Sozialgericht Dessau-Roßlau Urteil, 19. Aug. 2015 - S 14 AS 2582/12

ECLI:ECLI:DE:SGDESSA:2015:0819.S14AS2582.12.0A
bei uns veröffentlicht am19.08.2015

Tenor

1. Unter Abänderung des Bescheides vom 8. März 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2012 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2013 wird der Beklagte verurteilt, der Klägerin zu 1) für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. September 2012 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 66,13 Euro und dem Kläger zu 2) für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. September 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 6,50 Euro zu gewähren. Der Erstattungsbescheid vom 6. November 2012 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte hat den Klägern 50 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012.

2

Die 1979 geborene Klägerin zu 1) und ihr am ... 2004 geborener Sohn, der Kläger zu 2), standen seit 2005 mit Unterbrechungen im fortlaufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem Beklagten. Sie bewohnten ab September 2008 eine ca. 74 m² große Wohnung in der ...-Straße in Wittenberg zur Miete. Laut Mietvertrag vom 22. August 2008 waren eine Grundmiete von 330,00 Euro und eine Betriebskostenvorauszahlung von 85,00 Euro monatlich zu zahlen. Die separaten Abschläge für Gas als Heiz- und Warmwasserbereitungskosten fielen nach Jahresabrechnung vom 31. Dezember 2011 in Höhe von 82,00 Euro ab Februar 2012 bis Dezember 2012 monatlich an.

3

In der Anlage zum Bewilligungsbescheid vom 4. Juli 2011, in welchem Leistungen für den Zeitraum April 2011 bis September 2011 für beide Kläger bewilligt worden waren, wies der Beklagte darauf hin, dass die Kosten für den angemieteten Wohnraum als unangemessen anzusehen seien. Die Kläger würden aufgefordert, die derzeitigen Kosten der Unterkunft unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2011 auf ein angemessenes Maß zu senken. Sollte eine Senkung nicht erfolgen, wäre der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen und den angemessenen Kosten der Unterkunft durch die Kläger selbst zu tragen. Für einen 2-Personen-Haushalt würden die angemessenen Kosten der Unterkunft (Grundmiete und kalte Betriebskosten) derzeit monatlich 316,20 Euro betragen.

4

Für den Kläger zu 2) wurde Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro monatlich sowie durch den Kindsvater Unterhalt gezahlt. Dahingehend gab die Klägerin zu 1) im Fortzahlungsantrag vom 2. März 2012 an, dass monatlich 306,00 Euro zufließen würden. Die Klägerin stand im streitgegenständlichen Zeitraum in keinem Beschäftigungsverhältnis und erzielte auch kein sonstiges Einkommen.

5

Mit Bescheid vom 8. März 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 596,66 Euro. Für den Kläger zu 2) wurden lediglich Leistungen für den Schulbedarf im August 2012 in Höhe von 70,00 Euro bewilligt. In der Bedarfsberechnung legte der Beklagte bei den Unterkunftskosten einen Betrag von 316,20 Euro und bei den Heiz- und Warmwasserkosten von 70,58 Euro zugrunde, kopfanteilig also monatlich 193,39 Euro. Auf den Kindesbedarf rechnete der Beklagte das Kindergeld sowie Unterhalt von 306,00 Euro an. Damit ergab sich ein bei der Klägerin zu 1) zu berücksichtigendes übersteigendes Kindergeld, welches der Beklagte um die Versicherungspauschale bereinigte. Die Vorläufigkeit der Bewilligung begründete der Beklagte damit, dass noch ein Nachweis über die Änderung der Unterhaltszahlung nachzureichen wäre, damit der tatsächliche Anspruch ermittelt werden könne.

6

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. März 2012 legte die Klägerin zu 1) am 12. April 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie zunächst aus, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung für ihr Kind gänzlich fehlen würden. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. April 2012 wurde der Widerspruch dahingehend ergänzt, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht vollständig berücksichtigt worden seien. Die tatsächlichen Mietkosten würden monatlich 429,53 Euro betragen. Es seien lediglich 386,78 Euro berücksichtigt worden. Dies sei rechtswidrig. Soweit der Beklagte sich auf die Angemessenheitsrichtlinie des Landkreises Wittenberg stütze, sei auszuführen, dass diese rechtswidrig sei. Es werde auf die Entscheidung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (S 11 AS 2428/11 ER) verwiesen.

7

Mit Änderungsbescheid vom 23. April 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012 in Höhe von monatlich 601,25 Euro. Dabei berücksichtigte der Beklagte nunmehr als Heiz- und Warmwasserkosten einen monatlichen Betrag von 75,17 Euro.

8

Ab Juni 2012 stellten die Kläger mehrere Anträge auf Zusicherung zum Umzug. Zum 1. Oktober 2012 bezogen die Kläger die jetzige Wohnung mit Zusicherung des Beklagten.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Kläger hätten keine weitergehenden Ansprüche auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung. Bedarfe für Unterkunft und Heizung würden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen wären. Der Landkreis Wittenberg als kommunaler Träger habe in seiner Verwaltungsvorschrift zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II und SGB XII aufgrund von durchgeführten Mietwerterhebungen die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung festgesetzt. Für die in der Lutherstadt Wittenberg wohnenden Kläger sei eine Wohnungsgröße von maximal 60 m², eine Nettokaltmiete von 4,22 Euro/m² und kalte Betriebskosten von 1,05 Euro/m², also insgesamt 316,20 Euro angemessen. Die tatsächliche Bruttokaltmiete der Kläger sei damit zu hoch. Zwar habe das Sozialgericht Dessau-Roßlau mit Urteil vom 17. August 2012 (S 11 AS 2430/11) entschieden, dass die Verwaltungsvorschrift den Vorgaben des Bundessozialgerichts zur Mietwerterhebung und somit zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts nicht entsprechen würde. Gegen das Urteil sei aber Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden (L 5 AS 649/12 NZB). Die Kläger hätte der Beklagte mit Bescheid vom 4. Juli 2011 über die Unangemessenheit belehrt. Entgegen des Vortrags der Kläger seien die Heizkosten nicht lediglich in angemessener, sondern in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden. Angemessen sei ein Betrag von 84,50 Euro monatlich. Tatsächlich seien 75,17 Euro angefallen (82,00 Euro x 11 Abschläge: 12 Monate). Aus den Berechnungsbögen sei ersichtlich, dass auch für das Kind Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt worden seien, es aber aufgrund seines Kindergeldes und Unterhalts seinen Bedarf selbst decken könne.

10

Unter dem 22. Oktober 2012 haben die Kläger gegen den Bescheid vom 8. März 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2012 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus, dass als Kosten der Unterkunft und Heizung 425,00 Euro für die Bruttokaltmiete und 75,17 Euro für die Heizkosten angefallen seien. Diese Kosten seien auch in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Die Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg sei zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht geeignet. Ein schlüssiges Konzept liege der Verwaltungsvorschrift nicht zugrunde. Weder die Schlüssigkeit der Datenerhebung noch die Schlüssigkeit der konkreten Berechnungen seien überprüfbar. Offensichtlich seien sämtliche Erhebungsdaten gelöscht worden. Dem Beklagten habe offenbar das Datenmaterial selbst auch zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Aber selbst bei der Möglichkeit zur nachträglichen Wiederherstellung der Daten sei das Konzept unschlüssig. Nicht schlüssig sei die Herausnahme der Ein- und Zweifamilienhäuser aus der Mietwerterhebung. Es handele sich bei den hier aufgeteilten drei Vergleichsräumen um überwiegend ländlich strukturierte Gebiete. Die Mehrzahl der Wohnungen befinde sich in Ein- und Zweifamilienhäusern. Der gesamte Wohnungsmarkt sei aber zu betrachten. Es seien Daten teilweise nicht bloß empirisch ermittelt, sondern von vornherein – sozusagen zielorientiert – bestimmte Mietwerte ausgesucht worden. Bei den "Wohnungsmarkttypen" könne auch nicht von homogenen Vergleichsräumen ausgegangen werden. Die verkehrstechnische Verbundenheit einzelner Siedlungsgebiete sei gar nicht berücksichtigt worden. Die Verbundenheit der neuen Einheitsgemeinde Zahna-Elster etwa mit Wittenberg und der Umstand, dass dort eine eher gehobene Wohngegend vorzufinden sei, die keinesfalls unter dem Niveau von Wittenberg selbst liege, komme in dem Konzept ohne schlüssigen Grund schon gar nicht vor. Die hinreichende Größe der Vergleichsräume sei auch nicht gegeben. Dies zeige sich u.a. daran, dass in weiten Teilen gar keine Werte haben ermittelt werden können. Es seien in den gebildeten drei Vergleichsräumen nicht jeweils mindestens 10 Prozent des Wohnungsbestandes in die Erhebung einbezogen worden. Auch die Bildung und Bewertung der Vergleichsräume sei im Ergebnis nicht schlüssig, da der Wohnungsmarkt Typ 3 hinsichtlich der Indikatoren mehr +-Zeichen als der Wohnungsmarkt Typ 2 habe. Inwieweit aus der Wahlbeteiligung an einer einzigen Kommunalwahl im Jahr 2007 verlässliche Rückschlüsse auf die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung gezogen werden könnten, sei nicht schlüssig, zumal diese Wahl aufgrund der Kreisgebietsreform stattgefunden habe. Desweiteren sei das Pro-Kopf-Einkommen, was in der Tat ein wesentlicher Indikator sei, aus 2004 gewählt worden. Gerade mit der Einführung des SGB II habe sich das Pro-Kopf-Einkommen im Landkreis bezogen auf die Vergleichsräume erheblich verschoben. Es sei ein starker Zuzug von SGB II-Leistungsbeziehern in Gebiete mit Neubaubebauung erfolgt, während sich ein starker Zuzug von Personen mit höherem Pro-Kopf-Einkommen in die Umlandgegenden sowie die Innenstadt von Wittenberg vollzogen habe. Die vom Beklagten im Verfahren übersandten Rohdaten würden nicht erkennen lassen, in welchen Gebieten der gebildeten Vergleichs- bzw. Wohnungsmarkträume und inwiefern die Daten etwa nur aus einem bestimmten Straßenzug oder durch Streuung der Befragung über das gesamte Ortsgebiet erhoben worden seien. Es sei auch nicht erkennbar, welche konkreten Vermieter oder Mieter aus den entsprechenden Befragungen geantwortet hätten und nach welchen Kriterien die Vermieter ausgewählt worden seien. Ob die übermittelten Daten überhaupt sachlich zutreffend seien, könne nicht überprüft werden. Es ist anhand der extrem niedrigen Werte zu besorgen, dass ausschließlich Preise aus unattraktiven, eher minderwertigen Wohngegenden erhoben worden seien. In die Auswertung seien 4.632 Mieten von 72.000 Wohnungen, also nicht einmal annähernd 10 % eingeflossen. Rechtswidrig sei die Unterteilung der Wohnungsmarkttypen allein entlang der politischen Verwaltungsgrenzen. Denn dadurch werde die Verwaltungsneugliederung, die eine Mischung von ländlichen und städtisch geprägten Wohngegenden im Rahmen der Einheitsgemeindebildung vorgenommen habe, bruchlos auf die Wohnungsmarktsituation übertragen. Das Konzept sei nicht schlüssig und könne nicht Grundlage sein. Daher seien mindestens die Kosten nach dem Wohngeldgesetz zzgl. 10 % Sicherheitszuschlag zu Grunde zu legen. Die Kläger würden diese Kosten sogar unterschreiten. Im Übrigen würde § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II keine Anhaltspunkte erkennen lassen, dass der Begriff der Angemessenheit immer nur das untere Preissegment eines lokal begrenzten Wohnungsmarktes umfasse. Die bundesrechtlich einheitliche Norm sei schon so unbestimmt, dass im Einzelfall grundsätzlich immer die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden müssten. Etwas anderes dürfte nur dann gelten, soweit die jeweiligen Unterkunftsverhältnisse in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den sonstigen Lebensumständen der Leistungsberechtigten stehen würden. Nur offensichtliche Luxusunterkünfte müssten nicht finanziert werden. Weiterhin seien die Regelleistungen verfassungswidrig zu gering bemessen.

11

Die Kläger beantragen ausdrücklich,

12

den Klägern unter Änderung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 8. März 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2012 höhere Leistungen nach dem SGB II auf Grundlage der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung von 425,00 Euro Bruttokaltmiete zzgl. 75,17 Euro Heizkosten sowie auf Grundlage eines verfassungsgemäß bestimmten Regelleistungssatzes für April 2012 bis September 2012 zu bewilligen.

13

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Der Beklagte trägt zunächst vor, dass er hinsichtlich der Regelbedarfe an die gesetzlichen Regelungen gebunden sei. Desweiteren gehe er davon aus, dass es sich bei dem Endbericht um ein schlüssiges Konzept zur Datenerhebung entsprechend der Vorgaben des Bundessozialgerichts handele. Die Kläger würden in einer unangemessen großen Wohnung leben. Der Beklagte sehe es auch nicht als erwiesen an, dass die Kläger nicht bereits vor dem Umzug am 1. Oktober 2012 eine angemessene Unterkunft hätten finden und beziehen können. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich die Klägerin zu 1) nicht sofort an die jetzige Vermieterin gewandt habe. Diese sei ein großer Vermieter und verfüge auch über Wohnraum im Schulumfeld der Grundschule des Klägers zu 2). Tatsächlich sei im Oktober 2012 eine Wohnung bezogen worden, von der aus die Grundschule bequem zu Fuß oder per Fahrrad erreichbar wäre.

16

Mit Änderungsbescheid vom 6. November 2012 hat der Beklagte der Klägerin zu 1) für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. September 2012 Leistungen in Höhe von monatlich 598,25 Euro endgültig bewilligt. Dabei hat der Beklagte nunmehr einen um 3,00 Euro höheren Kindesunterhalt, also einen Betrag von monatlich 309,00 Euro berücksichtigt, sodass sich das den Kindesbedarf übersteigende Kindergeld entsprechend erhöht hat. Mit Erstattungsbescheid vom 6. November 2012 hat der Beklagte von der Klägerin zu 1) einen Betrag von monatlich 3,00 Euro, also insgesamt 18,00 Euro für den Regelbedarf zurückgefordert. Den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 6. November 2012 hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2013 als unzulässig verworfen. Der Bescheid sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens.

17

Der Beklagte hat dem Gericht einen Abdruck vom durch die Firma A. im Auftrag des kommunalen Trägers erstellten "Endbericht der Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Wittenberg" übersandt. Desweiteren hat er sowohl dem Gericht als auch dem Prozessbevollmächtigten der Kläger Kopien von Rohdaten zur Mietwerterhebung (Aktenordner Band I-III) zur Verfügung gestellt. Schließlich ist noch ein Aktenordner mit einem Abdruck der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg, einer Kopie des Endberichts der Mietwerterhebung sowie zur Indexfortschreibung, Schriftverkehr zur Mieter-/Vermieterbefragung inklusive Anschreiben und Kopien von Stellungnahmen der Firma A. vom 13. Februar 2015, 18. März 2015 und 26. Juni 2015 als Band IV übersandt worden.

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Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis zu einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung erklärt.

19

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Unterlagen zur Mietwerterhebung haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die Klage hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

21

Die Kammer konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

2.

22

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 8. März 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2012 in der Fassung der Bescheide vom 6. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2013. Die Bescheide vom 6. November 2012 haben dabei die ursprünglich vorläufige Leistungsbewilligung während des Klageverfahrens durch endgültige Bewilligung ersetzt und sind damit im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG, der eine Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren bei Vermeidung divergierender Entscheidungen bezweckt, Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Dies gilt auch hinsichtlich der Erstattungsverfügung (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R, Rn. 17 – juris). Da die Kläger ihr Begehren gerade nicht auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt haben, stehen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts insgesamt im Streit; der geltend gemachte Anspruch ist daher unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu prüfen.

3.

23

Die Klage ist teilweise auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Klägerin zu 1) hat einen Leistungsanspruch für den Zeitraum April 2012 bis September 2012 von 667,38 Euro monatlich. Für den Kläger zu 2) ergibt sich ein Leistungsanspruch von monatlich 6,50 Euro.

a)

24

Nach § 19 Abs. 1 SGB II (in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II (in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

25

Die im streitgegenständlichen Zeitraum 32- bzw. 33- jährige Klägerin zu 1) ist erwerbsfähig gewesen und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war hilfebedürftig, weil sie ihren Bedarf mit Einkommen nicht decken konnte. Verwertbares Vermögen war nicht vorhanden. Zur Bedarfsgemeinschaft gehörte nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II auch der mit im Haushalt lebende minderjährige Sohn der Klägerin, der Kläger zu 2), da dieser seinen Bedarf nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen hat vollumfänglich decken können.

b)

26

Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II beträgt der monatliche Regelbedarf der Klägerin zu 1) als alleinstehende bzw. alleinerziehende Person 374,00 Euro. Desweiteren ist bei der Klägerin gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II der Alleinerziehendenmehrbedarf in Höhe von 44,88 Euro (12 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs) zu berücksichtigen. Der am ... 2004 geborene und damit im streitgegenständlichen Zeitraum 7-jährige Kläger zu 2) hat einen Anspruch auf Sozialgeld in Höhe von 251,00 Euro gemäß § 23 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 4 Nr. 3 SGB II (in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung).

27

Mit dem Begehren auf Heranziehung höherer Regelbedarfe können die Kläger nicht durchdringen. Die anzuwendenden Regelbedarfe wurden durch das SGB II direkt bzw. im Wege der Fortschreibung gemäß § 20 Abs. 5 SGB II in Verbindung mit §§ 28a, 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII zum 1. Januar 2012 und in den nachfolgenden Kalenderjahren durch Verordnung festgelegt. Die Rechtsprechung ist – wie auch die vollziehende Gewalt – an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Für die Prüfung, ob die Regelbedarfshöhe verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt oder die entsprechenden Normen zu verwerfen sind, ist allein das Bundesverfassungsgericht zuständig. Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzlichen Grundlagen zur Bestimmung des Regelbedarfs mit Art. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG mit Beschluss vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13) vereinbar erklärt. Ausdrücklich in Bezug genommen hat das Bundesverfassungsgericht dabei auch § 2 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012, 2013 sowie 2014 (Bundesverfassungsgericht, aaO, Rn. 73 – juris).

c)

28

Hinzuzurechnen sind die Kosten für Unterkunft und Heizung vorliegend in Höhe von monatlich 497,00 Euro, also kopfanteilig 248,50 Euro.

29

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Kosten der Unterkunft und Heizung gehören dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zum aktuellen Bedarf (vgl. u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 61/10 R, Rn. 14; Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 29; Bundessozialgericht, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 58/06 R, Rn. 36 – juris). Bei der Nutzung einer Unterkunft durch mehrere Personen erfolgt die Aufteilung der Unterkunftskosten kopfanteilig (st. Rspr., u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7 b AS 58/06 R, Rn. 33; Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11 b AS 61/0AS 61/06 R, Rn. 19 – juris). Zu den Bedarfen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind dabei auch die auf die Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile der Haushaltsenergie zu zählen, sofern sie zentral erzeugt werden (vgl. §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung).

30

Heiz- und Warmwassererzeugungskosten sind entgegen der Auffassung des Beklagten unter Berücksichtigung der Fälligkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Höhe von nur 75,17 Euro, sondern in Höhe von monatlich 82,00 Euro angefallen. Für eine Aufteilung von elf Abschlägen auf zwölf Monate gibt es keine gesetzliche Grundlage. Der Gasabschlag war selbst unter Heranziehung der Werte des Heizspiegels für eine Wohnfläche von 60 m² nicht unangemessen.

31

Eine Bruttokaltmiete wurde dagegen lediglich in Höhe von 415,00 Euro durch den Mietvertrag nachgewiesen. Eine Abänderung im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung durch den privaten Vermieter ist in der Verwaltungsakte nicht enthalten und wurde durch die Kläger nicht dargelegt. Da im Klageverfahren zum Zeitraum Februar 2012 bis März 2012 lediglich eine Miete von 415,00 Euro begehrt worden war, geht die Kammer auch für den Zeitraum April 2012 bis September 2012 von einer tatsächlichen Miete in Höhe von monatlich 415,00 Euro aus.

32

Die Unterkunftskosten sind auch nicht auf einen Betrag von 316,20 Euro zu begrenzen, sondern in voller Höhe bei der Berechnung zu berücksichtigen. Dabei hat die Kammer keine Bedenken bezüglich der Kostensenkungsaufforderung vom 4. Juli 2011. Subjektive Gründe für einen (längeren) Verbleib in der vorherigen Wohnung sind nach Auffassung der Kammer nicht anzunehmen. Die Kläger waren tatsächlich (in eine kostengünstigere) Wohnung umgezogen, wenn auch erst nach 15 Monaten. Die der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II und SGB XII zugrunde liegende Mietwerterhebung entspricht aber nach Auffassung der Kammer nicht den Mindestanforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung von Angemessenheitsgrenzwerten.

33

Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen. Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (abstrakt angemessener Quadratmeterpreis) (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, Rn. 19 – juris).

34

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt geht der Beklagte zunächst zutreffend davon aus, dass für einen Zwei-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 60 m² angemessen ist. Zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße ist im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt) zurückzugreifen (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. März 2011, L 5 AS 181/07, Rn. 45; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09, Rn. 37 – juris). Die Wohnung der Kläger überschreitet diese Größe, führt aber für sich genommen nicht zur Unangemessenheit der Unterkunftskosten, da auf das Produkt von Wohnfläche und Quadratmeterpreis abzustellen ist.

35

Der Beklagte unterliegt grundsätzlich einer Methodenfreiheit bei der Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete. Die Unterkunftsbedarfe müssen als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums aber folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, Rn. 13 – juris). Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn. 16 – juris). Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

36
- die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
37
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen,- Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
38
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
39
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
40
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
41
- Validität der Datenerhebung,
42
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
43
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze)
44

(Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 19 – juris).

45

Die für die Leistungsberechtigten in Frage kommenden Wohnungen müssen nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen. Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden, gehören von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, Rn. 21 – juris). Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, Rn. 21 – juris). Eine solche Bestimmung ist ausweislich des Endberichts zur Mietwerterhebung ausschließlich hinsichtlich der als "Substandardwohnungen" bezeichneten Wohnungen erfolgt. Es seien nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt worden, die "zumindest über die Merkmale Bad und Sammelheizung" verfügen würden (Endbericht S. 7). Es ist für die Kammer aber nicht nachvollziehbar, ob die dem Ausschluss von Wohnungen des untersten Standards dienenden Vorgaben ("Ausstattung, Lage und Bausubstanz") tatsächlich im Ergebnis bei der Mietwerterhebung beachtet worden sind. Der Konzeptersteller kann gerade nicht gewährleisten, dass unzumutbare Wohnungen ohne Sammelheizung bzw. Bad nicht in die Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises eingeflossen sind. Weder die Vermieterfragebögen noch die Mieterfragebögen enthalten entsprechende Fragen nach dem Standard. Dass der Ausschluss von Substandardwohnungen im Falle der Datenerhebung bei den Wohnungsunternehmen im "persönlichen Kontakt" erfolgt sein soll (vgl. Stellungnahme A. vom 26. Juni 2015), kann anhand der noch vorhandenen Datensätze nicht verifiziert werden und führt nicht zu belastbaren Ergebnissen. Es sei noch einmal zu betonen, dass zur Sicherstellung des Existenzminimums der Leistungsberechtigten der Bestimmung von pauschalen Grenzwerten ein transparentes und planmäßiges Verfahren zugrunde liegen muss.

46

Als fehlerhaft stellt sich aus Sicht der Kammer auch die Herausnahme von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern aus der Datenerhebung dar. Eine konkrete Begründung findet sich im Endbericht nicht. Der Konzeptersteller wollte ausweislich seiner eigenen Ausführungen den gesamten Wohnungsmarkt des einfachen bis gehobenen Standards zugrunde legen und anschließend mittels Extremwertkappungen und Perzentil-Bildungen einen Durchschnittspreis ermitteln (Endbericht S. 14). In einem ländlich und dörflich geprägten Gebiet wie dem Landkreis Wittenberg ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass die Anmietung einer solchen Wohnung per se dem Luxussegment zuzuordnen wäre. Wenn bei der Datenerhebung aber nur auf den Geschossbau abgestellt wird, verzerrt es im ländlich geprägten Gebiet den abzubildenden gesamten Mietwohnungsmarkt. Nach der ergänzenden Stellungnahme des Konzepterstellers sollen rund 8,3 % der Einfamilienhäuser und 31,6 % der Wohnungen in Zweifamilienhäusern zu Wohnzwecken vermietet sein (Stellungnahme A. vom 26. Juni 2015). Daten wurden von vornherein nicht erhoben (die ausgewählten Mieter solcher Wohnungen sollten den Fragebogen weder ausfüllen noch zurückschicken), sodass eine Nachbesserung für die Vergangenheit nicht möglich wäre. Die Vermutung der Klägerseite, diese Herangehensweise sei "zielorientiert", um die erst zu ermittelnden Mietobergrenzen so gering wie möglich zu halten, ist damit nicht von der Hand zu weisen.

47

Die Bildung des Vergleichsraumes ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Denn um prüfen zu können, welche Aufwendungen für eine "einfache" Wohnung abstrakt angemessener Größe im unteren Segment des Wohnungsmarktes zu zahlen ist, muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf einer zweiten Prüfungsstufe der maßgebliche räumliche Vergleichsmaßstab festgelegt werden, innerhalb dessen das (durchschnittliche) Mietpreisniveau solcher Wohnungen ermittelt wird. Da es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen geht, sind die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere nach folgenden Kriterien abzustecken: Es geht darum zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Einer sog. Ghettobildung wird dadurch begegnet, dass hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für "Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt" abgestellt wird, insoweit aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher "billige" Stadtteile herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw. räumlichen Vergleichsraum abzustellen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, Rn. 21 – juris). Nach ergänzender Erläuterung des Konzepterstellers bilden die Wohnungsmarkttypen nicht den homogenen Wohn- und Lebensbereich ab. Vielmehr wurde wohl zunächst das gesamte Kreisgebiet als Vergleichsraum angesehen (Stellungnahme A. vom 4. Juni 2013). Diese Vorgehensweise kann zwar bei Großstädten zutreffend sein (vgl. München, Berlin, Dresden) und dürfte auch bei kleineren Landkreisen mit einem Mittelzentrum als vertretbar angesehen werden können. Im Falle des Landkreises Wittenberg erachtet die Kammer diese Zuordnung jedoch schon mangels infrastrukturellen Zusammenhangs als abwegig. Gemeinden wie Vockerode und Oranienbaum (jetzige Verwaltungsgemeinschaft Wörlitzer Winkel) sind unabhängig von ihrer verwaltungstechnischen Zuordnung infrastrukturell eindeutig eher der Stadt Dessau-Roßlau als der Lutherstadt Wittenberg oder gar anderen kreisangehörigen Gemeinden wie Jessen oder Bad Schmiedeberg zugewandt. Im Weiteren führt das Unternehmen dann aber aus, dass der Landkreis in zwei unterschiedliche Vergleichsräume differenziert werden könne, mit der Lutherstadt Wittenberg als Mittelzentrum als eigenen Vergleichsraum und "den übrigen Gemeinden des Kreises" als zweiten Vergleichsraum. In dem Endbericht zur Mietwerterhebung finden sich solche Erwägungen nicht. Dort wird allein von drei Wohnungsmarkttypen ausgegangen.

48

Die vom Konzeptersteller vorgenommene Clusteranalyse kann nach Auffassung der Kammer nicht die Festlegung eines Vergleichsraums ersetzen, da hier die Kriterien für einen homogenen Lebens- und Wohnbereich wie räumliche Nähe und verkehrstechnische Verbundenheit gerade keine Berücksichtigung gefunden haben (vgl. schon Sozialgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 17. August 2012, S 11 AS 2430/11, Rn. 19 – juris). Im Endbericht wird sogar ausgeführt, dass "Gemeinden eines Wohnungsmarkttyps [ ] dabei nicht zwingend räumlich nebeneinander liegen [müssten], sondern [ ] sich über das Untersuchungsgebiet (Kreisgebiet) verteilen [könnten]" (Endbericht S. 3). Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Wohnungsmarkttyp tatsächlich mit dem Vergleichsraum übereinstimmen kann (vgl. zur Stadt B.: Sozialgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 13. März 2015, S 3 AS 168/14, Rn. 33 – juris). Im Übrigen soll die Clusteranalyse ausweislich der Erläuterungen im Endbericht gerade auf Indikatoren beruhen, die Aufschluss auf den Mietpreis geben können. Parameter wie Bevölkerungswachstum und entsprechende Nachfrageerhöhung nach Wohnraum oder das Pro-Kopf-Einkommen – sofern dies nicht auf veralteten Erhebungen beruht – erachtet die Kammer als nachvollziehbar. Inwieweit aber die Wahlbeteiligung an einer Kommunalwahl (hier 2007) im Landkreis Wittenberg tatsächlich Einfluss auf den Wohnungsmarkt gehabt haben soll, erschließt sich nicht, zumal die Wahlbeteiligung in den Gemeinden des Wohnungsmarkttyps 3 durch den Konzeptersteller tatsächlich als höher bewertet worden ist als im Wohnungsmarkttyp 1, der durchschnittliche Mietpreis aber dennoch geringer sein soll.

49

Nach Auffassung der Kammer ist der Umfang der erhobenen und in das Verfahren eingeführten Daten nicht dazu geeignet, den Mietwohnungsmarkt im Landkreis Wittenberg zuverlässig abzubilden. Eine repräsentative Abbildung des Wohnungsmarktes hat das Bundessozialgericht zwar für den Fall angenommen, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (vgl. Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn. 16 – juris). Nach den Ausführungen im Endbericht gebe es im Landkreis 72.219 Wohnungen. In einer ergänzenden Stellungnahme wurde dann eine Zahl von 30.300 vermieteten Wohnungen angegeben (Stellungnahme A. vom 26. Juni 2015). Letztlich in die Auswertung eingeflossen sind 4.632 Datensätze. Sofern man nur auf den Wohnort der Kläger, also die Lutherstadt Wittenberg (= Wohnungsmarkttyp 1) abstellt, dürften die in die Auswertung insgesamt eingeflossenen Mietwerte von 3.148 Wohnungen auch rechnerisch mindestens 10% des Mietwohnungsmarktes umfassen. Dies führt aber nach Auffassung der Kammer noch nicht zu dem belastbaren Ergebnis, dass der gesamte relevante Mietwohnungsmarkt abgebildet worden ist. Eine Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke (sog. Ghettobildung) ist anhand der vorliegenden Datenausdrucke nicht auszuschließen. Es sind keine Straßennamen oder zumindest Ortsteile der größeren Gemeinden, insbesondere der Lutherstadt Wittenberg dargestellt. Eine Nachbesserung ist angesichts der "Löschung sämtlicher Erhebungsdaten nach Beendigung der Auswertungen" (Endbericht S. 2) nicht möglich, sodass es letztlich auch nicht darauf ankommt, ob die Kammer ausschließlich die Lutherstadt Wittenberg (= Wohnungsmarkttyp 1) als für die Kläger maßgeblichen Vergleichsraum ansieht.

50

Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben durch die Tabellenwerte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 % (u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 16/11 R, Rn. 20 ff. – juris). Einen Betrag von 442,20 Euro überschreiten die Kläger nicht, sodass die tatsächlichen und nachgewiesenen Unterkunftskosten von 415,00 Euro zugrunde zu legen sind.

d)

51

Auf den Gesamtbedarf ist gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II das Einkommen anzurechnen. Vermögen im Sinne des § 12 SGB II ist nicht vorhanden. Aus § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II folgt, dass die Errechnung des ungedeckten Bedarfs eines Kindes zunächst unter Berücksichtigung seines eigenen Einkommens erfolgt, da Kindeseinkommen nicht zur Verteilung in der Bedarfsgemeinschaft ansteht, sondern vorrangig den Bedarf des Kindes decken soll (sog. vertikale Berechnungsmethode, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14 AS 55/07 R, Rn. 24 f.; Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Februar 2012, B 4 AS 89/11 R, Rn. 16 – juris). Einkommen der Eltern wäre dagegen nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II bei den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf zu berücksichtigen (sog. horizontale Berechnungsmethode). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen.

52

Der Kläger zu 2) hatte Einkommen aus Unterhaltsleistungen in Höhe von monatlich 309,00 Euro. Daneben wurde für ihn Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro monatlich bezogen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II (in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung) stellt Kindergeld Einkommen des Kindes dar, soweit es bei dem Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Verfügt das Kind über hinreichendes Einkommen, um seinen Bedarf nach dem SGB II zu decken, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus und der dann nicht benötigte Teil des Kindergeldes wird dem Kindergeldberechtigten entsprechend der Regeln des § 62 Einkommensteuergesetz als Einkommen zugerechnet (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Mai 2009, B 4 AS 39/08 R, Rn. 18; Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Februar 2012, B 4 AS 89/11 R, Rn. 16 – juris). Nach Anrechnung des Gesamteinkommens in Höhe von 493,00 Euro auf den Kindesbedarf von monatlich 499,50 Euro verbleibt noch ein Rest-Bedarf von 6,50 Euro. Übersteigendes Kindergeld liegt damit nicht vor. Die Klägerin zu 1) erzielte im streitgegenständlichen Zeitraum kein Einkommen. Absetzmöglichkeiten nach § 11b SGB II entfallen folglich auch.

e)

53

Es besteht demnach ein (endgültiger) Leistungsanspruch der Klägerin zu 1) von monatlich 667,38 Euro und des Klägers zu 2) von monatlich 6,50 Euro. An die Klägerin zu 1) wurden bereits auf den Bescheid vom 23. April 2012 hin monatlich 601,25 Euro ausgezahlt, sodass für sie noch weitere 66,13 Euro monatlich zu zahlen sind. Eine Erstattungsforderung im Sinne von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 SGB III verbleibt folglich nicht.

II.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens. Eine Bezifferung des Begehrens hinsichtlich der Regelbedarfe war zwar nicht ausdrücklich erfolgt. Die Kammer ist aber nicht von einer nur untergeordneten wirtschaftlichen Bedeutung für die Kläger, sondern letztlich von gleichwertigen Begründungsansätzen ausgegangen. Daraus resultiert die nur hälftige Kostentragung durch den Beklagten.

III.

55

Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt für beide Beteiligte jeweils nicht mehr als 750,00 Euro. Es liegen nach Auffassung der Kammer aber Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG vor. Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage der Schlüssigkeit der "Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Wittenberg" hat im Hinblick auf die Vielzahl der Anwendungsfälle der Verwaltungsvorschrift grundsätzliche Bedeutung.


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind1.angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bür

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften


(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11b Absetzbeträge


(1) Vom Einkommen abzusetzen sind1.auf das Einkommen entrichtete Steuern,2.Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,3.Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, s

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 328 Vorläufige Entscheidung


(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn1.die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundes

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 23 Besonderheiten beim Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte


Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7a Altersgrenze


Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben: für de

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11a Nicht zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind1.Leistungen nach diesem Buch,2.die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,3.die Renten oder Beihilfen,

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28a Fortschreibung der Regelbedarfsstufen


(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben. (2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbeda

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 40 Verordnungsermächtigung


Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates1.die für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und für die Fortschreibung de

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Tenor

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Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Klageverfahren über die Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

2

Die 1949 geborene Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Sie bewohnt eine Wohnung in C., für die seit Januar 2010 eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von EUR 356,93 zu zahlen ist. Diese setzt sich aus einer Grundmiete in Höhe von EUR 226,51, der Vorauszahlung für kalte Betriebskosten in Höhe von EUR 61,78 und Heizkostenvorauszahlungen (inklusive Warmwasserbereitungskosten) in Höhe von EUR 68,64 zusammen. Mit Bewilligungsbescheid vom 16. Mai 2011 wies der Beklagte die Klägerin auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hin.

3

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 24. Oktober 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 in Höhe von monatlich EUR 683,64. Dabei berücksichtigte er Bedarfe für die Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von EUR 319,64. Hiergegen erhob die Klägerin durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. November 2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 26. November 2011 änderte der Beklagte die Leistungsgewährung für den Zeitraum Januar bis Mai 2012 ab und berücksichtigte dabei die Erhöhung des Regelbedarfes. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Unterkunftskosten der Klägerin seien unangemessen.

4

Hiergegen hat die Klägerin am 21. Dezember 2011 Klage zum Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Sie begehrt die Berücksichtigung der vollständigen Unterkunftskosten. Der Angemessenheitsrichtlinie liege kein schlüssiges Konzept zugrunde. Darüber hinaus unterlasse der Beklagte eine Einzelfallbeurteilung und berücksichtige die Erkrankung der Klägerin nicht.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 monatlich weitere 37,29 EUR für Bedarfe der Unterkunft zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er selbst könne zum Zustandekommen der Verwaltungsvorschrift keine Auskunft erteilen und verweist insoweit auf die Stellungnahme des Landkreises sowie auf das beauftragte Unternehmen. Der Landkreis führt in seiner übersandten Stellungnahme aus, Konzepte des beauftragten Unternehmens seien wiederholt von Sozialgerichten bestätigt worden. Darüber hinaus stünden die erhobenen Daten in den Räumen des Landkreises zur Verfügung. Schließlich sei kein "normaler" Fall bekannt, in dem der Leistungsberechtigte nach ausreichender Suche nicht angemessenen Wohnraum gefunden hätte.

10

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

A. Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 12. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

12

I. Die Klägerin ist erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie erhält damit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II Arbeitslosengeld II, welches nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfasst.

13

II. Für die Klägerin ergibt sich im Dezember 2011 ein Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von EUR 364,00, für die Monate Januar bis Mai 2012 in Höhe von monatlich EUR 374,00 (Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2012, Bundesgesetzblatt I 2011, Seite 2093).

14

III. Hierzu ist der Bedarf für Unterkunft und Heizung zu addieren. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

15

1. Die tatsächlichen Kosten der Klägerin belaufen sich auf monatlich insgesamt EUR 356,93. Diese setzen sich aus einer Grundmiete in Höhe von EUR 226,51, Vorauszahlungen für kalte Betriebskosten in Höhe von EUR 61,78 sowie Heizkostenvorauszahlungen (inklusive Warmwasserbereitungskosten) in Höhe von EUR 68,64 zusammen.

16

2. Diese Kosten sind auch in voller Höhe zu berücksichtigen, da sie nicht unangemessen sind.

17

a) Eine Begrenzung der Bruttokaltmiete auf einen Betrag von EUR 251,00, der sich aus den "Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Wittenberg" ergibt, kommt vorliegend nicht in Betracht.

18

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R; Bundessozialgericht, Urteile vom 20. August 2009, B 14 AS 41/08 R sowie B 14 AS 65/08 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R) muss der Bestimmung der Angemessenheitswerte ein schlüssiges Konzept zugrunde liegen, welches dem Gericht zur Entscheidungsfindung vorzulegen ist. Schon dies ist, ohne dass es letztlich entscheidungserheblich wäre, hier zweifelhaft, da weder die erhobenen Daten noch die Mietwerterhebungen in diesem Verfahren vom Beklagten vorgelegt wurden. Ein Konzept liegt nach dieser Rechtsprechung vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R).

19

Bedenken der Kammer bestehen hier bereits gegen den methodischen Ansatz der Clusterbildung. In den Ausarbeitungen über die Mietwerterhebungen ist dazu ausgeführt, die "Gemeinden eines Wohnungsmarkttyps müss[t]en dabei nicht zwingend räumlich nebeneinander liegen, sondern könn[t]en sich über das Untersuchungsgebiet (Kreisgebiet) verteilen." Dies widerspricht nach Auffassung der Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bestimmung des Vergleichsraums. Danach muss der Vergleichsraum aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Mai 2011, B 14 AS 132/10 R, Rn. 25; Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, Rn. 18). Zweifelhaft ist insoweit, ob eine derartige "räumliche Nähe" auch bei einer Verteilung im Landkreis Wittenberg in Betracht käme. Weiterhin konnte auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht darlegen, wie sich aus den gewählten Indikatoren ableiten lässt, es handele sich um einen homogenen Lebens- und Wohnbereich, zumal die Kriterien der Infrastruktur und der verkehrstechnischen Verbundenheit vollständig unberücksichtigt gelassen wurden.

20

Zweifelhaft ist darüber hinaus, ob das Gericht die Mietwerterhebungen einer Entscheidung überhaupt zugrunde legen kann. Zwar hat der Beklagte zwischenzeitlich den Bedenken der Kammer (Beschluss vom 7. März 2012, S 11 AS 2428/11 ER) dahingehend Rechnung getragen, dass ein Arbeitsplatz eingerichtet wurde, an dem Interessierte die Daten einsehen können, freilich ohne diese aus dem Raum mitzunehmen. Ob dies den Anforderungen des § 128 Abs. 2 SGG entspricht, kann letztlich dahinstehen. Die Kammer hat diesbezüglich aber Bedenken. Denn es ist den Klägern wegen der Komplexität des Sachverhalts nicht möglich, die gesammelten Daten einer intensiven Prüfung zu unterziehen (ähnlich zum Recht auf Akteneinsicht Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 120 Rn. 4 a).

21

Weiterhin erschließt sich der Kammer nicht unmittelbar, warum sämtliche Wohnungen mit einer Fläche von weniger als 35 m² von den Erhebungen ausgeschlossen wurden, zumal der Quadratmeterpreis bei diesen höher als bei größeren Wohnungen sein dürfte. Auch wenn ein Leistungsberechtigter unter Umständen nicht gezwungen werden kann, in eine Wohnung dieses Zuschnitts zu ziehen, so verfälscht das Herauslassen der – auf den Quadratmeterpreis bezogen – tendenziell teureren Wohnungen aus den Erhebungen den berechneten Angemessenheitswert nach unten.

22

Jedenfalls ist nach Auffassung der Kammer der Umfang der erhobenen Daten nicht dazu geeignet, die Mietverhältnisse im Landkreis Wittenberg zuverlässig abzubilden. Nach den Ausführungen in den Mietwerterhebungen gibt es im Landkreis Wittenberg einen Bestand von 72.219 Wohnungen. Letztlich ausgewertet wurden im gesamten Landkreis 4.632 Wohnungen. Dies ist jedoch keine ausreichende Datenbasis, um die Verhältnisse des Wohnungsmarktes ausreichend sicher wiederzugeben. Das Bundessozialgericht verlangt hierfür vielmehr, dass die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn. 16).

23

Schließlich ist die reine Erhebung von Bestandsmieten nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, den Markt für Neuvermietungen zutreffend abzubilden. Für Satzungen sieht § 22 c Abs. 1 Satz 3 SGB II auch die Berücksichtigung von Neuvertragsmieten vor. Dieser Markt für Neuvermietungen ist hinsichtlich der Frage der Kostensenkungsmöglichkeiten der Maßgebende. Nach den im Auftrag des Beklagten erhobenen Daten war es schon zum Zeitpunkt der Erhebungen nicht möglich, im Bereich des Wohnungsmarkttyps 2, in dem sich die Wohnung der Klägerin befindet, ausreichend viele Wohnungen zu den berechneten Werten anzumieten. Im Erhebungszeitraum von neun Monaten wurden in diesem Bereich elf Wohnungen mit einer Wohnfläche bis 50 m² angeboten, von denen lediglich 9 %, in absoluten Zahlen also eine, den neu berechneten Angemessenheitswerten entsprach. Daraus lässt sich erkennen, dass schon zum Erhebungszeitpunkt strukturell nicht ausreichend Wohnraum zu den festgelegten Preisen verfügbar war und damit der Markt für Neuvermietungen nicht zutreffend abgebildet wurde. Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung der Kammer auch schon bei der Bestimmung des abstrakt als angemessen anzusehenden Wertes zu berücksichtigen, nicht erst bei der Frage der konkreten Angemessenheit. Denn zu beurteilen ist in diesem Zusammenhang (noch) nicht die Frage, ob aktuell Wohnungen zum jetzigen Zeitpunkt verfügbar sind, sondern die Verfügbarkeit zum Zeitpunkt der Datenerhebung. Denn nur hierdurch ließe sich nachweisen, dass der Wohnungsmarkt zutreffend abgebildet würde.

24

Dies kann auch nicht mit den Ausführungen in den Mietwerterhebungen gerechtfertigt werden, dass 40 % der Wohnungen "direkt vermarktet" würden. Auch wenn das beauftragte Unternehmen den Schluss zieht, dass die ausgewerteten Angebote teurer sind als die anmietbaren Wohnungen, so ist doch zu berücksichtigen, dass der "direkt vermarktete" Wohnraum für die Leistungsberechtigten nicht verfügbar ist. Soweit es sich hier um Interessentenlisten handeln sollte, die nach Priorität abgearbeitet werden, ergibt sich dies schon daraus, dass ein Leistungsempfänger, der zur Senkung seiner Kosten aufgefordert wird, allenfalls eine niedrige Priorität bei den Vermietern genießen wird, da er am Ende der Interessentenlisten aufgenommen werden dürfte. Darüber hinaus erschließt sich der Kammer nicht, warum es dem Beklagten nicht möglich gewesen sein soll, diese "direkt vermarkteten" Wohnungen und deren Preise zu ermitteln, die Leistungsempfänger hingegen in der Lage sein sollen, entsprechenden Wohnraum zu finden.

25

b) Andere bereite Quellen, wie beispielsweise Mietspiegel, sind für den Landkreis Wittenberg ebenfalls nicht verfügbar. In einem derartigen Fall, in dem selbst der Grundsicherungsträger nicht in der Lage oder bereit ist, die Angemessenheitsrichtlinie trotz Bedenken des Gerichts nachvollziehbar zu machen oder nachzubessern, ist es nach Auffassung der Kammer nicht Aufgabe der Sozialgerichte, für die streitgegenständlichen Zeiträume Angemessenheitsrichtlinien aufzustellen. Die Amtsermittlungspflicht der Gerichte (§ 103 Satz 1 1. Halbsatz SGG) findet insoweit ihre Grenze in den Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG); soweit das Konzept des Grundsicherungsträgers nicht schlüssig ist, geht die Ermittlungspflicht hinsichtlich des Mietmarktes nicht ohne Weiteres auf die Sozialgerichte über (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 26). Das Gericht sah sich auch nicht in der Lage, aus den erhobenen Daten eigene Angemessenheitswerte zu bestimmen. Denn die Datengrundlage ist nicht ausreichend für die Bestimmung einer abstrakten Mietobergrenze, wie bereits ausgeführt wurde.

26

Dennoch sind Unterkunftskosten nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht unbeschränkt, sondern nur bis zur Höhe der Angemessenheit zu übernehmen. Denn durch die steuerfinanzierten Grundsicherungsleistungen sollen nicht extrem hohe und damit "per se" unangemessene Unterkunftskosten getragen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2010, L 13 AS 4212/08, Rn. 33, zitiert nach Juris). Als einzige bereite Größe ist auf die Tabellenwerte zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Diese Variante stellt auch das Bundessozialgericht in seinen Entscheidungen als Grenze für die zu übernehmenden Kosten dar (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27; Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 27; Bundessozialgericht, Urteil vom 20. August 2009, B 14 AS 65/08 R, Rn. 21). Den Ausführungen des Bundessozialgerichts lässt sich nach Auffassung der Kammer dabei entnehmen, dass dieser Betrag die Kosten der Unterkunft nach oben begrenzen soll, Kosten, die hierüber liegen, mithin nicht zu übernehmen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27: "Die Grenze findet sich insoweit in den Tabellenwerten zu § 8 WoGG bzw nunmehr § 12 WoGG.").

27

Der Wohnort des Antragstellers gehört zur Mietstufe 1. Aus der Tabelle zu § 12 WoGG ergibt sich damit ein Höchstwert für die Grundmiete und kalte Betriebskosten in Höhe von monatlich EUR 292,00. Diese Angemessenheitsgrenze übersteigen die Kosten der Klägerin nicht.

28

Für die Unangemessenheit der Heizkosten ist nichts ersichtlich, so dass auch diese – wie geschehen – in voller Höhe zu berücksichtigen sind.

29

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

30

C. Die Berufung war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG vorliegt. Insbesondere kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt.


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Tenor

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 9. September 2010 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juli 2007.

2

Der 1977 geborene Kläger zu 1 und die 1980 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet und leben mit ihren gemeinsamen, am 2003 und am 2007 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 und 4, in einer ca 72 qm großen 3-Zimmer-Wohnung in Duisburg, für die im Juli 2007 insgesamt 432,69 Euro zu zahlen waren.

3

Seit dem 7.4.2007 bezog der Kläger zu 1 Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Höhe von 823,80 Euro monatlich (27,46 Euro täglich), zuletzt aufgrund des Bewilligungsbescheides der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom 21.3.2007. Für die Kinder wurde Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro gezahlt. Die Kläger bezogen daneben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem bewilligte der beklagte Träger der Grundsicherung mit Bescheid vom 1.6.2007 für den Bewilligungszeitraum vom 1.4.2007 bis zum 30.9.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und dabei für den Monat Juli 2007 (unter Berücksichtigung des Kindergeldes und des Alg) Leistungen in Höhe von insgesamt 340,89 Euro (Regelleistung an die Kläger zu 1 und 2 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft).

4

Am 27.6.2007 nahm der Kläger zu 1 eine Vollzeittätigkeit als Produktionshelfer auf und informierte die BA hierüber am 3.7.2007 und den Beklagten am 2.8.2007. Der Arbeitgeber zahlte Mitte Juli 2007 für die vier im Juni 2007 geleisteten Arbeitstage 261,26 Euro brutto (219,21 Euro netto). Am 31.7.2007 zahlte die BA an den Kläger zu 1 Alg in Höhe von 823,80 Euro.

5

Mit Bescheid vom 2.8.2007 hob die BA ihre Bewilligung von Alg ab dem 27.6.2007 auf und forderte mit Erstattungsbescheid vom 9.8.2007 Leistungen in Höhe von 933,64 Euro zurück. Diese Bescheide sind bestandskräftig. Der Kläger zu 1 zahlte den Rückforderungsbetrag seit dem 14.12.2007 in monatlichen Raten von zuletzt 30 Euro zurück.

6

Mit Änderungsbescheid vom 14.8.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1.7.2007 bis 30.9.2007. Für den Monat Juli 2007 gewährte er Leistungen in Höhe von 423,27 Euro unter Berücksichtigung von Alg in Höhe von 741,42 Euro. Den Wegfall des Alg berücksichtigte er erst ab August 2007.

7

Wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen im Juli 2007 forderte der Beklagte von den Klägern mit Bescheiden vom 27.8.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.7.2007 bis 31.7.2007 in Höhe von insgesamt 55,59 Euro gegenüber den Klägern zu 2 bis 4, sowie in Höhe von 31,37 Euro gegenüber dem Kläger zu 1 zurück.

8

Gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 14.8.2007 und die Bescheide vom 27.8.2007 legten die Kläger am 3.9.2007 (mit zwei Schriftsätzen) Widerspruch ein. Gegen die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens wandten sie sich in der Folge nicht mehr (Schriftsatz vom 11.10.2007) und beglichen die sich aus den Bescheiden vom 27.8.2007 ergebende Rückforderung. Soweit sie geltend machten, das mittlerweile zurückgeforderte Alg sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, blieb der Widerspruch ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1.2.2008).

9

Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg hat das SG mit Urteil vom 9.9.2010 abgewiesen. Der Streitgegenstand sei vorliegend durch einen in einem Erörterungstermin geschlossenen Vergleich wirksam auf die Frage der Berücksichtigung des Alg auf den Bedarf der Kläger für den Monat Juli 2007 beschränkt worden. Gegenstand der zulässigen Anfechtungs- und Leistungsklage sei allein der Bescheid vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.2.2008. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.8.2007 seien dagegen nach Auffassung der Kammer nicht Gegenstand des Widerspruchverfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Zwar beträfen sowohl der angegriffene Bescheid vom 14.8.2007 als auch die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.8.2007 die Grundsicherungsleistungen für Juli 2007, sie beinhalten aber unterschiedliche, nämlich gegenläufige Verfügungen (Bewilligung und Aufhebung) im Hinblick auf unterschiedliche Einnahmen (Alg und Erwerbseinkommen). In der Sache ergebe sich ein Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen im Juli 2007 nicht. Zutreffend sei der Beklagte von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1472,69 Euro ausgegangen (Regelleistungen und tatsächliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 432,69 Euro). Von dem Gesamtbedarf seien zunächst 308 Euro Kindergeld abzusetzen und sodann das zugeflossene Alg. Das Alg sei seiner Natur nach - anders als ein gewährtes Darlehen - zum endgültigen Verbrauch bestimmt gewesen und habe den Klägern bei wirtschaftlicher Betrachtung im streitigen Zeitraum auch zur Verfügung gestanden. Daran ändere nichts, dass die Zahlung nicht rechtmäßig erfolgt sei.

10

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihren Sprungrevisionen. Die zu Unrecht ausgezahlte Sozialleistung dürfe nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Beim Alg handele es sich um eine zweckbestimmte Leistung. Die Leistung habe im Juli 2007 nicht dem Zweck dienen können, den Lebensunterhalt bei Arbeitslosigkeit zu decken, weswegen sie nicht habe zweckbestimmt eingesetzt werden können. Rechtswidrig gezahlte Leistungen seien von vornherein nicht geeignet, den Bedarf zu decken, denn sie seien von vornherein damit belastet, dass sie zurückgezahlt werden müssten. Jedenfalls wenn einem Hilfebedürftigen eine Einnahme zufließe, die mit einer sofortigen Rückzahlungspflicht verbunden sei, und unstreitig sei, dass die Rückzahlungspflicht bestehe, könne ein solcher Zufluss nicht als Einkommen oder als Vermögen berücksichtigt werden.

11

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 9. September 2010 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 14. August 2007 und vom 27. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2008 zu ändern und den Klägern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen.

12

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juli 2007 besteht nicht. Dabei ist entgegen der Auffassung des SG der Streitgegenstand nicht dahin beschränkt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung des Alg als Einkommen zu prüfen wäre (dazu unter 1). Ein Anspruch der Kläger auf Änderung der angefochtenen Bescheide zu ihren Gunsten besteht nicht, wie das SG zutreffend entschieden hat. Für Juli 2007 war neben dem Erwerbseinkommen das zugeflossene Alg zu berücksichtigen (dazu unter 2). Weder die Kenntnis des Klägers zu 1 von der fehlenden Leistungsberechtigung nach dem SGB III noch die Aufhebung der der Zahlung zugrunde liegenden Bewilligung durch die BA im August 2007 führen dazu, dass das Alg im Zeitpunkt seines Zuflusses nicht als Einkommen zu berücksichtigen war (dazu unter 3).

15

1. Streitgegenstand sind vorliegend höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Juli 2007. Die Kläger machen mit ihrem Vorbringen, es sei für Juli 2007 das zugeflossene Alg nicht als Einkommen zu berücksichtigen, sowohl höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung an die minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als auch (höhere) Regelleistungen an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf Regelleistungen einerseits und Kosten der Unterkunft und Heizung andererseits haben sie damit nicht vorgenommen, wovon auch das SG ausgegangen ist. Lediglich in zeitlicher Hinsicht haben sie den Streitgegenstand zulässigerweise beschränkt.

16

Demgegenüber war es nicht zulässig, den Streitgegenstand "durch Vergleich" weitergehend auf die Frage der Berücksichtigung des Alg als Einkommen zu beschränken. Bei den von den Beteiligten vorliegend im Erörterungstermin abgegebenen Erklärungen hat es sich schon nicht um ein gegenseitiges Nachgeben im Sinne eines (Teil-)Vergleichs gehandelt (§ 101 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz), denn der Beklagte hat weder materiell noch prozessual nachgegeben. Auch davon unabhängig ist eine Beschränkung des Streitstoffs auf die Prüfung bestimmter Tatsachen durch eine einvernehmliche Regelung der Beteiligten nicht möglich (vgl zum Teilanerkenntnis BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12). Voraussetzung hierfür wäre, dass insoweit eine Regelung über einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes erfolgen würde. Hinsichtlich bestimmter Berechnungselemente der Leistung scheidet ein Vergleich also aus, soweit diese Leistung - wie hier - nach dem Willen der Kläger in allen Teilen, also hinsichtlich Regelleistungen und Kosten für Unterkunft und Heizung, zur Überprüfung gestellt werden soll. Eine rechtliche Einschränkung des Prüfungsumfangs ergibt sich aus diesem Grund auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, wonach sie die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen im streitigen Monat der Sache nach nicht beanstanden. Eine wirksame Beschränkung durch eine nur teilweise Anfechtung der Bescheide liegt darin nicht, schon weil sie ihren Klageantrag nicht beziffert haben.

17

Damit sind sowohl der Bescheid vom 14.8.2007 als auch die Bescheide vom 27.8.2007 Gegenstand eines einheitlichen Widerspruchsverfahrens iS des § 86 SGG. Alle diese Bescheide treffen aufeinander aufbauend eine Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Leistungen und ändern damit die ursprüngliche Bewilligung ab. Die Erklärungen der Kläger sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren sind zwar dahin zu verstehen, dass sie die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens in der Sache nicht beanstanden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Bescheide vom 27.8.2007 bestandskräftig werden sollten, denn ihre Bestandskraft stünde einem Anspruch auf höhere Leistungen entgegen. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 1.2.2008 hat der Beklagte schließlich über die geltend gemachten höheren Leistungen unter allen rechtlichen Gesichtspunkten - und damit auch unter Berücksichtigung der Bescheide vom 27.8.2007 - entschieden. Das Vorverfahren als Klagevoraussetzung (§ 78 SGG) ist damit durchgeführt.

18

2. Als Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Bewilligung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts kommt nur § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Betracht. Die Vorschrift setzt ua voraus, dass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Dabei sind für die Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass der Ausgangsbescheid vom 1.6.2007 zugunsten der Kläger zu ändern ist, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Dabei ist auf die Rechtslage im damaligen Bewilligungszeitraum abzustellen.

19

Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Kläger zu 1 und 2 als erwerbsfähige Hilfebedürftige (vgl § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II) und die Kläger zu 3 und 4, die als gemeinsame, nicht erwerbsfähige Kinder mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft leben (vgl § 7 Abs 2, 3 SGB II), dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl §§ 19, 28 SGB II) haben. Wegen der Höhe ihrer Ansprüche ist zunächst der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft aus dem Bedarf jeder einzelnen Person zu ermitteln und sodann das zu berücksichtigende Einkommen (vgl § 11 SGB II) im Verhältnis der Einzelbedarfe zum Gesamtbedarf zu verteilen (§ 9 Abs 2 Satz 3 SGB II). Entgegen der Auffassung des SG beträgt der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft vorliegend allerdings lediglich 1164,69 Euro, zusammengesetzt aus einem Bedarf der Eltern in Höhe von jeweils 312 Euro und der Kinder in Höhe von jeweils 54 Euro sowie tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 432,69 Euro. Das zugeflossene Kindergeld ist nämlich nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorliegend ausschließlich zur Bedarfsdeckung der Kinder heranzuziehen und also vorab von ihren Bedarfen abzusetzen(vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 24).

20

Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind - wie bereits in den Monaten zuvor - das am 31.7.2007 zugeflossene Alg (dazu im Einzelnen unter 3) sowie (zusätzlich) das Erwerbseinkommen in Höhe von 86,96 Euro (Nettoeinkommen in Höhe von 219,21 Euro abzüglich der Freibeträge aus § 11 Abs 2 Satz 2<100 Euro>, § 30 SGB II<32,25 Euro>) zu berücksichtigen. Nach den Feststellungen des SG und dem ausdrücklichen Vorbringen der Kläger ergibt sich kein Hinweis, dass bezüglich des Gesamteinkommens im Monat Juli 2007 über den beim Erwerbseinkommen abgesetzten Betrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II hinaus weitere Absetzungen vorzunehmen wären. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte das Alg im Juli 2007 versehentlich nur in Höhe von 741,42 Euro statt der tatsächlich gezahlten 823,80 Euro zugrunde gelegt hat. Es wirkt sich wegen dieses Fehlers auf die Ansprüche der Kläger auch nicht aus, dass bei Verteilung des Gesamteinkommens unter Zugrundelegung der soeben dargestellten Einzelbedarfe im Verhältnis zum Gesamtbedarf sich richtigerweise geringfügig andere Individualansprüche ergeben hätten. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist damit im Juli 2007 (wegen des Zuflusses von Erwerbseinkommen) lediglich zu ihren Lasten, nicht aber zugunsten der Kläger eingetreten.

21

3. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18). Damit handelt es sich bei der Zahlung von Alg nach §§ 117 ff SGB III auf Grundlage des Bewilligungsbescheides vom 21.3.2007 im Grundsatz um laufendes Einkommen (vgl insoweit § 2 Abs 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.

22

a) Ohne Bedeutung für die Berücksichtigung als Einkommen ist dabei, dass es sich um eine Entgeltersatz- und Sozialleistung nach vorangegangener versicherungspflichtiger Beschäftigung handelt. Der Zweck des Alg als Entgeltersatzleistung bei Arbeitslosigkeit führt nicht dazu, im Alg eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II zu sehen(vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 19 für Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch und BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 13 für das Insolvenzgeld). Mit der Gewährung der Leistung wird den Leistungsempfängern ein bestimmter "Verwendungszweck" nicht auferlegt. Daraus folgt zugleich, dass mit der materiell rechtswidrigen Zahlung von Alg nach Wegfall der Arbeitslosigkeit - anders als die Kläger meinen - ein nach dem SGB II beachtlicher Zweck dieser Leistung nicht verfehlt wird.

23

b) Der Berücksichtigung des Alg steht die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen, wonach nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II anzusehen sind, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt(BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 16). Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist nach dieser Rechtsprechung, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach dem Monat eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll (zum Monatsprinzip bei laufenden Einnahmen vgl § 2 Abs 2 Alg II-V in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung), besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als "bereite Mittel" in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen. Insbesondere können solche Rückstellungen nicht geschützt sein, die Leistungsempfänger in Bezug auf möglicherweise eintretende, im Zeitpunkt des Zuflusses aber noch ungewisse, künftige Zahlungsverpflichtungen vornehmen.

24

Damit ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass das im Juli ausgezahlte Alg auch für diesen Monat zu berücksichtigen ist. Zwar ist die Arbeitslosigkeit des Klägers zu 1 als Leistungsvoraussetzung nach § 118 SGB III und damit das Stammrecht auf Alg vom Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme (am 27.6.2007) an entfallen. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass die Zahlung des Alg rechtswidrig geworden und bereits bei Auszahlung mit einem Rückzahlungsanspruch belastet war (zur Unterscheidung von Stammrecht und Leistungsanspruch etwa BSGE 75, 235 = SozR 3-4100 § 100 Nr 5 mwN). So wie die BA an die Zuerkennung des Leistungsanspruchs gebunden ist, solange der Bewilligungsbescheid Bestand hat, steht auch dem Kläger zu 1 in dieser Zeit ein Rechtsgrund für das Behalten der Leistung zur Seite. Ein auf einer bindenden Bewilligung begründeter Leistungsbezug von Alg ist rechtmäßig, solange der Bewilligungsbescheid besteht (vgl nur BSGE 61, 286, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 31). Die fehlende Übereinstimmung des Bezuges mit dem materiellen Recht kann dem Kläger zu 1 gegenüber also nicht vor der Aufhebung des Bescheides geltend gemacht werden, und zwar auch dann nicht, wenn er Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistung hatte. Spiegelbildlich dazu können er und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sich auf eine Rückzahlungsverpflichtung, die der Berücksichtigung als Einkommen durch den Träger der Grundsicherung entgegenstehen könnte, erst berufen, wenn die Bindungswirkung der Bewilligungsentscheidung nach den Regelungen der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben worden ist. Insoweit kommt es allein auf den Zahlungsanspruch an, da nach dem oben Ausgeführten dieser Anspruch (und nicht bereits das Stammrecht) den für § 11 Abs 1 SGB II entscheidenden Zufluss der Einnahme vermittelt. Die so getroffene Abgrenzung ist schließlich sachgerecht auch deshalb, weil der Träger der Grundsicherung damit von einer Prüfung, ob bei materieller Rechtswidrigkeit die zusätzlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit vorliegen, entbunden ist und es allein auf die Aufhebung der Bewilligung durch die BA ankommt.

25

c) Zwar ist die Bewilligung von Alg mit Wirkung für die Vergangenheit - und also auch für den hier streitigen Zuflussmonat - aufgehoben worden, die Rückzahlungsverpflichtung, die für die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit allein maßgeblich ist, tritt jedoch erst zukünftig ein. Die (bestandskräftig gewordene) Aufhebung der Bewilligungsentscheidung im August 2007 hat deshalb im Verhältnis zum Träger der Grundsicherung lediglich die Bedeutung, dass die Hilfebedürftigen (erst) von diesem Zeitpunkt an mit Schulden (gegenüber der BA) belastet sind. Solche Verpflichtungen sind aber grundsätzlich bei Bestimmung der Hilfebedürftigkeit unbeachtlich (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25; Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19; Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 28; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 13; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 18). Soweit das SG die Möglichkeit der Gewährung eines Sonderbedarfs (vgl § 23 Abs 1 SGB II) zur Deckung der Schulden erwogen hat, widerspräche eine solche Bewilligung dieser Rechtsprechung. Freiwillige Zahlungen an die BA, wie sie der Kläger zu 1 offensichtlich geleistet hat, sind - auch wenn sie einem Versicherungsträger zugute kommen - unbeachtlich (ausdrücklich BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25 am Ende).

26

Soweit die Kläger - sinngemäß - eine Härte darin erkennen, dass (ihr Vorbringen als zutreffend unterstellt) die Überzahlung vorliegend allein durch eine fehlerhafte Arbeitsweise der BA eingetreten ist und dieses fehlerhafte Verwaltungshandeln zu dem Zufluss von Einkommen im Juli 2007 geführt hat, weist der Senat darauf hin, dass solche Sachverhalte im Verhältnis zum Leistungsempfänger ausschließlich bei einer Entscheidung über den Erlass der aus dem Bescheid der BA vom 9.8.2007 begründeten Erstattungsforderung (vgl § 76 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch) Berücksichtigung finden (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13 S 94). Ob Erstattungsansprüche der Träger untereinander bestanden hätten, kann vorliegend deshalb offen bleiben.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1.
für den Zeitraum nach Absatz 3 für
a)
die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
b)
die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2.
für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
die für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und für die Fortschreibung des Teilbetrags nach § 34 Absatz 3a Satz 1 maßgeblichen Prozentsätze zu bestimmen und
2.
die Anlagen zu den §§ 28 und 34 um die sich durch die Fortschreibung nach Nummer 1 zum 1. Januar eines Jahres ergebenden Regelbedarfsstufen sowie um die sich aus der Fortschreibung nach § 34 Absatz 3a Satz 1 und 2 ergebenden Teilbeträge zu ergänzen.
Der Prozentsatz nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 28a Absatz 3 ist auf zwei Dezimalstellen zu berechnen; die zweite Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der dritten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt. Der Prozentsatz nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 28a Absatz 4 ist auf eine Dezimalstelle zu berechnen; die erste Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der zweiten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt. Die Bestimmungen nach Satz 1 erfolgen bis spätestens zum Ablauf des 31. Oktober des jeweiligen Jahres.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 geändert, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, den Klägern mehr als 478,35 Euro der mit Bescheid der Stadt Düren vom 14. Mai 2008 festgesetzten Kosten für die Verlegung von Anschlusskanälen als Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2008 zu gewähren. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 4/5 der außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich gegen seine Verurteilung zur Übernahme von einmalig angefallenen Kosten in Höhe von 584,65 Euro für die Sanierung des Kanalhausanschlusses als Kosten der Unterkunft durch die Vorinstanzen.

2

Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 sind Eigentümer des 390 qm großen Grundstücks S straße in D, das mit einem Wohnhaus (Wohnfläche 180 qm) bebaut ist. Sie leben mit ihren sieben (im streitigen Zeitraum minderjährigen) Kindern, den Klägern zu 3 bis 9, gemeinsam mit zwei weiteren, nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Familienangehörigen in diesem Haus. Sie beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem gewährte der Beklagte für die Zeit vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 1545,16 Euro monatlich (Bescheid vom 17.7.2007). Als Kosten der Unterkunft legte er dabei monatliche Gesamtkosten in Höhe von 429,85 Euro (9/11 der Gesamtkosten von 525,37 Euro) sowie monatliche Heizkostenanteile in Höhe von 90 Euro (9/11 von 110 Euro) zugrunde. Für die Zeit ab 1.4.2008 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung und bewilligte Leistungen in Höhe von 1562,99 Euro monatlich und dabei ua Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 537,68 Euro, wobei er Hauslasten in Höhe von 423,14 Euro monatlich und Kosten für Heizung in Höhe von 114,54 Euro monatlich berücksichtigte (Bescheid vom 18.4.2008). Für die Zeit ab 1.7.2008 bewilligte er schließlich Leistungen in Höhe von 1591,99 Euro monatlich; die Kosten der Unterkunft und Heizung blieben insoweit unverändert.

3

Mit Bescheid über die Festsetzung und Erhebung der Kosten für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle für das Grundstück vom 14.5.2008 setzte die Stadt Düren gegenüber dem Kläger zu 1 Anschlusskosten für die Verlegung von Anschlusskanälen in Höhe von 584,65 Euro fest. Der Betrag werde einen Monat nach Bekanntgabe fällig. Der Kläger zu 1 beantragte die Übernahme dieser Kosten bei dem Beklagten. Er sei nicht bereit für diese Kosten aufzukommen, da er die Erneuerung bzw Ausbesserung der Anschlusskanäle nicht gewollt habe (Schreiben vom 24.5.2008). Den Antrag lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 23.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 14.8.2008).

4

Der hiergegen zum Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat das SG stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen zur Übernahme der mit Bescheid vom 14.5.2008 festgesetzten Kosten in Höhe von 584,65 Euro verurteilt (Urteil vom 18.3.2009). Die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 25.2.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, bei den mit Bescheid vom 14.5.2008 festgesetzten Kosten handele es sich um Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Eigenheimen gehörten alle mit dem Eigentum verbundenen notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen seien. § 7 Abs 2 der Verordnung (VO) zu § 82 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sei - wie schon unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes - insoweit entsprechend anzuwenden(Hinweis auf BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 38 und BVerwGE 77, 232). Bei den im vorliegenden Fall gemäß § 10 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit der Entwässerungssatzung sowie der Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Düren festgesetzten und erhobenen Kosten handele es sich um einen Kostenersatz, der wie eine sonstige öffentliche Abgabe iS des § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII zu werten sei, auch wenn es sich rechtstechnisch (anders als in anderen Bundesländern) nicht um eine Gebühr handele, sondern um eine öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art. Der Senat halte es für geboten, den Begriff der öffentlichen Abgabe in § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII sozialrechtlich auf den vorliegend geltend gemachten Kostenersatzanspruch gemäß § 10 KAG NRW auszudehnen. Für eine je nach Bundesland unterschiedliche Behandlung solcher Kostenersatzansprüche sei ein sachlicher Grund nicht gegeben. Zudem ruhe der Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück(Hinweis auf OVG NRW Urteil vom 10.8.1998 - 22 A 2059/95). Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es damit auf eine Unterscheidung zwischen werterhaltenden und wertsteigernden Ausgaben nicht an. Eine Übernahme der als sonstige öffentliche Abgabe zu qualifizierenden Kosten werde allein durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt. An der Angemessenheit der Kosten bestünden vorliegend keine Zweifel, weil schon die von dem Beklagten als für die Bedarfsgemeinschaft angemessen angesehene Kaltmiete in Höhe von 744,54 Euro monatlich nicht überschritten würde.

5

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Die vom LSG vorgenommene Auslegung unter dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Belastung über alle Bundesländer hinweg überzeuge nicht. Eine "sozialrechtliche Ausdehnung" und damit bundeseinheitliche Anwendung der jeweils für den Hilfebedürftigen günstigsten landesrechtlichen Vorschriften sei vom Bundessozialgericht (BSG) schon bei der Bestimmung der Flächenwerte für eine "angemessene Unterkunft" verworfen worden (BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Damit habe das BSG bewusst Ungleichbehandlungen von Bundesland zu Bundesland in Kauf genommen. § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 der VO zu § 82 SGB XII könne keine Anwendung finden, denn sonstige öffentlich-rechtliche Entgeltleistungen besonderer Art seien nicht erfasst.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie halten die Entscheidungen von SG und LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nur zu einem Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). SG und LSG sind im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern wegen der im laufenden Bewilligungsabschnitt fällig gewordenen Kosten für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle für das Grundstück höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Insoweit ist mit Fälligkeit der Kosten im Juni 2008 eine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gegenüber den Verhältnissen eingetreten, die bei Erlass der Bescheide vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2008 hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung vorlagen (dazu unter 2 a). Allerdings ist der von diesem Zeitpunkt an geänderte, aktuelle tatsächliche Bedarf der Kläger an Kosten der Unterkunft und Heizung nur in Höhe der auf sie entfallenden Kopfteile an den Gesamtkosten für das von elf Personen bewohnte Haus zu berücksichtigen (dazu unter 2 b). Die danach berücksichtigungsfähigen Kosten in Höhe von 478,35 Euro (9/11 von 584,65 Euro) sind mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zugunsten der Kläger zu berücksichtigen, denn die Kosten für Unterkunft und Heizung stellen sich auch unter Einschluss dieser weiteren Kosten als angemessen dar (dazu unter 2 c).

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 23.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.8.2008, mit dem der Beklagte die Übernahme der im Mai 2008 festgesetzten und im Juni 2008 fällig gewordenen Kosten für die Erneuerung und Ausbesserung der Anschlusskanäle als Kosten der Unterkunft und Heizung abgelehnt hat. Gegen diese Bescheide wenden sich die Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Bereits mit ihrem Antrag vor dem SG haben die Kläger den Streitstoff inhaltlich ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung vgl nur BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18; zur rechtlich nicht möglichen weiteren Aufspaltung des Streitgegenstands, etwa in Unterkunfts- und Heizkosten: BSG, aaO, RdNr 18, 22). Der Höhe nach ist die Überprüfung im Revisionsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 584,65 Euro begrenzt, weil nur der Beklagte durch die Urteile von SG und LSG beschwert ist und Revision eingelegt hat.

11

2. Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte den Klägern mit den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 bewilligt hatte und die Fälligkeit der weiteren, streitigen Kosten zeitlich in diesen Bewilligungsabschnitt fällt. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 17.7.2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18.4.2008, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - bezogen auf die hier streitigen Kosten der Unterkunft und Heizung - dazu führt, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide abzuändern sind, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12 mwN) .

12

Die Kläger erfüllten im Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 19 Satz 1, § 22 SGB II. Damit haben sie ua Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Es ergeben sich nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten dabei keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit Bescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.7.2008 bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung ursprünglich unzutreffend festgesetzt sein könnten.

13

a) Eine gegenüber den ursprünglichen Bewilligungen mit Bescheiden vom 17.7.2007 und vom 18.4.2008 wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist mit der Fälligkeit der mit Bescheid der Stadt Düren vom 14.5.2008 festgesetzten und erhobenen Kosten für die Verlegung von Anschlusskanälen im Juni 2008 eingetreten. Für diesen Monat sind höhere tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden, die entgegen der Auffassung des Beklagten dem Grunde nach berücksichtigungsfähig im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

14

Zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II für die Unterkunft in Eigenheimen gehören neben den zur Finanzierung geleisteten Schuldzinsen auch die Nebenkosten, wie zB Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden Bewilligungszeitraum. Wird ein Eigenheim bewohnt, zählen zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat. Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36).

15

Bei den streitigen Anschlusskosten handelt es sich um solche einmalig anfallenden Lasten, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II berücksichtigungsfähig sind. Bei der Frage nach den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst genutzten Eigenheimen geht es nur darum, diejenigen Kosten zu bestimmen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen. Insoweit hat das LSG im Einzelnen unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ausgeführt, dass die Anschlusskosten nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück liegen. Sie erwachsen nach den Feststellungen des LSG aus dem gemeindlichen Anschluss- und Benutzungszwang, dem der Grundstückseigentümer unterworfen ist, und sind so ausgestaltet, dass sie für den Eigentümer unvermeidbare und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind. An diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften ist der Senat gebunden (§ 162 SGG). Auf die weitergehende landesrechtliche Ausgestaltung solcher Lasten als Gebühr oder öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art kommt es nach Sinn und Zweck des § 22 SGB II nicht an. Inwieweit eine Übernahme solcher öffentlich-rechtlicher Lasten, denen sich der Hauseigentümer nicht entziehen kann, durch den Träger der Grundsicherung als gerechtfertigt anzusehen ist, ist allein eine Frage der Angemessenheit solcher Kosten, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.

16

Dagegen ist unerheblich, ob die Einbeziehung dieser Kosten von Wortlaut und Sinn und Zweck des § 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 VO zu § 82 SGB XII gedeckt ist, wie das LSG meint. § 7 VO zu § 82 SGB XII ist für die Feststellung, welche (Neben)Kosten für Eigentümer als berücksichtigungsfähige Kosten anzusehen sind, (nur) entsprechend anzuwenden(BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 38). Die dort genannten Kosten können nur Anhaltspunkt dafür sein, in welchem Umfang berücksichtigungsfähige Kosten im Rahmen des § 22 SGB II entstehen. Bereits aufgrund ihrer systematischen Stellung kommt der Regelung bei der Konkretisierung des Begriffs der Aufwendungen für Unterkunft keine bindende Wirkung zu (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 16).

17

Schließlich kann dahinstehen, ob die von der Stadt Düren vorgenommenen Kanalausbesserungen, die den streitigen Kosten zugrunde liegen, als notwendige Erhaltungsmaßnahmen auch aus diesem Grund zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören.

18

b) Allerdings sind auch einmalig anfallende Kosten bei der Nutzung eines Eigenheimes von mehreren Personen nicht in vollem Umfang, sondern nur anteilig pro Kopf zu berücksichtigen. Da nur neun der insgesamt elf Familienmitglieder als Hilfebedürftige nach den Feststellungen des LSG eine Bedarfsgemeinschaft bilden und nur deren Kosten der Unterkunft im vorliegenden Verfahren von dem Beklagten geltend gemacht werden können, belaufen sich die weiteren, im Monat Juni 2008 berücksichtigungsfähigen Kosten auf 478,35 Euro und nicht auf 584,65 Euro, wie die Vorinstanzen meinen. Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so sind die Kosten der Unterkunft im Regelfall unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind (stRspr, vgl etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33 mwN). Unerheblich ist insoweit auch, dass nur der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 als Grundstückeigentümer von der Stadt Düren wegen der streitigen Kosten in Anspruch genommen worden sind.

19

c) Die danach berücksichtigungsfähigen einmaligen Kosten in Höhe von 478,35 Euro erweisen sich schließlich auch als angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, sodass sich die Verurteilung des Beklagten zu ihrer Übernahme insoweit als zutreffend erweist.

20

Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind (im Einzelnen nur BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10). Diese Rechtsprechung ist dahin zu konkretisieren, dass der Vergleich zwischen den Kosten für eine im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessene Nettokaltmiete und den Kosten, die bei der Nutzung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen entstehen, an Hand der im Kalenderjahr anfallenden Kosten vorzunehmen ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass üblicherweise vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zur Versicherungen, Wasser- und Abwassergebühren) nicht monatlich, sondern jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen. Um die regelmäßigen Kosten von Eigenheimen realistisch abzubilden, erscheint eine monatliche Betrachtungsweise damit nicht geeignet. Andererseits berücksichtigt die Prüfung der Angemessenheit von Kosten bezogen auf einen Jahreszeitraum, dass nach § 41 Abs 1 Satz 5 SGB II aF Leistungen (wie dies vorliegend geschehen ist) längstens für ein Jahr bewilligt werden dürfen. Längstens für diesen Zeitraum kann davon ausgegangen werden, dass wesentliche Veränderungen in den Lebensverhältnissen eines Hilfebedürftigen nicht eintreten. Die Prüfung der Angemessenheit von Gesamtkosten bezogen auf ein Jahr bedeutet allerdings - wie bereits ausgeführt - nicht, dass tatsächlich einmalig anfallende Kosten vom Träger der Grundsicherung über längere Zeiträume verteilt zu gewähren wären.

21

Nach den Feststellungen des LSG hält der Beklagte eine monatliche Kaltmiete (ohne Nebenkosten) in Höhe von 744,54 Euro, mithin eine Jahreskaltmiete in Höhe von 8934,48 Euro für eine neunköpfige Bedarfsgemeinschaft für angemessen. Diese Kosten, die die üblichen von Mietern zu zahlenden (kalten) Nebenkosten noch nicht enthalten (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - RdNr 33, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), werden mit den auf die Kläger entfallenden, von dem Beklagten als berücksichtigungsfähig anerkannten Anteilen der Gesamtkosten des Hauses im Jahre 2008 (5097,81 Euro zuzüglich Heizkosten) bei weitem nicht erreicht. Der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt gibt mithin keinen Anlass an der Angemessenheit der Gesamtkosten des Eigenheimes auch unter Einschluss der einmalig angefallenen Kosten für die Verlegung der Kanalanschlüsse in Höhe von 478,35 Euro zu zweifeln.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zustehen.

2

Die alleinstehende Klägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine 48 qm große Wohnung in München. Sie hatte eine mietvertragliche Verpflichtung in Höhe von 745 Euro (690 Euro Nettokaltmiete zzgl 55 Euro Betriebskosten) monatlich. Die Vorauszahlung für die Gasversorgung betrug 97 Euro im Monat (lediglich im Februar 2008: 107 Euro wegen einer Nachforderung; Bruttowarmmiete 835,67 Euro).

3

Ende August 2006 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Nettokaltmiete die zulässige Höchstgrenze von 397,30 Euro monatlich überschreite. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich bis Ende Februar 2007 um eine Minderung der Unterkunftskosten zu bemühen. Ab dem 1.3.2007 werde die Unterkunftsleistung auf die angemessene Höhe abgesenkt.

4

Für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 31.5.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II, welches Leistungen für KdUH in Höhe von 813 Euro monatlich umfasste (Bescheid vom 29.11.2006 idF des Bescheides vom 19.12.2006). Ab 1.3.2007 senkte er die Leistungen für die Kaltmiete auf die von ihm als angemessen befundene Mietobergrenze herab (Bescheide vom 13.2.2007). Für den Zeitraum bis 31.5.2007 hat das LSG mit dem hier angefochtenen Urteil vom 11.7.2012 diese Entscheidung des Beklagten aufgehoben. Hiergegen sind die Beteiligten nicht in die Revision gegangen.

5

Für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin schlussendlich Leistungen für KdUH in Höhe von 496,45 Euro für ihre brutto-kalten Mietaufwendungen (441,45 Euro Nettokaltmiete + 55 Euro Betriebskosten) und übernahm im Verlaufe des Gerichtsverfahrens ihre Aufwendungen für Gas abzüglich der Warmwasserpauschale in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 23.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des Änderungsbescheides vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008, dieser in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009). Ebenso verfuhr der Beklagte für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis zum 31.5.2008 (Bescheid vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008). Durch Bescheid vom 7.5.2008 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009) setzte der Beklagte diese Praxis für den Leistungszeitraum vom 1.6.2008 bis zum 30.11.2008 zunächst fort. Ab dem 1.7.2008 erhöhte er jedoch den Leistungsanteil für die Bruttokaltmiete der Klägerin auf 504,21 Euro (Nettokaltmiete 449,21 Euro + 55 Euro kalte Nebenkosten) und wies unter Einbeziehung dieser Änderung (Bescheid vom 3.7.2008) den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 25.9.2008 zurück (idF der Änderungsbescheide vom 15.12.2008 und 29.4.2009).

6

Das SG hat die miteinander verbundenen Klagen auf Übernahme der tatsächlichen Mietaufwendungen abgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert. Soweit es den Zeitraum vom 1.3. bis 31.5.2007 betrifft, hat es die Bescheide wie benannt aufgehoben. Zudem hat es den Beklagten unter Abänderung der weiteren Bescheide verurteilt, der Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus KdUH in Höhe von 9,88 Euro für den Monat Februar 2008 - für eine Heizkostennachforderung - und in Höhe von jeweils 0,12 Euro für die Monate Juli bis November 2008 wegen unzutreffender Anwendung der Rundungsregelung zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zwar fehle es dem Beklagten an einem schlüssigen, nachvollziehbaren Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdUH iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die vom Beklagten für einen Ein-Personen-Haushalt übernommenen Aufwendungen der Klägerin für die Bruttokaltmiete in Höhe von 496,45 Euro im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.6.2008 und 504,21 Euro im Zeitraum vom 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 seien jedoch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G K angemessen gewesen. Die für den Mietspiegel 2007 der Stadt München erhobenen und vom Sachverständigen ausgewerteten Daten betreffend Wohnungen "um die 50 qm" - in der Gestalt von gewichteten 243 Wohnungen zwischen 46 und 54 qm - bildeten eine geeignete Grundlage zur Berechnung der angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Erfassung lediglich von Bestandsmieten und die Nichtberücksichtigung preisgebundenen Wohnraums stünden dem nicht entgegen. Zudem beruhe der Mietspiegel 2007 auf dem für den streitgegenständlichen Zeitraum aussagekräftigsten Zahlenmaterial, welches selbst auf einer repräsentativen Stichprobe fuße. Die Auswertung des Datenmaterials durch den Sachverständigen habe unter Anwendung statistisch anerkannter Methoden stattgefunden und ergeben, dass mit den gewährten Mitteln ausreichend angemessener Wohnraum im Stadtgebiet München gefunden werden könne. Es drohe auch keine Konzentration von Leistungsempfängern in bestimmten sozialen Brennpunkten/Stadtbezirken. Ebenso wenig könne unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Klägerin festgestellt werden, dass eine abstrakt angemessene Wohnung nicht tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können. Zutreffend erfolgt sei auch der Abzug der Warmwasserpauschale aus den vom Beklagten übernommenen monatlichen Abschlägen für die Versorgung der Klägerin mit Erdgas (Urteil vom 11.7.2012).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den Begriff der Angemessenheit des § 22 SGB II rechtsfehlerhaft angewandt. Zutreffende Konsequenz aus der Feststellung, der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete, hätte die Annahme einer Unmöglichkeit zur Kostensenkung sowie der Verurteilung zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen sein müssen. Die vom Beklagten herangezogene Mietobergrenze sei zu gering. Bei seinen Ermittlungen habe das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht zutreffend umgesetzt. Die erhobenen und ermittelten Daten seien nicht repräsentativ. Zudem käme es bei Übertragung der Daten zu einer "Ghettoisierung". Die Annahme, zur gewährten Mietobergrenze sei 1/5 der Wohnungen in München generell zu diesem Preis verfügbar, sei unzutreffend. Bereits die dem Sachverständigen gestellten Fragen seien teilweise problematisch. Die Beweisanordnung sei schon durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel vorbestimmt gewesen. Das LSG habe bei der Fragestellung antizipiert, dass die Rohdaten des Mietspiegels und eine diesbezügliche Konzentration auf 20 % des maßgeblichen Wohnraums geeignet seien, ein zutreffendes Bild des Mietmarkts im streitgegenständlichen Zeitraum zu zeichnen. Die 20 %-Grenze sei willkürlich gezogen. Tatsächlich dürften nicht nur 5,3 % der Gesamtbevölkerung Wohnungen im unteren Marktsegment suchen, sodass ein Verweis auf die vom LSG in die Auswertung nicht einbezogenen Sozialwohnungen problematisch sei. Dies zeige sich bereits daran, dass nicht Ortsansässige auf solche Wohnungen mindestens fünf Jahre warten müssten. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben seien auch Aspekte, die zu einer Erhöhung der Quadratmeterpreisberechnung geführt hätten, wie zB ein Zuschlag für eine Küche. Auch bei absoluter Betrachtung sei die Stichprobe viel zu gering, um daraus die Verfügbarkeit von Wohnraum ableiten zu können. Es gäbe auf dem Münchener Mietmarkt nicht etwa 20 % Wohnungen um 50 qm, sondern nur zwischen 1,31 % und 4,8 %. Das LSG habe zudem in entscheidungserheblicher Art und Weise gegen § 103 SGG verstoßen, indem es einem Antrag auf Vernehmung des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung eV, gesetzlich vertreten durch Rechtsanwalt S, als Sachverständigen keine Folge geleistet habe. Das LSG habe auch, obwohl die Klägerin nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass eine weitere Beweisaufnahme aus seiner Sicht entbehrlich sei.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 und Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26. November 2009 sowie Änderung der Bescheide des Beklagten vom 23. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. August 2007, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 sowie des Änderungsbescheides vom 29. April 2009, des Bescheides vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. April 2009 und des Bescheides vom 7. Mai 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2008, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 und in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2008 sowie 29. April 2009, zu verurteilen, ihr über die bereits im Urteil des Landessozialgerichts zuerkannten Leistungen hinaus für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Mietzahlungsverpflichtung zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Das LSG sei der Rechtsprechung des BSG gefolgt, als es selbst Ermittlungen zur Angemessenheit der Mietobergrenze vorgenommen habe. Die Zugrundelegung einer 20 %-Grenze durch das LSG fülle das durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebene "untere Marktsegment" aus. Zudem habe das LSG keine Abschläge bei der Miete berücksichtigt, sondern dies vielmehr für unzulässig erachtet. Die erhobenen Daten seien entgegen der Auffassung der Klägerin auch repräsentativ. Regressionsmietspiegel, wie der für München erstellte, kämen mit einer kleineren Stichprobe als sog Tabellenmietspiegel aus. Die im Mietspiegel erfassten Bestandsmieten seien lediglich solche aus den letzten vier Jahren vor der Stichprobe. Die Daten für den Mietspiegel seien zwar im Auftrag der Stadt München, aber durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut erhoben und ausgewertet worden.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Die Entscheidung des LSG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat der Klägerin schlussendlich im hier streitigen Zeitraum Leistungen für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe iS des § 22 Abs 1 SGB II erbracht.

13

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.11.2008, als sie in den Bescheiden des Beklagten für die Zeiträume vom 1.6.2007 bis 30.11.2007, 1.12.2007 bis 31.5.2008 und 1.6.2008 bis 30.11.2008 festgestellt worden sind.

14

Nicht Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 1.3.2007. Der erkennende Senat brauchte daher nicht darüber zu befinden, ob sich das LSG zur Begründung seiner Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 45 SGB X gestützt hat oder nicht § 48 SGB X hätte zugrundelegen müssen. Denn es liegt nahe, bei der Umsetzung einer angekündigten Absenkung der Leistungen für Unterkunft von einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse auszugehen. Die Klägerin hat sich jedoch in ihrer Revision nicht gegen die Höhe der Leistungen in diesem Zeitraum gewandt - obwohl sie niedriger waren, als ihre tatsächlichen Aufwendungen - und der unterlegene Beklagte ist nicht in die Revision gegangen. Das Urteil des LSG ist insoweit rechtskräftig geworden.

15

Ebenfalls rechtskräftig geworden ist die Entscheidung des LSG im Hinblick auf die zu Lasten des Beklagten vorgenommene Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) und die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags von 9,88 Euro für die Gaskostennachforderung im Monat Februar 2008. Der Beklagte ist auch hiergegen nicht in die Revision gegangen.

16

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihre Anfechtungs- und Leistungsklage auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl auch BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11). Hieran hat sich - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - durch die Neufassung des § 19 SGB II aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) für laufende Verfahren über vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte - wie es auch hier der Fall ist - nichts geändert (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

17

3. An dem Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 22 SGB II an die einkommens- und vermögenslose, alleinstehende Klägerin bestehen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG keine Zweifel.

18

4. Die der Klägerin von dem Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft in Höhe von 496,45 Euro für ihre Mietaufwendungen (brutto/kalt) ab dem 1.6.2007 und 504,21 Euro (ebenfalls brutto/kalt) ab dem 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Rechtsgrundlage für die hier umstrittene Höhe der Leistungen sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Alg II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als im Hinblick auf den pauschalierten Regelbedarf - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, zur Bestimmung der Leistungshöhe auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die Leistungen nicht in beliebiger Höhe zu erbringen, sondern nur insoweit, als die tatsächlichen Aufwendungen für Miete und Heizung angemessen sind. Die Angemessenheit begrenzt somit die zu erbringenden Leistungen der Höhe nach. Die Begrenzung der Leistungen für KdU - die Aufwendungen der Klägerin für Heizkosten hat der Beklagte schlussendlich in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale erbracht - ab dem 1.6.2007 auf die vom Beklagten befundene Höhe ist im vorliegenden Fall rechtmäßig.

19

a) Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 17). Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des BSG zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.

20

aa) Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße hat das LSG hier zutreffend mit 50 qm bestimmt. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 12). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Der erkennende Senat sieht diesen Anknüpfungspunkt zwar als problematisch an (vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität ist aber wenigstens solange, wie nicht eine Satzung über die angemessenen KdU iS von §§ 22a ff SGB II vorliegt, in welcher grundsätzlich andere Wohnraumgrößen festgelegt werden können(vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), an diesem Maßstab festzuhalten. Nach den Bestimmungen des Freistaates Bayern in den Wohnraumförderbestimmungen (Wohnraumförderbestimmungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.11.2002 und vom 4.12.2007 ) ist auch für die Stadt München eine angemessene Wohnungsgröße von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen.

21

bb) Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass die für Leistungsberechtigte infrage kommende Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen muss, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - RdNr 13). Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen. Das BSG hat jedoch auch klargestellt, dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet(BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - , RdNr 14). Diesen Voraussetzungen wird die Entscheidung des LSG hier gerecht, wenn das Gericht die hinter dem qualifizierten Mietspiegel für die Stadt München liegenden Daten aus den Jahren 2007 heranzieht. Denn die Daten dieses Mietspiegels umfassen weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (Mietspiegel München 2007, S 5, 11 und Mietspiegel München 2009, S 4, 5, 11).

22

cc) Auch soweit das LSG die gesamte Stadt München als maßgeblichen Vergleichsraum angesehen hat, sind Rechtsfehler nicht erkennbar. Der Senat hat bereits für Großstädte wie München entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen gehe. Daher seien die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handele. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Hiervon kann nach den Feststellungen des LSG bei dem vom Mietspiegel München umfassten Stadtgebiet ausgegangen werden; die Beteiligten haben hiergegen auch keine Revisionsrügen erhoben.

23

dd) Das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze sowie das Ergebnis der Überprüfung sind ebenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Überprüfung der vom Beklagten angenommenen Referenzmiete, zur Bestimmung also, wie hoch die angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung einfachen Standards einer bestimmten Größe in einem bestimmten Vergleichsraum sind, ist es Ziel, einen Mietpreis hierfür zu ermitteln, um so die angemessenen Aufwendungen bestimmen zu können ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 17).

24

Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus. Es ist auf die konkreten Verhältnisse abzustellen. Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger zwar nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d BGB abstellen(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 7). Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Leistungsträgers ein Konzept zugrunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

25

Dabei ist es zuvörderst Angelegenheit der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (vgl § 40 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB X). Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit von ihm vorzulegen. Entscheidet der Leistungsträger - wie auch hier - ohne eine hinreichende Datengrundlage, führt dies entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass automatisch die Leistungen für KdU in tatsächlich entstehender Höhe zu übernehmen wären. Vielmehr ist die Verwaltung im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1, 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, geht diese Ermittlungspflicht zwar nicht ohne Weiteres auf das SG über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht schlüssig erweist oder bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind (idS BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 27; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 21; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34). Andererseits haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate jedoch bereits entschieden, dass dann, wenn Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, etwa noch auswertbare Daten, die die Grundlage für die Erstellung zumindest eines qualifizierten Mietspiegels geboten haben, diese im Rahmen der Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen sind (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

26

Gemessen an diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das Tatsachengericht hier die für die Ermittlung der angemessenen KdU erforderlichen Daten vom Grundsicherungsträger eingeholt bzw angefordert und diese anschließend durch einen Sachverständigen hat auswerten lassen. Das LSG durfte sich ebenfalls im Rahmen seiner Ermittlungen hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO) an dem Datenbestand orientieren, der für die Erstellung des Mietspiegels für die Stadt München erhoben wurde.

27

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Tatsachenvorgabe auch nicht mit durchgreifenden Zweifeln behaftet. Das BSG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Grundsicherungsträger für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (ausschließlich) an dieser Art des Datenbestandes orientieren dürfen. Für das gerichtliche Ermittlungsverfahren gelten keine strengeren Anforderungen (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

28

ee) Ebenso genügt das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und ab dem 1.7.2008 von 504,21 Euro brutto kalt sowie das Ergebnis der Überprüfung im konkreten Fall den Vorgaben des BSG. Der erkennende Senat hat entschieden, dass ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen iS einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum sei (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 20):

-       

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

-       

es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

-       

Angaben über den Beobachtungszeitraum,

-       

Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

-       

Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

-       

Validität der Datenerhebung,

-       

Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

-       

Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

29

Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Durch den Rückgriff des LSG auf die Daten des Münchner Mietspiegels 2007 wird die Datenerhebung auf ein bestimmtes Gebiet (hier: die Stadt München) begrenzt - der Vergleichsraum ist damit genau eingegrenzt und es werden nicht nur Mieten bestimmter Stadtbezirke in die Auswertung einbezogen, sondern Daten über das gesamte Stadtgebiet erhoben (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Einer Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke, die auf eine nur begrenzte Nutzung des Datenbestandes oder eine nur begrenzte Datenerhebung zurückzuführen sein könnte, ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG auch nicht festzustellen. Abgesehen davon, dass die entgegengesetzte Behauptung der Klägerin eine - der Revision entzogene (vgl § 163 SGG) - Tatsachenbehauptung darstellt, erfolgt hier nach den Feststellungen des LSG keine Begrenzung des Raumes der Datenerhebung auf besonders "heruntergekommene" und daher "billige" Stadtbezirke, sondern die Ermittlung bezieht sich auf das Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum. Zwar folgt aus dieser Betrachtung nach dem Sachverständigengutachten, dass in einigen Stadtbezirken Münchens Wohnungen mit einer Größe "um 50 qm" und einer Bruttokaltmiete bis zu 450 Euro nicht zu finden sind. Dieses Ergebnis betrifft jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Frage, ob die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist. Soweit sie hier die Forderung des BSG nach einer Vermeidung von Ghettoisierung behandelt, hat der Senat im Übrigen Zweifel, ob angesichts des vom LSG festgestellten Vorhandenseins von Wohnungen zu einem Mietzins noch unterhalb der von dem Beklagten als Referenzgröße angenommenen (450 Euro ./. rund 500 Euro) in 18 von 26 Stadtbezirken das Risiko einer Ghettobildung besteht.

30

Nicht zu beanstanden ist auch die Vorgehensweise des LSG auf den Datenbestand des qualifizierten Mietspiegels für München zurückzugreifen, obwohl bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist und Wohnraum nicht berücksichtigt wird, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, weil §§ 558 ff BGB nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung findet. Mit der Entscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (s nur BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29), ist die Konsequenz verknüpft, dass alsdann keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen (anderes für andere Datenquellen: BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 24; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 102 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 22). Die hiervon ausgehenden Wirkungen auf die Mietpreisgrenze werden jedoch dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (vgl § 558 Abs 2 BGB; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3). Dadurch wird erreicht, dass nur aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden. Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (zB Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird.

31

Der Rechtsprechung des BSG folgend hat das LSG auch zutreffend die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34; BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können; die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können. Ebenso wenig ist es hier zu beanstanden, dass durch den Rückgriff auf die Bruttokaltmiete sämtliche kalten Nebenkosten in die Überprüfung der vom Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind. Denn bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es nicht darauf an, ob existenzsicherndes Wohnen in (gedachten) Wohnungen möglich ist, in denen der in den Betriebskostenarten, wie zB Kosten für Straßen- und Gehwegreinigung, Hausreinigung, Gartenpflege und Schneebeseitigung durch Dritte, Gemeinschaftsantenne/Kabelanschluss und Aufzug, zum Ausdruck kommende Wohnungsstandard nicht gewährleistet ist. Es geht vielmehr darum "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21). Dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat es das BSG daher für zulässig befunden, auf bereits vorliegende Daten zurückzugreifen. Eine weitergehende Gewichtung hat das BSG nicht vorgenommen, weil nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34 zu Betriebskostenübersichten und die Bildung eines Durchschnittswertes). Aus der Heranziehung von Werten aus allen Mietverhältnissen folgt zwar - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt, also eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheidet, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment - auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment - eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist. Dies wirkt sich im Übrigen auch nur zugunsten der Leistungsberechtigten aus.

32

Ebenfalls zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG hat das LSG bei der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes eine Größenbeschränkung vorgenommen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris; vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zur Bestimmung der Wohnungsgröße nach den maßgeblichen Wohnraumfördervorschriften verwiesen. Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die Ausdehnung des Untersuchungsgegenstandes durch den Sachverständigen auf Wohnungen "um die 50 qm" gebilligt hat. Eine Beschränkung auf die Wohnungen, die exakt eine Größe von 50 qm aufweisen, würde zu einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen führen. Die Gewichtung auf 243 Wohnungen unter Berücksichtigung der aus dem Datenbestand entfernten Wohnungen begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da hinter den gelöschten Datensätzen der ursprünglich 331 Wohnungen auch für das schlüssige Konzept nicht heranzuziehende Wohnungen waren.

33

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das LSG die Begrenzung der Datenerhebung auf die Zeitpunkte 1.7.2007 und 1.7.2008 vorgenommen hat. Das BSG hat es insoweit für die Datenerhebung im Rahmen eines schlüssigen Konzepts für erforderlich gehalten, dass "Angaben über den Beobachtungszeitraum" gemacht werden können (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Auch ist das im Beobachtungszeitraum verwendete Zahlenmaterial nach den Feststellungen des LSG hinreichend aussagekräftig. Die für den Münchner Mietspiegel 2007 verwendeten Daten wurden zwar zum Stichdatum 1.1.2006 erhoben. Der Sachverständige hat die Werte für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum jedoch in vertretbarer Art und Weise nach anerkannter wissenschaftlicher Methodik für die weiteren zugrunde gelegten Stichdaten 1.7.2007 und 1.7.2008 fortgeschrieben. Die Klägerin wurde hierdurch nicht schlechter gestellt, als sich aus den Ausführungen des LSG zu der für den Münchner Mietspiegel 2011 erfolgten Datenerhebung ergibt, da die Stichprobe keinen solchen Preisanstieg ergeben hat, wie nach der Hochrechnung der Ergebnisse des Mietspiegels 2007 erwartet.

34

Soweit das LSG auf die Daten des Mietspiegels für München zurückgegriffen hat, hält dies, wie oben bereits ausgeführt, einer Überprüfung Stand. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" hat das LSG hier eine "Stichprobe" zur Basis seiner Überprüfung der Angemessenheitsgrenze des Beklagten gemacht (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 24). Insoweit gilt, dass eine Anlehnung hinsichtlich des Stichprobenumfangs und der Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard nicht zu beanstanden ist (vgl zum Stichprobenumfang: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 38 f). Im Hinblick auf einen qualifizierten Mietspiegel hat der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, dass bei dessen Erstellung die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert werde (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 24; s auch Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfinde. Daher sei die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung für einen Mietspiegel auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28). Einwände gegen die Methodik der Erhebung der Daten für den Münchner Mietspiegel 2007 sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Allein die Kritik an den gezogenen Schlüssen genügt insoweit nicht, um die statistische Methodik der Datenerhebung in Frage zu stellen.

35

Denn es handelt sich auch bei der für den Raum München gezogenen Stichprobe des Regressionsmietspiegels 2007 um eine repräsentative Stichprobe. Beim Regressionsmietspiegel wird davon ausgegangen, dass die Miete einer Wohnung sich aus der Bewertung ihrer Wohnwertmerkmale durch die Marktpartner ergibt und dieser Zusammenhang mit einer mathematischen Gleichung beschrieben werden kann. Jedes Merkmal leistet dabei einen Beitrag zum Mietpreis der Wohnung (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 40). Daher kommen Regressionsmietspiegel im Vergleich zum Tabellenmietspiegel mit einer kleineren Stichprobe aus. Denn der Regressionsmietspiegel nutzt die Informationen der gesamten Stichprobe und nicht nur von Teilmengen, wie sie hinter den jeweiligen Tabellenfeldern des Tabellenmietspiegels stehen (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 39). Für die Stichprobe gilt, dass sie proportional vorzunehmen ist, also dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, RdNr 650; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 35). Das LSG hat im Anschluss an den von ihm ernannten Sachverständigen aus einer Stichprobe von mehr als 3000 Wohnungen im gesamten Münchener Stadtgebiet 331 Wohnungen "um die 50 qm" (bestimmt als gewichteter Wohnungsbestand zwischen 46 und 54 qm) zugrunde gelegt. Dieses Verfahren der Stichprobe entspricht dem aktuellen Stand der Forschung, wie auch das LSG in seinem Urteil ausgeführt hat.

36

Dass die für die Erstellung des Münchener Mietspiegels 2007 erhobenen Daten und für das Urteil des LSG zugrunde gelegten Wohnungen "um die 50 qm" keine qualitativen Merkmale einfachen Standards aufwiesen, steht der Auswertung und Verwendung dieser Daten nicht entgegen, denn offensichtlich weisen diese Wohnungen einen höheren als den unteren Standard auf und bewegen sich dennoch im maßgeblichen Preissektor. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Wohnungen, die einen geringeren Standard aufweisen, zu noch günstigeren Konditionen angemietet werden können. Die vom LSG verwendete Datengrundlage ist auf diese Art und Weise zugunsten der Klägerin vergrößert worden. Die vom Sachverständigen vorgenommene und vom LSG akzeptierte Gewichtung der Wohnungen um 50 qm, die dazu beiträgt, dass die Stichprobe letztlich 243 Wohnungen umfasst, führt im Übrigen dazu, dass Wohnungen, die nicht dem Standard entsprechen, der im Rahmen der Überprüfung durch das "schlüssige Konzept" zugrunde zu legen ist, aus der Auswertung von vornherein ausgeschieden worden sind.

37

Dass das LSG von den ermittelten Wohnungen "um die 50 qm" letztlich die unteren 20 % des preislichen Segments zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Grenzziehung nach der Höhe des Mietpreises im Vergleichsraum ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, weil die Stichprobe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach "unten" und nach der Größe beinhaltet - anders als wenn ausschließlich ausgehend vom Mietpreis die Höhe der angemessenen Mietaufwendungen bestimmt wird. Es sind hier bereits bei der Datenerhebung lediglich Wohnungen mit mehr als einfachstem Standard in einer Größe von 46 bis 54 qm zugrunde gelegt worden. In die Erhebung einbezogen werden damit zugleich auch Daten für Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, denn sie sind für Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen, kann auf die Grenze "20%" zurückgegriffen werden. Dies entspricht einer Orientierung an den unteren 20 % der Einkommensbezieher. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG überschreitet im Vergleichsraum München auch mindestens 1/5 der Wohnungen mit grundsicherungsrechtlich zugrunde zu legendem Standard nicht die festgestellte Mietobergrenze, die der Beklagte gewählt hat, sondern liegt noch unter dieser.

38

Soweit die Klägerin vorbringt, für den vom Beklagten festgesetzten und vom LSG bestätigten Bruttokaltmietpreis sei es tatsächlich nicht möglich, in München eine Wohnung um 50 qm anzumieten, hält diese Behauptung einer Überprüfung unter systematischen Gesichtspunkten nicht Stand. Das BSG hält daran fest, dass dann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, davon auszugehen ist, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 30). Soweit die Klägerin in der Ergänzung ihrer Revisionsbegründung auf die Daten des Münchner Vereins Haus und Grund eV abstellt, rügt sie im Grunde die Auswahl der Datengrundlage, die hier jedoch, wie ausgeführt, nicht zu beanstanden ist.

39

ff) Darin, dass das Berufungsgericht einem schriftsätzlich angekündigten Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Unternehmen "Haus & Grund", vertreten durch Herrn Rechtsanwalt S, nicht gefolgt ist, liegt auch kein Verstoß gegen die Sachermittlungspflicht (vgl § 103 SGG). Das LSG musste sich nicht gedrängt fühlen, dem Beweisantrag der Klägerin nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nachzukommen. Gemäß § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO obliegt es dem Tatsachengericht, dem Sachverständigen den der Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt - hier den für die Erstellung des Münchner Mietspiegels 2007 erhobenen Datenbestand - vorzugeben. Daraus folgt, dass auch ein anderer als der vom Gericht ernannte Sachverständige seine sachverständigen Schlussfolgerungen aus diesem Datenbestand hätte ableiten müssen. Dass bei Anwendung derselben oder einer anderen mathematisch-statistischen Methode grundlegend andere Ergebnisse gefolgt wären, ist weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich.

40

Dass das LSG eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte, bedurfte auch keines ausdrücklichen Hinweises an die Klägerin. Eine Hinweispflicht besteht in erster Linie nur dann, wenn ein Beteiligter ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis bittet (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 109 RdNr 9a). Im Übrigen hat sich aus der Ladung des Gerichts zum Termin ergeben, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigt war. Die Tatsacheninstanzen sind zudem nicht verpflichtet, auf das Stellen eines Beweisantrages - wie hier ohnehin schriftsätzlich seitens der Klägerin angekündigt - hinzuwirken (vgl BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - juris RdNr 10) oder zu einer in Aussicht genommenen Beweiswürdigung Hinweise zu geben (BSG Beschluss vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93; BSG Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - HVBG-INFO 2003, 1724; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 99). Darauf liefe ein solcher von der Klägerin verlangter Hinweis jedoch hinaus.

41

b) Die Festsetzung der Leistungshöhe unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen beruht auch auf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung (vgl zur Kostensenkungsaufforderung BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 38)iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 mWv 1.8.2006, BGBl I 1706). Danach sind die tatsächlichen Mietaufwendungen - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

42

Der Beklagte hat die Klägerin mehrfach, erstmals mit Schreiben vom 29.8.2006, aufgefordert, die KdU zu senken und nach dem Unterlassen jeglicher Kostensenkungsversuche durch die Klägerin eine Absenkung auf die von ihm als angemessen erachtete Höhe der kalten Nettomietaufwendungen in Höhe von 397,30 Euro zum 1.3.2007 angekündigt. Dabei ist es für den hier nur noch streitigen Zeitraum ab dem 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 ohne Bedeutung, dass der Beklagte die "Sechsmonatsfrist" iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, in der dem Leistungsberechtigten in der Regel die Möglichkeit eingeräumt wird, die nach Auffassung des Beklagten zu hohen Aufwendungen zu senken, zunächst unzutreffend berechnet hatte. Jedenfalls ab dem 1.6.2007 konnte der Beklagte die Unterkunfts- und Heizkosten absenken, denn die Klägerin war über die vom Beklagten als zutreffend befundene Angemessenheitsgrenze hinreichend informiert und ihr war die Kostensenkung auch nicht unmöglich.

43

Der Beklagte hat zwar in seiner Kostensenkungsaufforderung als Referenzmiete eine Nettokaltmiete benannt. Diese Angabe muss in dem hier streitigen Zeitraum jedoch noch als zulässig und ausreichend angesehen werden, um von einer zutreffenden Kostensenkungsaufforderung iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II ausgehen zu können. Noch 2009 hatte der erkennende Senat es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff). Erst 2010 hat der 14. Senat eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu definieren ist (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; s auch BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34).

44

Unschädlich ist auch, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze im Verlaufe des Gerichtsverfahrens geändert hat. Denn dies ist einerseits Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und andererseits stellt das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion dar. Hält der Leistungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 19, unter Hinweis auf BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris RdNr 34). Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens des Grundsicherungsträgers lediglich ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40).

45

Gründe, die der Klägerin eine Kostensenkung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch nicht um eine Kostensenkung bemüht oder anderweitig nachgewiesen, dass es ihr nicht möglich oder zumutbar war, Wohnraum zu der vom Beklagten vorgegebenen Mietobergrenze anzumieten.

46

5. Der Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung von den tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Gaslieferung/Heizung in Höhe von 6,22 Euro für den Monat Juni 2007, 6,26 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2007 bis einschließlich Juni 2008 und 6,33 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2008 bis November 2008 ist nicht zu beanstanden. Höhere Leistungen wegen der Heizkostennachforderung für den Monat Februar 2008 und unter Berücksichtigung der Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II, wie durch das LSG geschehen, stehen der Klägerin nicht zu. Sie hat insoweit auch keine Einwände gegen die Entscheidung des LSG erhoben.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 1. Juni 2012 geändert.

Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 1. November 2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 26. November 2011 und 12. Dezember 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2011 sowie unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 27. April 2012 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 zusätzlich 17,73 Euro monatlich zu zahlen.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 1.12.2011 bis 31.5.2012.

2

Die 1957 geborene Klägerin lebt seit einem Umzug im Juni 2008 in einer Wohnung, die eine Fläche von 50,18 qm aufweist. Die Warmwasserbereitung erfolgt zentral. Die Miethöhe setzte sich im streitigen Zeitraum aus der Grundmiete in Höhe von 256,50 Euro zuzüglich einer nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro zusammen. Eine vor dem Umzug beantragte Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft hatte der Beklagte "wegen Unangemessenheit der Mietkosten der neuen Wohnung" abgelehnt.

3

Der Beklagte erbrachte der Klägerin nur die von ihm für angemessen gehaltenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Für den hier streitigen Zeitraum bewilligte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 685 Euro für Dezember 2011 und 695 Euro für die weiteren Monate. Hierin waren jeweils 321 Euro für die Kosten der Unterkunft und Heizung enthalten (Bescheide vom 1.11.2011, 26.11.2011 und 12.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 13.12.2011). Dabei berücksichtigte der Beklagte die von der Landeshauptstadt Dresden am 24.11.2011 beschlossene Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines Gutachtens des Instituts Wohnen und Umwelt GmbH (IWU) vom 24.10.2011 zur Ermittlung von Richtwerten für Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt Dresden (im Folgenden: IWU-Gutachten). Die von der Klägerin zu erbringende Nebenkostenvorauszahlung teilte er im Verhältnis von 55 % (kalte Betriebskosten) zu 45 % (Heizkosten) auf.

4

Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 über die bereits durch Teilanerkenntnis vom 27.4.2012 anerkannten Beträge von 688,90 Euro für Dezember 2011 (364 Euro Regelleistung und 324,90 Euro für die KdU) bzw 698,90 Euro (374 Euro Regelleistung und 324,90 Euro für KdU) hinaus weitere Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich jeweils 13,55 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 1.6.2012). Die nicht aufgeschlüsselte monatliche Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro hat das SG "bei fehlender Tilgungsbestimmung durch Mieter und Vermieter" hälftig auf die kalten und warmen Betriebskosten aufgeteilt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der konkreten Bestimmung der Angemessenheitsgrenze liege kein "schlüssiges Konzept" des Beklagten zugrunde. Zwar bestünden keine Bedenken gegen die Einbeziehung einer nicht unerheblichen Anzahl von Ein-Raum-Wohnungen, die in Plattenbauweise überwiegend in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet worden seien und - je nach konkretem Bautyp - eine Wohnungsgröße von ca 26 qm hätten. Mit seiner konkreten, angebots- und nachfrageorientierten Berechnungsweise beachte das IWU aber zahlreiche, für ein schlüssiges Konzept erforderliche "Eckpunkte" nicht ausreichend. In Ermangelung eines schlüssigen Konzepts sei das Gericht grundsätzlich gehalten, anhand der zur Verfügung stehenden Zahlen ein eigenes Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten zu erstellen. Für einen Ein-Personen-Haushalt ergebe sich unter Berücksichtigung des gewichteten Mittelwertes des vom IWU herangezogenen Mietspiegeldatensatzes eine angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 288,45 Euro monatlich. Für die kalten Betriebskosten seien die Durchschnittswerte anzusetzen, die in der kommunalen Bürgerumfrage 2010 auf der Grundlage der Satzung der Landeshauptstadt Dresden vom 21.6.2007 mit durchschnittlich 1,16 Euro pro Quadratmeter ermittelt worden seien.

5

Das LSG hat - nach Anforderung ergänzender Stellungnahmen des IWU vom 23.7.2013, 12.11.2013 und 28.11.2013 (im Folgenden: ergänztes IWU-Gutachten) - die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 19.12.2013). Auf die Anschlussberufung des Beklagten hat es diesen "in Abänderung des Bescheids vom 1.11.2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 26.11.2011 und 12.12.2011 und des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 sowie des angenommenen Teilanerkenntnisses des Beklagten vom 27.4.2012 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 31. Dezember 2011 über den bereits bewilligten Betrag von 688,90 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Mai 2012 über den bereits bewilligten monatlichen Betrag von 698,90 Euro weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 12,70 Euro monatlich zu zahlen" und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der zuerkannte Betrag setze sich für den Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 aus einer angemessenen Bruttokaltmiete in Höhe von monatlich 294,83 Euro und den vollständigen "tatsächlichen Heizkosten" zusammen, die nach den im Berufungsverfahren vorgelegten Abrechnungen der Betriebs- und Heizkosten für die Jahre 2011 und 2012 nach dem Verhältnis zwischen den Betriebs- und Heizkosten festzusetzen seien. Unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards habe die Klägerin einen angemessenen Bedarf für Unterkunft (Bruttokaltmiete) in Höhe von 294,83 Euro (gerundeter Quadratmeterpreis von 6,55 Euro bei 45 qm Wohnfläche). Das im Gutachten des IWU niedergelegte Konzept werde den formellen Anforderungen an schlüssige Konzepte zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete gerecht. Die Art und Weise der Datenerhebung sei nachvollziehbar und plausibel. Die Datenbasis beruhe auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes. Die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts würden ausreichend berücksichtigt, indem auf die in den Jahren 2009 und 2010 erhobenen Daten des Mietspiegels 2010 sowie der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II und der Einstandsgemeinschaften nach dem SGB XII, die kommunale Bürgerbefragung von August 2010 und amtliche Statistiken zurückgegriffen werde. Zutreffend beziehe das Gutachten nicht nur die tatsächlich am Markt angebotenen, sondern auch vermietete Wohnungen mit Ausschluss der mehr als vier Jahre vor der Datenerhebung vereinbarten Altverträge ein. Der angemessene Quadratmeterpreis sei nach Wohnungsgrößen differenziert und werde unter Berücksichtigung der Bruttokaltmiete angegeben. Anhaltspunkte, die gegen die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung sprächen, seien nicht erkennbar. Das Gutachten des IWU enthalte auch Angaben über die gezogenen Schlüsse, indem es nach Wohnungsgrößen differenzierte Kappungsgrenzen hinsichtlich der angemessenen Kosten der Unterkunft vorsehe. Auf der Grundlage der Datensätze - nicht der Tabelle - des Mietspiegels 2010 habe das IWU in nachvollziehbarer Weise zunächst ermittelt, welche Datensätze bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenze überhaupt berücksichtigt werden dürften, und die in die Berechnung einbezogenen Verträge anhand des Mietpreisindexes im Verbraucherpreisindex für Sachsen inflationiert. In der deskriptiven Auswertung der Quadratmetermieten durch Bildung sogenannter Flächenkorridore errechne das IWU Mittelwerte für die verschiedenen Wohnungsgrößensegmente. Das IWU gehe damit über die vom BSG als schlüssig angesehene Bildung eines gewichteten arithmetischen Mittels hinaus und schaffe Wohnflächenkorridore zur Plausibilisierung der Mietspiegelwerte. Das Modell habe auch Werte zum Ergebnis, die über den Grenzen des vom BSG vorgeschlagenen Berechnungsmodus lägen. Durch die Einbeziehung der abstrakten Verfügbarkeit von Wohnungen bereits bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze biete das IWU-Modell den Vorteil, dass es die Angemessenheitsgrenze nach Wohnungsgrößen differenziert empirisch ableite und nicht lediglich normativ setze. Die Angemessenheitsgrenze liege nach dem Gutachten an der Stelle, wo sich das monatliche Angebot in einem bestimmten Eignungssegment mit der monatlichen Nachfrage durch Leistungsempfänger nach Wohnungen in diesem Segment träfen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen § 22 Abs 1 SGB II. Die einheitliche Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung müsse hälftig auf die kalten Betriebs- und die Heizkosten aufgeteilt werden. Die Wohnfläche von 50,18 qm sei angemessen und entspreche dem Wert der am 31.12.2009 (ersatzlos) außer Kraft getretenen, auf § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) beruhenden VwV-Ersatzwohnraumförderung, die gegenüber der vom LSG herangezogenen VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen vom 7.6.2010 der "bessere Maßstab" sei. Das von dem Beklagten herangezogene Konzept in Gestalt des IWU-Gutachtens erfülle nicht die qualitativen Voraussetzungen, die an ein solches Konzept in sachlicher Hinsicht zu stellen seien. Es sei auch nicht nachbesserungsfähig. Auf der Angebotsseite seien in nicht unerheblicher Zahl "Ein-Raum-Wohnungen" mit einer Wohnungsgröße von ca 26 qm einbezogen worden, die aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu berücksichtigen seien. Soweit sich das IWU zur Ermittlung der Nettokaltmiete neben den Datensätzen des qualifizierten Mietspiegels der Landeshauptstadt Dresden auch auf deren Datensatz über Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften nach dem SGB II/SGB XII stütze, könne ihm nicht entnommen werden, inwieweit die Hauptdatenmenge der Bedarfsgemeinschaften auf dem aktuellen Stand sei. Der Mehrfachinseratefaktor führe zu systematisch falschen Ergebnissen. Weiter begegne die Einbeziehung der Leerstandreserven Bedenken. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Abfrage des "marktaktiven Leerstandes" auch unzumutbare Sub-Standard-Wohnungen eingeflossen seien. Nicht erkennbar sei, wie sich die Leerstandreserven auf die Eignungs- und Preisklassen verteilten. Schließlich berücksichtige das IWU-Gutachten auf der Nachfrageseite nicht diejenigen Leistungsbezieher, welche aufgrund überhöhter Heizkosten zum Umzug aufgefordert worden seien. Dies führe zu einem unrealistischen Absinken der Angemessenheitsgrenze.

7

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2013 und des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 1. Juni 2012 sowie der Bescheide vom 1. November 2011, 26. November 2011 und 12. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2011 sowie unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 27. April 2012 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 18,90 Euro monatlich zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Das Konzept der Stadt Dresden genüge den Anforderungen des BSG. In den Stellungnahmen des IWU vom 16.2.2012 und 23.7.2013 sei bestätigt worden, dass der Mehrfachinseratefaktor als Korrektiv benötigt werde, weil mehr Wohnungen am Markt leer stünden als frei würden. Die festgelegte, abstrakt angemessene Wohnungsgröße sei nicht zu beanstanden. Zur Aufteilung bei nicht differenziert ausgewiesenen warmen und kalten Nebenkosten ("Gesamtvorauszahlung für die Betriebskosten") existiere keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Seit dem Vorliegen des IWU-Gutachtens würden die Gesamtvorauszahlungen im Verhältnis 48,9 % (warm) zu 51,1 % (kalt) aufgeteilt.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet, weil sie in dem streitigen Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 insgesamt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann. Die Urteile der Vorinstanzen, mit denen ihr bereits jeweils höhere SGB II-Leistungen zuerkannt worden sind, waren daher ebenso wie die Bescheide des Beklagten (in der Gestalt des Teilanerkenntnisses beim SG) zu ändern. Unter Berücksichtigung der von dem Beklagten bewilligten bzw anerkannten SGB II-Leistungen von 688,90 Euro für Dezember 2011 bzw 698,90 Euro für die Zeit von Januar 2012 bis Mai 2012 ergibt sich für den streitigen Zeitraum ein von dem Beklagten noch zu zahlender Betrag in Höhe von 17,73 Euro monatlich. Der von dem Beklagten noch zu leistende Betrag ergibt sich aus einem Anspruch auf höhere SGB II-Leistungen für den Heizkostenbedarf der Klägerin (siehe hierzu unter 9.). Im Übrigen ist das Berufungsgericht auf der Grundlage des ergänzten Gutachtens des IWU, das der Beklagte als sein Konzept zur Ermittlung der Referenzmiete zugrunde legt, zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Bruttokaltmiete in Höhe von 294,83 Euro monatlich hat. Sie kann daher - gegenüber dem vom LSG ausgeurteilten und von dem Beklagten nicht mit der Revision angefochtenen Betrag von 12,70 Euro monatlich - insgesamt höhere Leistungen beanspruchen, jedoch nicht in dem von ihr im Revisionsverfahren beantragten Umfang. Insoweit ist ihre Revision zurückzuweisen.

11

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in dem Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012, als in den Bescheiden des Beklagten vom 1.11.2011, 26.11.2011 und 12.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2011 und dem angenommenen Teilanerkenntnis des Beklagten vom 27.4.2012 mit einem Betrag von 688,90 Euro monatlich (Dezember 2011) bzw 698,90 Euro monatlich (Januar bis Mai 2012) bewilligt bzw zuerkannt worden sind. Mit ihrem Antrag im Revisionsverfahren begehrt die Klägerin für diesen Zeitraum weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 18,90 Euro anstelle des vom Berufungsgericht ausgeurteilten Betrags in Höhe von 12,70 Euro.

12

2. Da die Klägerin ihre zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage nicht auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl zu dieser Möglichkeit zuletzt Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16 mwN), sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts insgesamt im Streit; der geltend gemachte Anspruch ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung daher unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu prüfen. Es bestehen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG keine Zweifel, dass die Leistungsvoraussetzungen für die begehrten höheren SGB II-Leistungen an die erwerbsfähige, einkommens- und vermögenslose sowie alleinstehende Klägerin vorliegen. Ihr steht ein Regelbedarf gemäß § 20 Abs 2 SGB II in der Zeit vom 1.12.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von monatlich 364 Euro und ab 1.1.2012 in Höhe von 374 Euro zu. Mehrbedarfe sind nach den Feststellungen des LSG nicht zu berücksichtigen. Ferner hat die Klägerin Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 342,63 Euro.

13

3. Rechtsgrundlage für die streitige Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung sind die §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Alg II die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453). Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen, wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - RdNr 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 18). Weiter müssen die Unterkunftsbedarfe als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 mwN).

14

Um eine diesen Erfordernissen genügende Tatsachenfeststellung zu ermöglichen, haben die für die Grundsicherung zuständigen Senate verallgemeinerbare (dh nicht von den jeweiligen Wohnungsmärkten abhängige) und entwicklungsoffene Grundsätze bzw Prüfungsmaßstäbe aufgestellt, die Raum für die Berücksichtigung von regionalen Bedingungen lassen. Insofern muss zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie festgelegt werden, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Im Anschluss ist unter Anwendung von verfahrens- und materiell-rechtlichen Kriterien nach einem revisionsrechtlich begrenzt überprüfbaren schlüssigen Konzept von dem Grundsicherungsträger und den Tatsacheninstanzen zu ermitteln, wieviel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (abstrakt angemessener Quadratmeterpreis).

15

4. Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße hat das LSG zutreffend mit 45 qm bestimmt. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße hat das BSG in erster Linie auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 WoFG festgesetzt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 12). Das Bundesland Sachsen hatte in dem hier streitigen Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2012 jedoch keine Ausführungsbestimmungen zu § 10 WoFG erlassen. Für diese Fallgestaltungen hat das BSG bereits entschieden, dass mit Rücksicht auf Rechtssicherheit und Praktikabilität die Heranziehung anderweitiger aktueller Verwaltungsregelungen zur Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße vertretbar ist (vgl zu Sachsen BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 15).

16

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG zutreffend die am 16.7.2010 in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen vom 7.6.2010 - VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen (SächsABl Nr 28, S 963) zu § 18 des sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuchs vom 6.6.2002 (SächsGVBl 9/2002, S 168, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.1.2012 <SächsGVBl 4/2012, S 130>) - zugrunde gelegt. Entgegen der Ansicht der Klägerin scheidet es aus, weiterhin auf die Werte der am 31.12.2009 außer Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift zur Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen als Ersatzwohnraum im Rahmen des Stadtumbaus vom 27.6.2005 (SächsABl S 682) - VwV-Ersatzwohnraumförderung - zurückzugreifen. Eine Heranziehung dieser Verwaltungsvorschrift trotz ihres Außerkrafttretens hat der 14. Senat des BSG (vgl Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 86/09 R - RdNr 16) nur deshalb für vertretbar gehalten, weil andere aktuellere Vorschriften in dem dort streitigen Zeitraum nicht existierten.

17

Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben betont, dass dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung zukomme. Bereits mit dem Rückgriff auf die Werte nach § 10 WoFG werde bewusst in Kauf genommen, dass sich die Werte möglicherweise nicht immer daran orientierten, welche Größe eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt haben müsse(vgl BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 109/11 R - RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 15). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Unabhängig hiervon hat das LSG auch die vergleichbaren angemessenen Wohnflächen für Alleinstehende in anderen Bundesländern berücksichtigt und gewürdigt, dass die Schaffung einer Rechtsverordnung bzw Verwaltungsvorschrift zu § 10 WoFG in Sachsen derzeit abgelehnt werde, weil aufgrund des Überangebots an Wohnungen in Sachsen kein Bedarf an einer Regelung zur Wohnungsförderung bestehe.

18

5. Das LSG hat bei seiner Prüfung des Konzepts der Stadt Dresden auf der Grundlage des ergänzten IWU-Gutachtens auch zu Recht zugrunde gelegt, dass die für Leistungsberechtigte infrage kommenden Wohnungen nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen müssen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen, und dass Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 21 mwN). Der Einwand der Klägerin, das ergänzte IWU-Gutachten erfülle nicht die qualitativen Voraussetzungen an ein schlüssiges Konzept, weil vorab keine Wohnwertmerkmale definiert worden seien, greift nicht durch.

19

Ein "verfahrensrechtliches Erfordernis", sämtliche Wohnwertmerkmale regelmäßig und unabhängig von der Art des schlüssigen Konzepts in einem vorgeschalteten Schritt abschließend zu definieren, haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG nicht formuliert. Die von der Rechtsprechung des BSG festgelegten und zwingend in die Ermittlung einer angemessenen Bruttokaltmiete ("Referenzmiete") einzubeziehenden Ausstattungskriterien sind zwar bei der Prüfung der Schlüssigkeit von Konzepten allein anhand von Mietspiegeldaten überwiegend bereits vorab bei der Entscheidung zur Ausklammerung bestimmter Mietspiegeldaten berücksichtigt worden (zB Herausnahme von "guten Wohnlagen" aus den jeweiligen Mietspiegeldatensätzen). Je nach der Art der von den SGB II-Trägern im Rahmen ihrer Methodenfreiheit entwickelten Konzepte ist es jedoch ausreichend, wenn die dem Ausschluss von Wohnungen des untersten Standards dienenden Vorgaben ("Ausstattung, Lage und Bausubstanz") im Ergebnis beachtet worden sind. Dies ist hier der Fall.

20

So ist vom IWU bei der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete ua durch die Auswertung der Neuvertragsmieten auf der Grundlage der Daten des qualifizierten Mietspiegels für die Stadt Dresden in einem ersten Schritt durch den Ausschluss unzumutbarer Wohnungen ohne Sammelheizung bzw Bad gewährleistet worden, dass diese Wohnungen nicht in die Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises eingeflossen sind. Insofern sind im unteren Segment Wohnungen mit einem nicht zumutbaren Ausstattungsstandard ausgeschlossen worden, während gleichzeitig beim oberen Wohnstandard keine Ausklammerungen von Mietspiegeldatensätzen erfolgt sind. Dem methodischen Ansatz des IWU folgend, der eine Zusammenführung mehrerer Datenquellen zur Festlegung einer abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete unter Einbeziehung der Häufigkeit von Angebot und Nachfrage pro Monat beinhaltet, hat das Berufungsgericht jeweils geprüft, ob die Berechnungsschritte des IWU oder die herangezogenen Datenquellen im Ergebnis dazu führen, dass bestimmte Wohnwertmerkmale nicht (mehr) ausreichend berücksichtigt werden. Dies betrifft insbesondere die noch zumutbare Größe der einbezogenen Wohnungen und deren Verteilung im Vergleichsraum sowie die mögliche Gefahr eines Rückgriffs auf Wohnungen eines zu niedrigen Wohnstandards durch die Einbeziehung struktureller Leerstände.

21

6.a) Das Berufungsgericht hat geprüft, ob das von dem Beklagten zur Festlegung einer angemessenen Bruttokaltmiete beauftragte und ergänzte Gutachten des IWU die von der Rechtsprechung entwickelten Rahmenbedingungen für schlüssige Konzepte erfüllt. Bei seiner Würdigung des nachgebesserten Konzepts hat das LSG die Rechtsprechung des BSG zu den generellen Anforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete zugrunde gelegt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 26 mwN). Es hat im Einzelnen geprüft, ob die vom BSG festgelegten Mindestvoraussetzungen erfüllt werden. Dabei ist es mit ausführlicher Begründung und im Rahmen seiner tatrichterlichen Beweiswürdigung (§ 163 SGG)zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass dies der Fall ist.

22

Im Rahmen seiner Methodenfreiheit konnte der Beklagte das Konzept des IWU zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete unter Einbeziehung der Nachfrageseite wählen. Es bestehen keine Bedenken grundsätzlicher Art gegen den methodischen Ansatz des IWU, das die Referenzmiete auf der Basis der Daten des qualifizierten Mietspiegels für die Stadt Dresden sowie des Verhältnisses zwischen den Häufigkeiten angemessener verfügbarer Wohnungen (Angebotsseite) und versorgungsbedürftiger Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften nach dem SGB II und dem SGB XII (Nachfrageseite) ermittelt.

23

Soweit die Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als nachfrage- und preisrelevanter Faktor in die Ermittlung der abstrakt noch angemessenen Quadratmetermiete für das einfache Segment einbezogen werden, finden weitere Modifizierungen, insbesondere die Einbeziehung der Nachfragekonkurrenz nach preiswertem Wohnraum durch andere Niedrigeinkommensbezieher, statt. Es handelt sich - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht um ein "reines Marktmodell", weil gleichzeitig als Daten des qualifizierten Mietspiegels die "Neuvertragsmieten" sämtlicher von den Mietspiegelerhebungen erfasster Personen bei der Festlegung der "Angebotspreise" einbezogen worden sind. Ein - vom BSG nicht gebilligter - "Zirkelschluss" findet daher nicht statt. Die Referenzmiete ist nicht allein aufgrund der Daten der Leistungsbezieher nach dem SGB II und dem SGB XII ermittelt worden.

24

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es - im Rahmen der vom BSG anerkannten Methodenfreiheit bei der Erstellung von schlüssigen Konzepten - zunächst Aufgabe der Grundsicherungsträger ist, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (vgl § 40 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB X). Legt ein Grundsicherungsträger ein auf die regionalen Verhältnisse abgestimmtes Konzept zur Ermittlung der Referenzmiete vor, das nach Ansicht der Tatsacheninstanzen Mängel aufweist, ist der SGB II-Träger zunächst zur Nachbesserung aufzufordern (vgl zu diesem Erfordernis: BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr 22; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R -SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 29; Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 59, RdNr 5, 21). Solche Nachbesserungen (Integration der Single-Bedarfsgemeinschaften unter 25 Jahren, Ermittlung der Nachfragekonkurrenz anhand der kommunalen Bürgerumfrage und nicht anhand des Mikrozensus, korrekte Berücksichtigung der "Kostensenkungsfälle" auf der Nachfrageseite, Reintegration eines einheitlichen Mehrfachinseratefaktors von 1,42) hat das IWU hier nach Aufforderung durch das LSG vorgenommen.

25

b) Soweit es das Berufungsgericht unbeanstandet gelassen hat, dass aufgrund der vom IWU gewählten Methodik und der einbezogenen Daten im Ergebnis auch Wohnungen mit einer geringen Quadratmeterzahl in die Festlegung der Referenzmiete eingeflossen sind, ist dies von seiner tatrichterlichen freien Beweiswürdigung bei der Bestimmung des einfachen Wohnstandards umfasst. Die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes erfolgt auch hinsichtlich der Ermittlung des Quadratmeterpreises vor dem Hintergrund der jeweils unterschiedlichen räumlichen Gegebenheiten in den verschieden geprägten Vergleichsräumen (vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24 mwN). Die Frage, welche Wohnungen wegen einer unzumutbaren Wohnungsgröße bei der Ermittlung der Referenzmiete nach der Produkttheorie ausgeklammert werden, kann regelmäßig nicht generell beantwortet werden, sondern ist von den Tatsacheninstanzen unter Beachtung der regionalen Verhältnisse im Vergleichsraum zu bestimmen. Diese Tatsachenfeststellungen sind der revisionsgerichtlichen Überprüfung weitgehend entzogen.

26

Dies betrifft hier zunächst die Bildung von Flächenkorridoren von 20 qm um die jeweils (nach Personenzahl) abstrakt angemessene Wohnungsgröße nach der VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen zur Sicherung einer ausreichend großen Fallzahl für die quadratmeterbezogene Auswertung der Mietspiegel-Neuvertragsmieten. Wie das LSG weiter begründet, ist die Einbeziehung von kleineren Wohnungen an den für den Mietspiegel Dresden regelmäßig erhobenen Kategorien orientiert. Entsprechend hat das IWU bei der Häufigkeitsanalyse von Wohnungsangeboten nach verschiedenen Eignungsklassen als für 1-Personen-Haushalte (Eignungsklasse I) zumutbare Wohnungen von 24 qm bis 45 qm einbezogen. Die faktische Berücksichtigung von Wohnungen mit geringer Größe ist nach den Ausführungen des LSG dem regional besonderen Umstand geschuldet, dass auf der Angebotsseite im Vergleichsraum der Stadt Dresden eine nicht unerhebliche Anzahl von Ein-Raum-Wohnungen vorhanden sind, die eine Wohnungsgröße ab 26 qm aufweisen. Die tatrichterliche Wertung, dass dieser Wohnungstyp schon durch seine Häufigkeit als prägend für einfache und bescheidene, aber gleichwohl zumutbare Wohnbedürfnisse im Vergleichsraum angesehen werden könne, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

27

c) Ebenso hat das LSG zu Recht keine grundlegenden Bedenken dagegen formuliert, dass beim Vorhandensein von angemessenen Wohnungen in allen Ortsamtsbezirken der Landeshauptstadt Dresden (siehe Tabelle 4 der ergänzenden Stellungnahme des IWU vom 9.5.2012) und einer Verteilung auf das Stadtgebiet entsprechend der Abbildung 1 der ergänzenden Stellungnahme vom 9.5.2012 keine Gefahr einer Ghettoisierung bestehen könne. Es sind - wie vom BSG gefordert - nicht nur Mieten bestimmter Stadtbezirke in die Auswertung einbezogen. Vielmehr sind die Daten über das gesamte Stadtgebiet Dresden erhoben worden (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Eine Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke, die auf eine nur begrenzte Nutzung des Datenbestandes oder eine nur begrenzte Datenerhebung zurückzuführen sein könnte, ist daher nicht festzustellen. Das Berufungsgericht hat zutreffend zugrunde gelegt, dass das BSG das Risiko einer Ghettoisierung angesichts von angemessenen Wohnungen in 18 von 26 Stadtbezirken des örtlichen Vergleichsraums der Stadt München verneint hat (BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 29). Mit ihrem Hinweis auf die Belegungsrechte der Stadt Dresden, die sich auf 5 von 99 Stadtteilen konzentrierten, hat die Klägerin keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen gegen die Tatsachenfeststellungen des LSG zur Verteilung der Wohnungen im Vergleichsraum vorgebracht.

28

d) Soweit die Klägerin Einwände gegen die Einbeziehung der strukturellen Leerstände (also von solchen außerhalb der normalen Fluktuationsreserve von ca 3 %) in der Stadt Dresden auf der Angebotsseite vorbringt, hat sich das LSG auch hiermit befasst. Zu den von ihr thematisierten Bedenken, dass bei der Abfrage des "marktaktiven Leerstandes" möglicherweise auch unzumutbare Sub-Standard-Wohnungen eingeflossen seien, hat es auf die Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme des IWU vom 17.5.2013 Bezug genommen. Dieses hat darauf hingewiesen, dass sich die Wohnungsbestände der zur Ermittlung der strukturellen Leerstände allein befragten professionellen Wohnungsunternehmen nur auf die Baujahre ab 1918 - mit deutlichen Schwerpunkten zwischen 1949 und 1989 - bezögen und in diesen Baualtersklassen Bad und Heizung technischer Standard seien. Soweit nicht ausgeschlossen werden könne, dass in geringster Menge auch Sub-Standard-Wohnungen in die Auswertung gelangt seien, sei dies von quantitativer Irrelevanz. Bei jeder empirischen Untersuchung mögliche Fehler in Einzelfällen, zB durch fehlerhaftes Ausfüllen von Fragebögen, stellten keinen Hinderungsgrund für einen Rückgriff auf diese Untersuchungen dar, solange diese Fehler nicht systematisch vorlägen, was hier nicht der Fall sei. Diese Beweiswürdigung hat die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen. Auch liegen den Wertungen des Berufungsgerichts keine die generellen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept betreffende Rechtsfehler zugrunde.

29

e) Mit dem Vorbringen der Klägerin, dass der Mehrfachinseratefaktor von 1,42 - dieser berücksichtigt als die Angebotsseite betreffender Umrechnungsfaktor, dass eine Wohnung im Mittel im Zuge einer Wiedervermietung dem Wohnungsmarkt länger als einen Monat zur Verfügung steht - zu systematisch falschen Ergebnissen führe, hat sich das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen ebenfalls bereits auseinandergesetzt. Es hat zu Recht keine durchgreifenden Bedenken gegen die Berücksichtigung eines einheitlichen Mehrfachinseratefaktors geäußert. Die ergänzende Stellungnahme des IWU vom 23.7.2013, wonach sämtliche in diese Berechnung eingeflossenen Daten der Metadatenbank "www.immodaten.net" entnommen worden seien und ausschließlich das Jahr 2009 sowie den örtlichen Vergleichsraum Dresden beträfen, wiederlegen - wie vom LSG zutreffend angenommen - die behauptete systematische Verfälschung der Ergebnisse. Dies hat sich auch bei der vom LSG im Wege der Nachbesserung vom beklagten SGB II-Träger geforderten Differenzierung nach Wohnungsgrößen gezeigt. Signifikante Unterschiede haben sich nicht ergeben.

30

f) Die weitere Rüge der Klägerin, dass in die Berechnungen des IWU bei der Bestimmung des Umfangs der Nachfragekonkurrenz auch vergleichsraumübergreifende Daten eingeflossen seien, greift nicht durch. Das vom BSG aufgestellte Verbot der Einbeziehung vergleichsraumübergreifender Daten gilt zwar für die Häufigkeitsverteilung der Grundmieten, nicht aber für Hilfsgrößen, die in empirischer, nicht normativer Sicht herangezogen werden, um die ermittelten Werte plausibel zu machen. Auch der von der Klägerin gerügte "nicht aktuelle Stand" der in die Nachfragekonkurrenz einbezogenen Daten von Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften betrifft nicht die Prüfkompetenz des Revisionsgerichts. Der Senat überprüft ausschließlich, ob die generellen Anforderungen an schlüssige Konzepte beachtet worden sind. Das Vorbringen der Klägerin, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass trotz Kappung der Kosten stets alle Mietänderungen und Änderungen der Nebenkosten mitgeteilt würden, auch müssten auf der Nachfrageseite Leistungsbezieher mit Umzugsaufforderung wegen überhöhter Heizkosten berücksichtigt werden, beinhaltet eine Rüge der Tatsachenfeststellungen des LSG. Insoweit sind Verfahrensfehler von der Klägerin nicht hinreichend dargetan. Unabhängig hiervon muss hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellsten Stand sind, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgen, was hier der Fall ist.

31

7. Die Festsetzung der Leistungshöhe unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen beruht im Ergebnis auch auf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453). Danach sind die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich sind einem Leistungsberechtigten Kostensenkungsmaßnahmen nur dann, wenn er Kenntnis von der Obliegenheit zu Kostensenkungsmaßnahmen hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).

32

Auf die fehlende Kenntnis des Erfordernisses von Kostensenkungsmaßnahmen kann sich die Klägerin nicht berufen. Unabhängig von den Angaben im Schreiben des Beklagten vom 7.4.2008 waren der Klägerin nach den hier gegebenen Einzelfallumständen jedenfalls im streitigen Zeitraum der Jahre 2011/2012 die aus Sicht des Beklagten angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und die Obliegenheit zur Kostensenkung seit längerer Zeit bekannt. Eine weitere Kostensenkungsaufforderung war nicht erforderlich, weil durch die vorhandenen schriftlichen Unterlagen der Zweck, die Klägerin aufzuklären und zu warnen, erreicht war (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 18; BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 39).

33

8. Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass der abstrakt angemessene Quadratmeterpreis unter Einschluss eines Referenzwertes für die kalten Betriebskosten erfolgen muss (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 31 mwN) und hat hier als vorrangig zu berücksichtigende örtliche Übersicht (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34) die Bürgerumfrage 2010 herangezogen. Diese weist für die abstrakt angemessenen Betriebskosten einen Betrag von durchschnittlich 1,16 Euro/qm aus.

34

9. Die für die Heizkosten vorgesehene Prüfung der abstrakten Angemessenheit - getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Bruttokaltmiete (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23) - ergibt aber einen höheren Betrag für monatliche Heizkosten für den streitigen Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012. Das LSG hat auf der Grundlage der zeitlich erst deutlich nach dem streitigen Zeitraum erfolgten Abrechnungen der kalten und warmen Nebenkosten einen zu geringen Betrag für Heizkosten angesetzt. Insofern ist hier die Besonderheit zu beachten, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum ausweislich ihres Mietvertrags zu einer nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro verpflichtet war. Zugleich besteht der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69). Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum nicht beziffert waren, sind diese in einem ersten Schritt in der Weise zu berechnen, dass von den einheitlichen Vorauszahlungen von monatlich 100 Euro die abstrakt angemessenen Betriebskosten in Höhe von 1,16 Euro/qm abzusetzen sind. Der verbliebene Betrag in Höhe von 47,80 Euro ist den Heizkosten zuzurechnen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob diese Werte unter den Beträgen aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2011 und 2012 verbleiben, was hier der Fall ist.

35

Die Berechnungen der zu übernehmenden ("tatsächlichen") Heizkosten auf der Grundlage der nachträglichen Abrechnungen - wie vom LSG vorgenommen - mit den Ergebnissen für Heizkosten in Höhe von 39,93 Euro für 2011 und 38,98 Euro für 2012 hätten die Konsequenz, dass die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in dem streitigen Zeitraum nicht gedeckt wären. Berücksichtigungsfähige Kosten für Unterkunft und Heizung sind aber die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber dem Vermieter, grundsätzlich unabhängig von eventuell später erfolgenden Erstattungen oder Nachforderungen von Betriebs- oder Heizkosten. Dies beruht auf dem für die KdU geltenden Grundsatz, dass an die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Mietzinszahlung im Rahmen des Mietverhältnisses angeknüpft wird. Ausreichend für das Bestehen eines Bedarfs ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16 ff; BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - RdNr 15). Bezogen auf die Warmwasserkosten hat der 14. Senat des BSG bereits entschieden, dass nachträglich erteilte Betriebskostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - RdNr 23). Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch erst nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift (§ 22 Abs 3 SGB II) und sind daher erst zu einem späteren Zeitpunkt nicht als Bedarf, sondern als bedarfsminderndes Einkommen im jeweiligen Fälligkeitsmonat zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55).

36

Es ergeben sich demnach insgesamt höhere als vom SG und LSG zugesprochene KdU (für die Zeit vom 1.12.2011 bis 31.12.2011: Regelbedarf 364 Euro zzgl Bruttokaltmiete in Höhe von 294,83 Euro zzgl Heizkosten in Höhe von 47,80 Euro = 706,63 Euro; für die Zeit vom 1.1.2012 bis 31.5.2012: Regelbedarf in Höhe von 374 Euro zzgl Bruttokaltmiete in Höhe von 294,83 Euro zzgl Heizkosten in Höhe von 47,80 Euro = 716,63 Euro). Hiervon sind die bereits erbrachten Leistungen in Höhe von 688,90 Euro bzw 698,90 Euro abzusetzen. Es ergeben sich die ausgeurteilten Differenzbeträge.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zustehen.

2

Die alleinstehende Klägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine 48 qm große Wohnung in München. Sie hatte eine mietvertragliche Verpflichtung in Höhe von 745 Euro (690 Euro Nettokaltmiete zzgl 55 Euro Betriebskosten) monatlich. Die Vorauszahlung für die Gasversorgung betrug 97 Euro im Monat (lediglich im Februar 2008: 107 Euro wegen einer Nachforderung; Bruttowarmmiete 835,67 Euro).

3

Ende August 2006 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Nettokaltmiete die zulässige Höchstgrenze von 397,30 Euro monatlich überschreite. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich bis Ende Februar 2007 um eine Minderung der Unterkunftskosten zu bemühen. Ab dem 1.3.2007 werde die Unterkunftsleistung auf die angemessene Höhe abgesenkt.

4

Für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 31.5.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II, welches Leistungen für KdUH in Höhe von 813 Euro monatlich umfasste (Bescheid vom 29.11.2006 idF des Bescheides vom 19.12.2006). Ab 1.3.2007 senkte er die Leistungen für die Kaltmiete auf die von ihm als angemessen befundene Mietobergrenze herab (Bescheide vom 13.2.2007). Für den Zeitraum bis 31.5.2007 hat das LSG mit dem hier angefochtenen Urteil vom 11.7.2012 diese Entscheidung des Beklagten aufgehoben. Hiergegen sind die Beteiligten nicht in die Revision gegangen.

5

Für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin schlussendlich Leistungen für KdUH in Höhe von 496,45 Euro für ihre brutto-kalten Mietaufwendungen (441,45 Euro Nettokaltmiete + 55 Euro Betriebskosten) und übernahm im Verlaufe des Gerichtsverfahrens ihre Aufwendungen für Gas abzüglich der Warmwasserpauschale in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 23.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des Änderungsbescheides vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008, dieser in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009). Ebenso verfuhr der Beklagte für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis zum 31.5.2008 (Bescheid vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008). Durch Bescheid vom 7.5.2008 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009) setzte der Beklagte diese Praxis für den Leistungszeitraum vom 1.6.2008 bis zum 30.11.2008 zunächst fort. Ab dem 1.7.2008 erhöhte er jedoch den Leistungsanteil für die Bruttokaltmiete der Klägerin auf 504,21 Euro (Nettokaltmiete 449,21 Euro + 55 Euro kalte Nebenkosten) und wies unter Einbeziehung dieser Änderung (Bescheid vom 3.7.2008) den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 25.9.2008 zurück (idF der Änderungsbescheide vom 15.12.2008 und 29.4.2009).

6

Das SG hat die miteinander verbundenen Klagen auf Übernahme der tatsächlichen Mietaufwendungen abgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert. Soweit es den Zeitraum vom 1.3. bis 31.5.2007 betrifft, hat es die Bescheide wie benannt aufgehoben. Zudem hat es den Beklagten unter Abänderung der weiteren Bescheide verurteilt, der Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus KdUH in Höhe von 9,88 Euro für den Monat Februar 2008 - für eine Heizkostennachforderung - und in Höhe von jeweils 0,12 Euro für die Monate Juli bis November 2008 wegen unzutreffender Anwendung der Rundungsregelung zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zwar fehle es dem Beklagten an einem schlüssigen, nachvollziehbaren Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdUH iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die vom Beklagten für einen Ein-Personen-Haushalt übernommenen Aufwendungen der Klägerin für die Bruttokaltmiete in Höhe von 496,45 Euro im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.6.2008 und 504,21 Euro im Zeitraum vom 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 seien jedoch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G K angemessen gewesen. Die für den Mietspiegel 2007 der Stadt München erhobenen und vom Sachverständigen ausgewerteten Daten betreffend Wohnungen "um die 50 qm" - in der Gestalt von gewichteten 243 Wohnungen zwischen 46 und 54 qm - bildeten eine geeignete Grundlage zur Berechnung der angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Erfassung lediglich von Bestandsmieten und die Nichtberücksichtigung preisgebundenen Wohnraums stünden dem nicht entgegen. Zudem beruhe der Mietspiegel 2007 auf dem für den streitgegenständlichen Zeitraum aussagekräftigsten Zahlenmaterial, welches selbst auf einer repräsentativen Stichprobe fuße. Die Auswertung des Datenmaterials durch den Sachverständigen habe unter Anwendung statistisch anerkannter Methoden stattgefunden und ergeben, dass mit den gewährten Mitteln ausreichend angemessener Wohnraum im Stadtgebiet München gefunden werden könne. Es drohe auch keine Konzentration von Leistungsempfängern in bestimmten sozialen Brennpunkten/Stadtbezirken. Ebenso wenig könne unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Klägerin festgestellt werden, dass eine abstrakt angemessene Wohnung nicht tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können. Zutreffend erfolgt sei auch der Abzug der Warmwasserpauschale aus den vom Beklagten übernommenen monatlichen Abschlägen für die Versorgung der Klägerin mit Erdgas (Urteil vom 11.7.2012).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den Begriff der Angemessenheit des § 22 SGB II rechtsfehlerhaft angewandt. Zutreffende Konsequenz aus der Feststellung, der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete, hätte die Annahme einer Unmöglichkeit zur Kostensenkung sowie der Verurteilung zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen sein müssen. Die vom Beklagten herangezogene Mietobergrenze sei zu gering. Bei seinen Ermittlungen habe das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht zutreffend umgesetzt. Die erhobenen und ermittelten Daten seien nicht repräsentativ. Zudem käme es bei Übertragung der Daten zu einer "Ghettoisierung". Die Annahme, zur gewährten Mietobergrenze sei 1/5 der Wohnungen in München generell zu diesem Preis verfügbar, sei unzutreffend. Bereits die dem Sachverständigen gestellten Fragen seien teilweise problematisch. Die Beweisanordnung sei schon durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel vorbestimmt gewesen. Das LSG habe bei der Fragestellung antizipiert, dass die Rohdaten des Mietspiegels und eine diesbezügliche Konzentration auf 20 % des maßgeblichen Wohnraums geeignet seien, ein zutreffendes Bild des Mietmarkts im streitgegenständlichen Zeitraum zu zeichnen. Die 20 %-Grenze sei willkürlich gezogen. Tatsächlich dürften nicht nur 5,3 % der Gesamtbevölkerung Wohnungen im unteren Marktsegment suchen, sodass ein Verweis auf die vom LSG in die Auswertung nicht einbezogenen Sozialwohnungen problematisch sei. Dies zeige sich bereits daran, dass nicht Ortsansässige auf solche Wohnungen mindestens fünf Jahre warten müssten. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben seien auch Aspekte, die zu einer Erhöhung der Quadratmeterpreisberechnung geführt hätten, wie zB ein Zuschlag für eine Küche. Auch bei absoluter Betrachtung sei die Stichprobe viel zu gering, um daraus die Verfügbarkeit von Wohnraum ableiten zu können. Es gäbe auf dem Münchener Mietmarkt nicht etwa 20 % Wohnungen um 50 qm, sondern nur zwischen 1,31 % und 4,8 %. Das LSG habe zudem in entscheidungserheblicher Art und Weise gegen § 103 SGG verstoßen, indem es einem Antrag auf Vernehmung des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung eV, gesetzlich vertreten durch Rechtsanwalt S, als Sachverständigen keine Folge geleistet habe. Das LSG habe auch, obwohl die Klägerin nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass eine weitere Beweisaufnahme aus seiner Sicht entbehrlich sei.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 und Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26. November 2009 sowie Änderung der Bescheide des Beklagten vom 23. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. August 2007, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 sowie des Änderungsbescheides vom 29. April 2009, des Bescheides vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. April 2009 und des Bescheides vom 7. Mai 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2008, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 und in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2008 sowie 29. April 2009, zu verurteilen, ihr über die bereits im Urteil des Landessozialgerichts zuerkannten Leistungen hinaus für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Mietzahlungsverpflichtung zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Das LSG sei der Rechtsprechung des BSG gefolgt, als es selbst Ermittlungen zur Angemessenheit der Mietobergrenze vorgenommen habe. Die Zugrundelegung einer 20 %-Grenze durch das LSG fülle das durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebene "untere Marktsegment" aus. Zudem habe das LSG keine Abschläge bei der Miete berücksichtigt, sondern dies vielmehr für unzulässig erachtet. Die erhobenen Daten seien entgegen der Auffassung der Klägerin auch repräsentativ. Regressionsmietspiegel, wie der für München erstellte, kämen mit einer kleineren Stichprobe als sog Tabellenmietspiegel aus. Die im Mietspiegel erfassten Bestandsmieten seien lediglich solche aus den letzten vier Jahren vor der Stichprobe. Die Daten für den Mietspiegel seien zwar im Auftrag der Stadt München, aber durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut erhoben und ausgewertet worden.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Die Entscheidung des LSG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat der Klägerin schlussendlich im hier streitigen Zeitraum Leistungen für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe iS des § 22 Abs 1 SGB II erbracht.

13

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.11.2008, als sie in den Bescheiden des Beklagten für die Zeiträume vom 1.6.2007 bis 30.11.2007, 1.12.2007 bis 31.5.2008 und 1.6.2008 bis 30.11.2008 festgestellt worden sind.

14

Nicht Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 1.3.2007. Der erkennende Senat brauchte daher nicht darüber zu befinden, ob sich das LSG zur Begründung seiner Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 45 SGB X gestützt hat oder nicht § 48 SGB X hätte zugrundelegen müssen. Denn es liegt nahe, bei der Umsetzung einer angekündigten Absenkung der Leistungen für Unterkunft von einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse auszugehen. Die Klägerin hat sich jedoch in ihrer Revision nicht gegen die Höhe der Leistungen in diesem Zeitraum gewandt - obwohl sie niedriger waren, als ihre tatsächlichen Aufwendungen - und der unterlegene Beklagte ist nicht in die Revision gegangen. Das Urteil des LSG ist insoweit rechtskräftig geworden.

15

Ebenfalls rechtskräftig geworden ist die Entscheidung des LSG im Hinblick auf die zu Lasten des Beklagten vorgenommene Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) und die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags von 9,88 Euro für die Gaskostennachforderung im Monat Februar 2008. Der Beklagte ist auch hiergegen nicht in die Revision gegangen.

16

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihre Anfechtungs- und Leistungsklage auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl auch BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11). Hieran hat sich - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - durch die Neufassung des § 19 SGB II aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) für laufende Verfahren über vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte - wie es auch hier der Fall ist - nichts geändert (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

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3. An dem Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 22 SGB II an die einkommens- und vermögenslose, alleinstehende Klägerin bestehen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG keine Zweifel.

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4. Die der Klägerin von dem Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft in Höhe von 496,45 Euro für ihre Mietaufwendungen (brutto/kalt) ab dem 1.6.2007 und 504,21 Euro (ebenfalls brutto/kalt) ab dem 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Rechtsgrundlage für die hier umstrittene Höhe der Leistungen sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Alg II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als im Hinblick auf den pauschalierten Regelbedarf - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, zur Bestimmung der Leistungshöhe auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die Leistungen nicht in beliebiger Höhe zu erbringen, sondern nur insoweit, als die tatsächlichen Aufwendungen für Miete und Heizung angemessen sind. Die Angemessenheit begrenzt somit die zu erbringenden Leistungen der Höhe nach. Die Begrenzung der Leistungen für KdU - die Aufwendungen der Klägerin für Heizkosten hat der Beklagte schlussendlich in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale erbracht - ab dem 1.6.2007 auf die vom Beklagten befundene Höhe ist im vorliegenden Fall rechtmäßig.

19

a) Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 17). Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des BSG zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.

20

aa) Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße hat das LSG hier zutreffend mit 50 qm bestimmt. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 12). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Der erkennende Senat sieht diesen Anknüpfungspunkt zwar als problematisch an (vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität ist aber wenigstens solange, wie nicht eine Satzung über die angemessenen KdU iS von §§ 22a ff SGB II vorliegt, in welcher grundsätzlich andere Wohnraumgrößen festgelegt werden können(vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), an diesem Maßstab festzuhalten. Nach den Bestimmungen des Freistaates Bayern in den Wohnraumförderbestimmungen (Wohnraumförderbestimmungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.11.2002 und vom 4.12.2007 ) ist auch für die Stadt München eine angemessene Wohnungsgröße von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen.

21

bb) Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass die für Leistungsberechtigte infrage kommende Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen muss, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - RdNr 13). Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen. Das BSG hat jedoch auch klargestellt, dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet(BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - , RdNr 14). Diesen Voraussetzungen wird die Entscheidung des LSG hier gerecht, wenn das Gericht die hinter dem qualifizierten Mietspiegel für die Stadt München liegenden Daten aus den Jahren 2007 heranzieht. Denn die Daten dieses Mietspiegels umfassen weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (Mietspiegel München 2007, S 5, 11 und Mietspiegel München 2009, S 4, 5, 11).

22

cc) Auch soweit das LSG die gesamte Stadt München als maßgeblichen Vergleichsraum angesehen hat, sind Rechtsfehler nicht erkennbar. Der Senat hat bereits für Großstädte wie München entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen gehe. Daher seien die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handele. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Hiervon kann nach den Feststellungen des LSG bei dem vom Mietspiegel München umfassten Stadtgebiet ausgegangen werden; die Beteiligten haben hiergegen auch keine Revisionsrügen erhoben.

23

dd) Das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze sowie das Ergebnis der Überprüfung sind ebenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Überprüfung der vom Beklagten angenommenen Referenzmiete, zur Bestimmung also, wie hoch die angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung einfachen Standards einer bestimmten Größe in einem bestimmten Vergleichsraum sind, ist es Ziel, einen Mietpreis hierfür zu ermitteln, um so die angemessenen Aufwendungen bestimmen zu können ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 17).

24

Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus. Es ist auf die konkreten Verhältnisse abzustellen. Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger zwar nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d BGB abstellen(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 7). Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Leistungsträgers ein Konzept zugrunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

25

Dabei ist es zuvörderst Angelegenheit der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (vgl § 40 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB X). Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit von ihm vorzulegen. Entscheidet der Leistungsträger - wie auch hier - ohne eine hinreichende Datengrundlage, führt dies entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass automatisch die Leistungen für KdU in tatsächlich entstehender Höhe zu übernehmen wären. Vielmehr ist die Verwaltung im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1, 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, geht diese Ermittlungspflicht zwar nicht ohne Weiteres auf das SG über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht schlüssig erweist oder bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind (idS BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 27; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 21; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34). Andererseits haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate jedoch bereits entschieden, dass dann, wenn Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, etwa noch auswertbare Daten, die die Grundlage für die Erstellung zumindest eines qualifizierten Mietspiegels geboten haben, diese im Rahmen der Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen sind (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

26

Gemessen an diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das Tatsachengericht hier die für die Ermittlung der angemessenen KdU erforderlichen Daten vom Grundsicherungsträger eingeholt bzw angefordert und diese anschließend durch einen Sachverständigen hat auswerten lassen. Das LSG durfte sich ebenfalls im Rahmen seiner Ermittlungen hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO) an dem Datenbestand orientieren, der für die Erstellung des Mietspiegels für die Stadt München erhoben wurde.

27

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Tatsachenvorgabe auch nicht mit durchgreifenden Zweifeln behaftet. Das BSG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Grundsicherungsträger für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (ausschließlich) an dieser Art des Datenbestandes orientieren dürfen. Für das gerichtliche Ermittlungsverfahren gelten keine strengeren Anforderungen (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

28

ee) Ebenso genügt das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und ab dem 1.7.2008 von 504,21 Euro brutto kalt sowie das Ergebnis der Überprüfung im konkreten Fall den Vorgaben des BSG. Der erkennende Senat hat entschieden, dass ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen iS einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum sei (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 20):

-       

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

-       

es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

-       

Angaben über den Beobachtungszeitraum,

-       

Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

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Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

-       

Validität der Datenerhebung,

-       

Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

-       

Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

29

Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Durch den Rückgriff des LSG auf die Daten des Münchner Mietspiegels 2007 wird die Datenerhebung auf ein bestimmtes Gebiet (hier: die Stadt München) begrenzt - der Vergleichsraum ist damit genau eingegrenzt und es werden nicht nur Mieten bestimmter Stadtbezirke in die Auswertung einbezogen, sondern Daten über das gesamte Stadtgebiet erhoben (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Einer Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke, die auf eine nur begrenzte Nutzung des Datenbestandes oder eine nur begrenzte Datenerhebung zurückzuführen sein könnte, ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG auch nicht festzustellen. Abgesehen davon, dass die entgegengesetzte Behauptung der Klägerin eine - der Revision entzogene (vgl § 163 SGG) - Tatsachenbehauptung darstellt, erfolgt hier nach den Feststellungen des LSG keine Begrenzung des Raumes der Datenerhebung auf besonders "heruntergekommene" und daher "billige" Stadtbezirke, sondern die Ermittlung bezieht sich auf das Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum. Zwar folgt aus dieser Betrachtung nach dem Sachverständigengutachten, dass in einigen Stadtbezirken Münchens Wohnungen mit einer Größe "um 50 qm" und einer Bruttokaltmiete bis zu 450 Euro nicht zu finden sind. Dieses Ergebnis betrifft jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Frage, ob die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist. Soweit sie hier die Forderung des BSG nach einer Vermeidung von Ghettoisierung behandelt, hat der Senat im Übrigen Zweifel, ob angesichts des vom LSG festgestellten Vorhandenseins von Wohnungen zu einem Mietzins noch unterhalb der von dem Beklagten als Referenzgröße angenommenen (450 Euro ./. rund 500 Euro) in 18 von 26 Stadtbezirken das Risiko einer Ghettobildung besteht.

30

Nicht zu beanstanden ist auch die Vorgehensweise des LSG auf den Datenbestand des qualifizierten Mietspiegels für München zurückzugreifen, obwohl bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist und Wohnraum nicht berücksichtigt wird, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, weil §§ 558 ff BGB nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung findet. Mit der Entscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (s nur BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29), ist die Konsequenz verknüpft, dass alsdann keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen (anderes für andere Datenquellen: BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 24; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 102 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 22). Die hiervon ausgehenden Wirkungen auf die Mietpreisgrenze werden jedoch dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (vgl § 558 Abs 2 BGB; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3). Dadurch wird erreicht, dass nur aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden. Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (zB Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird.

31

Der Rechtsprechung des BSG folgend hat das LSG auch zutreffend die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34; BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können; die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können. Ebenso wenig ist es hier zu beanstanden, dass durch den Rückgriff auf die Bruttokaltmiete sämtliche kalten Nebenkosten in die Überprüfung der vom Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind. Denn bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es nicht darauf an, ob existenzsicherndes Wohnen in (gedachten) Wohnungen möglich ist, in denen der in den Betriebskostenarten, wie zB Kosten für Straßen- und Gehwegreinigung, Hausreinigung, Gartenpflege und Schneebeseitigung durch Dritte, Gemeinschaftsantenne/Kabelanschluss und Aufzug, zum Ausdruck kommende Wohnungsstandard nicht gewährleistet ist. Es geht vielmehr darum "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21). Dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat es das BSG daher für zulässig befunden, auf bereits vorliegende Daten zurückzugreifen. Eine weitergehende Gewichtung hat das BSG nicht vorgenommen, weil nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34 zu Betriebskostenübersichten und die Bildung eines Durchschnittswertes). Aus der Heranziehung von Werten aus allen Mietverhältnissen folgt zwar - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt, also eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheidet, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment - auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment - eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist. Dies wirkt sich im Übrigen auch nur zugunsten der Leistungsberechtigten aus.

32

Ebenfalls zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG hat das LSG bei der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes eine Größenbeschränkung vorgenommen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris; vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zur Bestimmung der Wohnungsgröße nach den maßgeblichen Wohnraumfördervorschriften verwiesen. Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die Ausdehnung des Untersuchungsgegenstandes durch den Sachverständigen auf Wohnungen "um die 50 qm" gebilligt hat. Eine Beschränkung auf die Wohnungen, die exakt eine Größe von 50 qm aufweisen, würde zu einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen führen. Die Gewichtung auf 243 Wohnungen unter Berücksichtigung der aus dem Datenbestand entfernten Wohnungen begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da hinter den gelöschten Datensätzen der ursprünglich 331 Wohnungen auch für das schlüssige Konzept nicht heranzuziehende Wohnungen waren.

33

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das LSG die Begrenzung der Datenerhebung auf die Zeitpunkte 1.7.2007 und 1.7.2008 vorgenommen hat. Das BSG hat es insoweit für die Datenerhebung im Rahmen eines schlüssigen Konzepts für erforderlich gehalten, dass "Angaben über den Beobachtungszeitraum" gemacht werden können (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Auch ist das im Beobachtungszeitraum verwendete Zahlenmaterial nach den Feststellungen des LSG hinreichend aussagekräftig. Die für den Münchner Mietspiegel 2007 verwendeten Daten wurden zwar zum Stichdatum 1.1.2006 erhoben. Der Sachverständige hat die Werte für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum jedoch in vertretbarer Art und Weise nach anerkannter wissenschaftlicher Methodik für die weiteren zugrunde gelegten Stichdaten 1.7.2007 und 1.7.2008 fortgeschrieben. Die Klägerin wurde hierdurch nicht schlechter gestellt, als sich aus den Ausführungen des LSG zu der für den Münchner Mietspiegel 2011 erfolgten Datenerhebung ergibt, da die Stichprobe keinen solchen Preisanstieg ergeben hat, wie nach der Hochrechnung der Ergebnisse des Mietspiegels 2007 erwartet.

34

Soweit das LSG auf die Daten des Mietspiegels für München zurückgegriffen hat, hält dies, wie oben bereits ausgeführt, einer Überprüfung Stand. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" hat das LSG hier eine "Stichprobe" zur Basis seiner Überprüfung der Angemessenheitsgrenze des Beklagten gemacht (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 24). Insoweit gilt, dass eine Anlehnung hinsichtlich des Stichprobenumfangs und der Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard nicht zu beanstanden ist (vgl zum Stichprobenumfang: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 38 f). Im Hinblick auf einen qualifizierten Mietspiegel hat der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, dass bei dessen Erstellung die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert werde (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 24; s auch Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfinde. Daher sei die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung für einen Mietspiegel auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28). Einwände gegen die Methodik der Erhebung der Daten für den Münchner Mietspiegel 2007 sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Allein die Kritik an den gezogenen Schlüssen genügt insoweit nicht, um die statistische Methodik der Datenerhebung in Frage zu stellen.

35

Denn es handelt sich auch bei der für den Raum München gezogenen Stichprobe des Regressionsmietspiegels 2007 um eine repräsentative Stichprobe. Beim Regressionsmietspiegel wird davon ausgegangen, dass die Miete einer Wohnung sich aus der Bewertung ihrer Wohnwertmerkmale durch die Marktpartner ergibt und dieser Zusammenhang mit einer mathematischen Gleichung beschrieben werden kann. Jedes Merkmal leistet dabei einen Beitrag zum Mietpreis der Wohnung (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 40). Daher kommen Regressionsmietspiegel im Vergleich zum Tabellenmietspiegel mit einer kleineren Stichprobe aus. Denn der Regressionsmietspiegel nutzt die Informationen der gesamten Stichprobe und nicht nur von Teilmengen, wie sie hinter den jeweiligen Tabellenfeldern des Tabellenmietspiegels stehen (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 39). Für die Stichprobe gilt, dass sie proportional vorzunehmen ist, also dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, RdNr 650; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 35). Das LSG hat im Anschluss an den von ihm ernannten Sachverständigen aus einer Stichprobe von mehr als 3000 Wohnungen im gesamten Münchener Stadtgebiet 331 Wohnungen "um die 50 qm" (bestimmt als gewichteter Wohnungsbestand zwischen 46 und 54 qm) zugrunde gelegt. Dieses Verfahren der Stichprobe entspricht dem aktuellen Stand der Forschung, wie auch das LSG in seinem Urteil ausgeführt hat.

36

Dass die für die Erstellung des Münchener Mietspiegels 2007 erhobenen Daten und für das Urteil des LSG zugrunde gelegten Wohnungen "um die 50 qm" keine qualitativen Merkmale einfachen Standards aufwiesen, steht der Auswertung und Verwendung dieser Daten nicht entgegen, denn offensichtlich weisen diese Wohnungen einen höheren als den unteren Standard auf und bewegen sich dennoch im maßgeblichen Preissektor. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Wohnungen, die einen geringeren Standard aufweisen, zu noch günstigeren Konditionen angemietet werden können. Die vom LSG verwendete Datengrundlage ist auf diese Art und Weise zugunsten der Klägerin vergrößert worden. Die vom Sachverständigen vorgenommene und vom LSG akzeptierte Gewichtung der Wohnungen um 50 qm, die dazu beiträgt, dass die Stichprobe letztlich 243 Wohnungen umfasst, führt im Übrigen dazu, dass Wohnungen, die nicht dem Standard entsprechen, der im Rahmen der Überprüfung durch das "schlüssige Konzept" zugrunde zu legen ist, aus der Auswertung von vornherein ausgeschieden worden sind.

37

Dass das LSG von den ermittelten Wohnungen "um die 50 qm" letztlich die unteren 20 % des preislichen Segments zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Grenzziehung nach der Höhe des Mietpreises im Vergleichsraum ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, weil die Stichprobe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach "unten" und nach der Größe beinhaltet - anders als wenn ausschließlich ausgehend vom Mietpreis die Höhe der angemessenen Mietaufwendungen bestimmt wird. Es sind hier bereits bei der Datenerhebung lediglich Wohnungen mit mehr als einfachstem Standard in einer Größe von 46 bis 54 qm zugrunde gelegt worden. In die Erhebung einbezogen werden damit zugleich auch Daten für Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, denn sie sind für Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen, kann auf die Grenze "20%" zurückgegriffen werden. Dies entspricht einer Orientierung an den unteren 20 % der Einkommensbezieher. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG überschreitet im Vergleichsraum München auch mindestens 1/5 der Wohnungen mit grundsicherungsrechtlich zugrunde zu legendem Standard nicht die festgestellte Mietobergrenze, die der Beklagte gewählt hat, sondern liegt noch unter dieser.

38

Soweit die Klägerin vorbringt, für den vom Beklagten festgesetzten und vom LSG bestätigten Bruttokaltmietpreis sei es tatsächlich nicht möglich, in München eine Wohnung um 50 qm anzumieten, hält diese Behauptung einer Überprüfung unter systematischen Gesichtspunkten nicht Stand. Das BSG hält daran fest, dass dann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, davon auszugehen ist, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 30). Soweit die Klägerin in der Ergänzung ihrer Revisionsbegründung auf die Daten des Münchner Vereins Haus und Grund eV abstellt, rügt sie im Grunde die Auswahl der Datengrundlage, die hier jedoch, wie ausgeführt, nicht zu beanstanden ist.

39

ff) Darin, dass das Berufungsgericht einem schriftsätzlich angekündigten Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Unternehmen "Haus & Grund", vertreten durch Herrn Rechtsanwalt S, nicht gefolgt ist, liegt auch kein Verstoß gegen die Sachermittlungspflicht (vgl § 103 SGG). Das LSG musste sich nicht gedrängt fühlen, dem Beweisantrag der Klägerin nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nachzukommen. Gemäß § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO obliegt es dem Tatsachengericht, dem Sachverständigen den der Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt - hier den für die Erstellung des Münchner Mietspiegels 2007 erhobenen Datenbestand - vorzugeben. Daraus folgt, dass auch ein anderer als der vom Gericht ernannte Sachverständige seine sachverständigen Schlussfolgerungen aus diesem Datenbestand hätte ableiten müssen. Dass bei Anwendung derselben oder einer anderen mathematisch-statistischen Methode grundlegend andere Ergebnisse gefolgt wären, ist weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich.

40

Dass das LSG eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte, bedurfte auch keines ausdrücklichen Hinweises an die Klägerin. Eine Hinweispflicht besteht in erster Linie nur dann, wenn ein Beteiligter ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis bittet (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 109 RdNr 9a). Im Übrigen hat sich aus der Ladung des Gerichts zum Termin ergeben, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigt war. Die Tatsacheninstanzen sind zudem nicht verpflichtet, auf das Stellen eines Beweisantrages - wie hier ohnehin schriftsätzlich seitens der Klägerin angekündigt - hinzuwirken (vgl BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - juris RdNr 10) oder zu einer in Aussicht genommenen Beweiswürdigung Hinweise zu geben (BSG Beschluss vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93; BSG Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - HVBG-INFO 2003, 1724; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 99). Darauf liefe ein solcher von der Klägerin verlangter Hinweis jedoch hinaus.

41

b) Die Festsetzung der Leistungshöhe unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen beruht auch auf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung (vgl zur Kostensenkungsaufforderung BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 38)iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 mWv 1.8.2006, BGBl I 1706). Danach sind die tatsächlichen Mietaufwendungen - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

42

Der Beklagte hat die Klägerin mehrfach, erstmals mit Schreiben vom 29.8.2006, aufgefordert, die KdU zu senken und nach dem Unterlassen jeglicher Kostensenkungsversuche durch die Klägerin eine Absenkung auf die von ihm als angemessen erachtete Höhe der kalten Nettomietaufwendungen in Höhe von 397,30 Euro zum 1.3.2007 angekündigt. Dabei ist es für den hier nur noch streitigen Zeitraum ab dem 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 ohne Bedeutung, dass der Beklagte die "Sechsmonatsfrist" iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, in der dem Leistungsberechtigten in der Regel die Möglichkeit eingeräumt wird, die nach Auffassung des Beklagten zu hohen Aufwendungen zu senken, zunächst unzutreffend berechnet hatte. Jedenfalls ab dem 1.6.2007 konnte der Beklagte die Unterkunfts- und Heizkosten absenken, denn die Klägerin war über die vom Beklagten als zutreffend befundene Angemessenheitsgrenze hinreichend informiert und ihr war die Kostensenkung auch nicht unmöglich.

43

Der Beklagte hat zwar in seiner Kostensenkungsaufforderung als Referenzmiete eine Nettokaltmiete benannt. Diese Angabe muss in dem hier streitigen Zeitraum jedoch noch als zulässig und ausreichend angesehen werden, um von einer zutreffenden Kostensenkungsaufforderung iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II ausgehen zu können. Noch 2009 hatte der erkennende Senat es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff). Erst 2010 hat der 14. Senat eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu definieren ist (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; s auch BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34).

44

Unschädlich ist auch, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze im Verlaufe des Gerichtsverfahrens geändert hat. Denn dies ist einerseits Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und andererseits stellt das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion dar. Hält der Leistungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 19, unter Hinweis auf BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris RdNr 34). Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens des Grundsicherungsträgers lediglich ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40).

45

Gründe, die der Klägerin eine Kostensenkung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch nicht um eine Kostensenkung bemüht oder anderweitig nachgewiesen, dass es ihr nicht möglich oder zumutbar war, Wohnraum zu der vom Beklagten vorgegebenen Mietobergrenze anzumieten.

46

5. Der Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung von den tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Gaslieferung/Heizung in Höhe von 6,22 Euro für den Monat Juni 2007, 6,26 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2007 bis einschließlich Juni 2008 und 6,33 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2008 bis November 2008 ist nicht zu beanstanden. Höhere Leistungen wegen der Heizkostennachforderung für den Monat Februar 2008 und unter Berücksichtigung der Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II, wie durch das LSG geschehen, stehen der Klägerin nicht zu. Sie hat insoweit auch keine Einwände gegen die Entscheidung des LSG erhoben.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 monatlich weitere EUR 37,29 zu gewähren. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Klageverfahren über die Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

2

Die 1949 geborene Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Sie bewohnt eine Wohnung in C., für die seit Januar 2010 eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von EUR 356,93 zu zahlen ist. Diese setzt sich aus einer Grundmiete in Höhe von EUR 226,51, der Vorauszahlung für kalte Betriebskosten in Höhe von EUR 61,78 und Heizkostenvorauszahlungen (inklusive Warmwasserbereitungskosten) in Höhe von EUR 68,64 zusammen. Mit Bewilligungsbescheid vom 16. Mai 2011 wies der Beklagte die Klägerin auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hin.

3

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 24. Oktober 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 in Höhe von monatlich EUR 683,64. Dabei berücksichtigte er Bedarfe für die Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von EUR 319,64. Hiergegen erhob die Klägerin durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. November 2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 26. November 2011 änderte der Beklagte die Leistungsgewährung für den Zeitraum Januar bis Mai 2012 ab und berücksichtigte dabei die Erhöhung des Regelbedarfes. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Unterkunftskosten der Klägerin seien unangemessen.

4

Hiergegen hat die Klägerin am 21. Dezember 2011 Klage zum Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Sie begehrt die Berücksichtigung der vollständigen Unterkunftskosten. Der Angemessenheitsrichtlinie liege kein schlüssiges Konzept zugrunde. Darüber hinaus unterlasse der Beklagte eine Einzelfallbeurteilung und berücksichtige die Erkrankung der Klägerin nicht.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 monatlich weitere 37,29 EUR für Bedarfe der Unterkunft zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er selbst könne zum Zustandekommen der Verwaltungsvorschrift keine Auskunft erteilen und verweist insoweit auf die Stellungnahme des Landkreises sowie auf das beauftragte Unternehmen. Der Landkreis führt in seiner übersandten Stellungnahme aus, Konzepte des beauftragten Unternehmens seien wiederholt von Sozialgerichten bestätigt worden. Darüber hinaus stünden die erhobenen Daten in den Räumen des Landkreises zur Verfügung. Schließlich sei kein "normaler" Fall bekannt, in dem der Leistungsberechtigte nach ausreichender Suche nicht angemessenen Wohnraum gefunden hätte.

10

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

A. Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 12. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

12

I. Die Klägerin ist erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie erhält damit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II Arbeitslosengeld II, welches nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfasst.

13

II. Für die Klägerin ergibt sich im Dezember 2011 ein Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von EUR 364,00, für die Monate Januar bis Mai 2012 in Höhe von monatlich EUR 374,00 (Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2012, Bundesgesetzblatt I 2011, Seite 2093).

14

III. Hierzu ist der Bedarf für Unterkunft und Heizung zu addieren. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

15

1. Die tatsächlichen Kosten der Klägerin belaufen sich auf monatlich insgesamt EUR 356,93. Diese setzen sich aus einer Grundmiete in Höhe von EUR 226,51, Vorauszahlungen für kalte Betriebskosten in Höhe von EUR 61,78 sowie Heizkostenvorauszahlungen (inklusive Warmwasserbereitungskosten) in Höhe von EUR 68,64 zusammen.

16

2. Diese Kosten sind auch in voller Höhe zu berücksichtigen, da sie nicht unangemessen sind.

17

a) Eine Begrenzung der Bruttokaltmiete auf einen Betrag von EUR 251,00, der sich aus den "Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Wittenberg" ergibt, kommt vorliegend nicht in Betracht.

18

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R; Bundessozialgericht, Urteile vom 20. August 2009, B 14 AS 41/08 R sowie B 14 AS 65/08 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R) muss der Bestimmung der Angemessenheitswerte ein schlüssiges Konzept zugrunde liegen, welches dem Gericht zur Entscheidungsfindung vorzulegen ist. Schon dies ist, ohne dass es letztlich entscheidungserheblich wäre, hier zweifelhaft, da weder die erhobenen Daten noch die Mietwerterhebungen in diesem Verfahren vom Beklagten vorgelegt wurden. Ein Konzept liegt nach dieser Rechtsprechung vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R).

19

Bedenken der Kammer bestehen hier bereits gegen den methodischen Ansatz der Clusterbildung. In den Ausarbeitungen über die Mietwerterhebungen ist dazu ausgeführt, die "Gemeinden eines Wohnungsmarkttyps müss[t]en dabei nicht zwingend räumlich nebeneinander liegen, sondern könn[t]en sich über das Untersuchungsgebiet (Kreisgebiet) verteilen." Dies widerspricht nach Auffassung der Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bestimmung des Vergleichsraums. Danach muss der Vergleichsraum aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Mai 2011, B 14 AS 132/10 R, Rn. 25; Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, Rn. 18). Zweifelhaft ist insoweit, ob eine derartige "räumliche Nähe" auch bei einer Verteilung im Landkreis Wittenberg in Betracht käme. Weiterhin konnte auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht darlegen, wie sich aus den gewählten Indikatoren ableiten lässt, es handele sich um einen homogenen Lebens- und Wohnbereich, zumal die Kriterien der Infrastruktur und der verkehrstechnischen Verbundenheit vollständig unberücksichtigt gelassen wurden.

20

Zweifelhaft ist darüber hinaus, ob das Gericht die Mietwerterhebungen einer Entscheidung überhaupt zugrunde legen kann. Zwar hat der Beklagte zwischenzeitlich den Bedenken der Kammer (Beschluss vom 7. März 2012, S 11 AS 2428/11 ER) dahingehend Rechnung getragen, dass ein Arbeitsplatz eingerichtet wurde, an dem Interessierte die Daten einsehen können, freilich ohne diese aus dem Raum mitzunehmen. Ob dies den Anforderungen des § 128 Abs. 2 SGG entspricht, kann letztlich dahinstehen. Die Kammer hat diesbezüglich aber Bedenken. Denn es ist den Klägern wegen der Komplexität des Sachverhalts nicht möglich, die gesammelten Daten einer intensiven Prüfung zu unterziehen (ähnlich zum Recht auf Akteneinsicht Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 120 Rn. 4 a).

21

Weiterhin erschließt sich der Kammer nicht unmittelbar, warum sämtliche Wohnungen mit einer Fläche von weniger als 35 m² von den Erhebungen ausgeschlossen wurden, zumal der Quadratmeterpreis bei diesen höher als bei größeren Wohnungen sein dürfte. Auch wenn ein Leistungsberechtigter unter Umständen nicht gezwungen werden kann, in eine Wohnung dieses Zuschnitts zu ziehen, so verfälscht das Herauslassen der – auf den Quadratmeterpreis bezogen – tendenziell teureren Wohnungen aus den Erhebungen den berechneten Angemessenheitswert nach unten.

22

Jedenfalls ist nach Auffassung der Kammer der Umfang der erhobenen Daten nicht dazu geeignet, die Mietverhältnisse im Landkreis Wittenberg zuverlässig abzubilden. Nach den Ausführungen in den Mietwerterhebungen gibt es im Landkreis Wittenberg einen Bestand von 72.219 Wohnungen. Letztlich ausgewertet wurden im gesamten Landkreis 4.632 Wohnungen. Dies ist jedoch keine ausreichende Datenbasis, um die Verhältnisse des Wohnungsmarktes ausreichend sicher wiederzugeben. Das Bundessozialgericht verlangt hierfür vielmehr, dass die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn. 16).

23

Schließlich ist die reine Erhebung von Bestandsmieten nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, den Markt für Neuvermietungen zutreffend abzubilden. Für Satzungen sieht § 22 c Abs. 1 Satz 3 SGB II auch die Berücksichtigung von Neuvertragsmieten vor. Dieser Markt für Neuvermietungen ist hinsichtlich der Frage der Kostensenkungsmöglichkeiten der Maßgebende. Nach den im Auftrag des Beklagten erhobenen Daten war es schon zum Zeitpunkt der Erhebungen nicht möglich, im Bereich des Wohnungsmarkttyps 2, in dem sich die Wohnung der Klägerin befindet, ausreichend viele Wohnungen zu den berechneten Werten anzumieten. Im Erhebungszeitraum von neun Monaten wurden in diesem Bereich elf Wohnungen mit einer Wohnfläche bis 50 m² angeboten, von denen lediglich 9 %, in absoluten Zahlen also eine, den neu berechneten Angemessenheitswerten entsprach. Daraus lässt sich erkennen, dass schon zum Erhebungszeitpunkt strukturell nicht ausreichend Wohnraum zu den festgelegten Preisen verfügbar war und damit der Markt für Neuvermietungen nicht zutreffend abgebildet wurde. Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung der Kammer auch schon bei der Bestimmung des abstrakt als angemessen anzusehenden Wertes zu berücksichtigen, nicht erst bei der Frage der konkreten Angemessenheit. Denn zu beurteilen ist in diesem Zusammenhang (noch) nicht die Frage, ob aktuell Wohnungen zum jetzigen Zeitpunkt verfügbar sind, sondern die Verfügbarkeit zum Zeitpunkt der Datenerhebung. Denn nur hierdurch ließe sich nachweisen, dass der Wohnungsmarkt zutreffend abgebildet würde.

24

Dies kann auch nicht mit den Ausführungen in den Mietwerterhebungen gerechtfertigt werden, dass 40 % der Wohnungen "direkt vermarktet" würden. Auch wenn das beauftragte Unternehmen den Schluss zieht, dass die ausgewerteten Angebote teurer sind als die anmietbaren Wohnungen, so ist doch zu berücksichtigen, dass der "direkt vermarktete" Wohnraum für die Leistungsberechtigten nicht verfügbar ist. Soweit es sich hier um Interessentenlisten handeln sollte, die nach Priorität abgearbeitet werden, ergibt sich dies schon daraus, dass ein Leistungsempfänger, der zur Senkung seiner Kosten aufgefordert wird, allenfalls eine niedrige Priorität bei den Vermietern genießen wird, da er am Ende der Interessentenlisten aufgenommen werden dürfte. Darüber hinaus erschließt sich der Kammer nicht, warum es dem Beklagten nicht möglich gewesen sein soll, diese "direkt vermarkteten" Wohnungen und deren Preise zu ermitteln, die Leistungsempfänger hingegen in der Lage sein sollen, entsprechenden Wohnraum zu finden.

25

b) Andere bereite Quellen, wie beispielsweise Mietspiegel, sind für den Landkreis Wittenberg ebenfalls nicht verfügbar. In einem derartigen Fall, in dem selbst der Grundsicherungsträger nicht in der Lage oder bereit ist, die Angemessenheitsrichtlinie trotz Bedenken des Gerichts nachvollziehbar zu machen oder nachzubessern, ist es nach Auffassung der Kammer nicht Aufgabe der Sozialgerichte, für die streitgegenständlichen Zeiträume Angemessenheitsrichtlinien aufzustellen. Die Amtsermittlungspflicht der Gerichte (§ 103 Satz 1 1. Halbsatz SGG) findet insoweit ihre Grenze in den Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG); soweit das Konzept des Grundsicherungsträgers nicht schlüssig ist, geht die Ermittlungspflicht hinsichtlich des Mietmarktes nicht ohne Weiteres auf die Sozialgerichte über (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 26). Das Gericht sah sich auch nicht in der Lage, aus den erhobenen Daten eigene Angemessenheitswerte zu bestimmen. Denn die Datengrundlage ist nicht ausreichend für die Bestimmung einer abstrakten Mietobergrenze, wie bereits ausgeführt wurde.

26

Dennoch sind Unterkunftskosten nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht unbeschränkt, sondern nur bis zur Höhe der Angemessenheit zu übernehmen. Denn durch die steuerfinanzierten Grundsicherungsleistungen sollen nicht extrem hohe und damit "per se" unangemessene Unterkunftskosten getragen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2010, L 13 AS 4212/08, Rn. 33, zitiert nach Juris). Als einzige bereite Größe ist auf die Tabellenwerte zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Diese Variante stellt auch das Bundessozialgericht in seinen Entscheidungen als Grenze für die zu übernehmenden Kosten dar (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27; Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 27; Bundessozialgericht, Urteil vom 20. August 2009, B 14 AS 65/08 R, Rn. 21). Den Ausführungen des Bundessozialgerichts lässt sich nach Auffassung der Kammer dabei entnehmen, dass dieser Betrag die Kosten der Unterkunft nach oben begrenzen soll, Kosten, die hierüber liegen, mithin nicht zu übernehmen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27: "Die Grenze findet sich insoweit in den Tabellenwerten zu § 8 WoGG bzw nunmehr § 12 WoGG.").

27

Der Wohnort des Antragstellers gehört zur Mietstufe 1. Aus der Tabelle zu § 12 WoGG ergibt sich damit ein Höchstwert für die Grundmiete und kalte Betriebskosten in Höhe von monatlich EUR 292,00. Diese Angemessenheitsgrenze übersteigen die Kosten der Klägerin nicht.

28

Für die Unangemessenheit der Heizkosten ist nichts ersichtlich, so dass auch diese – wie geschehen – in voller Höhe zu berücksichtigen sind.

29

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

30

C. Die Berufung war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG vorliegt. Insbesondere kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt.


Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Kosten für Unterkunft (KdU) und Heizung im Zeitraum vom 1.12.2005 bis 30.11.2006.

2

Die verheirateten Kläger leben seit 24 Jahren in der Gemeinde G (ca 11 000 Einwohner) im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. G grenzt direkt an das Stadtgebiet der Stadt Freiburg im Breisgau (ca 220 000 Einwohner), die den Stadtkreis Freiburg bildet. Die Kläger bewohnen seit 2004 eine knapp 80 qm große, ihrem Sohn gehörende Drei-Zimmer-Wohnung, für die sie eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 572 Euro entrichten. Der Beklagte bewilligte seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdU und Heizung (Bescheid vom 27.11.2004), wies die Kläger aber gleichzeitig darauf hin, dass die Wohnung unangemessen teuer sei und die tatsächlichen Unterkunftskosten nur für eine Übergangszeit von längstens sechs Monaten übernommen werden könnten. Ab 1.7.2005 könne nur noch ein Betrag in Höhe von 306,60 Euro entsprechend einem Mietpreis von 5,11 Euro/qm für eine 60 qm große Wohnung in einem Zweipersonenhaushalt als Kaltmiete anerkannt werden. Einen erneuten Hinweis auf die für angemessen erachtete Miete sowie zur Senkung der Unterkunftskosten enthielt der Bescheid des Beklagten vom 29.4.2005, mit dem Leistungen für die Zeit vom 1.6.2005 bis 30.11.2005 bewilligt wurden. Der Antrag der Kläger auf Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.1.2006, mit dem der Beklagte für den Bewilligungszeitraum vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 nur noch KdU in Höhe von 306,60 Euro monatlich zuzüglich Nebenkosten bewilligte, war ohne Erfolg (Bescheid vom 3.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 27.7.2006). Für den weiteren Bewilligungszeitraum vom 1.6.2006 bis 30.11.2006 erkannte der Beklagte gleichfalls nur noch KdU in Höhe von 306,60 Euro an (Bescheid vom 24.5.2006; Widerspruchsbescheid vom 3.7.2006).

3

Das SG hat den Beklagten unter Änderung der Bewilligungsbescheide und Aufhebung des Bescheids vom 3.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2006 verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 30.11.2006 unter Berücksichtigung einer Kaltmiete in Höhe von 572 Euro monatlich zu gewähren (Urteil vom 18.7.2008). Ihnen sei es nicht möglich gewesen, die Wohnkosten auf das tatsächlich angemessene Maß zu senken, weil sie von dem Beklagten nicht zutreffend belehrt worden seien.

4

Das LSG hat den Beklagten unter Abänderung des Urteils des SG verurteilt, den Klägern im Zeitraum vom 1.12.2005 bis 30.11.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Zugrundelegung von Unterkunftskosten einschließlich kalter Nebenkosten in Höhe von monatlich 446,25 Euro zu gewähren, im Übrigen die Klage abgewiesen sowie die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Eine wirksame Kostensenkungsaufforderung liege vor. Der Beklagte habe in dem vorliegend streitigen Zeitraum aber kein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der angemessenen KdU und Heizung. Der von ihm angenommene Quadratmeterpreis beruhe auf Erfahrungen, Bestätigung durch die sozialhilferechtliche Rechtsprechung zum BSHG, Beobachtung des Wohnungsmarktes und der Berücksichtigung des Freiburger Mietspiegels. Für den Vergleichsraum existiere kein Mietspiegel. Für den streitigen Zeitraum von 12/2005 bis 11/2006 könne der Beklagte - auch unter Mithilfe des Gerichts - ein schlüssiges Konzept nicht mehr erarbeiten oder ein bisheriges Konzept durch Verfeinerung bzw Ergänzung der Datenerhebung verändern. Auch das Gericht könne unter Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen und -mittel im Rahmen der Amtsermittlung, insbesondere auch Einholung eines Sachverständigengutachtens, für die inzwischen vier bzw fünf Jahre zurückliegenden Zeiträume weder ein schlüssiges Konzept noch eine entsprechende Datengrundlage ermitteln. Es seien daher grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger, "nach oben" begrenzt durch die Tabellenwerte zu § 8 WoGG (Höchstbetrag der Tabelle), maßgebend, die um einen - hier angemessenen fünfprozentigen - "Sicherheitszuschlag" zu erhöhen seien. Für die Höhe des Zuschlags sei maßgeblich, dass der Ort G einerseits zu einem eher ländlich geprägten Vergleichsraum im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehöre und andererseits die bestehende räumliche und infrastrukturelle Verbindung zur Großstadt Freiburg aufweise. Ein Vergleich mit dem Mietspiegel der Stadt Freiburg ergebe, dass der Zuschlag angemessen sei. Soweit die Aufwendungen der Kläger den angemessenen Mietpreis von 446,25 Euro überstiegen, handele es sich um unangemessene Kosten, die grundsätzlich nicht mehr übernommen würden. Der Senat habe den von den Klägern im Schriftsatz vom 21.6.2010 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 22.6.2010 gestellten Beweisanträgen nicht nachgehen müssen, weil diese unzulässig seien.

5

Mit ihren Revisionen machen die Kläger eine Verletzung von § 22 SGB II, §§ 103, 128 SGG geltend. Der Beklagte habe im streitigen Zeitraum die tatsächliche Nettokaltmiete in Höhe von monatlich 572 Euro zu übernehmen. Zutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die vom Beklagten festgesetzte Angemessenheitsgrenze fehlerhaft sei. Dies führe zur Unwirksamkeit der Kostensenkungsaufforderung, weil dieser Wert auch dort genannt werde mit der Folge, dass die tatsächlichen Kosten zu übernehmen seien. Wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis komme, dass die fehlerhaft bezifferte Angemessenheitsgrenze "nicht ursächlich" dafür sei, dass sie keine angemessene Wohnung gefunden hätten, weil sie gar nicht versucht hätten, eine andere Wohnung zu finden oder die Kosten zu senken, sei dies schlicht falsch. Sie hätten sich - wie ihre Dokumentation belege - umfangreich um eine günstigere Wohnung bemüht. Das LSG habe es versäumt, sachgerechte Ermittlungen zur Situation auf dem einschlägigen Wohnungsmarkt im streitigen Zeitraum anzustellen, obwohl umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestanden habe (Hinweis auf Gutachten zum Mietspiegel 2007 der Stadt Freiburg i.Br., Gemeinderatsdrucksache G-09/024, Untersuchung des Amtes für Statistik der Stadt Freiburg i.Br. aus 2004, Untersuchung des "Runden Tisches" der Stadt Freiburg i.Br. aus 2006 und Studie des Immobilienverbandes Deutschland von 2008). Ein Rückgriff auf § 8 WoGG sei deshalb unzulässig. Bei Auswertung der Erkenntnisquellen hätte das Berufungsgericht festgestellt, dass die tatsächlichen KdU angemessen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II gewesen seien.

6

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juli 2008 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG im Wesentlichen für zutreffend. Die Stadt Freiburg i.Br. sei als Referenz- und Vergleichsmaßstab für den Flächenlandkreis Breisgau-Hochschwarzwald nicht tauglich.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

10

1. Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Bescheid vom 3.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2006, mit dem der Beklagte den Überprüfungsantrag der Kläger in Bezug auf den Bewilligungsbescheid vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.1.2006 betreffend die KdU und Heizung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 abgelehnt hat. Weiterer Verfahrensgegenstand ist der Bewilligungsbescheid vom 24.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.7.2006, wobei auch hier nur höhere Leistungen der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2006 bis 30.11.2006 im Streit sind. Bei den Leistungen der Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl zur Nichtberücksichtigung der Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte: BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11).

11

2. Ob die Kläger einen Anspruch auf (teilweise) Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.1.2006 nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 44 SGB X und damit verbundenen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 sowie für die Zeit vom 1.6.2006 bis 30.11.2006 in Abänderung des Bescheides vom 24.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.7.2006 haben, lässt sich aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar sind die Kläger Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II(idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014), weil dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des LSG zu entnehmen ist, dass sie im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet haben (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), erwerbsfähig (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II) waren und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II). Es fehlen jedoch Feststellungen sowohl zu den KdU als auch zu den Heizkosten.

12

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 15; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R , RdNr 14, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

13

Zwar reichen die Feststellungen des LSG zur angemessenen Wohnfläche (3) sowie zum Fehlen eines tragfähigen schlüssigen Konzepts des Beklagten (4) aus, nicht jedoch diejenigen zum Erkenntnisausfall zur Höhe der angemessenen Unterkunftskosten (5). Das LSG ist aber zutreffend davon ausgegangen, dass die Kostensenkungsaufforderungen des Beklagten nicht bereits zur Übernahme der tatsächlichen KdU wegen Unmöglichkeit der Kostensenkung führen (6). Sollte das LSG - nach weiterer Prüfung - auf die Tabellenwerte nach § 8 WoGG zurückgreifen, ist die Höhe des vom LSG zu den Tabellenwerten erhobenen Zuschlags zu korrigieren (7).

14

3. Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße eine Wohnfläche von 60 qm zu berücksichtigen ist. Das Land Baden-Württemberg hat keine gesetzlichen Ausführungsvorschriften erlassen, jedoch ist nach der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung vom 12.2.2002 (GABl S 240, idF vom 22.1.2004, GABl S 248) für Zweipersonenhaushalte von einer Wohnfläche von 60 qm auszugehen. An diese Regelung für die Belegung von gefördertem Wohnraum ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 SGB II anzuknüpfen.

15

4. Nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) lag dem von dem Beklagten im streitigen Zeitraum im Vergleichsraum als angemessen erachteten Quadratmeterpreis kein schlüssiges Konzept zugrunde, das den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG gerecht wird (vgl nur BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 18 ff). Die weitere Feststellung des LSG, dass sich für den streitigen Zeitraum eine entsprechende Datengrundlage zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete nicht mehr ermitteln lässt und insofern ein Erkenntnisausfall vorliegt, reicht für eine Überprüfung durch den Senat aber nicht aus.

16

5. Zwar hat der erkennende Senat für den Fall des Ausfalls von lokalen Erkenntnismöglichkeiten aufgrund von fehlenden Ermittlungen des Grundsicherungsträgers eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte für zulässig erachtet und ausdrücklich betont, dass es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger sei, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu ermitteln (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 23; BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 26; Urteil des Senats vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R , RdNr 21). Insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume (vgl zum Fehlen von Ermittlungsmöglichkeiten etwa durch Zeitablauf BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27) brauchen deshalb nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Dies entbindet jedoch nicht von nachvollziehbaren Darlegungen dazu, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht entwickelt werden kann. Auch bei der Annahme eines Fehlens von Erkenntnismöglichkeiten und -mitteln nach Würdigung der Tatsacheninstanzen muss erkennbar sein, dass das Gericht bei dieser Feststellung die generellen rechtlichen Anforderungen für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts berücksichtigt hat.

17

Hieran fehlt es vorliegend. Zwar können die Feststellungen des LSG, dass ein Mietspiegel und weitere Erkenntnismöglichkeiten und -mittel nicht vorhanden seien, insbesondere - hier - auch ein Sachverständigengutachten für die inzwischen mehrere Jahre zurückliegenden Zeiträume nicht mehr eingeholt werden könne, einen Rückgriff auf die Tabellenwerte des WoGG rechtfertigen. Den Ausführungen des LSG kann jedoch nicht zweifelsfrei entnommen werden, auf welchen Vergleichsraum sich diese Feststellungen beziehen, inwieweit es im streitigen Zeitraum - also den Jahren 2005 und 2006 - konkret an einer hinreichenden Datengrundlage fehlt und hierauf aufbauend, warum hierdurch wiederum die Entwicklung eines schlüssigen Konzepts für die hier denkbaren Vergleichsräume ausscheidet. Obgleich hierzu im sozialgerichtlichen Verfahren von den Beteiligten unterschiedliche Auffassungen vertreten worden sind, hat das LSG im Ergebnis offen gelassen, wie sich der Vergleichsraum im konkreten Fall darstellt. Auch wenn davon auszugehen ist, dass jedenfalls die Gemeinde G als Wohnort der Kläger Teil des Vergleichsraums ist, muss das LSG als Tatsacheninstanz anhand der allgemeinen rechtlichen Vorgaben für die Festlegung des Vergleichsraums (vgl hierzu BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 20 ff; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 24) bestimmen, ob hier weitere Umlandgemeinden, Teile von Freiburg bzw das gesamte Stadtgebiet von Freiburg in die Festlegung des Vergleichsraums einzubeziehen sind. Nur vor diesem Hintergrund ist erkennbar, ob die Feststellung des Erkenntnisausfalls auf einem zutreffenden rechtlichen Maßstab zur Bestimmung eines Vergleichsraums erfolgt ist. Das LSG wird mithin im wiedereröffneten Berufungsverfahren zunächst den Vergleichsraum zu bestimmen haben.

18

6. Der Senat folgt dem Berufungsgericht aber darin, dass die Kostensenkungsaufforderung des Beklagten nicht zur Übernahme der tatsächlichen KdU wegen Unmöglichkeit bzw Unzumutbarkeit der Kostensenkung führt.

19

Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überschreiten, sind diese solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der durch die Einführung des neuen S 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu S 3 wurde). Die Kläger wurden mit den Bewilligungsbescheiden vom 27.11.2004 und 29.4.2005 durch die Angabe der aus Sicht des Beklagten angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 306,60 Euro sowie über die aus seiner Sicht bestehende Rechtslage hinreichend informiert. Dies ist ausreichend. Wie die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG bereits mehrfach entschieden haben, stellt § 22 Abs 1 S 2 SGB II keine über eine Aufklärungs- und Warnfunktion hinausgehenden Anforderungen(BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 29; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 7, RdNr 20 ff; BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 40; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 16). Der Streit darüber, ob die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage zu klären, welche Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II abstrakt angemessen sind(BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R, RdNr 34).

20

7. Kommt das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu dem Ergebnis, dass ein schlüssiges Konzept für den festgelegten Vergleichsraum nicht erarbeitet werden kann, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden dann wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 WoGG (bzw für Zeiträume ab 1.1.2009 § 12 WoGG) im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt. Wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten (vgl § 5 Abs 1 WoGG aF bzw nunmehr § 9 Abs 1 WoGG) nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen(BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27 im Anschluss an BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 21). Der Sicherheitszuschlag ist im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraums erforderlich. Denn es kann beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich ist (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27).

21

Vor diesem Hintergrund ist das LSG vorliegend von unzutreffenden Kriterien zur Bestimmung des Zuschlags ausgegangen. Die in § 8 WoGG festgeschriebenen Werte erheben nicht den Anspruch, die realen Verhältnisse auf dem Markt zutreffend abzubilden. Der Sinn und Zweck des WoGG liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen (vgl Stadler/Gutekunst/ Dietrich/Fröba, WoGG, Loseblatt, 65. Lfg Mai 2011, § 12 RdNr 13). Vielmehr handelt es sich beim Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum (vgl § 1 WoGG aF). Die Höhe ist abhängig von der zu berücksichtigenden Miete, den Haushaltsmitgliedern und dem Einkommen. Übersteigt die tatsächliche Miete den in § 8 WoGG festgesetzten Betrag, bleibt der übersteigende Teil bei der Wohngeldberechnung außer Betracht. Die iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II angemessene Miete muss hingegen gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist.

22

Bei der Bestimmung des Zuschlages ist daher zu beachten, dass es sich nicht um eine einzelfallbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt, die dem LSG unter Beachtung der Verhältnisse des regionalen Wohnungsmarktes obliegt, handelt. Vielmehr ist er unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien festzulegen. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil gerade erst der Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet zur Anwendung von § 8 WoGG führt. Bereits durch die jeweiligen im WoGG verankerten Mietenstufen fließen regionale Unterschiede in die Bestimmung der zu übernehmenden KdU ein. In Anbetracht dessen erachtet der Senat für die Tabellenwerte des § 8 WoGG (rechte Spalte) einen Zuschlag in Höhe von 10 % als angemessen, aber auch ausreichend(vgl BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; ebenfalls 10 % bejahend: LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 24.4.2007 - L 7 AS 494/05; Urteil vom 11.3.2008 - L 7 AS 332/07; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 26.5.2010 - L 12 <20> SO 37/07; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 26.8.2010 - L 5 AS 4/08; Hessisches LSG Urteil vom 20.12.2010 - L 9 AS 239/08; LSG Sachsen Anhalt Urteil vom 3.3.2011 - L 5 AS 181/07; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 30.9.2011 - L 3 AS 17/09; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.12.2011 - L 25 AS 1711/07).

23

8. Da es das LSG unterlassen hat, Feststellungen zu den angemessenen Heizkosten zu treffen, kann der Senat die Höhe der den Klägern zustehenden Leistungen für die Heizung nicht überprüfen. Das LSG wird deshalb im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch die getrennt von den Unterkunftskosten auf ihre Angemessenheit zu prüfenden Heizkosten zu bestimmen haben.

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 11. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von höherem Sozialgeld im Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006.

2

Der 1997 geborene Kläger lebt mit seiner Mutter in einem Eigenheim mit einer Wohnfläche von 61 qm. Dem Kläger wurden im Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 Unterhaltsvorschussleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) in Höhe von monatlich 164 bzw 170 Euro gewährt. Die Mutter erhielt für den Kläger Kindergeld nach § 62 Abs 1 Nr 1 EStG in Höhe von 154 Euro monatlich und hatte nach dem Ende des Alg-Bezugs(19.5.2005) Einkommen aus einer Tätigkeit als Tagespflegemutter.

3

Durch Bescheid vom 24.6.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Mutter zunächst für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis 30.11.2005 Alg II und Sozialgeld. Darin enthalten waren Leistungen für Unterkunft und Heizung, unter Berücksichtigung der Darlehenszinsen zur Finanzierung des Eigenheims und der laufenden Betriebskosten, einschließlich der erforderlichen Heizöllieferungen. Die Leistungshöhe änderte der Beklagte durch Bescheide vom 25.10.2005, 3.11.2005 und 7.12.2005 ua wegen schwankender Aufwendungen für die Unterkunft und unter Nichtberücksichtigung des Einkommens der Mutter des Klägers aus der Tätigkeit als Tagespflegemutter. Zudem ergänzte er den Leistungszeitraum um elf Tage im Mai 2005 (20.5. bis 31.5.2005 wegen der Antragstellung am 19.5.2005) und bewilligte einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II. Auch für die Folgezeiträume vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 (Bescheid vom 3.11.2005) und 1.6. bis 30.11.2006 (Bescheid vom 23.5.2006) gewährte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Widersprüche des Klägers und seiner Mutter gegen diese Bescheide wies er durch einen gemeinsamen Widerspruchsbescheid vom 6.7.2006 zurück. Im Wesentlichen lehnte er es dabei ab, von dem, dem Kläger zugerechneten Einkommen in Gestalt des Unterhaltsvorschusses und des Kindergeldes Beiträge für private Versicherungen in Abzug zu bringen.

4

Mit ihrer Klage gegen diese Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sind der Kläger und seine Mutter vor dem SG erfolglos geblieben (Urteil vom 20.8.2007). Das LSG hat ihre Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 11.11.2010). Der Kläger und seine Mutter hatten im Berufungsverfahren erklärt, mit Ausnahme des ihrer Ansicht nach rechtswidrig unterbliebenen Abzugs der Beiträge zu privaten Versicherungen vom Einkommen des Klägers sei die Leistungsgewährung durch den Beklagten nicht zu beanstanden, nachdem dieser die Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlichem Umfang übernommen, das Einkommen der Mutter unberücksichtigt gelassen und den befristeten Zuschlag im gesamten Zeitraum bis zum 30.11.2006 ausgezahlt habe. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf höheres Sozialgeld habe. Die Berücksichtigung des Unterhaltsvorschusses und des Kindergeldes als Einkommen des Klägers ohne Abzüge durch den Beklagten sei rechtmäßig. Eine Versicherungspauschale sei bereits nach dem Wortlaut des § 3 Abs 1 Nr 1 Alg II-V nicht von dem Einkommen des in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden minderjährigen Klägers abzuziehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung von volljährigen, aber auch von außerhalb der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern gegenüber in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden habe der Senat nicht. Ebenso wenig sei ein Anspruch auf Abzug der konkret nachgewiesenen Beiträge nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II gegeben. Bezüglich der anteiligen Beiträge des Klägers an der Haftpflicht-, Hausrat- und Auslandskrankenversicherung in Höhe von 3,82, 7,82 und 0,71 Euro monatlich fehle es bereits an einer eigenen Versicherung des Klägers. Diese Versicherungen seien Familienversicherungen und Versicherungsnehmerin sei die Mutter. Die Zusatzkrankenversicherung in Höhe von monatlich 3,26 Euro sei dem Grunde nach nicht angemessen iS des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II. Die gesetzliche Krankenversicherung habe auch Leistungen zum Ausgleich einer Sehschwäche, wie der des Klägers zu erbringen, ggf über die Festbetragsgrenzen hinaus. Die Beschränkungen des Leistungsanspruchs nach dem SGB V, insbesondere im Hinblick auf die Ersatzbeschaffung treffe den Kläger als im streitbefangenen Zeitraum 7- bis 8-jährigen nicht. Die fondsgebundene Kinder-Rentenversicherung mit einem monatlichen Beitrag von 35 Euro unterfalle keiner Fallgestaltung des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchstabe a oder b SGB II und es handele sich primär um eine Sparanlage der Mutter, die nur sekundär auch den Ausfall der Beitragszahlerin versichere. Der Beitrag zur privaten Unfallversicherung von monatlich 8,37 Euro sei ebenfalls nicht dem Grunde nach angemessen iS des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II, denn durch die private Kinder-Unfallversicherung erfolge nicht die übliche Absicherung eines Risikos von Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze oder hier eines durch besondere Umstände geprägten Risikos. Nach einer Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft betrage die Versicherungsdichte in der privaten Unfallversicherung für Jungen im Alter von 0 bis 14 Jahren 37,6 % der Wohnbevölkerung. Dementsprechend sei der Anteil an privat versicherten Kindern aus Familien mit geringen finanziellen Mitteln geringer als 50 % und damit im Niedriglohnbereich nicht üblich.

5

Der Kläger und seine Mutter haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Die Mutter des Klägers hat ihre Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zurückgenommen. Der Kläger wendet gegen die Entscheidung des LSG ein, dass der Abschluss einer Zusatzkrankenversicherung erforderlich gewesen sei, weil die gesetzliche Krankenversicherung die erforderlichen Zahlungen für ein Brillengestell nicht übernehme. Soweit er auf ein Gratisgestell, wie bei manchen Optikern angeboten, verwiesen werde, werde bezweifelt, dass dieses auch immer zu ihm passe. Seine Mutter sei zwar Versicherungsnehmerin der fondsgebundenen Kinderrentenversicherung - Begünstigter sei jedoch er. Falle die Mutter als Beitragszahlerin aus, werde der Beitrag von der Versicherung bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres getragen. Ihm solle bei Auszahlung durch die Versicherungssumme eine angemessene Ausbildung ermöglicht werden. Die private Unfallversicherung sei zur Abdeckung von Risiken im Freizeitbereich erforderlich. Die Auslandskrankenversicherung werde bei Besuchen des Klägers bei den Verwandten in Polen benötigt. Dies gelte auch für die private Haftpflichtversicherung. Der Kläger benötige die Hausratversicherung, um im Schadensfalle Gegenstände aus seinem Zimmer durch die Versicherung ersetzt zu bekommen. Insgesamt gelte für die drei zuletzt genannten Versicherungen, dass es sich zwar um Familienversicherungen handele, die Kalkulation des Beitrags berücksichtige jedoch gerade dies, sodass der Anteil dem Kläger am Familienbeitrag herauszurechnen sei. Die Vorenthaltung des pauschalen Abzugs nach § 3 Abs 1 Nr 1 SGB II von dem Einkommen des Klägers sei verfassungswidrig, weil gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßend.

6

Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des LSG Hamburg vom 11.11.2010 sowie des Urteils des SG Hamburg vom 20.8.2007 und unter Abänderung der Bescheide des Beklagten vom 24.6.2005, 25.10.2005, 3.11.2005, 7.12.2005 und 23.5.2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2006 zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II in der Weise zu gewähren, dass bei der Berechnung des Einkommens des Klägers Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 58,98 Euro monatlich in Abzug gebracht werden.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet.

10

1. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 hat. Insbesondere sind von seinem Einkommen aus Unterhaltsvorschuss und Kindergeld weder eine Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro monatlich nach § 3 Nr 1 Alg II-V(hier in der im streitigen Zeitraum unverändert geltenden Fassung vom 20.10.2004, BGBl I 2622), noch die von ihm konkret bezifferten Versicherungsbeiträge zu privaten Versicherungen gemäß § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II(in der bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums geltenden Fassung des vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, geändert durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004, BGBl I 2014) vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Sozialgeldes in Abzug zu bringen.

11

2. Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers nach dem SGB II, wie sie der Beklagte in den Bescheiden vom 24.6.2005, 25.10.2005, 3.11.2005, 7.12.2005 und 23.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2006 festgesetzt hat. Sein Leistungsanspruch ist dabei einer vollständigen Überprüfung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu unterziehen - die Absetzbarkeit der Versicherungspauschale oder der konkret bezifferten Beiträge zu privaten Versicherungen sind kein abtrennbarer Streitgegenstand (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R, SozR 4-4300 § 428 Nr 3; vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 7 S 37; vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 9 S 74; vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38 ). Auf Grund der Antragstellung steht jedoch ausschließlich eine Erhöhung der Leistungen bis zu einem Betrag von 58,98 Euro monatlich im Revisionsverfahren im Streit. Der streitige Zeitraum erstreckt sich vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 und umfasst mehrere Bewilligungszeiträume, da der Beklagte durch den hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 6.7.2006 über sämtliche Widersprüche gegen Bescheide, betreffend die unterschiedlichen Bewilligungszeiträume bis zum 30.11.2006, entschieden hat.

12

3. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger im streitigen Zeitraum dem Grunde nach leistungsberechtigt iS des § 7 Abs 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II(in der im streitigen Zeitraum insoweit unveränderten Fassung durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er war auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II, denn er konnte seinen Bedarf nicht vollständig durch eigenes Einkommen oder durch Einkommen oder Vermögen der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II lebenden Mutter decken(§ 9 Abs 2 S 2 SGB II).

13

4. Der Beklagte hat die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers auch zutreffend berechnet.

14

Die Höhe des Sozialgeldes des Klägers hat er nach § 28 Abs 1 Nr 1 SGB II(in der insoweit bis zum Ende des hier streitigen Zeitraum unveränderten Fassung des Gesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) mit 207 Euro monatlich bestimmt und Leistungen für Unterkunft und Heizung - kopfteilig - in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG bestanden im streitigen Zeitraum keine weiteren Bedarfe, die einen darüber hinausgehenden Leistungsanspruch des Kläger hätten begründen können. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Berechnung des Sozialgeldes das Kindergeld und die Unterhaltsvorschussleistung als Einkommen des Klägers ohne weitere Abzüge berücksichtigt hat.

15

a) Nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II und weiterer hier nicht einschlägiger Sozialleistungen. Das Kindergeld nach § 62 Abs 1 Nr 1 EStG in Höhe von 154 Euro(§ 66 EStG idF der Neubekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) ist nach § 11 Abs 1 S 3 SGB II in der bis zum 1.7.2006 geltenden Fassung dem jeweiligen minderjährigen Kind zuzurechnen gewesen, soweit es bei ihm zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wurde. Nach diesem Zeitpunkt bis zum 30.11.2006 galt diese Zurechnungsregel für Kinder, die zur Bedarfsgemeinschaft gehören (Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558). Eine inhaltliche Änderung der Zurechnungsregel ist damit jedoch nicht verbunden (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 23; s auch Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drucks 16/688 S 14).

16

Soweit diese Zurechnungsregel von der nach § 62 Abs 1 Nr 1 EStG zu bestimmenden Kindergeldberechtigung abweicht, hat das BSG in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass dies grundsicherungsrechtlich geboten ist(vgl nur BSG Urteile vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 54/06 R; vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 10; vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 4). Sie bewirkt einerseits, dass die Unterhaltssicherung für minderjährige Kinder zunächst im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft erfolgt und unterstreicht andererseits, dass das Kindergeld vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden soll. Aus diesem Grunde nimmt das Kindergeld bzw auch sonstiges Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 S 3 SGB II teil und rechtfertigt sich entgegen der Auffassung der Revisionsführer auch eine vom EStG abweichende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes. Verfügt das minderjährige Kind über hinreichendes Einkommen, um seinen Bedarf nach dem SGB II zu decken, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus und erst der dann nicht benötigte Teil des Kindergeldes wird dem Kindergeldberechtigten - entsprechend den Regeln des EStG - als Einkommen zugerechnet (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Der Unterschied bei der Zurechnung des Kindergeldes zwischen § 11 Abs 1 S 3 SGB II und § 62 Abs 1 Nr 1 EStG ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden(BVerfG 14.7.2011 - 1 BvR 932/10, FamRZ 2011, 1490).

17

Der Lebensunterhaltssicherung des Kindes dient auch der Unterhaltsvorschuss nach dem UVG. Nach § 1 Abs 1 Nr 1 UVG ist zudem das Kind anspruchsberechtigt, sodass beide Leistungen als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen sind.

18

b) Dieses Einkommen ist auch dem oben dargelegten grundsicherungsrechtlichen Bedarf des Klägers ungekürzt gegenüber zu stellen. Weder ist vor der Berücksichtigung als Einkommen eine Versicherungspauschale (aa), noch sind die konkret bezifferten Beiträge zu privaten Versicherungen (bb) in Abzug zu bringen.

19

aa) Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG an, der bereits 2008 für die hier noch geltende Rechtslage entschieden hat, dass dann, wenn das Einkommen eines minderjährigen Kindes das einzige Einkommen der Bedarfsgemeinschaft ist, der Abzug der Versicherungspauschale hiervon ausscheidet. Nach § 13 Nr 3 SGB II iVm § 3 Nr 1 Alg II-V ist die Versicherungspauschale von 30 Euro nur abzusetzen von dem Einkommen des volljährigen Hilfebedürftigen und vom Einkommen des minderjährigen Hilfebedürftigen, soweit dieser nicht mit einem volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II lebt, wenn also das minderjährige Kind seinen Lebensunterhalt iS des SGB II durch eigenes Einkommen und Vermögen bestreiten kann. Diese Regelung dient dazu, den unbestimmten Rechtsbegriff der "Angemessenheit" in § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II auszufüllen. Abgestellt wird insoweit auf die Üblichkeit von Vorsorgeaufwendungen bei knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze lebenden Bürgern (vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38). Gleiches gilt, wenn durch § 3 Nr 1 Alg II-V geregelt wird, dass in einer Bedarfsgemeinschaft zumindest mit minderjährigen Kindern und einem alleinerziehenden Elternteil, der Pauschbetrag nur einmal zum Abzug gebracht werden kann, nämlich vom Einkommen des Elternteils. Es kann davon ausgegangen werden, dass private Versicherungen, wie zB Hausrat- und Haftpflichtversicherung in einer Bedarfsgemeinschaft, nur einmal vorhanden sind und zumindest die haushaltsangehörigen minderjährigen Kinder mit erfassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 3; Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R). Bei fehlenden Einkünften der Eltern kann das zwar dazu führen, dass ein Pauschalabzug für Versicherungen nicht in Betracht kommt. Hiergegen bestehen im Hinblick auf die schon dargelegte Systematik des Gesetzes und den Sinn und Zweck von Kindergeld oder Unterhaltsvorschuss jedoch keine durchgreifenden Bedenken.

20

Wenn das Einkommen des Kindes nicht ausreicht, um seinen Lebensunterhalt zu sichern und es damit Angehöriger der Bedarfsgemeinschaft bleibt, also auf Hilfe über die Bedarfsgemeinschaft angewiesen ist, soll aus dem in erster Linie seiner Existenzsicherung dienenden Einkommen keine Versicherung der Familie finanziert werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 4). Die Regelung des § 3 Abs 1 Nr 1 Alg II-V soll zudem ebenso wie § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II nicht leistungserhöhend wirken(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3), sondern nur dann, wenn Einkommen erzielt wird, im Regelfall aus Erwerbstätigkeit, letztendlich einen speziellen "Freibetrag" durch Gewährung einer Absetzungsmöglichkeit schaffen.

21

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 3 Nr 1 Alg II-V in der hier anzuwendenden Fassung hat der Senat nicht. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG ist, wie das BSG bereits entschieden hat (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 4), nicht gegeben. Dies gilt sowohl für minderjährige Kindergeldbezieher im Verhältnis zu volljährigen Beziehern von Einkommen, die beide Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind, als auch für minderjährige Kindergeldbezieher, die Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sind, gegenüber solchen, die wegen der Höhe ihres Einkommens außerhalb dieser stehen.

22

Es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen minderjährigen Kindergeldbeziehern und volljährigen Einkommens- oder Kindergeldbeziehern, die beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind. Wie oben bereits dargelegt gilt für minderjährige Bezieher von Kindergeld, dass deren Bedarf vorrangig ohne Leistungen nach dem SGB II gedeckt werden soll (Bekämpfung von Kinderarmut). Aufwendungen für Versicherungen müssen daher bei minderjährigen Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern hinter den Aufwendungen für ihren Lebensunterhalt zurückstehen.

23

Können minderjährige Kinder ihren Bedarf hingegen aus eigenem Einkommen und Vermögen decken, wird bei ihnen auch eine Pauschale für Versicherungen in Abzug gebracht. Werden sie dadurch wiederum hilfebedürftig und Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft, so fällt in der Bedarfsgemeinschaft zumindest einmal die Pauschale für Beiträge zu privaten Versicherungen an. Da die Versicherungspauschale zudem unabhängig davon in Abzug zu bringen ist, ob tatsächlich Beiträge zu privaten Versicherungen aufgewendet worden sind, kann hierin zumindest kein Anknüpfungspunkt für eine Forderung nach Gleichbehandlung erkannt werden (s auch BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 23).

24

bb) Aus diesen Gründen kann nach der hier geltenden Rechtslage zumindest dann nichts anderes gelten, wenn tatsächlich Beiträge für private Familienversicherungen gezahlt worden sind, soweit das Kindergeld bzw das sonstige Einkommen des Kindes die einzigen Einnahmequellen außerhalb der Leistungen für Grundsicherung sind. Die Zweckbestimmung des Kindergeldes ändert sich hierdurch nicht.

25

Das LSG hat daher zutreffend entschieden, dass in konkreter Höhe bestimmte anteilige Beiträge für Familienversicherungen nicht vom Einkommen des minderjährigen Kindes, das in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, in Abzug zu bringen sind. Dies gilt - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen hat - im vorliegenden Fall für die Haftpflicht-, Hausrat- und Familienauslandsversicherung. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung nun vorbringt, in die Kalkulation der Versicherungsprämien dieser Versicherungen sei ein erhöhtes Schadensrisiko durch mehrere Familienmitglieder eingeflossen, ist dieser Vortrag für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Denn die Einbeziehung des Klägers in die Versicherungen hat - wie er in den Tatsacheninstanzen selbst eingeräumt hat - nicht zu einer Beitragserhöhung geführt.

26

cc) Inwieweit unabhängig von dem hier ausgeschlossenen Pauschalabzug nach § 3 Nr 1 Alg II-V gemäß § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II konkret nachgewiesene Beiträge für Versicherungen, die für den Kläger abgeschlossen worden sind, dessen zu berücksichtigendes Einkommen mindern, bedarf ebenso wenig der Erörterung, wie die Frage, ob aus der ab dem 1.8.2009 geänderten Rechtslage durch § 6 Abs 1 Nr 2 Alg II-V idF der zweiten Alg II-Änderungsverordnung vom 23.7.2009 (BGBl I 2340) folgt, dass auch schon im hier streitigen Zeitraum bei konkretem Nachweis der eigenen Versicherung des Kindes ein Pauschalabzug vorzunehmen ist. Die von dem Kläger über die anteiligen Beiträge zu den Familienversicherungen hinaus jeweils geltend gemachten Beiträge zu der privaten Zusatzkranken-, Kinderunfall- und fondsgestützten Kinderrentenversicherung sind - wie das LSG ebenfalls zutreffend entschieden hat - bereits dem Grunde nach nicht angemessen. Die Angemessenheit der Beitragszahlung - sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach - ist nach beiden Vorschriften Voraussetzung für die Absetzung vom zu berücksichtigenden Einkommen. § 6 Abs 1 Nr 2 Alg II-V sieht nun den Abzug eines Pauschbetrags in Höhe von 30 Euro monatlich von dem Einkommen Minderjähriger für Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II vor, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der oder die Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat. Nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II waren im streitigen Zeitraum Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen vom Einkommen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind.

27

Zur Bestimmung der grundsicherungsrechtlichen Angemessenheit einer privaten Unfallversicherung für Kinder und Jugendliche hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen (in Anschluss an und Fortführung von BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R, BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38), dass sie davon abhängt, ob eine solche Vorsorgeaufwendung üblicherweise von Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze getätigt wird oder die individuellen Lebensverhältnisse den Abschluss einer derartigen Versicherung bedingen. Letzteres hat das LSG durch die Revision unangegriffen ausgeschlossen. Der Revisionsführer hat jedoch auch die Feststellung des LSG nicht als verfahrensfehlerhaft gerügt, dass es bei Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze nicht üblich sei, eine private Kinderunfallversicherung abzuschließen. Das LSG hat aus der Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft eV vom 8.11.2010, im Jahre 2008 habe eine Versicherungsdichte insoweit für Jungen im Alter von 0 bis 14 Jahren von 37,6 % der Wohnbevölkerung Deutschlands bestanden, den Schluss gezogen, dass bereits in der Bevölkerung insgesamt und damit erst recht im Bereich der Familien mit Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze keine Üblichkeit des Abschlusses einer derartigen Versicherung erkennbar sei.

28

Die fondsgestützte Kinderrentenversicherung ist zwar keine Familienversicherung. Sie weist nach den Feststellungen des LSG den Kläger als Begünstigten aus. Versicherungsnehmerin und Beitragszahlerin ist jedoch seine Mutter, sodass auch nur deren Einkommen aktuell durch die Entrichtung von Beiträgen hierfür belastet wird. Letztlich sichert diese Versicherung in erster Linie ihr Risiko des Ausfalls der Fähigkeit, Beiträge zu leisten, ab. Denn in einem solchen Fall würde die Beitragszahlung nach den Feststellungen des LSG von dem Versicherer bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Klägers zu 2 übernommen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung von Berufungsgericht und des Klägers nicht darauf an, ob die Mutter eine Verpflichtung träfe, den Ausbildungsunterhalt des Klägers zu finanzieren, denn sie hat sich unabhängig davon entschieden, hier private Vorsorge leisten zu wollen. Letztlich handelt es sich - abgesehen von der soeben umschriebenen Ausbildungsfinanzierung - bei der fondsgebundenen Kinderrentenversicherung nach den Feststellungen des LSG jedoch um eine kapitalbildende Sparanlage. Ebenso wenig wie Beiträge für eine sonstige Sparanlage vom Einkommen nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II absetzbar sind, sind es auch die hier im Streit stehenden Beiträge zu einer kapitalbildenden Versicherung. Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst b oder Nr 4 SGB II, in denen ausnahmsweise auch Vorsorgebeiträge vom zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden können, nicht vorliegen. Der Kläger ist nicht versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern nicht versicherungspflichtig und die hier im Streit stehende Versicherung ist keine geförderte Altersvorsorge iS von § 82 EStG.

29

Bei der Zusatzkrankenversicherung handelt es sich ebenfalls nicht um eine dem Grunde nach angemessene Versicherung, für die Beiträge vom Einkommen eines minderjährigen Kindes abgesetzt werden könnten. Zutreffend hat das LSG insoweit darauf hingewiesen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum familienversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und seine medizinische Versorgung im Krankheitsfall damit sichergestellt war. Die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a SGB II waren mithin nicht gegeben.

30

Auch verwirklicht sich beim Kläger kein gesundheitliches Risiko, dass eine zusätzliche Absicherung über die der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus erforderlich machen könnte. Das einzige gesundheitliche Risiko, das der Kläger selbst als Grund für den Abschluss einer Zusatzkrankenversicherung anführt, ist seine Sehschwäche. Diese ist jedoch weder nach den Feststellungen des LSG, die der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen hat, noch nach seinem Vorbringen in der Revisionsbegründung so ausgeprägt, dass sie eine zusätzliche Absicherung erforderte. Er benötigt die Zusatzversicherung nur um den Erwerb von Brillengestellen zu finanzieren, die, wie er selbst ausführt - im einfachen Standard - sogar kostenlos angeboten würden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um persönliche Lebensumstände iS der Rechtsprechung, die der erkennende Senat zur privaten Kinderunfallversicherung entwickelt hat (in Anschluss an und Fortführung von BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R, BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38), die einen Abzug der Versicherungsbeiträge vom Einkommen zu Lasten der Unterhaltssicherung eines minderjährigen Kindes und des Steuerzahlers rechtfertigen könnten.

31

Das alternativ zu den persönlichen Umständen entwickelte Kriterium der Üblichkeit einer derartigen Absicherung bei Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze hat das LSG zu Recht an dieser Stelle unberücksichtigt gelassen. Üblichkeit iS der Angemessenheit nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II setzt immer voraus, dass eine auszugleichende Versorgungslücke oder ein nicht gesichertes Risiko gegeben ist. Die Versicherung soll im vorliegenden Fall jedoch einzig zur Finanzierung eines höherwertigen - über den einfachen Standard hinausgehenden - "Gebrauchsgutes" eingesetzt werden und nicht zum Auffüllen einer Versorgungslücke oder eines anderen erheblichen Risikos. Der Ausgleich der Sehschwäche - also des "Risikos" selbst - erfolgte für den im streitigen Zeitraum noch unter 14 Jahre alten Kläger vollständig durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, da er noch nicht von den Beschränkungen des regelmäßigen Ersatzes der Brille nach § 33 Abs 4 SGB V nur bei einer Veränderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien erfasst war.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten,
6.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes
7.
Erbschaften.

(2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen

1.
die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a)
für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b)
für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
2.
die Leistungen nach § 23 des Achten Buches,
3.
die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke; § 14b Absatz 2 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bleibt unberührt,
4.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch mit Ausnahme der Bedarfe nach § 64 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches sowie
5.
Reisekosten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 127 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches in Verbindung mit § 73 des Neunten Buches.

(4) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1.
ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2.
sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(6) Überbrückungsgeld nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbare Leistungen nach landesrechtlichen Regelungen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 11. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von höherem Sozialgeld im Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006.

2

Der 1997 geborene Kläger lebt mit seiner Mutter in einem Eigenheim mit einer Wohnfläche von 61 qm. Dem Kläger wurden im Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 Unterhaltsvorschussleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) in Höhe von monatlich 164 bzw 170 Euro gewährt. Die Mutter erhielt für den Kläger Kindergeld nach § 62 Abs 1 Nr 1 EStG in Höhe von 154 Euro monatlich und hatte nach dem Ende des Alg-Bezugs(19.5.2005) Einkommen aus einer Tätigkeit als Tagespflegemutter.

3

Durch Bescheid vom 24.6.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Mutter zunächst für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis 30.11.2005 Alg II und Sozialgeld. Darin enthalten waren Leistungen für Unterkunft und Heizung, unter Berücksichtigung der Darlehenszinsen zur Finanzierung des Eigenheims und der laufenden Betriebskosten, einschließlich der erforderlichen Heizöllieferungen. Die Leistungshöhe änderte der Beklagte durch Bescheide vom 25.10.2005, 3.11.2005 und 7.12.2005 ua wegen schwankender Aufwendungen für die Unterkunft und unter Nichtberücksichtigung des Einkommens der Mutter des Klägers aus der Tätigkeit als Tagespflegemutter. Zudem ergänzte er den Leistungszeitraum um elf Tage im Mai 2005 (20.5. bis 31.5.2005 wegen der Antragstellung am 19.5.2005) und bewilligte einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II. Auch für die Folgezeiträume vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 (Bescheid vom 3.11.2005) und 1.6. bis 30.11.2006 (Bescheid vom 23.5.2006) gewährte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Widersprüche des Klägers und seiner Mutter gegen diese Bescheide wies er durch einen gemeinsamen Widerspruchsbescheid vom 6.7.2006 zurück. Im Wesentlichen lehnte er es dabei ab, von dem, dem Kläger zugerechneten Einkommen in Gestalt des Unterhaltsvorschusses und des Kindergeldes Beiträge für private Versicherungen in Abzug zu bringen.

4

Mit ihrer Klage gegen diese Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sind der Kläger und seine Mutter vor dem SG erfolglos geblieben (Urteil vom 20.8.2007). Das LSG hat ihre Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 11.11.2010). Der Kläger und seine Mutter hatten im Berufungsverfahren erklärt, mit Ausnahme des ihrer Ansicht nach rechtswidrig unterbliebenen Abzugs der Beiträge zu privaten Versicherungen vom Einkommen des Klägers sei die Leistungsgewährung durch den Beklagten nicht zu beanstanden, nachdem dieser die Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlichem Umfang übernommen, das Einkommen der Mutter unberücksichtigt gelassen und den befristeten Zuschlag im gesamten Zeitraum bis zum 30.11.2006 ausgezahlt habe. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf höheres Sozialgeld habe. Die Berücksichtigung des Unterhaltsvorschusses und des Kindergeldes als Einkommen des Klägers ohne Abzüge durch den Beklagten sei rechtmäßig. Eine Versicherungspauschale sei bereits nach dem Wortlaut des § 3 Abs 1 Nr 1 Alg II-V nicht von dem Einkommen des in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden minderjährigen Klägers abzuziehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung von volljährigen, aber auch von außerhalb der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern gegenüber in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden habe der Senat nicht. Ebenso wenig sei ein Anspruch auf Abzug der konkret nachgewiesenen Beiträge nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II gegeben. Bezüglich der anteiligen Beiträge des Klägers an der Haftpflicht-, Hausrat- und Auslandskrankenversicherung in Höhe von 3,82, 7,82 und 0,71 Euro monatlich fehle es bereits an einer eigenen Versicherung des Klägers. Diese Versicherungen seien Familienversicherungen und Versicherungsnehmerin sei die Mutter. Die Zusatzkrankenversicherung in Höhe von monatlich 3,26 Euro sei dem Grunde nach nicht angemessen iS des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II. Die gesetzliche Krankenversicherung habe auch Leistungen zum Ausgleich einer Sehschwäche, wie der des Klägers zu erbringen, ggf über die Festbetragsgrenzen hinaus. Die Beschränkungen des Leistungsanspruchs nach dem SGB V, insbesondere im Hinblick auf die Ersatzbeschaffung treffe den Kläger als im streitbefangenen Zeitraum 7- bis 8-jährigen nicht. Die fondsgebundene Kinder-Rentenversicherung mit einem monatlichen Beitrag von 35 Euro unterfalle keiner Fallgestaltung des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchstabe a oder b SGB II und es handele sich primär um eine Sparanlage der Mutter, die nur sekundär auch den Ausfall der Beitragszahlerin versichere. Der Beitrag zur privaten Unfallversicherung von monatlich 8,37 Euro sei ebenfalls nicht dem Grunde nach angemessen iS des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II, denn durch die private Kinder-Unfallversicherung erfolge nicht die übliche Absicherung eines Risikos von Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze oder hier eines durch besondere Umstände geprägten Risikos. Nach einer Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft betrage die Versicherungsdichte in der privaten Unfallversicherung für Jungen im Alter von 0 bis 14 Jahren 37,6 % der Wohnbevölkerung. Dementsprechend sei der Anteil an privat versicherten Kindern aus Familien mit geringen finanziellen Mitteln geringer als 50 % und damit im Niedriglohnbereich nicht üblich.

5

Der Kläger und seine Mutter haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Die Mutter des Klägers hat ihre Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zurückgenommen. Der Kläger wendet gegen die Entscheidung des LSG ein, dass der Abschluss einer Zusatzkrankenversicherung erforderlich gewesen sei, weil die gesetzliche Krankenversicherung die erforderlichen Zahlungen für ein Brillengestell nicht übernehme. Soweit er auf ein Gratisgestell, wie bei manchen Optikern angeboten, verwiesen werde, werde bezweifelt, dass dieses auch immer zu ihm passe. Seine Mutter sei zwar Versicherungsnehmerin der fondsgebundenen Kinderrentenversicherung - Begünstigter sei jedoch er. Falle die Mutter als Beitragszahlerin aus, werde der Beitrag von der Versicherung bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres getragen. Ihm solle bei Auszahlung durch die Versicherungssumme eine angemessene Ausbildung ermöglicht werden. Die private Unfallversicherung sei zur Abdeckung von Risiken im Freizeitbereich erforderlich. Die Auslandskrankenversicherung werde bei Besuchen des Klägers bei den Verwandten in Polen benötigt. Dies gelte auch für die private Haftpflichtversicherung. Der Kläger benötige die Hausratversicherung, um im Schadensfalle Gegenstände aus seinem Zimmer durch die Versicherung ersetzt zu bekommen. Insgesamt gelte für die drei zuletzt genannten Versicherungen, dass es sich zwar um Familienversicherungen handele, die Kalkulation des Beitrags berücksichtige jedoch gerade dies, sodass der Anteil dem Kläger am Familienbeitrag herauszurechnen sei. Die Vorenthaltung des pauschalen Abzugs nach § 3 Abs 1 Nr 1 SGB II von dem Einkommen des Klägers sei verfassungswidrig, weil gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßend.

6

Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des LSG Hamburg vom 11.11.2010 sowie des Urteils des SG Hamburg vom 20.8.2007 und unter Abänderung der Bescheide des Beklagten vom 24.6.2005, 25.10.2005, 3.11.2005, 7.12.2005 und 23.5.2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2006 zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II in der Weise zu gewähren, dass bei der Berechnung des Einkommens des Klägers Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 58,98 Euro monatlich in Abzug gebracht werden.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet.

10

1. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 hat. Insbesondere sind von seinem Einkommen aus Unterhaltsvorschuss und Kindergeld weder eine Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro monatlich nach § 3 Nr 1 Alg II-V(hier in der im streitigen Zeitraum unverändert geltenden Fassung vom 20.10.2004, BGBl I 2622), noch die von ihm konkret bezifferten Versicherungsbeiträge zu privaten Versicherungen gemäß § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II(in der bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums geltenden Fassung des vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, geändert durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004, BGBl I 2014) vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Sozialgeldes in Abzug zu bringen.

11

2. Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers nach dem SGB II, wie sie der Beklagte in den Bescheiden vom 24.6.2005, 25.10.2005, 3.11.2005, 7.12.2005 und 23.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2006 festgesetzt hat. Sein Leistungsanspruch ist dabei einer vollständigen Überprüfung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu unterziehen - die Absetzbarkeit der Versicherungspauschale oder der konkret bezifferten Beiträge zu privaten Versicherungen sind kein abtrennbarer Streitgegenstand (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R, SozR 4-4300 § 428 Nr 3; vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 7 S 37; vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 9 S 74; vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38 ). Auf Grund der Antragstellung steht jedoch ausschließlich eine Erhöhung der Leistungen bis zu einem Betrag von 58,98 Euro monatlich im Revisionsverfahren im Streit. Der streitige Zeitraum erstreckt sich vom 20.5.2005 bis 30.11.2006 und umfasst mehrere Bewilligungszeiträume, da der Beklagte durch den hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 6.7.2006 über sämtliche Widersprüche gegen Bescheide, betreffend die unterschiedlichen Bewilligungszeiträume bis zum 30.11.2006, entschieden hat.

12

3. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger im streitigen Zeitraum dem Grunde nach leistungsberechtigt iS des § 7 Abs 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II(in der im streitigen Zeitraum insoweit unveränderten Fassung durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er war auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II, denn er konnte seinen Bedarf nicht vollständig durch eigenes Einkommen oder durch Einkommen oder Vermögen der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II lebenden Mutter decken(§ 9 Abs 2 S 2 SGB II).

13

4. Der Beklagte hat die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers auch zutreffend berechnet.

14

Die Höhe des Sozialgeldes des Klägers hat er nach § 28 Abs 1 Nr 1 SGB II(in der insoweit bis zum Ende des hier streitigen Zeitraum unveränderten Fassung des Gesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) mit 207 Euro monatlich bestimmt und Leistungen für Unterkunft und Heizung - kopfteilig - in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG bestanden im streitigen Zeitraum keine weiteren Bedarfe, die einen darüber hinausgehenden Leistungsanspruch des Kläger hätten begründen können. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Berechnung des Sozialgeldes das Kindergeld und die Unterhaltsvorschussleistung als Einkommen des Klägers ohne weitere Abzüge berücksichtigt hat.

15

a) Nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II und weiterer hier nicht einschlägiger Sozialleistungen. Das Kindergeld nach § 62 Abs 1 Nr 1 EStG in Höhe von 154 Euro(§ 66 EStG idF der Neubekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) ist nach § 11 Abs 1 S 3 SGB II in der bis zum 1.7.2006 geltenden Fassung dem jeweiligen minderjährigen Kind zuzurechnen gewesen, soweit es bei ihm zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wurde. Nach diesem Zeitpunkt bis zum 30.11.2006 galt diese Zurechnungsregel für Kinder, die zur Bedarfsgemeinschaft gehören (Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558). Eine inhaltliche Änderung der Zurechnungsregel ist damit jedoch nicht verbunden (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 23; s auch Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drucks 16/688 S 14).

16

Soweit diese Zurechnungsregel von der nach § 62 Abs 1 Nr 1 EStG zu bestimmenden Kindergeldberechtigung abweicht, hat das BSG in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass dies grundsicherungsrechtlich geboten ist(vgl nur BSG Urteile vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 54/06 R; vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 10; vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 4). Sie bewirkt einerseits, dass die Unterhaltssicherung für minderjährige Kinder zunächst im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft erfolgt und unterstreicht andererseits, dass das Kindergeld vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden soll. Aus diesem Grunde nimmt das Kindergeld bzw auch sonstiges Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 S 3 SGB II teil und rechtfertigt sich entgegen der Auffassung der Revisionsführer auch eine vom EStG abweichende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes. Verfügt das minderjährige Kind über hinreichendes Einkommen, um seinen Bedarf nach dem SGB II zu decken, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus und erst der dann nicht benötigte Teil des Kindergeldes wird dem Kindergeldberechtigten - entsprechend den Regeln des EStG - als Einkommen zugerechnet (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Der Unterschied bei der Zurechnung des Kindergeldes zwischen § 11 Abs 1 S 3 SGB II und § 62 Abs 1 Nr 1 EStG ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden(BVerfG 14.7.2011 - 1 BvR 932/10, FamRZ 2011, 1490).

17

Der Lebensunterhaltssicherung des Kindes dient auch der Unterhaltsvorschuss nach dem UVG. Nach § 1 Abs 1 Nr 1 UVG ist zudem das Kind anspruchsberechtigt, sodass beide Leistungen als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen sind.

18

b) Dieses Einkommen ist auch dem oben dargelegten grundsicherungsrechtlichen Bedarf des Klägers ungekürzt gegenüber zu stellen. Weder ist vor der Berücksichtigung als Einkommen eine Versicherungspauschale (aa), noch sind die konkret bezifferten Beiträge zu privaten Versicherungen (bb) in Abzug zu bringen.

19

aa) Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG an, der bereits 2008 für die hier noch geltende Rechtslage entschieden hat, dass dann, wenn das Einkommen eines minderjährigen Kindes das einzige Einkommen der Bedarfsgemeinschaft ist, der Abzug der Versicherungspauschale hiervon ausscheidet. Nach § 13 Nr 3 SGB II iVm § 3 Nr 1 Alg II-V ist die Versicherungspauschale von 30 Euro nur abzusetzen von dem Einkommen des volljährigen Hilfebedürftigen und vom Einkommen des minderjährigen Hilfebedürftigen, soweit dieser nicht mit einem volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II lebt, wenn also das minderjährige Kind seinen Lebensunterhalt iS des SGB II durch eigenes Einkommen und Vermögen bestreiten kann. Diese Regelung dient dazu, den unbestimmten Rechtsbegriff der "Angemessenheit" in § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II auszufüllen. Abgestellt wird insoweit auf die Üblichkeit von Vorsorgeaufwendungen bei knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze lebenden Bürgern (vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38). Gleiches gilt, wenn durch § 3 Nr 1 Alg II-V geregelt wird, dass in einer Bedarfsgemeinschaft zumindest mit minderjährigen Kindern und einem alleinerziehenden Elternteil, der Pauschbetrag nur einmal zum Abzug gebracht werden kann, nämlich vom Einkommen des Elternteils. Es kann davon ausgegangen werden, dass private Versicherungen, wie zB Hausrat- und Haftpflichtversicherung in einer Bedarfsgemeinschaft, nur einmal vorhanden sind und zumindest die haushaltsangehörigen minderjährigen Kinder mit erfassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 3; Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R). Bei fehlenden Einkünften der Eltern kann das zwar dazu führen, dass ein Pauschalabzug für Versicherungen nicht in Betracht kommt. Hiergegen bestehen im Hinblick auf die schon dargelegte Systematik des Gesetzes und den Sinn und Zweck von Kindergeld oder Unterhaltsvorschuss jedoch keine durchgreifenden Bedenken.

20

Wenn das Einkommen des Kindes nicht ausreicht, um seinen Lebensunterhalt zu sichern und es damit Angehöriger der Bedarfsgemeinschaft bleibt, also auf Hilfe über die Bedarfsgemeinschaft angewiesen ist, soll aus dem in erster Linie seiner Existenzsicherung dienenden Einkommen keine Versicherung der Familie finanziert werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 4). Die Regelung des § 3 Abs 1 Nr 1 Alg II-V soll zudem ebenso wie § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II nicht leistungserhöhend wirken(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3), sondern nur dann, wenn Einkommen erzielt wird, im Regelfall aus Erwerbstätigkeit, letztendlich einen speziellen "Freibetrag" durch Gewährung einer Absetzungsmöglichkeit schaffen.

21

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 3 Nr 1 Alg II-V in der hier anzuwendenden Fassung hat der Senat nicht. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG ist, wie das BSG bereits entschieden hat (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 4), nicht gegeben. Dies gilt sowohl für minderjährige Kindergeldbezieher im Verhältnis zu volljährigen Beziehern von Einkommen, die beide Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind, als auch für minderjährige Kindergeldbezieher, die Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sind, gegenüber solchen, die wegen der Höhe ihres Einkommens außerhalb dieser stehen.

22

Es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen minderjährigen Kindergeldbeziehern und volljährigen Einkommens- oder Kindergeldbeziehern, die beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind. Wie oben bereits dargelegt gilt für minderjährige Bezieher von Kindergeld, dass deren Bedarf vorrangig ohne Leistungen nach dem SGB II gedeckt werden soll (Bekämpfung von Kinderarmut). Aufwendungen für Versicherungen müssen daher bei minderjährigen Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern hinter den Aufwendungen für ihren Lebensunterhalt zurückstehen.

23

Können minderjährige Kinder ihren Bedarf hingegen aus eigenem Einkommen und Vermögen decken, wird bei ihnen auch eine Pauschale für Versicherungen in Abzug gebracht. Werden sie dadurch wiederum hilfebedürftig und Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft, so fällt in der Bedarfsgemeinschaft zumindest einmal die Pauschale für Beiträge zu privaten Versicherungen an. Da die Versicherungspauschale zudem unabhängig davon in Abzug zu bringen ist, ob tatsächlich Beiträge zu privaten Versicherungen aufgewendet worden sind, kann hierin zumindest kein Anknüpfungspunkt für eine Forderung nach Gleichbehandlung erkannt werden (s auch BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 23).

24

bb) Aus diesen Gründen kann nach der hier geltenden Rechtslage zumindest dann nichts anderes gelten, wenn tatsächlich Beiträge für private Familienversicherungen gezahlt worden sind, soweit das Kindergeld bzw das sonstige Einkommen des Kindes die einzigen Einnahmequellen außerhalb der Leistungen für Grundsicherung sind. Die Zweckbestimmung des Kindergeldes ändert sich hierdurch nicht.

25

Das LSG hat daher zutreffend entschieden, dass in konkreter Höhe bestimmte anteilige Beiträge für Familienversicherungen nicht vom Einkommen des minderjährigen Kindes, das in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, in Abzug zu bringen sind. Dies gilt - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen hat - im vorliegenden Fall für die Haftpflicht-, Hausrat- und Familienauslandsversicherung. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung nun vorbringt, in die Kalkulation der Versicherungsprämien dieser Versicherungen sei ein erhöhtes Schadensrisiko durch mehrere Familienmitglieder eingeflossen, ist dieser Vortrag für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Denn die Einbeziehung des Klägers in die Versicherungen hat - wie er in den Tatsacheninstanzen selbst eingeräumt hat - nicht zu einer Beitragserhöhung geführt.

26

cc) Inwieweit unabhängig von dem hier ausgeschlossenen Pauschalabzug nach § 3 Nr 1 Alg II-V gemäß § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II konkret nachgewiesene Beiträge für Versicherungen, die für den Kläger abgeschlossen worden sind, dessen zu berücksichtigendes Einkommen mindern, bedarf ebenso wenig der Erörterung, wie die Frage, ob aus der ab dem 1.8.2009 geänderten Rechtslage durch § 6 Abs 1 Nr 2 Alg II-V idF der zweiten Alg II-Änderungsverordnung vom 23.7.2009 (BGBl I 2340) folgt, dass auch schon im hier streitigen Zeitraum bei konkretem Nachweis der eigenen Versicherung des Kindes ein Pauschalabzug vorzunehmen ist. Die von dem Kläger über die anteiligen Beiträge zu den Familienversicherungen hinaus jeweils geltend gemachten Beiträge zu der privaten Zusatzkranken-, Kinderunfall- und fondsgestützten Kinderrentenversicherung sind - wie das LSG ebenfalls zutreffend entschieden hat - bereits dem Grunde nach nicht angemessen. Die Angemessenheit der Beitragszahlung - sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach - ist nach beiden Vorschriften Voraussetzung für die Absetzung vom zu berücksichtigenden Einkommen. § 6 Abs 1 Nr 2 Alg II-V sieht nun den Abzug eines Pauschbetrags in Höhe von 30 Euro monatlich von dem Einkommen Minderjähriger für Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II vor, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der oder die Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat. Nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II waren im streitigen Zeitraum Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen vom Einkommen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind.

27

Zur Bestimmung der grundsicherungsrechtlichen Angemessenheit einer privaten Unfallversicherung für Kinder und Jugendliche hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen (in Anschluss an und Fortführung von BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R, BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38), dass sie davon abhängt, ob eine solche Vorsorgeaufwendung üblicherweise von Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze getätigt wird oder die individuellen Lebensverhältnisse den Abschluss einer derartigen Versicherung bedingen. Letzteres hat das LSG durch die Revision unangegriffen ausgeschlossen. Der Revisionsführer hat jedoch auch die Feststellung des LSG nicht als verfahrensfehlerhaft gerügt, dass es bei Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze nicht üblich sei, eine private Kinderunfallversicherung abzuschließen. Das LSG hat aus der Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft eV vom 8.11.2010, im Jahre 2008 habe eine Versicherungsdichte insoweit für Jungen im Alter von 0 bis 14 Jahren von 37,6 % der Wohnbevölkerung Deutschlands bestanden, den Schluss gezogen, dass bereits in der Bevölkerung insgesamt und damit erst recht im Bereich der Familien mit Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze keine Üblichkeit des Abschlusses einer derartigen Versicherung erkennbar sei.

28

Die fondsgestützte Kinderrentenversicherung ist zwar keine Familienversicherung. Sie weist nach den Feststellungen des LSG den Kläger als Begünstigten aus. Versicherungsnehmerin und Beitragszahlerin ist jedoch seine Mutter, sodass auch nur deren Einkommen aktuell durch die Entrichtung von Beiträgen hierfür belastet wird. Letztlich sichert diese Versicherung in erster Linie ihr Risiko des Ausfalls der Fähigkeit, Beiträge zu leisten, ab. Denn in einem solchen Fall würde die Beitragszahlung nach den Feststellungen des LSG von dem Versicherer bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Klägers zu 2 übernommen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung von Berufungsgericht und des Klägers nicht darauf an, ob die Mutter eine Verpflichtung träfe, den Ausbildungsunterhalt des Klägers zu finanzieren, denn sie hat sich unabhängig davon entschieden, hier private Vorsorge leisten zu wollen. Letztlich handelt es sich - abgesehen von der soeben umschriebenen Ausbildungsfinanzierung - bei der fondsgebundenen Kinderrentenversicherung nach den Feststellungen des LSG jedoch um eine kapitalbildende Sparanlage. Ebenso wenig wie Beiträge für eine sonstige Sparanlage vom Einkommen nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II absetzbar sind, sind es auch die hier im Streit stehenden Beiträge zu einer kapitalbildenden Versicherung. Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst b oder Nr 4 SGB II, in denen ausnahmsweise auch Vorsorgebeiträge vom zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden können, nicht vorliegen. Der Kläger ist nicht versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern nicht versicherungspflichtig und die hier im Streit stehende Versicherung ist keine geförderte Altersvorsorge iS von § 82 EStG.

29

Bei der Zusatzkrankenversicherung handelt es sich ebenfalls nicht um eine dem Grunde nach angemessene Versicherung, für die Beiträge vom Einkommen eines minderjährigen Kindes abgesetzt werden könnten. Zutreffend hat das LSG insoweit darauf hingewiesen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum familienversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und seine medizinische Versorgung im Krankheitsfall damit sichergestellt war. Die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a SGB II waren mithin nicht gegeben.

30

Auch verwirklicht sich beim Kläger kein gesundheitliches Risiko, dass eine zusätzliche Absicherung über die der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus erforderlich machen könnte. Das einzige gesundheitliche Risiko, das der Kläger selbst als Grund für den Abschluss einer Zusatzkrankenversicherung anführt, ist seine Sehschwäche. Diese ist jedoch weder nach den Feststellungen des LSG, die der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen hat, noch nach seinem Vorbringen in der Revisionsbegründung so ausgeprägt, dass sie eine zusätzliche Absicherung erforderte. Er benötigt die Zusatzversicherung nur um den Erwerb von Brillengestellen zu finanzieren, die, wie er selbst ausführt - im einfachen Standard - sogar kostenlos angeboten würden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um persönliche Lebensumstände iS der Rechtsprechung, die der erkennende Senat zur privaten Kinderunfallversicherung entwickelt hat (in Anschluss an und Fortführung von BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R, BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 38), die einen Abzug der Versicherungsbeiträge vom Einkommen zu Lasten der Unterhaltssicherung eines minderjährigen Kindes und des Steuerzahlers rechtfertigen könnten.

31

Das alternativ zu den persönlichen Umständen entwickelte Kriterium der Üblichkeit einer derartigen Absicherung bei Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze hat das LSG zu Recht an dieser Stelle unberücksichtigt gelassen. Üblichkeit iS der Angemessenheit nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB II setzt immer voraus, dass eine auszugleichende Versorgungslücke oder ein nicht gesichertes Risiko gegeben ist. Die Versicherung soll im vorliegenden Fall jedoch einzig zur Finanzierung eines höherwertigen - über den einfachen Standard hinausgehenden - "Gebrauchsgutes" eingesetzt werden und nicht zum Auffüllen einer Versorgungslücke oder eines anderen erheblichen Risikos. Der Ausgleich der Sehschwäche - also des "Risikos" selbst - erfolgte für den im streitigen Zeitraum noch unter 14 Jahre alten Kläger vollständig durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, da er noch nicht von den Beschränkungen des regelmäßigen Ersatzes der Brille nach § 33 Abs 4 SGB V nur bei einer Veränderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien erfasst war.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Vom Einkommen abzusetzen sind

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge
a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,
b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden,
4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,
5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach Absatz 3,
7.
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag,
8.
bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 67 oder § 126 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.
Bei der Verteilung einer einmaligen Einnahme nach § 11 Absatz 3 Satz 4 sind die auf die einmalige Einnahme im Zuflussmonat entfallenden Beträge nach den Nummern 1, 2, 5 und 6 vorweg abzusetzen.

(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.

(2a) § 82a des Zwölften Buches gilt entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die

1.
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
2.
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen,
3.
einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder
4.
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.
Bei der Anwendung des Satzes 1 Nummer 3 gilt das Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes als Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, tritt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 an die Stelle des Betrages nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches der Betrag von 250 Euro monatlich. Sofern die unter Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen die in § 11a Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 bis 5 genannten Leistungen, Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder einen Unterhaltsbeitrag nach § 10 Absatz 2 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes erhalten, ist von diesen Leistungen für die Absetzbeträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag in Höhe von mindestens 100 Euro abzusetzen, wenn die Absetzung nicht bereits nach Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 1 erfolgt ist. Satz 4 gilt auch für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben.

(3) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich

1.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent,
2.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und
3.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1 000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 200 Euro beträgt, auf 10 Prozent.
Anstelle des Betrages von 1 200 Euro tritt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1 500 Euro. In den Fällen des Absatzes 2b ist Satz 2 Nummer 1 nicht anzuwenden.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.