem 1. Dezember 2009 im neuen Ausbildungsverhältnis bezogene Ausbildungsvergütung offengelegt. Der Beklagte hat daraufhin nicht dargetan, dass und ggf. in welcher Höhe dieser anderweitige Verdienst zu einer Minderung des geltend gemachten Schadens führte. Er hat insbesondere nicht konkret aufgezeigt, dass dieser Verdienst insgesamt höher war als die Vergütung, die die Klägerin vom 13. November 2009 bis zum 1. September 2010 erhalten hätte.

31

3. § 23 Abs. 1 BBiG gewährt dem Auszubildenden entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin keine Abfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG.

32

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann zwar ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB auch eine den Verlust des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses ausgleichende angemessene Entschädigung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG umfassen(vgl. grundlegend BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 98, 275).

33

aa) Maßgebend dafür ist, dass der Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB hinsichtlich des Vergütungsausfalls auf den Zeitraum der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist beschränkt ist (vgl. BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 98, 275). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt und das Arbeitsverhältnis ohne das vertragswidrige Verhalten des Arbeitgebers nicht aufgelöst worden wäre. Der kündigende Arbeitnehmer verzichtet in diesen Fällen auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz. Seine Lage ist mit derjenigen des unberechtigt gekündigten Arbeitnehmers vergleichbar, der einen Auflösungsantrag nach § 9 oder § 13 KSchG gestellt hat, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Der Arbeitgeber darf aber nicht dadurch bessergestellt werden, dass er anstatt eine unberechtigte außerordentliche Kündigung auszusprechen und damit ggf. abfindungspflichtig nach § 13 Abs. 1 Satz 3, §§ 9, 10 KSchG zu werden, durch vertragswidriges Verhalten den Arbeitnehmer zur außerordentlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses veranlasst(vgl. BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B III 2 c und B III 2 d bb der Gründe mwN, aaO).

34

bb) Den Arbeitnehmer trifft damit neben der für die Dauer der Kündigungsfrist entfallenen Vergütung ein weiterer wirtschaftlicher Verlust, für den er einen angemessenen Ausgleich verlangen kann. Für die Bemessung dieses Ausgleichs bietet es sich an, auf die Abfindungsregelungen der §§ 9, 10, 13 KSchG abzustellen. Das Gesetz bestimmt in diesen Vorschriften den Wert des Bestandsschutzes, wenn das Festhalten am Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Diese gesetzliche Wertung rechtfertigt es, den Verlust des Bestandsschutzes als normative Schadensposition anzuerkennen. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers ist jedoch, dass im Falle einer unberechtigten Arbeitgeberkündigung die §§ 9, 10 und/oder § 13 KSchG Anwendung fänden(BAG 21. Mai 2008 - 8 AZR 623/07 - Rn. 28 und 31 mwN).

35

b) Diese Erwägungen greifen beim Ersatz des Schadens nach § 23 Abs. 1 BBiG nicht ein(so auch ErfK/Schlachter § 23 BBiG Rn. 2).

36

aa) Zwar sind auf den Berufsausbildungsvertrag nach § 10 Abs. 2 BBiG die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Nach dem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit zum Entwurf des BBiG sollte der Gesetzesentwurf insoweit, wie er auf eine Regelung verzichtet, um die allgemeinen für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsgrundsätze und Rechtsvorschriften ergänzt werden, um dem Auszubildenden mindestens in gleichem Maße wie dem Arbeitnehmer Schutz zu geben (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 5). Damit sollte die Anwendung auch solcher Vorschriften sichergestellt sein, die das Berufsausbildungsverhältnis nicht ausdrücklich einbeziehen. Hierzu sollte auch das Kündigungsschutzgesetz zählen (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 6).

37

bb) Durch Berufsausbildungsvertrag begründete Berufsausbildungsverhältnisse und durch Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnisse sind jedoch nicht generell gleichzusetzen (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - Rn. 15 mwN, BAGE 139, 213). Die Regelungen im KSchG zur ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber finden auf Auszubildende keine Anwendung. Nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis aufgrund der Spezialvorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht ordentlich kündigen. Auch § 628 Abs. 2 BGB ist auf Auszubildende nicht anwendbar; § 23 Abs. 1 BBiG ist die speziellere Vorschrift(BAG 8. Mai 2007 - 9 AZR 527/06 - Rn. 17 mwN zur Vorgängervorschrift § 16 BBiG aF; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 131; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 23 Rn. 2).

38

cc) Auch § 13 Abs. 1 Satz 3 und §§ 9, 10 KSchG sind auf das Berufsausbildungsverhältnis nicht anzuwenden, weil dies mit dem Wesen und dem Zweck des Berufsausbildungsvertrags nicht zu vereinbaren ist(vgl. mit ausführlicher Begründung BAG 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - zu II der Gründe; vgl. auch KR/Spilger § 9 KSchG Rn. 14b mwN; v. Hoyningen-Huene in vHH/L 15. Aufl. § 13 Rn. 18; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 172 mwN; Herkert/Töltl BBiG Stand Juni 2013 § 22 Rn. 155 f.; Kittner/Zwanziger/Deinert-Appel § 84 7. Aufl. Rn. 3). An den Vorschriften des BBiG ist erkennbar, dass der Gesetzgeber es zur Erreichung des Ausbildungsziels für erforderlich gehalten hat, auf einen möglichst lange dauernden Bestand des Ausbildungsverhältnisses hinzuwirken und Kündigungen zu erschweren. Die Erfüllung der Berufsausbildungsaufgabe verlangt eine besonders starke Bindung der Vertragsparteien (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 11). Die Eröffnung einer erleichterten Auflösungsmöglichkeit ist hiermit unvereinbar (vgl. BAG 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - zu II der Gründe). Dieser Wertung würde es widersprechen, wenn im Falle der vom Ausbildenden verursachten fristlosen Kündigung des Auszubildenden - anders als bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses nach unberechtigter Kündigung des Ausbildenden - ein Abfindungsanspruch angenommen würde.

39

dd) Auch dem Bestandsschutz kommt im Ausbildungsverhältnis kein dem Bestandsschutz im Arbeitsverhältnis entsprechender wirtschaftlicher Wert zu. Das Arbeitsverhältnis stellt regelmäßig die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Arbeitnehmers dar. Daraus leitet sich der wirtschaftliche Wert des Bestandsschutzes ab. Das Berufsausbildungsverhältnis ist dagegen darauf angelegt, dem Auszubildenden - in einem zeitlich befristeten Zeitraum - eine breit angelegte berufliche Grundausbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln (BAG 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - zu II 2 b der Gründe). Entsprechend der Zwecksetzung des Berufsausbildungsverhältnisses stellt die Ausbildungsvergütung deshalb nur eine finanzielle Unterstützung bei der Lebenshaltung und nur eine „Entlohnung“ in gewissem Umfang dar. Das Erreichen des Ausbildungsziels vermittelt den wesentlichen wirtschaftlichen Wert des Ausbildungsverhältnisses für den Auszubildenden und damit den Wert des Bestandsschutzes.

40

ee) Der Auszubildende erhält bereits durch den Ersatz des materiellen Schadens nach § 23 Abs. 1 BBiG die Möglichkeit, dieses Ausbildungsziel trotz des vertragswidrigen Verhaltens des Ausbildenden zu erreichen. Bei § 23 Abs. 1 BBiG findet eine Begrenzung des Schadensersatzanspruchs auf den Lohnausfall während einer fiktiven Kündigungsfrist nicht statt. Daher ist es - anders als bei § 628 Abs. 2 BGB - nicht erforderlich, als Ausgleich für eine solche Begrenzung den Wert des Bestandsschutzes als zusätzliche Schadensposition anzuerkennen. Der Auszubildende kann nach § 23 Abs. 1 BBiG vielmehr Ersatz des gesamten Schadens verlangen, der durch das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis verursacht worden ist. Bei der Schadensermittlung ist das nicht ordnungsgemäß erfüllte Berufsausbildungsverhältnis nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB mit einem ordnungsgemäßen zu vergleichen. Der Ausbildende hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ungeachtet der besonderen Funktionen der Ausbildungsvergütung hat der zum Schadensersatz verpflichtete Ausbildende dem Auszubildenden die Ausbildungsvergütung bis zur Aufnahme einer neuen Ausbildung oder ggf. eines Arbeitsverhältnisses weiterzuzahlen (vgl. BAG 8. Mai 2007 - 9 AZR 527/06 - Rn. 23). Der Schadensersatzanspruch umfasst ferner auch Aufwendungen, die notwendig sind, um die Ausbildung in einer anderen Ausbildungsstätte fortzusetzen (vgl. BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 103/07 - Rn. 16, BAGE 123, 247).

41

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

        

    Krasshöfer    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Starke    

                 

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. September 2013 - 7 Sa 374/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung des Klägers.

2

Der nicht tarifgebundene Beklagte ist ein seit April 2005 eingetragener Verein. Nach § 2 seiner Satzung ist sein Zweck die Förderung der qualifizierten Berufsausbildung. Zur Mitgliedschaft ist in § 4 der Satzung ua. Folgendes geregelt:

        

„2.     

Mitglied kann werden

                 

a)    

jedes Unternehmen, das selbst ausbildet oder ausbilden will, insbesondere Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie,

                 

b)    

eine Ausbildungseinrichtung, in die der Verein Auszubildende zur Ausbildung entsenden will, wenn die Ausbildungskapazitäten der VBM-Mitgliedsfirmen vor Ort nicht ausreichen, um zusätzliche Ausbildungsverhältnisse einzurichten,

                 

…       

        
                 

Unternehmen im Sinne von vorstehend lit. a) sind natürliche oder juristische Personen oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit ausüben.“

3

Der Beklagte schließt mit Auszubildenden Ausbildungsverträge. Die Ausbildung wird jeweils von einem der Mitgliedsunternehmen des Beklagten durchgeführt. Die Auszubildendengestellung durch den Beklagten und die Ausbildungsübernahme durch die Mitgliedsunternehmen werden durch Ausbildungsübernahmeverträge geregelt. Eines der Mitglieder des Beklagten ist die K SE, die in G und C die betriebliche Ausbildung der beim Beklagten angestellten Auszubildenden anbietet. Die beiden Vorstände dieses Unternehmens bilden den Vorstand des Beklagten. Die K SE stellt auch selbst Auszubildende ein.

4

Der am 14. September 1990 geborene Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 28. Januar 2008 bei der K SE um einen Ausbildungsplatz zum Maschinen- und Anlagenführer. Er führte in seinem Bewerbungsschreiben ua. aus, im Oktober 2007 eine erste Ausbildung „im Elektronik-Gewerbe“ aufgelöst zu haben, weil die Tätigkeit nicht seinen Vorstellungen entsprochen habe. Die K SE vermittelte den Kläger an den Beklagten. Dieser schloss unter dem 11. Juni 2008 mit dem Kläger einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung zum Industriemechaniker. Als Ausbildungsort wurde der Betrieb der K SE in C vereinbart. Zur Ausbildungsvergütung ist im Berufsausbildungsvertrag ua. geregelt:

        

„Der Auszubildende erhält eine angemessene Vergütung. Diese beträgt derzeit im

        

1.    

Lehrjahr monatlich

385,-- EUR (brutto)

        

2.    

Lehrjahr monatlich

405,-- EUR (brutto)

        

3.    

Lehrjahr monatlich

430,-- EUR (brutto)

        

4.    

Lehrjahr monatlich

450,-- EUR (brutto).“

5

Das Ausbildungsverhältnis begann am 1. September 2008 und endete mit dem Bestehen der Abschlussprüfung am 7. Februar 2012. Für diesen Zeitraum erhielt der Kläger vom Beklagten insgesamt eine Ausbildungsvergütung iHv. 23.222,00 Euro brutto. Wäre der Kläger nach den Tarifverträgen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie vergütet worden, hätte er eine Ausbildungsvergütung iHv. 44.480,02 Euro brutto erhalten.

6

Mit Schreiben vom 22. August 2012 forderte der Kläger von dem Beklagten erfolglos die Zahlung weiterer 21.678,02 Euro brutto.

7

Mit seiner am 14. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unangemessenheit der gezahlten Ausbildungsvergütung geltend gemacht. Dazu hat er darauf verwiesen, bei ihm seien weder schulische Schwierigkeiten noch komplizierte familiäre Verhältnisse oder sprachliche Schwierigkeiten vorhanden gewesen.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.258,02 Euro brutto nebst Zinsen in näher bezeichnetem Umfang zu zahlen.

9

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die gezahlte Ausbildungsvergütung sei angemessen gewesen. Mit ihr habe er einen ausreichenden Beitrag zum Lebensunterhalt des Klägers geleistet. Auf die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie dürfe zur Ermittlung der angemessenen Vergütung nicht zurückgegriffen werden. Dies komme einer Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge gleich, ohne dass die Voraussetzungen des § 5 TVG gegeben gewesen seien. Wenn dennoch auf die Tarifverträge zurückgegriffen werde, müssten jedenfalls auch die tariflichen Ausschlussfristen zur Anwendung kommen, sodass die Ansprüche des Klägers verfallen seien.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Beklagte hat keinen revisiblen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufgezeigt.

12

I. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG haben Auszubildende Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Die Bestimmung ist - wie schon die Vorgängernorm § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung (aF) - nur eine Rahmenvorschrift und legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 32, BAGE 125, 285; vgl. auch BT-Drs. V/4260 S. 9). Bei fehlender Tarifbindung ist es Aufgabe der Vertragsparteien, die Höhe der Vergütung zu vereinbaren. Sie haben dabei einen Spielraum. Die richterliche Überprüfung erstreckt sich nur darauf, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die als noch angemessen anzusehen ist. Ob die Parteien den Spielraum gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgeblich dafür ist die Verkehrsanschauung (BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 10; 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 33 mwN, aaO).

13

II. Die Beurteilung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung durch das Landesarbeitsgericht unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Die „angemessene Vergütung“ iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar(BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 11; vgl. zur Angemessenheit iSd. § 32 UrhG ebenso BVerfG 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1 BvR 1843/11 - Rn. 84, BVerfGE 134, 204). Bezüglich seiner Anwendung ist revisionsrechtlich lediglich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob das Landesarbeitsgericht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. zur angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 69; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80 mwN, BAGE 129, 181).

14

III. Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts stand.

15

1. Die in § 17 BBiG geregelte Ausbildungsvergütung hat regelmäßig drei Funktionen. Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang „entlohnen“ (st. Rspr., zuletzt BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 13 mwN; 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 145, 371). Entgegen der - unter Bezugnahme auf das in seinem Auftrag erstellte Gutachten - vertretenen Rechtsansicht des Beklagten sind bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung alle drei Funktionen zu berücksichtigen. Die Ausbildungsvergütung ist nicht schon dann angemessen, wenn sie einen erheblichen Beitrag zum Lebensunterhalt des Auszubildenden leistet. Sie hat nach dem im Wortlaut der Norm zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers im Regelfall weitere Zwecke.

16

a) Die Funktion der Lehrlingsvergütung war früher umstritten. Die Gewerkschaften sahen die Lehrlingsvergütung ausschließlich als Entgelt für die im Betrieb geleistete Arbeit an. Dagegen bezeichnete das Handwerk sie als reine Erziehungsbeihilfe, die lediglich zur Deckung der Lebensunterhaltskosten der Lehrlinge beitragen sollte (Beicht Langzeitentwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütung S. 8). Diese Ansicht setzte sich unter der Herrschaft der Nationalsozialisten durch. Am 25. Februar 1943 wurde die Anordnung zur Vereinheitlichung der Erziehungsbeihilfen und sonstigen Leistungen an Lehrlinge und Anlernlinge in der privaten Wirtschaft (RArbBl. I S. 164) erlassen, die eine einheitliche Erziehungsbeihilfe für alle Lehrlinge verbindlich vorschrieb (vgl. auch Anordnung über die Belohnung besonders tüchtiger Lehrlinge und Anlernlinge in der privaten Wirtschaft vom 5. August 1944, RArbBl. I S. 289; zu den Anordnungen auch BAG 12. März 1962 - 1 AZR 4/61 - zu A II 5 a der Gründe, BAGE 12, 337).

17

b) Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und trotz Weitergeltung der Anordnung zur Vereinheitlichung der Erziehungsbeihilfen gelangte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 1962 zu der Auffassung, die Lehrlingsvergütung habe in einem gewissen Umfange auch Entgeltcharakter. Denn die Arbeitsleistung des Lehrlings habe für den Lehrherrn, was ernstlich nicht zu bestreiten sei, einen im Laufe der Lehrzeit zunehmenden wirtschaftlichen Wert, was in der Steigerung der Lehrlingsvergütung mit den Lehrjahren seinen Niederschlag finde (BAG 12. März 1962 - 1 AZR 4/61 - zu A II 5 a der Gründe, BAGE 12, 337). Es könne weder der Ansicht gefolgt werden, dass der Lehrlingsvergütung der Entgeltcharakter und damit ein arbeitsrechtliches Element völlig fehle, noch sei die Auffassung zu halten, dass die Lehrlingsvergütung echtes Arbeitsentgelt sei, für das berufsrechtliche Gesichtspunkte ohne Bedeutung seien (BAG 12. März 1962 - 1 AZR 4/61 - zu A II 5 b der Gründe mwN, aaO).

18

c) Diesen Ansatz hat der Gesetzgeber in das Berufsbildungsgesetz vom 14. August 1969 (aF) übernommen (Beicht aaO S. 9). In § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF, der mit dem heutigen § 17 Abs. 1 Satz 1 wortgleich war, wurde ein Anspruch des Auszubildenden auf „Vergütung“ kodifiziert. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit des Deutschen Bundestags heißt es dazu ua. (BT-Drs. V/4260 S. 9):

        

„… Damit soll einmal dem Auszubildenden (bzw. seinen Eltern) zur Durchführung der Berufsausbildung eine finanzielle Hilfe gesichert, zum anderen aber damit zugleich auch die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Facharbeitern und Angestellten gewährleistet werden. Insofern hat die Vergütungspflicht eine ausbildungsrechtliche Begründung. Sie ist außerdem aber auch aus arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten der Entlohnung gerechtfertigt.

        

Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 stellen außerdem gemäß den einleitenden Ausführungen für die Höhe der Vergütung zwei allgemeine Richtsätze auf: Einmal muss die Vergütung angemessen sein; die Festsetzung im Einzelnen bleibt den Vertragsparteien und den Tarifvertragsparteien überlassen. Zum anderen muss die Bemessung der Vergütung das Lebensalter des Auszubildenden berücksichtigen und mit fortschreitender Ausbildung - mindestens jährlich - ansteigen. Dieser Bemessungsgrundsatz geht davon aus, dass mit fortschreitendem Alter des Auszubildenden sowie mit fortschreitender Ausbildung die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Auszubildenden mit zunehmendem Alter und im Laufe der Ausbildung, insbesondere im Hinblick auf eine Abschlussprüfung, steigen, aber auch die Arbeitsleistungen des Auszubildenden für den Ausbildenden wirtschaftlich wertvoller werden. …“

19

d) Im Einklang mit diesen Motiven des Gesetzgebers ging die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass die in § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF geregelte Ausbildungsvergütung regelmäßig drei Funktionen habe(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06  - Rn. 18 mwN, BAGE 126, 12 ). Für die Angemessenheit der Vergütung sei auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung seien die einschlägigen Tarifverträge ( BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06  - Rn. 34 mwN, BAGE 125, 285 ). Bei der Neufassung des BBiG im Jahre 2005 (BGBl. I S. 931) wurde die Vorschrift des § 10 Abs. 1 BBiG aF in § 17 Abs. 1 BBiG übernommen, ohne im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung zur Auslegung der Norm am Wortlaut Änderungen vorzunehmen.

20

2. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist an der ständigen Rechtsprechung festzuhalten, nach der wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung die einschlägigen Tarifverträge sind (vgl. aus jüngerer Zeit: BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 14 mwN; 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 145, 371). Das Ergebnis von Tarifverhandlungen berücksichtigt hinreichend die Interessen beider Seiten. Es hat die Vermutung der Angemessenheit für sich (BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 29 mwN). Eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, gilt deswegen stets als angemessen. Eine Ausbildungsvergütung ist demgegenüber in der Regel nicht angemessen iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 vH unterschreitet(BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 11 mwN). Entgegen der - unter Bezugnahme auf das in seinem Auftrag erstellte Gutachten - vom Beklagten vertretenen Rechtsansicht handelt es sich bei dieser Rechtsprechung nicht um eine legitimationslose Erstreckung der Tarifgeltung auf Dritte.

21

a) Die Geltung der Tarifverträge wird durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG anders als bei § 5 TVG oder §§ 7, 7a AEntG nicht auf Außenseiter erstreckt. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zeigen, dass das Landesarbeitsgericht nicht von einer Bindung der Parteien an Tarifverträge ausgegangen ist, sondern für die Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung zutreffend auf die Verkehrsanschauung abgestellt hat. Um § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG im Einzelfall anwenden zu können, muss ermittelt werden, welche Vergütung von den beteiligten Kreisen als angemessen angesehen wird. Einschlägige Tarifverträge sind dabei freilich mit der Verkehrsanschauung nicht gleichzusetzen. Sie stellen für die Ermittlung der Verkehrsanschauung lediglich einen Anhaltspunkt dar, wenn auch regelmäßig den wichtigsten. Dies beruht auf der besonderen Sachnähe der zuständigen Tarifvertragsparteien und auf der von der Rechtsordnung anerkannten Vermutung der Angemessenheit ihrer Verhandlungsergebnisse. Das Grundrecht der negativen Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht davor, die Ergebnisse von Koalitionsvereinbarungen als Anknüpfungspunkt für Regelungen und Bewertungen zu nehmen(BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 15, BAGE 130, 338 unter Bezugnahme auf BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 68, BVerfGE 116, 202).

22

b) Durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG wird auch keine Pflicht begründet, die tarifliche Vergütungshöhe vertraglich zu vereinbaren. Es steht den Parteien des Ausbildungsverhältnisses frei, eine niedrigere oder höhere Vergütung vertraglich zu regeln. Erst wenn die vereinbarte Ausbildungsvergütung die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 vH unterschreitet, ist sie in der Regel nicht angemessen iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG. Diese Regel gilt allerdings nicht ausnahmslos. Wird die Ausbildung beispielsweise teilweise oder vollständig durch öffentliche Gelder oder Spenden zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze finanziert, kann eine Ausbildungsvergütung auch bei deutlichem Unterschreiten dieser Grenze noch angemessen sein. Entscheidend ist der mit der Ausbildung verfolgte Zweck (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 22, 39, BAGE 126, 12). In solchen Fällen ist eine vom konkreten Ausbildungsbetrieb losgelöste Orientierung an den allgemeinen Lebenshaltungskosten vorzunehmen. Hierfür bietet § 12 BAföG einen Anhaltspunkt. Ein Betrag, der höher ist als 2/3 dieses Bedarfs, stellt jedenfalls noch einen erheblichen Beitrag zu den Lebenshaltungskosten dar (BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 20 ff.; 24. Oktober 2002 - 6 AZR 626/00 - zu III 4 der Gründe, BAGE 103, 171). In besonders gelagerten Fällen kommt auch eine Orientierung an den Sätzen des SGB III in Betracht (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 48 ff., BAGE 125, 285). Sofern ein dreiseitiges Ausbildungsverhältnis vorlag, bei dem die Ausbildungsvergütung vertraglich an Leistungen der früheren Bundesanstalt für Arbeit gebunden war und kein sozialrechtlicher Anspruch des Auszubildenden auf Zahlung von Ausbildungsgeld bestand, haben der Sechste und der Fünfte Senat sogar angenommen, dass der völlige Verzicht auf eine Ausbildungsvergütung nicht in Widerspruch zu dem Angemessenheitserfordernis stehe (BAG 16. Januar 2003 -  6 AZR 325/01  - zu II 3 der Gründe; 15. November 2000 -  5 AZR 296/99  - zu IV 3 der Gründe, BAGE 96, 237 ; bei öffentlicher Finanzierung und Gemeinnützigkeit des Bildungsträgers auch BAG 24. Oktober 2002 -  6 AZR 626/00  - zu III 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 171 ).

23

c) Soweit sich der Beklagte in der Revisionsbegründung gegen die Grenze von 80 vH wendet und meint, die Grenze könne allenfalls unter Anlehnung an die Rechtsprechung zur Vergütungskontrolle nach § 138 BGB bei 67 vH liegen, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil die von ihm gezahlte Vergütung teilweise weniger als die Hälfte der tariflichen Ausbildungsvergütung betrug, teilweise knapp über 50 vH lag und die Grenze von zwei Dritteln nie erreichte. Im Übrigen verkennt der Beklagte, dass § 17 Abs. 1 BBiG und § 138 BGB unterschiedliche Regelungszwecke verfolgen und dementsprechend unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind. Eine Ausbildungsvergütung, die so hoch ist, dass sie noch nicht gegen die guten Sitten verstößt, muss noch nicht angemessen sein. § 138 Abs. 1 BGB erklärt Rechtsgeschäfte für nichtig, die gegen die guten Sitten verstoßen; § 138 Abs. 2 BGB greift ein, wenn Vermögensvorteile und Leistung in einem „auffälligen Missverhältnis stehen“. § 17 Abs. 1 BBiG soll dagegen als speziellere Vorschrift eine angemessene Vergütung der Auszubildenden sicherstellen. Der Gesetzgeber kann solche speziellen Schutzmechanismen einführen, die über die bestehenden Generalklauseln hinausgehen (BVerfG 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1 BvR 1843/11 - Rn. 70, BVerfGE 134, 204).

24

d) Auch soweit der Beklagte geltend macht, die Berücksichtigung der einschlägigen Tarifverträge bei der Ermittlung der Verkehrsanschauung verletze Art. 3 GG, ist eine Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte meint, durch die Berücksichtigung der Tarifverträge für von ihm so bezeichnete „typische Frauenberufe“ würden die dort vereinbarten relativ niedrigen Ausbildungsvergütungen in diskriminierender Weise auf alle Ausbildungsverhältnisse in der Branche erstreckt, macht der Beklagte selbst nicht geltend, dass es sich bei Berufen der Metall- und Elektroindustrie um solche „typischen Frauenberufe“ handele. Auch soweit der Beklagte meint, die bestehenden wesentlichen Ungleichheiten zwischen Industrie- und Handwerkstarifverträgen würden zu Unrecht auf alle Ausbildungsverhältnisse erweitert, müsste ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG - wenn er denn tatsächlich vorläge - zu einer Anpassung nach oben, also an die Industrietarifverträge führen. Der Kläger begehrt freilich gerade die Ausbildungsvergütung nach den Entgelttarifen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie. Im Übrigen können als Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung nur rechtmäßige Tarifverträge herangezogen werden. Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung - zumindest mittelbar - an Art. 3 GG gebunden(vgl. BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II der Gründe, BAGE 111, 8; JKOS/Krause 2. Aufl. § 1 Rn. 85 ff. mwN). Dass die Tarifvertragsparteien der bayerischen Metall- und Elektroindustrie diese Bindung bei der Festsetzung der Vergütung der Auszubildenden missachtet haben, sodass diese Tarifverträge als Anhaltspunkt nicht geeignet gewesen wären, macht der Beklagte selbst nicht geltend.

25

e) Eine tariflich geregelte Ausbildungsvergütung, die eine nach Ausbildungsjahren gestaffelte, steigende Vergütung vorsieht, steht im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 2 BBiG. Nach dieser Vorschrift ist die Ausbildungsvergütung nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt. Die Norm begründet nur eine Pflicht, die Vergütung mit fortschreitender Berufsausbildung ansteigen zu lassen (vgl. Lakies/Nehls BBiG 3. Aufl. § 17 Rn. 24; Pieper in Wohlgemuth BBiG § 17 Rn. 20; ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 17 BBiG Rn. 4). Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es dagegen nicht erforderlich, dass die Vergütung darüber hinaus nach dem Lebensalter des Auszubildenden gestaffelt wird. Die mit der Dauer des Ausbildungsverhältnisses steigende Vergütung berücksichtigt bereits mittelbar das zugleich steigende Lebensalter. Eine nach dem Lebensalter gestaffelte Ausbildungsvergütung würde im Übrigen Bedenken bezüglich des Verbots der Altersdiskriminierung begegnen (vgl. zur Vergütung nach dem Lebensalter im BAT BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 16 mwN).

26

3. Der Auszubildende trägt zwar nach der bisherigen Rechtsprechung als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Ausbildungsvergütung unangemessen ist. Er genügt jedoch seiner Darlegungslast regelmäßig damit, dass er sich auf die einschlägige tarifliche Vergütung stützt und vorbringt, seine Ausbildungsvergütung unterschreite diese um mehr als 20 vH. Der Ausbildende kann sich dann nicht auf den Vortrag beschränken, die von ihm gezahlte Vergütung sei angemessen. Er hat substanziiert zu begründen, weshalb im Einzelfall ein von den genannten Grundsätzen abweichender Maßstab gelten soll (st. Rspr., zuletzt BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 17; vgl. auch BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 35 mwN, BAGE 126, 12). Diese sekundäre Darlegungslast des Ausbildenden wird entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht erst dann ausgelöst, wenn der Auszubildende dargelegt hat, dass die geltend gemachten Tarifentgelte in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlt werden. Auch insofern besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung und der Frage des Lohnwuchers (vgl. zur Darlegungslast bei Lohnwucher BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 32 mwN, BAGE 141, 348). Auch dann, wenn üblicherweise nur zwischen 80 vH und 100 vH der tariflichen Ausbildungsvergütung gezahlt werden, ist eine die Grenze zu 80 vH unterschreitende Ausbildungsvergütung regelmäßig nicht mehr angemessen.

27

4. Die dargestellten Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht bei der Ermittlung der angemessenen Ausbildungsvergütung berücksichtigt. Der Beklagte hat auch keine maßgeblichen Umstände aufgezeigt, die das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass das Landesarbeitsgericht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Es war nicht gehindert, die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie zur Ermittlung der Verkehrsanschauung heranzuziehen.

28

a) Aufgrund der Umstände des Einzelfalls durfte das Landesarbeitsgericht die Ausbildungsvergütung in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie als die angemessene ansehen, obwohl der Beklagte kein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist. Zum einen haben die Parteien im Berufsausbildungsvertrag vereinbart, dass die Ausbildung nicht bei dem Beklagten, sondern bei der K SE in C stattfindet, die ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist. Zum anderen weist der Beklagte selbst eine besondere Nähe zu diesem Wirtschaftszweig auf. So können nach § 4 der Satzung „insbesondere“ ausbildungswillige Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie Mitglied des Beklagten werden. Eine Ausbildungseinrichtung, in die der Verein Auszubildende zur Ausbildung entsenden will, kann Mitglied werden, wenn die Ausbildungskapazitäten der „VBM-Mitgliedsfirmen“ vor Ort nicht ausreichen. Hinter der Abkürzung VBM verbirgt sich offenkundig der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e. V. (vgl. www.baymevbm.de), der die vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Tarifverträge geschlossen hat.

29

b) Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Prüfung berücksichtigt, dass er sich zum Ziel gesetzt hat, mit den Beiträgen seiner Mitglieder zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen und damit insbesondere Jugendliche zu fördern, die auf dem freien Ausbildungsmarkt potenziell Probleme hätten. Das Landesarbeitsgericht hat sich insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. Mai 2003 (- 6 AZR 191/02 -) hat das Arbeitsgericht wegen der Gemeinnützigkeit des Beklagten in Betracht gezogen, dass auch eine Ausbildungsvergütung von weniger als 80 vH der tariflichen Vergütung noch den Anforderungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG hätte gerecht werden können. Es hat allerdings keine Besonderheiten des Falls feststellen können, die eine Vergütung nur iHv. etwa 50 vH der tariflichen Vergütung rechtfertigen konnten. Der Beklagte hat auf entsprechenden Vortrag des Klägers weder näher begründet, warum der Kläger ohne die Hilfe des Beklagten voraussichtlich keinen Ausbildungsplatz erhalten hätte, noch, dass der Kläger während der Ausbildung besonderer Unterstützung und Förderung durch den Beklagten bedurft hätte.

30

IV. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Verfall der Ansprüche des Klägers nach § 22 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ausgeschlossen. Der Manteltarifvertrag galt weder aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend für das Ausbildungsverhältnis, noch wurde seine Anwendbarkeit zwischen den Parteien vereinbart. Die zur Bestimmung des üblichen Entgelts iSv. § 612 Abs. 2 BGB durch einen Mindestentgelttarifvertrag aufgestellten Grundsätze(vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 171/10 - Rn. 22, BAGE 137, 375; 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 33, BAGE 135, 187) lassen sich auf § 17 BBiG und die Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie nicht übertragen. Beide Regelungen unterscheiden sich schon im Ansatzpunkt. § 17 Abs. 1 BBiG soll im Hinblick auf die typischerweise zwischen Ausbildenden und Auszubildenden bestehende strukturelle Ungleichgewichtslage eine angemessene Vergütung sicherstellen. Dagegen sieht § 612 Abs. 2 BGB für den Fall des Fehlens einer Vereinbarung über die Höhe der Vergütung eine Fiktion der Vereinbarung der üblichen Vergütung vor.

31

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Mehnert    

        

    Heilmann    

                 

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. September 2013 - 7 Sa 374/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung des Klägers.

2

Der nicht tarifgebundene Beklagte ist ein seit April 2005 eingetragener Verein. Nach § 2 seiner Satzung ist sein Zweck die Förderung der qualifizierten Berufsausbildung. Zur Mitgliedschaft ist in § 4 der Satzung ua. Folgendes geregelt:

        

„2.     

Mitglied kann werden

                 

a)    

jedes Unternehmen, das selbst ausbildet oder ausbilden will, insbesondere Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie,

                 

b)    

eine Ausbildungseinrichtung, in die der Verein Auszubildende zur Ausbildung entsenden will, wenn die Ausbildungskapazitäten der VBM-Mitgliedsfirmen vor Ort nicht ausreichen, um zusätzliche Ausbildungsverhältnisse einzurichten,

                 

…       

        
                 

Unternehmen im Sinne von vorstehend lit. a) sind natürliche oder juristische Personen oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit ausüben.“

3

Der Beklagte schließt mit Auszubildenden Ausbildungsverträge. Die Ausbildung wird jeweils von einem der Mitgliedsunternehmen des Beklagten durchgeführt. Die Auszubildendengestellung durch den Beklagten und die Ausbildungsübernahme durch die Mitgliedsunternehmen werden durch Ausbildungsübernahmeverträge geregelt. Eines der Mitglieder des Beklagten ist die K SE, die in G und C die betriebliche Ausbildung der beim Beklagten angestellten Auszubildenden anbietet. Die beiden Vorstände dieses Unternehmens bilden den Vorstand des Beklagten. Die K SE stellt auch selbst Auszubildende ein.

4

Der am 14. September 1990 geborene Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 28. Januar 2008 bei der K SE um einen Ausbildungsplatz zum Maschinen- und Anlagenführer. Er führte in seinem Bewerbungsschreiben ua. aus, im Oktober 2007 eine erste Ausbildung „im Elektronik-Gewerbe“ aufgelöst zu haben, weil die Tätigkeit nicht seinen Vorstellungen entsprochen habe. Die K SE vermittelte den Kläger an den Beklagten. Dieser schloss unter dem 11. Juni 2008 mit dem Kläger einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung zum Industriemechaniker. Als Ausbildungsort wurde der Betrieb der K SE in C vereinbart. Zur Ausbildungsvergütung ist im Berufsausbildungsvertrag ua. geregelt:

        

„Der Auszubildende erhält eine angemessene Vergütung. Diese beträgt derzeit im

        

1.    

Lehrjahr monatlich

385,-- EUR (brutto)

        

2.    

Lehrjahr monatlich

405,-- EUR (brutto)

        

3.    

Lehrjahr monatlich

430,-- EUR (brutto)

        

4.    

Lehrjahr monatlich

450,-- EUR (brutto).“

5

Das Ausbildungsverhältnis begann am 1. September 2008 und endete mit dem Bestehen der Abschlussprüfung am 7. Februar 2012. Für diesen Zeitraum erhielt der Kläger vom Beklagten insgesamt eine Ausbildungsvergütung iHv. 23.222,00 Euro brutto. Wäre der Kläger nach den Tarifverträgen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie vergütet worden, hätte er eine Ausbildungsvergütung iHv. 44.480,02 Euro brutto erhalten.

6

Mit Schreiben vom 22. August 2012 forderte der Kläger von dem Beklagten erfolglos die Zahlung weiterer 21.678,02 Euro brutto.

7

Mit seiner am 14. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unangemessenheit der gezahlten Ausbildungsvergütung geltend gemacht. Dazu hat er darauf verwiesen, bei ihm seien weder schulische Schwierigkeiten noch komplizierte familiäre Verhältnisse oder sprachliche Schwierigkeiten vorhanden gewesen.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.258,02 Euro brutto nebst Zinsen in näher bezeichnetem Umfang zu zahlen.

9

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die gezahlte Ausbildungsvergütung sei angemessen gewesen. Mit ihr habe er einen ausreichenden Beitrag zum Lebensunterhalt des Klägers geleistet. Auf die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie dürfe zur Ermittlung der angemessenen Vergütung nicht zurückgegriffen werden. Dies komme einer Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge gleich, ohne dass die Voraussetzungen des § 5 TVG gegeben gewesen seien. Wenn dennoch auf die Tarifverträge zurückgegriffen werde, müssten jedenfalls auch die tariflichen Ausschlussfristen zur Anwendung kommen, sodass die Ansprüche des Klägers verfallen seien.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Beklagte hat keinen revisiblen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufgezeigt.

12

I. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG haben Auszubildende Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Die Bestimmung ist - wie schon die Vorgängernorm § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung (aF) - nur eine Rahmenvorschrift und legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 32, BAGE 125, 285; vgl. auch BT-Drs. V/4260 S. 9). Bei fehlender Tarifbindung ist es Aufgabe der Vertragsparteien, die Höhe der Vergütung zu vereinbaren. Sie haben dabei einen Spielraum. Die richterliche Überprüfung erstreckt sich nur darauf, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die als noch angemessen anzusehen ist. Ob die Parteien den Spielraum gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgeblich dafür ist die Verkehrsanschauung (BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 10; 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 33 mwN, aaO).

13

II. Die Beurteilung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung durch das Landesarbeitsgericht unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Die „angemessene Vergütung“ iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar(BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 11; vgl. zur Angemessenheit iSd. § 32 UrhG ebenso BVerfG 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1 BvR 1843/11 - Rn. 84, BVerfGE 134, 204). Bezüglich seiner Anwendung ist revisionsrechtlich lediglich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob das Landesarbeitsgericht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. zur angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 69; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80 mwN, BAGE 129, 181).

14

III. Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts stand.

15

1. Die in § 17 BBiG geregelte Ausbildungsvergütung hat regelmäßig drei Funktionen. Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang „entlohnen“ (st. Rspr., zuletzt BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 13 mwN; 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 145, 371). Entgegen der - unter Bezugnahme auf das in seinem Auftrag erstellte Gutachten - vertretenen Rechtsansicht des Beklagten sind bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung alle drei Funktionen zu berücksichtigen. Die Ausbildungsvergütung ist nicht schon dann angemessen, wenn sie einen erheblichen Beitrag zum Lebensunterhalt des Auszubildenden leistet. Sie hat nach dem im Wortlaut der Norm zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers im Regelfall weitere Zwecke.

16

a) Die Funktion der Lehrlingsvergütung war früher umstritten. Die Gewerkschaften sahen die Lehrlingsvergütung ausschließlich als Entgelt für die im Betrieb geleistete Arbeit an. Dagegen bezeichnete das Handwerk sie als reine Erziehungsbeihilfe, die lediglich zur Deckung der Lebensunterhaltskosten der Lehrlinge beitragen sollte (Beicht Langzeitentwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütung S. 8). Diese Ansicht setzte sich unter der Herrschaft der Nationalsozialisten durch. Am 25. Februar 1943 wurde die Anordnung zur Vereinheitlichung der Erziehungsbeihilfen und sonstigen Leistungen an Lehrlinge und Anlernlinge in der privaten Wirtschaft (RArbBl. I S. 164) erlassen, die eine einheitliche Erziehungsbeihilfe für alle Lehrlinge verbindlich vorschrieb (vgl. auch Anordnung über die Belohnung besonders tüchtiger Lehrlinge und Anlernlinge in der privaten Wirtschaft vom 5. August 1944, RArbBl. I S. 289; zu den Anordnungen auch BAG 12. März 1962 - 1 AZR 4/61 - zu A II 5 a der Gründe, BAGE 12, 337).

17

b) Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und trotz Weitergeltung der Anordnung zur Vereinheitlichung der Erziehungsbeihilfen gelangte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 1962 zu der Auffassung, die Lehrlingsvergütung habe in einem gewissen Umfange auch Entgeltcharakter. Denn die Arbeitsleistung des Lehrlings habe für den Lehrherrn, was ernstlich nicht zu bestreiten sei, einen im Laufe der Lehrzeit zunehmenden wirtschaftlichen Wert, was in der Steigerung der Lehrlingsvergütung mit den Lehrjahren seinen Niederschlag finde (BAG 12. März 1962 - 1 AZR 4/61 - zu A II 5 a der Gründe, BAGE 12, 337). Es könne weder der Ansicht gefolgt werden, dass der Lehrlingsvergütung der Entgeltcharakter und damit ein arbeitsrechtliches Element völlig fehle, noch sei die Auffassung zu halten, dass die Lehrlingsvergütung echtes Arbeitsentgelt sei, für das berufsrechtliche Gesichtspunkte ohne Bedeutung seien (BAG 12. März 1962 - 1 AZR 4/61 - zu A II 5 b der Gründe mwN, aaO).

18

c) Diesen Ansatz hat der Gesetzgeber in das Berufsbildungsgesetz vom 14. August 1969 (aF) übernommen (Beicht aaO S. 9). In § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF, der mit dem heutigen § 17 Abs. 1 Satz 1 wortgleich war, wurde ein Anspruch des Auszubildenden auf „Vergütung“ kodifiziert. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit des Deutschen Bundestags heißt es dazu ua. (BT-Drs. V/4260 S. 9):

        

„… Damit soll einmal dem Auszubildenden (bzw. seinen Eltern) zur Durchführung der Berufsausbildung eine finanzielle Hilfe gesichert, zum anderen aber damit zugleich auch die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Facharbeitern und Angestellten gewährleistet werden. Insofern hat die Vergütungspflicht eine ausbildungsrechtliche Begründung. Sie ist außerdem aber auch aus arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten der Entlohnung gerechtfertigt.

        

Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 stellen außerdem gemäß den einleitenden Ausführungen für die Höhe der Vergütung zwei allgemeine Richtsätze auf: Einmal muss die Vergütung angemessen sein; die Festsetzung im Einzelnen bleibt den Vertragsparteien und den Tarifvertragsparteien überlassen. Zum anderen muss die Bemessung der Vergütung das Lebensalter des Auszubildenden berücksichtigen und mit fortschreitender Ausbildung - mindestens jährlich - ansteigen. Dieser Bemessungsgrundsatz geht davon aus, dass mit fortschreitendem Alter des Auszubildenden sowie mit fortschreitender Ausbildung die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Auszubildenden mit zunehmendem Alter und im Laufe der Ausbildung, insbesondere im Hinblick auf eine Abschlussprüfung, steigen, aber auch die Arbeitsleistungen des Auszubildenden für den Ausbildenden wirtschaftlich wertvoller werden. …“

19

d) Im Einklang mit diesen Motiven des Gesetzgebers ging die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass die in § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF geregelte Ausbildungsvergütung regelmäßig drei Funktionen habe(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06  - Rn. 18 mwN, BAGE 126, 12 ). Für die Angemessenheit der Vergütung sei auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung seien die einschlägigen Tarifverträge ( BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06  - Rn. 34 mwN, BAGE 125, 285 ). Bei der Neufassung des BBiG im Jahre 2005 (BGBl. I S. 931) wurde die Vorschrift des § 10 Abs. 1 BBiG aF in § 17 Abs. 1 BBiG übernommen, ohne im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung zur Auslegung der Norm am Wortlaut Änderungen vorzunehmen.

20

2. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist an der ständigen Rechtsprechung festzuhalten, nach der wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung die einschlägigen Tarifverträge sind (vgl. aus jüngerer Zeit: BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 14 mwN; 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 145, 371). Das Ergebnis von Tarifverhandlungen berücksichtigt hinreichend die Interessen beider Seiten. Es hat die Vermutung der Angemessenheit für sich (BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 29 mwN). Eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, gilt deswegen stets als angemessen. Eine Ausbildungsvergütung ist demgegenüber in der Regel nicht angemessen iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 vH unterschreitet(BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 11 mwN). Entgegen der - unter Bezugnahme auf das in seinem Auftrag erstellte Gutachten - vom Beklagten vertretenen Rechtsansicht handelt es sich bei dieser Rechtsprechung nicht um eine legitimationslose Erstreckung der Tarifgeltung auf Dritte.

21

a) Die Geltung der Tarifverträge wird durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG anders als bei § 5 TVG oder §§ 7, 7a AEntG nicht auf Außenseiter erstreckt. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zeigen, dass das Landesarbeitsgericht nicht von einer Bindung der Parteien an Tarifverträge ausgegangen ist, sondern für die Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung zutreffend auf die Verkehrsanschauung abgestellt hat. Um § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG im Einzelfall anwenden zu können, muss ermittelt werden, welche Vergütung von den beteiligten Kreisen als angemessen angesehen wird. Einschlägige Tarifverträge sind dabei freilich mit der Verkehrsanschauung nicht gleichzusetzen. Sie stellen für die Ermittlung der Verkehrsanschauung lediglich einen Anhaltspunkt dar, wenn auch regelmäßig den wichtigsten. Dies beruht auf der besonderen Sachnähe der zuständigen Tarifvertragsparteien und auf der von der Rechtsordnung anerkannten Vermutung der Angemessenheit ihrer Verhandlungsergebnisse. Das Grundrecht der negativen Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht davor, die Ergebnisse von Koalitionsvereinbarungen als Anknüpfungspunkt für Regelungen und Bewertungen zu nehmen(BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 15, BAGE 130, 338 unter Bezugnahme auf BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 68, BVerfGE 116, 202).

22

b) Durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG wird auch keine Pflicht begründet, die tarifliche Vergütungshöhe vertraglich zu vereinbaren. Es steht den Parteien des Ausbildungsverhältnisses frei, eine niedrigere oder höhere Vergütung vertraglich zu regeln. Erst wenn die vereinbarte Ausbildungsvergütung die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 vH unterschreitet, ist sie in der Regel nicht angemessen iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG. Diese Regel gilt allerdings nicht ausnahmslos. Wird die Ausbildung beispielsweise teilweise oder vollständig durch öffentliche Gelder oder Spenden zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze finanziert, kann eine Ausbildungsvergütung auch bei deutlichem Unterschreiten dieser Grenze noch angemessen sein. Entscheidend ist der mit der Ausbildung verfolgte Zweck (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 22, 39, BAGE 126, 12). In solchen Fällen ist eine vom konkreten Ausbildungsbetrieb losgelöste Orientierung an den allgemeinen Lebenshaltungskosten vorzunehmen. Hierfür bietet § 12 BAföG einen Anhaltspunkt. Ein Betrag, der höher ist als 2/3 dieses Bedarfs, stellt jedenfalls noch einen erheblichen Beitrag zu den Lebenshaltungskosten dar (BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 20 ff.; 24. Oktober 2002 - 6 AZR 626/00 - zu III 4 der Gründe, BAGE 103, 171). In besonders gelagerten Fällen kommt auch eine Orientierung an den Sätzen des SGB III in Betracht (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 48 ff., BAGE 125, 285). Sofern ein dreiseitiges Ausbildungsverhältnis vorlag, bei dem die Ausbildungsvergütung vertraglich an Leistungen der früheren Bundesanstalt für Arbeit gebunden war und kein sozialrechtlicher Anspruch des Auszubildenden auf Zahlung von Ausbildungsgeld bestand, haben der Sechste und der Fünfte Senat sogar angenommen, dass der völlige Verzicht auf eine Ausbildungsvergütung nicht in Widerspruch zu dem Angemessenheitserfordernis stehe (BAG 16. Januar 2003 -  6 AZR 325/01  - zu II 3 der Gründe; 15. November 2000 -  5 AZR 296/99  - zu IV 3 der Gründe, BAGE 96, 237 ; bei öffentlicher Finanzierung und Gemeinnützigkeit des Bildungsträgers auch BAG 24. Oktober 2002 -  6 AZR 626/00  - zu III 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 171 ).

23

c) Soweit sich der Beklagte in der Revisionsbegründung gegen die Grenze von 80 vH wendet und meint, die Grenze könne allenfalls unter Anlehnung an die Rechtsprechung zur Vergütungskontrolle nach § 138 BGB bei 67 vH liegen, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil die von ihm gezahlte Vergütung teilweise weniger als die Hälfte der tariflichen Ausbildungsvergütung betrug, teilweise knapp über 50 vH lag und die Grenze von zwei Dritteln nie erreichte. Im Übrigen verkennt der Beklagte, dass § 17 Abs. 1 BBiG und § 138 BGB unterschiedliche Regelungszwecke verfolgen und dementsprechend unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind. Eine Ausbildungsvergütung, die so hoch ist, dass sie noch nicht gegen die guten Sitten verstößt, muss noch nicht angemessen sein. § 138 Abs. 1 BGB erklärt Rechtsgeschäfte für nichtig, die gegen die guten Sitten verstoßen; § 138 Abs. 2 BGB greift ein, wenn Vermögensvorteile und Leistung in einem „auffälligen Missverhältnis stehen“. § 17 Abs. 1 BBiG soll dagegen als speziellere Vorschrift eine angemessene Vergütung der Auszubildenden sicherstellen. Der Gesetzgeber kann solche speziellen Schutzmechanismen einführen, die über die bestehenden Generalklauseln hinausgehen (BVerfG 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1 BvR 1843/11 - Rn. 70, BVerfGE 134, 204).

24

d) Auch soweit der Beklagte geltend macht, die Berücksichtigung der einschlägigen Tarifverträge bei der Ermittlung der Verkehrsanschauung verletze Art. 3 GG, ist eine Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte meint, durch die Berücksichtigung der Tarifverträge für von ihm so bezeichnete „typische Frauenberufe“ würden die dort vereinbarten relativ niedrigen Ausbildungsvergütungen in diskriminierender Weise auf alle Ausbildungsverhältnisse in der Branche erstreckt, macht der Beklagte selbst nicht geltend, dass es sich bei Berufen der Metall- und Elektroindustrie um solche „typischen Frauenberufe“ handele. Auch soweit der Beklagte meint, die bestehenden wesentlichen Ungleichheiten zwischen Industrie- und Handwerkstarifverträgen würden zu Unrecht auf alle Ausbildungsverhältnisse erweitert, müsste ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG - wenn er denn tatsächlich vorläge - zu einer Anpassung nach oben, also an die Industrietarifverträge führen. Der Kläger begehrt freilich gerade die Ausbildungsvergütung nach den Entgelttarifen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie. Im Übrigen können als Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung nur rechtmäßige Tarifverträge herangezogen werden. Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung - zumindest mittelbar - an Art. 3 GG gebunden(vgl. BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II der Gründe, BAGE 111, 8; JKOS/Krause 2. Aufl. § 1 Rn. 85 ff. mwN). Dass die Tarifvertragsparteien der bayerischen Metall- und Elektroindustrie diese Bindung bei der Festsetzung der Vergütung der Auszubildenden missachtet haben, sodass diese Tarifverträge als Anhaltspunkt nicht geeignet gewesen wären, macht der Beklagte selbst nicht geltend.

25

e) Eine tariflich geregelte Ausbildungsvergütung, die eine nach Ausbildungsjahren gestaffelte, steigende Vergütung vorsieht, steht im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 2 BBiG. Nach dieser Vorschrift ist die Ausbildungsvergütung nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt. Die Norm begründet nur eine Pflicht, die Vergütung mit fortschreitender Berufsausbildung ansteigen zu lassen (vgl. Lakies/Nehls BBiG 3. Aufl. § 17 Rn. 24; Pieper in Wohlgemuth BBiG § 17 Rn. 20; ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 17 BBiG Rn. 4). Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es dagegen nicht erforderlich, dass die Vergütung darüber hinaus nach dem Lebensalter des Auszubildenden gestaffelt wird. Die mit der Dauer des Ausbildungsverhältnisses steigende Vergütung berücksichtigt bereits mittelbar das zugleich steigende Lebensalter. Eine nach dem Lebensalter gestaffelte Ausbildungsvergütung würde im Übrigen Bedenken bezüglich des Verbots der Altersdiskriminierung begegnen (vgl. zur Vergütung nach dem Lebensalter im BAT BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 16 mwN).

26

3. Der Auszubildende trägt zwar nach der bisherigen Rechtsprechung als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Ausbildungsvergütung unangemessen ist. Er genügt jedoch seiner Darlegungslast regelmäßig damit, dass er sich auf die einschlägige tarifliche Vergütung stützt und vorbringt, seine Ausbildungsvergütung unterschreite diese um mehr als 20 vH. Der Ausbildende kann sich dann nicht auf den Vortrag beschränken, die von ihm gezahlte Vergütung sei angemessen. Er hat substanziiert zu begründen, weshalb im Einzelfall ein von den genannten Grundsätzen abweichender Maßstab gelten soll (st. Rspr., zuletzt BAG 17. März 2015 - 9 AZR 732/13 - Rn. 17; vgl. auch BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 35 mwN, BAGE 126, 12). Diese sekundäre Darlegungslast des Ausbildenden wird entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht erst dann ausgelöst, wenn der Auszubildende dargelegt hat, dass die geltend gemachten Tarifentgelte in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlt werden. Auch insofern besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung und der Frage des Lohnwuchers (vgl. zur Darlegungslast bei Lohnwucher BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 32 mwN, BAGE 141, 348). Auch dann, wenn üblicherweise nur zwischen 80 vH und 100 vH der tariflichen Ausbildungsvergütung gezahlt werden, ist eine die Grenze zu 80 vH unterschreitende Ausbildungsvergütung regelmäßig nicht mehr angemessen.

27

4. Die dargestellten Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht bei der Ermittlung der angemessenen Ausbildungsvergütung berücksichtigt. Der Beklagte hat auch keine maßgeblichen Umstände aufgezeigt, die das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass das Landesarbeitsgericht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Es war nicht gehindert, die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie zur Ermittlung der Verkehrsanschauung heranzuziehen.

28

a) Aufgrund der Umstände des Einzelfalls durfte das Landesarbeitsgericht die Ausbildungsvergütung in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie als die angemessene ansehen, obwohl der Beklagte kein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist. Zum einen haben die Parteien im Berufsausbildungsvertrag vereinbart, dass die Ausbildung nicht bei dem Beklagten, sondern bei der K SE in C stattfindet, die ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist. Zum anderen weist der Beklagte selbst eine besondere Nähe zu diesem Wirtschaftszweig auf. So können nach § 4 der Satzung „insbesondere“ ausbildungswillige Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie Mitglied des Beklagten werden. Eine Ausbildungseinrichtung, in die der Verein Auszubildende zur Ausbildung entsenden will, kann Mitglied werden, wenn die Ausbildungskapazitäten der „VBM-Mitgliedsfirmen“ vor Ort nicht ausreichen. Hinter der Abkürzung VBM verbirgt sich offenkundig der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e. V. (vgl. www.baymevbm.de), der die vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Tarifverträge geschlossen hat.

29

b) Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Prüfung berücksichtigt, dass er sich zum Ziel gesetzt hat, mit den Beiträgen seiner Mitglieder zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen und damit insbesondere Jugendliche zu fördern, die auf dem freien Ausbildungsmarkt potenziell Probleme hätten. Das Landesarbeitsgericht hat sich insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. Mai 2003 (- 6 AZR 191/02 -) hat das Arbeitsgericht wegen der Gemeinnützigkeit des Beklagten in Betracht gezogen, dass auch eine Ausbildungsvergütung von weniger als 80 vH der tariflichen Vergütung noch den Anforderungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG hätte gerecht werden können. Es hat allerdings keine Besonderheiten des Falls feststellen können, die eine Vergütung nur iHv. etwa 50 vH der tariflichen Vergütung rechtfertigen konnten. Der Beklagte hat auf entsprechenden Vortrag des Klägers weder näher begründet, warum der Kläger ohne die Hilfe des Beklagten voraussichtlich keinen Ausbildungsplatz erhalten hätte, noch, dass der Kläger während der Ausbildung besonderer Unterstützung und Förderung durch den Beklagten bedurft hätte.

30

IV. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Verfall der Ansprüche des Klägers nach § 22 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ausgeschlossen. Der Manteltarifvertrag galt weder aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend für das Ausbildungsverhältnis, noch wurde seine Anwendbarkeit zwischen den Parteien vereinbart. Die zur Bestimmung des üblichen Entgelts iSv. § 612 Abs. 2 BGB durch einen Mindestentgelttarifvertrag aufgestellten Grundsätze(vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 171/10 - Rn. 22, BAGE 137, 375; 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 33, BAGE 135, 187) lassen sich auf § 17 BBiG und die Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie nicht übertragen. Beide Regelungen unterscheiden sich schon im Ansatzpunkt. § 17 Abs. 1 BBiG soll im Hinblick auf die typischerweise zwischen Ausbildenden und Auszubildenden bestehende strukturelle Ungleichgewichtslage eine angemessene Vergütung sicherstellen. Dagegen sieht § 612 Abs. 2 BGB für den Fall des Fehlens einer Vereinbarung über die Höhe der Vergütung eine Fiktion der Vereinbarung der üblichen Vergütung vor.

31

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Mehnert    

        

    Heilmann    

                 

(1) Die zuständige Stelle errichtet einen Berufsbildungsausschuss. Ihm gehören sechs Beauftragte der Arbeitgeber, sechs Beauftragte der Arbeitnehmer und sechs Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen an, die Lehrkräfte mit beratender Stimme.

(2) Die Beauftragten der Arbeitgeber werden auf Vorschlag der zuständigen Stelle, die Beauftragten der Arbeitnehmer auf Vorschlag der im Bezirk der zuständigen Stelle bestehenden Gewerkschaften und selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, die Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen von der nach Landesrecht zuständigen Behörde längstens für vier Jahre als Mitglieder berufen.

(3) Die Tätigkeit im Berufsbildungsausschuss ist ehrenamtlich. Für bare Auslagen und für Zeitversäumnis ist, soweit eine Entschädigung nicht von anderer Seite gewährt wird, eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe von der zuständigen Stelle mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzt wird.

(4) Die Mitglieder können nach Anhören der an ihrer Berufung Beteiligten aus wichtigem Grund abberufen werden.

(5) Die Mitglieder haben Stellvertreter oder Stellvertreterinnen. Die Absätze 1 bis 4 gelten für die Stellvertreter und Stellvertreterinnen entsprechend.

(6) Der Berufsbildungsausschuss wählt ein Mitglied, das den Vorsitz führt, und ein weiteres Mitglied, das den Vorsitz stellvertretend übernimmt. Der Vorsitz und seine Stellvertretung sollen nicht derselben Mitgliedergruppe angehören.

(1) Der Berufsbildungsausschuss ist in allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu unterrichten und zu hören. Er hat im Rahmen seiner Aufgaben auf eine stetige Entwicklung der Qualität der beruflichen Bildung hinzuwirken.

(2) Wichtige Angelegenheiten, in denen der Berufsbildungsausschuss anzuhören ist, sind insbesondere:

1.
Erlass von Verwaltungsgrundsätzen über die Eignung von Ausbildungs- und Umschulungsstätten, für das Führen von Ausbildungsnachweisen nach § 13 Satz 2 Nummer 7, für die Verkürzung der Ausbildungsdauer, für die vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung, für die Durchführung der Prüfungen, zur Durchführung von über- und außerbetrieblicher Ausbildung sowie Verwaltungsrichtlinien zur beruflichen Bildung,
2.
Umsetzung der vom Landesausschuss für Berufsbildung empfohlenen Maßnahmen,
3.
wesentliche inhaltliche Änderungen des Ausbildungsvertragsmusters.

(3) Wichtige Angelegenheiten, in denen der Berufsbildungsausschuss zu unterrichten ist, sind insbesondere:

1.
Zahl und Art der der zuständigen Stelle angezeigten Maßnahmen der Berufsausbildungsvorbereitung und beruflichen Umschulung sowie der eingetragenen Berufsausbildungsverhältnisse,
2.
Zahl und Ergebnisse von durchgeführten Prüfungen sowie hierbei gewonnene Erfahrungen,
3.
Tätigkeit der Berater und Beraterinnen nach § 76 Absatz 1 Satz 2,
4.
für den räumlichen und fachlichen Zuständigkeitsbereich der zuständigen Stelle neue Formen, Inhalte und Methoden der Berufsbildung,
5.
Stellungnahmen oder Vorschläge der zuständigen Stelle gegenüber anderen Stellen und Behörden, soweit sie sich auf die Durchführung dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften beziehen,
6.
Bau eigener überbetrieblicher Berufsbildungsstätten,
7.
Beschlüsse nach Absatz 5 sowie beschlossene Haushaltsansätze zur Durchführung der Berufsbildung mit Ausnahme der Personalkosten,
8.
Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten aus Ausbildungsverhältnissen,
9.
Arbeitsmarktfragen, soweit sie die Berufsbildung im Zuständigkeitsbereich der zuständigen Stelle berühren.

(4) Der Berufsbildungsausschuss hat die auf Grund dieses Gesetzes von der zuständigen Stelle zu erlassenden Rechtsvorschriften für die Durchführung der Berufsbildung zu beschließen. Gegen Beschlüsse, die gegen Gesetz oder Satzung verstoßen, kann die zur Vertretung der zuständigen Stelle berechtigte Person innerhalb einer Woche Einspruch einlegen. Der Einspruch ist zu begründen und hat aufschiebende Wirkung. Der Berufsbildungsausschuss hat seinen Beschluss zu überprüfen und erneut zu beschließen.

(5) Beschlüsse, zu deren Durchführung die für Berufsbildung im laufenden Haushalt vorgesehenen Mittel nicht ausreichen, bedürfen für ihre Wirksamkeit der Zustimmung der für den Haushaltsplan zuständigen Organe. Das Gleiche gilt für Beschlüsse, zu deren Durchführung in folgenden Haushaltsjahren Mittel bereitgestellt werden müssen, die die Ausgaben für Berufsbildung des laufenden Haushalts nicht unwesentlich übersteigen.

(6) Abweichend von § 77 Absatz 1 haben die Lehrkräfte Stimmrecht bei Beschlüssen zu Angelegenheiten der Berufsausbildungsvorbereitung und Berufsausbildung, soweit sich die Beschlüsse unmittelbar auf die Organisation der schulischen Berufsbildung auswirken.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

(1) Für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung ist die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen ist die Industrie- und Handelskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(3) Für die Berufsbildung in Berufen der Landwirtschaft, einschließlich der ländlichen Hauswirtschaft, ist die Landwirtschaftskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(4) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Rechtspflege sind jeweils für ihren Bereich die Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Notarkammern und für ihren Tätigkeitsbereich die Notarkassen zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung sind jeweils für ihren Bereich die Wirtschaftsprüferkammern und die Steuerberaterkammern zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(6) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Gesundheitsdienstberufe sind jeweils für ihren Bereich die Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- und Apothekerkammern zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(7) Soweit die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung und die berufliche Umschulung in Betrieben zulassungspflichtiger Handwerke, zulassungsfreier Handwerke und handwerksähnlicher Gewerbe durchgeführt wird, ist abweichend von den Absätzen 2 bis 6 die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(8) Soweit Kammern für einzelne Berufsbereiche der Absätze 1 bis 6 nicht bestehen, bestimmt das Land die zuständige Stelle.

(9) Zuständige Stellen können vereinbaren, dass die ihnen jeweils durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Berufsbildung durch eine von ihnen für die Beteiligten wahrgenommen werden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung durch die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Juni 2011 - 6 Sa 19/11 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12. November 2010 - 31 Ca 1202/10 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.255,77 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

b) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.653,38 Euro brutto abzüglich bereits bezahlter 1.591,13 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

c) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 480,60 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu 25 % zu tragen, der Beklagte zu 75 %. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu 17 % zu tragen, der Beklagte zu 83 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 65 % zu tragen, der Beklagte zu 35 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über restliche Ausbildungsvergütung und Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses.

2

Die Klägerin war beim Beklagten, der Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Metallindustrie anbietet, in der Zeit vom 14. Juli 2008 bis zum 12. November 2009 auf der Grundlage eines bis zum 1. September 2010 befristeten Berufsausbildungsvertrags vom 7. Juli 2008 als Auszubildende für den Beruf einer Kauffrau für Bürokommunikation beschäftigt. Vor Beginn der Ausbildung bei dem Beklagten hatte die Klägerin mit ihrer Berufsausbildung bereits in einem anderen Ausbildungsbetrieb begonnen. Die dort zurückgelegte Ausbildungszeit von zehn Monaten wurde angerechnet.

3

Im Ausbildungsvertrag vereinbarten die nicht tarifgebundenen Parteien eine monatliche Ausbildungsvergütung für das erste Ausbildungsjahr iHv. 500,00 Euro brutto, für das zweite Ausbildungsjahr iHv. 550,00 Euro brutto und für das dritte Ausbildungsjahr iHv. 600,00 Euro brutto. Die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) hatte für den Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Bürokommunikation mit Stand 2007 eine Ausbildungsvergütung von 669,00 Euro brutto im ersten Ausbildungsjahr, 731,00 Euro brutto im zweiten Ausbildungsjahr und 801,00 Euro brutto im dritten Ausbildungsjahr vorgeschlagen.

4

Ab August 2009 zahlte der Beklagte die Ausbildungsvergütung nicht mehr termingerecht. Die Klägerin forderte ihn mehrfach erfolglos zur Zahlung auf und erklärte, dass sie gezwungen sei, das Ausbildungsverhältnis vorzeitig zu beenden, wenn der Beklagte seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkomme. Mit Schreiben vom 12. November 2009 kündigte die Klägerin das Ausbildungsverhältnis unter Angabe von Gründen fristlos und machte noch ausstehende Ausbildungsvergütung sowie Schadensersatzansprüche geltend. Am 1. Dezember 2009 begann sie ein neues Ausbildungsverhältnis, in dem sie eine Ausbildungsvergütung von 519,00 Euro netto bezog. Auf die Vergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum August 2009 bis einschließlich 12. November 2009 zahlte der Beklagte insgesamt 1.591,13 Euro netto.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die vereinbarte Ausbildungsvergütung sei nicht angemessen. Die Angemessenheit sei nach den Metall-Tarifverträgen zu beurteilen. Jedenfalls seien aber die Empfehlungen der IHK zugrunde zu legen. Bei einer unangemessenen Vergütungsvereinbarung finde keine geltungserhaltende Reduktion statt. Ihr Schadensersatzanspruch wegen der vom Beklagten zu vertretenen vorzeitigen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beinhalte auch eine Abfindung analog §§ 9, 10 KSchG.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.255,77 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.653,38 Euro brutto abzüglich 1.591,13 Euro netto erhaltener Ausbildungsvergütung nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.281,60 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu zahlen.

7

Zu seinem Klageabweisungsantrag hat der Beklagte die Ansicht vertreten, die Empfehlungen der IHK stellten keinen Maßstab für sein Unternehmen dar. Die vereinbarte Ausbildungsvergütung sei angemessen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung bestehe nicht.

8

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung weiterer Ausbildungsvergütung für den Zeitraum vom 14. Juli 2008 bis zum 31. Juli 2009 iHv. 437,95 Euro brutto und für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 12. November 2009 iHv. 2.122,72 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.591,13 Euro netto sowie zur Zahlung von Schadensersatz iHv. 384,48 Euro verurteilt, jeweils zuzüglich Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 6. Februar 2010. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Seine Anschlussberufung hat der Beklagte zurückgenommen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit diesem nicht bereits rechtskräftig stattgegeben wurde.

Entscheidungsgründe

9

A. Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet.

10

I. Die Klägerin hat über die bereits gezahlte bzw. bereits rechtskräftig ausgeurteilte Vergütung hinaus einen Anspruch auf weitere Ausbildungsvergütung iHv. 757,35 Euro brutto aus § 17 Abs. 1 BBiG nebst Zinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

11

1. Die vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung ist unangemessen.

12

a) Die in § 17 BBiG geregelte Ausbildungsvergütung hat regelmäßig drei Funktionen. Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang „entlohnen“ (st. Rspr., zuletzt BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 37 mwN, BAGE 139, 89; vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 18 mwN, BAGE 126, 12 zur Vorgängervorschrift § 10 BBiG aF). § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG ist nur eine Rahmenvorschrift. Sie legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest. Bei fehlender Tarifbindung ist es Aufgabe der Vertragsparteien, die Höhe der Vergütung zu vereinbaren. Sie haben dabei einen Spielraum. Die richterliche Überprüfung erstreckt sich nur darauf, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen anzusehen ist. Ob die Parteien den Spielraum gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgeblich dafür ist die Verkehrsanschauung (st. Rspr., zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 10 mwN). Insoweit kommt dem Revisionsgericht ein unbeschränktes Überprüfungsrecht zu (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 20 mwN, aaO).

13

Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung sind die einschlägigen Tarifverträge. Bei ihnen ist anzunehmen, dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt (st. Rspr., zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 11 mwN). Nur wenn einschlägige tarifliche Regelungen fehlen, kann auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Gewerbezweigs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. In diesem Fall kann auf die Empfehlungen der Kammern oder der Handwerksinnungen zurückgegriffen werden (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 12 mwN). Eine Orientierung an der Berufsausbildungsbeihilfe scheidet dagegen aus. Eine solche Ausrichtung würde nur die Funktion der Ausbildungsvergütung als Beitrag zum Lebensunterhalt berücksichtigen, nicht aber die Funktionen der Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses und der „Entlohnung“ des Auszubildenden.

14

Eine vereinbarte Ausbildungsvergütung ist in der Regel unangemessen, wenn sie die einschlägige tarifliche oder branchenübliche Vergütung um mehr als 20 % unterschreitet (st. Rspr., vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 41, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF). Der Auszubildende trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Vergütung unangemessen ist. Er genügt seiner Darlegungslast regelmäßig damit, dass er sich auf die einschlägige tarifliche Vergütung oder - falls es eine solche nicht gibt - auf Empfehlungen von Kammern und Innungen stützt und darlegt, dass die ihm gezahlte Vergütung diese um mehr als 20 % unterschreitet (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. März 2013 - 3 AZR 89/11 - Rn. 14 mwN). Der Ausbildende darf sich dann nicht auf den Vortrag beschränken, die von ihm gezahlte Vergütung sei angemessen. Er hat vielmehr zu begründen, warum dies der Fall sein soll. Zu einem substanziierten Bestreiten des Ausbildenden gehört auch die Darlegung, warum im Einzelfall ein von den geschilderten Grundsätzen abweichender Maßstab gelten soll (vgl. zu § 10 BBiG aF: BAG 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00 - zu I 4 der Gründe mwN; 30. September 1998 - 5 AZR 690/97 - zu II 5 der Gründe).

15

b) Die von den Parteien vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung ist unter Anwendung dieser Grundsätze unangemessen, weil sie die von der IHK empfohlene Ausbildungsvergütung um mehr als 20 % unterschreitet.

16

aa) Eine einschlägige tarifliche Regelung existiert nicht. Ein Tarifvertrag ist dann einschlägig, wenn beide Vertragsparteien (bei unterstellter Tarifbindung) unter seinen räumlichen, zeitlichen und fachlichen Geltungsbereich fallen (Kittner/Zwanziger/Deinert-Lakies 7. Aufl. § 115 Rn. 127a). Weder die Klägerin noch der Beklagte hat schlüssig dargetan, dass ein Tarifvertrag nach seinem Geltungsbereich für das Ausbildungsverhältnis der Parteien einschlägig war. Die Klägerin hat deshalb zu Recht der Berechnung ihrer Klageforderung die Empfehlung der für den Beklagten zuständigen IHK zugrunde gelegt.

17

bb) Diese Empfehlung ist maßgeblich. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 ZPO) gab es eine Empfehlung der IHK für den Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Bürokommunikation mit Stand 2007. Anhaltspunkte dafür, dass die IHK für die Jahre 2008 und 2009 eine geringere Ausbildungsvergütung empfahl, bestehen nicht. Der Beklagte hat sich auf eine solche Empfehlung auch nicht berufen. Die IHK ist nach § 71 Abs. 2 BBiG die für die nicht handwerkliche Ausbildung zuständige Stelle. Das Unternehmen des Beklagten befindet sich im Bezirk der IHK.

18

c) Anerkennenswerte Gründe, die empfohlene Vergütung um mehr als 20 % zu unterschreiten, sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ersichtlich. Im Einzelfall kann es zwar Gründe geben, einen an sich geltenden Maßstab nicht zur Prüfung der Angemessenheit heranzuziehen (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 39 mwN, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF). Solche Gründe hat der Beklagte jedoch nicht dargetan. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es insbesondere nicht darauf an, ob der Ausbildende über finanzielle Mittel für eine höhere Ausbildungsvergütung verfügt, welche Leistungsfähigkeit er hat und ob ggf. seine Finanzdecke nicht besonders hoch ist. Die gesetzliche Regelung, nach der eine angemessene Ausbildungsvergütung zu zahlen ist, dient auch dazu, Verfälschungen des Ausbildungsmarkts zu vermeiden. Das schließt eine Orientierung an den finanziellen Möglichkeiten der Träger der praktischen Ausbildung aus (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 40 mwN, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF).

19

2. Die Unangemessenheit der vereinbarten Berufsausbildungsvergütung bewirkt, dass der Klägerin die von der IHK für das jeweilige Ausbildungsjahr empfohlene Ausbildungsvergütung zusteht. Die Vergütungsvereinbarung der Parteien ist gemäß § 25 BBiG nichtig. An die Stelle der vereinbarten tritt die angemessene Vergütung (vgl. BAG 10. April 1991 - 5 AZR 226/90 - zu II 4 c der Gründe, BAGE 68, 10 zu § 10 BBiG aF; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 174 Rn. 63).

20

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist kein Abschlag von 20 % vorzunehmen. Die Begrenzung des Anspruchs auf das gerade noch zulässige Maß der Unterschreitung widerspräche dem Zweck von § 17 Abs. 1 BBiG. Diese Vorschrift soll eine angemessene Ausbildungsvergütung sicherstellen. Damit wäre es nicht vereinbar, bei einer Unterschreitung der nach der Verkehrsanschauung angemessenen Ausbildungsvergütung den Anspruch zugunsten des Trägers der praktischen Ausbildung auf das gerade noch Angemessene zu begrenzen (st. Rspr., vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 41 mwN, BAGE 139, 89 zu § 17 Abs. 1 AltPflG aF; 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 50 mwN, BAGE 126, 12 zu § 12 Abs. 1 KrPflG; 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00 - zu I 8 der Gründe zu § 10 BBiG aF).

21

b) Soweit das Landesarbeitsgericht argumentiert hat, es gehe nicht an, dass die Vertragspartner bei Begründung des Ausbildungsverhältnisses einen Spielraum haben, der die Vereinbarung einer Vergütung 20 % unterhalb einer tariflichen oder branchenüblichen Vergütung erlaube, sie aber mit einer Anpassung stets auf die volle Höhe der Empfehlung rechnen müssten, wenn sie eine geringere vertragliche Vergütung vorsehen, überzeugt dies nicht. Gewährt der Ausbildende dem Auszubildenden entgegen der gesetzlichen Anordnung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG keine angemessene Vergütung, überschreitet er den ihm eingeräumten Spielraum. Wäre die Konsequenz aus diesem gesetzeswidrigen Verhalten, dass nur die Ausbildungsvergütung geschuldet würde, die gerade noch angemessen ist, bestünde bei einem Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG für den Ausbilder kein Risiko, die nach der Verkehrsanschauung angemessene Ausbildungsvergütung zahlen zu müssen. Dies widerspräche dem Schutzzweck der Norm.

22

3. Unter Zugrundelegung der zwischen den Parteien unstreitigen Differenzbeträge und geleisteten Zahlungen steht der Klägerin für den Zeitraum vom 14. Juli 2008 bis zum 31. Juli 2009 ein Anspruch auf Zahlung von 2.255,77 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010 zu. Für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 12. November 2009 hat sie Anspruch auf Zahlung von 2.653,38 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 1.591,13 Euro netto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2010.

23

II. In Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist die Revision nur teilweise begründet. Die Klägerin hat aus § 23 Abs. 1 BBiG einen Anspruch auf weiteren Schadensersatz iHv. 96,12 Euro.

24

1. Wird das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit vorzeitig gelöst, so kann nach § 23 Abs. 1 BBiG der Ausbildende oder der Auszubildende Ersatz des Schadens verlangen, wenn die andere Person den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.

25

a) Das bis zum 1. September 2010 befristete Berufsausbildungsverhältnis der Parteien wurde nach Ablauf der Probezeit durch die fristlose Kündigung der Klägerin zum 12. November 2009 gelöst.

26

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe den Grund für die Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses zu vertreten, weil er ab August 2009 die Ausbildungsvergütung trotz der Mahnung der Klägerin nicht termingerecht zahlte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal der Beklagte selbst erklärte, er könne die vereinbarte Ausbildungsvergütung erst im Folgejahr zahlen.

27

c) Mit ihrer dem Beklagten am 5. Februar 2010 zugestellten Klage auf Schadensersatz wahrte die Klägerin die Ausschlussfrist des § 23 Abs. 2 BBiG.

28

2. Der Schadensersatzanspruch umfasst entgangene Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 13. bis zum 30. November 2009 iHv. weiteren 96,12 Euro.

29

a) Ausgehend von der Empfehlung der IHK ergibt sich für diesen Zeitraum eine Ausbildungsvergütung iHv. 480,60 Euro (801,00 Euro / 30 Tage x 18 Tage). Nach Abzug des bereits rechtskräftig zugesprochenen Betrags iHv. 384,48 Euro verbleibt als Schaden eine Differenz iHv. 96,12 Euro.

30

b) Ein Vermögensvorteil der Klägerin, der auf diesen Schaden anspruchsmindernd anzurechnen wäre, besteht nicht. Zwar muss sich der Auszubildende auf den Ersatzanspruch, der grundsätzlich die Vergütung ab dem tatsächlichen bis zum vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses erfasst, den in diesem Zeitraum insgesamt adäquat erworbenen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen (vgl. BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 103/07 - Rn. 27 mwN, BAGE 123, 247; ErfK/Schlachter 13. Aufl. § 23 BBiG Rn. 2). Der Geschädigte muss dabei, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitwirken (vgl. Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 254 BGB Rn. 72 mwN). Die Klägerin ist dieser Mitwirkungspflicht nachgekommen und hat ihre ab dem 1. Dezember 2009 im neuen Ausbildungsverhältnis bezogene Ausbildungsvergütung offengelegt. Der Beklagte hat daraufhin nicht dargetan, dass und ggf. in welcher Höhe dieser anderweitige Verdienst zu einer Minderung des geltend gemachten Schadens führte. Er hat insbesondere nicht konkret aufgezeigt, dass dieser Verdienst insgesamt höher war als die Vergütung, die die Klägerin vom 13. November 2009 bis zum 1. September 2010 erhalten hätte.

31

3. § 23 Abs. 1 BBiG gewährt dem Auszubildenden entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin keine Abfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG.

32

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann zwar ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB auch eine den Verlust des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses ausgleichende angemessene Entschädigung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG umfassen(vgl. grundlegend BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 98, 275).

33

aa) Maßgebend dafür ist, dass der Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB hinsichtlich des Vergütungsausfalls auf den Zeitraum der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist beschränkt ist (vgl. BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 98, 275). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt und das Arbeitsverhältnis ohne das vertragswidrige Verhalten des Arbeitgebers nicht aufgelöst worden wäre. Der kündigende Arbeitnehmer verzichtet in diesen Fällen auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz. Seine Lage ist mit derjenigen des unberechtigt gekündigten Arbeitnehmers vergleichbar, der einen Auflösungsantrag nach § 9 oder § 13 KSchG gestellt hat, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Der Arbeitgeber darf aber nicht dadurch bessergestellt werden, dass er anstatt eine unberechtigte außerordentliche Kündigung auszusprechen und damit ggf. abfindungspflichtig nach § 13 Abs. 1 Satz 3, §§ 9, 10 KSchG zu werden, durch vertragswidriges Verhalten den Arbeitnehmer zur außerordentlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses veranlasst(vgl. BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B III 2 c und B III 2 d bb der Gründe mwN, aaO).

34

bb) Den Arbeitnehmer trifft damit neben der für die Dauer der Kündigungsfrist entfallenen Vergütung ein weiterer wirtschaftlicher Verlust, für den er einen angemessenen Ausgleich verlangen kann. Für die Bemessung dieses Ausgleichs bietet es sich an, auf die Abfindungsregelungen der §§ 9, 10, 13 KSchG abzustellen. Das Gesetz bestimmt in diesen Vorschriften den Wert des Bestandsschutzes, wenn das Festhalten am Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Diese gesetzliche Wertung rechtfertigt es, den Verlust des Bestandsschutzes als normative Schadensposition anzuerkennen. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers ist jedoch, dass im Falle einer unberechtigten Arbeitgeberkündigung die §§ 9, 10 und/oder § 13 KSchG Anwendung fänden(BAG 21. Mai 2008 - 8 AZR 623/07 - Rn. 28 und 31 mwN).

35

b) Diese Erwägungen greifen beim Ersatz des Schadens nach § 23 Abs. 1 BBiG nicht ein(so auch ErfK/Schlachter § 23 BBiG Rn. 2).

36

aa) Zwar sind auf den Berufsausbildungsvertrag nach § 10 Abs. 2 BBiG die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Nach dem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit zum Entwurf des BBiG sollte der Gesetzesentwurf insoweit, wie er auf eine Regelung verzichtet, um die allgemeinen für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsgrundsätze und Rechtsvorschriften ergänzt werden, um dem Auszubildenden mindestens in gleichem Maße wie dem Arbeitnehmer Schutz zu geben (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 5). Damit sollte die Anwendung auch solcher Vorschriften sichergestellt sein, die das Berufsausbildungsverhältnis nicht ausdrücklich einbeziehen. Hierzu sollte auch das Kündigungsschutzgesetz zählen (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 6).

37

bb) Durch Berufsausbildungsvertrag begründete Berufsausbildungsverhältnisse und durch Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnisse sind jedoch nicht generell gleichzusetzen (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - Rn. 15 mwN, BAGE 139, 213). Die Regelungen im KSchG zur ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber finden auf Auszubildende keine Anwendung. Nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis aufgrund der Spezialvorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht ordentlich kündigen. Auch § 628 Abs. 2 BGB ist auf Auszubildende nicht anwendbar; § 23 Abs. 1 BBiG ist die speziellere Vorschrift(BAG 8. Mai 2007 - 9 AZR 527/06 - Rn. 17 mwN zur Vorgängervorschrift § 16 BBiG aF; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 131; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 23 Rn. 2).

38

cc) Auch § 13 Abs. 1 Satz 3 und §§ 9, 10 KSchG sind auf das Berufsausbildungsverhältnis nicht anzuwenden, weil dies mit dem Wesen und dem Zweck des Berufsausbildungsvertrags nicht zu vereinbaren ist(vgl. mit ausführlicher Begründung BAG 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - zu II der Gründe; vgl. auch KR/Spilger § 9 KSchG Rn. 14b mwN; v. Hoyningen-Huene in vHH/L 15. Aufl. § 13 Rn. 18; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 172 mwN; Herkert/Töltl BBiG Stand Juni 2013 § 22 Rn. 155 f.; Kittner/Zwanziger/Deinert-Appel § 84 7. Aufl. Rn. 3). An den Vorschriften des BBiG ist erkennbar, dass der Gesetzgeber es zur Erreichung des Ausbildungsziels für erforderlich gehalten hat, auf einen möglichst lange dauernden Bestand des Ausbildungsverhältnisses hinzuwirken und Kündigungen zu erschweren. Die Erfüllung der Berufsausbildungsaufgabe verlangt eine besonders starke Bindung der Vertragsparteien (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 11). Die Eröffnung einer erleichterten Auflösungsmöglichkeit ist hiermit unvereinbar (vgl. BAG 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - zu II der Gründe). Dieser Wertung würde es widersprechen, wenn im Falle der vom Ausbildenden verursachten fristlosen Kündigung des Auszubildenden - anders als bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses nach unberechtigter Kündigung des Ausbildenden - ein Abfindungsanspruch angenommen würde.

39

dd) Auch dem Bestandsschutz kommt im Ausbildungsverhältnis kein dem Bestandsschutz im Arbeitsverhältnis entsprechender wirtschaftlicher Wert zu. Das Arbeitsverhältnis stellt regelmäßig die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Arbeitnehmers dar. Daraus leitet sich der wirtschaftliche Wert des Bestandsschutzes ab. Das Berufsausbildungsverhältnis ist dagegen darauf angelegt, dem Auszubildenden - in einem zeitlich befristeten Zeitraum - eine breit angelegte berufliche Grundausbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln (BAG 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - zu II 2 b der Gründe). Entsprechend der Zwecksetzung des Berufsausbildungsverhältnisses stellt die Ausbildungsvergütung deshalb nur eine finanzielle Unterstützung bei der Lebenshaltung und nur eine „Entlohnung“ in gewissem Umfang dar. Das Erreichen des Ausbildungsziels vermittelt den wesentlichen wirtschaftlichen Wert des Ausbildungsverhältnisses für den Auszubildenden und damit den Wert des Bestandsschutzes.

40

ee) Der Auszubildende erhält bereits durch den Ersatz des materiellen Schadens nach § 23 Abs. 1 BBiG die Möglichkeit, dieses Ausbildungsziel trotz des vertragswidrigen Verhaltens des Ausbildenden zu erreichen. Bei § 23 Abs. 1 BBiG findet eine Begrenzung des Schadensersatzanspruchs auf den Lohnausfall während einer fiktiven Kündigungsfrist nicht statt. Daher ist es - anders als bei § 628 Abs. 2 BGB - nicht erforderlich, als Ausgleich für eine solche Begrenzung den Wert des Bestandsschutzes als zusätzliche Schadensposition anzuerkennen. Der Auszubildende kann nach § 23 Abs. 1 BBiG vielmehr Ersatz des gesamten Schadens verlangen, der durch das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis verursacht worden ist. Bei der Schadensermittlung ist das nicht ordnungsgemäß erfüllte Berufsausbildungsverhältnis nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB mit einem ordnungsgemäßen zu vergleichen. Der Ausbildende hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ungeachtet der besonderen Funktionen der Ausbildungsvergütung hat der zum Schadensersatz verpflichtete Ausbildende dem Auszubildenden die Ausbildungsvergütung bis zur Aufnahme einer neuen Ausbildung oder ggf. eines Arbeitsverhältnisses weiterzuzahlen (vgl. BAG 8. Mai 2007 - 9 AZR 527/06 - Rn. 23). Der Schadensersatzanspruch umfasst ferner auch Aufwendungen, die notwendig sind, um die Ausbildung in einer anderen Ausbildungsstätte fortzusetzen (vgl. BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 103/07 - Rn. 16, BAGE 123, 247).

41

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

        

    Krasshöfer    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Starke    

                 

(1) Ein Berufsausbildungsvertrag und Änderungen seines wesentlichen Inhalts sind in das Verzeichnis einzutragen, wenn

1.
der Berufsausbildungsvertrag diesem Gesetz und der Ausbildungsordnung entspricht,
2.
die persönliche und fachliche Eignung sowie die Eignung der Ausbildungsstätte für das Einstellen und Ausbilden vorliegen und
3.
für Auszubildende unter 18 Jahren die ärztliche Bescheinigung über die Erstuntersuchung nach § 32 Absatz 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes zur Einsicht vorgelegt wird.

(2) Die Eintragung ist abzulehnen oder zu löschen, wenn die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorliegen und der Mangel nicht nach § 32 Absatz 2 behoben wird. Die Eintragung ist ferner zu löschen, wenn die ärztliche Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung nach § 33 Absatz 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes nicht spätestens am Tage der Anmeldung der Auszubildenden zur Zwischenprüfung oder zum ersten Teil der Abschlussprüfung zur Einsicht vorgelegt und der Mangel nicht nach § 32 Absatz 2 behoben wird.

(3) Die nach § 34 Absatz 2 Nummer 1, 4, 8 und 10 erhobenen Daten werden zur Verbesserung der Ausbildungsvermittlung, zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und Aktualität der Ausbildungsvermittlungsstatistik sowie zur Verbesserung der Feststellung von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt. Bei der Datenübermittlung sind dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit, insbesondere nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1), zu treffen, die insbesondere die Vertraulichkeit, Unversehrtheit und Zurechenbarkeit der Daten gewährleisten.

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.

(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:

1.
im ersten Jahr einer Berufsausbildung
a)
515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
b)
550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
c)
585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
d)
620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
2.
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
3.
im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
4.
im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.

(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.

(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.

(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.

(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.