Sozialgericht Mannheim Urteil, 12. Juli 2010 - S 9 SO 1354/10

published on 12/07/2010 00:00
Sozialgericht Mannheim Urteil, 12. Juli 2010 - S 9 SO 1354/10
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Tenor

1. Unter Abänderung der Bescheide vom 11.12.2009 und vom 4.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.3.2010 und des Änderungsbescheides vom 12.5.2010 wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit von Januar bis Dezember 2010 unter Berücksichtigung eines monatlichen Beitrages zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 327,19 EUR höhere Leistungen zu gewähren.

2. Die Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten.

Tatbestand

 
Die 87-jährige Klägerin macht im Rahmen der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) für die Zeit seit Januar 2010 (bis Dezember 2010) höhere Leistungen zur Finanzierung ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung geltend.
Die Klägerin erhält schon seit längerem Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel des SGB XII) und Hilfe zur Pflege (7. Kapitel des SGB XII).
Mit Bescheiden vom 11.12.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin auch für das Kalenderjahr 2010 Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von monatlich 426,20 EUR und nach dem 7. Kapitel des SGB XII. Für die private Kranken- und Pflegeversicherung wurden hierbei - wie schon für die Zeit seit Mai 2009 - weiterhin nur 147,33 EUR berücksichtigt.
Am 11.1.2010 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 11.12.2009 Widerspruch und beantragte zugleich, die für den Leistungszeitraum ab Mai 2009 erteilten Bescheide nach § 44 Sozialgesetzbuch X (SGB X) zu überprüfen. Es führe zu einem verfassungswidrigen unauflösbaren Wertungswiderspruch, wenn der Sozialhilfeträger unter Rückgriff auf § 12 Abs. 1 c Satz 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) nur den Versicherungsbeitrag übernehme, der bei einem Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung anfalle. Ihr könne nicht zugemutet werden, die Differenz aus ihrer Regelleistung zu tragen. Dies verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip, wonach es Sache des Staates sei, eine ausreichende Fürsorge und das Existenzminimum sicherzustellen.
Mit Bescheiden vom 4.3.2010 teilte der Beklagte der Klägerin mit, für die Zeit von April 2010 bis Dezember 2010 könnten bei den Leistungen nach dem 4. und 7. Kapitel nur noch ein Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung von 144,09 EUR monatlich anerkannt werden. Ab dem 1.1.2010 habe sich nämlich für die Bezieher von Arbeitslosengeld II der entsprechende Beitrag reduziert.
Am 8.3.2010 wies der Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung seiner bisherigen Ausführungen zurück: Wenn die S I von der Klägerin einen höheren Beitrag fordere, bestehe darauf kein Rechtsanspruch: Nach dem VAG könne der Sozialhilfeträger nur noch denjenigen Beitrag übernehmen, der für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Versicherung anfalle. Dies seien monatlich 129,54 EUR (Krankenversicherung) und 17,79 EUR (Pflegeversicherung).
Am 6.4.2010 erhob die Klägerin -der Rechtsmittelbelehrung entsprechend- gegen die Bescheide vom 4.3.2010 Widerspruch und beantragte sodann unter Bezugnahme auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Widerspruchsverfahren ruhend zu stellen. Hiermit erklärte sich der Beklagte einverstanden.
Zugleich hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 9.3.2010 dazu an, dass beabsichtigt sei, für die Zeit von Mai 2009 bis Dezember 2009 an den bisherigen Bescheiden festzuhalten. Die Klägerin könne sich hierzu bis zum 9.4.2010 äußern.
Am 12.4.2010 hat die Klägerin (gegen den Widerspruchsbescheid vom 8.3.2010) Klage zum Sozialgericht erhoben und führt aus, sie sei bei der S I im sogenannten Basistarif versichert. Seit dem 1.1.2010 belaufe sich der monatliche Gesamtbeitrag auf 327,19 EUR (Private Krankenversicherung: 290,63 EUR, Private Pflegeversicherung: 36,56 EUR). Gleichwohl übernehme der Beklagte im Rahmen der Sozialhilfe nur einen monatlichen Beitrag von 147,33 EUR. Das Sozialgericht Karlsruhe habe festgestellt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ nicht durch einen Rückgriff auf § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG eingeschränkt werden könne.
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Somit beantragt die Klägerin,
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unter Abänderung der Bescheide vom 11.12.2009 und vom 4.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.3.2010 und des Änderungsbescheides vom 12.5.2010 wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit von Januar bis Dezember 2010 unter Berücksichtigung eines monatlichen Beitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 327,19 EUR höhere Leistungen zu gewähren.
12 
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt unter Bezugnahme auf seine bisherigen Ausführungen,
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die Klage abzuweisen.
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Ergänzend legte er den Änderungsbescheid vom 12.5.2010 vor (Pflegesatzänderung ab dem 1.6.2010).
15 
Ein Eilantrag der Klägerin vom 11.5.2009 ist erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 19.5.2009 - S 9 SO 1541/09 ER): Es stehe mit den gesetzlichen Vorschriften in Übereinstimmung, wenn der Beklagte für die private Kranken-und Pflegeversicherung nur noch einen monatlichen Betrag von 147,33 EUR anerkenne. Der gesetzlichen Systematik könne entnommen werden, dass die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus der Reduzierung des Beitrages für Hilfebezieher ergeben, alleine zulasten des Systems der privaten Kranken-und Pflegeversicherung gehen sollen. Hieraus sei abzuleiten, dass die Klägerin primär gehalten sei, ihren Anspruch auf Beitragsreduzierung gegenüber der S I geltend zu machen. Es können nicht Sache des Sozialhilfeträgers sein, der Klägerin für ihre private Kranken- und Pflegeversicherung Leistungen zu erbringen, die sie zivilrechtlich gar nicht schulde.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte des Beklagten (6 Bände) und auf die Prozessakte sowie die genannte Verfahrensakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zulässig und erstreckt sich dem angefochtenen Ausgangsbescheid vom 11.12.2009 entsprechend auf den Leistungszeitraum von Januar bis Dezember 2010. Somit sind die Folgebescheide vom 1.3.2010 vom 12.5.2010 in das laufende Widerspruchs- bzw. Klageverfahren einbezogen worden (§§ 86 und 96 SGG).
18 
Die Klage ist begründet.
19 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Übernahme ihrer Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der Sozialhilfe nach dem SGB XII erfüllen. § 32 Abs. 5 SGB XII enthält für die Höhe dieses Anspruches keine betragsmäßige Begrenzung, sondern sieht vor, dass diese Beiträge vom Sozialhilfeträger zu übernehmen sind, „soweit sie angemessen“ sind.
20 
Wenn § 12 Abs. 1c VAG diese offene Regelung betragsmäßig begrenzt, führt dies nach Auffassung des Gerichtes zu einem offenkundigen gesetzgeberischen Regelungswiderspruch, der unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes des vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung dahin aufzulösen ist, dass Sozialhilfebezieher, die kraft Gesetzes verpflichtet sind, eine private Kranken- und Pflegeversicherung zu begründen bzw. aufrechtzuerhalten und keinen Zugang zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung haben, durch den Sozialhilfeträger die Übernahme ihrer Beiträge im Basistarif - oder falls der reale Tarif niedriger ist in diesem Tarif - beanspruchen können. Denn der Gesetzgeber handelt in dieser Situation grob sozialstaatswidrig und verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Normenklarheit (vgl. hierzu Jarras/Pieroth, GG, 10. Auflage 2009, Art. 20 Rdnrn 57 f.), wenn er auf der einen Seite den genannten Personenkreis, der offenkundig nicht in der Lage ist, sein menschenwürdiges Existenzminimum aus eigener Kraft zu sichern, im Bereich der privaten Kranken- und Pflegeversicherung einem Kontrahierungszwang unterwirft, diesem aber auf der anderen Seite im Rahmen der Sozialhilfe die erforderlichen Mittel zur Beitragszahlung vorenthält. Darauf laufen die Vorschriften im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und im VAG jedoch hinaus. Denn § 193 (vor allem Abs. 3 und Abs. 6) VVG verpflichtet den genannten Personenkreis, sich bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Krankheit und Pflege zu versichern. Die Versicherungsunternehmen werden verpflichtet, diesem Personenkreis den sogenannten „Basistarif“, der dem Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gleichwertig sein muss, anzubieten. Gleichwohl können diese -mittellosen- Personen nach § 12 Abs. 1 c (vor allem Sätze 4 und 6) VAG vom Sozialhilfeträger lediglich den Betrag beanspruchen, der bei Bezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II in Form einer Pauschale an den dann zuständigen gesetzlichen Versicherungsträger abzuführen wäre. Hierdurch kommt es zwangsläufig zu einer erheblichen Beitragslücke, wobei der Gesetzgeber sehenden Auges in Kauf nimmt, dass die Betroffenen diese entweder aus der Regelleistung, die für die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens gedacht ist, bestreiten müssen oder aber in dem verfassungsrechtlich besonders hervorgehobenen Lebensbereich von Gesundheit und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG) eine Bedarfsunterdeckung eintritt.
21 
Dieser gesetzliche Zustand ist aus Sicht des Sozialgerichts unhaltbar und bedarf dringend einer Korrektur durch den Gesetzgeber. Hierbei kommen aus Sicht des Gerichts drei Varianten in Betracht:
22 
1. Zum einen wäre es denkbar, diesen Personenkreis der gesetzlichen Sozialversicherung zuzuordnen und dementsprechend die Zahlung eines - ggf. pauschalierten - Beitrages durch den Sozialhilfeträger an die jeweilige gesetzliche Kranken- und Pflegekasse anzuordnen. Dies wäre sicherlich die Regelung, die der Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Sozialstaatsprinzip am ehesten entsprechen würde.
23 
2. Denkbar wäre es aber auch, den Sozialhilfeträger zu verpflichten, für den genannten Personenkreis den vollen im Basistarif geschuldeten Versicherungsbeitrag (ggf. begrenzt auf den niedrigeren realen Tarif) zu übernehmen. Diesen Weg hält das Gericht wie sogleich ausgeführt wird im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung für eine Übergangszeit bis zu einer Neuregelung des Gesetzgebers für angemessen.
24 
3. Schließlich könnte es auch in Betracht kommen, den Beitragsanspruch des privaten Versicherungsunternehmens gegenüber dem Versicherten auf den Betrag zu begrenzen, der im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen ist (vgl. hierzu Uda Bastians-Osthaus, Empfänger/innen von Transferleistungen im Basistarif der privaten Krankenversicherung - ein fortdauerndes Trauerspiel, in: NDV April 2010, Seiten 154 ff., in diese Richtung auch SG Mannheim, Beschluss vom 19.5.2009 - S 9 SO 1541/09 ER).
25 
Im Interesse der Versicherten bzw. der Sozialhilfebezieher hält es das Gericht für eine Übergangszeit in Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) für erforderlich, die Beklagte zu verpflichten, zu Gunsten der Klägerin den vollen Beitrag im Basistarif zu übernehmen. Nur so kann nämlich dem Sozialstaatsprinzip entsprechend kurzfristig ein umfassender Schutz in dem besonders sensiblen Bereich von Leben und körperlicher Unversehrtheit hergestellt werden! Der aufgezeigte dritte Weg würde die Klägerin zwingen, zivilrechtlich gegen ihr Versicherungsunternehmen vorzugehen und in diesem Zusammenhang die Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung einzuwenden. Dies erscheint dem Sozialgericht bei gründlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage entgegen seinen Andeutungen in dem zitierten Beschluss vom 19.5.2009 (S 9 SO 1541/09 ER) nicht angemessen, denn es ist durchaus zweifelhaft, ob das privaten Versicherungsunternehmen in Anbetracht seiner Grundrechte (Art. 12 und Art. 14 GG) von Verfassungs wegen verpflichtet werden kann, einen so weitgehenden Sozialausgleich durchzuführen (vgl. hierzu auch Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 u.a). Zudem liegt der Schwerpunkt der verfassungsrechtlichen Betrachtungen im Bereich des Sozialstaatsprinzips, so dass es zumindest bis zu einer klaren gesetzlichen Regelung geboten ist, einen verfassungskonformen Zustand im Rahmen der Auslegung zu Lasten der öffentlichen Hand herzustellen. Es würde zu einer unzumutbaren Belastung der Leistungsbezieher führen, wenn diese ihre Rechte zunächst gegenüber dem Versicherungsunternehmen (mit ungewissem Ausgang!) zivilrechtlich geltend machen müssten. Daher orientiert sich das Gericht an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09). Durch die Vorschriften des VAG kommt es aus Sicht der Klägerin zu einer laufenden, nicht nur einmaligen und unabwendbaren Bedarfsunterdeckung, so dass die vom Bundesverfassungsgericht postulierten Voraussetzungen einer -außergesetzlichen- Härtefallleistung gegeben sind. Unerheblich ist hierbei, dass der Gesetzgeber das genannte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bislang lediglich für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II umgesetzt hat (vgl. hierzu § 21 Abs. 6 SGB II in der Fassung von Artikel 3a des Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführen Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze - BGBl. I 2010, 671). Denn die gleiche rechtliche Problematik stellt sich offenkundig auch im Bereich der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Bis zu einer klaren gesetzlichen Regelung hält es das Gericht daher für erforderlich, unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu Gunsten der Klägerin und des Klägers eine abweichende, den Regelbedarf überschreitende Bedarfsbemessung, die die Versicherungsbeiträge in dem genannten Umfange mit einschließt, durchzuführen (so im Ergebnis mit ähnlicher Begründung auch LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 30.6.2009 - L 2 SO 2529/09 ER-B und vom 8.7.2009 - L 7 SO 2453/09 ER-B sowie vom 16.9.2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B, LSG Hessen, Beschluss vom 14.12.2009 - L 7 SO 165/09 B ER, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.12.2009 - L 9 B 49/09 SO ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3.12.2009 - L 15 AS 1048/09 B und Urteil SG Mannheim vom 26.2.2010 - S 2 SO 1411/09, SG Karlsruhe, Urteil vom 29.10.2009 - S 1 SO 3118/09, SG Chemnitz, Urteil vom 16.6.2010 - S 3 AS 450/10, SG Düsseldorf, Urteil vom 12.4.2010 - S 29 AS 547/10 und SG Stuttgart, Urteilt vom 14.1.2010 - S 9 AS 5449/09; anderer Auffassung wohl SG Berlin, Urteil vom 27.11.2009 - S 37 AS 31127/09).
26 
Unter Bezugnahme auf § 131 Abs. 3 SGG macht das Gericht daher von der Möglichkeit Gebrauch, den Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, die Leistungen der Klägerin für das Kalenderjahr 2010 unter Berücksichtigung des von ihr für die Private Kranken- und Pflegeversicherung geschuldeten (halben) Basistarifs in Höhe von monatlich 327,19 EUR monatlich neu zu berechnen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.
27 
Die auf § 193 SGG beruhende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klage erfolgreich ist.

Gründe

 
17 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zulässig und erstreckt sich dem angefochtenen Ausgangsbescheid vom 11.12.2009 entsprechend auf den Leistungszeitraum von Januar bis Dezember 2010. Somit sind die Folgebescheide vom 1.3.2010 vom 12.5.2010 in das laufende Widerspruchs- bzw. Klageverfahren einbezogen worden (§§ 86 und 96 SGG).
18 
Die Klage ist begründet.
19 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Übernahme ihrer Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der Sozialhilfe nach dem SGB XII erfüllen. § 32 Abs. 5 SGB XII enthält für die Höhe dieses Anspruches keine betragsmäßige Begrenzung, sondern sieht vor, dass diese Beiträge vom Sozialhilfeträger zu übernehmen sind, „soweit sie angemessen“ sind.
20 
Wenn § 12 Abs. 1c VAG diese offene Regelung betragsmäßig begrenzt, führt dies nach Auffassung des Gerichtes zu einem offenkundigen gesetzgeberischen Regelungswiderspruch, der unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes des vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung dahin aufzulösen ist, dass Sozialhilfebezieher, die kraft Gesetzes verpflichtet sind, eine private Kranken- und Pflegeversicherung zu begründen bzw. aufrechtzuerhalten und keinen Zugang zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung haben, durch den Sozialhilfeträger die Übernahme ihrer Beiträge im Basistarif - oder falls der reale Tarif niedriger ist in diesem Tarif - beanspruchen können. Denn der Gesetzgeber handelt in dieser Situation grob sozialstaatswidrig und verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Normenklarheit (vgl. hierzu Jarras/Pieroth, GG, 10. Auflage 2009, Art. 20 Rdnrn 57 f.), wenn er auf der einen Seite den genannten Personenkreis, der offenkundig nicht in der Lage ist, sein menschenwürdiges Existenzminimum aus eigener Kraft zu sichern, im Bereich der privaten Kranken- und Pflegeversicherung einem Kontrahierungszwang unterwirft, diesem aber auf der anderen Seite im Rahmen der Sozialhilfe die erforderlichen Mittel zur Beitragszahlung vorenthält. Darauf laufen die Vorschriften im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und im VAG jedoch hinaus. Denn § 193 (vor allem Abs. 3 und Abs. 6) VVG verpflichtet den genannten Personenkreis, sich bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Krankheit und Pflege zu versichern. Die Versicherungsunternehmen werden verpflichtet, diesem Personenkreis den sogenannten „Basistarif“, der dem Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gleichwertig sein muss, anzubieten. Gleichwohl können diese -mittellosen- Personen nach § 12 Abs. 1 c (vor allem Sätze 4 und 6) VAG vom Sozialhilfeträger lediglich den Betrag beanspruchen, der bei Bezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II in Form einer Pauschale an den dann zuständigen gesetzlichen Versicherungsträger abzuführen wäre. Hierdurch kommt es zwangsläufig zu einer erheblichen Beitragslücke, wobei der Gesetzgeber sehenden Auges in Kauf nimmt, dass die Betroffenen diese entweder aus der Regelleistung, die für die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens gedacht ist, bestreiten müssen oder aber in dem verfassungsrechtlich besonders hervorgehobenen Lebensbereich von Gesundheit und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG) eine Bedarfsunterdeckung eintritt.
21 
Dieser gesetzliche Zustand ist aus Sicht des Sozialgerichts unhaltbar und bedarf dringend einer Korrektur durch den Gesetzgeber. Hierbei kommen aus Sicht des Gerichts drei Varianten in Betracht:
22 
1. Zum einen wäre es denkbar, diesen Personenkreis der gesetzlichen Sozialversicherung zuzuordnen und dementsprechend die Zahlung eines - ggf. pauschalierten - Beitrages durch den Sozialhilfeträger an die jeweilige gesetzliche Kranken- und Pflegekasse anzuordnen. Dies wäre sicherlich die Regelung, die der Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Sozialstaatsprinzip am ehesten entsprechen würde.
23 
2. Denkbar wäre es aber auch, den Sozialhilfeträger zu verpflichten, für den genannten Personenkreis den vollen im Basistarif geschuldeten Versicherungsbeitrag (ggf. begrenzt auf den niedrigeren realen Tarif) zu übernehmen. Diesen Weg hält das Gericht wie sogleich ausgeführt wird im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung für eine Übergangszeit bis zu einer Neuregelung des Gesetzgebers für angemessen.
24 
3. Schließlich könnte es auch in Betracht kommen, den Beitragsanspruch des privaten Versicherungsunternehmens gegenüber dem Versicherten auf den Betrag zu begrenzen, der im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen ist (vgl. hierzu Uda Bastians-Osthaus, Empfänger/innen von Transferleistungen im Basistarif der privaten Krankenversicherung - ein fortdauerndes Trauerspiel, in: NDV April 2010, Seiten 154 ff., in diese Richtung auch SG Mannheim, Beschluss vom 19.5.2009 - S 9 SO 1541/09 ER).
25 
Im Interesse der Versicherten bzw. der Sozialhilfebezieher hält es das Gericht für eine Übergangszeit in Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) für erforderlich, die Beklagte zu verpflichten, zu Gunsten der Klägerin den vollen Beitrag im Basistarif zu übernehmen. Nur so kann nämlich dem Sozialstaatsprinzip entsprechend kurzfristig ein umfassender Schutz in dem besonders sensiblen Bereich von Leben und körperlicher Unversehrtheit hergestellt werden! Der aufgezeigte dritte Weg würde die Klägerin zwingen, zivilrechtlich gegen ihr Versicherungsunternehmen vorzugehen und in diesem Zusammenhang die Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung einzuwenden. Dies erscheint dem Sozialgericht bei gründlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage entgegen seinen Andeutungen in dem zitierten Beschluss vom 19.5.2009 (S 9 SO 1541/09 ER) nicht angemessen, denn es ist durchaus zweifelhaft, ob das privaten Versicherungsunternehmen in Anbetracht seiner Grundrechte (Art. 12 und Art. 14 GG) von Verfassungs wegen verpflichtet werden kann, einen so weitgehenden Sozialausgleich durchzuführen (vgl. hierzu auch Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 u.a). Zudem liegt der Schwerpunkt der verfassungsrechtlichen Betrachtungen im Bereich des Sozialstaatsprinzips, so dass es zumindest bis zu einer klaren gesetzlichen Regelung geboten ist, einen verfassungskonformen Zustand im Rahmen der Auslegung zu Lasten der öffentlichen Hand herzustellen. Es würde zu einer unzumutbaren Belastung der Leistungsbezieher führen, wenn diese ihre Rechte zunächst gegenüber dem Versicherungsunternehmen (mit ungewissem Ausgang!) zivilrechtlich geltend machen müssten. Daher orientiert sich das Gericht an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09). Durch die Vorschriften des VAG kommt es aus Sicht der Klägerin zu einer laufenden, nicht nur einmaligen und unabwendbaren Bedarfsunterdeckung, so dass die vom Bundesverfassungsgericht postulierten Voraussetzungen einer -außergesetzlichen- Härtefallleistung gegeben sind. Unerheblich ist hierbei, dass der Gesetzgeber das genannte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bislang lediglich für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II umgesetzt hat (vgl. hierzu § 21 Abs. 6 SGB II in der Fassung von Artikel 3a des Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführen Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze - BGBl. I 2010, 671). Denn die gleiche rechtliche Problematik stellt sich offenkundig auch im Bereich der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Bis zu einer klaren gesetzlichen Regelung hält es das Gericht daher für erforderlich, unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu Gunsten der Klägerin und des Klägers eine abweichende, den Regelbedarf überschreitende Bedarfsbemessung, die die Versicherungsbeiträge in dem genannten Umfange mit einschließt, durchzuführen (so im Ergebnis mit ähnlicher Begründung auch LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 30.6.2009 - L 2 SO 2529/09 ER-B und vom 8.7.2009 - L 7 SO 2453/09 ER-B sowie vom 16.9.2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B, LSG Hessen, Beschluss vom 14.12.2009 - L 7 SO 165/09 B ER, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.12.2009 - L 9 B 49/09 SO ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3.12.2009 - L 15 AS 1048/09 B und Urteil SG Mannheim vom 26.2.2010 - S 2 SO 1411/09, SG Karlsruhe, Urteil vom 29.10.2009 - S 1 SO 3118/09, SG Chemnitz, Urteil vom 16.6.2010 - S 3 AS 450/10, SG Düsseldorf, Urteil vom 12.4.2010 - S 29 AS 547/10 und SG Stuttgart, Urteilt vom 14.1.2010 - S 9 AS 5449/09; anderer Auffassung wohl SG Berlin, Urteil vom 27.11.2009 - S 37 AS 31127/09).
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Unter Bezugnahme auf § 131 Abs. 3 SGG macht das Gericht daher von der Möglichkeit Gebrauch, den Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, die Leistungen der Klägerin für das Kalenderjahr 2010 unter Berücksichtigung des von ihr für die Private Kranken- und Pflegeversicherung geschuldeten (halben) Basistarifs in Höhe von monatlich 327,19 EUR monatlich neu zu berechnen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.
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Die auf § 193 SGG beruhende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klage erfolgreich ist.
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published on 14/04/2010 00:00

Tenor Der Gegenstandswert für die Verfahren 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 wird auf 8.000 Euro festgesetzt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 RVG).
published on 29/10/2009 00:00

Tenor Der Bescheid vom 13. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01. März 2009 bis zum 30. Juni 2009 Leistungen der Grundsiche
published on 16/09/2009 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. August 2009 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwer
published on 08/07/2009 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszüg
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Annotations

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sind als Bedarf anzuerkennen, soweit Leistungsberechtigte diese nicht aus eigenem Einkommen tragen können. Leistungsberechtigte können die Beiträge so weit aus eigenem Einkommen tragen, wie diese im Wege der Einkommensbereinigung nach § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 abzusetzen sind. Der Bedarf nach Satz 1 erhöht sich entsprechend, wenn bei der Einkommensbereinigung für das Einkommen geltende Absetzbeträge nach § 82 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 bis 6 zu berücksichtigen sind.

(2) Bei Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung

1.
nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte pflichtversichert sind,
2.
nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
3.
als Rentenantragsteller nach § 189 des Fünften Buches als Mitglied einer Krankenkasse gelten,
4.
nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 8 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte freiwillig versichert sind oder
5.
nach § 188 Absatz 4 des Fünften Buches oder nach § 22 Absatz 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(3) Bei Personen, denen Beiträge nach Absatz 2 als Bedarf anerkannt werden, gilt auch der Zusatzbeitragssatz nach § 242 Absatz 1 des Fünften Buches als angemessen.

(4) Bei Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, sind angemessene Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 anzuerkennen. Angemessen sind Beiträge

1.
bis zu der Höhe des sich nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden halbierten monatlichen Beitrags für den Basistarif, sofern die Versicherungsverträge der Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes genügen, oder
2.
für eine Absicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung.
Ein höherer Beitrag kann als angemessen anerkannt werden, wenn die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel voraussichtlich nur für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten besteht. Im begründeten Ausnahmefall kann auf Antrag ein höherer Beitrag auch im Fall einer Leistungsberechtigung für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten als angemessen anerkannt werden, wenn vor Ablauf der drei Monate oder bereits bei Antragstellung davon auszugehen ist, dass die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel für einen begrenzten, aber mehr als drei Monate andauernden Zeitraum bestehen wird.

(4a) Für Personen, die Mitglied in einer in § 176 Absatz 1 des Fünften Buches genannten Solidargemeinschaft sind, werden angemessene Beiträge bis zur Hälfte des sich nach § 152 Absatz 3 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt.

(5) Bei Personen, die in der sozialen Pflegeversicherung nach

1.
den §§ 20, 21 und 21a des Elften Buches pflichtversichert sind oder
2.
§ 26 des Elften Buches weiterversichert sind oder
3.
§ 26a des Elften Buches der sozialen Pflegeversicherung beigetreten sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(6) Bei Personen, die gegen das Risiko Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 23 des Elften Buches versichert sind oder nach § 26a des Elften Buches der privaten Pflegeversicherung beigetreten sind, gilt bei Versicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung der geschuldete Beitrag als angemessen, im Übrigen höchstens jedoch bis zu einer Höhe des nach § 110 Absatz 2 Satz 3 des Elften Buches halbierten Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung. Für die Höhe des im Einzelfall angemessenen monatlichen Beitrags gilt Absatz 4 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Jede Änderung der in § 9 Absatz 2 Nummer 1 und 2 genannten Bestandteile des Geschäftsplans eines Erstversicherungsunternehmens, jede Erweiterung seines Geschäftsbetriebs auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- und Vertragsstaaten sowie die Unternehmensverträge eines Erstversicherungsunternehmens im Sinne des § 9 Absatz 4 Nummer 1 Buchstabe b und deren Änderung, Aufhebung, Kündigung oder Beendigung durch Rücktritt dürfen erst in Kraft gesetzt werden, wenn sie von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind. Dasselbe gilt für jede Ausdehnung des Geschäftsbetriebs eines Rückversicherungsunternehmens auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten oder auf andere Arten der Rückversicherung. Satz 1 gilt nicht für Satzungsänderungen, die eine Kapitalerhöhung zum Gegenstand haben. § 11 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Soll der Geschäftsbetrieb auf andere Versicherungssparten oder auf andere Arten der Rückversicherung ausgedehnt werden, so sind hierfür die Nachweise entsprechend § 9 Absatz 2 bis 4 vorzulegen.

(3) Soll der Geschäftsbetrieb auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten ausgedehnt werden, ist

1.
anzugeben, welche Versicherungszweige und -arten oder Arten der Rückversicherung betrieben werden sollen, und
2.
nachzuweisen, dass das Versicherungsunternehmen
a)
auch nach der beabsichtigten Ausdehnung des Gebiets des Geschäftsbetriebs die Vorschriften über die Kapitalausstattung in den Mitglied- oder Vertragsstaaten erfüllt und
b)
im Falle der Errichtung einer Niederlassung in einem Gebiet außerhalb der Mitglied- und Vertragsstaaten eine dort erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erhalten hat oder eine solche Erlaubnis nicht erforderlich ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sind als Bedarf anzuerkennen, soweit Leistungsberechtigte diese nicht aus eigenem Einkommen tragen können. Leistungsberechtigte können die Beiträge so weit aus eigenem Einkommen tragen, wie diese im Wege der Einkommensbereinigung nach § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 abzusetzen sind. Der Bedarf nach Satz 1 erhöht sich entsprechend, wenn bei der Einkommensbereinigung für das Einkommen geltende Absetzbeträge nach § 82 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 bis 6 zu berücksichtigen sind.

(2) Bei Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung

1.
nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte pflichtversichert sind,
2.
nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
3.
als Rentenantragsteller nach § 189 des Fünften Buches als Mitglied einer Krankenkasse gelten,
4.
nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 8 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte freiwillig versichert sind oder
5.
nach § 188 Absatz 4 des Fünften Buches oder nach § 22 Absatz 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(3) Bei Personen, denen Beiträge nach Absatz 2 als Bedarf anerkannt werden, gilt auch der Zusatzbeitragssatz nach § 242 Absatz 1 des Fünften Buches als angemessen.

(4) Bei Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, sind angemessene Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 anzuerkennen. Angemessen sind Beiträge

1.
bis zu der Höhe des sich nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden halbierten monatlichen Beitrags für den Basistarif, sofern die Versicherungsverträge der Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes genügen, oder
2.
für eine Absicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung.
Ein höherer Beitrag kann als angemessen anerkannt werden, wenn die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel voraussichtlich nur für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten besteht. Im begründeten Ausnahmefall kann auf Antrag ein höherer Beitrag auch im Fall einer Leistungsberechtigung für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten als angemessen anerkannt werden, wenn vor Ablauf der drei Monate oder bereits bei Antragstellung davon auszugehen ist, dass die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel für einen begrenzten, aber mehr als drei Monate andauernden Zeitraum bestehen wird.

(4a) Für Personen, die Mitglied in einer in § 176 Absatz 1 des Fünften Buches genannten Solidargemeinschaft sind, werden angemessene Beiträge bis zur Hälfte des sich nach § 152 Absatz 3 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt.

(5) Bei Personen, die in der sozialen Pflegeversicherung nach

1.
den §§ 20, 21 und 21a des Elften Buches pflichtversichert sind oder
2.
§ 26 des Elften Buches weiterversichert sind oder
3.
§ 26a des Elften Buches der sozialen Pflegeversicherung beigetreten sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(6) Bei Personen, die gegen das Risiko Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 23 des Elften Buches versichert sind oder nach § 26a des Elften Buches der privaten Pflegeversicherung beigetreten sind, gilt bei Versicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung der geschuldete Beitrag als angemessen, im Übrigen höchstens jedoch bis zu einer Höhe des nach § 110 Absatz 2 Satz 3 des Elften Buches halbierten Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung. Für die Höhe des im Einzelfall angemessenen monatlichen Beitrags gilt Absatz 4 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Jede Änderung der in § 9 Absatz 2 Nummer 1 und 2 genannten Bestandteile des Geschäftsplans eines Erstversicherungsunternehmens, jede Erweiterung seines Geschäftsbetriebs auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- und Vertragsstaaten sowie die Unternehmensverträge eines Erstversicherungsunternehmens im Sinne des § 9 Absatz 4 Nummer 1 Buchstabe b und deren Änderung, Aufhebung, Kündigung oder Beendigung durch Rücktritt dürfen erst in Kraft gesetzt werden, wenn sie von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind. Dasselbe gilt für jede Ausdehnung des Geschäftsbetriebs eines Rückversicherungsunternehmens auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten oder auf andere Arten der Rückversicherung. Satz 1 gilt nicht für Satzungsänderungen, die eine Kapitalerhöhung zum Gegenstand haben. § 11 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Soll der Geschäftsbetrieb auf andere Versicherungssparten oder auf andere Arten der Rückversicherung ausgedehnt werden, so sind hierfür die Nachweise entsprechend § 9 Absatz 2 bis 4 vorzulegen.

(3) Soll der Geschäftsbetrieb auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten ausgedehnt werden, ist

1.
anzugeben, welche Versicherungszweige und -arten oder Arten der Rückversicherung betrieben werden sollen, und
2.
nachzuweisen, dass das Versicherungsunternehmen
a)
auch nach der beabsichtigten Ausdehnung des Gebiets des Geschäftsbetriebs die Vorschriften über die Kapitalausstattung in den Mitglied- oder Vertragsstaaten erfüllt und
b)
im Falle der Errichtung einer Niederlassung in einem Gebiet außerhalb der Mitglied- und Vertragsstaaten eine dort erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erhalten hat oder eine solche Erlaubnis nicht erforderlich ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.