Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 24. Juni 2015 - AN 4 S 15.00928, AN 4 S 15.00930, AN 4 S 15.00932 u.a.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 Gaststättengesetz der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des „Grafflmarktes“ für den Zeitraum vom 26. Juni 2015 (16.00 Uhr) bis 27. Juni 2015 (1.00 Uhr) gestattet wird, wird insoweit wieder hergestellt, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 bezieht.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von den benachbarten Gaststätten der Beigeladenen zu erwartenden Lärmeinwirkungen ausgehend von bestehenden, verdichteten und zusätzlich zugewiesenen Gastro- und Freischankflächen (öffentliche Verkehrsflächen) anlässlich einer Bewirtungsveranstaltung im Anschluss an den „Grafflmarkt“ am 26./27. Juni 2015 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr im Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller ist zur Hälfte (Mit-)Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44 in ..., in denen sich vermietete Wohn- und Gewerbeeinheiten befinden. Im Erdgeschoss befindet sich das „...“ mit Außenbestuhlung (Öffnungszeiten bis 19.00 Uhr).
Der Beigeladene zu 1) ist Betreiber der Gaststätte „...“ mit Freischankfläche in der G.-straße 38 bis 40. Der Beigeladene zu 2) ist Betreiber der Gaststätte „...“ mit Freischankfläche in der G.-straße 39. Die Beigeladene zu 3) ist Betreiberin der Gaststätte „Goldener Löwe“ mit Freischankfläche (42 Plätze) in der G.-straße 41. Der Beigeladene zu 4) ist Betreiber der Gaststätte „Wein & Meer“ mit Freischankfläche in der G.-straße 43. Die Freischankflächen aller Beigeladenen liegen jeweils zwischen Gaststätte und G.-straße. Die Gaststätte „...“ liegt unmittelbar neben dem Grundstück des Antragstellers. Die Freischankfläche der „...“ ist durch eine etwa 10 m breite Hoffläche vom Anwesen des Antragstellers getrennt. Die Gaststätten der Beigeladenen zu 2) bis 4) liegen unmittelbar auf der dem Anwesen des Antragstellers gegenüberliegenden Straßenseite der G.-straße.
Das Gebiet liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin, der hierfür ein Mischgebiet festsetzt. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist die in einem Mischgebiet allgemein zugelassene Nutzung „Schank- und Speisewirtschaften“ in der G.-straße nicht zulässig, soweit es sich um nach dem Gaststättengesetz erlaubnispflichtige Betriebe handelt. Diese Einschränkung gilt wiederum nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheiten bereitzustellen in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen. Weiter genießen bestehende Betriebe „Bestandsschutz“. Ausnahmen können bei Erweiterungen (sowohl innerhalb von Gebäuden als auch auf Freischankflächen) unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Durch die Erweiterung darf u. a. die Schank- bzw. Gastraumfläche nur in geringem Umfang vergrößert und die Wohnnutzung im Gebäude selbst bzw. in der Nachbarschaft nicht gestört werden.
Die G.-straße liegt weiter im Geltungsbereich der Verordnung der Antragsgegnerin über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten (im Folgenden: SperrzeitVO/Freischank-flächen) vom 17. Juni 1996 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 12 vom 21.6.1996) zuletzt geändert mit Verordnung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt Nr. 3 vom 15.2.2012). Danach wird die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien mit Wirkung ab 16. Februar 2012 auf 23.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr festgesetzt (§ 1 Abs. 1, wobei die Befugnis, nach § 11 GastVO, nämlich bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für einzelne Betriebe die Sperrzeit abweichend von § 1 Abs. 1 zu verlängern, zu verkürzen oder aufzuheben gemäß § 1 Abs. 3 SperrzeitVO/Freischankflächen unberührt bleibt).
In den vergangenen Jahren führten verschiedene Veranstaltungen und Feste in der Fürther Innenstadt wegen erheblicher Lärmeinwirkungen zu Nachbarbeschwerden und Nachbarklagen, insbesondere im Bereich der G.-straße. Der ... Grafflmarkt findet zweimal jährlich (jeweils im Frühjahr und Herbst eines Jahres) statt. Der Verkauf auf dem Grafflmarkt erfolgt jeweils freitags von 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Freitags findet im räumlichen Bereich des Grafflmarktes ab 16.00 Uhr - und auch über das Ende der Verkaufstätigkeit der „Graffler“ um 22.00 Uhr hinaus - bis 1.00 Uhr eine erheblich ausgeweitete Bewirtung v.a. auf den verdichteten und erweiterten Freischankflächen der anliegenden Gaststätten (ab 22.00 Uhr sog. „Nachtparty der Wirte“) statt. Aus Anlass des Herbstgrafflmarktes im September 2014 begehrten im Hinblick auf die von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr nachts stattfindende „Nachtparty der Wirte“ verschiedene Anwohner Eilrechtsschutz. Im Eilverfahren stellte das Verwaltungsgericht Ansbach die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die den Gaststättenbetreibern erteilten Gestattungen insoweit wieder her, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr bezog
Am 16. Juni 2015 erteilte das Straßenverkehrsamt der Antragsgegnerin, vertreten durch das Liegenschaftsamt, eine Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 2 StVO für die Durchführung der Veranstaltung „Grafflmarkt“ vom 26. bis 27. Juni 2015. Anlässlich des Grafflmarkts erteilte die Antragsgegnerin den Beigeladenen jeweils mit Bescheid vom 11. Juni 2015 die Gestattung für einen vorübergehenden Gaststättenbetrieb als Schank- und Speisewirtschaft nach § 12 GastG für den Zeitraum vom 26. Juni 2015 16.00 Uhr bis 27. Juni 2015 1.00 Uhr. Bei den Feldern „Fläche in Quadratmeter“ und „Anzahl der Sitze“ im Bescheidsvordruck wurden keine Eintragungen vorgenommen. Weiter heißt es im Bescheid, die Gestattung gilt für „… ..., G.-straße (Eintragung der jeweiligen Hausnummer), verdichtete Freischankfläche vor der Gaststätte (Zusatz bei der „...“: „und im Hof“). Weiter enthält der Bescheid die Festlegung der auszuschenkenden Getränke, der abzugebenden zubereiteten Speisen sowie verschiedene Auflagen (Nrn. 1.1 bis 1.14). Dort ist u. a. ausgeführt:
„1.11 …. für die Freischankflächen wird der Beginn der Sperrzeit in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 auf 1.00 Uhr hinausgeschoben.
1.12 Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist im gesamten Betrieb am 27. Juni 2015 um 0.30 Uhr einzustellen. Der Gaststättenbetrieb muss mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und abgewickelt sein. …
1.14 Die Bewirtung von Stehgästen, Passanten sowie rauchenden Personen, die den Innenraum der Gaststätte verlassen, auf der Freischankfläche oder außerhalb der Freischankfläche ist vom 26. Juni 2015 16.00 Uhr bis 27. Juni 2015 0.30 Uhr zulässig.“
Unter Nr. 2 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Unter „Hinweise“ heißt es: „Die Ihnen vom Liegenschaftsamt der Stadt Fürth zugewiesene Gastrofläche und die Freischankfläche im Hof dürfen während der gesamten Betriebszeit (in der Nacht vom 26. auf 27.6.2015 bis 1.00 Uhr) über die genehmigte, unterjährig genutzte Freischankfläche hinaus, frei bestuhlt werden.“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Grafflmarkt sei eine beliebte und im Bewusstsein der Bevölkerung tief verwurzelte Veranstaltung mit jahrzehntelanger Tradition. Der Grafflmarkt beginne freitags um 16.00 Uhr und ende um 22.00 Uhr. Samstags seien Beginn und Ende des Grafflmarkts um 7.00 Uhr bzw. 16.00 Uhr. Traditionell werde das Bewirtungsangebot erweitert, um damit dem Besucheransturm und den Erwartungen an ein ausreichendes Speisen- und Getränkeangebot gerecht zu werden. Zu diesem Zweck würden von der Veranstalterin, dem Markt- und Veranstaltungsservice der Antragsgegnerin, sogenannte „Gastroflächen“ ausgewiesen, auf denen die anliegenden Gaststätten bei Bedarf auch über ihre genehmigten unterjährig genutzten Freischankflächen hinaus bestuhlen und Getränkeausschankanlagen betreiben dürften. Der Beginn der Sperrzeit für die Gastroflächen sei zwischen 2003 und 2013 in den Nächten von Freitag auf Samstag auf 2.00 Uhr festgelegt gewesen. Traditionell hätten auf den Bühnen auf dem Marktplatz und auf dem ...platz Musikdarbietungen stattgefunden. Seit dem Inkrafttreten der Sperrzeitverordnung/Innenräume im Jahr 2012 müssten sämtliche Gaststätten im Bereich des Veranstaltungsgeländes um 2.00 Uhr geschlossen sein (Ausnahme: Nachtbar des „...“ bis 4.00 Uhr). Nachdem seit dem Jahr 2010 einige Anwohner wegen unzumutbarer Lärmeinwirkungen bei einer Reihe von Veranstaltungen (Grafflmarkt, ...-Festival, Weinfest, Stadtfest, ...-Lauf, Metropol-Marathon) Klagen erhoben hatten, habe der Stadtrat in der Sitzung vom 10. Juni 2013 die Verwaltung beauftragt, für das nächste Jahr eine Neukonzeption der gesamten Veranstaltungen in der Altstadt unter Berücksichtigung des Lärmschutzes mit Beteiligung der Anwohner und Gastwirte zu erarbeiten. In der Sitzung vom 24. Juli 2013 habe der Stadtrat beschlossen, dass der Sperrzeitbeginn für den Betrieb der Freischankflächen zum Schutz der Anwohner anlässlich des Grafflmarktes in der Nacht von Freitag auf Samstag um eine Stunde auf 1.00 Uhr vorverlegt werden solle. In den gaststättenrechtlichen Gestattungen anlässlich des Grafflmarktes im September 2014 seien dieselben Bewirtungszeiträume festgelegt worden wie vorliegend. Auf die einstweiligen Rechtsschutz nachsuchenden Eilanträge von Anwohnern stellte das Verwaltungsgericht Ansbach
Zur Beurteilung des Veranstaltungslärms ziehe die Antragsgegnerin die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI-Hinweise), Stand 6. März 2015, gemäß dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015 heran. Mit Hilfe einer Prognoserechnung (worst case) der Antragsgegnerin seien folgende Beurteilungspegel für Freitag und Samstag errechnet worden:
Während der Veranstaltung komme es im Bereich der G.-straße (keine Musikbeschallung, nur Kommunikationsgeräusche) zu Maximalpegeln an den nächstliegenden Immissionsorten von 72 dB(A) in der Tagzeit (8.00 Uhr bis 20.00 Uhr), 74 dB(A) in der Ruhezeit (20.00 Uhr bis 24.00 Uhr) und von ebenfalls 74 dB(A) in der Nachtzeit (24.00 Uhr bis 1.00 Uhr). Da die Grenzwerte für „seltene Ereignisse“ von tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A) aufgrund der Menschenmenge auf dem Grafflmarktgelände möglicherweise nicht eingehalten werden können, werde eine Sonderfallbeurteilung nach Nr. 4.4 der LAI-Hinweise durchgeführt und der Beginn der Nachtzeit gemäß Nr. 4.4.2 der LAI-Hinweise um zwei Stunden auf 24.00 Uhr verschoben. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Nachtzeitverschiebung an einem Freitag, also vor einem Wochenende, stattfinde und ein Großteil der Bevölkerung ausschlafen könne. Da es sich beim Grafflmarkt um eine ganz herausragende und bedeutsame Veranstaltung mit größter Wertschätzung und Akzeptanz in der Bevölkerung handele, könne gemäß Nr. 4.4 der LAI-Hinweise in diesem ganz besonderen Ausnahmefall von den Immissionsrichtwerten abgewichen werden. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte für „seltene Ereignisse“ erscheine auch unter dem Gesichtspunkt des Anwohnerschutzes gerade noch zumutbar, zumal es sich um eine, was die Häufigkeit und Dauer betrifft, kurze Veranstaltung (lediglich ein Tag im Sinne der LAI-Hinweise) ohne Musikdarbietungen, abgesehen von den Musikdarbietungen auf dem Marktplatz (Ende 22.00 Uhr) handele. Im Übrigen stehe für den Grafflmarkt als sehr seltenes Ereignis kein gleichwertiger Ersatzstandort zur Verfügung, da diese Veranstaltung nach ihrer Tradition und ihrem unverwechselbaren Flair in die Altstadt gehöre. Eine Verlegung auf einen Ersatzstandort sei undenkbar und würde das Ende dieser Veranstaltung bedeuten.
Die Sperrzeit für Freischankflächen habe trotz Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erfolge im öffentlichen Interesse, um die von der Antragsgegnerin gewünschte und geplante Abwicklung des Grafflmarktes zu gewährleisten und die Planungen des Veranstalters sowie von Besuchern und Gastwirten nicht kurz vor Veranstaltungsbeginn noch zu gefährden. Insbesondere wäre eine kurzfristige Einschränkung oder Veränderung der Veranstaltung gegenüber ein auf die üblichen zeitlichen Abläufe eingestellte Besuchermenge dieser gegenüber nicht in einer Weise verständlich zu machen, dass gegenüber einer ungehinderten Durchführung der vorgesehenen Bewirtschaftung eine merkliche Lärmreduzierung zu erreichen wäre. Da die Veranstaltung in Kürze stattfinde, könne nicht bis zu einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache zugewartet werden.
Mit einem am 15. Juni 2015 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz erhob der Antragsteller Klage gegen die den Beigeladenen erteilten gaststättenrechtlichen Gestattungen mit dem Ziel, die Durchführung der Veranstaltung nach dem Grafflmarkt - „Nachtparty der Wirte“ - für die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26./27. Juni 2015 wegen der „extremen Lärmimmissionen“ zu unterbinden.
Zugleich begehrte der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die „Nachtparty der Wirte“ nach dem Grafflmarkt ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr biete der Gastronomie freie Bestuhlung in den zu den Kneipen angebundenen Freischankflächen, die neben der herkömmlichen Fläche auch massiv erweitert würden und unbegrenzten Ausschank in die Straße erlauben würden. Erst nach dem Schließen der Verkaufsstände erfolge verstärkt in der G.-straße der Alkoholausschank. Die Antragsgegnerin räume in den Gründen ihres Bescheids selbst ein, dass der Grafflmarkt um 22.00 Uhr ende. Somit sei das Veranstaltungsende dieses „sehr seltenen Ereignisses“ um 22.00 Uhr. Diese Veranstaltung werde von den Anwohnern bis 22.00 Uhr trotz der erheblichen Immissionsbelastung über den Grenzwerten mitgetragen. Die „Nachtparty der Wirte“ sei keine Traditionsveranstaltung und erst seit wenigen Jahren (2003) überhaupt etabliert. Die „Nachtparty der Wirte“ mit einer von der Antragsgegnerin unter Nr. II des Bescheids prognostizierten Immissionsbelastung von 74 bis 82 dB(A) nachts sei rechtlich unzulässig. Es liege bis 1.00 Uhr eine massive Überschreitung der nachts zulässigen Immissionswerte vor. Weiter sei mit einem Lärmnachlauf bis mindestens 3.00 Uhr zu rechnen. Der Beginn des Grafflmarktes sei am darauffolgenden Samstag ab 6.00 Uhr genehmigt. Somit sei eine maximale Nachtruhe von drei Stunden zu erwarten. Die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie könne für die „Nachtparty der Wirte“ keine Anwendung finden (vgl. Beschluss des BayVGH
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klagen gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015 insoweit wieder herzustellen, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 bezieht.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, es werde darauf hingewiesen, dass der Grafflmarkt am 26. Juni 2015 nicht, wie vom Antragsteller behauptet, um 22.00 Uhr ende, sondern lediglich der Warenverkauf als Teil der Veranstaltung. Eine Bewirtung der Freischankflächen bis 1.00 Uhr sei entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht mit Lärmimmissionen bis 3.00 Uhr verbunden (vgl. beiliegendes Datenblatt zur Lärmmessung 2013, wonach der Halbstundenmittelungspegel ab 2.00 Uhr (Sperrzeitbeginn) nachts rapide auf unter 50 dB(A) gesunken sei). Der Antragsteller verkenne weiter, dass die inzwischen in Bayern eingeführten LAI-Hinweise für „Freizeitveranstaltungen“ im vorliegenden Fall einschlägig seien. Die Verschiebung der Nachtzeit auf 24.00 Uhr sei somit möglich. Zum Kriterium der Unvermeidbarkeit des Lärms werde darauf hingewiesen, dass der Lärmpegel unvermeidbar sei, da kein technischer Lärm, sondern überwiegend verhaltensbezogener Lärm der Gäste vorliege und der Grafflmarkt untrennbar mit dem Altstadtflair verknüpft sei. Die unter dem Kriterium „Zumutbarkeit“ geforderten Punkte seien alle eingehalten. Es handele sich um eine Sollvorschrift, wonach Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr vermieden werden sollten. Da nur an einem einzigen Tag in einem Jahr und nur für eine einzige Stunde aufgrund einer Veranstaltung der Beurteilungspegel nachts von 55 dB(A) überschritten werde, könne nach Abwägung aller Interessen von der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen ausgegangen werden. Die Veranstaltungssituation in der G...straße habe sich in 2015 im Vergleich zu 2014 deutlich geändert. Als einzige Veranstaltung mit echtem „Nachtbetrieb“ bleibe demnach nur noch der „Juni-Grafflmarkt“ (Freitagabend bis 1.00 Uhr), da alle anderen Veranstaltungen (auch der Herbst-Grafflmarkt) spätestens um 24.00 Uhr beendet sein werden. Das Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit um zwei Stunden (auf 24.00 Uhr) sei entsprechend der inzwischen in Bayern eingeführten Freizeitlärmrichtlinie im vorliegenden Fall zulässig und vertretbar. Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin weiter auf einen Schriftsatz an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
Der Stadtrat habe in seiner Sitzung vom 24. September 2014 beschlossen, das Änderungsverfahren einzuleiten, die Zielsetzung des Bebauungsplans ... solle dahingehend konkretisiert werden, dass „die planungsrechtlichen Restriktionen für Schank- und Speisewirtschaften im Geltungsbereich beseitigt, die planungsrechtlichen Restriktionen gegenüber Vergnügungsstätten im Geltungsbereich erhalten bleiben sollen.“ Der Aufstellungsbeschluss sei am 22. Oktober 2014 im Amtsblatt bekanntgemacht worden. Das Verfahren sei nun - nachdem die Mediationsbemühungen gescheitert seien - wieder aufgenommen worden. Die im Bebauungsplan genannte Ausnahme, wonach „bestehende Betriebe Bestandsschutz genießen“ sei im hiesigen Verfahren von einigem Gewicht, denn fast alle Gaststätten, deren Inhaber beigeladen sind, fielen unter diesen Bestandsschutz. Die Bestandsschutzgaststätten hätten daher einen erheblichen, wenn nicht gar prägenden Anteil an der Nutzung, die der Bebauungsplan ... regeln wollte. Besonders in unmittelbarer Nähe des Anwesens des Antragstellers hätten die Gaststätten die Situation, in der sich das Grundeigentum des Antragstellers befinde, geprägt und diese Prägung bestehe trotz des Bebauungsplans ... heute fort. Der über die Regelungen der BauNVO „signifikant“ hinausgehende Anwohnerschutz, der dem Bebauungsplan ... zugeschrieben werde, könne sich daher nicht auf die Gaststätten der Beigeladenen (sog. Traditionsgaststätten) beziehen. Beide Elemente - Wohnbevölkerung und Traditionsgaststätten - hätten die G.straße in ihrer Entwicklung der letzten 20 Jahre geprägt.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gerichteten Anträge des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80a Abs. 3 VwGO gegen die sofort vollziehbar erklärten Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015 sind zulässig und begründet.
1. Ziel der Anträge ist die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insoweit, als die Antragsgegnerin mit ihren Bescheiden vom 11. Juni 2015 in der Nacht vom 26. Juni 2015 über 22.00 Uhr hinaus bis 27. Juni 2015 1.00 Uhr eine Gestattung nach § 12 GastG sowie Sperrzeitverkürzungen für die Freischankflächen erteilt hat. Nicht Antragsgegenstand und auch nicht Gegenstand dieser Entscheidung ist der den beigeladenen Gaststättenbetreibern im Rahmen ihrer jeweiligen Gaststättenerlaubnis bzw. Baugenehmigung genehmigte Betrieb der dort festgelegten Freischankflächen (Umfang/Plätze und Öffnungszeiten).
2. Die zulässigen Anträge sind auch begründet.
Bei den gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten gaststättenrechtlichen Gestattungen (§ 12 GastG) handelt es sich um Verwaltungsakte mit Doppelwirkung, durch die ein Dreiecksverhältnis entsteht: Von den Rechtswirkungen der Genehmigung werden die erlassende Behörde, die begünstigten Beigeladenen und die von der Genehmigung betroffenen Nachbarn erfasst. Da die Antragsgegnerin die Bescheide gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt hat, hat das Gericht zunächst die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu überprüfen und bei einem entsprechenden Mangel die aufschiebende Wirkung herzustellen. Sofern die Überprüfung der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine Fehler ergibt, hat das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene - originäre - Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu treffen (Kopp, VwGO, 17. Aufl., 2011, § 80 Rn. 146). Es hat zu entscheiden, ob das Interesse an einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder das gegenläufige Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung höher zu bewerten ist. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ein wesentliches, aber nicht stets das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird allerdings regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 - 14 CS 11.535 - juris).
3. Die Begründung des Sofortvollzugs der streitgegenständlichen Gestattungen gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO war ordnungsgemäß. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normiert formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung zu versehen. Zweck der Begründung ist dabei, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, ihre Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen (Kopp, VwGO, § 80 Rn. 84). Aus der Eigenschaft als formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Erwägungen der Behörde auch inhaltlich im Sinne des objektiven Rechts und der Interessen der Beteiligten vollständig zutreffend sind. Dies ist erst bei der umfassenden vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO zu prüfen. Die Anforderungen an eine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO dürfen nicht überspannt werden (OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 3.4.2012 - 1 B 10136712 - juris). Die Antragsgegnerin hat vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung v.a. damit begründet, dass die planmäßige Abwicklung des Grafflmarktes gewährleistet werden soll sowie die Planungen der Gastwirte, des Veranstalters und der Gäste nicht gefährdet werden sollen. Diese Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
4. Nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung werden die Klagen des Antragstellers nach derzeitigem Sachstand voraussichtlich Erfolg haben. Die im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Gestattungen sind im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in nachbarschützenden Rechten.
Die Geräuschbelastung, die als Folge der verfahrensgegenständlichen Bescheide in der Nacht vom 26. auf 27. Juni 2015 von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr zu erwarten ist - Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) entsprechend der Prognose der Antragsgegnerin - ist unter Würdigung aller Umstände für den Antragsteller nicht zumutbar (4.1). Unabhängig davon sind die Bescheide in nachbarrechtlich relevanter Weise nicht hinreichend bestimmt, da für die Nachbarn aus der erteilten Gestattung Gegenstand und Umfang der zu erwartenden Geräuschbelastung nicht eindeutig festgestellt werden kann und zudem verbindliche Bestimmungen dazu fehlen, welche Werte die Beigeladenen nicht überschreiten dürfen (4.2).
4.1 Der den Beigeladenen gemäß § 12 GastG gestattete Betrieb von Freischankflächen mit prognostiziertem Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) nach 22.00 Uhr ist unzulässig und nachbarrechtsverletzend.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter (BayVGH, B.v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 4).
4.1.1 Die Zumutbarkeit der vom Antragsteller als Grundstückseigentümer hinzunehmenden Immissionen bestimmt sich in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung. Vorliegend ist daher die Festsetzung im Bebauungsplan ... als Mischgebiet maßgeblich.
So führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im
„Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen, die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell - abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarras, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarras, a. a. O., Rn. 55 ff. m. w. N.).
Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich dem Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzungen zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinne von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan Nr. 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan Nr. 001 dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise u. a. nur dann zulässig, wenn die „Wohnnutzung …. in der Nachbarschaft nicht gestört wird“ (BayVGH, a. a. O., juris Rn. 6).
Die Antragsgegnerin hat zwar zum Bebauungsplan vorgetragen, zwischenzeitlich ein Änderungsverfahren mit der Konkretisierung der Zielsetzung des Bebauungsplans dahingehend eingeleitet zu haben (öffentlich bekanntgemachter Aufstellungsbeschluss am 22.10.2014), dass die planungsrechtlichen Restriktionen für Schank- und Speisewirtschaften im Geltungsbereich beseitigt werden sollen. In diesem frühen Verfahrensstadium kann eine geplante Änderung jedoch noch keinen Einfluss auf den Gebietscharakter, der für das Kriterium der Zumutbarkeit eine entscheidende Rolle spielt, nehmen. Die Antragsgegnerin wird vielmehr erst im Rahmen des Änderungsverfahrens des Bebauungsplans u. a. nach Öffentlichkeitsbeteiligung die öffentlichen und die privaten Belange von Gastwirten und Anwohnern gegeneinander abzuwägen haben.
Zum anderen kommt es im vorliegenden Fall nicht auf den Vortrag der Antragsgegnerin an, dass wegen der fast umfassend vom Bestandsschutz erfassten Gaststättennutzungen die Situation in der G...straße in den letzten 20 Jahren sowohl von Traditionsgaststätten als auch von Wohnbevölkerung geprägt sei, denn gerade die Zulässigkeit der Erweiterung bestandsgeschützter Gaststätten ist schon nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans nur zulässig, wenn die Wohnnutzungen der Nachbarschaft nicht gestört wird. Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattungen eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die erst seit dem Jahr 2003 stattfindenden „Nachtparty der Wirte“ mit dem erheblich erweiterten Freischankflächenbetrieb ist jedenfalls keine unter Bestandsschutzkriterien zu beurteilende Veranstaltung.
Im Übrigen gilt als dem Antragsteller zustehendes Schutzniveau jedenfalls die Gebietsfestsetzung als Mischgebiet. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Für die Wohnnutzung sind Störungen und Belästigungen insbesondere dann nicht mischgebietsverträglich, wenn sie sich bis in die Freizeit, vor allem in die Zeit der Nachtruhe hinein erstrecken. Die Mindestanforderung an den Grad der Wohnruhe im Mischgebiet ist die Gewährleistung eines ungestörten Feierabends und einer auskömmlichen Nachtruhe (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 115. Erg.L. 2014, § 6 BauNVO Rn. 11).
4.1.2 Da die verschiedenen Regelwerke zum Schutz gegen Lärm auf die vorliegende Fallgestaltung keine direkte Anwendung finden können (vgl. 4.1.2.1 bis 4.1.2.3), ergibt eine im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise vorzunehmende Abwägung aller Umstände Folgendes:
Die Lärmbelastung angesichts des von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels von bis zu 74 dB(A) während der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr ist derart hoch, dass sie das Maß dessen, was den Betroffenen in dem konkreten Gebiet (Mischgebiet) zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Bei Veranstaltungen nach § 12 GastG kann der davon ausgehende Lärm wegen der Seltenheit und ggf. Sozialverträglichkeit in größerem Maß zumutbar sein als sonstiger Gaststättenlärm. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris).
Alle Regelwerke (siehe unten) gehen selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht - wie hier - als besonders schutzbedürftig ausgestaltet wurde, davon aus, dass das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt ist, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) ab 22.00 Uhr auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Insbesondere sind die Anlieger der G...straße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend Geräuschbelastungen (auch in der Nachtzeit bis 23.00 Uhr - Sperrzeitverordnung/Freischankflächen) ausgesetzt, ebenso wie bei zahlreichen Veranstaltungen im Bereich der G.-straße, so z. B. die erheblichen Geräuschbelastungen tagsüber an den Grafflmarkt-Tagen wie auch bei weiteren Veranstaltungen.
4.1.2.1 Zur Anwendbarkeit der TA-Lärm vom 26. August 1998 (GMBL S. 503) führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2014, a. a. O. (Rn. 8) Folgendes aus:
„Eine unmodifizierte Anwendung der TA-Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeit- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U.v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris; BGH; U.v. 26.9.2003
- VZR 41-03 - UPR 2004, 31/32). Hinzu kommt, dass die Nr. 1 Satz 2 Buchst. b der TA-Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B.v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRs 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen gegebenenfalls anheben zu können (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Wenn die TA-Lärm nach alledem auch nicht unmittelbar kraft Gesetzes anwendbar ist, so lassen sich daraus doch folgende Anhaltspunkte gewinnen:
Der für ein Mischgebiet zu beachtende Richtwert (Nr. 6.1 TA-Lärm) beträgt in der Nachtzeit (nach Nr. 6.4 Satz 1 TA-Lärm: von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) 45 dB(A), zur Tagzeit (von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) 60 dB(A) und erhöht sich, wie noch auszuführen ist, in Fällen seltener Ereignisse.
Nach den Lärmprognosen der Antragsgegnerin ist bei einem Betrieb der Beigeladenen entsprechend der angegriffenen Bescheide an den nächstliegenden Immissionsorten von einem Beurteilungspegel in der Nachtzeit von 74 dB(A) auszugehen (22.00 Uhr bis 1.00 Uhr). Diese Werte sind, entsprechend den Ausführungen der Antragsgegnerin in den beigezogenen Akten - den Besuchern der Freischankflächen zuzurechnen, da sich im Bereich der G.-straße nur wenige „Graffler“ befinden, soweit diese ohnehin nicht bereits wegen des Grafflmarktendes um 22.00 Uhr zu vernachlässigen sind. Für die TA-Lärm, die in Nr. 6.8 für die Ermittlung der Geräuschimmissionen auf den Anhang verweist, ergibt sich, dass sie eine Ermittlung nicht nur durch Messung (Abschnitt A3), sondern auch durch Prognose zulässt (Abschnitt A2; vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 11.9.2012 - 6 S 947/12 - juris). Jedenfalls geht auch die TA-Lärm davon aus, dass Erfahrungswerte grundsätzlich geeignet sind, eine Prognose der Geräuschimmissionen zu erstellen. Nach den nachvollziehbaren Darlegungen der Antragsgegnerin wäre messtechnisch eine Unterscheidung nach Freischankflächenlärm bzw. sonstigem Lärm durch Menschenansammlungen außerhalb der Freischankflächen nicht möglich. Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte sind nicht ersichtlich.
Dass die Berechnungen der Antragsgegnerin die Realität hinreichend genau abbilden, ergibt sich auch daraus, dass nach der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2014 (in den beigezogenen Verfahren AN 4 K 14.01059/01060/01061) kontinuierliche Messungen im vergangenen Jahr Beurteilungspegel nachts von bis zu 76 dB(A) ergeben haben. Zugleich zeigen diese Messungen, dass der Beurteilungspegel ab 3.00 Uhr, eine Stunde nach Beginn der Innensperrzeit, nur noch Werte von etwa 47 dB(A) bis 42 dB(A) aufweist, wobei sich nach Einschätzung der Antragsgegnerin vor allem um die Immissionsgrundbelastung handelt, die damit in etwa dem Richtwert der TA-Lärm von 45 dB(A) nachts für Mischgebiete entspricht. Die darüber hinausgehenden Beurteilungspegel werden daher im Wesentlichen durch den Lärm der Freischankflächen verursacht, von denen - wie die Antragsgegnerin dargelegt hat - messtechnisch der Lärm durch etwaige Menschenansammlungen außerhalb der Freischankflächen nicht zu trennen ist.
Auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach im Rahmen der erleichterten Voraussetzungen des § 12 GastG die für Lärmimmissionen geltenden Regelwerke nur Anhaltspunkte geben, folgt kein zweckentsprechender Gebrauch des Ermessens durch die Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass anlässlich von Festen, die auf allgemeine Akzeptanz stoßen und von kommunaler Bedeutung sind, höhere Werte als die sonst geltenden Immissionsrichtwerte zulässig sind, hierfür können die für seltene Ereignisse geltenden Richtwerte Anhaltspunkte geben.
Die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte übertreffen aber mit einem Wert von nachts 74 dB(A) auch die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für seltene Ereignisse (Nr. 7.2 TA-Lärm) für nachts (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, vgl. Nr. 6.4 TA-Lärm) von 55 dB(A) nach Nr. 6.3 TA-Lärm erheblich.
4.1.2.2 Nicht einschlägig ist weiter die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014, a. a. O. - juris RdNr. 9).
4.1.2.3 Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) im Mai 1995 als Musterverwaltungsvorschrift verabschiedete sogenannte „Freizeitlärmrichtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014, a. a. O. - juris Rn. 10).
Die Freizeitlärmrichtlinie, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, wurde mit Stand vom 6. März 2015 neu gefasst, insbesondere enthält die neue Fassung im Abschnitt 4.4 Empfehlungen zur „Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, die regelmäßig für Volksfeste einschlägig sind. Die Freizeitlärmrichtlinie enthält diesbezüglich Hinweise zur Prüfung der Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit (vgl. Nr. 4.4.2).
Selbst wenn man vorliegend die Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe im Sinne eines groben Anhalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles heranzieht, sind die von der Veranstaltung „Nachtparty der Wirte“ und der Freischanktätigkeit der Beigeladenen im Zeitraum von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr zu erwartenden Lärmimmissionen für die Nachbarschaft unzumutbar.
Nach Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie kann bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz eine Sonderfallbeurteilung durchgeführt werden, die eine Abweichung von den in Nrn. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerten erlaubt. Nr. 4.1Buchst. c geht in Mischgebieten von einem Immissionsrichtwert nachts von 45 dB(A) aus.
Die „Nachtparty der Wirte“ (ab 22.00 Uhr) ist weder eine seltene Veranstaltung in diesem Sinne, noch zeichnet sie sich durch eine besondere Standortgebundenheit, oder durch eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz aus.
In dieser Hinsicht ist zwischen der Veranstaltung „Grafflmarkt“ und der nach Ende des Grafflmarkts fortgesetzten „Nachtparty der Wirte“ (ab 22.00 Uhr) zu unterscheiden. Dem seit den 70er Jahren bestehenden Grafflmarkt mag zwar eine besondere soziale Adäquanz und Akzeptanz zukommen, er ist aber durch die typische Verkaufstätigkeit gekennzeichnet, die um 22.00 Uhr endet (siehe auch Bescheidsgründe unter I). Die seit dem Jahr 2003 stattfindende „Nachtparty der Wirte“, die insbesondere durch einen erheblich erweiterten Freiflächenausschank der im Bereich des Grafflmarktes liegenden Wirte gekennzeichnet ist, findet von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr statt und ist jedenfalls für den Zeitraum ab dem Ende der Verkaufstätigkeit des Grafflmarktes (also ab 22.00 Uhr) als eigenständige und einen vom Grafflmarkt unabhängigen Zweck verfolgende Veranstaltung zu bewerten. Einem typischen Floh- oder Trempelmarkt wie dem „Grafflmarkt“ ist es insbesondere nicht immanent, dass im Anschluss an die Verkaufstätigkeit ein umfangreiches Bewirtungsangebot für die Besucherströme zur Verfügung steht, so dass der Grafflmarkt selbst nicht unter den Gesichtspunkten Adäquanz und Akzeptanz in diesem Zusammenhang zu bewerten ist, sondern ausschließlich die anschließende Bewirtungsveranstaltung der „Nachtparty der Wirte“. In Anbetracht der unter Nr. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie aufgezählten Beispiele von Veranstaltungen mit erheblicher Bedeutung, ist ersichtlich, dass der ... „Wirteparty“ unter diesem Blickwinkel (Tradition, kommunale Bedeutung etc.) weder Standortgebundenheit noch eine besondere soziale Akzeptanz und Adäquanz kommt.
Wegen der Veranstaltungshäufigkeit von zweimal jährlich liegt bereits keine seltene Veranstaltung im Sinne der Nr. 4.4 der Richtlinie vor.
Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch an den unter „Zumutbarkeit“(Nr. 4.4. der Richtlinie) geregelten Voraussetzungen:
Nach den dort genannten Kriterien unter „Zumutbarkeit“ ist für den Fall, dass bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, deren Zumutbarkeit explizit zu begründen (a). Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr sollten vermieden werden (b). In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein (c).
Vorliegend wird der Beurteilungspegel nachts von 55 dB(A) mit einem zu erwartenden Immissionsrichtwert von 74 dB(A) erheblich überschritten. Bereits diese erhebliche Überschreitung wurde von der Antragsgegnerin nicht ihrem Gewicht und den erheblichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft im Mischgebiet entsprechend in die „Zumutbarkeitsprüfung“ einbezogen. Darüber hinaus wird die weitere zu beachtende Grenze für die Überschreitungen des Beurteilungspegels von 24.00 Uhr wegen der bis 1.00 Uhr genehmigten Ausschank- bzw. Aufräumtätigkeit ebenfalls nicht eingehalten. Schutzwürdige Gründe für eine Dauer der „Wirteparty“ über 24.00 Uhr hinaus hat die Antragsgegnerin ebenfalls nicht eingestellt. Die Verschiebung der Nachtzeit setzt besonders gelagerte Fälle voraus, an denen es vorliegend fehlt. Vielmehr spricht die massive Überschreitung der zulässigen Werte in einem auch von Wohnen geprägten Mischgebiet dafür, dass den Anwohnern diese nicht auch noch über einen Zeitraum von drei Nachtstunden zugemutet werden können. In Nr. 4.4 der Richtlinie heißt es weiter, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach den Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Dementsprechend ist es nicht möglich bei einer derart massiven Lärmüberschreitung auch noch die übrigen Ausnahmevoraussetzungen, wie z. B. die Verschiebung der Nachtzeit zugunsten der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen anwenden zu wollen. Die Argumentation der Antragsgegnerin geht insoweit fehl, als sie nicht berücksichtigt, dass auch eine Verschiebung der Nachtzeit enge Grenzen hat und nicht alle Voraussetzungen kumuliert zugunsten der Antragsgegnerin angewendet und die Nachbarinteressen unberücksichtigt bleiben dürfen. Vorliegend hätte von der Antragsgegnerin vielmehr in die Beurteilung eingestellt werden müssen, dass selbst der Richtwert für seltene Ereignisse nachts von 55 dB(A) im Anschluss an den Grafflmarkt ab 22.00 Uhr um annähernd 20 dB(A) überschritten werden wird. Eine Erhöhung des Pegels im Einwirkungsbereich um 8 bis 10 dB(A) wird als Verdoppelung der Lautstärke empfunden (Tegeter, UPR 2000, 99, 100; VGH Baden-Württemberg, U.v. 27.6.2002, NVwZ-RR 2003, 745, 751). Die zu erwartenden Werte übersteigen auch deutlich die zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung in der Rechtsprechung entwickelte Zumutbarkeitsschwelle von 60 dB(A) nachts und sogar für tags von 70 dB(A) (vgl. insoweit BVerwG, B.v. 30.7.2013 - 7 B 40/12, juris). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls bei ihren Ausführungen dieser massiven Lärmüberschreitung zur Nachtzeit nicht das ihrer Bedeutung zukommende Gewicht beigemessen. Zudem blieb völlig unberücksichtigt, dass es sich hier nicht um eine einmalige Veranstaltung, wie ein Vereinsfest an einem sonst ruhigen Festplatz o.ä. handelt, sondern um eine Veranstaltung von Wirten, die über ihre bereits großzügig genehmigten Betriebszeiten und Freischankflächen hinaus am ohnehin hoch belasteten Standort G.-straße zusätzliche Betriebszeiten in der besonders empfindlichen Nachtzeit und eine erhebliche Verdichtung der Bewirtung erreichen möchten.
4.1.3 Die Antragsgegnerin kann sich im Hinblick auf die nach Ende des Grafflmarktes von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr stattfindende Bewirtungsveranstaltung auch nicht auf eine Zumutbarkeit wegen Vorliegen eines „sehr seltenen Ereignisses“ berufen.
Zur Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2004, a. a. O. (RdNr. 12) aus:
„Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen- … Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U.v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl. 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt.“
Wie bereits oben ausgeführt, ist vorliegend zwischen der Traditionsveranstaltung „Grafflmarkt“ mit typischer Verkaufstätigkeit (bis 22.00 Uhr) und der nach 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr stattfindenden Bewirtungsveranstaltung („Nachtparty der Wirte“) zu unterscheiden. Es liegt auf der Hand, dass die ab 22.00 Uhr stattfindende Bewirtungsveranstaltung die von der Rechtsprechung aufgestellten sehr engen Voraussetzungen eines „sehr seltenen Ereignisses“ nicht erfüllt (bejaht z. B. für ein alle zwei Jahre stattfindendes Jubiläumsfest der Ortsvereine, BayVGH, U.v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327). Das Niedersächsische OVG verneint das „sehr seltene Ereignis“ bei jährlich stattfindenden und sich über mehrere Tage und Nächte erstreckenden Schützenfesten
Da die Bewirtungsveranstaltung ab 22.00 Uhr zweimal jährlich stattfindet, fehlt es bereits am Erfordernis des sehr seltenen Eintritts. Die Veranstaltung „Nachtparty der Wirte“ ab 22.00 Uhr kann auch nicht als für die Stadtgemeinschaft herausragendes Ereignis bewertet werden. Es fehlt an der Herkömmlichkeit dieser erst seit 2003 eingeführten Veranstaltung. Sie dient weder der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums, noch ist sie sonst von besonderer kommunaler Bedeutung. Weiter kann auch nicht zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt werden, dass es sich um eine Feier handelt, die kraft Herkommens zu den typischen Erscheinungen gemeindlichen Lebens gehört, so dass sie von der Nachbarschaft in hohem Maße als sozialadäquat akzeptiert werden würde. Mit der Durchführung eines Grafflmarktes ist vielmehr nicht üblicherweise verbunden, dass im Anschluss daran zur Nachtzeit erheblich erweiterte Bewirtungsmöglichkeiten bestehen. Gerade auch in dem vorliegend festgesetzten Mischgebiet in der G.-straße, in dem der Schutz der Wohnnutzung vor allem in der Zeit der Nachtruhe eine wichtige Bedeutung zukommt, kann der Bewirtungsveranstaltung - zeitlich losgelöst vom Grafflmarkt - keine im hohen Maße sozialadäquate Akzeptanz in der Nachbarschaft beigemessen werden.
Nur erläuternd sei angeführt, dass den Ausführungen in der schalltechnischen Beurteilung der Antragsgegnerin vom 11. Januar 2013 zu entnehmen ist, dass diese Art der Bewirtschaftung („Nachtparty der Wirte“) auf Anregung der Wirte getroffen wurde, weil es nicht gelingen könne, die Freischankflächen zu räumen, wenn aufgrund des Grafflmarktes sich noch Menschenmassen in der G.-straße aufhielten.
4.2 Die streitgegenständlichen Gestattungen sind im angefochtenen Umfang auch rechtswidrig, weil sie unbestimmt sind (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) und sich die Unbestimmtheit gerade auf die als Folge der Gestattung zu erwartenden Geräuschbelastung bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dient bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gerade auch dem Interesse des - möglicherweise betroffenen - Nachbarn.
Bereits die Unbestimmtheit der erteilten Gestattungen begründet daher die Annahme der Rechtsverletzung des Antragstellers. So wurde weder geregelt, in welchem Ausmaß die vorhandene Freischankfläche verdichtet werden kann, noch ist für die Nachbarschaft ersichtlich, auf welche zusätzliche Flächen („von der Antragsgegnerin zugeteilte Gastrofläche“), welchen Ausmaßes und mit welcher Bestuhlungsdichte zu rechnen ist („freie Bestuhlung“) bzw. welche zusätzlichen Getränke- und Speiseverkaufsstände bzw. -wägen etc. aufgestellt werden dürfen, um etwa die Anzahl der insgesamt bewirteten Personen und den Gesamtumfang der Bewirtung im Hinblick auf die gesamte Lärmsituation festzustellen.
In den Gestattungen wurden keine verbindlichen Bestimmungen dazu getroffen, welche Immissionsrichtwerte die Beigeladenen nicht überschreiten dürfen. Angesichts der offenkundig zu erwartenden erheblichen Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner genügt dies nicht der Pflicht, durch die konkrete Festsetzung von Immissionsrichtwerten den Nachbarschutz effektiv und überprüfbar zu regeln (VG Gelsenkirchen, U.v. 27.1.2015 - 19 K 4431/14 - juris, Rn. 85). Die aus Anlass des Grafflmarktes bis 1.00 Uhr nachts dauernde Nachtparty der Wirte mit einem erheblichen Besucherzustrom hätte, um dem Bestimmtheitsgrundsatz im Hinblick auf einen effektiven Schutz der Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen genügen zu können, der verbindlichen Regelung der einzuhaltenden Lärmimmissionsrichtwerte, sowie geeigneter Maßnahmen/Beschränkungen zur Sicherstellung der Einhaltung der höchstzulässigen Werte im Rahmen der Gestattungen bedurft.
4.3 Auch § 11 GastV ergibt keine tragfähige Grundlage für den angegriffenen Bescheid (Sperrzeitregelungen). Die danach gebotene Prüfung erfordert auch die Einbeziehung des Schutzes gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 BImSchG und der in den §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG geregelten und schon für den regelmäßigen Betrieb geltenden Gesichtspunkte. Denn der Schutzzweck der Sperrzeitfestlegung im Einzelfall stimmt weitgehend mit demjenigen des § 5 GastG überein (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.1996, DVBl. 1996 1192, 1194).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes stützt sich auf die §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei war die Hälfte des Wertes der Hauptsache anzusetzen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 24. Juni 2015 - AN 4 S 15.00928, AN 4 S 15.00930, AN 4 S 15.00932 u.a.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 24. Juni 2015 - AN 4 S 15.00928, AN 4 S 15.00930, AN 4 S 15.00932 u.a. zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
(1) (weggefallen)
(2) Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, insbesondere Kraftfahrzeugrennen, bedürfen der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmenden oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird; Kraftfahrzeuge in geschlossenem Verband nehmen die Straße stets mehr als verkehrsüblich in Anspruch. Veranstaltende haben dafür zu sorgen, dass die Verkehrsvorschriften sowie etwaige Bedingungen und Auflagen befolgt werden.
(3) Einer Erlaubnis bedarf der Verkehr mit Fahrzeugen und Zügen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtmassen die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschreiten. Das gilt auch für den Verkehr mit Fahrzeugen, deren Bauart den Fahrzeugführenden kein ausreichendes Sichtfeld lässt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe
- 1.
Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder - 2.
zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft), - 3.
(weggefallen)
(2) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt ferner, wer als selbständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.
(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn
- 1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird, - 2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder - 2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde, - 3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt, - 4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.
(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung
- a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und - b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze
- 1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit, - 2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder - 3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.
(2) Zulässig sind
- 1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude, - 2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, - 3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, - 4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen, - 6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, - 7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen, - 2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.
(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Wer ein Gaststättengewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis kann auch nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt werden.
(2) Der Erlaubnis bedarf nicht, wer
- 1.
alkoholfreie Getränke, - 2.
unentgeltliche Kostproben, - 3.
zubereitete Speisen oder - 4.
in Verbindung mit einem Beherbergungsbetrieb Getränke und zubereitete Speisen an Hausgäste
(3) (weggefallen)
(4) (weggefallen)
Tenor
Die Sperrzeitverordnung der Stadt Kehl zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten vom 28.03.2012 ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Gründe
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I.
- 1
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Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in R. am Rhein in Nachbarschaft zur Bahntrasse der rechten Rheinstrecke. Er wendet sich gegen eine Plangenehmigung vom 22. Dezember 2010 für das Vorhaben "Umbau der Bahnübergänge L 3034, Dreikönigstraße und Neugasse" im Ortsteil A. Die Maßnahme erfolgt im Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt "Neubau eines elektronischen Stellwerks auf der rechten Rheinstrecke". Dieses Gesamtprojekt soll durch Anpassung der Signalanlagen an den derzeitigen Stand der Technik die Voraussetzung für eine wirtschaftlichere Abwicklung des Bahnbetriebs schaffen.
- 2
-
Der Kläger macht unter anderem geltend, das Vorhaben ermögliche eine höhere Zugkapazität. Deshalb sei mit einer Steigerung der Lärm- und Erschütterungsimmissionen zu rechnen. Die Schallimmissionen an seinem Wohnhaus überschritten schon heute einen gemittelten Dauerschallpegel von 75 dB(A).
- 3
-
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
-
Die genehmigte Maßnahme sei notwendig zur Rationalisierung des Betriebsablaufs und Senkung der laufenden Betriebskosten. Die Immissionsbelastung des Anwesens des Klägers steige durch das Vorhaben nicht an. Dieses führe nicht zu einer Erhöhung der Streckenkapazität und der Zugzahl. Schon deshalb liege keine Maßnahme vor, die gemäß § 41 BImSchG und der diese Bestimmung konkretisierenden Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zu Schallschutzansprüchen führe. Es fehle auch an einem erheblichen baulichen Eingriff in den Schienenweg.
- 4
-
Die Planfeststellungsbehörde habe die Lärmproblematik im Rahmen der Abwägung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG nicht aufwerfen müssen, weil das Vorhaben im Vergleich zu dem Zustand des Schienenwegs, der ohne die Planung bestünde, zu keiner Verschlechterung der Lärmsituation für die Nachbarschaft führe.
- 5
-
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde.
-
II.
- 6
-
Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 2.). Es liegt auch kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
- 7
-
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
- 8
-
Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage, ob ein in seinem Wohneigentum durch Immissionen eines benachbarten Eisenbahnbetriebs von mehr als 70 dB(A) - und damit oberhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle und der Schwelle eines enteignungsgleichen Eingriffs in sein Grundeigentum - Betroffener aus Anlass einer Planungsänderung an einer nicht planfestgestellten und nicht unter Abwägung der Eigentumsrechte dieses Lärmbetroffenen oder seiner Rechtsvorgänger betriebenen Bahnstrecke diese Schallbelastung als abwägungserheblichen Belang rügen kann.
- 9
-
Diese Frage lässt sich - soweit sie im vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist - ohne Weiteres aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten:
- 10
-
Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 5.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 66 Rn. 17), der sich der erkennende Senat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 7 A 11.10 - (Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 59 Rn. 30) ausdrücklich angeschlossen hat, sind anlässlich eines Änderungsvorhabens Lärmschutzbelange der Nachbarschaft grundsätzlich nur dann in die planerische Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung durch das Vorhaben ansteigt. Dies gilt auch dann, wenn die für den Planfall prognostizierten Belastungswerte oberhalb der zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie unzumutbarer Eingriffe in das Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts liegen. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage (eisenbahnrechtliche Planfeststellung oder Gestattung nach früher geltendem Recht) der Eisenbahnbetrieb im Ist-Zustand erfolgt, ist dabei ohne Bedeutung.
- 11
-
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen.
- 12
-
Dem genügt die Beschwerde nicht. Sie rügt vielmehr die unrichtige Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Einzelfall. Die Beschwerde zitiert umfangreich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - (BVerwGE 81, 95 = Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 1) und meint, das angefochtene Urteil verkenne bei der Beurteilung der Änderung einer Betriebsanlage der Eisenbahn die in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Luftverkehrsrecht aufgestellten Anforderungen an die rechtliche Prüfung der Wesentlichkeit einer Änderung. Das angefochtene Urteil hätte bei Berücksichtigung der in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts genannten Anforderungen an die Wesentlichkeit einer Änderung eine Planfeststellungspflicht der Gesamtanlage der Eisenbahnstrecke in Nachbarschaft des klägerischen Wohneigentums bejaht. Damit wird keine Divergenz im oben genannten Sinne dargelegt.
- 13
-
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht unrichtig angewandt. Er ist vielmehr hinsichtlich der Lärm- und Erschütterungsimmissionen des Bahnbetriebs zu dem Ergebnis gelangt, dass hier nachbarliche Interessen durch die Änderung nicht beeinträchtigt werden, weil das plangenehmigte Vorhaben keinen Einfluss auf diese Immissionen hat.
- 14
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3. Es liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
- 15
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Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Danach ist das Gericht zwar verpflichtet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfG, Beschluss vom 28. März 1985 - 1 BvR 1245, 1254/84 - BVerfGE 69, 233 <246>). Es ist jedoch nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht insbesondere schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, soweit nicht gegenteilige Anhaltspunkte vorhanden sind (BVerfG, Beschluss vom 3. April 1979 - 1 BvR 733/78 - BVerfGE 51, 126 <129>).
- 16
-
An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier. Für den Verwaltungsgerichtshof war entscheidend, dass die Immissionsbelastung des Klägers durch das Vorhaben nicht zunehmen kann. Die Frage, ob der gegenwärtige Bahnbetrieb (in vollem Umfang) rechtmäßig erfolgt, war für die Überprüfung der hier allein streitgegenständlichen Plangenehmigung nach der - für die Prüfung eines Verfahrensmangels maßgebenden - Rechtsauffassung des Gerichts erkennbar ohne Bedeutung (vgl. UA S. 6 f., 10 f.)
Tenor
Es wird festgestellt, dass die vorläufigen Gestattungen der Beklagten nach § 12 des Gaststättengesetzes vom 5. September 2014 und 12. September 2014 in der Fassung des Bescheides vom 2. Oktober 2014 sowie die Genehmigungen der Beklagten vom 5. und 12. September 2014 nach dem Landesimmissionsschutzgesetz in der Fassung des Bescheides vom 2. Oktober 2014 rechtswidrig waren.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar; die jeweiligen Kostenschuldnerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Kostengläubiger nicht vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
1
Tatbestand:
2In der Zeit vom 2. Oktober 2013 bis zum 13. Oktober 2013 fand in Essen-Rüttenscheid auf dem Messeparkplatz 2 erstmals ein „ bayerisches Oktoberfest“ in einem Festzelt statt. Nach dessen Ankündigung in der Presse wandte sich der Kläger zu 2. unter dem 29. Juli 2013 an die Beklagte und bat um Informationen zur baurechtlichen Zulässigkeit und den vorgesehenen Lärmschutzauflagen. Das Schreiben wurde nicht beantwortet. Die Beklagte holte Stellungnahmen ihres Bauordnungs- und des Bauplanungsamtes ein. Für das Bauordnungsamt teilte das Rechtsamt mit, für den Messeparkplatz bestehe ein planungsrechtlicher Vorbescheid, eine Baugenehmigung stehe noch aus. Eine Nutzung der Fläche als temporärer Festplatz sei grundsätzlich genehmigungsfähig, allerdings könne die Einhaltung der Lärmwerte problematisch sein. Da diesem Aspekt aber im Rahmen der zu erteilenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Rechnung getragen werde, gebe es baurechtlich keinen zwingenden Handlungsbedarf. Die formelle Baugenehmigung sei für die Nutzung als Festplatz völlig irrelevant, „Fluchtwege usw.“ seien rundherum großzügig vorhanden. Es beständen keine Bedenken, auf das Erfordernis einer baurechtlichen Genehmigung zu verzichten. Das Bauplanungsamt teilte mit, die Parkplatzfläche sei keinem der Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Das gelte auch für die Wohngrundstücke an der X.--------straße . Es seien die Schutzziele eines Mischgebiets einzuhalten.
3Unter dem 1.Oktober 2013 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 9 und 10 des Landesimmissionsschutzgesetzes – LImSchG –, mit denen der Beigeladenen störende Betätigungen während der Nachtruhe und die Benutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, erlaubt wurden. Die zulässigen Immissionsgrenzwerte wurde teils tageweise, teils nach Tagesabschnitten gestaffelt, auf 65 – 75 dB (A) festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Genehmigung (Beiakte Heft 1 Bl. 28-34) verwiesen.
4Mit weiterer Verfügung vom 1. Oktober 2013 wurde der Beigeladenen eine vorübergehende Gestattung nach § 12 des Gaststättengesetzes – GastG – für den Ausschank alkoholischer Getränke in der Zeit des Oktoberfestes auf dem Messeparkplatz erteilt, der Zeitrahmen wurde auf Zeiten zwischen 11.00 und 24.00 Uhr festgesetzt. An allen Veranstaltungstagen war als Betriebsende 23.00 oder 24.00 Uhr angegeben, der Gestattung war die Auflage beigefügt, der Betrieb sei so zu führen, dass weder die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke noch die Allgemeinheit erhebliche Gefahren oder Belästigungen, z. B. Geräusch- oder Geruchsemissionen, erleiden. Im Übrigen wird auf die Gestattung (Beiakte Heft1 Bl. 35-36) verwiesen.
5Nach Durchführung des Festes beurteilten die Beklagte und die Beigeladene dieses positiv. Die Veranstaltung habe 25.000 Besucher aus dem Ruhrgebiet angezogen. Es wurde erwartet, bei einer Wiederholung der Veranstaltung im Jahr 2014, bei der ein Zelt gleicher Größe geplant sei, mit etwa 35.000 Besuchern rechnen zu können.
6Den Klägern zu 1. und 2., die sich auch während des Oktoberfestes wiederholt über Lärmbelästigungen beschwerten, teilte die Beklagte unter dem 10. Dezember 2013 mit, die festgesetzten Immissionswerte seien während des Festes im Wesentlichen eingehalten worden. Es sei verständlich, dass das Fest bei den Anwohnern nicht unbedingt Verständnis finde. Es habe jedoch ein öffentliches Interesse an der Durchführung der Veranstaltung gegeben: Zwar handele es sich beim Rüttenscheider Oktoberfest nicht um eine Traditionsveranstaltung, Nachahmungen des Münchener Oktoberfests fänden aber im gesamten Bundesgebiet statt. Die Abendveranstaltungen seien insbesondere am Wochenende schnell ausgebucht gewesen, das belege das große Besucherinteresse. Die Veranstaltung bedeute einen Imagegewinn für Rüttenscheid, zumal die Besucher nach Betriebsbeendigung noch die örtliche Gastronomie aufgesucht hätten und allgemein zu Folgebesuchen des Stadtteils angeregt werden sollten. Die für die Nachtzeit bewilligten Immissionswerte seien zumutbar gewesen. Bei im Oktober zumutbarem Schließen der Fenster werde die Lärmbelastung erfahrungsgemäß zwischen 30 und 40 dB(A) reduziert.
7Nach Vorgesprächen beantragte die Beigeladene am 19. Mai 2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Oktoberfest 2014. Wegen des Standorts des Zeltes wird auf Bl.1, 8 – 10 der Beiakte Heft 1, wegen dessen äußerer Gestaltung auf Bl. 985-987 der Beiakte Heft 2 verwiesen. Es sei beabsichtigt, das Zelt in der Zeit vom 25. September 2014, 8.00 Uhr bis zum 29. September 2014 um 18.00 Uhr aufzubauen. Der Abbau solle vom 12. Oktober 2014, 8.00 Uhr bis zum 14. Oktober 2014, 18.00 Uhr dauern.
8Folgende Veranstaltungen seien vorgesehen: Am Dienstag, dem 30. September 2014 von 18.00 Uhr bis 24.00 Uhr ein Treffen von RWE-Führungskräften mit ca. 1.000 Personen.
9Von Donnerstag, dem 2. Oktober 2014, bis zum Samstag, dem 11. Oktober 2014, solle das Rüttenscheider Oktoberfest stattfinden. Das Live-Musikprogramm solle an den Werktagen bis 22.00 Uhr dauern, am Freitag, Samstag und am Eröffnungstag bis 23.00 Uhr. Nach der Live-Musik solle jeweils noch eine weitere Stunde ruhigere Musik von CDs gespielt werden.
10Zudem beantragte die Beigeladene die für die Durchführung der Veranstaltung erforderliche gaststättenrechtliche Erlaubnis.
11Unter dem 26. Mai 2014 wandten sich die Kläger, die Eigentümer und Bewohner von Wohnungen im Haus X.--------straße 11 sind, an die Beklagte. Unter Hinweis auf die Erfahrungen mit dem Oktoberfest 2013 verlangten sie, die Durchführung der Veranstaltung zu untersagen. Jedenfalls seien Schutzauflagen bei Durchführung der Veranstaltung notwendig. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte seien tagsüber an
12Werktagen auf 55 dB (A), tags an Werktagen während der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen auf 50 dB (A) und nachts auf 40 dB (A) festzusetzen. Live- Musikdarbietungen müssten um 22.00 Uhr enden. Der Auf- und Abbau der Anlagen dürfe werktags nur außerhalb der Ruhezeiten und nicht an Sonn- und Feiertagen stattfinden.
13Unter dem 11. Juli 2014 lehnte die Beklagte die Untersagung der Veranstaltung ab. Der Freizeitlärmerlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2009- Freizeitlärmerlass - regele die Zulässigkeit der maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei komplexen Veranstaltungen nicht abschließend. Es liege auf der Hand, dass bei großen Veranstaltungen schon durch die Anwesenheit des Publikums höhere Werte erzielt würden. Insbesondere werde die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach dem Landesimmissionsschutzgesetz dort nicht abschließend geregelt. Zu Einzelheiten der beabsichtigten Genehmigungen könne derzeit noch keine Auskunft gegeben werden.
14Ungeachtet eines Antrags der Kläger an das erkennende Gericht, die Veranstaltung im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, erteilte die Beklagte der Beigeladenen am 5.September 2014 eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 9 und 10 LImSchG. Es wurden für die folgenden Veranstaltungstage Ausnahmen vom Verbot von Betätigungen, die die Nachtruhe zu stören geeignet sind, und vom Verbot der Nutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, mit folgenden Immissionsgrenzwerten zugelassen.
15Donnerstag, den 2.10.2014 16.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
1622.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
17Freitag, den 3.10.2014 11.00 – 13.00 Uhr 70 dB (A)
1813.00 – 17.00 Uhr 65 dB (A)
1917.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
2022.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
21Samstag, den 4.10. 2014 11.00 – 13.00 Uhr 70 dB (A)
2213.00 – 17.00 Uhr 65 dB (A)
2317.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
2422.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
25Sonntag, den 5.10. 2014 11.00 – 13.00 Uhr 70 dB (A)
2613.00 - 17.00 Uhr 65 dB (A)
2717.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
28Montag, den 6.10. 2014 17.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
29Dienstag, den 7.10. 2014 17.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
30Mittwoch, den 8.10. 2014 17.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
31Donnerstag, den 9.10. 2014 17.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
32Freitag, den 10.10. 2014 17.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
3322.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
34Samstag, den 11.10.2014 11.00 - 13.00 Uhr 70 dB (A)
3513.00 - 17.00 Uhr 65 dB (A)
3617.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
3722.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
38Wegen der weiteren Auflagen wird auf die Genehmigung (Beiakte Heft 2 Bl. 405 -413) verwiesen.
39Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Veranstaltung, die in Anlehnung an andere ähnliche Großveranstaltungen in München, Stuttgart und Münster als Außenveranstaltung konzipiert worden sei, stehe die Zeltatmosphäre im Vordergrund, deren gemütlicher Charakter sei in Veranstaltungs- und Messehallen nicht erreichbar. Das Zelt biete etwa 3.000 Besuchern Platz, der allgemeine Schallpegel innerhalb größerer Menschenansammlungen liege erfahrungsgemäß zwischen 65 und 70 dB (A). Damit Musik noch wahrgenommen werden könne, sei es notwendig, die Beschallung mindestens 5 dB(A) höher anzusetzen.
40Die zumutbaren technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verminderung des mit der Veranstaltung verbundenen Lärms seien auf dieser Grundlage getroffen worden.
41Die Veranstaltung liege im öffentlichen Interesse. Gerade an Wochenenden zeige das Freizeitverhalten ein Bedürfnis nach großen Abendveranstaltungen. Aufgrund der Erfahrungen aus dem Vorjahr sei davon auszugehen, dass gerade die Abendveranstaltungen ausverkauft sein würden und zum Fest mindestens 25.000 Besucher zu erwarten seien. Das damit verbundene Interesse sei höher zu bewerten als das der Anlieger an der Beachtung der im Freizeitlärmerlass aufgeführten Immissionsrichtwerte.
42Die zweifelsohne zu erwartende Störung der Anwohner werde durch die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Genehmigung so weit wie möglich begrenzt und sei daher zumutbar. Die erlaubte Verkürzung der Nachtruhe an einigen Stunden für einige Tage werde sich für den größten Teil der Anwohner nicht auswirken, da der folgende Tag in der Regel arbeitsfrei sei und somit zum Ausschlafen genutzt werden könne. Da die Veranstaltung während der Herbstferien stattfinde, würden Schüler nicht besonders beeinträchtigt.
43Die Immissionsrichtwerte und –zeiten seien zudem so gewählt, dass es den Anwohnern zuzumuten sei, die Fenster für einen überschaubaren Zeitraum zu schließen und so passiven Lärmschutz von etwa 30 dB (A) zu erhalten.
44Die mit einer Zwangsgeldandrohung verbundene Genehmigung, deren sofortige Vollziehung angeordnet wurde, wurde der Beigeladenen am 8. September 2014 übersandt. Gleichzeitig wurde der Beigeladenen eine vorübergehende Gestattung vom 5. September 2014 für die oben aufgeführten Betriebszeiten in der Zeit vom2. Oktober 2014 bis zum 11. Oktober 2014 zum Ausschank alkoholischer Getränke erteilt. In ihr ist neben einer Lärmschutzbestimmung für die Nutzung von Kühlcontainern, Kühlaggregaten und Lüftungsanlagen unter anderem folgende Auflage enthalten:„Der gestattete Betrieb ist stets so zu führen, dass weder die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder die Nachbargrundstücke noch die Allgemeinheit erhebliche Gefahren oder Belästigungen, z.B. durch Geräusch- oder Geruchsemissionen, erleiden.“
45Auch bezüglich der vorübergehenden Gestattung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.
46Mit Schreiben vom 12. September 2014 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, sie habe am 12. September 2014 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für eine Abendveranstaltung für RWE-Führungskräfte am 30. September 2014 im Oktoberfestzelt erteilt ( Beiakte Heft 2 Bl. 452). Diese Genehmigung betreffe aber allein den gastronomischen Teil der Veranstaltung (Speisen- und Getränkeabgabe), nicht etwa eine über den erlaubten Rahmen hinausgehende Lautstärke von Musikdarbietungen oder eine Einschränkung der Nachtruhe. Es handele sich um eine Firmenveranstaltung, ein besonderes öffentliches Interesse an der Veranstaltung sei nicht erkennbar. Bei deren Durchführung dürften die zulässigen Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden, in Anbetracht der planungsrechtlichen Einstufung der der Veranstaltungsfläche nächstgelegenen Wohnbebauung seien an der Außenseite der Bebauung folgende Werte zulässig:
47Bis 20.00 Uhr 60 dB(A)
4820.00 – 22.00 Uhr 55 dB (A)
49Nachts, also ab 22.00 Uhr 45 dB(A).
50Mit weiterer Ausnahmegenehmigung gemäß § 10 Abs. 4 LImSchG vom 12. September 2014 erlaubte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung am 10. Oktober 2014 in der Zeit von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr die Nutzung von Geräten zur Schallerzeugung und Schallwiedergabe zur Durchführung eines Seniorennachmittags und setzte den erlaubten Immissionsrichtwert auf 70 dB (A) fest. Gleichzeitig erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine vorläufige Gestattung zum Ausschank alkoholischer Getränke für diese Zeit, deren Nebenbestimmungen der vorübergehenden Gestattung vom 8. September 2014 entsprachen.
51Am 24. September 2014 schlossen die Beteiligten vor dem erkennenden Gericht einen Vergleich im Rahmen des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens, der der Beigeladenen die Durchführung der Veranstaltung ermöglichte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins im Verfahren 19 L 1153/14 (Beiakte Heft 2 Bl 500- 506) verwiesen.
52Mit Verfügung vom 2. Oktober 2014 änderte die Beklagte die Zwangsgeldandrohungen in den Ausnahmegenehmigungen vom 5. und 12. September 2014. Mit weiterem Bescheid vom 2. Oktober 2014 ergänzte die Beklagte die vorübergehende Gestattung vom 5. September 2014 um eine Zwangsgeldandrohung. Die Änderungsbescheide wurden der Beigeladenen am 2. Oktober 2014 zugestellt.
53Die Kläger haben unter Rücknahme des am 16. September 2014 gegen die Ausnahmegenehmigung vom 5. September 2014 erhobenen Widerspruchs entsprechend dem am 24. September 2014 geschlossenen Vergleich am 2. Oktober 2014 Anfechtungsklage gegen die von der Beklagten erteilten vorläufigen Gestattungen und Ausnahmegenehmigungen mit dem angekündigten Ziel erhoben, die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen nach Durchführung des Festes feststellen zu lassen. Sie führen aus, die erteilten Genehmigungen und Gestattungen seien rechtswidrig. Ihre Wohnungen lägen in einem allgemeinen Wohngebiet, hiernach richte sich der ihnen zukommende Schutz. Bei der Durchführung des Oktoberfestes 2014 sei es wie im Vorjahr zu erheblichen Lärmbelästigungen gekommen, die festgesetzten Immissionsrichtwerte seien unzulässig überhöht. Die erteilten Erlaubnisse seien schon deshalb rechtswidrig, weil lediglich die Lärmemissionen durch die Musikveranstaltungen und die Störung der Nachtruhe erfasst worden seien, die Kommunikationsgeräusche durch den Betrieb und die Besucher und den An-und Abfahrtsverkehr habe die Beklagte überhaupt nicht bewältigt. Entsprechend sei bei der Festsetzung der Immissionsrichtwerte nicht beachtet worden, dass auch deshalb Zuschläge wegen der Ton-, Informations- und Impulshaltigkeit des Lärms zu berücksichtigen gewesen seien. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen des Freizeitlärmerlasses bei der Festlegung der Immissionsrichtwerte nicht beachtet worden. Das wiege besonders schwer, weil die dort genannten Voraussetzungen für eine Privilegierung der Veranstaltung der Beigeladenen offenbar nicht gegeben seien. Es handele sich nicht um eine traditionelle ortsgebundene Veranstaltung und auch nicht um ein seltenes Ereignis im Sinn der Freizeitlärmrichtlinie. Das scheitere schon daran, dass der Messeparkplatz weit mehr als 10 Tage im Jahr für außergewöhnliche lärmträchtige Veranstaltungen genutzt werde. So habe in der Zeit vom 30. Juli 2014 bis zum 3. August 2014 die Veranstaltung „Rü…Genuss pur 2014“ stattgefunden, in diesem Rahmen seien die Kläger nachts Immissionen mit Beurteilungspegeln von bis zu 64 dB (A) ausgesetzt worden. Darüber hinaus werde der Platz zur Veranstaltung von Flohmärkten genutzt, zudem komme es bei Großveranstaltungen in der Grugahalle nachts zu erheblichem Abreiseverkehr. Auf dem benachbarten Fußballplatz komme es darüber hinaus vielfach bei Vereinsfesten zu erheblichen Lärmbelästigungen. Selbst wenn man ein seltenes Ereignis annehmen wolle, sei der eingeräumte Zeitraum, an dem das Oktoberfest stattfinde, eindeutig zu lang. Abgesehen davon, dass auch die Beklagte im Erörterungstermin vom 24. September 2014 zugestanden habe, dass die Voraussetzungen eines seltenen Ereignisses nach dem Freizeitlärmerlass und der TA Lärm nicht vorlägen, seien die Immissionswerte für seltene Ereignisse zudem noch überschritten worden. Hierfür fehle jede Rechtfertigung, zumal Alternativstandorte für das Fest überhaupt nicht geprüft worden seien. Es sei nicht einzusehen, warum die Veranstaltung, für die ein Ortsbezug ohnehin fehle, nicht in der nahegelegenen Grugahalle durchgeführt werden könne.
54Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der Parkplatz nicht als Festplatz genehmigt sei. Das habe zur Folge, dass die Veranstaltung auch mangels Baugenehmigung rechtswidrig sei.
55Es sei zudem zu bemängeln, dass der Aufbau und Abbau des Festzeltes unter Verstoß gegen das Feiertagsgesetz und die Bestimmungen zum Schutz der Nachtruhe stattgefunden habe.
56Die Kläger beantragen,
57festzustellen, dass die Ausnahmegenehmigungen der Beklagten nach dem Landesimmissionsschutzgesetz für das „Rüttenscheider Oktoberfest“ vom 5. September 2014 mit Ergänzung vom 12. September 2014 und in der Fassung der Ergänzung vom 2. Oktober 2014 sowie die gaststättenrechtlichen Gestattungen der Beklagten vom 5. und zweimal 12. September 2014 in der Fassung der Ergänzung vom 2. Oktober 2014 rechtswidrig waren,
58hilfsweise,
59- 60
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, durch Auflagen oder Anordnungen zu den genannten Genehmigungen und Gestattungen sicherzustellen, dass bei der Durchführung des „Oktoberfestes Rüttenscheid“ 2014 an den Immissionsorten 0,5 m vor dem geöffneten Fenster der Wohnküche im EG rechts, 2. OG rechts und im 1. OG links tags bzw. des Schlafzimmers im EG rechts, im 2. OG rechts und im 1. OG links nachts im Gebäude X.--------straße 11 in Essen Beurteilungspegel von
- tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten von 55 dB (A)
62- tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB (A) und
63- nachts von 40 dB (A)
64eingehalten werden und dies durch Lärmmessungen einer anerkannten Messstelle oder eines Fachgutachters an den besagten Immissionsorten sichergestellt und bei Überschreitungen die Veranstaltung sofort abgebrochen wird,
65- 66
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, durch Auflagen oder Anordnungen gegen die Beigeladene sicherzustellen, dass der Aufbau und Abbau des Festzeltes sowie sonstiger zu der Veranstaltung gehörender Anlagen und Einrichtungen und der Sound-Check für das „Oktoberfest Rüttenscheid“ 2014 nur tagsüber außerhalb der Ruhezeiten und nicht an Sonn- und Feiertagen stattfinden und das Festzelt nur tags und außerhalb der Ruhezeiten aufgeräumt werden durfte.
Die Beklagte beantragt,
68die Klage abzuweisen.
69Sie führt aus, die Einwirkungsorte lägen in einem Mischgebiet, hiernach richte sich der Schutzbedarf der Wohnnutzung der Kläger. Das Oktoberfest sei entsprechend den Vorgaben der angefochtenen Genehmigungen durchgeführt worden. Unter Berücksichtigung der von den Besuchern ausgehenden Grundgeräusche sei hinsichtlich der Beschallung bei den Immissionsrichtwerten kein Zuschlag erforderlich gewesen. Die nach Veranstaltungsende auftretenden Kommunikations- und Verkehrsgeräusche könne der Veranstalter nicht verhindern, auch ohne diesbezügliche Auflagen wären die Ordner der Beigeladenen gegen lautes Geschrei oder andere Beeinträchtigungen eingeschritten. Die Zahl der Beschwerden sei gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, die Polizei habe keine negativen Erkenntnisse.
70Es werde nicht bestritten, dass es sich nicht um eine Traditionsveranstaltung handele. Unter Berücksichtigung des Freizeitverhaltens der Bevölkerung sei es allerdings lebensfremd, ein früheres Veranstaltungsende oder gemäßigtere Immissionsrichtwerde vorzugeben. Dann wäre die Veranstaltung von vornherein zum Scheitern verurteilt.
71Der Freizeitlärmerlass stehe der Veranstaltung nicht entgegen, dessen Regelungen seien mehrdeutig. Über die dort geregelten Sachverhalte hinaus seien Ausnahmegenehmigungen zulässig, in diesem Rahmen seien die angefochtenen Entscheidungen getroffen worden. Zuvor sei nach Alternativstandorten gesucht worden. Gegen eine Verlagerung in eine Halle spreche jedoch der angestrebte Zeltcharakter der Veranstaltung, zudem sei die Durchführung des Festes in einer Halle weder finanzierbar noch zeitlich durchführbar. Das Zelt habe auf einem unbefestigten Boden errichtet werden müssen, hierfür sei nur der Parkplatz in Rüttenscheid geeignet. Die Verbindung zu diesem Stadtteil sei notwendig, um Gästen des Festes nach Veranstaltungsende die Möglichkeit zu geben, die umliegenden Gastronomiebetriebe insbesondere an der Rüttenscheider Straße aufzusuchen.
72Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
73die Klage abzuweisen.
74Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Akte des Verfahrens19 L 1153/14 verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
75E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
76Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – bzw. in analoger Anwendung dieser Bestimmung zulässig. Die angefochtenen Entscheidungen sind insbesondere nicht vor ihrer Erledigung mit Ablauf ihrer zeitlichen Geltung bestandskräftig geworden.
77Gegen die vorläufigen Gestattungen vom 5. und 12.September 2014 haben die Kläger am 2. Oktober 2014 und damit vor Ablauf eines Monats nach Ergehen der Entscheidungen Klage erhoben, damit ungeachtet der Frage, ob und wann diese den Klägern bekanntgegeben wurden, die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO jedenfalls gewahrt. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens war insoweit nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 110 Abs. 1 und 3 Sätze 1 und 2 Nr. 8 des Justizgesetzes nicht statthaft.
78Solange sich die Ausnahmegenehmigungen nicht durch Zeitablauf erledigt hatten, mussten diese dagegen mit dem Widerspruch angefochten werden (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 110 Abs. 3 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen, § 69 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die am 2. Oktober 2014 erhobene Anfechtungsklage war insoweit bei Klageerhebung deshalb unzulässig; da der Widerspruch vom 16. September 2014 gegen die Ausnahmegenehmigung vom 5. September 2014 am 2. Oktober 2014 zurückgenommen wurde, konnte auch dieser den Eintritt der Bestandkraft nicht hindern. Den Klägern sind die angefochtenen Ausnahmegenehmigungen allerdings durch die Beklagte zu keiner Zeit bekanntgegeben worden, zudem ist die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung für die Kläger als am Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte unrichtig, da lediglich auf die Klage hingewiesen wird. Infolgedessen konnten die Ausnahmegenehmigungen bis zu ihrer Erledigung durch Zeitablauf gegenüber den Klägern mangels Laufs und Ablaufs der Widerspruchsfrist nicht bestandskräftig werden. Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens wurde mit Erledigung der Ausnahmegenehmigungen unzulässig, die von den Klägern begehrte Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit war danach nur noch im gerichtlichen Verfahren in analoger Anwendung § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO möglich. Einen hierauf gerichteten Klageantrag haben die Kläger bereits in der Klageschrift angekündigt und spätestens mit Schriftsatz vom 9.Januar 2015 bei Gericht anhängig gemacht. Dieses Begehren ist nicht fristgebunden gerichtlich geltend zu machen.
79Die Kläger sind auch klagebefugt. Sie können sich bezüglich aller angefochtenen Entscheidungen darauf berufen, dass eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte möglich erscheint.
80Soweit sich die Kläger gegen gaststättenrechtliche vorübergehende Gestattungen wenden, folgt das daraus, dass diese von Nachbarn erfolgreich angefochten werden können, wenn deren Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes ausgehen. Die Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis ist nämlich nach § 4 Abs. 1 Satz 3 GastG zu versagen, wenn solche schädlichen Umwelteinwirkungen zu befürchten sind, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG bestätigt diese Zielsetzung des Gesetzes damit, das auch nachträglich zu jeder Zeit diesem Schutzzweck dienende Auflagen bei bestehenden Betrieben erteilt werden können. Zwar enthält § 12 GastG für vorübergehende Auflagen zu schädlichen Umwelteinwirkungen keine ausdrücklichen Regelungen, ihre Erteilung ist auch unter erleichterten Voraussetzungen – was auch Erleichterungen im Bereich der Umwelteinwirkungen einschließen kann – möglich. Das stellt allerdings vorübergehende Gestattungen nicht von den Pflichten des Immissionsschutzrechts frei. Die gesetzlichen Regelungen haben auch bei vorübergehenden Gestattungen zum Ziel, die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Die Nachbarn können die sachgerechte Beachtung der immissionsrechtlichen Vorschriften im Rahmen des gerichtlichen Nachbarschutzes auch bei Entscheidungen nach § 12 GastG geltend machen.
81Die Kläger sind als Eigentümer der von den Lärmimmissionen betroffenen Wohnungen auch befugt, gegen nach ihrer Auffassung unzumutbare Belastungen durch die Veranstaltung vorzugehen, da sie damit verbundene Einschränkungen ihres Eigentums nur nach Maßgabe der Gesetze hinnehmen müssen. Zudem gehören die Kläger als Anwohner des Veranstaltungsorts auch wegen ihrer persönlichen Betroffenheit zur Nachbarschaft im Sinne des Gesetzes. Auf die in den Verwaltungsvorgängen diskutierte Frage, ob sich die Klägerin zu 1) dauerhaft im Einwirkungsbereich der Veranstaltung aufhalte, kommt es schon wegen ihres Eigentums nicht an.
82Nichts anderes gilt, soweit sich die Kläger gegen die Ausnahmegenehmigungen nach dem Landesimmissionsschutzgesetz wenden. Die Verbote der Störung der Nachtruhe und die Einschränkung der Nutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, sind nicht nur im öffentlichen Interesse erlassen worden. Sie sollen auch die von solchen Einwirkungen Betroffenen schützen und können deshalb auch gegenüber den zuständigen Behörden gerichtlich durchgesetzt werden.
83Der Klagebefugnis kann die Beklagte auch nicht, wie dies der Sache nach durch ihren Vertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist, entgegenhalten, bei seltenen Ereignissen oder Ausnahmen im Rahmen der Anwendung des Freizeitlärmerlasses sei eine Verletzung von Rechten der Nachbarn ausgeschlossen, weil wegen der zeitlichen Begrenzung der Immissionen auf wenige Tage eine Gesundheitsgefahr ausgeschlossen sei. Dieser Auffassung ist offenbar nicht zu folgen:
84Ihr steht zunächst schon entgegen, dass es bei dem hier angesprochenen Rechtsschutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG nicht nur um Immissionen geht, die Gefahren hervorrufen können, sondern auch solche Einwirkungen relevant sind, die erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft zur Folge haben können. Es tritt hinzu, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass seltene Ereignisse mit derart schwerwiegenden Beeinträchtigungen etwa durch Lärm verbunden sind, dass die Gefahrenschwelle in Rede steht. Im Übrigen ist die Funktion des Begriffs des seltenen Ereignisses in Nummer 7.2 TA Lärm bzw. Nr. 3.2 des Freizeitlärmerlasses nicht die eines Irrelevanzkriteriums, was zur Folge hätte, dass die damit einhergehenden Immissionen als von vornherein unschädlich zu bewerten wären. Das Vorkommen seltener Ereignisse rechtfertigt allenfalls, die damit verbundenen Immissionen bei der Bestimmung der von einem Dauerbetrieb ausgehenden Belastungen außer Acht zu lassen, sowohl Nr. 7.2 TA Lärm als auch Nr. 3.2 der Freizeitlärmrichtlinie lassen aber keinen Zweifel daran, dass seltene Ereignisse nach Maßgabe der jeweils getroffenen Regelungen im Einzelfall zu bewerten sind und ihre Regelung dem Ziel der Vermeidung schädlicher Umweltbeeinträchtigungen verpflichtet bleibt. Die Beachtung dieses Ziels ist auch im Rahmen des Nachbarschutzes durchsetzbar. Jede andere Handhabung würde verkennen, dass Nachbarschutz dauerhaft gewollt ist und gerade im Fall seltener Ereignisse oder bei der Anwendung von Ausnahmebestimmungen, die ein Abweichen von Schutzstandards im Einzelfall ermöglichen, garantiert sein muss, dass im Rahmen solcher Sonderfälle das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmen und ihre Begrenzung effektiv kontrolliert werden kann. Das kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass auch in Nummer 3.2. des Freizeiterlasses Immissionsrichtwerte als Höchstwerte aufgeführt sind und in Nummer 7.2 TA Lärm für seltene Fälle eine eingehende Einzelfallprüfung vorgeschrieben ist. Nichts anderes gilt erst recht, wenn über diese Begrenzungen hinaus im Wege der Ausnahme nach Nummer 3.4 der Freizeitlärmrichtlinie noch die Eingrenzungen seltener Fälle überschnitten werden. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretene entgegenstehende Auffassung führt in letzter Konsequenz zu dem untragbaren Ergebnis, dass Nachbarschutz gerade dann nicht geltend gemacht werden könnte, wenn die mit den Immissionen verbundenen Beeinträchtigungen offenbar höher sind als bei der Regelnutzung einer Anlage.
85Die Kläger haben auch ein Feststellungsinteresse. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass sie auch in Zukunft in vergleichbarem Umfang Oktoberfeste einmal jährlich nach den Maßstäben, die für dessen Zulassung im Jahr 2014 angewendet wurden, auf der Grundlage des Gaststättenrechts und des Landesimmissionsschutzgesetzes ermöglichen will. Die Beigeladene hat die Durchführung vergleichbarer Veranstaltungen in Zukunft nicht ausgeschlossen. Es ist deshalb unverkennbar, dass die Kläger auch zukünftig mit der Durchführung von Oktoberfesten am bisherigen Standort rechnen müssen. Sie haben daher ein berechtigtes Interesse an einer Klärung der Zulässigkeit solcher Veranstaltungen anhand der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der für das letzte Jahr von der Beklagten getroffenen Entscheidungen, um gegebenenfalls anhand verbindlicher Maßstäbe entscheiden zu können, ob sie deren Wiederholung hinnehmen müssen. Zur Klärung dieser Fragen durch ein gerichtliches Hauptsacheverfahren haben sich die Beteiligten zudem im Vergleich vom 24. September 2014 ungeachtet der dort in Aussicht genommenen Entschädigungen verpflichtet.
86Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Die dort aufgeführten von der Beklagten erteilten vorübergehenden Gestattungen und Genehmigungen waren rechtswidrig:
87Dabei ist vorab klarzustellen, dass vorliegend keinerlei Veranlassung bestand, Regelungen im Rahmen der Ausnahmebestimmungen nach den §§ 9,10 LImSchG zu treffen. Ungeachtet des Umstandes, dass diese Bestimmungen prinzipiell nur von Personen ausgehende und diesen zuzurechnende Verhaltensweisen betreffen, die zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen können, war der Anwendungsbereich des Landesimmissionsschutzgesetzes schon deshalb nicht eröffnet, weil die Bewältigung der mit der Veranstaltung Oktoberfest 2014 verbundenen Immissionen abschließend im Rahmen der gaststättenrechtlichen Vorschriften vorzunehmen war. Die hier anwendbare Bestimmung des § 12 GastG gibt der Beklagten auf, die Vereinbarkeit des danach zugelassenen Betriebs angesichts fehlender verbindlicher Bestimmungen aufgrund baurechtlicher Genehmigungen umfassend und damit auch einschließlich der zu erwartenden Einwirkungen auf die Umwelt abschließend und effektiv zu regeln. Für eine Ausgliederung der Betriebsdauer und der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen lässt das Gaststättengesetz als Bundesgesetz keinen Raum. Die von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 9,10 LImSchG erteilten Ausnahmegenehmigungen sind daher schon deshalb rechtswidrig, weil diese Bestimmungen nicht angewendet werden durften und eine gesetzmäßige Einschränkung der Rechte der Kläger auf dieser Grundlage ausscheidet.
88Die von der Beklagten ausgesprochenen vorübergehenden Gestattungen nach § 12 GastG sind ebenfalls rechtswidrig. Sie lassen in unzulässiger Weise schädliche Umwelteinwirkungen auf die Kläger und deren Eigentum zu und verfehlen deshalb den gesetzlichen Regelungsauftrag.
89Dazu ist zunächst allgemein festzuhalten, dass vorläufige Gestattungen den mit einem solchen Gaststättenbetrieb verbundenen Lärm nach Maßgabe der Eigenart der gestatteten Betriebsweise umfassend und vollständig zu regeln haben. Dazu gehört nicht nur die Frage der Betriebszeit und der Musikdarbietungen, sondern auch ganz essentiell die Bewältigung der Konflikte, die erkennbar durch das Publikum und den der Veranstaltung zurechenbaren Straßen- und Zugangsverkehr hervorgerufen werden. Dass solche Konflikte in erheblichem Umfang zu erwarten waren, war angesichts der großen Zahl der Besucher der Veranstaltungen und der Lage der Betriebsstätte außerhalb öffentlicher Verkehrswege offenkundig. Es ist nicht ansatzweise zu erkennen, was die Auffassung der Beklagten rechtfertigen soll, Umstände dieser Art seien der Beigeladenen nicht zuzurechnen und bedürften deshalb keiner Beachtung im Rahmen der Zulassung des Betriebs.
90Dem gesetzlichen Regelungsauftrag werden die vorläufigen Gestattungen nicht gerecht. Sie sind sämtlich unbestimmt, da in ihnen verbindliche Bestimmungen dazu fehlen, welche Werte die Beigeladene nicht überschreiten darf. Die in ihnen enthaltenen Auflagen verweisen, von lediglich Randbereiche betreffenden Aussagen zum Betrieb technischer Einrichtungen abgesehen, ohne nähere einzelfallbezogene Angaben auf die gesetzlichen Verpflichtungen zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen. Angesichts der offenkundig zu erwartenden erheblichen Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner genügt dies nicht der Pflicht, durch die konkrete Festsetzung von Immissionsrichtwerten den Nachbarschutz effektiv und überprüfbar zu regeln. Die Beklagte handelt daher schon durch die Erteilung vorläufiger Gestattungen nach § 12 GastG, die - wie vorliegend – dieser Steuerungspflicht zu Lasten der Anwohner nicht genügen, rechtswidrig. Sie verletzt damit zugleich die Rechte der Anwohner, die aufgrund der aufgezeigten Nachbarrechte Anspruch darauf haben, dass zu ihrem Schutz effektiv schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden.
91Das gilt umso mehr, als die Entscheidungen erkennbar nicht auf Verwirklichung angelegt sind. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird.
92Unabhängig davon gilt: Selbst wenn man entgegen dem vorstehenden Ansatz zu Gunsten der Beklagten die Regelungen in den Ausnahmegenehmigungen sowie die Zwangsmittelandrohungen vom 2. Oktober 2014 in eine Gesamtbetrachtung, ob unter Beachtung aller Regelungen verlässlich tatsächlich schädliche Umwelteinwirkungen zu Lasten der Kläger verhindert wurden, einbeziehen wollte, bleiben die vorläufigen Gestattungen rechtswidrig Das in der Gesamtheit der Regelungen verwirklichte Konzept zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bleibt in entscheidender Weise hinter den gesetzlichen Anforderungen zurück. Es kann daher offen bleiben, ob und wie diese Regelungen einem Anspruch der Kläger, die Rechtswidrigkeit der Gestattungen und Genehmigungen festzustellen, entgegengehalten werden könnten.
93Für die Veranstaltung mit RWE-Mitarbeitern am 30.September 2014 gilt das schon deshalb, weil es hierfür keine wirksame Begrenzung der Immissionen in der Gestattung vom 12. September 2014 zu Gunsten der Nachbarschaft gab. Das beruht, wie sich aus dem Schreiben der Beklagten an die Beigeladene vom gleichen Tag ergibt, auf der Annahme, es gebe ohnehin keinen Anlass für eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 9,10 LImSchG und es sei Aufgabe der Beigeladenen, für die Beachtung der Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet zu Gunsten der Anwohner an der X.--------straße zu sorgen.An dieser Einschätzung ist allein die Bestimmung des zu Gunsten der Kläger einzuhaltenden Schutzniveaus zutreffend. Die Umgebung der Wohnhäuser ist zutreffend als diffus bzw. keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung zuzuordnen bewertet worden. Angesichts der großen Parkplatzflächen und des Kraftwerks in der Umgebung der Wohnhäuser handelt es sich um eine Innenbereichsbebauung, die lediglich auch dem Wohnen dient. Die daran anknüpfende Festlegung auf den Schutzstandard eines Mischgebiets wird von der Kammer geteilt.
94Für einen Verzicht auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten für diese Veranstaltung gibt es dagegen keinerlei Rechtfertigung. Es ist unverkennbar, das eine bis Mitternacht dauernde Veranstaltung der Außengastronomie, die hier angesichts der Durchführung in einem Zelt ohne besondere Schallschutzeinrichtungen ohne Zweifel anzunehmen ist, bei zu einer erwartenden Gästezahl von etwa 1.000 Besuchern und einem gleichzeitigen Musikprogramm einer effektiven Gestaltung des Lärms im Rahmen einer Gestattung bedarf. Dass dies nicht geschehen ist, beruht erkennbar nicht allein auf der fehlerhaften Annahme, der von den Besuchern verursachte Kommunikations- und Verkehrslärm sei unbeachtlich. Es wird auch deutlich, dass die Beklagte zu keiner Zeit ihrer Pflicht nachgekommen ist, die zu erwartenden Immissionen ordnungsgemäß zu erfassen und auf dieser Basis eine sachverständige Lärmprognose zu erstellen. Dazu war die Beklagte gerade zur Verhinderung schädlicher Umwelteinwirkungen aber verpflichtet. Dem kann nicht entgegengehalten werden, entsprechende Daten hätten nicht vorgelegen. Wenn die Beklagte nicht aufgrund eigener Sachkunde eine tragfähige Bewertung vornehmen kann, hat sie entweder dem Veranstalter aufzugeben, hierzu tragfähige Unterlagen beizubringen, oder aber selbst Sachverständige einzuschalten. Dem kann sich die Beklagte nicht dadurch entziehen, dass sie ohne vollziehbare Regelungen dem Veranstalter lediglich die allgemein für die Anwohnergrundstücke geltenden Immissionsrichtwerte mitteilt und hinnimmt, dass deren Beachtung – wie vorliegend – angesichts des Charakters der gestatteten Veranstaltung offenbar nicht möglich ist. Die Kenntnis der Beklagten von diesen Umständen ist für die Kammer offenkundig, sie ergibt sich zwanglos aus der Begründung der Ausnahmegenehmigung vom 5.September 2014. Dort heißt es, der Mittelungspegel innerhalb größerer Menschenansammlungen liege erfahrungsgemäß zwischen 65 und 70 dB (A) und es sei, um die Wahrnehmung von Musik in diesen Fällen sicherzustellen, notwendig, die Beschallung um mindestens5 dB (A) höher anzusetzen. Wie es angesichts solcher Vorkenntnisse der Beigeladenen möglich sein sollte, ab 20.00 Uhr einen Immissionsrichtwert von 55 dB (A) und ab 22.00 Uhr einen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) zugunsten der Kläger einzuhalten, entbehrt jeder Erklärung.
95Auch soweit für die sonstigen Veranstaltungen des Oktoberfestes Immissionsrichtwerte in den Ausnahmegenehmigungen festgesetzt worden sind, genügen diese nicht den rechtlichen Anforderungen, sie bleiben teilweise unbestimmt, sind nicht ordnungsgemäß ermittelt worden und zudem überhöht.
96Dabei ist vorab festzuhalten, dass es keine verbindlichen Regelungen für die Veranstaltungen auf der Grundlage der TA Lärm gibt, diese ist vorliegend nicht anwendbar. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei dem Gaststättenbetrieb in einem Festzelt um eine nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlage, die nach Überzeugung der Kammer in gleicher Weise wie Freiluftgaststätten dem Anwendungsbereich der TA Lärm nach deren Nr. 1 Satz 2 Buchstabe b entzogen sind.
97Maßgeblich für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen vorliegen, ist vielmehr eine wertende Beurteilung des Einzelfalls, die sich an den Regelungen des Freizeitlärmerlasses orientiert. Dieser Erlass beruht auf der Freizeitlärmrichtlinie des Länderausschusses der für Immissionsschutzfragen zuständigen obersten Landesbehörden und setzt diese in Nordrhein-Westfalen in sachverständiger Weise um. Der Erlass bezieht nach seiner Nr. 1 im vierten Absatz über die Musikdarbietungen in Zelten hinaus Anlagen der Außengastronomie ausdrücklich in seinen Anwendungsbereich ein. Die Kammer sieht keine Veranlassung, diese auf sachverständigen Erkenntnissen beruhenden Maßstäbe im Rahmen der von ihr zu treffenden konkreten Abwägungsentscheidung nicht anzuwenden. Die dort niedergelegten Grundsätze sind für die Kammer zwar nicht verbindlich, sie haben aber die Bedeutung einer Orientierungshilfe, der sich die Kammer bei der konkreten Beurteilung des Oktoberfestes bedient. Das entspricht erkennbar auch der Praxis der Beklagten, die sich gerade auf die Ausnahmebestimmungen des Freizeitlärmerlasses beruft.
98In diesem kommt zunächst zum Ausdruck, dass Anlagen der Außengastronomie im Grundsatz gegenüber anderen gewerblichen Betätigungen nur geringfügig privilegiert sind. Sie werden in Nr. 3. 1 und Nr. 4 des Erlasses im Grundsatz wie sonstige Anlagen im Sinne des § 3 Abs.5 Nr. 1 BImschG Immissionsrichtwerten unterworfen, die sich an Nr. 6.1 TA Lärm für gewerbliche Betätigungen orientieren. Diese Werte sind auch Grundlage für die Beurteilung, ob bei vorübergehenden Gestattungen nach § 12 GastG Erleichterungen zugestanden werden können. Hier könnte zwar der Umstand, dass es sich nicht um dauerhafte Belastungen handelt, im Einzelfall geringfügige Überschreitungen rechtfertigen. Das bedeutet allerdings entgegen der von der Beklagten in ihren Entscheidungen zugrunde gelegten und in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekräftigten Auffassung nicht, dass die Schutzgüter der §§ 4 Abs.1 Nr. 3, 5 Abs.1 Nr. 3 GastG außer Betracht bleiben könnten oder ihnen geringeres Gewicht zugemessen werden darf. Die Erleichterungen können sich beispielsweise darauf beziehen, dass in Ausnahmefällen, in denen die Beachtung der Immissionsrichtwerte nicht nachgewiesen ist zur Vermeidung unverhältnismäßigen Aufwandes darauf verzichtet werden kann, vom Veranstalter den Nachweis zu verlangen, dass er mit seiner Immissionsprognose auf der „sicheren Seite“ liegt. Für eine spürbare Überschreitung von Immissionsrichtwerten gibt die Möglichkeit erleichterter Zulassung aber keine Rechtfertigung. Da die Beklagte rechtswidrig davon abgesehen hat, die mit der Außengastronomie verbundenen Immissionen überhaupt zu regeln, bedarf das keiner Vertiefung. Es bedarf deshalb auch keines Eingehens auf die Frage, ob die in § 9 LImSchG angelegte Privilegierung der Außengastronomie, die in Nr. 4 des Freizeitlärmerlasses aufgenommen wird, hingenommen werden kann, wonach von solchen Betrieben ausgehender Lärm bis 24.00 Uhr nicht vollständig den Bestimmungen über die Nachtruhe unterliegt. Mit dem bundesrechtlich in Nr. 6.3 der TA Lärm zum Ausdruck kommenden, für das Gaststättenrecht verbindlichen Verständnis der Nachtzeit könnte dies unvereinbar sein, eine hieran orientierte Praxis deshalb gegen Art. 31 GG verstoßen.
99Für die Musikdarbietungen und die damit verbundenen Lärmeinwirkungen gelten diese Privilegierungen ohnehin nicht. Die Ausnahmebestimmungen der Nr. 4 des Freizeitlärmerlasses erfassen allein den Betriebslärm, der üblicherweise von Außengaststätten ausgeht. Die für diese vorgesehenen Begünstigungen auf Musikveranstaltungen auszudehnen, gibt es keine Veranlassung. Musikveranstaltungen sind – unabhängig davon, ob sie mit einen Gaststättenbetrieb verbunden sind oder nicht – allein an den Regelungen der Nr. 3 der Freizeitlärmrichtlinie zu messen. Für sie gilt, dass ihnen, wie Nr. 3.1 des Erlasses belegt, prinzipiell keine Erleichterung gegenüber anderen gewerblichen Nutzungen zu Gute kommt. Dabei ist klarzustellen, dass es für die Bewertung des Lärms vorliegend nicht genügt, allein auf den von Lautsprechern bzw. den Musikinstrumenten verursachten Lärm abzustellen. Bei den maßgeblichen Emissionen ist vielmehr zu beachten, dass das Fest gerade darauf angelegt ist, die Besucher zum Mitsingen zu bewegen. Der hierdurch verursachte möglicherweise zusätzliche Veranstaltungslärm ist bei der Lärmprognose zu beachten.
100Die von der Beklagten bezüglich der Musikveranstaltungen festgelegten Immissionsrichtwerte übersteigen massiv die Begrenzungen, die für Mischgebiete zu beachten sind. Damit steht fest, dass die von der Beklagten in den Ausnahmegenehmigungen festgelegten Immissionsrichtwerte nur dann gerechtfertigt wären, wenn sie den besonderen Anforderungen der Nr. 3.2 bzw. 3 .4 des Freizeitlärmerlasses entsprechen würden. Das ist nicht der Fall.
101Dabei genügt es bei Veranstaltungen der vorliegenden Art schon im Ausgangspunkt nicht, lediglich Immissionsrichtwerte festzusetzen. Ungeachtet des durch die Besucher erzeugten Lärms ist – insbesondere vor dem Hintergrund, dass es bereits im Vorjahr erhebliche Beschwerden über die Auswirkungen der Lautsprecheranlagen gegeben hatte – in aller Regel wie auch vorliegend erforderlich, Regelungen an den Emissionsquellen zu treffen und bereits technisch durch Sicherungen an den Anlagen zur Schallerzeugung und zur Schallwiedergabe auszuschließen, dass deren Auswirkungen zu Überschreitung den von Grenzwerten führen (s. dazu auch Nr. 5 des Freizeitlärmerlasses).
102Der für solche Maßnahmen notwendige Beschallungsplan war unabdingbar, um im Zusammenhang mit der anzustellenden Lärmprognose überhaupt nachvollziehbar zu begründen, dass die vorgesehen Immissionsrichtwerte den notwendigen Schutz der Nachbarschaft tatsächlich gewährleisten. Die für die Berechnung des maßgeblichen
103Beurteilungspegels erforderlichen Grundlagen waren zudem auch deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte in unzulässiger Weise den Kommunikations- und Verkehrslärm bei der Festlegung der Auflagen zur Ausnahmegenehmigung außer Betracht gelassen hat. Erst recht fehlt eine Bewertung des Lärms, die die Informations- und Impulshaltigkeit der Lärmquellen bei der Berechnung des festgelegten Beurteilungspegels angemessenen berücksichtigt. Dass hier Zuschläge wegen der Informationshaltigkeit notwendig waren, ergibt sich schon aus dem hohen Wiedererkennungswert des durch bekannte Musiktitel geprägten Programms und die anschaulich durch Nachbarbeschwerden geschilderte besondere Belastung daraus, dass stündlich mehrfach ein Tusch auf das „Prosit der Gemütlichkeit“ gespielt wurde. Dass daneben noch die Belastung durch die Impulshaltigkeit der Musikdarbietungen bei der Festlegung des Beurteilungspegels einzubeziehen war, hat die Beklagte ebenfalls nicht beachtet.
104Ungeachtet dessen sind die festgesetzten Immissionsrichtwerte unabhängig von den aufgezeigten Fehlern auch als solche nicht nach Ziffer 3.2. des Freizeitlärmerlasses zu rechtfertigen. Die Beklagte hat schon im Erörterungstermin am 24. September 2014 zugestanden, dass das Oktoberfest nicht als seltenes Ereignis nach dieser Bestimmung angesehen werden kann. Das ergibt sich schon zweifelfrei daraus, dass die Immissionsrichtwerte deren Höchstwerte an allen Tagen in den Ruhezeiten und am 2.,3.,4.,10. und 11. Oktober 2014 zum Teil erheblich überschreiten. Es ist zudem durch nichts gerechtfertigt, dass ohne Begründung auf eine Begrenzung durch Richtwerte für Geräuschspitzen verzichtet worden ist. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass die Vorbelastung zumindest durch die Veranstaltung von „Rü…Genuss pur 2014“ in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist. Ausweislich der Genehmigung für diese fünftägige Veranstaltung vom 2. Juli 2014 wurden auch hierfür Immissionsrichtwerte zu Lasten der Kläger zugelassen, die bei einem seltenen Ereignis bewilligt werden können. Die Kammer hält es für gerechtfertigt, auch für Einzelveranstaltungen die Einschätzung als seltenes Ereignis zuzulassen und deren immissionsrechtliche Zulässigkeit an den hierfür geltenden Grenzen zu messen. Der Freizeitlärmerlass lässt solche Überschreitungen im Rahmen einer Dauergenehmigung für eine Anlage aber nur an 10 Tagen im Jahr zu. Es spricht nichts dagegen, auch bei mehreren Einzelveranstaltungen an einem Ort diese Höchstbegrenzung für seltene Ereignisse für verbindlich zu halten und daraus abzuleiten, dass jedenfalls auf dem Messeparkplatz nur noch an weiteren fünf Tagen ein seltenes Ereignis im Sinne des Freizeitlärmerlasses stattfinden durfte. Dafür streitet das Ziel, Nachbarn von Vergnügungsstätten nur in einen begrenzten Zeitraum im Jahr solche erheblichen Beeinträchtigungen zuzumuten. Dem steht auch
105nicht die Sonderregelung in Nr. 3.2 c des Freizeitlärmerlasses entgegen, wonach unzumutbare Geräuschbelästigungen jedenfalls bei Überschreitung der Werte nach Nr. 3.1 des Freizeitlärmerlasses anzunehmen sind, wenn diese am selben Einwirkungsort an insgesamt mehr als 14 Kalendertagen eines Jahres auftreten. Diese Bestimmung erweitert nicht die Zahl der Tage, an denen an einem bestimmten Ort seltene Ereignisse stattfinden dürfen, sondern verpflichtet die Behörde, nötigenfalls zur Vermeidung einer Gesamtbelastung der Nachbarn von mehr als 14 Kalendertagen im Jahr, die Zahl der seltenen Ereignisse an einem Ort unter 10 Tage zu begrenzen.
106Die von der Beklagten festgelegten Immissionsrichtwerte können auch nicht durch die Überlegung gerechtfertigt werden, beim Rüttenscheider Oktoberfest seien die Voraussetzungen einer Ausnahme nach Nr. 3.4. des Freizeitlärmerlasses anzunehmen. Danach kann von den Begrenzungen der Nr. 3.1 und 3.2. des Erlasses abgewichen werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Durchführung der Veranstaltung angenommen wird und dieses rechtfertigt, die Belange der Anwohner zurückzustellen. Die Ausnahme kann nur bejaht werden, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass das Schutzbedürfnis der Wohnnutzung zurücktreten muss.
107Die Kammer betont dabei, dass das die Ausnahme ermöglichende und rechtfertigende öffentliche Interesse nicht einer ungesteuerten Vielfalt von öffentlichen Belangen eröffnet ist. Allgemeine Belange etwa der Wirtschafts- und Tourismusförderung oder fiskalische Interessen haben in diesem Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung. In den immissionsrechtlichen Grundsätzen der Nr. 2 des Freizeitlärmerlasses wird zu Recht darauf abgestellt, dass dessen Regelungen auf den Grad der mit der Veranstaltung verbundenen Belästigung abstellen und die Wertungen hierzu aufnimmt, die der Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers entsprechen. Darin kommt zum Ausdruck, dass gerade die Bewertung von Freizeitveranstaltungen je nach ihrem Anlass von Anwohnern unterschiedlich wahrgenommen wird und die Toleranz gegenüber Lärmeinwirkungen selbstverständlich auch davon abhängt, ob diese durch besondere Ereignisse veranlasst sind. Es ist unverkennbar, dass Immissionen trotz eines höheren Lärmaufkommens als sozialadäquat und damit im Sinne des Umweltrechts unschädlich akzeptiert werden, wenn ihr Anlass in der örtlichen Gemeinschaft der Umgebung einen hohen und allgemein anerkannten Stellenwert besitzt.
108Diesen Ansatz übernimmt Nr. 3.4 des Freizeitlärmerlasses, wenn dort ausgeführt wird, bei Veranstaltungen könnten für die Annahme von Ausnahmen deren historische, kulturelle oder sonst sozialgewichtige Grundlagen berücksichtigt werden. Eine vergleichbare Wertung findet sich auch in § 9 Abs. 3 LImSchG für ortsrechtliche Bestimmungen zur Einschränkung der Nachtruhe. Diese Regelungen beruhen auf der Erkenntnis, dass Volks- und Gemeindefeiern, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und städtischen Lebens gehören. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig mit Beeinträchtigungen der Nachbarschaft verbunden sind. Verständige Nachbarn werden die damit verbundenen Geräuschentwicklungen deshalb in aller Regel in höherem Maß akzeptieren als die der sonstigen, nicht durch konkrete örtliche Bezüge ausgelöste Freizeitbetätigungen. Das gilt insbesondere, wenn es sich um ein außergewöhnliches und weitgehend einmaliges Ereignis handelt oder aber eine langjährige, mit dem Veranstaltungsort verbundene Traditionsveranstaltung (etwa Cranger Kirmes, Karnevalsveranstaltungen) betrifft, auf deren regelmäßige Wiederkehr sich die Umgebung eingerichtet hat und der sie notfalls dadurch ausweicht, das die Wohnnutzung in der Umgebung kurzfristig aufgegeben wird. Soweit keine solche Tradition besteht, kann eine vergleichbare Toleranz allerdings nur erwartet werden, wenn die mit der Veranstaltung verbundenen Ziele ein vergleichbares Gewicht für die örtliche Gemeinschaft am Veranstaltungsort aufweisen, die redlicherweise erwarten lassen, dass die verständigen Anwohner die berechtigten Belange der Wohnbedürfnisse zurückstellen. Nur wenn diese Voraussetzungen im Rahmen einer konkreten ergebnisoffenen Abwägung, in die auch die Schutzbedürfnisse der Anwohner eingestellt werden, erfüllt sind, kann die Überschreitung der Werte nach Nr. 3.2 und 3.2 des Freizeitlärmerlasses im Einzelfall hingenommen werden.
109Diesen Anforderungen genügen die Erwägungen der Beklagten offenbar nicht. Schon der Ausgangspunkt, es gebe ein verändertes Freizeitverhalten und ein daran anknüpfendes Bedürfnis nach Ausweitung eines abendlichen Freizeitangebots in Großveranstaltungen, lässt eine Grundlage für eine daran anknüpfende Beschränkung des Schutzes der Wohnbevölkerung nicht erkennen. Der Sache nach ist das lediglich die Umschreibung eines weiteren Freizeitangebots aus schlicht kommerziellen Interessen, für das wie für jegliche andere gewerbliche Tätigkeit verlangt werden kann, dass die bestehenden rechtlichen Grenzen solcher Betätigungen beachtet werden müssen und das nur verwirklicht werden kann, wenn dies am vorgesehenen Standort ohne Nutzungskonflikte möglich ist. Das hat selbstverständlich zur Folge, dass bestimmte Veranstaltungen schon auf dieser Ebene am vorgesehenen Ort nicht zulässig sind. Dementsprechend formuliert Nr. 2 des Freizeitlärmerlasses am Ende, dass es möglich ist, dass die Genehmigungsfähigkeit einer Veranstaltung bauplanungsrechtlich nicht herbeigeführt werden kann.
110Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, es gebe eine besondere Nähe der Veranstaltung zu Rüttenscheid und für diesen Stadtteil habe die Veranstaltung besondere Bedeutung. Schon eine besondere Nähebeziehung zum Stadtteil vermag die Kammer nicht zu erkennen. Deren inhaltliche Gestaltung ist von örtlichen Bezügen völlig unabhängig, sie weist insoweit keinerlei Besonderheiten gegenüber anderen inzwischen dutzendfach allein in Nordrhein-Westfalen zeitnah oder gleichzeitig durchgeführten Oktoberfesten auf. Die Nähe zur Rüttenscheider Straße und dem dort vorhandenen Gastronomieangebot, das von den Gästen im Anschluss an die Veranstaltung wahrgenommen werden könne, erhöht lediglich die Attraktivität des kommerziell begründeten Festes für Besucher, denen der schlichte Besuch des Festes nicht genügt. Es handelt sich dabei allerdings nur um einen Standortvorteil für die Veranstalter, keineswegs um ein in der örtlichen Gemeinschaft wurzelndes, über Gewinninteressen hinausgehendes Bedürfnis. Dass ein anderer Platz für ein Festzelt in Rüttenscheid nicht vorhanden und die Veranstaltung in der Halle auch zu teuer sein soll, ist unerheblich. Die Konsequenz daraus ist allein, dass das Fest dann in Rüttenscheid nicht stattfinden kann, nicht aber, dass Nachbarinteressen unberücksichtigt bleiben müssen, um dem Veranstalter des Fests zum geschäftlichen Erfolg zu verhelfen.
111Die Entscheidung der Beklagten ist daher schon mangels eines hinreichenden, in den Besonderheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelnden Anlasses historischer, kultureller oder sozialgewichtiger Art nicht tragfähig. Sie ist auch im Übrigen durch fehlende Rücksicht auf die berechtigten Belange der Anwohner gekennzeichnet. Den Verwaltungsvorgängen ist eindeutig zu entnehmen, dass zu keiner Zeit auch nur erwogen wurde, das Fest könne wegen der von ihm ausgehenden massiven Belästigungen nicht zuzulassen sein. Alle Entscheidungen, die von der Beklagten getroffen wurden, waren allein durch das Ziel bestimmt, den wirtschaftlichen Erfolg und damit die Durchführung der Veranstaltung zu ermöglichen. Das wird nicht zuletzt dadurch erkennbar, dass die Beklagte zu keiner Zeit in Erwägung gezogen hat, das schon die bloße Dauer der Veranstaltung und die damit verbundene massive Beeinträchtigung der betroffenen Wohnbevölkerung ungewöhnlich schwerwiegend sind und schon dies ein überragendes örtliches Interesse an der Realisierung des Oktoberfestes verlangte.
112Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn
- 1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird, - 2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder - 2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde, - 3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt, - 4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.
(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung
- a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und - b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze
- 1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit, - 2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder - 3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.