Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 01. Sept. 2017 - 8 A 11005/17
Gericht
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren wird abgelehnt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
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Der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG liegt nicht vor.
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Das Verwaltungsgericht hat die auf Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Gewährung subsidiären Schutzes sowie auf Feststellung der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ebenso wie die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nicht in Betracht komme, da die Schilderung seines Verfolgungsschicksals unglaubhaft sei. So habe er sowohl hinsichtlich seiner Tätigkeit für das Gemeinwohl-Ministerium als auch im Hinblick auf die Umstände des Sprengstoffattentats und die Tatsache, dass er den Täter festgehalten haben will, im Laufe seines Asylverfahrens in wesentlichen Punkten abweichende und unklare Angaben gemacht. Von daher sei auch nicht zu erwarten, dass er bei einer Rückkehr in sein Heimatland mit Nachstellungen durch die Taliban rechnen müsste. Im Hinblick auf die Voraussetzungen subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat das Verwaltungsgericht auf die Gründe des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 28. Juli 2016 Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass es sich bei dem Kläger um einen jungen Mann handele, der keine gesundheitlichen Einschränkungen aufweise. Er verfüge über einen hohen Bildungsstand und sei bereits als Aufseher im Straßenbau tätig gewesen. Insoweit sei nicht zu erwarten, dass er bei einer Rückkehr in eine existenzielle Notlage geraten würde.
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Dem Rechtsstreit kommt nicht die vom Kläger angenommene grundsätzliche Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu.
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Er hat keine rechtliche oder tatsächliche Frage aufgeworfen, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit der Klärung bedarf. Als grundsätzlich klärungsbedürftig sieht er die Frage an, ob Zivilpersonen bei einer Rückkehr nach Afghanistan erhebliche individuelle Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit aufgrund willkürlicher Gewalt drohen.
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Zur Begründung verweist er darauf, dass das Verwaltungsgericht Erkenntnismittel aus den Jahren 2014 und 2015 herangezogen habe. Hierbei sei jedoch die aktuelle Sicherheitslage nicht berücksichtigt worden. Auch das Auswärtige Amt gehe mittlerweile von einer landesweiten Bedrohung in Afghanistan aus. Die Verhältnisse in Afghanistan seien so unbeständig, dass belastbare Prognosen für das gesamte Land nicht getroffen werden könnten. Auch in Landesteilen, die bisher als sicher gegolten hätten, wachse die Bedrohung rasant.
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Die von dem Kläger aufgeworfene Frage lässt sich allerdings nicht allgemeingültig beantworten. Hierfür ist die Ausprägung des Konflikts in Afghanistan regional zu unterschiedlich. Weder aus den vom Kläger angeführten Erkenntnismitteln, noch aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass in Afghanistan nunmehr landesweit von dem für eine landesweite Gefährdung erforderlichen hohen Grad willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes auszugehen ist. Es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr läuft, einer ernsthaften Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt zu sein.
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Der Senat hat in seiner bisherigen Entscheidungspraxis für mehrere afghanische Provinzen angenommen, dass der Grad willkürlicher Gewalt durch einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kein so hohes Niveau erreicht, dass für jede dorthin zurückkehrende Zivilperson eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit besteht (vgl. Urteil vom 21. März 2012 – 8 A 11048/10.OVG –, juris Rn. 48 betreffend die Provinz Ghazni; Urteil vom 21. März 2012 – 8 A 11050/10.OVG –, juris, Rn. 28 und 52 hinsichtlich der Provinz Balkh und der Hauptstadt Kabul). Auch die in der Folgezeit ergangene obergerichtliche Rechtsprechung kommt durchgängig zu dem Ergebnis, dass in Afghanistan jedenfalls keine landesweite individuelle Bedrohung jeder sich im Staatsgebiet aufhaltenden Zivilperson im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts anzunehmen ist. Vielmehr ist jeweils für einzelne Regionen eine entsprechende Gefährdung verneint worden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14. August 2013 – A 11 S 688/13 –, juris Rn. 24, Provinz Ghazni; Sächsisches OVG, Urteil vom 10. Oktober 2013 – A 1 A 474/09 –, juris Rn. 38, Provinzen Kabul und Kunar; HessVGH, Urteil vom 30. Januar 2014 – 8 A 119/12.A –, juris Rn. 43, Raum Kabul; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Juli 2014 – 3 L 53/12 –, juris Rn. 27, Provinz Laghman; OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 2016 – 9 LB 100/15 –, juris Rn. 67, Stadt Kabul; BayVGH, Beschluss vom 20.Januar 2017 – 13a ZB 16.30996 –, juris Rn. 9, Provinz Ghazni).
- 9
Grundlage dieser Entscheidungen ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit dann anzunehmen ist, wenn der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht hat, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt zu sein. Insoweit sei der Erwägungsgrund Nr. 26 der Richtlinie 2004/83/EG [nunmehr: Erwägungsgrund Nr. 35 der Richtlinie 2011/95/EU] – Qualifikationsrichtlinie – zu berücksichtigen, wonach Gefahren, denen die Bevölkerung insgesamt ausgesetzt sei, für sich genommen normalerweise keine individuelle Bedrohung darstellten, die als ernsthafter Schaden zu beurteilen wäre (vgl. EUGH, Urteil vom 17. Februar 2009; Rechtssache C-465/07 Elgafaji, InfAuslR 2009, 138 und juris Rn. 35-39). Liegt kein landesweiter bewaffneter Konflikt vor, so ist für die erforderliche Gefahrprognose auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Hierbei handelt es sich in der Regel um die Herkunftsregion, in die der Ausländer typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15/12 –, BVerwGE 146, 12 und juris Rn. 13; Beschluss vom 14. November 2012 – 10 B 22/12 –, Informationsbrief Ausländerrecht 2013, 81 und juris Rn. 7). Das Vorliegen einer entsprechenden individuellen erheblichen Gefahr setzt eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, voraus. Weiterhin bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, BVerwGE 134, 188 und juris Rn. 33; Urteil vom 13. Februar 2014 – 10 C 6/13 –, NVwZ-RR 2014, 487 und juris Rn. 24; OVG RP, Urteil vom 21. März 2012 – 8 A 11048/10.OVG –, juris Rn. 47). Was die im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende quantitative Beurteilung angeht, hat das Bundesverwaltungsgericht das Risiko, bei innerstaatlichen Auseinandersetzungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 800 verletzt oder getötet zu werden, als für die Annahme einer individuellen Gefahr keinesfalls hinreichend angesehen (vgl. Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 13/10 –, juris Rn. 22 f.; zur Notwendigkeit einer gleichermaßen quantitativen wie qualitativen Betrachtung s.a.: Berlit, Die Bestimmung der „Gefahrendichte“ im Rahmen der Prüfung der Anerkennung als Flüchtling, ZAR 2017, 110, 119).
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Anhand der genannten Kriterien ergeben sich aufgrund der dem Senat vorliegenden aktuellen Erkenntnismittel keine Anhaltspunkte dafür, dass nunmehr landesweit von einer individuellen Bedrohung jedes Rückkehrers durch einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan auszugehen ist. Insoweit kann zwar festgestellt werden, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan insgesamt seit Anfang 2016 deutlich verschlechtert hat und die Situation in Afghanistan als volatil anzusehen ist (vgl. Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern, Dezember 2016, S. 1; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 19. Juni 2017 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 1). In der Hauptstadt Kabul ist die Situation gekennzeichnet durch eine große Anzahl schwerer Anschläge, die zwar überwiegend auf Regierungsinstitutionen, internationale Organisationen und Einrichtungen der afghanischen Armee und Polizei abzielen, vereinzelt aber auch direkt darauf gerichtet sind, Zivilpersonen zu töten und zu verletzen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O., Seite 3).
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Insgesamt lässt sich allerdings feststellen, dass die Bedrohungslage sowohl, was Angriffe gegen administrative Einrichtungen, Sicherheitsorgane sowie auf westliche Staatsangehörige, Einrichtungen und Hilfsorganisationen angeht, als auch was die Bedrohung der einheimischen Zivilbevölkerung betrifft, in den einzelnen Provinzen stark unterschiedlich ist. In den ländlichen Gebieten fordern vor allem Kampfhandlungen am Boden und improvisierte Sprengsätze Opfer unter der Zivilbevölkerung. Dabei treten die höchsten Opferzahlen in der südlichen (Provinzen: Nimroz, Helmand, Uruzgan, Kandahar und Zabul) und in der östlichen Region (Provinzen: Laghman, Nuristan, Kunar, Nangarhar) in Erscheinung. Demgegenüber stellt sich die Situation im Nordosten (Provinzen: Badakhshan, Takhar, Kunduz, Baghlan) - bei einer Konzentration der Kampfhandlungen um Kunduz und den Kunduz-Baghlan-Korridor -, im Westen (Provinzen: Badghis, Ghor, Herath und Farah) sowie der zentralen Hochlandregion (Provinzen: Daikundi und Bamian) insgesamt gesehen als vergleichsweise ruhig dar. Die städtische Bevölkerung insbesondere in Kabul wird vor allem durch Selbstmordanschläge, komplexe Attacken, gezielte Tötungen sowie Entführungen und Bedrohungen betroffen. Zwar weist die Opferzahl in der Provinz Kabul im ersten Halbjahr 2017 den höchsten absoluten Wert in Afghanistan auf. Gleichzeitig leben in dieser Provinz aber mit 4,4 Mill. Menschen die meisten Einwohner. Die relative Zahl der zivilen Opfer von 3 Toten oder Verletzten auf 10.000 Einwohner bewegte sich im Jahr 2016 im landesweiten Durchschnitt (vgl. zum Vorstehenden: Auswärtiges Amt, Lagebeurteilung 28. Juli 2017 für Afghanistan nach dem Anschlag vom 31. Mai 2017, Rn. 32 - 35).
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Weiterhin ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass oppositionelle Gruppen bereits weite Teile des Landes beherrschten. So werden von 408 Distrikten in Afghanistan lediglich 30 von den Taliban dominiert. In 121 Distrikten üben sie trotz Präsenz staatlicher Sicherheitskräfte einen Einfluss aus. Insgesamt leben 65,6 % der Bevölkerung im Einflussbereich der Regierung (vgl. AA, Lagebeurteilung vom 28. Juli 2017 Rn. 18). Auch die aktuelle Entwicklung der Opferzahlen in Afghanistan lässt keine einheitliche Tendenz erkennen. Während die Opferzahlen für das erste Halbjahr 2017 in einigen Regionen gegenüber dem Vorjahr Steigerungen aufweisen, können in der Zentralregion, der östlichen, der südöstlichen, der nördlichen und der nordöstlichen Region Afghanistans leichte Rückgänge verzeichnet werden (vgl. UNAMA, United Nations Assistance Mission in Afghanistan, Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Midyear Report 2017, Juli 2017 S. 10). Hiernach kann aber weiterhin nicht davon gesprochen werden, dass eine Zivilperson bei Rückkehr nach Afghanistan im gesamten Land allein durch ihre Anwesenheit Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung durch einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt ausgesetzt zu sein.
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Auch aus den vom Kläger zitierten Unterlagen und Entscheidungen ergeben sich keine zusätzlichen Anhaltspunkte für eine entsprechende Bedrohungslage. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Januar 2014 (Rechtssache C-285/12 Diakité) greift lediglich die Kriterien der Elgafaji-Entscheidung (Urteil vom 17. Februar 2009, a.a.O.) auf. Die Stellungnahme von Pro Asyl (Afghanistan: Kein sicheres Land für Flüchtlinge) nimmt auf der Grundlage der Opferzahlen der UNAMA eine Gegenposition zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ein. Auch der Amnesty Report Afghanistan 2017 zitiert zur Gesamtsituation den UNAMA-Bericht und verweist ergänzend auf einzelne Vorfälle.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung des Klägers entgegen § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach dem vorher Gesagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.
(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.
(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.
(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht
- 1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und - 2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.