Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2014 - 8 A 10979/13

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2014:0212.8A10979.13.0A
bei uns veröffentlicht am12.02.2014

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. August 2013 wird festgestellt, dass die Bescheide der Beklagten vom 30. November 2011 und vom 14. März 2012 rechtswidrig waren.

Die Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten und dem Beigeladenen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass eine seitens der Beklagten erfolgte Ablehnung einer Flugverkehrskontrollfreigabe für die Durchführung von Kunstflügen in den Bereichen Wöllstein und Nahetal rechtwidrig war.

2

Die Klägerin betreibt eine Motor-Kunstflugschule. Ihr Geschäftszweck besteht vorrangig in der Ausbildung von Privatflugzeugführern im Kunstflug. Seit Frühjahr 2005 nutzt sie hierzu 3 sogenannte Kunstflugboxen in den Bereichen „Wöllstein“, „Autobahndreieck Nahetal“ und „Eibinger Forstwiesen“. Eine Kunstflugbox markiert dabei einen Bereich bis zu einem bestimmten Abstand um einen nach geographischen Koordinaten festgelegten Punkt und dient dazu, den sonstigen Luftverkehr und den Kunstflug räumlich zu trennen. Standort der beiden für den Kunstflug genutzten Maschinen der Klägerin ist der Flugplatz Mainz-Finthen. Nach Angaben der Klägerin dauere ein durchschnittlicher Flug etwa 35 Minuten einschließlich der Zeiträume, die für den Anflug zur Kunstflugbox und den Rückflug zum Flugplatz zu berücksichtigen seien. Die Flüge würden im Mittel etwa vier- bis fünfmal wöchentlich durchgeführt.

3

In den von der Beklagten herausgegebenen Nachrichten für Luftfahrt (NfL I 271/10) gab der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz am 30. Dezember 2010 bekannt, dass er als zuständige Landesluftfahrtbehörde auf einer öffentlich zugänglichen Karte die Bereiche rot markiert habe, in denen mit der Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstoßes gegen die Regelung der Luftverkehrs-Ordnung zu rechnen sei, wonach Kunstflüge nicht unter 450 m und nicht über Städten und anderen dicht besiedelten Gebieten erfolgen dürften. Dort stattfindende Kunstflüge würden im Einzelfall untersucht und gegebenenfalls als Ordnungswidrigkeit verfolgt. In der Karte sind große Teile Rheinhessens, einschließlich der Standorte der Kunstflugboxen „Autobahndreieck Nahetal“ und „Wöllstein“ als dicht besiedelte Gebiete in Rheinland-Pfalz rot markiert.

4

Mit E-Mail vom 28. November 2011 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten, die Kunstflugbox „Wöllstein“ (2 Nautische Meilen (NM) um den Bezugspunkt 49° 48‘ Nord und 008° 01‘ Ost) am darauffolgenden Wochenende, dem 3. und 4. Dezember 2011, jeweils von 8:00 bis 13:00 Uhr (UTC) nutzen zu können. Mit Bescheid vom 30. November 2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies sie auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 17. November 2011, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die Beklagte die Auffassung des Beigeladenen zugrunde legen müsse, wenn dieser den betreffenden Luftraum als Luftraum über dicht besiedeltem Gebiet ansehe. Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 ergänzte die Beklagte, dass die Frage, ob ein Gebiet dicht besiedelt sei, letztendlich in der Verantwortung des Beigeladenen liege. Dieser sehe den Bereich Wöllstein als ein dicht besiedeltes Gebiet an, weshalb Kunstflug dort grundsätzlich verboten sei.

5

Nachdem das Amtsgericht Koblenz mit Beschluss vom 21. Februar 2012 in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren (2010 Js 6381/11.34 OWi), das die Nutzung der Kunstflugbox „Wöllstein“ betraf, den Inhaber der Klägerin freigesprochen hatte, da der von ihm durchgeführte Kunstflug in einem Radius von 2 NM um den Bezugspunkt 49° 48‘ Nord und 008° 01‘ Ost nicht über dicht besiedeltem Gebiet stattgefunden habe, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 14. März 2012 an, für diesen Bereich ab dem 16. März 2012 wieder Kunstflugfreigaben zu erteilen.

6

Mit Bescheid vom 14. März 2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Nutzung der Kunstflugbox „Autobahndreieck Nahetal“ (2 NM um den Punkt 49° 56‘ 45‘‘ Nord und 07° 57‘ 02‘‘Ost) für den darauffolgenden Tag unter Hinweis darauf ab, dass es sich dort ebenfalls um ein dicht besiedeltes Gebiet handele. Am 23. August 2012 erhob die Klägerin gegen die Schreiben vom 30. November 2011 und vom 14. März 2012 Widerspruch, woraufhin unter dem 2. November 2012 durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ein Widerspruchsbescheid erging, mit dem das Verfahren eingestellt wurde. Das Widerspruchsverfahren habe sich zwischenzeitlich erledigt, nachdem die Flugverkehrskontrollfreigabe zu den beantragten Zeitpunkten nicht mehr erteilt werden könne, da diese mittlerweile verstrichen seien.

7

Am 27. April 2012 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie dargelegt hat, sie könne sich auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen, da ihr weiterhin die Nutzung der Kunstflugbox „Autobahndreieck Nahetal“ insgesamt und der Kunstflugbox „Wöllstein“ teilweise versagt werde.

8

Die beiden Kunstflugboxen befänden sich nicht über dicht besiedeltem Gebiet. Die Beklagte könne keine abstrakt-generelle Regelung dazu treffen, ob ein bestimmter Bereich als dicht besiedelt angesehen werden müsse. Auch liege kein Fall der Amtshilfe vor. Im Rahmen des § 8 Abs. 2 Luftverkehrs-OrdnungLuftVO – sei nicht auf die Lärmentwicklung des Kunstflugs abzustellen. Regelungsadressat dieser Vorschrift sei der jeweilige Pilot, der sicherzustellen habe, dass die Anforderungen erfüllt würden. Hierbei müsse er auch beurteilen, ob ein Gebiet als dicht besiedelt angesehen werden könne. Was die Kunstflugbox „Wöllstein“ angehe, so habe das Amtsgericht in seinem Ordnungswidrigkeitenverfahren bereits festgestellt, dass kein dicht besiedeltes Gebiet vorliege. Hieran ändere sich auch nichts durch einen im Bereich Gau-Bickelheim gelegenen Windpark. Die Kunstflugbox „Autobahndreieck Nahetal“ sei mit dem Bereich Wöllstein vergleichbar. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Kunstflugprogramme lediglich über einem Areal von 1.000 x 1.000 m² stattfänden. Weiterhin orientiere sich der Kunstflug an im Gelände erkennbaren Linien. Diese seien im Bereich Nahetal die in West-Ost-Richtung verlaufende Straße K 9 sowie mehrere in Nord-Süd-Richtung und parallel zur A 60 verlaufende Feldwege. Im Gebiet Wöllstein bildeten mehrere Feldwege die Orientierungspunkte. In beiden Bereichen seien genügend unbebaute Flächen vorhanden, die für Notlandungen herangezogen werden könnten.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 30. November 2011 und vom 14. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2012 rechtswidrig sind.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie hat hierzu ausgeführt, dass ihre Hauptaufgabe darin bestehe, den Luftraum zu kontrollieren. Mit der Flugverkehrskontrollfreigabe solle erreicht werden, dass im überwachten Luftraum der kontrollierte Flugverkehr von Kunstflügen ferngehalten werde. Hierzu würden Kunstflugboxen eingerichtet. Sie könne selbst keine Feststellungen dazu treffen, ob von den Kunstflügen ein dicht besiedeltes Gebiet betroffen sei. Ihre ablehnende Entscheidung beruhe allein auf einer Weisung des übergeordneten Bundesministeriums. Sie könne auch keine Feststellungen dazu treffen, ob von einem Kunstflug unzumutbare Lärmbelästigungen ausgingen. Die Einschätzung, ob ein Gebiet dicht besiedelt sei, obliege dem Beigeladenen.

14

Der Beigeladene hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er hat hierzu dargelegt, dass auch der Lärmschutz zentraler Normzweck der Vorschrift des § 8 Abs. 2 LuftVO sei. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass im Bereich Gau-Bickelheim ein Großwindpark mit 17 Windkrafträdern existiere, der den für Kunstflug zur Verfügung stehenden Bereich zusätzlich einenge. Dem Piloten stehe hinsichtlich der Frage, ob ein Bereich dicht besiedelt sei, kein Beurteilungsspielraum zu. Um die Kunstflugbox müsse ein weiterer Einwirkungsbereich von 1 NM berücksichtigt werden, um zu verhindern, dass angrenzende Ortschaften bei einer Notlandung in Mitleidenschaft gezogen würden. Die Klägerin beschränke sich auch nicht auf eine Fläche von 1 km² für ihre Kunstflüge. Vielmehr sei anhand der Flugspuren erkennbar, dass hiervon ein weit größerer Bereich betroffen sei. Der Lärmschutz werde nicht allein durch die Einhaltung der zulässigen Flughöhe sichergestellt. Der für das Amtsgericht tätig gewesene Gutachter sei mit den Besonderheiten des Kunstflugs nicht hinreichend vertraut gewesen.

17

Mit Urteil vom 14. August 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

18

Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig sei, da die Klägerin auch künftig Kunstflüge in den Bereichen Nahetal und Wöllstein beabsichtige. Die Nichtfreigabe der Kunstflugboxen „Wöllstein“ und „Autobahndreieck Nahetal“ für einzelne Flugtage im Dezember 2011 und März 2012 sei indessen nicht rechtswidrig gewesen. Ein Anspruch auf eine derartige Freigabe bestehe, soweit keine beschränkende Regelung existiere. Eine Beschränkung ergebe sich indessen aus der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVO, da die Kunstflugboxen über dicht besiedeltem Gebiet lägen. Die Formulierung „andere dicht besiedelte Gebiete“ erlaube es auch, eine unterbrochene, gegenüber städtischen Regionen kleinteiligere Besiedelung unter die Vorschrift zu fassen. Die Vorschrift diene dem Schutz der Bevölkerung und von Sachen vor unnötiger Gefährdung. Dieser Schutz werde nicht allein durch die für den Kunstflug vorgegebene Mindesthöhe von 450 m erreicht. Bei beiden Kunstflugboxen sei ein Schadenseintritt für Personen und Sachen außerhalb des Luftfahrzeugs bei einer Notlandung wahrscheinlich. Die jeweilige Kunstflugbox umfasse eine Vielzahl von Ortschaften und weise eine Bevölkerungsdichte auf, die erheblich über der durchschnittlichen Besiedelung der Bundesrepublik Deutschland liege. Bei der Beurteilung, ob ein dicht besiedeltes Gebiet vorliege, sei die unter dem in Rede stehenden Luftraum vorhandene Besiedelungsstruktur in den Blick zu nehmen. Das Amtsgericht habe demgegenüber lediglich einen konkreten Flug der Klägerin ins Auge gefasst. Bei der Beurteilung sei nicht allein auf die eigentlichen Kunstflugfiguren abzustellen. Vielmehr seien hiervon auch solche Flugphasen erfasst, die deren Vorbereitung dienten. Da der Besiedelungsbegriff auch den Schutz von Sachen erfasse, sei auch der Windpark bei Gau-Bickelheim als Besiedelung i.S.v. § 8 LuftVO anzusehen.

19

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung legt die Klägerin dar, dass das Verwaltungsgericht den Begriff eines „anderen dicht besiedelten Gebietes“ in § 8 Abs. 2 LuftVO unzulässig weit ausgelegt habe. Die Vorschrift erfasse nicht den Schutz von Sachwerten. Zudem könne hierzu nicht auf durchschnittliche Bevölkerungszahlen abgestellt werden. Der eigentliche Kunstflugbereich erstrecke sich nicht umfänglich auf die Kunstflugbox. Die Einrichtung einer solchen Box beruhe auf einer Vorgabe der Beklagten. Die betroffenen Gebiete ließen großflächige unbebaute Bereiche erkennen. Zudem habe das Verwaltungsgericht nicht substantiiert begründet, weshalb bei einer Notlandung wahrscheinlich mit einem Schadenseintritt zu rechnen sei. Für die Beurteilung sei auf die konkret überflogene Fläche abzustellen. Sie beabsichtige nicht, Kunstflug über bewohntem Gebiet durchzuführen. Für eine konkrete Betrachtungsweise spreche auch der Umstand, dass sich etwa auch die durch § 8 Abs. 2 LuftVO geschützten Menschenansammlungen spontan bilden könnten. Weiterhin bestehe für Kunstflüge in nicht kontrolliertem Luftraum kein Erfordernis einer Flugverkehrskontrollfreigabe. Die räumliche Ausdehnung der Kunstflugboxen beruhe auf einer Einschätzung der Beklagten und solle einen Sicherheitsabstand zum übrigen Luftverkehr gewährleisten. Zudem sei nicht geprüft worden, ob eine auf Teilbereiche beschränkte Genehmigung in Betracht komme.

20

Die Klägerin beantragt,

21

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. August 2013 festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 30. November 2011 und vom 14. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2012 rechtswidrig sind.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie legt dar, dass die Flugverkehrskontrollfreigabe einen genügenden Abstand zwischen den betroffenen Verkehren gewährleisten solle. Es handele sich um einen Verwaltungsakt, den die Beklagte als beauftragtes Flugsicherungsunternehmen erlasse. Hierfür sei Voraussetzung, dass ein individuell definierter und zeitlich begrenzter Luftraum eingerichtet werde. Der für die Flugverkehrskontrollfreigabe erforderliche Flugplan könne bis zu einer Stunde vor Beginn des Fluges vorgelegt werden. Vorrangige Aufgabe bei ihrer Tätigkeit sei die Sicherung der flüssigen Abwicklung des übrigen Luftverkehrs. Die Ablehnung sei auf ein Amtshilfeersuchen des Beigeladenen gestützt gewesen. Zudem sei die Flugaufsicht an eine Weisung des zuständigen Bundesministeriums gebunden gewesen. Für Teilgenehmigungen bestehe kein Spielraum. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend darauf abgestellt, dass alle Flugbewegungen innerhalb der Kunstflugbox als Kunstflug zu werten seien.

25

Der Beigeladene beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Er legt dar, dass das Verwaltungsgericht den Begriff des „anderen dicht besiedelten Gebietes“ korrekt ausgelegt habe. Hierzu sei eine Orientierung an der Bevölkerungszahl und der Infrastruktur erforderlich. Zweck der Norm sei vorrangig, Personen vor Lärm zu schützen. Dass die Vorgaben des § 8 Abs. 2 LuftVO hierzu nicht ausreichten, zeige der Umstand, dass die Mindestflughöhe für Kunstflüge unter derjenigen von Überlandflügen liege. Die Entscheidung des Amtsgerichts habe das Vorhandensein von Windenergieanlagen nicht berücksichtigt. Das Erreichen der Fluglage sei als Teil des Kunstfluges anzusehen. Eine Einzelfallprüfung sei nicht erforderlich. Vielmehr sei es ausreichend, dass eine hohe Bevölkerungsdichte bestehe und die Bevölkerung vor unzumutbarem Lärm geschützt werden solle.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die allesamt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

30

Das Verwaltungsgericht hätte die Feststellung treffen müssen, dass die Bescheide der Beklagten vom 30. November 2011 und vom 14. März 2012, mit denen die Flugverkehrskontrollfreigabe für die Kunstflugboxen „Autobahndreieck Nahetal“ und „Wöllstein“ abgelehnt wurde, rechtswidrig waren.

I.

31

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in entsprechender Anwendung zulässig.

32

Insbesondere kann sich die Klägerin auf das Vorliegen des hierfür erforderlichen berechtigten Feststellungsinteresses berufen.

33

Als berechtigtes Feststellungsinteresse genügt dabei jedes nach vernünftigen Erwägungen anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Entscheidend hierfür ist, dass die Position der Klägerin in einem der genannten Bereiche verbessert werden kann. Ein solches Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass ein gleichartiger Verwaltungsakt unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ergehen kann (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. EL 2013, § 113 Rn. 90, 93, Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 113 Rn. 129, 141). Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kann sich auch dann ergeben, wenn mit dem Feststellungsantrag eine Vorfrage im Hinblick auf die Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geklärt werden kann (vgl. Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 94).

34

Unter beiden angesprochenen Gesichtspunkten ist im Falle der Klägerin ein besonderes Feststellungsinteresse anzuerkennen. Was die Gefahr der Wiederholung einer ablehnenden Entscheidung für die beiden Kunstflugboxen angeht, so hat die Beklagte für die Kunstflugbox „Wöllstein“ zwar seit dem 16. März 2012 in dem von der Klägerin beantragten Umfang Flugverkehrskontrollfreigaben erteilt. Diese Praxis beruht indessen auf dem Umstand, dass das Amtsgericht Koblenz in seinem Beschluss vom 21. Februar 2012 für den dort beurteilten Kunstflug der Klägerin am 21. Mai 2010 einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Luftverkehrsordnung – LuftVO – in dem Sinne, dass sie über dicht besiedeltem Gebiet geflogen wäre, verneint hat.

35

Aus der Erörterung der Entscheidungspraxis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat der Senat indessen den Eindruck gewonnen, dass ihr Vorgehen durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das zu einer gegenteiligen Einschätzung gelangt ist, wieder in Frage gestellt wurde. Hiernach kann die Klägerin aber nicht mehr ohne Weiteres davon ausgehen, dass ihr zukünftig für die Kunstflugbox „Wöllstein“ eine Flugverkehrskontrollfreigabe erteilt wird. Hinzu kommt, dass auch der Beigeladene als für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständige Verwaltungsbehörde in der mündlichen Verhandlung angesichts des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht ausschließen konnte, dass gegen die Klägerin bei einer Weiternutzung der Kunstflugbox Wöllstein erneut ein entsprechendes Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Im Hinblick hierauf ist es der Klägerin aber nicht zumutbar, erneut auf den Rechtsschutz in einem eingeleiteten Bußgeldverfahren verwiesen zu werden. Vielmehr ist in einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger Fragen des öffentlichen Rechts zu eröffnen (vgl. VGH BW, Urteil vom 11. Februar 2010 – 9 S 1130/08 –, ESVGH 60, 254 und juris, Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 – 1 C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 und juris, Rn. 7). Im Hinblick auf die Kunstflugbox „Autobahndreieck Nahetal“ ist ein Wiederholungsinteresse ohne Weiteres gegeben, da insoweit keine Änderung in der Praxis der Beklagten eingetreten ist, die Anträge der Klägerin abzulehnen.

II.

36

Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet. Die Ablehnung der Flugverkehrskontrollfreigabe durch die Beklagten hinsichtlich der Kunstflugboxen „Wöllstein“ und „Autobahnkreuz Nahetal“ mit Bescheiden vom 13. November 2011 und vom 14. März 2012 erweist sich als rechtswidrig. Der Klägerin stand ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Flugverkehrskontrollfreigaben zu.

37

1. Die Flugverkehrskontrollfreigabe ist nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Luftverkehrsordnung – LuftVO – vom Luftfahrzeugführer bei Flügen einzuholen, für die nach § 25 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 LuftVO ein Flugplan zu übermitteln ist. Die Übermittlung eines Flugplans sieht § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LuftVO insbesondere bei Kunstflügen im kontrollierten Luftraum und über Flugplätzen mit Verkehrskontrollstelle vor. Mit der Flugverkehrskontrollfreigabe erhält der Luftfahrzeugführer nach § 26 Abs. 2 LuftVO die Erlaubnis, seinen Flug unter bestimmten Bedingungen durchzuführen.

38

Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Aufstiegserlaubnis für Flugmodelle (Urteil vom 10. Mai 1985 – 4 C 69.82 –, NVwZ 1986, 469 und juris, Rn. 12) ist vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz – LuftVG – davon auszugehen, dass die Luftverkehrskontrollfreigabe zu erteilen ist, wenn keine Hinderungsgründe entgegenstehen. § 1 Abs. 1 LuftVG bestimmt nämlich, dass die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge frei ist, soweit sie nicht durch das Luftverkehrsgesetz, die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften sowie durch im Inland anwendbares internationales Recht oder Rechtsvorschriften der Europäischen Union beschränkt wird. Soweit in der Kommentarliteratur (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsverordnungen, Frankfurter Kommentar zum LuftVG, Band 2, 44. EL 2014, § 26 LuftVO, Rn. 3) die Rede davon ist, dass der Erlass der Flugverkehrskontrollfreigabe im Ermessen der Flugverkehrskontrollstelle stehe, kann sich ein entsprechender Spielraum der Behörde nicht auf die Frage beziehen, ob die Freigabe zu erteilen ist, sondern nur auf deren Ausgestaltung. So kann die zuständige Flugverkehrskontrollstelle nach § 26 Abs. 2 Satz 2 LuftVO bei der Bewegungslenkung der ihrer Kontrolle unterliegenden Flüge den Flugverlauf, insbesondere den Flugweg und die Flughöhe, durch entsprechende Freigaben im Einzelnen festlegen.

39

2. Die Voraussetzungen, die vor Erteilung der Flugverkehrskontrollfreigabe zu erfüllen sind, ergeben sich, soweit das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung hierzu keine besonderen Kriterien bekannt gemacht hat (§ 26 Abs. 1 Satz 2 LuftVO), aus den im Luftverkehrsgesetz enthaltenen Aufgabenbeschreibungen der Flugsicherung. Hierzu gehört zunächst nach § 27 c Abs. 1 LuftVG die sichere, geordnete und flüssige Abwicklung des Luftverkehrs. Insoweit obliegt der Flugsicherung die Koordinierung des Luftverkehrs, um damit zu gewährleisten, dass sein Ablauf durch kein schädigendes Ereignis bedroht wird (vgl. Risch, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, 17. EL, Juli 2013, § 27 c LuftVG, Rn. 26). Neben der sicheren Abwicklung des Luftverkehrs ist es auch Aufgabe der Flugsicherung, Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs und für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt abzuwehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1985, a.a.O. juris, Rn. 12). Der nach der gesetzlichen Regelung des Luftverkehrsgesetzes anzuwendende Gefahrenbegriff ist mit dem des Polizei- und Ordnungsrechts identisch (vgl. Risch, a.a.O., § 27 c Rn. 27). Zu den Gefahren, die von der Luftfahrt für die öffentliche Sicherheit ausgehen können, gehören auch Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen durch Fluglärm (§ 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG). In diesem Zusammenhang trifft den Luftfahrzeugführer nach § 29 b Abs. 1 Satz 1 LuftVG die Pflicht, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden vermeidbare Geräusche zu verhindern und die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken.

40

Teil des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit ist entsprechend dem Verständnis des allgemeinen Ordnungs- und Polizeirechts insbesondere die Gesamtheit der geschriebenen öffentlich-rechtlichen Rechtsvorschriften (vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, 63. EL, Juni 2013, § 29 Rn. 24). Zu den Vorschriften, deren Einhaltung gewährleistet werden soll, gehören insbesondere die Verkehrsvorschriften der Luftverkehrs-Ordnung.

41

3. Im Falle der Klägerin kann indessen nicht festgestellt werden, dass bei den von ihr beantragten Luftverkehrskontrollfreigaben eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden hätte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verstoß gegen die nach § 43 Nr. 13 LuftVO bußgeldbewehrte Vorschrift des § 8 Abs. 2 LuftVO zu erwarten war.

42

a. Entgegen der Auffassung der Beklagten war es ihr nicht unmöglich, eine entsprechende Gefahrenlage zu beurteilen. Hierzu hat die Beklagte insbesondere darauf verwiesen, dass Flugverkehrskontrollfreigaben teilweise kurzfristig erteilt würden und sie von daher keine umfassende Gefahrenprüfung vornehmen könne. Vorrangig sei bei ihrer Aufgabenerfüllung daher die Koordinierung des Flugverkehrs.

43

Im Falle der von der Klägerin durchgeführten Kunstflüge gestaltet sich die Situation jedoch insoweit anders, als die Kunstflugboxen zur Erleichterung der Tätigkeit der Beklagten über einen längeren Zeitraum hinweg vorab festgelegt werden. Bei der Erlaubnis für einen derart stationären Flugverkehr stehen der Prüfung der Frage, ob durch den Luftverkehr Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehen, indessen keine Hindernisse entgegen. Die Beklagte hat zudem im Falle der Klägerin – wenn auch pauschal anhand der Bekanntmachung des Beigeladenen in den Nachrichten für Luftfahrer vom 30. Dezember 2010 – eine solche Prüfung tatsächlich vorgenommen.

44

b. Indessen hat sie hierbei verkannt, dass die Ablehnung der Flugverkehrskontrollfreigabe nur dann in Betracht kommt, wenn eine konkrete Gefährdung im Einzelfall besteht. Eine Ablehnung des Antrags kann daher nur erfolgen, wenn bei Durchführung des Flugs eine entsprechende Gefahr prognostiziert werden kann, wenn also aufgrund des bisherigen Verhaltens des Luftfahrzeugführers oder aufgrund zwingender örtlicher Gegebenheiten innerhalb der Kunstflugbox mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einem Verstoß gegen § 8 Abs. 2 LuftVO bei Durchführung des Kunstflugs zu rechnen ist.

45

c. Für eine derartige Gefahrenlage ergaben sich indessen im Falle der Klägerin keine Anhaltspunkte. Weder hinsichtlich der Kunstflugbox „Wöllstein“ noch in Bezug auf die Kunstflugbox „Autobahndreieck Nahetal“ bestand von vornherein die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der beantragte Kunstflug mit einem Verstoß gegen § 8 Abs. 2 LuftVO einhergehen würde. Nach § 8 Abs. 2 LuftVO sind Kunstflüge in Höhen von weniger als 450 m sowie über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten, Menschenansammlungen und Flughäfen verboten. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Kunstflugboxen stand insbesondere nicht zu erwarten, dass die innerhalb der größer bemessenen Kunstflugbox tatsächlich beabsichtigten Kunstflugmanöver voraussichtlich über dicht besiedeltem Gebiet stattfinden würden.

46

aa. Der unbestimmte Rechtsbegriff des dicht besiedelten Gebietes ist unter Heranziehung der weiteren in § 8 Abs. 2 LuftVO geschützten Objekte „Städte“ und „Menschenansammlungen“ auszulegen. Von einem dicht besiedelten Gebiet ist hiernach auszugehen, wenn der Bereich eine Siedlungsdichte aufweist, wie sie im Allgemeinen im städtischen Bereich vorgefunden wird. Gleichzeitig deutet der Begriff der „Menschenansammlung“ darauf hin, dass eine größere Anzahl von Personen von dem Kunstflug betroffen sein muss. Von einem dicht besiedelten Gebiet ist hiernach auszugehen bei einer Ansammlung von Gebäuden mit geringen Abständen, die einer größeren Anzahl von Personen als Aufenthalt dienen. Abzugrenzen vom Begriff des dicht besiedelten Gebietes sind hiernach einzeln stehende Anwesen, eine Ansammlung weniger Gebäude oder einzelne Gebäude, zwischen denen ein größerer Abstand besteht (vgl. BayOblG, Beschluss vom 26. August 1987 – 3 Ob OWi 118/87 –, NVwZ 1988, 285; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 1985 – 5 Ss [OWi] 269/85 – 208/85 I – in VRS 70, 387). Für die Beurteilung ist dabei auf die konkret vorgefundene Siedlungsstruktur abzustellen. Maßgeblich können letztlich nicht die Durchschnittswerte einer Besiedlungsdichte sein, die keinen unmittelbaren Bezug zu dem Gebiet aufweisen, auf das sich der konkrete Kunstflug beschränkt.

47

Verwirklicht ist der Verbotstatbestand dann, wenn der Kunstflug „über“ dicht besiedeltem Gebiet stattfindet. Das Flugzeug muss sich daher im Luftraum senkrecht über dem Bereich befinden, der als dicht besiedelt anzusehen ist. Gerade die Tatsache, dass ein Verstoß gegen diese Vorschrift nach § 43 Nr. 13 LuftVO bußgeldbewehrt ist, verlangt, für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes klare Kriterien heranzuziehen. Dies verbietet es, den für die Kunstflugnutzung zulässigen Bereich aufgrund einer komplexen Abwägung anhand der mit der Vorschrift des § 8 Abs. 2 LuftVO verbundenen Regelungszwecke zu bestimmen.

48

Neben dieser am Wortlaut orientierten Auslegung des Begriffs des dicht besiedelten Gebietes ist für die Abgrenzung dicht besiedelter und weniger dicht besiedelter Gebiete auf einen funktionalen Aspekt abzustellen. Hiernach ist ein Gebiet dann als dicht besiedelt anzusehen, wenn im Falle einer möglichen Notlandung ein Schadenseintritt außerhalb des Luftfahrzeugs auch nur wahrscheinlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 1985 – 5 Ss [OWi] 269/85 – 208/85 I –, VRS 70, 389; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 26. August 1987 – 3 Ob OWi 118/87 –, NVwZ 1988, 285). Bei dieser zur Sicherheitsmindesthöhe nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LuftVO entwickelten Rechtsprechung ist ein dicht besiedeltes Gebiet dann anzunehmen, wenn dort im Falle einer Notlandung mit einem Schadenseintritt außerhalb des Luftfahrzeugs wahrscheinlich gerechnet werden muss, weil das Gebiet nicht mehr sicher überflogen werden kann.

49

bb. Was die Kunstflugbox „Wöllstein“ angeht, hatte die Beklagte demnach bei ihrer Entscheidung vom 30. November 2011 davon auszugehen, dass dicht besiedelte Gebiete bei einem Kunstflug nicht zwingend überflogen werden müssen.

50

Dabei sind als Kunstflug i.S.d. § 8 Abs. 2 LuftVO zunächst die eigentlichen Kunstflugübungen anzusehen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Luftfahrzeugführer durch abrupte Änderungen der Flugrichtung oder -geschwindigkeit gewollt eine besondere Fluglage erreicht und bestimmte Flugfiguren ausführt, die im Normalflug schon deshalb nicht geflogen werden dürfen, weil das Luftfahrzeug für die dabei auftretenden Belastungen nicht konstruiert ist (vgl. Schmid/van Schyndel, in: Giemulla/Schmid, LuftVO, a.a.O., § 8 LuftVO, Rn. 2). Zu den Flugfiguren gehören insbesondere Übungen wie Überschlag, Turn, gesteuerte Rolle, hochgezogene Rollenkehre, Aufschwung, Rückenflug und Trudeln (§ 81 Abs. 3 Luftpersonalverordnung – LuftPersV –). Daneben entspricht es vor allem dem mit § 8 Abs. 2 LuftVO verbundenen Lärmschutzzweck, auch alle weiteren Flugbewegungen innerhalb der Kunstflugbox dem Kunstflug zuzurechnen, die als Anflug der unmittelbaren Vorbereitung einer Kunstflugübung dienen oder mit denen der Flugzeugführer nach Vornahme eines entsprechenden Flugmanövers ausfliegt und zu einer erneuten Kunstflugübung ansetzt. Hierbei handelt es sich jeweils um die Häufung von Flugbewegungen in einem eng begrenzten räumlichen Bereich. Negativ formuliert werden von dem Begriff des „Kunstflugs“ im Sinne von § 8 Abs. 2 LuftVO daher alle Flugbewegungen in dem benannten Luftraum umfasst, die nicht Teil des An- oder Rückflugs von oder zu dem Landeplatz sind.

51

Auch unter Berücksichtigung dieses Begriffsverständnisses bestand nicht die Gefahr, dass der Kunstflug der Klägerin im Bereich Wöllstein über dicht besiedelten Gebieten stattfinden würde. Dies wird bereits aus den vorgelegten Flugspurkarten deutlich. Diese weisen aus, dass die Flugbewegungen innerhalb der Kunstflugbox die zusammenhängende Bebauung der umliegenden Ortschaften sowie die Justizvollzugsanstalt R. nicht erfassten und damit außerhalb von Wohnsiedlungen stattfanden. Da der Kunstflug die vorhandenen Ansiedlungen nicht berührt, stellt sich in diesem Gebiet auch nicht die Frage einer Abgrenzung von dicht besiedelten und weniger dicht besiedelten Bereichen. Im Hinblick auf den Großwindpark Gau-Bickelheim, der südlich der Gemeinde Gau-Bickelheim zwischen der Autobahn A 61 und der Gemeinde Gumbsheim gelegen ist, steht ebenfalls kein Verstoß gegen die Vorschrift des § 8 Abs. 2 LuftVO zu erwarten. Die Windenergieanlagen können nämlich nicht als Teil einer Besiedlung angesehen werden. Einerseits handelt es sich nicht um zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Anlagen. Andererseits sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass auch aus diesem Grund ein möglicher Schadeneintritt unwahrscheinlich ist.

52

cc. Hinsichtlich der Kunstflugbox „Autobahndreieck Nahetal“ hatte die Beklagte bei ihrer Entscheidung vom 14. März 2012 gleichermaßen nicht von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 8 Abs. 2 LuftVO auszugehen. Wie die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, orientieren sie sich bei ihren Kunstflügen an der in Süd-Nord-Richtung durch die Kunstflugbox verlaufenden Bahnlinie. Parallel hierzu durchzieht die Kunstflugbox ein etwa 2 km breiter Streifen, der keine nennenswerte Besiedelung aufweist. Überträgt man daher die Radarplots für den Bereich Wöllstein in das Gebiet um das Autobahndreieck Nahetal, so stand zum Zeitpunkt der hier angegriffenen Entscheidung mangels gegenteiliger Feststellungen der Luftaufsichtsbehörde nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kunstflug über dicht besiedeltem Gebiet im Sinne des § 8 Abs. 2 LuftVO und damit entgegen dem dort normierten Verbot stattfinden würde.

53

4. Auch im Hinblick auf mögliche Lärmbeeinträchtigungen ergaben sich bei beiden Kunstflugboxen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestand.

54

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Schutzzweck des § 8 Abs. 2 LuftVO, insbesondere was die dort vorgesehene Mindestflughöhe angeht, neben der Flugsicherheit auch der Lärmschutz ist (vgl. Schmid/van Schyndel, a.a.O., § 8 LuftVO Rn. 9). Hiernach ist aber im Regelfall davon auszugehen, dass ein Kunstflug, der die Vorgaben des § 8 Abs. 2 LuftVO einhält, keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen entstehen lässt. Strengere Lärmschutzanforderungen lassen sich dem gegenwärtigen Inhalt dieser Vorschrift nicht entnehmen (vgl. hierzu den Änderungsantrag des Landes Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2013 [BR-Drs. 90/13]: Mindesthöhe von 600 m und Mindestabstand von 2000 m zur nächstgelegenen zusammenhängenden Bebauung).

55

Darüber hinaus kann von dem Luftfahrzeugführer jedoch in Konkretisierung seiner Lärmminderungspflicht nach § 29 b Abs. 1 LuftVG erwartet werden, dass er die zeitliche Beschränkung des § 1 Abs. 1 Landeplatz-Lärmschutzverordnung – Landeplatz-LärmschutzV – einhält. Diese Vorschrift sieht zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm an Landeplätzen mit einem näher bestimmten Flugaufkommen vor, dass Starts und Landungen bestimmter Flugzeuge in der Zeit von montags bis freitags vor 7:00 Uhr, zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr und nach Sonnenuntergang untersagt sind. Gleiches gilt für Flüge samstags, sonntags und an Feiertagen vor 09:00 Uhr und nach 13:00 Uhr Ortszeit. Da von Kunstflügen wegen der Konzentration der Flugbewegungen auf einen beschränkten räumlichen Bereich vergleichbare Lärmbeeinträchtigungen ausgehen wie von startenden und landenden Flugzeugen, kann diese Bestimmung ihrem Schutzzweck nach ohne Weiteres hierauf angewandt werden. Hiernach sind Kunstflüge nur in dem nach der Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung vorgesehenen Zeitfenster möglich. Diese Vorgabe stellt im Übrigen für den Luftfahrzeugführer keine unverhältnismäßige Einschränkung dar, da er vielfach ohnehin der zeitlichen Beschränkung dieser Verordnung an seinem Landeplatz unterliegen wird. Die Beachtung dieser zeitlichen Fluglärmschutzbestimmung kann die Flugverkehrskontrollstelle durch entsprechende Auflagen bei der Freigabe der Kunstflugbox sicherstellen (§ 26 Abs. 2 Satz 2 LuftVO).

56

Dass trotz Einhaltung der genannten Vorschriften noch eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung im Sinne von § 29 b LuftVG zu erwarten stand, war für die Beklagte bei den hier angegriffenen Entscheidungen hingegen nicht ersichtlich. Hierzu fehlt es, wie die Vertreter des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung einräumten, an jeglichen durch Berechnungen oder Erfahrungswerte objektivierbaren Anhaltspunkten, was die Lärmbeeinträchtigung durch Kunstflug angeht. Bei Durchführung der beantragten Kunstflüge in den beiden Kunstflugboxen „Wöllstein“ und „Autobahndreieck Nahetal“ war daher auch insofern nicht mit einem Verstoß gegen die Lärmschutzvorschrift des § 29 b LuftVG zu rechnen.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.

58

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 ff. ZPO.

59

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegen.

60

Beschluss

61

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 2 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2014 - 8 A 10979/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2014 - 8 A 10979/13

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2014 - 8 A 10979/13 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Luftverkehrsgesetz - LuftVG | § 29


(1) Die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) ist Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Sie können in

Luftverkehrsgesetz - LuftVG | § 1


(1) Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei, soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen U

Luftverkehrs-Ordnung - LuftVO 2015 | § 26 Beschränkungen der Starts und Landungen von Flugzeugen mit Strahltriebwerken


(1) Flugzeuge mit Strahltriebwerken, 1. deren maximale Startmasse größer oder gleich 34 000 Kilogramm ist oder2. deren Baureihe mit einer maximalen Sitzkonfiguration von mehr als 19 Passagiersitzen zugelassen ist, wobei Sitze für die Besatzung nicht

Luftverkehrs-Ordnung - LuftVO 2015 | § 6 Mitführung von Urkunden und Ausweisen


Die Verpflichtung, die für den Betrieb eines Luftfahrzeugs erforderlichen Urkunden und Ausweise an Bord eines Luftfahrzeugs mitzuführen, bestimmt sich nach verbindlichen internationalen Vorschriften, nach deutschem Recht und nach dem Recht des Eintra

Luftverkehrs-Ordnung - LuftVO 2015 | § 8 Startverbote


(1) Wird auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ein Startverbot für ein Luftfahrzeug, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, verhängt, so hat die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständi

Luftverkehrs-Ordnung - LuftVO 2015 | § 43 Bekanntmachung in den Nachrichten für Luftfahrer


Regelungen, Genehmigungen und Festlegungen nach § 2 Absatz 1, § 16 Absatz 1 und 3, § 17 Absatz 1, § 22 Absatz 2 Satz 1, den §§ 28, 29, 30, 31 Absatz 2, § 32 Absatz 2, § 35 Absatz 1 und § 41 Absatz 1 werden durch die dort benannte Behörde in den Nachr

Luftverkehrs-Ordnung - LuftVO 2015 | § 25 Besondere Regelungen für den Flugbetrieb auf einem Flugplatz mit Flugverkehrskontrollstelle


(1) Ist beim Betrieb eines Luftfahrzeugs an einem Flugplatz mit Flugverkehrskontrolle eine Funkverbindung nicht möglich, so hat der Luftfahrzeugführer auf Anweisungen durch Licht- und Bodensignale sowie auf Zeichen zu achten. (2) Auf einem Flugpl

Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung


Landeplatz-LärmschutzV

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2014 - 8 A 10979/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2014 - 8 A 10979/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Feb. 2010 - 9 S 1130/08

bei uns veröffentlicht am 11.02.2010

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. April 2008 - 2 K 2080/07 - geändert. Es wird festgestellt, dass der fehlende Hinweis auf einen Surimi-Anteil in der Verkehrsbezeichnung der Meeresfrüchte-Mis

Referenzen

(1) Wird auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ein Startverbot für ein Luftfahrzeug, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, verhängt, so hat die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde unverzüglich den betreffenden Eintragungsstaat über die Untersuchungsergebnisse, die zur Verhängung des Startverbots führten, zu unterrichten. Falls der Eintragungsstaat nicht die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs führt, ist der Staat zu unterrichten, der für die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs zuständig ist. Die Bewertung des unterrichteten Staates ist bei der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Startverbots zu berücksichtigen.

(2) Hat das Ergebnis einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung eines Luftfahrzeugs, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, Anlass zu Bedenken im Hinblick auf dessen Verkehrssicherheit gegeben und wurde noch keine Maßnahme nach § 29 Absatz 3 Satz 5 und 6 oder Absatz 7 des Luftverkehrsgesetzes getroffen, so muss die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde den nach Absatz 1 zuständigen Staat unterrichten.

(3) Für ein Luftfahrzeug, das in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, ist ein Startverbot, das auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung verhängt wurde, erst aufzuheben, wenn seine Lufttüchtigkeit wiederhergestellt ist, es sei denn, die für die Bewertung der Lufttüchtigkeit zuständige Stelle hält einen Start unter Auflagen und Einschränkungen für vertretbar.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Luftsportgeräte, die nicht im Luftsportgeräteverzeichnis eingetragen sind.

(5) Wird auf Grund von Sicherheitsmängeln, die sich bei einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ergeben haben, ein Startverbot für ein gewerblich genutztes Luftfahrzeug oder für ein Luftfahrzeug mit einer Höchstabflugmasse von mehr als 5 700 Kilogramm verhängt, so haben die für die Luftaufsicht nach § 29 Absatz 1 und 2 des Luftverkehrsgesetzes zuständigen Stellen dies unverzüglich dem Luftfahrt-Bundesamt zu melden, soweit das Luftfahrt-Bundesamt nicht selbst gehandelt hat. Dies gilt auch, wenn die für die Luftaufsicht zuständige Stelle dem Halter oder der Besatzung eines Luftfahrzeugs aufgibt, vor dem Start Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit zu treffen. Wenn diese Maßnahmen begründete Sicherheitsmängel eines Luftfahrzeugs nach Satz 1 betreffen, das nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union registriert ist, unterrichtet das Luftfahrt-Bundesamt unverzüglich alle für die Luftverkehrssicherheit zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die Europäische Kommission über die getroffenen Maßnahmen und die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung.

(6) Die Übermittlung der Daten, auf die sich das Untersuchungsergebnis nach den Absätzen 1 bis 5 stützt, richtet sich nach § 29 Absatz 5 und 6 des Luftverkehrsgesetzes.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. April 2008 - 2 K 2080/07 - geändert. Es wird festgestellt, dass der fehlende Hinweis auf einen Surimi-Anteil in der Verkehrsbezeichnung der Meeresfrüchte-Mischung, die Gegenstand der Beanstandung des Landratsamts Ortenaukreis vom 7. Mai 2007 war, nicht als Irreführung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB bewertet werden kann.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob eine „Meeresfrüchte-Mischung“ auch „Surimi“ enthalten darf oder diese Zutat in der Verkehrsbezeichnung kenntlich gemacht werden muss.
Die Klägerin ist eine Import- und Vertriebsgesellschaft für Tiefkühlkost und vertreibt u.a. das von der Firma … in Frankreich hergestellte Produkt „Frutti di Mare ‚ROYAL‘ - Meeresfrüchte-Mischung, gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“. Ausweislich des auf der Packung befindlichen Zutatenverzeichnisses enthält das Produkt: „Tintenfisch, Surimi (Krebsfleisch-Imitat aus Fischmuskeleiweiß geformt (Weizen, Ei, Fisch, Krustentiere, Soja, Stabilisatoren: E450, E451, E420; Aroma, Farbstoff: Paprika, Karamell)), Miesmuscheln, Warmwassergarnelen, King Prawns, Venusmuscheln, kann Antioxidationsmittel: Natriummetabisulfit, enthalten“. Zwischen den Beteiligten ist seit längerem streitig, ob die enthaltenen Surimi-Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung selbst kenntlich gemacht werden müssen. Vorangegangene Bußgeldverfahren wegen nicht vollständiger Verkehrsbezeichnung sind vom Landratsamt Ortenaukreis mit Bescheiden vom 08.02.1999 und vom 26.11.1999 eingestellt worden.
Mit Gutachten vom 12.07.2005 kam das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg erneut zu dem Ergebnis, dass das von der Klägerin vertriebene Produkt unzureichend gekennzeichnet und die Verkehrsbezeichnung irreführend sei. Das Landratsamt übersandte den Vorgang der Polizei und ersuchte um Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft Offenburg teilte der Klägerin die Absicht mit, das Verfahren wegen geringer Schuld nach § 153 Abs. 1 StPO einzustellen; gleichzeitig wurde aber darauf verwiesen, dass in Zukunft weitere Verstöße strafrechtlich verfolgt würden. Eine fachliche Stellungnahme der Klägerin, wonach eine unzulässige Verkehrsbezeichnung nicht vorliege, wies die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 17.07.2006 zurück und kündigte für den Fall künftiger Beanstandungen eine Strafanklage an. Eine gleichzeitig von der Staatsanwaltschaft angeregte erneute Überprüfung der Produkte führte zu einem zweiten Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg vom 27.02.2007, in dem erneut eine unzutreffende Verkehrsbezeichnung sowie eine irreführende Werbung attestiert wurden. Mit Schriftsatz vom 07.05.2007 unterrichtete das Landratsamt Ortenaukreis die Klägerin über das Gutachten und forderte sie auf, die rechtlichen Vorgaben des Kennzeichnungsrechts umzusetzen. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass der Vorgang zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft Offenburg vorgelegt werde.
Am 09.10.2007 hat die Klägerin daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben und beantragt, festzustellen, dass die beanstandete Meeresfrüchte-Mischung erstens nicht gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln in der Fassung vom 15.12.1999 (BGBl. I S. 2464 - LMKV -) und zweitens nicht gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches vom 01.09.2005 (BGBl. I S. 2205; zwischenzeitlich in der Fassung vom 24.07.2009, BGBl. I S. 2205, geändert durch VO vom 03.08.2009, BGBl. I S. 2630, - LFGB -) verstößt. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren ist daraufhin mit Verfügung vom 20.11.2007 bis zum erstinstanzlichen Abschluss der Verwaltungsrechtsstreitigkeit ausgesetzt worden.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 2. April 2008 abgewiesen. Zwar erweise sich die vorbeugende Feststellungsklage als zulässig, weil der Klägerin angesichts der drohenden Strafverfolgung nicht zugemutet werden könne, den lebensmittelrechtlichen Streit „auf der Anklagebank“ zu führen. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Bezeichnung entspreche nicht den kennzeichnungsrechtlichen Vorgaben aus § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV, da Surimi nach allgemeiner Verkehrsanschauung nicht als Meeresfrucht anzusehen sei. Ebenso wenig könne festgestellt werden, dass es allgemeiner Verkehrsauffassung entspreche, dass in einer Meeresfrüchte-Mischung Surimi enthalten sei. Die Zulässigkeit der Verkehrsbezeichnung ergebe sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV, weil der erhebliche und von der Klägerin mit 20 % des Abtropfgewichts bezifferte Anteil von Surimi einen ergänzenden Hinweis erforderlich mache. Das insoweit bestehende Informationsbedürfnis des Verbrauchers werde durch die Angaben im Zutatenverzeichnis, das überdies in geschätzter 7-Punkte-Schrift abgefasst sei, nicht befriedigt. Schließlich müsse die Deklaration auch als irreführende Werbung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB eingestuft werden. Denn die Gesamtaufmachung des Produkts erwecke beim Verbraucher die Fehlvorstellung, es handle sich um ein ausschließlich aus verschiedenen Meeresfrüchten bestehendes Lebensmittel. Insbesondere die ausführliche Beschreibung „Meeresfrüche-Mischung, gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ suggeriere, dass sämtliche im Hinblick auf das konkrete Produkt erforderlichen Angaben enthalten seien. Angesichts der Tatsache, dass auf dem deutschen Markt zahlreiche Meeresfrüchte-Mischungen ohne Surimi oder mit einer entsprechenden Kenntlichmachung der Zugabe von Surimi im Verkehr seien und dies auch für andere Produkte der Firma XXX gelte, sei die Deklarierung vorliegend zur Irreführung des Verbrauchers geeignet.
Am 22.04.2008 hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 09.07.2008 begründet. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung umfasse der Begriff der „Meeresfrüchte“ auch Fischbestandteile und damit Surimi. Angesichts der Tatsache, dass das Verwaltungsgericht selbst entsprechende Quellen benannt habe, sei die Annahme einer entgegenstehenden allgemeinen Verkehrsauffassung nicht nachvollziehbar und auch als Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht zu bewerten. Unabhängig hiervon folge aus der Bezeichnung als „Mischung“, dass auch andere Zutaten beigefügt seien; andernfalls sei der Begriffsbestandteil überflüssig. Surimi erweise sich aber nach Aussehen, Geschmack und Verwendungsmöglichkeit den Meeresfrüchten ähnlich. Angesichts der Tatsache, dass alle Zutaten im Zutatenverzeichnis aufgeführt seien, erfülle die Verkehrsbezeichnung jedenfalls die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV. Dementsprechend sei auch auf der 4. Lemgoer Lebensmittelrechtstagung vom 07.04.2008 einstimmig die Auffassung vertreten worden, dass die Kennzeichnung der Zutat „Surimi“ in der Verkehrsbezeichnung einer Meeresfrüchte-Mischung nicht erforderlich sei. Schließlich habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht allein auf den deutschen Sprachraum abgestellt, da es gemäß § 4 Abs. 2 LMKV bereits ausreiche, dass das Erzeugnis in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zulässigerweise angeboten werde. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht, dass es gängige Praxis und Handelsbrauch sei, Meeresfrüchte-Mischungen mit Surimi-Anteilen zu versehen. Jedenfalls in dem relevanten Marktsegment des Großhandels und der Cash&Carry-Märkte werde der weitaus überwiegende Anteil von Meeresfrüchte-Mischungen mit Surimi-Anteilen in den Markt gebracht, ohne dass dies gesondert in der Verkehrsbezeichnung kenntlich gemacht sei. Ein non-liquet habe im Übrigen zu Lasten der Beklagten gewertet werden müssen, weil eine positive Verkehrsanschauung durch das Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden sei. Schließlich weiche die Entscheidung von obergerichtlichen Entscheidungen ab.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. April 2008 - 2 K 2080/07 - zu ändern und
1. festzustellen, dass die Bezeichnung „Frutti di Mare ‚ROYAL‘-Meeresfrüchte-Mischung gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ für das Erzeugnis, das Gegenstand der Beanstandungen des Beklagten vom 7. Mai 2007 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LMKV verstößt;
2. festzustellen, dass die Bezeichnung “Frutti di Mare ‚ROYAL‘-Meeresfrüchte-Mischung gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ für das Erzeugnis, das Gegenstand der Beanstandungen des Beklagten vom 7. Mai 2007 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 LFGB verstößt.
Das beklagte Land beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Es bekräftigt die bereits in erster Instanz vorgetragene Auffassung, wonach die Klage unzulässig sei. Hinsichtlich der Begründetheit wird auf das angefochtene Urteil und den Vortrag in erster Instanz verwiesen. Darüber hinaus wird eine Liste der im Verkehr befindlichen Meeresfrüchte-Mischungen vorgelegt, nach welcher der weit überwiegende Anteil der Produkte kein Surimi enthält. Soweit die Klägerin auf eine jahrzehntelange Praxis verwiesen habe, wird betont, dass die streitgegenständlichen Produkte zumindest seit dem Jahr 1997 beanstandet würden.
12 
Dem Senat liegen die Behördenakten des Beklagten (1 Leitz-Ordner) sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats vor. Auf diese wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 2 und 3 VwGO entsprechend erhobene Berufung hat teilweise Erfolg. Die von der Klägerin zulässigerweise als vorbeugende Feststellungsklage erhobene Klage (I.) ist begründet, soweit sich die Klägerin gegen den Vorwurf der Irreführung wendet (III.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dagegen entschieden, dass eine den erheblichen Surimi-Anteil nicht aufführende Verkehrsbezeichnung den Vorgaben der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung nicht entspricht (II.).
14 
I. Die gegen das Land gerichtete Feststellungsklage ist zulässig.
15 
Allerdings ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene Handlungsfeld nicht übermäßig und „anlasslos“ zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten übertragene Kontrollfunktion gegen regulierende Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegen behördliche Regulierungen setzt daher regelmäßig den Erlass eines Verwaltungsaktes voraus, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Anordnungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig.
16 
Etwas anderes gilt indes dann, wenn dem Bürger ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt hier vor. Die Klägerin hat ein schutzwürdiges Interesse an der alsbaldigen Feststellung der streitigen Fragen des Lebensmittelrechts. Dies folgt zunächst bereits daraus, dass sie auf gesicherte Rechtsverhältnisse angewiesen ist, um ihren Vertrieb und damit ihre wirtschaftlichen Dispositionen entsprechend einstellen zu können. Insbesondere aber verstieße es gegen die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG, die Klägerin auf die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel im eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahren zu verweisen. Denn es ist der Klägerin nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ führen zu müssen. Sie hat vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihr wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren droht (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 07.04.2003 - 1 BvR 2129/02 -, NVwZ 2003, 856, Rn. 14). Es ist weder sinnvoll noch zumutbar, dem Bürger in einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger Fragen des öffentlichen Rechts zu verwehren. Dies gilt umso mehr, als Kern und Anlass der Auseinandersetzung im öffentlichen Recht wurzeln und ein Verweis auf die Rechtsschutzmöglichkeiten der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegen etwaige Ermittlungsmaßnahmen daher auch nicht sachdienlich erscheint.
17 
Die vom Beklagten benannten Entscheidungen des 6. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg stehen dem nicht entgegen. Dort ist vielmehr ausdrücklich entschieden, dass zur Klärung streitiger verwaltungsrechtlicher Vorfragen die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO grundsätzlich eröffnet ist (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.04.2007 - 6 S 46/05 -). Soweit der 6. Senat in den vom Beklagten benannten Entscheidungen ein Feststellungsinteresse verneint hatte, war diese Annahme darin begründet, dass die Ermittlungsmaßnahmen bereits beendet und hinreichende Anhaltspunkte für ein ordnungswidrigkeitenrechtliches Einschreiten damit nicht mehr gegeben waren (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.04.2007 - 6 S 129/05 -). Eine entsprechende Konstellation liegt hier aber nicht vor. Die Klägerin war nicht nur in der Vergangenheit (wiederholt) mit ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ermittlungsverfahren konfrontiert worden, vielmehr hat die Staatsanwaltschaft Offenburg in ihren Schreiben vom 04.01.2006 und 18.04.2006 unmissverständlich mit der Einleitung eines Strafverfahrens gedroht, sofern die vom Landratsamt festgestellten Verstöße gegen das Lebensmittelrecht nicht abgestellt würden. Das insoweit noch laufende Ermittlungsverfahren ist nur im Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche Klage ausgesetzt worden. Es liegt daher nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr sondern aus Anlass eines unmittelbar drohenden Ermittlungsverfahrens ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung vor.
18 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann ihm - als dem Rechtsträger der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde nach § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 4 AG-LMBG, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG – das ordnungsrechtliche Einschreiten auch zugerechnet werden. Dies ergibt sich jedenfalls daraus, dass das Landratsamt die Klägerin mit Schreiben vom 07.05.2007 zur Umsetzung ihrer Vorstellungen des Lebensmittelrechts aufgefordert und den Vorgang zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft vorgelegt hat. Damit war aus der maßgeblichen Empfängersicht eindeutig, dass die Behörde eine weitere Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage nicht durch Erlass eines - der Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten zugänglichen - Verwaltungsakts klären würde, sondern dass die weitere Auseinandersetzung über die unterschiedliche Auslegung des Lebensmittelrechts vor einem Strafgericht stattfinden würde. Die Klageerhebung zum Verwaltungsgericht war damit vom Beklagten veranlasst und zur abschließenden Klärung der lebensmittelrechtlichen Streitigkeit auch sachdienlich.
19 
Die Beteiligten streiten somit aus Anlass einer vom Beklagten veranlassten Begutachtung um die Verkehrsfähigkeit der von der Klägerin in Deutschland vertriebenen Produkte und insbesondere um die mit den Feststellungsanträgen benannten Fragen der zutreffenden Kennzeichnung und Bezeichnung. Damit wird dem Verwaltungsgericht keine abstrakte Rechtsfrage zur Entscheidung unterbreitet, die Feststellungsanträge betreffen vielmehr den zwischen der Klägerin als Lebensmittelhändlerin und dem Beklagten als Lebensmittelüberwachungsbehörde aus Anlass konkreter Beanstandungen bestehenden Streit um Umfang und Ausmaß der lebensmittelrechtlichen Bezeichnungspflicht für surimihaltige Meeresfrüchte-Mischungen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist mithin gegeben (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung auch Hess. VGH, Urteil vom 17.12.1985 - 9 UE 2162/85 -, NVwZ 1988, 445).
20 
II. Das In-Verkehr-Bringen einer Meeresfrüchte-Mischung mit einem Surimi-Anteil von 20 % ohne entsprechende Kenntlichmachung in der Verkehrsbezeichnung verstößt gegen die Vorgaben aus § 4 Abs. 1 LMKV. Hinsichtlich des ersten Feststellungsantrags sind Klage und Berufung daher unbegründet.
21 
1. Ob die Verkehrsbezeichnung den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LMKV entsprechen könnte, wie im Berufungsschriftsatz vorgetragen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Denn die Klägerin hat das Feststellungsbegehren in Bezug auf die Verkehrsbezeichnung ausdrücklich auf Verstöße gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LMKV bezogen. Folgerichtig hat auch das Verwaltungsgericht zu § 4 Abs. 2 LMKV weder tatsächliche Feststellungen getroffen noch rechtliche Ausführungen gemacht.
22 
Unabhängig hiervon kann dem Vortrag der Klägerin auch nicht entnommen werden, dass das von ihr in Deutschland vertriebene Produkt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - und damit angesichts der deutschsprachigen Bezeichnung wohl allenfalls in Österreich - „rechtmäßig“ in den Verkehr gebracht würde. Selbst wenn das von der Firma XXX hergestellte Produkt mit derselben Verpackung und Bezeichnung in Österreich verkauft würde, ergäbe sich hieraus nicht bereits die vorausgesetzte Rechtmäßigkeit des entsprechenden In-Verkehr-Bringens - wie gerade die langjährige Beanstandung der Tätigkeit der Klägerin auf dem deutschen Markt zeigt. Allein aus dem Umstand, dass das Produkt in Österreich mit derselben Bezeichnung im Verkehr aufgefunden werden kann, könnte daher nicht geschlossen werden, dass diese Verkehrsbezeichnung dort auch zulässig und die Etikettierung damit rechtmäßig wäre.
23 
Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass ähnliche Produkte in EU-Mitgliedstaaten ohne ausdrückliche Kennzeichnung des Surimi-Zusatzes in den Verkehr gebracht würden, ist dies für den Tatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 1 LMKV nicht ausreichend. Denn der grenzüberschreitende Bezug, der Bezugspunkt für die Warenverkehrsfreiheit und dementsprechend auch Tatbestandsmerkmal in Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b) der maßgeblichen „Etikettierungs“-Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl.EG L 109 S. 29) ist, muss hinsichtlich des streitgegenständlichen Produktes vorliegen. Im Übrigen sind die Verkehrsbezeichnungen der von der Klägerin vorgelegten Etiketten auch nicht mit derjenigen der streitgegenständlichen Waren identisch.
24 
2. Die den Surimi-Anteil nicht ausweisende Verkehrsbezeichnung einer Meeresfrüchte-Mischung kann auch nicht als nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV betrachtet werden.
25 
a) Entgegen der von der Klägerin vorgetragenen Auffassung besteht insoweit keine Beweislast des Beklagten dafür, dass eine Meeresfrüchte-Mischung nach allgemeiner Verkehrsauffassung Surimi nicht enthalten dürfe. Vielmehr ergibt sich aus der Regelungssystematik des § 4 LMKV, dass in den Fällen, in denen eine verkehrsübliche Bezeichnung nicht festgestellt werden kann, eine beschreibende Bezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV zu erfolgen hat (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 4 Rn. 11; Hagenmeyer, LMKV-Kommentar 2001, § 4 Rn. 10 sowie Rn. 3). Die Nichterweislichkeit einer allgemeinen Verkehrsauffassung hätte deshalb nicht die Zulässigkeit der praktizierten Deklarierung zur Folge, sondern führte nur zu einer Prüfung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV.
26 
b) Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat verweist (vgl. § 130b Satz 2 VwGO), hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass eine allgemeine Verkehrsauffassung, nach der Meeresfrüchte-Mischungen auch Surimi enthalten, nicht festgestellt werden kann. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
27 
aa) Das folgt zunächst schon daraus, dass Surimi selbst nach in Deutschland allgemeiner Verkehrsauffassung nicht als Meeresfrucht, sondern als Fischerzeugnis angesehen wird. Insoweit kann auf die nach § 15 LFGB beschlossenen Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission verwiesen werden. Diese stellen zwar keine Rechtsvorschriften dar, die aufgelisteten Bezeichnungen bringen aber regelmäßig die nach allgemeiner Verkaufsauffassung üblichen Bezeichnungen zum Ausdruck (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 4 Rn. 7; Hagenmeyer, LMKV-Kommentar, 2001, § 4 Rn. 12 m.w.N.). Nach den insoweit maßgeblichen „Leitsätzen für Fische, Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus“ ist Surimi aber ein Fischteil (Nr. I.A.4.j) und muss auch als „Fischzubereitung aus Fischmuskeleiweiß“ bezeichnet werden (Nr. II.N.2).
28 
Fischteile und -erzeugnisse gehören nach allgemein üblichem Sprachgebrauch aber nicht zu den Meeresfrüchten. Diese Formulierung wird – anders als die englische Bezeichnung „seafood“ - regelmäßig vielmehr gerade zur Abgrenzung der Fische (und Wale) von den übrigen essbaren Meerestieren verwendet (vgl. stellvertretend etwa die Definition in Wikipedia). Andernfalls könnte unter der Bezeichnung eines Meeresfrüchte-Tellers auch bloßer Fisch serviert werden, was offenkundig nicht der allgemeinen Verbrauchererwartung entspricht. Dass gelegentlich auch abweichende Definitionen anzutreffen sind, stellt dieses Ergebnis nicht in Frage. Die benannten Fundstellen führen nicht dazu, dass eine allgemeine Verkehrsauffassung des Inhalts festgestellt werden könnte, dass unter dem Begriff der Meeresfrüchte auch Fische zu subsumieren wären.
29 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass es sich bei Surimi auch nicht um Fisch im ursprünglichen Sinne und dem Verständnis der allgemeinen Verkehrsauffassung handelt, sondern um ein in einem technischen Verarbeitungsprozess entstehendes Erzeugnis aus herausgelösten Fischeiweißfraktionen und weiteren Zutaten, die nach den Ausführungen der Tierärztin des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg in der mündlichen Verhandlung vielfach den Rohsurimianteil übersteigen. Selbst die von der Klägerin vorgelegte Beschlussfassung der 4. Lemgoer Lebensmittelrechtstagung vom 07.04.2008 hat insoweit ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Fischzubereitung aus Fischmuskeleiweiß „insoweit nicht den Meeresfrüchten unterfällt“ (vgl. Fleischwirtschaft Nr. 9/2008, S. 72).
30 
bb) Surimi ist auch kein nach allgemeiner Verkehrsauffassung in einer Meeresfrüchte-Mischung zu erwartender Bestandteil.
31 
Entgegen der mit der Berufung vorgetragenen Auffassung reicht zunächst die im Handel übliche Bezeichnung für sich genommen nicht zur Begründung einer verkehrsüblichen Bezeichnung aus. Denn § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV stellt hierfür nicht auf die einseitige Produzentensicht ab, sondern auf die Verkehrsauffassung und damit insbesondere die Sicht der Verbraucher. Bei der Feststellung einer allgemeinen Verkehrsauffassung im Bereich des Lebensmittelrechts ist deshalb maßgeblich auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 04.04.2000 - C-465/98 -, Slg. 2000, I-2297, Rn. 20). Der damit angesprochene Referenzverbraucher wird durch die Frage bestimmt, welcher Verbraucherkreis das Produkt wahrscheinlich erwerben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, LRE 40, 166, Rn. 4).
32 
Zugunsten der Klägerin geht der Senat insoweit davon aus, dass ihr Produkt überwiegend im Großhandel und in Cash&Carry-Märkten vertrieben wird. Auch bei Berücksichtigung dieses - regelmäßig besser als im Einzelhandel informierten - Käuferkreises lässt sich die geltend gemachte Verkehrsauffassung indes nicht feststellen. Vielmehr ergibt sich aus den nachvollziehbaren Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die sich der Senat zu eigen macht, sowie der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 02.10.2008 vorgelegten Übersicht, dass auch in diesem Marktsegment ein erheblicher Anteil der erhältlichen Meeresfrucht-Produkte Surimi nicht enthält. Selbst die Firma XXX, die das streitgegenständliche und von der Klägerin vertriebene Produkt herstellt, hält in ihrem Angebot eine Meeresfrüchte-Mischung bereit, die ohne Surimi hergestellt wird. Eine allgemeine Verkehrsauffassung, nach der ein Meeresfrüchte-Cocktail auch Surimi enthält, kann damit offenkundig nicht festgestellt werden. Sie entspricht weder dem vorhandenen Handelsbrauch noch dem allgemeinen Sprachgebrauch oder der üblichen Verbrauchererwartung.
33 
Aus den Äußerungen der 4. Lemgoer Lebensmittelrechtstagung vom 07.04. 2008 (vgl. Fleischwirtschaft Nr. 9/2008, S. 72) ergibt sich nichts anderes. Denn die dort vertretene Auffassung, in der Verkehrsbezeichnung einer Meeresfrüchte-Mischung müsse Surimi nicht aufgeführt werden, da der richtige Ort der Zutatenkennzeichnung auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung stets die Zutatenliste sei, nimmt nicht auf eine behauptete Verkehrsanschauung Bezug, sondern bringt eine Einschätzung des Diskussionsforum hinsichtlich der bestehenden Rechtslage zum Ausdruck. Insoweit kommt der Lemgoer Lebensmittelrechtstagung aber keine präjudizierende Meinungsträgerschaft zu.
34 
Anhaltspunkte für das Bestehen einer allgemeinen Verkehrsauffassung, nach der eine Meeresfrüchte-Mischung auch Surimi enthalte, sind nach Auffassung des Senats damit nicht erkennbar, sodass auch eine weitere Aufklärung, die auch von der Klägerin nicht beantragt worden ist, nicht erforderlich erscheint. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass in den Leitsätzen der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission für Meeresfrüchte eine Bezeichnung, die für eine allgemeine Verkehrsauffassung sprechen könnte, nicht aufgeführt wird.
35 
3. Auf Basis der damit erforderlich werdenden beschreibenden Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV ist die Kennzeichnung des Surimi-Anteils indes angezeigt, um das Produkt von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheiden zu können.
36 
a) Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV muss das Lebensmittel so beschrieben sein, dass der Verbraucher sowohl die Art des Lebensmittels genau erkennen als auch das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen eindeutig unterscheiden kann. Eine vollständige Beschreibung der Bestandteile ist danach zwar grundsätzlich nicht erforderlich; diese Funktion erfüllt vielmehr primär das Zutatenverzeichnis. Die beschreibende Verkehrsbezeichnung muss aber hinreichend genau sein, um es dem Verbraucher zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.02.1999 - C-383/97 -, Slg. I-731, Rn. 31); insoweit kann das Verzeichnis der Zutaten nach § 6 LMKV die Beschreibung nicht ersetzen (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 4 Rn. 12). Soweit die Angabe daher erforderlich ist, um die charakteristischen Eigenschaften des Lebensmittels - und damit insbesondere die wertbestimmenden und geschmacksbildenden Bestandteile – offen zu legen und eine Unterscheidung mit verwechselbaren Erzeugnissen zu ermöglichen, sind die Zutaten bereits in der Verkehrsbezeichnung selbst zu deklarieren (vgl. Hagenmeyer, LMKV-Kommentar, 2001, § 4 Rn. 14 f.).
37 
b) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend zur Beschreibung des von der Klägerin vertriebenen Lebensmittels ein Hinweis auf die Zugabe von Surimi in der Verkehrsbezeichnung erforderlich. Denn bei Surimi handelt es sich nach dem bereits Dargelegten nicht um eine Meeresfrucht, sodass das von der Klägerin vertriebene Produkt angesichts des erheblichen Anteils von 20 % Surimi ohne entsprechenden Hinweis nicht hinreichend präzise beschrieben ist. Dies folgt insbesondere daraus, dass auf dem deutschen Markt - in allen Käufersegmenten - Meeresfrüchte-Mischungen ohne Surimi und Meeresfrüchte-Mischungen mit Surimi-Anteil zu finden sind. Um die Art des Lebensmittels erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheiden zu können, bedarf es daher einer entsprechenden Deklarierung. Dem steht die Angabe des Surimi-Anteils im Zutatenverzeichnis nach § 6 LMKV nicht entgegen. Denn hierdurch wird den Erfordernissen einer hinreichend abgrenzbaren Bezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht entsprochen.
38 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in der Bezeichnung des streitgegenständlichen Produkts aufgenommen Formulierung der „Mischung“. Denn aus diesem Zusatz lässt sich nicht entnehmen, dass in der Mischung auch andere Bestandteile als Meeresfrüchte enthalten sind. Vielmehr bestünde insoweit die Gefahr der Verwechslung und Irreführung, weil die Bezeichnung jedenfalls auch - und wohl näher liegend - so verstanden werden kann, dass mit ihr zum Ausdruck gebracht werden soll, dass in dem Produkt unterschiedliche Meeresfrüchte, wie etwa Tintenfisch, Muscheln oder Krebse enthalten sind. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a der Etikettierungs-RL 2000/13/EG muss die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels aber hinreichend genau sein, um es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte. Gerade ein Irrtum über Beschaffenheit und Zusammensetzung des Lebensmittels (vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a der Etikettierungs-RL 2000/13/EG) muss damit vermieden werden. Die Beifügung von 20 % Surimi, das selbst als „Fischzubereitung aus Fischmuskeleiweiß“ nicht zu den Meeresfrüchten gehört und im Hinblick auf seine verkehrswesentlichen Eigenschaften von den nach der verkehrsüblichen Bezeichnung zu erwartenden Weich- und Krustentieren zu unterscheiden ist, bedarf daher der klarstellenden Etikettierung.
39 
Auch das mit der Berufung zitierte Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.08.1996 (- 13 A 7606/95 -, NWVBl 1997, 104) rechtfertigt keine andere Einschätzung. Dies folgt zunächst schon daraus, dass es in dieser Entscheidung nicht primär um die Voraussetzungen der Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV, sondern um die verkehrsübliche Bezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV und um den Problemkreis der Irreführung ging. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht in dieser Entscheidung selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise anders zu entscheiden sein könnte, wenn der dort maßgebliche Geflügelfleischanteil in Frikadellen mehr als 5 % betragen sollte. Bei einem vierfach höheren Anteil und der Tatsache, dass Surimi selbst keine Meeresfrucht darstellt, unterscheidet sich die Konstellation daher grundsätzlich von dem durch das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall. Schließlich handelt es sich bei Frikadellen um ein gefertigtes Erzeugnis, bei dem sich der Verbraucher der Tatsache bewusst sein muss, dass es aus unterschiedlichen Zutaten hergestellt ist, die im Einzelnen der Verkehrsbezeichnung nicht zu entnehmen sind.
40 
Angesichts der beschriebenen Verwechslungsgefahr mit im Markt befindlichen Meeresfrüchte-Mischungen ohne Surimi-Anteile ist nach Auffassung des Senats damit ein ergänzender Hinweis zur ordnungsgemäßen Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV erforderlich (vgl. dazu auch die vom Beklagten im Verfahren erster Instanz vorgelegten Unterlagen der 58. Arbeitstagung des Arbeitskreises der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der vom Tier stammenden Lebensmittel tätigen Sachverständigen).
41 
III. Zu Recht macht die Klägerin indes geltend, dass eine irreführende Bezeichnung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB nicht angenommen werden kann.
42 
1. Zutreffend ist allerdings, dass sich eine Irreführung auch aus einem Unterlassen ergeben kann (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 102 § 11 Rn. 84). Hinsichtlich fehlender Zutatenangaben in der Bezeichnung ist indes zu berücksichtigen, dass sich die Zutaten im Einzelnen aus dem Verzeichnis ergeben und ein bloßes Unterlassen daher grundsätzlich nicht geeignet ist, den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB zu erfüllen. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann von Irreführung eines Verbrauchers in Bezug auf die Zusammensetzung eines Lebensmittels regelmäßig dann nicht ausgegangen werden, wenn hierauf im Zutatenverzeichnis des Lebensmittels ordnungsgemäß hingewiesen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 04.04.2000 - C-465/98 -, Slg I-2297, Rn. 22). Grundsätzlich müsse davon ausgegangen werden, dass Verbraucher, die sich in ihrer Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richten, zunächst das Zutatenverzeichnis lesen (vgl. EuGH, Urteil vom 26.10.1995 - C-51/94 -, Slg. I-3599, Rn. 34).
43 
Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB setzen daher mehr als ein bloßes Nichtdeklarieren etwaiger Zutaten voraus. Eine Irreführung kommt demnach nur dann in Betracht, wenn die sonstige Aufmachung des Produkts mit den zutreffenden Angaben im Zutatenverzeichnis in Widerspruch steht und bei einer Gesamtschau eine unzutreffende Erwartung des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers hervorzurufen in der Lage ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, LRE 40, 166, Rn. 8; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 102 § 11 Rn. 177).
44 
2. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann von einem derartigen Ausnahmefall hier nach Einschätzung des erkennenden Senats nicht ausgegangen werden.
45 
a) Zwar trifft zu, dass mit den in der Verkehrsbezeichnung erfolgten Beschreibungen „gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ weitere ergänzende Angaben enthalten sind. Diese beziehen sich jedoch nicht auf die enthaltenen Zutaten, sondern betreffen den Zustand des Lebensmittels und die besondere Behandlung, die es erfahren hat, und damit durchgängig Angaben, zu denen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Etikettierungs-RL 2000/13/EG grundsätzlich verpflichtet. Eine Irreführung oder Widersprüchlichkeit hinsichtlich der Zutaten kann darin nicht gesehen werden.
46 
b) Auch aus Art und Platzierung der Kennzeichnung kann nicht entnommen werden, dass die Information des Verbrauchers beeinträchtigt wäre.
47 
Dass das Zutatenverzeichnis unter einem Rezeptvorschlag angebracht ist, beeinträchtigt die gute Sichtbarkeit der Informationen nicht (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 LMKV). Vielmehr ist der „Zutaten-Block“ durch einen Absatz getrennt und die Überschrift durch einen größeren Schriftgrad deutlich kenntlich gemacht. Auch bei einem flüchtigen Blick auf die Verpackung bereitet die Gestaltung daher keinerlei Mühe, das Zutatenverzeichnis aufzufinden und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. hierzu Hagenmeyer, LMKV-Kommentar, 2001, § 3 Rn. 18; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 3 Rn. 48). Schließlich ist die vom Verwaltungsgericht auf eine Sieben-Punkt-Schrift geschätzte Schriftgröße nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.1988 - I ZR 144/86 -, NJW-RR 1989, 301) und gewährleistet die erforderliche „deutliche Lesbarkeit“ noch in ausreichender Weise.
48 
Sonstige Umstände, die trotz der ordnungsgemäßen Ausweisung von Surimi in der Zutatenliste eine hiervon widersprüchliche Aufmachung begründen könnten, sind der Verpackung nicht zu entnehmen. Das im Regelfall das Informationsbedürfnis des durchschnittlichen Verbrauchers befriedigende Zutatenverzeichnis erfüllt daher den gesetzlich intendierten Schutzzweck.
49 
c) Etwas anderes folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Firma XXX auch Produkte anbietet, die kein Surimi enthalten. Dieser Gesichtspunkt ist zwar bei der Erforderlichkeit eines Zusatzes in der Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV zu berücksichtigen; er ergibt aber keinen Anknüpfungspunkt für die vom Verwaltungsgericht angenommene Widersprüchlichkeit der konkreten Produktgestaltung.
50 
Auch bei Berücksichtigung der Gesamtaufmachung des beanstandeten Produktes und anderer durch die Firma XXX vertriebenen Waren sind daher keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, eine Irreführung anzunehmen. Hinsichtlich des zweiten Feststellungsantrages hat die Berufung der Klägerin daher Erfolg.
51 
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür vorausgesetzter Zulassungsgrund nicht vorliegt.
53 
Beschluss vom 11. Februar 2010
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- -EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327). Konkrete Anhaltspunkte für die zu erwartende wirtschaftliche Auswirkung sind von den Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
55 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 2 und 3 VwGO entsprechend erhobene Berufung hat teilweise Erfolg. Die von der Klägerin zulässigerweise als vorbeugende Feststellungsklage erhobene Klage (I.) ist begründet, soweit sich die Klägerin gegen den Vorwurf der Irreführung wendet (III.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dagegen entschieden, dass eine den erheblichen Surimi-Anteil nicht aufführende Verkehrsbezeichnung den Vorgaben der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung nicht entspricht (II.).
14 
I. Die gegen das Land gerichtete Feststellungsklage ist zulässig.
15 
Allerdings ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene Handlungsfeld nicht übermäßig und „anlasslos“ zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten übertragene Kontrollfunktion gegen regulierende Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegen behördliche Regulierungen setzt daher regelmäßig den Erlass eines Verwaltungsaktes voraus, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Anordnungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig.
16 
Etwas anderes gilt indes dann, wenn dem Bürger ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt hier vor. Die Klägerin hat ein schutzwürdiges Interesse an der alsbaldigen Feststellung der streitigen Fragen des Lebensmittelrechts. Dies folgt zunächst bereits daraus, dass sie auf gesicherte Rechtsverhältnisse angewiesen ist, um ihren Vertrieb und damit ihre wirtschaftlichen Dispositionen entsprechend einstellen zu können. Insbesondere aber verstieße es gegen die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG, die Klägerin auf die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel im eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahren zu verweisen. Denn es ist der Klägerin nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ führen zu müssen. Sie hat vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihr wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren droht (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 07.04.2003 - 1 BvR 2129/02 -, NVwZ 2003, 856, Rn. 14). Es ist weder sinnvoll noch zumutbar, dem Bürger in einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger Fragen des öffentlichen Rechts zu verwehren. Dies gilt umso mehr, als Kern und Anlass der Auseinandersetzung im öffentlichen Recht wurzeln und ein Verweis auf die Rechtsschutzmöglichkeiten der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegen etwaige Ermittlungsmaßnahmen daher auch nicht sachdienlich erscheint.
17 
Die vom Beklagten benannten Entscheidungen des 6. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg stehen dem nicht entgegen. Dort ist vielmehr ausdrücklich entschieden, dass zur Klärung streitiger verwaltungsrechtlicher Vorfragen die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO grundsätzlich eröffnet ist (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.04.2007 - 6 S 46/05 -). Soweit der 6. Senat in den vom Beklagten benannten Entscheidungen ein Feststellungsinteresse verneint hatte, war diese Annahme darin begründet, dass die Ermittlungsmaßnahmen bereits beendet und hinreichende Anhaltspunkte für ein ordnungswidrigkeitenrechtliches Einschreiten damit nicht mehr gegeben waren (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.04.2007 - 6 S 129/05 -). Eine entsprechende Konstellation liegt hier aber nicht vor. Die Klägerin war nicht nur in der Vergangenheit (wiederholt) mit ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ermittlungsverfahren konfrontiert worden, vielmehr hat die Staatsanwaltschaft Offenburg in ihren Schreiben vom 04.01.2006 und 18.04.2006 unmissverständlich mit der Einleitung eines Strafverfahrens gedroht, sofern die vom Landratsamt festgestellten Verstöße gegen das Lebensmittelrecht nicht abgestellt würden. Das insoweit noch laufende Ermittlungsverfahren ist nur im Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche Klage ausgesetzt worden. Es liegt daher nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr sondern aus Anlass eines unmittelbar drohenden Ermittlungsverfahrens ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung vor.
18 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann ihm - als dem Rechtsträger der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde nach § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 4 AG-LMBG, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG – das ordnungsrechtliche Einschreiten auch zugerechnet werden. Dies ergibt sich jedenfalls daraus, dass das Landratsamt die Klägerin mit Schreiben vom 07.05.2007 zur Umsetzung ihrer Vorstellungen des Lebensmittelrechts aufgefordert und den Vorgang zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft vorgelegt hat. Damit war aus der maßgeblichen Empfängersicht eindeutig, dass die Behörde eine weitere Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage nicht durch Erlass eines - der Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten zugänglichen - Verwaltungsakts klären würde, sondern dass die weitere Auseinandersetzung über die unterschiedliche Auslegung des Lebensmittelrechts vor einem Strafgericht stattfinden würde. Die Klageerhebung zum Verwaltungsgericht war damit vom Beklagten veranlasst und zur abschließenden Klärung der lebensmittelrechtlichen Streitigkeit auch sachdienlich.
19 
Die Beteiligten streiten somit aus Anlass einer vom Beklagten veranlassten Begutachtung um die Verkehrsfähigkeit der von der Klägerin in Deutschland vertriebenen Produkte und insbesondere um die mit den Feststellungsanträgen benannten Fragen der zutreffenden Kennzeichnung und Bezeichnung. Damit wird dem Verwaltungsgericht keine abstrakte Rechtsfrage zur Entscheidung unterbreitet, die Feststellungsanträge betreffen vielmehr den zwischen der Klägerin als Lebensmittelhändlerin und dem Beklagten als Lebensmittelüberwachungsbehörde aus Anlass konkreter Beanstandungen bestehenden Streit um Umfang und Ausmaß der lebensmittelrechtlichen Bezeichnungspflicht für surimihaltige Meeresfrüchte-Mischungen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist mithin gegeben (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung auch Hess. VGH, Urteil vom 17.12.1985 - 9 UE 2162/85 -, NVwZ 1988, 445).
20 
II. Das In-Verkehr-Bringen einer Meeresfrüchte-Mischung mit einem Surimi-Anteil von 20 % ohne entsprechende Kenntlichmachung in der Verkehrsbezeichnung verstößt gegen die Vorgaben aus § 4 Abs. 1 LMKV. Hinsichtlich des ersten Feststellungsantrags sind Klage und Berufung daher unbegründet.
21 
1. Ob die Verkehrsbezeichnung den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LMKV entsprechen könnte, wie im Berufungsschriftsatz vorgetragen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Denn die Klägerin hat das Feststellungsbegehren in Bezug auf die Verkehrsbezeichnung ausdrücklich auf Verstöße gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LMKV bezogen. Folgerichtig hat auch das Verwaltungsgericht zu § 4 Abs. 2 LMKV weder tatsächliche Feststellungen getroffen noch rechtliche Ausführungen gemacht.
22 
Unabhängig hiervon kann dem Vortrag der Klägerin auch nicht entnommen werden, dass das von ihr in Deutschland vertriebene Produkt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - und damit angesichts der deutschsprachigen Bezeichnung wohl allenfalls in Österreich - „rechtmäßig“ in den Verkehr gebracht würde. Selbst wenn das von der Firma XXX hergestellte Produkt mit derselben Verpackung und Bezeichnung in Österreich verkauft würde, ergäbe sich hieraus nicht bereits die vorausgesetzte Rechtmäßigkeit des entsprechenden In-Verkehr-Bringens - wie gerade die langjährige Beanstandung der Tätigkeit der Klägerin auf dem deutschen Markt zeigt. Allein aus dem Umstand, dass das Produkt in Österreich mit derselben Bezeichnung im Verkehr aufgefunden werden kann, könnte daher nicht geschlossen werden, dass diese Verkehrsbezeichnung dort auch zulässig und die Etikettierung damit rechtmäßig wäre.
23 
Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass ähnliche Produkte in EU-Mitgliedstaaten ohne ausdrückliche Kennzeichnung des Surimi-Zusatzes in den Verkehr gebracht würden, ist dies für den Tatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 1 LMKV nicht ausreichend. Denn der grenzüberschreitende Bezug, der Bezugspunkt für die Warenverkehrsfreiheit und dementsprechend auch Tatbestandsmerkmal in Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b) der maßgeblichen „Etikettierungs“-Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl.EG L 109 S. 29) ist, muss hinsichtlich des streitgegenständlichen Produktes vorliegen. Im Übrigen sind die Verkehrsbezeichnungen der von der Klägerin vorgelegten Etiketten auch nicht mit derjenigen der streitgegenständlichen Waren identisch.
24 
2. Die den Surimi-Anteil nicht ausweisende Verkehrsbezeichnung einer Meeresfrüchte-Mischung kann auch nicht als nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV betrachtet werden.
25 
a) Entgegen der von der Klägerin vorgetragenen Auffassung besteht insoweit keine Beweislast des Beklagten dafür, dass eine Meeresfrüchte-Mischung nach allgemeiner Verkehrsauffassung Surimi nicht enthalten dürfe. Vielmehr ergibt sich aus der Regelungssystematik des § 4 LMKV, dass in den Fällen, in denen eine verkehrsübliche Bezeichnung nicht festgestellt werden kann, eine beschreibende Bezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV zu erfolgen hat (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 4 Rn. 11; Hagenmeyer, LMKV-Kommentar 2001, § 4 Rn. 10 sowie Rn. 3). Die Nichterweislichkeit einer allgemeinen Verkehrsauffassung hätte deshalb nicht die Zulässigkeit der praktizierten Deklarierung zur Folge, sondern führte nur zu einer Prüfung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV.
26 
b) Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat verweist (vgl. § 130b Satz 2 VwGO), hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass eine allgemeine Verkehrsauffassung, nach der Meeresfrüchte-Mischungen auch Surimi enthalten, nicht festgestellt werden kann. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
27 
aa) Das folgt zunächst schon daraus, dass Surimi selbst nach in Deutschland allgemeiner Verkehrsauffassung nicht als Meeresfrucht, sondern als Fischerzeugnis angesehen wird. Insoweit kann auf die nach § 15 LFGB beschlossenen Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission verwiesen werden. Diese stellen zwar keine Rechtsvorschriften dar, die aufgelisteten Bezeichnungen bringen aber regelmäßig die nach allgemeiner Verkaufsauffassung üblichen Bezeichnungen zum Ausdruck (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 4 Rn. 7; Hagenmeyer, LMKV-Kommentar, 2001, § 4 Rn. 12 m.w.N.). Nach den insoweit maßgeblichen „Leitsätzen für Fische, Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus“ ist Surimi aber ein Fischteil (Nr. I.A.4.j) und muss auch als „Fischzubereitung aus Fischmuskeleiweiß“ bezeichnet werden (Nr. II.N.2).
28 
Fischteile und -erzeugnisse gehören nach allgemein üblichem Sprachgebrauch aber nicht zu den Meeresfrüchten. Diese Formulierung wird – anders als die englische Bezeichnung „seafood“ - regelmäßig vielmehr gerade zur Abgrenzung der Fische (und Wale) von den übrigen essbaren Meerestieren verwendet (vgl. stellvertretend etwa die Definition in Wikipedia). Andernfalls könnte unter der Bezeichnung eines Meeresfrüchte-Tellers auch bloßer Fisch serviert werden, was offenkundig nicht der allgemeinen Verbrauchererwartung entspricht. Dass gelegentlich auch abweichende Definitionen anzutreffen sind, stellt dieses Ergebnis nicht in Frage. Die benannten Fundstellen führen nicht dazu, dass eine allgemeine Verkehrsauffassung des Inhalts festgestellt werden könnte, dass unter dem Begriff der Meeresfrüchte auch Fische zu subsumieren wären.
29 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass es sich bei Surimi auch nicht um Fisch im ursprünglichen Sinne und dem Verständnis der allgemeinen Verkehrsauffassung handelt, sondern um ein in einem technischen Verarbeitungsprozess entstehendes Erzeugnis aus herausgelösten Fischeiweißfraktionen und weiteren Zutaten, die nach den Ausführungen der Tierärztin des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg in der mündlichen Verhandlung vielfach den Rohsurimianteil übersteigen. Selbst die von der Klägerin vorgelegte Beschlussfassung der 4. Lemgoer Lebensmittelrechtstagung vom 07.04.2008 hat insoweit ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Fischzubereitung aus Fischmuskeleiweiß „insoweit nicht den Meeresfrüchten unterfällt“ (vgl. Fleischwirtschaft Nr. 9/2008, S. 72).
30 
bb) Surimi ist auch kein nach allgemeiner Verkehrsauffassung in einer Meeresfrüchte-Mischung zu erwartender Bestandteil.
31 
Entgegen der mit der Berufung vorgetragenen Auffassung reicht zunächst die im Handel übliche Bezeichnung für sich genommen nicht zur Begründung einer verkehrsüblichen Bezeichnung aus. Denn § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV stellt hierfür nicht auf die einseitige Produzentensicht ab, sondern auf die Verkehrsauffassung und damit insbesondere die Sicht der Verbraucher. Bei der Feststellung einer allgemeinen Verkehrsauffassung im Bereich des Lebensmittelrechts ist deshalb maßgeblich auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 04.04.2000 - C-465/98 -, Slg. 2000, I-2297, Rn. 20). Der damit angesprochene Referenzverbraucher wird durch die Frage bestimmt, welcher Verbraucherkreis das Produkt wahrscheinlich erwerben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, LRE 40, 166, Rn. 4).
32 
Zugunsten der Klägerin geht der Senat insoweit davon aus, dass ihr Produkt überwiegend im Großhandel und in Cash&Carry-Märkten vertrieben wird. Auch bei Berücksichtigung dieses - regelmäßig besser als im Einzelhandel informierten - Käuferkreises lässt sich die geltend gemachte Verkehrsauffassung indes nicht feststellen. Vielmehr ergibt sich aus den nachvollziehbaren Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die sich der Senat zu eigen macht, sowie der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 02.10.2008 vorgelegten Übersicht, dass auch in diesem Marktsegment ein erheblicher Anteil der erhältlichen Meeresfrucht-Produkte Surimi nicht enthält. Selbst die Firma XXX, die das streitgegenständliche und von der Klägerin vertriebene Produkt herstellt, hält in ihrem Angebot eine Meeresfrüchte-Mischung bereit, die ohne Surimi hergestellt wird. Eine allgemeine Verkehrsauffassung, nach der ein Meeresfrüchte-Cocktail auch Surimi enthält, kann damit offenkundig nicht festgestellt werden. Sie entspricht weder dem vorhandenen Handelsbrauch noch dem allgemeinen Sprachgebrauch oder der üblichen Verbrauchererwartung.
33 
Aus den Äußerungen der 4. Lemgoer Lebensmittelrechtstagung vom 07.04. 2008 (vgl. Fleischwirtschaft Nr. 9/2008, S. 72) ergibt sich nichts anderes. Denn die dort vertretene Auffassung, in der Verkehrsbezeichnung einer Meeresfrüchte-Mischung müsse Surimi nicht aufgeführt werden, da der richtige Ort der Zutatenkennzeichnung auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung stets die Zutatenliste sei, nimmt nicht auf eine behauptete Verkehrsanschauung Bezug, sondern bringt eine Einschätzung des Diskussionsforum hinsichtlich der bestehenden Rechtslage zum Ausdruck. Insoweit kommt der Lemgoer Lebensmittelrechtstagung aber keine präjudizierende Meinungsträgerschaft zu.
34 
Anhaltspunkte für das Bestehen einer allgemeinen Verkehrsauffassung, nach der eine Meeresfrüchte-Mischung auch Surimi enthalte, sind nach Auffassung des Senats damit nicht erkennbar, sodass auch eine weitere Aufklärung, die auch von der Klägerin nicht beantragt worden ist, nicht erforderlich erscheint. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass in den Leitsätzen der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission für Meeresfrüchte eine Bezeichnung, die für eine allgemeine Verkehrsauffassung sprechen könnte, nicht aufgeführt wird.
35 
3. Auf Basis der damit erforderlich werdenden beschreibenden Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV ist die Kennzeichnung des Surimi-Anteils indes angezeigt, um das Produkt von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheiden zu können.
36 
a) Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV muss das Lebensmittel so beschrieben sein, dass der Verbraucher sowohl die Art des Lebensmittels genau erkennen als auch das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen eindeutig unterscheiden kann. Eine vollständige Beschreibung der Bestandteile ist danach zwar grundsätzlich nicht erforderlich; diese Funktion erfüllt vielmehr primär das Zutatenverzeichnis. Die beschreibende Verkehrsbezeichnung muss aber hinreichend genau sein, um es dem Verbraucher zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.02.1999 - C-383/97 -, Slg. I-731, Rn. 31); insoweit kann das Verzeichnis der Zutaten nach § 6 LMKV die Beschreibung nicht ersetzen (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 4 Rn. 12). Soweit die Angabe daher erforderlich ist, um die charakteristischen Eigenschaften des Lebensmittels - und damit insbesondere die wertbestimmenden und geschmacksbildenden Bestandteile – offen zu legen und eine Unterscheidung mit verwechselbaren Erzeugnissen zu ermöglichen, sind die Zutaten bereits in der Verkehrsbezeichnung selbst zu deklarieren (vgl. Hagenmeyer, LMKV-Kommentar, 2001, § 4 Rn. 14 f.).
37 
b) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend zur Beschreibung des von der Klägerin vertriebenen Lebensmittels ein Hinweis auf die Zugabe von Surimi in der Verkehrsbezeichnung erforderlich. Denn bei Surimi handelt es sich nach dem bereits Dargelegten nicht um eine Meeresfrucht, sodass das von der Klägerin vertriebene Produkt angesichts des erheblichen Anteils von 20 % Surimi ohne entsprechenden Hinweis nicht hinreichend präzise beschrieben ist. Dies folgt insbesondere daraus, dass auf dem deutschen Markt - in allen Käufersegmenten - Meeresfrüchte-Mischungen ohne Surimi und Meeresfrüchte-Mischungen mit Surimi-Anteil zu finden sind. Um die Art des Lebensmittels erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheiden zu können, bedarf es daher einer entsprechenden Deklarierung. Dem steht die Angabe des Surimi-Anteils im Zutatenverzeichnis nach § 6 LMKV nicht entgegen. Denn hierdurch wird den Erfordernissen einer hinreichend abgrenzbaren Bezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht entsprochen.
38 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in der Bezeichnung des streitgegenständlichen Produkts aufgenommen Formulierung der „Mischung“. Denn aus diesem Zusatz lässt sich nicht entnehmen, dass in der Mischung auch andere Bestandteile als Meeresfrüchte enthalten sind. Vielmehr bestünde insoweit die Gefahr der Verwechslung und Irreführung, weil die Bezeichnung jedenfalls auch - und wohl näher liegend - so verstanden werden kann, dass mit ihr zum Ausdruck gebracht werden soll, dass in dem Produkt unterschiedliche Meeresfrüchte, wie etwa Tintenfisch, Muscheln oder Krebse enthalten sind. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a der Etikettierungs-RL 2000/13/EG muss die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels aber hinreichend genau sein, um es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte. Gerade ein Irrtum über Beschaffenheit und Zusammensetzung des Lebensmittels (vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a der Etikettierungs-RL 2000/13/EG) muss damit vermieden werden. Die Beifügung von 20 % Surimi, das selbst als „Fischzubereitung aus Fischmuskeleiweiß“ nicht zu den Meeresfrüchten gehört und im Hinblick auf seine verkehrswesentlichen Eigenschaften von den nach der verkehrsüblichen Bezeichnung zu erwartenden Weich- und Krustentieren zu unterscheiden ist, bedarf daher der klarstellenden Etikettierung.
39 
Auch das mit der Berufung zitierte Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.08.1996 (- 13 A 7606/95 -, NWVBl 1997, 104) rechtfertigt keine andere Einschätzung. Dies folgt zunächst schon daraus, dass es in dieser Entscheidung nicht primär um die Voraussetzungen der Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV, sondern um die verkehrsübliche Bezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV und um den Problemkreis der Irreführung ging. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht in dieser Entscheidung selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise anders zu entscheiden sein könnte, wenn der dort maßgebliche Geflügelfleischanteil in Frikadellen mehr als 5 % betragen sollte. Bei einem vierfach höheren Anteil und der Tatsache, dass Surimi selbst keine Meeresfrucht darstellt, unterscheidet sich die Konstellation daher grundsätzlich von dem durch das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall. Schließlich handelt es sich bei Frikadellen um ein gefertigtes Erzeugnis, bei dem sich der Verbraucher der Tatsache bewusst sein muss, dass es aus unterschiedlichen Zutaten hergestellt ist, die im Einzelnen der Verkehrsbezeichnung nicht zu entnehmen sind.
40 
Angesichts der beschriebenen Verwechslungsgefahr mit im Markt befindlichen Meeresfrüchte-Mischungen ohne Surimi-Anteile ist nach Auffassung des Senats damit ein ergänzender Hinweis zur ordnungsgemäßen Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV erforderlich (vgl. dazu auch die vom Beklagten im Verfahren erster Instanz vorgelegten Unterlagen der 58. Arbeitstagung des Arbeitskreises der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der vom Tier stammenden Lebensmittel tätigen Sachverständigen).
41 
III. Zu Recht macht die Klägerin indes geltend, dass eine irreführende Bezeichnung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB nicht angenommen werden kann.
42 
1. Zutreffend ist allerdings, dass sich eine Irreführung auch aus einem Unterlassen ergeben kann (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 102 § 11 Rn. 84). Hinsichtlich fehlender Zutatenangaben in der Bezeichnung ist indes zu berücksichtigen, dass sich die Zutaten im Einzelnen aus dem Verzeichnis ergeben und ein bloßes Unterlassen daher grundsätzlich nicht geeignet ist, den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB zu erfüllen. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann von Irreführung eines Verbrauchers in Bezug auf die Zusammensetzung eines Lebensmittels regelmäßig dann nicht ausgegangen werden, wenn hierauf im Zutatenverzeichnis des Lebensmittels ordnungsgemäß hingewiesen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 04.04.2000 - C-465/98 -, Slg I-2297, Rn. 22). Grundsätzlich müsse davon ausgegangen werden, dass Verbraucher, die sich in ihrer Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richten, zunächst das Zutatenverzeichnis lesen (vgl. EuGH, Urteil vom 26.10.1995 - C-51/94 -, Slg. I-3599, Rn. 34).
43 
Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB setzen daher mehr als ein bloßes Nichtdeklarieren etwaiger Zutaten voraus. Eine Irreführung kommt demnach nur dann in Betracht, wenn die sonstige Aufmachung des Produkts mit den zutreffenden Angaben im Zutatenverzeichnis in Widerspruch steht und bei einer Gesamtschau eine unzutreffende Erwartung des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers hervorzurufen in der Lage ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, LRE 40, 166, Rn. 8; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 102 § 11 Rn. 177).
44 
2. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann von einem derartigen Ausnahmefall hier nach Einschätzung des erkennenden Senats nicht ausgegangen werden.
45 
a) Zwar trifft zu, dass mit den in der Verkehrsbezeichnung erfolgten Beschreibungen „gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ weitere ergänzende Angaben enthalten sind. Diese beziehen sich jedoch nicht auf die enthaltenen Zutaten, sondern betreffen den Zustand des Lebensmittels und die besondere Behandlung, die es erfahren hat, und damit durchgängig Angaben, zu denen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Etikettierungs-RL 2000/13/EG grundsätzlich verpflichtet. Eine Irreführung oder Widersprüchlichkeit hinsichtlich der Zutaten kann darin nicht gesehen werden.
46 
b) Auch aus Art und Platzierung der Kennzeichnung kann nicht entnommen werden, dass die Information des Verbrauchers beeinträchtigt wäre.
47 
Dass das Zutatenverzeichnis unter einem Rezeptvorschlag angebracht ist, beeinträchtigt die gute Sichtbarkeit der Informationen nicht (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 LMKV). Vielmehr ist der „Zutaten-Block“ durch einen Absatz getrennt und die Überschrift durch einen größeren Schriftgrad deutlich kenntlich gemacht. Auch bei einem flüchtigen Blick auf die Verpackung bereitet die Gestaltung daher keinerlei Mühe, das Zutatenverzeichnis aufzufinden und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. hierzu Hagenmeyer, LMKV-Kommentar, 2001, § 3 Rn. 18; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 07/09, C 110 § 3 Rn. 48). Schließlich ist die vom Verwaltungsgericht auf eine Sieben-Punkt-Schrift geschätzte Schriftgröße nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.1988 - I ZR 144/86 -, NJW-RR 1989, 301) und gewährleistet die erforderliche „deutliche Lesbarkeit“ noch in ausreichender Weise.
48 
Sonstige Umstände, die trotz der ordnungsgemäßen Ausweisung von Surimi in der Zutatenliste eine hiervon widersprüchliche Aufmachung begründen könnten, sind der Verpackung nicht zu entnehmen. Das im Regelfall das Informationsbedürfnis des durchschnittlichen Verbrauchers befriedigende Zutatenverzeichnis erfüllt daher den gesetzlich intendierten Schutzzweck.
49 
c) Etwas anderes folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Firma XXX auch Produkte anbietet, die kein Surimi enthalten. Dieser Gesichtspunkt ist zwar bei der Erforderlichkeit eines Zusatzes in der Verkehrsbezeichnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV zu berücksichtigen; er ergibt aber keinen Anknüpfungspunkt für die vom Verwaltungsgericht angenommene Widersprüchlichkeit der konkreten Produktgestaltung.
50 
Auch bei Berücksichtigung der Gesamtaufmachung des beanstandeten Produktes und anderer durch die Firma XXX vertriebenen Waren sind daher keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, eine Irreführung anzunehmen. Hinsichtlich des zweiten Feststellungsantrages hat die Berufung der Klägerin daher Erfolg.
51 
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür vorausgesetzter Zulassungsgrund nicht vorliegt.
53 
Beschluss vom 11. Februar 2010
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- -EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327). Konkrete Anhaltspunkte für die zu erwartende wirtschaftliche Auswirkung sind von den Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
55 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ist beim Betrieb eines Luftfahrzeugs an einem Flugplatz mit Flugverkehrskontrolle eine Funkverbindung nicht möglich, so hat der Luftfahrzeugführer auf Anweisungen durch Licht- und Bodensignale sowie auf Zeichen zu achten.

(2) Auf einem Flugplatz mit Flugverkehrskontrollstelle tritt für die Zulassung von Abweichungen nach § 23 Absatz 2 die Flugverkehrskontrollstelle an die Stelle der Luftaufsichtsstelle, mit Ausnahme der Zulassung von Abweichungen von § 23 Absatz 1 Nummer 3.

(3) Auf dem Rollfeld eines Flugplatzes mit Flugverkehrskontrollstelle bedarf auch der Verkehr von Fußgängern und Fahrzeugen der Erlaubnis der Flugverkehrskontrollstelle. Den von der Flugverkehrskontrollstelle zur Sicherung des Flugplatzverkehrs schriftlich, mündlich, elektronisch, durch Funk, Lichtsignale oder Zeichen erlassenen Verfügungen ist Folge zu leisten.

(1) Flugzeuge mit Strahltriebwerken,

1.
deren maximale Startmasse größer oder gleich 34 000 Kilogramm ist oder
2.
deren Baureihe mit einer maximalen Sitzkonfiguration von mehr als 19 Passagiersitzen zugelassen ist, wobei Sitze für die Besatzung nicht eingerechnet werden,
dürfen auf Flugplätzen nur dann starten und landen, wenn sie die in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG (ABl. L 79 vom 19.3.2008, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung festgelegten Anforderungen erfüllen.

(2) Für Flugzeuge, an denen ein historisches Interesse besteht, kann das Luftfahrt-Bundesamt Ausnahmen von den Beschränkungen nach Absatz 1 zulassen. Ausnahmen, die von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für in diesen Staaten registrierte Flugzeuge erteilt werden, werden anerkannt.

(3) In Einzelfällen kann das Luftfahrt-Bundesamt eine Ausnahme von den Beschränkungen nach Absatz 1 für den vorübergehenden Einsatz von Flugzeugen zulassen, wenn

1.
die Flugzeuge für außergewöhnliche Zwecke eingesetzt werden, sodass die Versagung einer befristeten Freistellung nicht vertretbar wäre, oder
2.
mit den Flugzeugen Flüge zu Umrüstungs-, Reparatur- oder Wartungszwecken durchgeführt werden und dabei keine Einnahmen erzielt werden.

(4) Über die Ausnahmeerlaubnis nach den Absätzen 2 und 3 wird vom Luftfahrt-Bundesamt eine Bescheinigung erteilt, die beim Betrieb des Flugzeugs mitzuführen ist.

(1) Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei, soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird.

(2) Luftfahrzeuge sind

1.
Flugzeuge
2.
Drehflügler
3.
Luftschiffe
4.
Segelflugzeuge
5.
Motorsegler
6.
Frei- und Fesselballone
7.
(weggefallen)
8.
Rettungsfallschirme
9.
Flugmodelle
10.
Luftsportgeräte
11.
sonstige für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte, sofern sie in Höhen von mehr als dreißig Metern über Grund oder Wasser betrieben werden können.
Raumfahrzeuge, Raketen und ähnliche Flugkörper gelten als Luftfahrzeuge, solange sie sich im Luftraum befinden. Ebenfalls als Luftfahrzeuge gelten unbemannte Fluggeräte einschließlich ihrer Kontrollstation, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden (unbemannte Luftfahrtsysteme).

(1) Flugzeuge mit Strahltriebwerken,

1.
deren maximale Startmasse größer oder gleich 34 000 Kilogramm ist oder
2.
deren Baureihe mit einer maximalen Sitzkonfiguration von mehr als 19 Passagiersitzen zugelassen ist, wobei Sitze für die Besatzung nicht eingerechnet werden,
dürfen auf Flugplätzen nur dann starten und landen, wenn sie die in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG (ABl. L 79 vom 19.3.2008, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung festgelegten Anforderungen erfüllen.

(2) Für Flugzeuge, an denen ein historisches Interesse besteht, kann das Luftfahrt-Bundesamt Ausnahmen von den Beschränkungen nach Absatz 1 zulassen. Ausnahmen, die von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für in diesen Staaten registrierte Flugzeuge erteilt werden, werden anerkannt.

(3) In Einzelfällen kann das Luftfahrt-Bundesamt eine Ausnahme von den Beschränkungen nach Absatz 1 für den vorübergehenden Einsatz von Flugzeugen zulassen, wenn

1.
die Flugzeuge für außergewöhnliche Zwecke eingesetzt werden, sodass die Versagung einer befristeten Freistellung nicht vertretbar wäre, oder
2.
mit den Flugzeugen Flüge zu Umrüstungs-, Reparatur- oder Wartungszwecken durchgeführt werden und dabei keine Einnahmen erzielt werden.

(4) Über die Ausnahmeerlaubnis nach den Absätzen 2 und 3 wird vom Luftfahrt-Bundesamt eine Bescheinigung erteilt, die beim Betrieb des Flugzeugs mitzuführen ist.

(1) Die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) ist Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Sie können in Ausübung der Luftaufsicht Verfügungen erlassen. Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Fluglärm oder durch Luftverunreinigung durch Luftfahrzeuge in der Umgebung von Flugplätzen dürfen nur im Benehmen mit den für den Immissionsschutz zuständigen Landesbehörden getroffen werden.

(2) Die Luftfahrtbehörden können diese Aufgaben auf andere Stellen übertragen oder sich anderer geeigneter Personen als Hilfsorgane für bestimmte Fälle bei der Wahrnehmung der Luftaufsicht bedienen.

(3) Die für die Luftaufsicht zuständigen Stellen sind zur Abwehr der in Absatz 1 genannten Gefahren, insbesondere zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit des Luftfahrzeugs und der Dienstfähigkeit der Luftfahrzeugführer befugt, stichprobenartig Luftfahrzeuge zu betreten und sie und ihren Inhalt ohne unbillige Verzögerung zu untersuchen sowie Luftfahrzeugführer anzuhalten und auf ihre Dienstfähigkeit zu überprüfen. Die zuständigen Stellen können die an Bord mitgeführten Urkunden sowie Lizenzen und Berechtigungen der Besatzungsmitglieder prüfen. Der Flugplatzbetreiber ist verpflichtet, das Betreten des Flugplatzes durch Vertreter der zuständigen Stellen zum Zwecke der Durchführung von Untersuchungen zu dulden. Nach Abschluss der Untersuchung eines Luftfahrzeugs unterrichtet die zuständige Stelle den verantwortlichen Luftfahrzeugführer oder den Halter des Luftfahrzeugs über das Ergebnis der Untersuchung. Behindert die Besatzung eines Luftfahrzeugs die Untersuchung, insbesondere das Betreten des Luftfahrzeugs, kann die zuständige Stelle ein Startverbot verhängen. Ein Startverbot kann auch verhängt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die an die Verkehrssicherheit des untersuchten Luftfahrzeugs oder an die Tauglichkeit der Besatzung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt sind. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen ein Startverbot haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die Durchführung der Vorfeldinspektion an Luftfahrzeugen eines Betreibers aus einem Drittstaat oder eines Betreibers, der der behördlichen Aufsicht eines anderen Mitgliedstaates unterliegt, die Durchführung von Inspektionen im Flug, die Wahrnehmung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten der für die Luftaufsicht nach Absatz 1 zuständigen Stellen und die Übermittlung der bei Vorfeldinspektionen gewonnenen Daten richten sich nach der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 in der jeweils geltenden Fassung.

(5) (weggefallen)

(6) Eine Übermittlung von bei Vorfeldinspektionen gewonnenen Daten an Luftfahrtbehörden in Staaten außerhalb der Europäischen Union darf nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass sich diese Staaten verpflichtet haben, die Daten ausschließlich zur Verbesserung der Luftverkehrssicherheit zu verwenden.

(7) Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die Luftverkehrssicherheit durch den Betrieb eines Luftfahrzeugs gefährdet wird oder dass die Sicherheit des Flugbetriebs des das Luftfahrzeug verwendenden Luftfahrtunternehmens insgesamt nicht gewährleistet ist, kann das Luftfahrt-Bundesamt die Erlaubnis nach § 2 Absatz 7 oder die Betriebsgenehmigung nach § 21a für alle Luftfahrzeuge dieses Luftfahrtunternehmens widerrufen. Ist eine Erlaubnis nach § 2 Absatz 7 Satz 2 nicht erforderlich, kann ein allgemeines Einflugverbot verhängt werden. Bei der Entscheidung über den Widerruf oder die Verhängung eines Einflugverbots berücksichtigt das Luftfahrt-Bundesamt die im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/EG (ABl. EU Nr. L 344 S. 15) aufgeführten gemeinsamen Kriterien. Die Anfechtungsklage gegen den Widerruf einer Erlaubnis nach § 2 Absatz 7 oder einer Betriebsgenehmigung nach § 21a oder gegen die Verhängung eines Einflugverbots hat keine aufschiebende Wirkung.

(8) Die Absätze 4 und 6 finden keine Anwendung auf Staatsluftfahrzeuge im Sinne des Artikels 3 Buchstabe b des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (BGBl. 1956 II S. 411). Für die Aufzeichnung des Flugfunkverkehrs gilt § 27c Absatz 3 entsprechend.

Regelungen, Genehmigungen und Festlegungen nach § 2 Absatz 1, § 16 Absatz 1 und 3, § 17 Absatz 1, § 22 Absatz 2 Satz 1, den §§ 28, 29, 30, 31 Absatz 2, § 32 Absatz 2, § 35 Absatz 1 und § 41 Absatz 1 werden durch die dort benannte Behörde in den Nachrichten für Luftfahrer bekannt gemacht.

(1) Wird auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ein Startverbot für ein Luftfahrzeug, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, verhängt, so hat die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde unverzüglich den betreffenden Eintragungsstaat über die Untersuchungsergebnisse, die zur Verhängung des Startverbots führten, zu unterrichten. Falls der Eintragungsstaat nicht die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs führt, ist der Staat zu unterrichten, der für die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs zuständig ist. Die Bewertung des unterrichteten Staates ist bei der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Startverbots zu berücksichtigen.

(2) Hat das Ergebnis einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung eines Luftfahrzeugs, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, Anlass zu Bedenken im Hinblick auf dessen Verkehrssicherheit gegeben und wurde noch keine Maßnahme nach § 29 Absatz 3 Satz 5 und 6 oder Absatz 7 des Luftverkehrsgesetzes getroffen, so muss die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde den nach Absatz 1 zuständigen Staat unterrichten.

(3) Für ein Luftfahrzeug, das in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, ist ein Startverbot, das auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung verhängt wurde, erst aufzuheben, wenn seine Lufttüchtigkeit wiederhergestellt ist, es sei denn, die für die Bewertung der Lufttüchtigkeit zuständige Stelle hält einen Start unter Auflagen und Einschränkungen für vertretbar.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Luftsportgeräte, die nicht im Luftsportgeräteverzeichnis eingetragen sind.

(5) Wird auf Grund von Sicherheitsmängeln, die sich bei einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ergeben haben, ein Startverbot für ein gewerblich genutztes Luftfahrzeug oder für ein Luftfahrzeug mit einer Höchstabflugmasse von mehr als 5 700 Kilogramm verhängt, so haben die für die Luftaufsicht nach § 29 Absatz 1 und 2 des Luftverkehrsgesetzes zuständigen Stellen dies unverzüglich dem Luftfahrt-Bundesamt zu melden, soweit das Luftfahrt-Bundesamt nicht selbst gehandelt hat. Dies gilt auch, wenn die für die Luftaufsicht zuständige Stelle dem Halter oder der Besatzung eines Luftfahrzeugs aufgibt, vor dem Start Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit zu treffen. Wenn diese Maßnahmen begründete Sicherheitsmängel eines Luftfahrzeugs nach Satz 1 betreffen, das nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union registriert ist, unterrichtet das Luftfahrt-Bundesamt unverzüglich alle für die Luftverkehrssicherheit zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die Europäische Kommission über die getroffenen Maßnahmen und die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung.

(6) Die Übermittlung der Daten, auf die sich das Untersuchungsergebnis nach den Absätzen 1 bis 5 stützt, richtet sich nach § 29 Absatz 5 und 6 des Luftverkehrsgesetzes.

Regelungen, Genehmigungen und Festlegungen nach § 2 Absatz 1, § 16 Absatz 1 und 3, § 17 Absatz 1, § 22 Absatz 2 Satz 1, den §§ 28, 29, 30, 31 Absatz 2, § 32 Absatz 2, § 35 Absatz 1 und § 41 Absatz 1 werden durch die dort benannte Behörde in den Nachrichten für Luftfahrer bekannt gemacht.

(1) Wird auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ein Startverbot für ein Luftfahrzeug, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, verhängt, so hat die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde unverzüglich den betreffenden Eintragungsstaat über die Untersuchungsergebnisse, die zur Verhängung des Startverbots führten, zu unterrichten. Falls der Eintragungsstaat nicht die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs führt, ist der Staat zu unterrichten, der für die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs zuständig ist. Die Bewertung des unterrichteten Staates ist bei der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Startverbots zu berücksichtigen.

(2) Hat das Ergebnis einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung eines Luftfahrzeugs, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, Anlass zu Bedenken im Hinblick auf dessen Verkehrssicherheit gegeben und wurde noch keine Maßnahme nach § 29 Absatz 3 Satz 5 und 6 oder Absatz 7 des Luftverkehrsgesetzes getroffen, so muss die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde den nach Absatz 1 zuständigen Staat unterrichten.

(3) Für ein Luftfahrzeug, das in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, ist ein Startverbot, das auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung verhängt wurde, erst aufzuheben, wenn seine Lufttüchtigkeit wiederhergestellt ist, es sei denn, die für die Bewertung der Lufttüchtigkeit zuständige Stelle hält einen Start unter Auflagen und Einschränkungen für vertretbar.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Luftsportgeräte, die nicht im Luftsportgeräteverzeichnis eingetragen sind.

(5) Wird auf Grund von Sicherheitsmängeln, die sich bei einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ergeben haben, ein Startverbot für ein gewerblich genutztes Luftfahrzeug oder für ein Luftfahrzeug mit einer Höchstabflugmasse von mehr als 5 700 Kilogramm verhängt, so haben die für die Luftaufsicht nach § 29 Absatz 1 und 2 des Luftverkehrsgesetzes zuständigen Stellen dies unverzüglich dem Luftfahrt-Bundesamt zu melden, soweit das Luftfahrt-Bundesamt nicht selbst gehandelt hat. Dies gilt auch, wenn die für die Luftaufsicht zuständige Stelle dem Halter oder der Besatzung eines Luftfahrzeugs aufgibt, vor dem Start Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit zu treffen. Wenn diese Maßnahmen begründete Sicherheitsmängel eines Luftfahrzeugs nach Satz 1 betreffen, das nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union registriert ist, unterrichtet das Luftfahrt-Bundesamt unverzüglich alle für die Luftverkehrssicherheit zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die Europäische Kommission über die getroffenen Maßnahmen und die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung.

(6) Die Übermittlung der Daten, auf die sich das Untersuchungsergebnis nach den Absätzen 1 bis 5 stützt, richtet sich nach § 29 Absatz 5 und 6 des Luftverkehrsgesetzes.

Die Verpflichtung, die für den Betrieb eines Luftfahrzeugs erforderlichen Urkunden und Ausweise an Bord eines Luftfahrzeugs mitzuführen, bestimmt sich nach verbindlichen internationalen Vorschriften, nach deutschem Recht und nach dem Recht des Eintragungsstaates des Luftfahrzeugs sowie bei Besatzungsmitgliedern nach dem Recht des Staates, der diese Papiere ausstellt. In jedem Fall sind diese Unterlagen auch in englischer Sprache mitzuführen.

(1) Wird auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ein Startverbot für ein Luftfahrzeug, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, verhängt, so hat die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde unverzüglich den betreffenden Eintragungsstaat über die Untersuchungsergebnisse, die zur Verhängung des Startverbots führten, zu unterrichten. Falls der Eintragungsstaat nicht die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs führt, ist der Staat zu unterrichten, der für die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeugs zuständig ist. Die Bewertung des unterrichteten Staates ist bei der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Startverbots zu berücksichtigen.

(2) Hat das Ergebnis einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung eines Luftfahrzeugs, das nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, Anlass zu Bedenken im Hinblick auf dessen Verkehrssicherheit gegeben und wurde noch keine Maßnahme nach § 29 Absatz 3 Satz 5 und 6 oder Absatz 7 des Luftverkehrsgesetzes getroffen, so muss die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde den nach Absatz 1 zuständigen Staat unterrichten.

(3) Für ein Luftfahrzeug, das in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragen ist, ist ein Startverbot, das auf Grund des Ergebnisses einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung verhängt wurde, erst aufzuheben, wenn seine Lufttüchtigkeit wiederhergestellt ist, es sei denn, die für die Bewertung der Lufttüchtigkeit zuständige Stelle hält einen Start unter Auflagen und Einschränkungen für vertretbar.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Luftsportgeräte, die nicht im Luftsportgeräteverzeichnis eingetragen sind.

(5) Wird auf Grund von Sicherheitsmängeln, die sich bei einer luftaufsichtsrechtlichen Untersuchung ergeben haben, ein Startverbot für ein gewerblich genutztes Luftfahrzeug oder für ein Luftfahrzeug mit einer Höchstabflugmasse von mehr als 5 700 Kilogramm verhängt, so haben die für die Luftaufsicht nach § 29 Absatz 1 und 2 des Luftverkehrsgesetzes zuständigen Stellen dies unverzüglich dem Luftfahrt-Bundesamt zu melden, soweit das Luftfahrt-Bundesamt nicht selbst gehandelt hat. Dies gilt auch, wenn die für die Luftaufsicht zuständige Stelle dem Halter oder der Besatzung eines Luftfahrzeugs aufgibt, vor dem Start Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit zu treffen. Wenn diese Maßnahmen begründete Sicherheitsmängel eines Luftfahrzeugs nach Satz 1 betreffen, das nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union registriert ist, unterrichtet das Luftfahrt-Bundesamt unverzüglich alle für die Luftverkehrssicherheit zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die Europäische Kommission über die getroffenen Maßnahmen und die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung.

(6) Die Übermittlung der Daten, auf die sich das Untersuchungsergebnis nach den Absätzen 1 bis 5 stützt, richtet sich nach § 29 Absatz 5 und 6 des Luftverkehrsgesetzes.

(1) Flugzeuge mit Strahltriebwerken,

1.
deren maximale Startmasse größer oder gleich 34 000 Kilogramm ist oder
2.
deren Baureihe mit einer maximalen Sitzkonfiguration von mehr als 19 Passagiersitzen zugelassen ist, wobei Sitze für die Besatzung nicht eingerechnet werden,
dürfen auf Flugplätzen nur dann starten und landen, wenn sie die in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG (ABl. L 79 vom 19.3.2008, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung festgelegten Anforderungen erfüllen.

(2) Für Flugzeuge, an denen ein historisches Interesse besteht, kann das Luftfahrt-Bundesamt Ausnahmen von den Beschränkungen nach Absatz 1 zulassen. Ausnahmen, die von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für in diesen Staaten registrierte Flugzeuge erteilt werden, werden anerkannt.

(3) In Einzelfällen kann das Luftfahrt-Bundesamt eine Ausnahme von den Beschränkungen nach Absatz 1 für den vorübergehenden Einsatz von Flugzeugen zulassen, wenn

1.
die Flugzeuge für außergewöhnliche Zwecke eingesetzt werden, sodass die Versagung einer befristeten Freistellung nicht vertretbar wäre, oder
2.
mit den Flugzeugen Flüge zu Umrüstungs-, Reparatur- oder Wartungszwecken durchgeführt werden und dabei keine Einnahmen erzielt werden.

(4) Über die Ausnahmeerlaubnis nach den Absätzen 2 und 3 wird vom Luftfahrt-Bundesamt eine Bescheinigung erteilt, die beim Betrieb des Flugzeugs mitzuführen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.