Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. Dez. 2015 - 2 A 10542/15

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2015:1215.2A10542.15.0A
15.12.2015

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. April 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Mittel LactoStop 3300 FCC in Tablettenform, das dem Kläger nach Diagnose einer primären Laktoseintoleranz verordnet wurde. Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil, mit dem er zur Bewilligung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für das genannte Mittel verpflichtet wurde.

2

Der beihilfeberechtigte Kläger ist Regierungsdirektor bei einem Polizeipräsidium. Mit Beihilfenanträgen vom 8. Juli 2014 und 18. August 2014 machte er – soweit für das vorliegende Verfahren bedeutsam – unter Vorlage ärztlicher Verordnungen Aufwendungen von dreimal 17,49 € für je 100 Tabletten LactoStop 3300 FCC geltend. Mit Bescheiden vom 14. Juli 2014 und 22. August 2014 lehnte der Beklagte Beihilfeleistungen hierfür mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Präparat nicht um ein beihilfefähiges Arzneimittel handle.

3

Die gegen die ablehnenden Bescheide gerichteten Widersprüche begründete der Kläger damit, dass jedenfalls der bei ihm diagnostizierten Laktoseintoleranz, die bereits bei Aufnahme geringer Mengen Laktose mit Beschwerden jenseits bloßer Befindlichkeitsstörungen einherginge, Krankheitswert zukomme. Das ärztlich verordnete Präparat unterfalle auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Arzneimittelgesetz – AMG –, weil es eindeutig medizinisch-therapeutische Zwecke verfolge. Wirksamkeit und Eignung des Wirkstoffs stünden in der medizinischen Wissenschaft außer Frage. LactoStop 3300 FCC sei insbesondere kein Nahrungsergänzungsmittel, weil das enthaltene Enzym Laktase, das die Laktose in verdauliche Einfachzucker aufspalte, nicht in Lebensmitteln vorkomme. Eine Vermeidungsernährung unter vollständigem Verzicht auf Laktose sei unrealistisch, vor allem außerhalb des häuslichen Bereichs, z.B. bei geschlossenen polizeilichen Einsätzen.

4

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2014 zurück. Das Präparat besitze keine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel und werde durch den Hersteller als „diätetisches Lebensmittel“ vertrieben. LactoStop 3300 FCC diene der erhöhten Versorgung des menschlichen Körpers mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen. Ausgehend von der objektiven Zweckbestimmung des Präparats aus Sicht des Verbrauchers und der allgemeinen Verkehrsanschauung handle es sich um ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und sei damit gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) der Beihilfenverordnung Rheinland-Pfalz – BVO – nicht beihilfefähig. Eine Ausnahme gemäß § 21 Abs. 3 BVO liege nicht vor. Der Wesenskern der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei schon wegen der Höhe der Aufwendungen nicht verletzt.

5

Mit der am 13. November 2014 erhobenen Klage wiederholte und vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und legte im Verfahren zwei Schreiben der Universitätsklinik des Saarlandes vom 18. September 2009 und 22. Oktober 2009 vor, in denen die Diagnose einer primären Laktoseintoleranz nach Durchführung einer genetischen Mutationsanalyse bestätigt wurde. Ergänzend trug er vor, dass das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 29. September 2006 – 19 K 624/05 –) das vergleichbare Präparat Laluk als beihilfefähig anerkannt habe und mit dem Mittel TilactaMed auch ein zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung einer Laktoseintoleranz vorhanden sei. Er könne jedoch nicht auf das zugelassene Arzneimittel zurückgreifen, weil dieses Fructose enthalte und er auch unter einer Fructoseintoleranz leide.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

den Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung der Bescheide vom 14. Juli 2014 und vom 22. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2014 Beihilfe für das ärztlich verordnete Präparat „LactoStop 3300 FCC“ zu gewähren.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung verwies er auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und führte weiter aus, dass die Einnahme des diätetischen Lebensmittels LactoStop 3300 FCC lediglich eine krankheitsbedingte Verteuerung seiner allgemeinen Lebensführung darstelle, die alters- bzw. artbedingt sei, weil die Fähigkeit zur Laktosespaltung bei vielen Menschen im Laufe der Zeit verloren gehe und nur aufgrund einer Mutation erhalten bleibe. Es handle sich dabei um eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, nicht um eine Krankheit. Aus § 21 Abs. 3 BVO ergebe sich, dass nach dem dritten Lebensjahr eine Vermeidungsdiät zumutbar sei. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln sei nicht einschlägig.

11

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 22. April 2015 verpflichtet, die beantragte Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat LactoStop 3300 FCC zu bewilligen.

12

Die streitgegenständlichen Aufwendungen seien medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen. Eine Laktoseintoleranz stelle auch unter Berücksichtigung der Verbreitung jedenfalls dann eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar, wenn der Genuss auch kleiner Mengen laktosehaltiger Lebensmittel – wie beim Kläger – erhebliche klinische Symptome (z.B. Darmkoliken, osmotische Diarrhoe, Übelkeit u.a.) und nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen der Gesundheit auslöse. Bei dem vorliegend durch ärztliches Attest belegten Ausprägungsgrad der Symptome könne nicht mehr von einer bloßen Befindlichkeitsstörung im Sinne einer Nahrungsmittelunverträglichkeit gesprochen werden. Das Mittel LaktoStop 3300 FCC wirke den beschriebenen Gesundheitsstörungen nach allgemeiner wissenschaftlicher Erkenntnis entgegen.

13

Das Präparat LaktoStop 3300 FCC sei darüber hinaus als beihilfefähiges Arzneimittel anzuerkennen und folglich nach § 21 Abs. 1 BVO beihilfefähig. Im Grenzbereich zwischen Arzneimittel und Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel komme es entscheidend auf die überwiegende objektive Zweckbestimmung an, wie sie sich nach der wissenschaftlichen und allgemeinen Verkehrsanschauung darstelle. Danach sei LactoStop 3300 FCC – trotz auch in eine andere Richtung weisender Indizien – ein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. So werde das Mittel, das erwartungsgemäß nur von Personen mit Laktoseintoleranz eingenommen werde, zweckgerichtet medizinisch-therapeutisch eingesetzt, um die beschriebenen Gesundheitsstörungen bei betroffenen Patienten zu vermeiden oder zu lindern. Es ersetze das körpereigene zur Verdauung von Laktose erforderliche Enzym Laktase und unterfalle damit sogar dem früheren Arzneimittelbegriff nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG a.F. Von erheblicher Bedeutung sei, dass ein Präparat mit dem gleichen Wirkstoff als apothekenpflichtiges Arzneimittel nach dem AMG zugelassen sei, das der Kläger aufgrund einer ebenfalls bestehenden Fructoseintoleranz nicht einnehmen könne. In dieser Situation sei kein sachlicher Grund ersichtlich, die Beihilfefähigkeit des im Übrigen wirkstoffgleichen und für den Kläger verträglichen Mittels LactoStop 3300 FCC zu versagen. Gegen die Versagung spreche letztlich die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die vorliegend eine Beihilfefähigkeit durch eine entsprechende Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 2 BVO begründe. Darüber hinaus sei zu beachten, dass der Kläger dienstbedingt immer wieder an der Gruppenverpflegung teilnehmen müsse und dadurch eine Vermeidungsdiät nicht vollständig einzuhalten sei. Daraus folge, dass der Kläger seiner beamtenrechtlichen Pflicht zum Erhalt seiner Dienstfähigkeit in diesen Situationen ohne die unterstützende Einnahme des Mittels LactoStop 3300 FCC nicht nachkommen könnte.

14

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Er verweist auf die Notwendigkeit für die Verwaltungspraxis, ohne besondere Sachkunde und Sachverständigenstreit anhand von objektiv leicht prüfbaren Kriterien im Grenzbereich zwischen Arznei- und Lebensmittel eine Zuordnung vornehmen zu können. Das Mittel LactoStop 3300 FCC sei Diätkost im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) BVO, die nur unten den – hier nicht einschlägigen – Voraussetzungen nach § 21 Abs. 3 BVO beihilfefähig sei. Vor diesem Hintergrund könne es dahinstehen, ob die beim Kläger vorliegende Laktoseintoleranz eine Krankheit oder eine Nahrungsmittelunverträglichkeit sei und ob die Aufwendungen im Umfang angemessen seien. Für das in Streit stehende Mittel seien pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungen, die zur Abgrenzung des arzneimittelrechtlichen Begriffes heranzuziehen seien, zu verneinen. LactoStop 3300 FCC sei kein Arzneimittel, weil es nicht „am oder im menschlichen Körper“ angewandt werde, sondern nur auf den Speisebrei einwirke. Da LactoStop 3300 FCC nicht überwiegend dazu bestimmt sei, zu anderen Zwecken als zur Ernährung verzehrt zu werden, handle es sich von seiner Zweckbestimmung her um ein Lebensmittel. Eine Beihilfe zu den Aufwendungen für derartige Mittel komme nur unter den in § 21 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BVO genannten Ausnahmen in Betracht, die vorliegend nicht gegeben seien. Insbesondere liege keine Alternativlosigkeit im Umgang mit seiner Laktoseintoleranz vor. Die durch eine Vermeidungsdiät bedingte Verteuerung der allgemeinen Lebenshaltung sei aus der Alimentation zu tragen, die angesichts der Höhe der Aufwendungen nicht in ihrem Wesensgehalt tangiert sein dürfte. Im Übrigen sprächen auch die vom Verwaltungsgericht benannten Indizien für eine Zweckbestimmung als Lebensmittel. Aus dem Umstand, dass ein gleiches Präparat mit gleichem Wirkstoff als Arzneimittel zugelassen sei, ergebe sich nichts anderes, weil insoweit der Verwaltungspraktikabilität im Sinne einer klaren Abgrenzbarkeit und der Vermeidung von Sachverständigenstreitigkeiten der Vorrang einzuräumen sei. In diesem Kontext scheide insbesondere auch eine analoge Anwendung von § 21 Abs. 2 Satz 2 BVO aus, weil die eindeutig von der Beihilfe ausgeschlossene Diätkost nicht mit den dort erfassten Ausnahmefällen vergleichbar sei. Auch unter Fürsorgegesichtspunkten könne schließlich keine Beihilfefähigkeit des Präparats LactoStop 3300 FCC begründet werden, da die Beihilfe nur ergänzenden Charakter habe und ein etwaig zu leistender Härteausgleich hier nicht ersichtlich sei.

15

Der Beklagte beantragt,

16

das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. April 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und tritt den Einwendungen des Beklagten entgegen. Die Notwendigkeit objektiv leicht überprüfbarer Kriterien zur Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmittel könne nicht zulasten der Beihilfeberechtigten ins Feld geführt werden. Die diagnostizierte Laktoseintoleranz habe angesichts der erheblichen Konsequenzen bereits bei einer Aufnahme geringer Mengen Laktose Krankheitswert. Die Krankheit werde durch die Substitution eines körpereigenen Enzyms behandelt, das für einen ordnungsgemäßen Stoffwechsel notwendig sei. Vor diesem Hintergrund werde auf den menschlichen Körper eingewirkt, um der Linderung einer Krankheit zu dienen. Durch das Zusetzen des Enzyms könne der Körper die notwendigen Verdauungsvorgänge ohne Irritationen und Gesundheitsstörungen durchführen. Die Konstellation sei mit anderen Substitutionen körpereigener Enzyme, z.B. Pankreatin bei Pankreatin-Insuffizienz, gleichzusetzen. Auch dort erfolge eine Behandlung mit das Enzym substituierenden Arzneimitteln, ohne dass diese als diätetische Lebensmittel einzustufen wären. Darüber hinaus übersehe der Beklagte, dass eine vollständige Vermeidungsdiät tatsächlich nicht möglich und damit eine ergänzende Einnahme eines Laktasepräparats unumgänglich sei. Unter Fürsorgegesichtspunkte sei zu berücksichtigen, dass er, der Kläger, gegenüber anderen Beamten, die bei Fortbildungen oder Einsätzen unentgeltlich verpflegt würden, benachteiligt sei, da er seine Verpflegung auf eigene Kosten gewährleisten müsse. Bezüglich des Kostenaufwands lasse der Beklagte außer Acht, dass das Enzym ein Leben lang zugeführt werden müsse und es sich insofern nicht um geringfügige Zahlungen handle.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Verwaltungsakten (1 Heft) Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das Präparat LactoStop 3300 FCC zu bewilligen.

22

1. Gemäß § 66 Abs. 2 Landesbeamtengesetz – LBG – i.V.m. § 1 Abs. 1, § 8 Beihilfenverordnung Rheinland-Pfalz – BVO – sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheitsfällen beihilfefähig, falls nicht ihre Beihilfefähigkeit ausdrücklich ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für Arznei- und Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit allerdings nach § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 Buchstabe d) LBG begrenzt oder ausgeschlossen werden kann. Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung schließt § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO die Beihilfefähigkeit für Mittel aus, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Gemäß der in der Vorschrift enthaltenen (nicht abschließenden) Auflistung gehören hierzu insbesondere Nahrungsergänzungsmittel, Diätkost, ballaststoffreiche Kost, glutenfreie Nahrung, Säuglingsfrühnahrung, Mineral- und Heilwässer sowie medizinische Körperpflegemittel. § 21 Abs. 3 BVO formuliert für bestimmte Erkrankungen sowie für Elementardiäten bei Säuglingen und Kleinkindern eine Rückausnahme vom dem in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO normierten Ausschluss von Mitteln, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.

23

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 C 35/04 –, BVerwGE 125, 21 [23], Rn. 11, m.w.N.). Die streitgegenständlichen Aufwendungen erfolgten im Juni 2014. Soweit nach diesem Zeitpunkten zum Teil Änderungen in den anspruchsbegründenden Normen erfolgten – § 66 Abs. 2 LBG wurde mit Wirkung zum 22. August 2015 und § 8 BVO zum 1. Oktober 2014 geändert –, sind diese Änderungen hier nicht bedeutsam.

24

2. Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist das Präparat LactoStop 3300 FCC beihilfefähig. Das Präparat ist beihilferechtlich ein Arzneimittel gemäß § 21 Abs. 1 BVO (a) und unterliegt nicht dem Ausschluss nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO (b). Schließlich sind die streitgegenständlichen Aufwendungen des Klägers für die Beschaffung des Präparats LactoStop 3300 FCC auch medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen (c).

25

a) Das Präparat LactoStop 3300 FCC ist ein Arzneimittel im Sinne des rheinland-pfälzischen Beihilferechts.

26

aa) Nach § 21 Abs. 1 BVO sind unter anderem Aufwendungen für schriftlich verordnete „Arzneimittel, Verbandsmittel und dergleichen“ beihilfefähig. Die im Wortlaut enthaltene Formulierung „dergleichen“ eröffnet nicht die Möglichkeit, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären (vgl. dazu VGH BW, Urteil vom 23. Februar 2010 – 13 S 2696/09 – juris, Rn. 29, zur gleichlautenden Formulierung der dortigen Beihilfeverordnung). Eine Einordnung als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts ist für derartige Präparate demnach Grundvoraussetzung für die Beihilfefähigkeit nach § 66 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 BVO und jeder Frage eines etwaigen Ausschlusses nach § 21 Abs. 2 BVO vorgelagert (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 19. Mai 1995 – 10 A 10496/95.OVG –, juris, Rn. 19; NdsOVG, Urteil vom 25. Mai 2004 – 5 LB 15/03 –, juris, Rn. 26, jeweils zur Bundesbeihilfeverordnung).

27

Der Begriff des Arzneimittels wird im rheinland-pfälzischen Beihilferecht weder im Landesbeamtengesetz noch in der Beihilfeverordnung definiert. Im Unterschied zum Beihilferecht anderer Bundesländer und zum Bund erfolgt eine Definition insbesondere nicht durch eine Bezugnahme auf den Arzneimittelbegriff des § 2 ArzneimittelgesetzesAMG – (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 1 BBhV; § 18 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV; § 4 Abs. 1 Nr. 7 BVO NRW; § 21 Abs. 1 SächsBhVO) und gegebenenfalls weitergehende Vorgaben zur Apotheken- und/oder Verschreibungspflichtigkeit, die nach §§ 43, 47 AMG begrifflich letztlich auch ein (zugelassenes) Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes voraussetzen. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorträgt, zugunsten der Verwaltungspraktikabilität sei ein formeller Arzneimittelbegriff im Sinne des Arzneimittelgesetz anzulegen, lässt sich aus der rheinland-pfälzischen Beihilfenverordnung, der bisherigen Rechtsprechung zum beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff und in Abgrenzung zu inhaltlich anderslautenden Regelungen im Bund und in anderen Ländern ein derartiges Normverständnis nicht ableiten.

28

Ungeachtet dessen kann die arzneimittelrechtliche Definition auch ohne ausdrückliche Bezugnahme zumindest als Ausgangspunkt zur Bestimmung auch des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs herangezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 2 C 5.95 –, juris, Rn. 16; OVG RP, Urteile vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG –, juris, Rn. 20 und vom 11. November 2011 – 10 A 10670/11.OVG –, juris, Rn. 27; VGH BW, Urteile vom 19. Januar 2010 – 4 S 1816/07 –, juris, Rn. 20 und vom 23. Februar 2010 – 13 S 2696/09 –, juris, Rn. 22; BayVGH, Urteil vom 13. Dezember 2010 – 14 BV 08.1982 –, juris, Rn. 26 und Beschluss vom 12. Januar 2011 – 14 B 10.1975 –, juris, Rn. 17). Allerdings kommt es aufgrund des andersartigen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, das nach § 1 AMG im Wesentlichen ein Gefahrenabwehr- und Verbraucherschutzgesetz darstellt (vgl. Kügel/Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 1 Rn. 1), gerade nicht auf die formelle Einordnung als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts an. Dies hat zur Folge, dass eine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 AMG) oder die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel zwar durchaus einen Anhaltspunkt für eine Arzneimitteleigenschaft im Sinne des Beihilferechts bietet, gleichzeitig jedoch aus einer fehlenden Registrierung oder Listung nicht bereits der Schluss auf einen fehlenden Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinn gezogen werden kann. Nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften, die aufgrund der Fürsorgepflicht auf die Beteiligung des Dienstherrn an den Kosten der Behandlung in Krankheitsfällen von Beamten und dessen Angehörigen gerichtet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 2 C 5/95 –, juris, Rn. 17 m.w.N.; OVG RP, Urteile vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG –, juris, Rn. 20 und vom 11. November 2011 – 10 A 10670/11.OVG –. juris, Rn. 28), ist vielmehr darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 28. April 1993 – 3 B 92.3836 –, juris, Rn. 13; VGH BW, Urteile vom 19. Januar 2010 – 4 S 1816/07 –, juris, Rn. 22, vom 23. Februar 2010 – 13 S 2696/09 –, juris, Rn. 24 und vom 2. August 2012 – 2 S 2631/10 –, juris, Rn. 17).

29

Gestützt auf diese Erwägungen sind – wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat und in Übereinstimmung mit der im vorangehenden Absatz zitierten Rechtsprechung – unter Arzneimitteln im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten oder krankhafte Beschwerde zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. In Bezug auf den materiellen Zweckcharakter ist dabei die – nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende – objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des in Rede stehenden Mittels, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper – im Sinne einer Anwendung am oder im menschlichen Körper – zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.

30

Die Kriterien zur Begründung eines sogenannten Funktionsarzneimittels im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AMG und die hierzu aus der Rechtsprechung – insbesondere, da § 2 AMG der Umsetzung von Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 dient, die aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – folgenden qualitativen Anforderungen begründen für die vorgenannte Definition des materiellen Arzneimittelbegriffs des rheinland-pfälzischen Beihilferechts keine zusätzlichen Vorgaben. Dies liegt weniger in einer formalen – dieses Ergebnis indes ebenfalls stützenden – Betrachtung des § 2 AMG begründet, der nämlich sowohl das die Grundlage der beihilferechtlichen Begriffsbestimmung bildende Präsentationsarzneimittel als auch das Funktionsarzneimittel als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts bestimmt. Vielmehr folgt dies aus der am Gesetzeszweck orientierten Auslegung und Anwendung des Funktionsarzneimittelbegriffs im Arzneimittelrecht. Die Richtlinie 2001/83/EG ist ausweislich ihrer Erwägungsgründe 2 bis 5 primär dem Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verpflichtet, hat diesen Belang jedoch in Ausgleich zum Grundsatz des freien Warenverkehrs zu bringen (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 15. November 2007 – C-319/05 – Kommission/Deutschland III, juris, Rn. 62; Urteil vom 15. Januar 2009 – C-140/07 –, Hecht-Pharma, juris, Rn. 27). Dieser Ausgangspunkt begründet es, auch qualitative Anforderungen an die Tatbestandsvoraussetzungen aufzustellen und aus dem Funktionsarzneimittelbegriff Stoffe auszunehmen, die zwar auf den menschlichen Körper wirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2007, a.a.O., Rn. 60 m.w.N.). Insoweit fehlt es letztlich an einem Schutzbedürfnis für die Einordnung als Arzneimittel, das die mit dem Regelungssystem des Arzneimittelrechts zusammenhängenden Hemmnisse rechtfertigen könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009, a.a.O., Rn. 27). Aus Sicht des Gesundheitsschutzes formuliert bedarf es unterhalb der genannten Erheblichkeitsschwelle, die sowohl hinsichtlich der physiologischen Beeinflussung als auch der pharmakologischen Wirkungsweise (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 2006 – 3 C 40/05 –, juris, Rn. 22 und vom 25. Juli 2007 – 3 C 23/06 –, juris, Rn. 21) gefordert wird, nicht des besonderen Schutzes des Arzneimittelrechts.

31

Die vorgenannten, die Bedeutung des Funktionsarzneimittels und dessen Auslegung prägenden Erwägungen sind indes auf die Bestimmung des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs aufgrund seiner abweichenden Zweckrichtung nicht übertragbar; es verbleibt insoweit bei der materiellen Begriffsbestimmung, der zufolge unter Arzneimitteln im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen sind, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Auf die Frage einer pharmakologischen Wirkung des in Streit stehenden Präparats, die zwar ebenfalls eine indizielle Bedeutung erlangen kann, kommt es danach nicht maßgeblich an. Dies gilt auch, soweit mit Blick auf die arzneimittelrechtliche Begriffsbestimmung nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG Medizinprodukte keine Arzneimittel sind und gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe a) Medizinproduktegesetz – MPG – Medizinprodukte eben auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen sind, die der Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt sind, deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper jedoch weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird. Auch wenn die pharmakologische Wirkung in diesem Normgefüge also das maßgebliche Abgrenzungskriterium zwischen Arzneimittel und (arzneimittelähnlichen) Medizinprodukten darstellt (vgl. dazu Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 2 Rn. 216), lassen sich für die beihilferechtliche Begriffsbestimmung – abermals aufgrund des anderweitigen Gesetzeszweckes – keine inhaltlichen Anforderungen ableiten (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 – 14 B 10.1975 –, juris, Rn. 17 ff., zur Bundesbeihilfeverordnung und den damit verbundenen [für die rheinland-pfälzische Beihilfenverordnung indes nicht relevanten] Besonderheiten hinsichtlich der Verschreibungspflichtigkeit und den dort als Anlage aufgeführten Ausnahmen zur Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten; vgl. auch OVG RP, Urteil vom 11. November 2011 – 10 A 10670/11.OVG –, juris, Rn. 29 ff., ebenfalls zur Bundesbeihilfeverordnung).

32

Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Klärung der Frage, ob LactoStop 3300 FCC eine (nennenswerte) pharmakologische Wirkungsweise zuzusprechen ist. Der Senat beschränkt sich mit Blick auf die hierzu erhobenen Einwände des Beklagten, der eine solche ablehnt, weil der Wirkstoff Laktase auf den Speisebrei und nicht auf den Körper selbst wirke, auf folgenden Hinweis: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b) RL 2001/83/EG, dessen Definition des Funktionsarzneimittels durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AMG in nationales Recht umgesetzt wird, dahingehend auszulegen, dass vom Vorliegen einer „pharmakologischen Wirkung“ einer Substanz im Sinne dieser Bestimmung nicht nur dann ausgegangen werden kann, wenn es zu einer Wechselwirkung zwischen den Molekülen dieser Substanz und einem zellulären Bestandteil des Körpers des Anwenders kommt, sondern dass eine Wechselwirkung zwischen dieser Substanz und einem beliebigen im Körper des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteil genügt (vgl. EuGH Urteil vom 6. September 2012 – C-308/11 –, Chemische Fabrik Kreussler, juris, Rn. 36).

33

Keine Arzneimittel sind gemäß der – für die beihilferechtliche Beurteilung gleichfalls als Ausgangspunkt heranzuziehenden – Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches – LFGB – in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 2013 (BGBl. I S. 1426), zuletzt geändert durch Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2178). Die Norm definiert den Begriff des Lebensmittels nicht selbst, sondern verweist auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (Lebensmittel-Basisverordnung). Nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 sind „Lebensmittel“ alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Diese weite Definition der hier maßgeblichen Verordnung stellt zur Konkretisierung des Lebensmittelbegriffs – anders als der alte Lebensmittelbegriff des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen – nicht auf Ernährungs- oder Genusszwecke ab. Unabhängig davon, ob man eine entsprechende Einschränkung auch in Bezug auf die Lebensmittel-Basisverordnung annimmt (str., vgl. Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 2 Rn. 143 m.w.N.), ergibt sich in Bezug auf die in besonderem Maße zu Arzneimitteln abzugrenzenden Nahrungsergänzungsmittel und diätischen Lebensmittel, dass es sich um Lebensmittel handelt, die die allgemeine Ernährung ergänzen (vgl. § 1 Abs. Nr. 1 der Verordnung über NahrungsergänzungsmittelNemV – vom 24. Mai 2004 [BGBl. I S. 1011], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 [BGBl. I S. 1474]) bzw. für eine besondere Ernährung bestimmt sind (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über diätetische LebensmittelDiätV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. April 2005 [BGBl. I S. 1161], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 [BGBl. I S. 1474]).

34

Keine Lebensmittel wiederum sind nach Art. 2 Abs. 3 Buchstabe d) VO (EG) 178/2002 Arzneimittel. Mithin ergibt sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG einerseits und Art. 2 Abs. 3 Buchstabe d) VO (EG) 178/2002 andererseits für den Bereich des Arznei- und Lebensmittelrechts zwar ein formelles Ausschlussverhältnis zwischen Arznei- und Lebensmitteln, ohne dass sich jedoch aus dem jeweils zugunsten des anderen formulierten Ausschluss inhaltliche Abgrenzungskriterien ergeben; soweit in der Literatur zum Teil ein Regel-Ausnahme-Verhältnis für das eine oder das andere angenommen oder auch jegliches Regel-Ausnahme-Verhältnis abgelehnt wird (vgl. zum Streitstand Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 2 Rn. 151 m.w.N.) lässt sich – insbesondere mit Blick auf die unterschiedlichen Gesetzeszwecke – daraus für die auch im Beihilferecht vorzunehmende Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmittel unmittelbar nichts herleiten (a.A. BayVGH, Urteil vom 13. Dezember 2010 – 14 BV 08.1982 –, juris, Rn. 30, 32, allerdings unter Verweis auf arzneimittelrechtliche Rechtsprechung; VGH BW, Urteil vom 2. August 2012 – 2 S 2631/10 –, juris, Rn. 17, unter Verweis auf den BayVGH, a.a.O.).

35

Für die materielle Begriffsdefinition des Beihilferechts kommt es zur Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmittel demnach auf den überwiegenden Zweck an, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG –, juris, Rn. 22). Nicht maßgeblich ist, ob das Mittel im konkreten Fall zu therapeutischen Zwecken eingenommen werden soll (missverständlich insoweit VGH BW, Urteil vom 2. August 2012 – 2 S 2631/10 –, juris, Rn. 17, 21, wo maßstabsbildend auf die objektive Zweckbestimmung nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung abgestellt wird [Rn. 17] demgegenüber jedoch im Rahmen der Subsumtion ausgeführt wird, im Fall der Klägerin spreche Überwiegendes dafür, dass das Präparat als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werde [Rn. 21]). Die heranzuziehende Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produktes kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BayVGH, Urteil vom 13. Dezember 2010 – 14 BV 08.1982 –, juris, Rn. 30).

36

Allerdings kann es aus systematischen Erwägungen heraus im Rahmen der Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO – und dabei insbesondere bei der Abgrenzung zu Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln (Diätkost) – nicht maßgeblich auf die formelle Einordnung nach den arznei- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften und die damit korrespondierende Herstellerbezeichnung ankommen, die vor dem Hintergrund vom Beihilferecht abweichender Gesetzeszwecke zu sehen sind. Erfolgte zur Bestimmung des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs nämlich eine Übernahme der arznei- und lebensmittelrechtlichen Abgrenzungskriterien durch eine maßgebliche Orientierung an der nach diesen Regeln vorzunehmenden Bezeichnung, fehlte Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln von vornherein die für eine Beihilfefähigkeit nach § 21 Abs. 1 BVO vorausgesetzte Arzneimitteleigenschaft. Dies hätte wiederum zur Folge, dass der in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO formulierte Ausschluss der Beihilfe vollständig redundant wäre, soweit – in dem beispielhaften Katalog vor allem aufgezählte – Lebensmittel betroffen sind, zu denen grundsätzlich eben auch Nahrungsergänzungsmittel und Diätkost gehören.

37

bb) Nach den genannten Maßgaben ist das Mittel LactoStop 3300 FCC ein Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO.

38

Wie das Verwaltungsgericht bereits – mithin in Bezug auf die erst im nächsten Schritt maßgebliche Frage eines etwaigen Ausschlusses nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO – zutreffend ausgeführt hat, lassen sich in Bezug auf laktasehaltige Präparate durchaus Indizien erkennen, die auf den ersten Blick für eine Zweckbestimmung als Lebensmittel sprechen und einer Arzneimittelcharakterisierung im beihilferechtlichen Sinn entgegenstehen könnten. Zu nennen sind hier insbesondere die freie Verkäuflichkeit vieler vergleichbarer Laktaseprodukte u.a. in Drogeriemärkten, die dem Patienten überlassene Bedarfsdosierung und die unbedenkliche Einnahme des Mittels auch in größeren Mengen.

39

Die Bezeichnung an sich, unter der das Präparat ausgehend von den arznei- und lebensmittelrechtlichen Vorgaben durch den Hersteller vertrieben wird (hier: „diätetisches Lebensmittel“ [vgl. Bl. 14 d.VerwA] bzw. „Nahrungsergänzungsmittel“ [vgl. die Angaben des Herstellers im Internet unter http://www.lactostop.de/bei-laktoseintoleranz-lactostop, zuletzt abgerufen am 15. Dezember 2015]), ist aus den oben genannten systematischen Gründen indes nicht maßgeblich. Inhaltlich betont der Hersteller mit den Anwendungshinweisen – neben der Beschreibung der Funktionsweise des Wirkstoffes –, dass mit dem Präparat das bei laktoseintoleranten Personen fehlende körpereigene Enzym Laktase ersetzt und dadurch ein unbeschwerter Genuss von Milch und anderen laktosehaltigen Produkten wieder ermöglicht werde. Mithin wird dem Mittel funktional keine Ernährungs- sondern eine Ernährungsermöglichungsfunktion zugesprochen. Hinzu kommt – wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat –, dass das Produkt ausgehend von der Beschreibung zweckgerichtet therapeutisch eingesetzt werden soll, um die mit einer Laktoseintoleranz bei Verzehr von Laktose einhergehenden Gesundheitsstörungen zu vermeiden. Erwartungsgemäß wird das Präparat auch nur von Personen eingenommen, die an Laktoseintoleranz leiden und dient nicht allgemein einer ergänzenden Ernährung oder ähnlichem. Maßgebliche Bedeutung für eine arzneimittelbegründende Zweckbestimmung im Sinne des Beihilferechts hat der Umstand, dass ein Präparat mit dem gleichen Wirkstoff – der in beiden Präparaten gleichzeitig den einzigen Wirkstoff darstellt, es also nicht nur um eine teilweise Überschneidung in der Wirkstoffzusammensetzung geht – als apothekenpflichtiges Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen ist (TilactaMed, PZN 04182216).

40

Daran anschließend – und unter Einbeziehung der vorliegend zu beurteilenden und gleichzeitig (wohl) auch häufigsten Darreichungsform von Laktasepräparaten als Tablette oder Kapsel – ist das Mittel LactoStop 3300 FCC dazu bestimmt, durch Anwendung im menschlichen Körper Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu lindern. Die in der Definition des Arzneimittelbegriffs verwendete Formulierung „durch Anwendung im menschlichen Körper“ ist weit zu verstehen und bezieht sich schlicht auf das Einverleiben bzw. Einbringen von Stoffen in das Körperinnere; die Art der Verarbeitung des Stoffes durch den Körper ist für den Begriff der Anwendung bedeutungslos (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1985 – 3 C 53/84 –, juris, Rn. 20; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 2 Rn. 67). Mithin ist es auch in diesem Punkt unschädlich, dass die bei LactoStop 3300 FCC in Tablettenform eingenommene Laktase im Körper auf den Speisebrei einwirkt und nicht in unmittelbare Reaktion mit dem Körper tritt. Die Aufspaltung der Laktose in verdauliche Einfachzucker verfolgt weiter den Zweck, das Auftreten einer latent vorhandenen gesundheitlichen Störung, die durch die weitere Verdauung der nicht gespaltenen und damit nicht resorbierbaren Laktose entstehen würde, zu verhindern oder abzuschwächen und dient im Sinne der Begriffsdefinition damit der „Linderung“ einer Krankheit oder krankhafter Beschwerden (vgl. Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 2 Rn. 83). Auch insoweit geht es hinsichtlich der objektiven Zweckbestimmung im Kern nicht darum, eine der Ernährung dienende Verwertung des Milchzuckers herbeizuführen, sondern die gesundheitsschädlichen Folgen der Nichtverwertung zu lindern.

41

b) Die Beihilfefähigkeit des danach als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts zu qualifizierenden Präparats LactoStop 3300 FCC wird nicht durch § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO ausgeschlossen. Unabhängig von der arznei- und lebensmittelrechtlichen Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätetisches Lebensmittel handelt es sich nicht um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.

42

Als Aufwendungen für Güter des täglichen Bedarfs sind all diejenigen Kosten anzusehen, die dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung anfallen (allgemeine Lebenshaltung). Hierzu gehören insbesondere auch Ausgaben für die tägliche Ernährung. Diese im Rahmen des täglichen Bedarfs anfallenden Aufwendungen sind bereits durch die Dienst- bzw. Versorgungsbezüge gedeckt (vgl. Mildenberger/Fehr/Jagel/Weigel, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Kommentar, Band 1, 161. AL November 2015, Anm. 4.2 zu A III/§ 22 BBhV). Maßgebend ist die objektive Eignung des Mittels, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, so dass es bei objektiver Eignung z.B. als Nahrungsersatz oder Bestandteil der Ernährung weder darauf ankommt, ob das Mittel aus therapeutischen Zwecken konsumiert wird (vgl. dazu BayVGH München, Urteil vom 5. Oktober 1994 – 3 B 93.3165 –, BeckRS 1994, 14986), noch, ob es im Einzelfall auch ohne die Erkrankung beschafft worden wäre (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 20. Juni 2008 – Au 7 K 08.601 –, juris, Rn. 30).

43

Dieser versorgungsrechtliche Hintergrund des Ausschlusses von Mitteln, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, ist auch zu berücksichtigen, soweit § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO einen entsprechenden Ausschluss formuliert und hierzu gehörende Mittel beispielhaft aufzählt. Konkret ist deshalb vor allem auch bei den – durch andere Gesetzeszwecke geprägten – Bezeichnungen nach dem Lebensmittelrecht (Nahrungsergänzungsmittel oder diätetisches Lebensmittel) nicht allein aus der begrifflichen Zuordnung auf ein Gut des täglichen Bedarfs zu schließen, sondern die objektive Eignung zu prüfen.

44

Dem Beklagten ist zuzugeben, dass Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel regelmäßig Mittel sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Dies folgt bereits daraus, dass es sich nach den für die formelle Zuordnung relevanten Verordnungen jeweils um Mittel handelt, die für eine besondere Ernährung oder zur Ergänzung der Ernährung bestimmt sind (vgl. § 1 Abs. 2 DiätV bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 1 NemV). Unabhängig von der Frage einer zutreffenden lebensmittelrechtlichen Einordnung wird LactoStop 3300 FCC aktuell als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht. Soweit in der beihilferechtlichen Rechtsprechung die Einordnung eines wirkstoffgleichen Präparats als Nahrungsergänzungsmittel mit dem Argument verneint wurde, es enthalte keine der über § 3 Abs. 1 NemV in Bezug genommenen Nährstoffe (vgl. VG Köln, Urteil vom 29. September 2006 – 19 K 624/05 –, juris, Rn. 31), vermag dies den Ausschluss eines Nahrungsergänzungsmittels im lebensmittelrechtlichen Sinne nicht zu begründen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 NemV umfasst der Begriff des Nahrungsergänzungsmittels nämlich nicht allein Nährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente, vgl. § 1 Abs. 2 NemV), von denen gemäß § 3 Abs. 1 NemV nur die in Anhang I der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 aufgeführten Nährstoffe verwendet werden dürfen. Vielmehr kann ein Nahrungsergänzungsmittel nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 NemV nämlich auch „sonstige Stoffe“ mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung beinhalten, zu denen unter anderem auch Enzyme gehören (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Kommentar, Band III, 160. Erg. März 2015, C 142/§ 1 NemV Rn. 14b unter Verweis auf den Bericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Verwendung anderer Stoffe als Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln [KOM 2008 824]).

45

Ausgehend von dieser auch innerhalb des Begriffs der Nahrungsergänzungsmittel vorzunehmenden Unterscheidung zwischen Nährstoffen, die regelmäßig Bestandteile der täglichen Ernährung ersetzen, und sonstigen Stoffen, bei denen dies nicht ohne Weiteres angenommen werden kann, ist das Präparat LactoStop 3300 FCC nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs – konkret Güter der täglichen Ernährung – zu ersetzen. Mit der Einnahme des Präparats und dem darin enthaltenen Wirkstoff Laktase erfolgt – wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – keine vermehrte oder ersetzende Zufuhr eines in der Nahrung des Menschen vorkommenden Nährstoffes oder sonstigen Stoffes. Vielmehr wird ein körpereigenes, nicht in üblichen Nahrungsmitteln enthaltenes Verdauungsenzym ersetzt. Das in Tablettenform vertriebene Präparat LactoStop 3300 FCC dient auch nicht zur Herstellung einer laktosefreien Kost (a.A. wohl BayVGH, Beschluss vom 25. Oktober 2000 – 3 ZB 00.1385 –, juris, zum Wirkstoff Orlistat, der eine Verstoffwechslung von Fettbestandteilen verhindert und damit die normale Ernährung zur Diätkost mache) und ist damit nicht vergleichbar mit nicht beihilfefähigen (Mehr-)Aufwendungen beim Erwerb laktosefreier Lebensmittel. Insoweit ist es zwar zutreffend, dass durch die Einnahme des Enzyms Laktase die Notwendigkeit einer bereits zum Zeitpunkt des Verzehrs laktosefreien Nahrung vermieden wird. Die Ernährung als Gut des täglichen Bedarfs selbst wird durch die Einnahme des Enzyms jedoch nicht – auch nicht in Teilen – ersetzt.

46

Liegt danach kein Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO vor, kommt es auf eine Rückausnahme gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 BVO und die hierbei zu beachtenden Grenzen und Erwägungen (vgl. dazu auch OVG RP, Urteil vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG –, juris, Rn. 25 ff.) nicht an. Dasselbe gilt für eine Rückausnahme in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 2 BVO, so dass auch die Frage offen bleiben kann, ob das ausdifferenzierte System des § 21 BVO überhaupt Raum für eine analoge Anwendung der in § 21 Abs. 2 Satz 2 BVO ausdrücklich auf die Fälle des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a) bis c) BVO beschränkten Rückausnahme auch auf Fälle des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO lässt, für den eigene Rückausnahmen in § 21 Abs. 3 BVO geregelt sind. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob in der vorliegenden Konstellation die Fürsorgepflicht eine Beihilfefähigkeit geboten hätte.

47

c) Die streitgegenständlichen Aufwendungen des Klägers für die Beschaffung des Präparats LactoStop 3300 FCC sind auch medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der hier ärztlich festgestellten Diagnose einer Laktoseintoleranz jedenfalls dann um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts, wenn der Genuss auch kleinerer Mengen laktosehaltiger Lebensmittel – wie beim Kläger – erhebliche klinische Symptome und nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen auslöst (dazu VG Köln, Urteil vom 29. September 2006 – 19 K 624/05 –, juris, Rn. 19 ff.). Das Mittel LactoStop 3300 FCC wirkt den beschriebenen klinischen Symptomen nach allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen entgegen. Dies wird vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen und lässt sich mit Blick auf die arzneimittelrechtliche Zulassung des wirkstoffgleichen Präparats TilactaMed (PZN 04182216) zudem herleiten. Mithin bestehen hier keine Bedenken hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen, an der es regelmäßig fehlte, wenn wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden zur Anwendung kämen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 – 2 C 15/94 –, juris, Rn. 18 ff.; VGH BW, Urteil vom 19. Januar 2010 – 4 S 1816/07 –, juris, Rn. 26 ff.; BayVGH, Urteil vom 13. Dezember 2010 – 14 BV 08.1982 –, juris, Rn. 51 ff.; dort jeweils auch zu den Voraussetzungen einer wissenschaftlichen Anerkennung und zu den Ausnahmen, wann eine Beihilfefähigkeit auch ohne wissenschaftliche Anerkennung begründet sein kann, vgl. dazu auch § 8 Abs. 8 BVO). Vor diesem Hintergrund ist der Einwand des Beklagten unberechtigt, eine nicht an einer formellen Einordnung orientierte Begriffsbestimmung führe dazu, dass Nahrungsergänzungsmittel bereits erstattungsfähig seien, wenn von diesen therapeutische Wirkungen im Einzelfall lediglich zu erwarten seien.

48

In Bezug auf die Angemessenheit ist zu berücksichtigen, dass nach dem System der rheinland-pfälzischen Beihilfenverordnung – wie § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO und ein Umkehrschluss aus § 21 Abs. 3 Satz 2 BVO zeigen – einem Beihilfeberechtigten jenseits des Säuglings- und Kleinkindalters eine Vermeidungsdiät und damit etwaig zusammenhängend Mehraufwendungen grundsätzlich zumutbar sind. Mithin ist auch der Kläger gehalten, sich nach Möglichkeit laktosefrei zu ernähren und das verordnete Präparat lediglich ergänzend einzunehmen. Soweit der Kläger eine derartige Handhabung vor dem Verwaltungsgericht beschrieben hat und dies von dem Beklagten nicht weiter in Frage gestellt wurde, bestehen für den Senat keine Anhaltspunkte, die Angemessenheit der ärztlich verordneten Menge in Zweifel zu ziehen.

49

3. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

50

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

51

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz vorliegen.

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 26,24 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

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(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Wird in den Fällen des § 64 der Erlaß eines Enteignungsbeschlusses abgelehnt, so gilt § 42 Abs. 2 sinngemäß, sofern nicht in den folgenden Absätzen etwas anderes bestimmt ist.

(2) Die Entschädigung bemißt sich nach den Kosten, die notwendigerweise aufgewendet werden müssen, um die Veränderungen zu beseitigen und den früheren Zustand wiederherzustellen, soweit das Grundstück infolge der Veränderung seinem ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr zu dienen geeignet oder seine Benutzung wesentlich beeinträchtigt oder seine Bewirtschaftung wesentlich erschwert ist. Stehen die Kosten in keinem angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen, die dem Eigentümer infolge der Veränderungen erwachsen, so beschränkt sich die Entschädigung auf einen Ausgleich für diese Nachteile.

(3) Die Auszahlung der Entschädigung nach Absatz 2 kann von der Bedingung abhängig gemacht werden, daß die Veränderungen tatsächlich beseitigt werden.

(4) Hat sich der Wert eines Grundstücks durch bauliche Veränderungen während der Inanspruchnahme erhöht, so bestimmt sich die Verpflichtung des Eigentümers zum Ausgleich der Werterhöhung nach dem in § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 734) vorbehaltenen Gesetz.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2009 – 12 K 414/08 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Frage der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für ein Mittel zur Andickung von Flüssigkeiten („Thick & Easy“).
Der Sohn des beihilfeberechtigten Klägers leidet an einer schweren hypoxisch-ischämischen Encephalopathie nach cardiogenem Schock. Daher hat er Probleme bei der Nahrungsaufnahme (Dysphagie). Für ihn besteht ein Beihilfebemessungssatz von 80%.
Ein als „Widerspruch“ bezeichnetes Schreiben des Klägers vom 19.10.2007 legte der Beklagte unwidersprochen als Antrag auf Beihilfe für Gesamtaufwendungen in Höhe von 359,91 EUR für das seinem Sohn verordnete Andickungsmittel „Thick & Easy“ aus.
Mit Beihilfebescheid vom 8.11.2007 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die beantragte Beihilfe für Aufwendungen für das Präparat „Thick & Easy“ ab. Es handle es sich hierbei nicht um ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter dem 13.11.2007 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.1.2008 wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es aus: Das Präparat „Thick & Easy“ sei nicht in der Liste der zugelassenen Fertigarzneimittel (Rote Liste) oder im Pharmaindex (Gelbe Liste) enthalten. Nahrungsergänzungsmittel seien keine Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts und somit grundsätzlich nicht beihilfefähig. Würden jedoch vitamin- und/oder mineralstoffhaltige Nahrungsergänzungsmittel ärztlich verordnet, so seien die Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel dann beihilfefähig, wenn eine der Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Vitaminpräparate oder Mineralstoffpräparate (entsprechend den Regelungen der Arzneimittelrichtlinien, dort unter Nr. 20.2 g und h) vorliege. Da in Andickungsmitteln jedoch keine Vitamine oder Mineralstoffe enthalten seien, könnten sie auch bei großzügiger Betrachtung nicht als Arzneimittel angesehen werden. Andickungsmittel sei auch nicht dem Bereich „vollbilanzierte“ oder „chemisch definierte Formeldiäten“ zuzuordnen, für die bei bestimmten Krankheitsbildern eine Beihilfe gewährt werden könne.
Am 4.2.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Aufwendungen für das Verdickungsmittel seien sowohl dem Grunde nach notwendig als auch der Höhe nach angemessen. Zwar sei ein Verdickungsmittel in § 6 der Beihilfeordnung nicht genannt. Jedoch sei § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO zu entnehmen, dass verordnete Arznei- und Verbandsmittel ebenfalls beihilfefähig seien. Auch wenn das Mittel „Thick & Easy“ formell nicht als Arzneimittel anerkannt werde, stelle es sich aufgrund der dargelegten Wirkungsart als ein Arzneimitteln ähnliches Mittel dar. Es habe bei dem Sohn des Klägers die gleiche Funktion wie die alternativ mögliche enterale Ernährung. Bei objektiver Betrachtung sei zu berücksichtigen, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch die Versorgung mit enteraler Ernährung wesentlich schwerwiegender sei als die Ernährungsmöglichkeit mit Hilfe des begehrten Verdickungsmittels. Letztlich liege daher ein notstandsähnlicher Fall vor, der die Versorgung mit dem Verdickungsmittel „Thick & Easy“ begründe, obwohl dieses kein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sei. Das Verdickungsmittel „Thick & Easy“ sei jedoch als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne zu verstehen. Denn unter Berücksichtigung der vom Hersteller angegebenen Zweckbestimmung diene das Instant-Andickungsmittel zur sicheren Ernährung bei Schluckstörungen (Dysphagie) und zur Unterstützung beim Schlucktraining. Schließlich wirke das begehrte Verdickungsmittel beim Sohn des Klägers als arzneimittelähnliches Produkt, indem es dafür sorge, dass dieser ohne großen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der ansonsten für die enterale Ernährung notwendig wäre, ernährt werden könne. Es handle sich um ein Produkt für Dysphagiepatienten und werde gerade nicht im täglichen Leben zur Bedarfsdeckung eines gesunden Menschen verwendet.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Zur Begründung hat er vorgetragen: Das Präparat „Thick & Easy“ sei kein beihilfefähiges Arzneimittel, sondern ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Für den Begriff des Arzneimittels könne auf die allgemeine Definition in § 2 AMG zurückgegriffen werden. Danach seien unter Arzneimitteln Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt seien, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper u. a. Krankheiten, Leiden, Körperschäden und krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Keine Arzneimittel seien gemäß der Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. § 2 Abs. 2 LFBG verweise auf die Definition des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, wonach Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse seien, die dazu bestimmt seien oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie in verarbeiteten, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Das streitgegenständliche Präparat sei weder auf der Roten noch auf der Gelben Liste aufgeführt. Weiterhin richte sich die Einstufung und damit die Zweckbestimmung eines Mittels als Arzneimittel nach objektiven Maßstäben. Das streitgegenständliche Präparat werde als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt; es enthalte auf rein pflanzlicher Basis modifizierte Maisstärke. Es handle sich um ein Lebensmittel, das dazu bestimmt sei, die Konsistenz flüssiger Lebensmittel so zu verändern, dass sie vom Sohn des Klägers aufgenommen werden könnten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.11.2008 - zugestellt am 28.11.2008 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Das Präparat „Thick & Easy“ sei kein Arzneimittel im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO, sondern ein Lebensmittel. Dies seien alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt seien oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen würden. Zu Lebensmitteln zählten auch diätetische Lebensmittel; dies seien nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt seien. Darunter fielen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies seien Erzeugnisse, die für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt seien. Unter diesen sehr weiten Lebensmittelbegriff falle das Produkt „Thick & Easy“, da es ersichtlich dazu bestimmt ist, von Menschen verzehrt zu werden. Nicht zu den Lebensmitteln gehörten nach Art. 2 Satz 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Arzneimittel. Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel sei seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten Verbraucher darstelle. Die Bestimmung des Verwendungszwecks erschließe sich aus einer Reihe von Umständen, insbesondere der stofflichen Zusammensetzung des Präparats, seiner Aufmachung, der Art und Form der Einnahme und der Vertriebsweise. Dabei komme es zum einen nicht darauf an, ob das Produkt eine erwartete therapeutische Wirkung tatsächlich habe oder haben könne und zum anderen auch nicht darauf, ob es ausdrücklich als Arzneimittel bezeichnet sei, sondern darauf, ob es schlüssig, dann aber mit Gewissheit den Eindruck erwecke, hauptsächlich Heilzwecken zu dienen. Für die beihilferechtliche Einordnung als Arzneimittel sei insbesondere die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung des Mittels maßgebend.
Nach diesen Kriterien stelle sich das Mittel „Thick & Easy“ nicht als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Nach seiner objektiven Zweckbestimmung, nach seiner stofflichen Zusammensetzung, seiner Aufmachung diene es nicht hauptsächlich Heilzwecken. Nach der Produktbeschreibung werde es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ zugeordnet. Von der Zusammensetzung her handle es sich um „modifizierte Maisstärke (E 1442), Maltodextrin“. Für den Lebensmittelcharakter des Präparats spreche weiter die in der Produktbeschreibung enthaltene Zweckbestimmung „zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte, von Fresenius Kabi Trinknahrungen“. Hieraus ergäben sich keine therapeutischen Wirkaussagen, vielmehr diene das Mittel - jedenfalls ganz überwiegend - der Nahrungsaufnahme insbesondere durch Personen, die an Schluckstörungen litten.
10 
Das Produkt falle auch nicht unter den Begriff des Funktionsarzneimittels. Hiernach seien Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden könnten, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Erforderlich sei eine wirkliche Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach seiner Produktbeschreibung und der sich hieraus ergebenden Zweckbestimmung erfülle das Mittel „Thick & Easy“ diese Bedingung nicht. Denn es diene allein der Herstellung einer bestimmten Nahrungskonsistenz, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen litten, aufgenommen werden könne. Irgendeine Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel sei damit nicht verbunden.
11 
Das Präparat könne auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO subsumiert werden. Hierbei müsse es sich um Mittel handeln, die Arznei- oder Verbandsmitteln gleichstünden. Auch unter Berücksichtigung der Formulierung „und dergleichen“ könnten danach Produkte, die nach ihrer überwiegenden Zweckbestimmung nicht Heilzwecken dienten bzw. keine Funktionsarzneimittel seien, nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO beihilfefähig sein. Auf die Frage, ob das Mittel „Thick & Easy“ geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, komme es nach alledem nicht mehr an. Es treffe im Übrigen auch nicht zu, dass das Mittel die „gleichen Funktionen wie die alternativ mögliche enterale Ernährung“ habe. Ein Mittel, das zur Herstellung einer bestimmten Konsistenz der Nahrung diene, könne nicht mit der enteralen Ernährung verglichen werden.
12 
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger fristgerecht vor, bei dem Produkt „Thick & Easy“ handle es sich um ein Mittel, das nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO („und dergleichen“) zu klassifizieren sei. Es handle sich um ein Produkt ähnlich einem Hilfsmittel, durch dessen Einsatz der Sohn des Klägers überhaupt erst essen könne. Es ermögliche somit den Transport der Nahrung. Aufgrund seiner objektiven Zweckbestimmung sei es in seiner Wirkweise mit der Sonde bei enteraler Ernährung zu vergleichen, welche die Nahrungsaufnahme erst ermögliche und die der Leistungspflicht des Beklagten unterliege. „Thick & Easy“ sei daher auch als Funktionsarzneimittel anzusehen. Auch nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland Pfalz komme es weder darauf an, dass ein eingesetztes Produkt als Arzneimittel zugelassen sei, noch darauf, ob es einen pharmakologischen Bestandteil enthalte. Maßgeblich im beihilferechtlichen Sinne sei vielmehr der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt sei. Dabei knüpfe die Verkehrsauffassung regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhänge, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach hätten. Zudem sei der Anspruch des Klägers auch aus Angemessenheitsgesichtspunkten heraus begründet. Die Produkte für die Sondennahrung bei einer enteralen Ernährung seien um ein vielfaches teurer als die Versorgung mit den begehrten Mitteln. Außerdem sei der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch eine enterale Ernährung wesentlich belastender. Gemäß Art. 7 Abs. 2 UN-Behindertenrechtskonvention sei bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen beträfen, das Wohl des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Es handle sich auch nicht um ein Lebensmittel, denn es werde nicht zur Ernährung des Sohns des Klägers benötigt, sondern es sei das Hilfsmittel, damit er überhaupt essen könne. Sein Zweck liege nicht in der Ernährung des Kindes als verwertbarer Nahrungsbestandteil, sondern als Transportmittel, um die sichere Ernährung hinsichtlich Schluckstörungen (Dysphagie) und Aspirationspneumonie zu gewährleisten.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2008 - 12 K 414/08 - zu ändern, den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 8. November 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihm für Aufwendungen für das Mittel „Thick & Easy“ Beihilfe in Höhe von 287,93 EUR zu gewähren.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er ist der Auffassung, das Präparat „Thick & Easy“ sei weder unter dem Begriff des Präsentationsarzneimittels noch unter den Begriff des Funktionsarzneimittels einzuordnen. Es diene nicht zu Heilzwecken, da es keinerlei therapeutische Wirkung entfalte, so dass es nicht als Arzneimittel anzusehen sei. Vielmehr falle es unter den Lebensmittelbegriff, da es dazu bestimmt sei, von Menschen verzehrt zu werden. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus zu Recht erkannt, dass das streitgegenständliche Präparat auch nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO subsumiert werden könne, da mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet sei, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, das Produkt sei ein Hilfsmittel, sei dies in sich unschlüssig, da er zugleich behaupte, es sei als Funktionsarzneimittel anzusehen. Das Präparat falle auch nicht unter den Begriff des Heilmittels im beihilferechtlichen Sinn, da diese in der Anlage zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO abschließend aufgeführt seien. Der Vortrag in Bezug auf den Vergleich mit der enteralen Ernährung sei nicht relevant und folglich nicht zu berücksichtigen.
18 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
19 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 414/08 - vor. Diese Akten sind wie die Prozessakte Gegenstand der Entscheidung; wegen der näheren Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er hat keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für das Andickungsmittel „Thick & Easy“ für seinen Sohn. Der Senat macht sich hierbei ausdrücklich die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und verweist auf diese (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
21 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.2.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
22 
Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum folgenden grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 -). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314).
23 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.7.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.5.2009 - 3 C 5.09 - NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.7.2004 - 11 ME 12/04 - NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 - Juris).
24 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.5.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 - DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
25 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
26 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Präparat „Thick & Easy“ kein Arzneimittel, sondern ein Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel. Es dient nicht Heilzwecken und es entfaltet auch keine therapeutische Wirkung im eigentlichen Sinne. Eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers findet nicht statt. Es enthält keinen Wirkstoff, der durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen soll, und führt auch zu keiner Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers oder zu einer nennenswerten Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach der bei den Beihilfeakten befindlichen Produktbeschreibung (vgl.http://www.prodiaet-server.de/site/produkt.php?show=FRE-014) besteht es aus modifizierter Maisstärke, Maltodextrin, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil. Diese Zusammensetzung - ohne jeden pharmazeutischen Wirkstoff - spricht eindeutig gegen den Arzneimittelcharakter des Präparats. Auch nach der Produktbeschreibung des Herstellers Fresenius wird es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ und nicht etwa den Arzneimitteln zugeordnet. Es dient allein zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte sowie von Fresenius Kabi Trinknahrungen, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen leiden, aufgenommen werden können. Lassen die Angaben des Herstellers jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten vermissen und enthält das Präparat ausschließlich einen gewöhnlichen Nahrungsbestandteil wie hier modifizierte Maisstärke, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn zudem keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnte. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
28 
Wie das Verwaltungsgericht ist daher auch der Senat der Auffassung, dass das Präparat „Thick & Easy eher mit einem diätischen Lebensmittel als mit einem Arzneimittel vergleichbar ist. Nach § 2 Abs. 2 LFGB, der auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch diätetische Lebensmittel; dies sind nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung (vom 28.4.2005; BGBl. I S. 1161) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind.
29 
Das Präparat Thick & Easy kann auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. subsumiert werden („und dergleichen“). Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, soll mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Auch hiernach sind Produkte, die keinen Heilzwecken dienen und auch objektiv keine Funktionsarzneimittel sind, nicht beihilfefähig. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers das Mittel „Thick & Easy“ nicht die gleiche Funktion wie eine (beihilfefähige) enterale Ernährung erfüllt, die in bestimmten Fällen medizinisch notwendig sein kann.
30 
Schließlich lässt sich aus Art 7 Abs. 2 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBehRÜbk) schon deshalb nichts zu Gunsten des Klägers ableiten, weil diese erst seit dem 26.3.2009 in Deutschland geltendes Recht ist (vgl. Kurzke-Maasmeier, SozArb 2010,2; Fuchs, DÄ 2009, A 2506).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
33 
Beschluss vom 23. Februar 2010
34 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszügeauf je 287,93 EUR festgesetzt. Anders als vom Verwaltungsgericht zugrundegelegt, besteht für den Sohn des Klägers ein Beihilfebemessungssatz von 80 %. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war daher entsprechend zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er hat keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für das Andickungsmittel „Thick & Easy“ für seinen Sohn. Der Senat macht sich hierbei ausdrücklich die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und verweist auf diese (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
21 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.2.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
22 
Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum folgenden grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 -). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314).
23 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.7.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.5.2009 - 3 C 5.09 - NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.7.2004 - 11 ME 12/04 - NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 - Juris).
24 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.5.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 - DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
25 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
26 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Präparat „Thick & Easy“ kein Arzneimittel, sondern ein Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel. Es dient nicht Heilzwecken und es entfaltet auch keine therapeutische Wirkung im eigentlichen Sinne. Eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers findet nicht statt. Es enthält keinen Wirkstoff, der durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen soll, und führt auch zu keiner Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers oder zu einer nennenswerten Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach der bei den Beihilfeakten befindlichen Produktbeschreibung (vgl.http://www.prodiaet-server.de/site/produkt.php?show=FRE-014) besteht es aus modifizierter Maisstärke, Maltodextrin, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil. Diese Zusammensetzung - ohne jeden pharmazeutischen Wirkstoff - spricht eindeutig gegen den Arzneimittelcharakter des Präparats. Auch nach der Produktbeschreibung des Herstellers Fresenius wird es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ und nicht etwa den Arzneimitteln zugeordnet. Es dient allein zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte sowie von Fresenius Kabi Trinknahrungen, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen leiden, aufgenommen werden können. Lassen die Angaben des Herstellers jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten vermissen und enthält das Präparat ausschließlich einen gewöhnlichen Nahrungsbestandteil wie hier modifizierte Maisstärke, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn zudem keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnte. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
28 
Wie das Verwaltungsgericht ist daher auch der Senat der Auffassung, dass das Präparat „Thick & Easy eher mit einem diätischen Lebensmittel als mit einem Arzneimittel vergleichbar ist. Nach § 2 Abs. 2 LFGB, der auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch diätetische Lebensmittel; dies sind nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung (vom 28.4.2005; BGBl. I S. 1161) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind.
29 
Das Präparat Thick & Easy kann auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. subsumiert werden („und dergleichen“). Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, soll mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Auch hiernach sind Produkte, die keinen Heilzwecken dienen und auch objektiv keine Funktionsarzneimittel sind, nicht beihilfefähig. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers das Mittel „Thick & Easy“ nicht die gleiche Funktion wie eine (beihilfefähige) enterale Ernährung erfüllt, die in bestimmten Fällen medizinisch notwendig sein kann.
30 
Schließlich lässt sich aus Art 7 Abs. 2 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBehRÜbk) schon deshalb nichts zu Gunsten des Klägers ableiten, weil diese erst seit dem 26.3.2009 in Deutschland geltendes Recht ist (vgl. Kurzke-Maasmeier, SozArb 2010,2; Fuchs, DÄ 2009, A 2506).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
33 
Beschluss vom 23. Februar 2010
34 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszügeauf je 287,93 EUR festgesetzt. Anders als vom Verwaltungsgericht zugrundegelegt, besteht für den Sohn des Klägers ein Beihilfebemessungssatz von 80 %. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war daher entsprechend zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wird in den Fällen des § 64 der Erlaß eines Enteignungsbeschlusses abgelehnt, so gilt § 42 Abs. 2 sinngemäß, sofern nicht in den folgenden Absätzen etwas anderes bestimmt ist.

(2) Die Entschädigung bemißt sich nach den Kosten, die notwendigerweise aufgewendet werden müssen, um die Veränderungen zu beseitigen und den früheren Zustand wiederherzustellen, soweit das Grundstück infolge der Veränderung seinem ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr zu dienen geeignet oder seine Benutzung wesentlich beeinträchtigt oder seine Bewirtschaftung wesentlich erschwert ist. Stehen die Kosten in keinem angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen, die dem Eigentümer infolge der Veränderungen erwachsen, so beschränkt sich die Entschädigung auf einen Ausgleich für diese Nachteile.

(3) Die Auszahlung der Entschädigung nach Absatz 2 kann von der Bedingung abhängig gemacht werden, daß die Veränderungen tatsächlich beseitigt werden.

(4) Hat sich der Wert eines Grundstücks durch bauliche Veränderungen während der Inanspruchnahme erhöht, so bestimmt sich die Verpflichtung des Eigentümers zum Ausgleich der Werterhöhung nach dem in § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 734) vorbehaltenen Gesetz.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Beihilfefähig sind Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich nach Art und Umfang schriftlich verordnete oder während einer Behandlung verbrauchte

1.
Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes, die apothekenpflichtig sind,
2.
Verbandmittel,
3.
Harn- und Blutteststreifen sowie
4.
Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte im Sinne des Medizinprodukterechts zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt, in Anlage 4 aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Arzneimittel, die überwiegend der Erhöhung der Lebensqualität dienen (Anlage 5), es sei denn, dass im Einzelfall nicht der in Anlage 5 genannte Zweck, sondern die Behandlung einer anderen Körperfunktionsstörung im Vordergrund steht, die eine Krankheit ist, und
a)
es keine anderen zur Behandlung dieser Krankheit zugelassenen Arzneimittel gibt oder
b)
die anderen zugelassenen Arzneimittel im Einzelfall unverträglich sind oder sich als nicht wirksam erwiesen haben,
2.
verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von
a)
Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt,
b)
Mund- und Rachenerkrankungen, ausgenommen bei
aa)
Pilzinfektionen,
bb)
Geschwüren in der Mundhöhle oder
cc)
nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich,
c)
Verstopfung, ausgenommen zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation, bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase oder
d)
Reisekrankheiten, ausgenommen bei der Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen, zum Beispiel Menièrescher Symptomkomplex,
soweit die Arzneimittel nicht für Minderjährige bestimmt sind,
3.
nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, es sei denn, sie
a)
sind bestimmt für Personen, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und an Entwicklungsstörungen leiden,
b)
wurden für diagnostische Zwecke, Untersuchungen oder ambulante Behandlungen benötigt und
aa)
in der Rechnung als Auslagen abgerechnet oder
bb)
auf Grund einer ärztlichen Verordnung zuvor von der beihilfeberechtigten oder berücksichtigungsfähigen Person selbst beschafft,
c)
gelten bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard und werden mit dieser Begründung ausnahmsweise verordnet; die beihilfefähigen Ausnahmen ergeben sich aus Anlage 6,
d)
sind in der Fachinformation zum Hauptarzneimittel eines beihilfefähigen Arzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben oder
e)
werden zur Behandlung unerwünschter Arzneimittelwirkungen, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines beihilfefähigen Arzneimittels auftreten können, eingesetzt; dabei muss die unerwünschte Arzneimittelwirkung lebensbedrohlich sein oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen,
4.
traditionell angewendete Arzneimittel nach § 109 Absatz 3 und § 109a des Arzneimittelgesetzes mit einem oder mehreren der folgenden Hinweise auf der äußeren Umhüllung oder der Packungsbeilage des Arzneimittels:
a)
zur Stärkung oder Kräftigung,
b)
zur Besserung des Befindens,
c)
zur Unterstützung der Organfunktion,
d)
zur Vorbeugung,
e)
als mild wirkendes Arzneimittel,
5.
traditionelle pflanzliche Arzneimittel nach § 39a des Arzneimittelgesetzes,
6.
hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung; dies gilt nicht bei Personen unter 22 Jahren oder wenn diese Mittel unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung zur Behandlung einer Krankheit verordnet werden,
7.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für Arzneimittel, für die Festbeträge nach § 35 Absatz 3, 5 und 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt sind, sind nur bis zur Höhe der Festbeträge beihilfefähig, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 35 Absatz 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch im Internet veröffentlicht. Aufwendungen für Arzneimittel nach Satz 1 sind über den Festbetrag hinaus beihilfefähig, wenn die Arzneimittel

1.
in medizinisch begründeten Einzelfällen verordnet worden sind oder
2.
in Richtlinien nach § 129 Absatz 1a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind.

(4) Aufwendungen für Arzneimittel, bei denen nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist, sind nach Maßgabe der Anlage 8 beihilfefähig. Arzneimittel nach Satz 1 können darüber hinaus im Einzelfall als beihilfefähig anerkannt werden, wenn eine medizinische Stellungnahme darüber vorgelegt wird, dass das Arzneimittel zur Behandlung notwendig ist.

(5) Aufwendungen für ärztlich verordnete Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung sind zur enteralen Ernährung bei fehlender oder eingeschränkter Fähigkeit, sich auf natürliche Weise ausreichend zu ernähren, beihilfefähig, wenn eine Modifizierung der natürlichen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Aufwendungen für Elementardiäten sind beihilfefähig für Personen, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, mit Kuhmilcheiweiß-Allergie; dies gilt ferner bei Neurodermitis für einen Zeitraum von einem halben Jahr, sofern Elementardiäten für diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Im Übrigen sind Aufwendungen für Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Krankenkost und diätetische Lebensmittel nicht beihilfefähig.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Aufwendungen für Arznei- und Verbandmittel, Teststreifen und Medizinprodukte, die eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker während einer Behandlung verbraucht hat.

(1) Arzneimittel, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. Außerhalb der Apotheken darf außer in den Fällen des § 47 Abs. 1 mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden. Die Angaben über die Ausstellung oder Änderung einer Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln nach Satz 1 sind in die Datenbank nach § 67a einzugeben.

(2) Die nach Absatz 1 Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimittel dürfen von juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Vereinen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts an ihre Mitglieder nicht abgegeben werden, es sei denn, dass es sich bei den Mitgliedern um Apotheken oder um die in § 47 Abs. 1 genannten Personen und Einrichtungen handelt und die Abgabe unter den dort bezeichneten Voraussetzungen erfolgt.

(3) Auf Verschreibung dürfen Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden.

(3a) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 dürfen ärztliche Einrichtungen, die auf die Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie spezialisiert sind, in ihren Räumlichkeiten einen Vorrat an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für den unvorhersehbaren und dringenden Bedarf (Notfallvorrat) bereithalten. Im Rahmen der Notfallversorgung darf ein hämostaseologisch qualifizierter Arzt Arzneimittel aus dem Notfallvorrat nach Satz 1 an Patienten oder Einrichtungen der Krankenversorgung abgeben.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(1) Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an

1.
andere pharmazeutische Unternehmer und Großhändler,
2.
Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um
a)
aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen mit Ausnahme von Gerinnungsfaktorenzubereitungen,
b)
Gewebezubereitungen oder tierisches Gewebe,
c)
Infusionslösungen in Behältnissen mit mindestens 500 ml, die zum Ersatz oder zur Korrektur von Körperflüssigkeit bestimmt sind, sowie Lösungen zur Hämodialyse und Peritonealdialyse, die, soweit es sich um Lösungen zur Peritonealdialyse handelt, auf Verschreibung des nephrologisch qualifizierten Arztes im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung seiner Dialysepatienten an diese abgegeben werden dürfen,
d)
Zubereitungen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
e)
medizinische Gase, bei denen auch die Abgabe an Heilpraktiker zulässig ist,
f)
radioaktive Arzneimittel,
g)
Arzneimittel, die mit dem Hinweis "Zur klinischen Prüfung bestimmt" versehen sind, sofern sie kostenlos zur Verfügung gestellt werden,
h)
Blutegel und Fliegenlarven, bei denen auch die Abgabe an Heilpraktiker zulässig ist, oder
i)
Arzneimittel, die im Falle des § 21 Absatz 2 Nummer 3 zur Verfügung gestellt werden,
3.
Krankenhäuser, Gesundheitsämter und Ärzte, soweit es sich um Impfstoffe handelt, die dazu bestimmt sind, bei einer unentgeltlichen auf Grund des § 20 Abs. 5, 6 oder 7 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) durchgeführten Schutzimpfung angewendet zu werden oder soweit eine Abgabe von Impfstoffen zur Abwendung einer Seuchen- oder Lebensgefahr erforderlich ist,
3a.
spezielle Gelbfieber-Impfstellen gemäß § 7 des Gesetzes zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), soweit es sich um Gelbfieberimpfstoff handelt,
3b.
Krankenhäuser und Gesundheitsämter, soweit es sich um Arzneimittel mit antibakterieller oder antiviraler Wirkung handelt, die dazu bestimmt sind, auf Grund des § 20 Abs. 5, 6 oder 7 des Infektionsschutzgesetzes zur spezifischen Prophylaxe gegen übertragbare Krankheiten angewendet zu werden,
3c.
Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen im Einzelfall benannte Stellen, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die für den Fall einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, bevorratet werden,
4.
Veterinärbehörden, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die zur Durchführung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen bestimmt sind,
5.
auf gesetzlicher Grundlage eingerichtete oder im Benehmen mit dem Bundesministerium von der zuständigen Behörde anerkannte zentrale Beschaffungsstellen für Arzneimittel,
5a.
durch Landesrecht bestimmte Betreiber der Luftrettung, soweit es sich um aus menschlichem Blut gewonnene Erythrozytenkonzentrate handelt,
6.
Tierärzte im Rahmen des Betriebes einer tierärztlichen Hausapotheke, soweit es sich um Fertigarzneimittel handelt, zur Anwendung an den von ihnen behandelten Tieren und zur Abgabe an deren Halter,
7.
zur Ausübung der Zahnheilkunde berechtigte Personen, soweit es sich um Fertigarzneimittel, die ausschließlich in der Zahnheilkunde verwendet und bei der Behandlung am Patienten angewendet werden, oder um medizinische Gase handelt,
8.
Einrichtungen von Forschung und Wissenschaft, denen eine Erlaubnis nach § 3 des Betäubungsmittelgesetzes erteilt worden ist, die zum Erwerb des betreffenden Arzneimittels berechtigt,
9.
Hochschulen, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die für die Ausbildung der Studierenden der Pharmazie und der Veterinärmedizin benötigt werden,
10.
staatlich anerkannte Lehranstalten für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten, sofern es sich um Arzneimittel handelt, die für die Ausbildung benötigt werden.

(2) Die in Absatz 1 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Empfänger dürfen die Arzneimittel nur für den eigenen Bedarf im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben beziehen. Die in Absatz 1 Nr. 5 bezeichneten zentralen Beschaffungsstellen dürfen nur anerkannt werden, wenn nachgewiesen wird, dass sie unter fachlicher Leitung eines Apothekers stehen und geeignete Räume und Einrichtungen zur Prüfung, Kontrolle und Lagerung der Arzneimittel vorhanden sind.

(3) Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels abgeben oder abgeben lassen an

1.
Ärzte oder Zahnärzte,
2.
andere Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde beim Menschen berufsmäßig ausüben, soweit es sich nicht um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt,
3.
Ausbildungsstätten für die humanmedizinischen Heilberufe.
Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels an Ausbildungsstätten für die humanmedizinischen Heilberufe nur in einem dem Zweck der Ausbildung angemessenen Umfang abgeben oder abgeben lassen. Muster dürfen keine Stoffe oder Zubereitungen
1.
im Sinne des § 2 des Betäubungsmittelgesetzes, die als solche in Anlage II oder III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt sind, oder
2.
die nach § 48 Absatz 2 Satz 3 nur auf Sonderrezept verschrieben werden dürfen,
enthalten.

(4) Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels an Personen nach Absatz 3 Satz 1 nur auf jeweilige schriftliche oder elektronische Anforderung, in der kleinsten Packungsgröße und in einem Jahr von einem Fertigarzneimittel nicht mehr als zwei Muster abgeben oder abgeben lassen. Mit den Mustern ist die Fachinformation, soweit diese nach § 11a vorgeschrieben ist, zu übersenden. Das Muster dient insbesondere der Information des Arztes über den Gegenstand des Arzneimittels. Über die Empfänger von Mustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe von Mustern sind gesondert für jeden Empfänger Nachweise zu führen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Präparate „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ und „Medyn“.
Seine u.a. auch darauf gerichteten Anträge wurden mit Bescheiden des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und vom 14.12.2005 sowie Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006, mit Bescheiden vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 sowie Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 abgelehnt.
Auf seine bereits am 05.05.2006 erhobene Klage hin hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 09.05.2007 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 28,91 EUR nebst Prozesszinsen zu gewähren. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 wurden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die bezüglich der Bescheide vom 06.07.2005, vom 14.12.2005, vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006, vom 28.08.2006 sowie der Widerspruchsbescheide vom 12.04.2006 und vom 28.09.2006, soweit darin beantragte Beihilfeleistungen abgelehnt würden, zulässige Klage sei insoweit begründet, als dem Kläger in den Bescheiden vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 Beihilfeleistungen zu dem Präparat „Medyn“ abgelehnt worden seien; sie sei unbegründet im Hinblick auf die Ablehnung von Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein und Zeaxanthin Formula“. Die geltend gemachten Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ seien beihilfefähig. Zwar könne ein Vitaminpräparat wie „Medyn“, das im Wesentlichen die Vitamine B6, Folsäure und B12 enthalte, ein Mittel sein, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, indem es die Nahrung um für den Köper notwendige Vitamine ergänze. Jedoch sei „Medyn“ dem Kläger nicht maßgeblich zur Nahrungsergänzung (oder gar zum Ersatz für Nahrungsmittel) verschrieben worden. Ausweislich des vorgelegten Rezepts habe die den Kläger behandelnde Ärztin das Präparat „zur Vermeidung erhöhter Homocysteinwerte“ verschrieben. Es sei danach davon auszugehen, dass beim Kläger überhöhte Homocysteinwerte im Blut festgestellt worden seien. Bei der danach vorliegenden Indikation komme „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts zur Anwendung, ohne zugleich Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der in die mündliche Verhandlung eingeführten Produktbeschreibung diene „Medyn“ zur Senkung erhöhter Homocysteinwerte bedingt durch Vitaminmangel. Die in „Medyn“ enthaltenen Vitamine sollten sonach nicht typische Nahrungsbestandteile - wie es Vitamine seien - ergänzen bzw. sogar ersetzen, sondern einen normabweichenden Zustand bekämpfen. Die DACH-Liga Homocystein, ein Zusammenschluss deutscher, österreichischer und schweizerischer Wissenschaftler, empfehle die Substitution von B-Vitaminen zur Senkung erhöhter Homocysteinspiegel, weil der Zusammenhang von erhöhten Homocysteinspiegeln mit einem gesteigerten Risiko an kardiovaskulären Erkrankungen als gesichert gelte. Diene „Medyn“ nach der Zweckbestimmung des Herstellers und auch im vorliegenden Fall der Senkung erhöhter Homocysteinwerte, komme es danach - als ärztlich verordnetes Arzneimittel - „aus Anlass einer Krankheit“ zum Einsatz. Denn ein erhöhter Homocysteinspiegel stelle mit der dadurch gegebenen Risikosteigerung für kardiovaskuläre Erkrankungen einen regelwidrigen Zustand des Körpers dar, der der ärztlichen Behandlung bedürfe. An der Charakterisierung von „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne der Beihilfevorschriften ändere es nichts, dass möglicherweise bei ansonsten gesunden Menschen eine spezifische Zufuhr der in „Medyn“ enthaltenen Vitamine durch eine besonders eingestellte Ernährung zu erreichen sei.
Zu einem anderen Ergebnis sei die Kammer hinsichtlich der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gekommen. Hier handle es sich nicht um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung. Zwar solle auch dieses Präparat nach dem Vorbringen des Klägers und der hierzu vorliegenden Verordnung zur Bekämpfung einer Krankheit, der Makuladegeneration, eingesetzt werden, einer Erkrankung, für die es gegenwärtig keine effektiven schulmedizinischen Behandlungsansätze gebe. Jedoch stehe der Einordnung als Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung hier schon die vom Hersteller des Präparats angegebene Zweckbestimmung des Mittels entgegen. Nach der dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.06.2006 beigefügten englischsprachigen Produktbeschreibung handle es sich um ein Präparat, das neben den Bestandteilen Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten seien, auch verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) sowie weitere Bestandteile (z.B. Zink und Selen) enthalte. Nach der Produktbeschreibung diene das Mittel der Vorbeugung von Mangelzuständen und zur Erhaltung der Augengesundheit. Zwar sei auch das Risiko einer Makuladegeneration (AMD) erwähnt, jedoch bringe der Hersteller das genannte Mittel nicht als Arzneimittel, d.h. zu Heilzwecken, in den Handel. Nach seiner ausdrücklichen Kennzeichnung handele es sich vielmehr um ein „dietary supplement“, was am ehesten mit „Nahrungsergänzungsmittel“ zu übersetzen sei. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten seien, sei die Erhaltung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung werde aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Die spezifische Zwecksetzung ändere nichts daran, dass es sich um in der natürlichen Nahrung enthaltene Stoffe handle, die dazu bestimmt seien, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Es handle sich eher um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und sei sonach nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts einzustufen.
Hinsichtlich der Gewährung von Beihilfe für die genannten Präparate hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen, die der Kläger am 13.07.2007 und der Beklagte am 16.07.2007 eingelegt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe zu den Aufwendungen für das Arzneimittel „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ nebst 5% Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu gewähren und die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und 14.12.2005 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sowie die Bescheide vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, das Arzneimittel „Medyn“ sei ihm erstmals vor zwei Jahren verschrieben worden. Hierfür habe es zwei Gründe gegeben, von denen einer sogar auf dem Rezept vermerkt worden sei. Zum einen habe ein überhöhter Homocysteinspiegel vermieden und auf diese Weise das bei ihm bestehende Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko reduziert werden sollen, daneben seien bei ihm sämtliche Gelenke schwer angeschlagen. Dieser Umstand führe zu einem weit höheren Bedarf an Vitaminen der B-Gruppe als dies bei normalen gesunden Personen der Fall sei. Der gesamte Vortrag des Beklagten gehe schon deshalb ins Leere, weil mit Hilfe dieses Arzneimittels genau das geschehen solle, was der Beklagte zu vermissen scheine, nämlich die Bekämpfung eines besonders schwerwiegenden Krankheitszustands. Am 08.09.2003 sei bei ihm der Homocysteinspiegel zum ersten Mal ermittelt worden. Das Ergebnis sei 10,8 gewesen. Einige Zeit danach sei bei ihm mit der Medyn-Behandlung begonnen worden. Trotz der langjährigen Einnahme sei der am 15.04.2008 erstmals wieder getestete Wert nur auf 10,1 zurückgegangen. Etwa im August habe er sich dazu entschlossen, um möglicherweise dem Streit mit dem Beklagten ein Ende zu machen, eine Zeitlang auf die Einnahme von Medyn zu verzichten. Dies habe jedoch dazu geführt, dass am 31.10.2008 ein Wert von 14,2 festgestellt worden sei. Nach Wiederaufnahme der Medyneinnahme habe sich am 12.03.2009 immer noch ein viel zu hoher Wert von 13,8 ergeben. Bei Medyn handle es sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Die Frage der medizinischen Indikation müsse allein und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt werden und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren. Wenn der behandelnde Arzt die Behandlung mit Medyn als indiziert angesehen habe, müsse dies schon deswegen respektiert werden, weil er dies aus therapeutischen Gründen für geboten gehalten habe, um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, ihn nicht ordnungsgemäß behandelt zu haben. Das in einem Parallelverfahren vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. K. sei nicht verwertbar. Er beziehe sich auch auf ein Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009, auf ein Gutachten von Prof. Dr. B. über die Bedeutung des erhöhten Homocysteins im Blut, eine aktuelle Publikation von Prof. Dr. H. über die neue Bewertung des Nutzens einer Homocysteinsenkung mit B-Vitaminen mit dem Fazit, dass die Einnahme von B-Vitaminen in Präventionsstudien zu einer signifikanten Reduktion von Schlaganfällen geführt habe, einen englischsprachigen Artikel zur Supplementierung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 und einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Zeitschrift Perfusion 09/2007. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der drei Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere, und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar.
10 
Es sei abwegig, „I Caps“ als Lebensmittel zu behandeln; es sei auch kein Nahrungsergänzungsmittel. „I Caps“ werde von ihm zu Heilungszwecken eingenommen und nicht zur Ernährung oder zum Genuss. Dieser Zweckbestimmung stehe nicht entgegen, dass „I Caps“ von der Produktbeschreibung her als apothekenpflichtiges Nahrungsergänzungsmittel angeboten werde. Maßgeblich für den Charakter eines Präparats als Arzneimittel sei nicht der Verwendungswille des Patienten oder des Produzenten, sondern die eindeutige medizinische Indikation des verordneten Gegenstandes. Schon deshalb scheide eine Anwendung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEM) auf die hier streitgegenständlichen Arzneimittel aus. § 1 NEM bestimme unter Nr. 1, dass ein Nahrungsergänzungsmittel dazu bestimmt sein müsse, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Dieser Zweck sei in den hier streitgegenständlichen Fällen nicht gegeben. Weiter fordere § 4 Abs. 1 NEM eine Kennzeichnung der Nahrungsergänzungsmittel mit „NEM“, was weder bei „I Caps“ noch bei „Medyn“ der Fall sei. Laut § 4 Abs. 2 Nr. 4 NEM müsse jedes Nahrungsergänzungsmittel den Hinweis enthalten, dass dieses kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung sei. Auch dies sei hier nicht der Fall. Des Weiteren enthalte die Nahrungsergänzungsmittelverordnung in zwei Anlagen die Aufzählung sämtlicher Stoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt nur enthalten sein dürften. In beiden Anlagen würden die Hauptbestandteile der „I Caps“, nämlich die Substanzen Lutein und Zeaxanthin, nicht genannt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. LFGB sei es verboten, einem Lebensmittel den Anschein eines Arzneimittels zu geben. Nach § 12 LFGB sei bei Lebensmitteln jegliche krankheitsbezogene Werbung verboten, insbesondere schriftliche Angaben, die dazu anreizten, Krankheiten mit Lebensmitteln zu behandeln. Beide Hersteller würden sich durch das In-Verkehr-Bringen von „Medyn“ und „I Caps“ strafbar machen, wenn sie ein Lebensmittel zwecks Behandlung von Krankheiten in den Verkehr gebracht hätten. Diese Präparate seien auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Im Übrigen sei es Aufgabe des Beklagten, darzulegen, welche Güter des täglichen Bedarfs von 100% der Bevölkerung täglich angewendet würden, die durch die hier streitgegenständlichen Arzneimittel zu ersetzen wären. Dies sei nicht geschehen. Im Übrigen sei durch Ernährungsmaßnahmen eine wirksame Einflussnahme auf die bestehenden Krankheiten nicht mehr möglich. Als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter habe er ohnehin keine Möglichkeit, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13 
Er macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe für „Medyn“. Das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise vom Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte beim Kläger aus. Die Aussage der Ärztin, dass durch die Verordnung von „Medyn“ überhöhte Homocysteinwerte vermieden werden sollten, lasse gerade nicht den Schluss zu, dass bereits überhöhte Homocysteinwerte festgestellt worden seien. Zur Gesundheitsvorsorge seien jedoch nach dem allenfalls in Betracht kommenden § 10 Abs. 3 Nr. 3 BVO lediglich ambulante ärztliche Leistungen und nicht schriftlich verordnete Arzneimittel beihilfefähig. Auch bei Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte bestehe keine Beihilfefähigkeit. Ein erhöhter Homocysteinwert sei keine Krankheit im Sinne der Beihilfevorschriften. „Medyn“ enthalte im Übrigen ausschließlich Inhaltsstoffe, die auch in der Nahrung enthalten seien, und falle als Nahrungsergänzungsmittel nicht unter den beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff, sondern diene der Vermeidung von Nährstofflücken und sei damit ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Dies gelte auch für „I Caps“. Das Präparat sei nicht verschreibungspflichtig und werde auch nicht in der „Roten Liste“ geführt. Auch die Tatsache, dass das Erfordernis einer solchen „besonderen Ernährung“ krankheitsbedingt sein und dem Lebensmittel von daher „heilende“ Wirkung zukommen könne, ändere grundsätzlich nichts an seinem Lebensmittelcharakter. Den Nachweis, dass der Kläger an einem Vitaminmangel leide, der durch entsprechende Ernährung nicht behoben werden könne, habe er nicht erbracht. Selbst wenn es sich bei dem Mittel „I Caps“ um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung handeln würde, wäre das Mittel nicht beihilfefähig, da es ausweislich der Produktbeschreibung des Herstellers nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Erhaltung der Augengesundheit diene. Somit diene das Mittel der Gesundheitsvorsorge und sei nach § 10 BVO nicht beihilfefähig. Für beide Präparate fehle es auch an der wissenschaftlichen Anerkennung und damit an der Notwendigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
14 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. K. vom 20.07.2009 verwiesen.
15 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2009 – 12 K 414/08 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Frage der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für ein Mittel zur Andickung von Flüssigkeiten („Thick & Easy“).
Der Sohn des beihilfeberechtigten Klägers leidet an einer schweren hypoxisch-ischämischen Encephalopathie nach cardiogenem Schock. Daher hat er Probleme bei der Nahrungsaufnahme (Dysphagie). Für ihn besteht ein Beihilfebemessungssatz von 80%.
Ein als „Widerspruch“ bezeichnetes Schreiben des Klägers vom 19.10.2007 legte der Beklagte unwidersprochen als Antrag auf Beihilfe für Gesamtaufwendungen in Höhe von 359,91 EUR für das seinem Sohn verordnete Andickungsmittel „Thick & Easy“ aus.
Mit Beihilfebescheid vom 8.11.2007 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die beantragte Beihilfe für Aufwendungen für das Präparat „Thick & Easy“ ab. Es handle es sich hierbei nicht um ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter dem 13.11.2007 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.1.2008 wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es aus: Das Präparat „Thick & Easy“ sei nicht in der Liste der zugelassenen Fertigarzneimittel (Rote Liste) oder im Pharmaindex (Gelbe Liste) enthalten. Nahrungsergänzungsmittel seien keine Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts und somit grundsätzlich nicht beihilfefähig. Würden jedoch vitamin- und/oder mineralstoffhaltige Nahrungsergänzungsmittel ärztlich verordnet, so seien die Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel dann beihilfefähig, wenn eine der Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Vitaminpräparate oder Mineralstoffpräparate (entsprechend den Regelungen der Arzneimittelrichtlinien, dort unter Nr. 20.2 g und h) vorliege. Da in Andickungsmitteln jedoch keine Vitamine oder Mineralstoffe enthalten seien, könnten sie auch bei großzügiger Betrachtung nicht als Arzneimittel angesehen werden. Andickungsmittel sei auch nicht dem Bereich „vollbilanzierte“ oder „chemisch definierte Formeldiäten“ zuzuordnen, für die bei bestimmten Krankheitsbildern eine Beihilfe gewährt werden könne.
Am 4.2.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Aufwendungen für das Verdickungsmittel seien sowohl dem Grunde nach notwendig als auch der Höhe nach angemessen. Zwar sei ein Verdickungsmittel in § 6 der Beihilfeordnung nicht genannt. Jedoch sei § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO zu entnehmen, dass verordnete Arznei- und Verbandsmittel ebenfalls beihilfefähig seien. Auch wenn das Mittel „Thick & Easy“ formell nicht als Arzneimittel anerkannt werde, stelle es sich aufgrund der dargelegten Wirkungsart als ein Arzneimitteln ähnliches Mittel dar. Es habe bei dem Sohn des Klägers die gleiche Funktion wie die alternativ mögliche enterale Ernährung. Bei objektiver Betrachtung sei zu berücksichtigen, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch die Versorgung mit enteraler Ernährung wesentlich schwerwiegender sei als die Ernährungsmöglichkeit mit Hilfe des begehrten Verdickungsmittels. Letztlich liege daher ein notstandsähnlicher Fall vor, der die Versorgung mit dem Verdickungsmittel „Thick & Easy“ begründe, obwohl dieses kein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sei. Das Verdickungsmittel „Thick & Easy“ sei jedoch als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne zu verstehen. Denn unter Berücksichtigung der vom Hersteller angegebenen Zweckbestimmung diene das Instant-Andickungsmittel zur sicheren Ernährung bei Schluckstörungen (Dysphagie) und zur Unterstützung beim Schlucktraining. Schließlich wirke das begehrte Verdickungsmittel beim Sohn des Klägers als arzneimittelähnliches Produkt, indem es dafür sorge, dass dieser ohne großen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der ansonsten für die enterale Ernährung notwendig wäre, ernährt werden könne. Es handle sich um ein Produkt für Dysphagiepatienten und werde gerade nicht im täglichen Leben zur Bedarfsdeckung eines gesunden Menschen verwendet.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Zur Begründung hat er vorgetragen: Das Präparat „Thick & Easy“ sei kein beihilfefähiges Arzneimittel, sondern ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Für den Begriff des Arzneimittels könne auf die allgemeine Definition in § 2 AMG zurückgegriffen werden. Danach seien unter Arzneimitteln Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt seien, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper u. a. Krankheiten, Leiden, Körperschäden und krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Keine Arzneimittel seien gemäß der Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. § 2 Abs. 2 LFBG verweise auf die Definition des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, wonach Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse seien, die dazu bestimmt seien oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie in verarbeiteten, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Das streitgegenständliche Präparat sei weder auf der Roten noch auf der Gelben Liste aufgeführt. Weiterhin richte sich die Einstufung und damit die Zweckbestimmung eines Mittels als Arzneimittel nach objektiven Maßstäben. Das streitgegenständliche Präparat werde als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt; es enthalte auf rein pflanzlicher Basis modifizierte Maisstärke. Es handle sich um ein Lebensmittel, das dazu bestimmt sei, die Konsistenz flüssiger Lebensmittel so zu verändern, dass sie vom Sohn des Klägers aufgenommen werden könnten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.11.2008 - zugestellt am 28.11.2008 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Das Präparat „Thick & Easy“ sei kein Arzneimittel im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO, sondern ein Lebensmittel. Dies seien alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt seien oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen würden. Zu Lebensmitteln zählten auch diätetische Lebensmittel; dies seien nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt seien. Darunter fielen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies seien Erzeugnisse, die für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt seien. Unter diesen sehr weiten Lebensmittelbegriff falle das Produkt „Thick & Easy“, da es ersichtlich dazu bestimmt ist, von Menschen verzehrt zu werden. Nicht zu den Lebensmitteln gehörten nach Art. 2 Satz 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Arzneimittel. Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel sei seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten Verbraucher darstelle. Die Bestimmung des Verwendungszwecks erschließe sich aus einer Reihe von Umständen, insbesondere der stofflichen Zusammensetzung des Präparats, seiner Aufmachung, der Art und Form der Einnahme und der Vertriebsweise. Dabei komme es zum einen nicht darauf an, ob das Produkt eine erwartete therapeutische Wirkung tatsächlich habe oder haben könne und zum anderen auch nicht darauf, ob es ausdrücklich als Arzneimittel bezeichnet sei, sondern darauf, ob es schlüssig, dann aber mit Gewissheit den Eindruck erwecke, hauptsächlich Heilzwecken zu dienen. Für die beihilferechtliche Einordnung als Arzneimittel sei insbesondere die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung des Mittels maßgebend.
Nach diesen Kriterien stelle sich das Mittel „Thick & Easy“ nicht als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Nach seiner objektiven Zweckbestimmung, nach seiner stofflichen Zusammensetzung, seiner Aufmachung diene es nicht hauptsächlich Heilzwecken. Nach der Produktbeschreibung werde es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ zugeordnet. Von der Zusammensetzung her handle es sich um „modifizierte Maisstärke (E 1442), Maltodextrin“. Für den Lebensmittelcharakter des Präparats spreche weiter die in der Produktbeschreibung enthaltene Zweckbestimmung „zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte, von Fresenius Kabi Trinknahrungen“. Hieraus ergäben sich keine therapeutischen Wirkaussagen, vielmehr diene das Mittel - jedenfalls ganz überwiegend - der Nahrungsaufnahme insbesondere durch Personen, die an Schluckstörungen litten.
10 
Das Produkt falle auch nicht unter den Begriff des Funktionsarzneimittels. Hiernach seien Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden könnten, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Erforderlich sei eine wirkliche Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach seiner Produktbeschreibung und der sich hieraus ergebenden Zweckbestimmung erfülle das Mittel „Thick & Easy“ diese Bedingung nicht. Denn es diene allein der Herstellung einer bestimmten Nahrungskonsistenz, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen litten, aufgenommen werden könne. Irgendeine Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel sei damit nicht verbunden.
11 
Das Präparat könne auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO subsumiert werden. Hierbei müsse es sich um Mittel handeln, die Arznei- oder Verbandsmitteln gleichstünden. Auch unter Berücksichtigung der Formulierung „und dergleichen“ könnten danach Produkte, die nach ihrer überwiegenden Zweckbestimmung nicht Heilzwecken dienten bzw. keine Funktionsarzneimittel seien, nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO beihilfefähig sein. Auf die Frage, ob das Mittel „Thick & Easy“ geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, komme es nach alledem nicht mehr an. Es treffe im Übrigen auch nicht zu, dass das Mittel die „gleichen Funktionen wie die alternativ mögliche enterale Ernährung“ habe. Ein Mittel, das zur Herstellung einer bestimmten Konsistenz der Nahrung diene, könne nicht mit der enteralen Ernährung verglichen werden.
12 
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger fristgerecht vor, bei dem Produkt „Thick & Easy“ handle es sich um ein Mittel, das nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO („und dergleichen“) zu klassifizieren sei. Es handle sich um ein Produkt ähnlich einem Hilfsmittel, durch dessen Einsatz der Sohn des Klägers überhaupt erst essen könne. Es ermögliche somit den Transport der Nahrung. Aufgrund seiner objektiven Zweckbestimmung sei es in seiner Wirkweise mit der Sonde bei enteraler Ernährung zu vergleichen, welche die Nahrungsaufnahme erst ermögliche und die der Leistungspflicht des Beklagten unterliege. „Thick & Easy“ sei daher auch als Funktionsarzneimittel anzusehen. Auch nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland Pfalz komme es weder darauf an, dass ein eingesetztes Produkt als Arzneimittel zugelassen sei, noch darauf, ob es einen pharmakologischen Bestandteil enthalte. Maßgeblich im beihilferechtlichen Sinne sei vielmehr der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt sei. Dabei knüpfe die Verkehrsauffassung regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhänge, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach hätten. Zudem sei der Anspruch des Klägers auch aus Angemessenheitsgesichtspunkten heraus begründet. Die Produkte für die Sondennahrung bei einer enteralen Ernährung seien um ein vielfaches teurer als die Versorgung mit den begehrten Mitteln. Außerdem sei der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch eine enterale Ernährung wesentlich belastender. Gemäß Art. 7 Abs. 2 UN-Behindertenrechtskonvention sei bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen beträfen, das Wohl des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Es handle sich auch nicht um ein Lebensmittel, denn es werde nicht zur Ernährung des Sohns des Klägers benötigt, sondern es sei das Hilfsmittel, damit er überhaupt essen könne. Sein Zweck liege nicht in der Ernährung des Kindes als verwertbarer Nahrungsbestandteil, sondern als Transportmittel, um die sichere Ernährung hinsichtlich Schluckstörungen (Dysphagie) und Aspirationspneumonie zu gewährleisten.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2008 - 12 K 414/08 - zu ändern, den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 8. November 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihm für Aufwendungen für das Mittel „Thick & Easy“ Beihilfe in Höhe von 287,93 EUR zu gewähren.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er ist der Auffassung, das Präparat „Thick & Easy“ sei weder unter dem Begriff des Präsentationsarzneimittels noch unter den Begriff des Funktionsarzneimittels einzuordnen. Es diene nicht zu Heilzwecken, da es keinerlei therapeutische Wirkung entfalte, so dass es nicht als Arzneimittel anzusehen sei. Vielmehr falle es unter den Lebensmittelbegriff, da es dazu bestimmt sei, von Menschen verzehrt zu werden. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus zu Recht erkannt, dass das streitgegenständliche Präparat auch nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO subsumiert werden könne, da mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet sei, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, das Produkt sei ein Hilfsmittel, sei dies in sich unschlüssig, da er zugleich behaupte, es sei als Funktionsarzneimittel anzusehen. Das Präparat falle auch nicht unter den Begriff des Heilmittels im beihilferechtlichen Sinn, da diese in der Anlage zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO abschließend aufgeführt seien. Der Vortrag in Bezug auf den Vergleich mit der enteralen Ernährung sei nicht relevant und folglich nicht zu berücksichtigen.
18 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
19 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 414/08 - vor. Diese Akten sind wie die Prozessakte Gegenstand der Entscheidung; wegen der näheren Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er hat keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für das Andickungsmittel „Thick & Easy“ für seinen Sohn. Der Senat macht sich hierbei ausdrücklich die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und verweist auf diese (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
21 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.2.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
22 
Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum folgenden grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 -). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314).
23 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.7.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.5.2009 - 3 C 5.09 - NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.7.2004 - 11 ME 12/04 - NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 - Juris).
24 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.5.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 - DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
25 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
26 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Präparat „Thick & Easy“ kein Arzneimittel, sondern ein Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel. Es dient nicht Heilzwecken und es entfaltet auch keine therapeutische Wirkung im eigentlichen Sinne. Eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers findet nicht statt. Es enthält keinen Wirkstoff, der durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen soll, und führt auch zu keiner Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers oder zu einer nennenswerten Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach der bei den Beihilfeakten befindlichen Produktbeschreibung (vgl.http://www.prodiaet-server.de/site/produkt.php?show=FRE-014) besteht es aus modifizierter Maisstärke, Maltodextrin, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil. Diese Zusammensetzung - ohne jeden pharmazeutischen Wirkstoff - spricht eindeutig gegen den Arzneimittelcharakter des Präparats. Auch nach der Produktbeschreibung des Herstellers Fresenius wird es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ und nicht etwa den Arzneimitteln zugeordnet. Es dient allein zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte sowie von Fresenius Kabi Trinknahrungen, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen leiden, aufgenommen werden können. Lassen die Angaben des Herstellers jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten vermissen und enthält das Präparat ausschließlich einen gewöhnlichen Nahrungsbestandteil wie hier modifizierte Maisstärke, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn zudem keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnte. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
28 
Wie das Verwaltungsgericht ist daher auch der Senat der Auffassung, dass das Präparat „Thick & Easy eher mit einem diätischen Lebensmittel als mit einem Arzneimittel vergleichbar ist. Nach § 2 Abs. 2 LFGB, der auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch diätetische Lebensmittel; dies sind nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung (vom 28.4.2005; BGBl. I S. 1161) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind.
29 
Das Präparat Thick & Easy kann auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. subsumiert werden („und dergleichen“). Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, soll mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Auch hiernach sind Produkte, die keinen Heilzwecken dienen und auch objektiv keine Funktionsarzneimittel sind, nicht beihilfefähig. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers das Mittel „Thick & Easy“ nicht die gleiche Funktion wie eine (beihilfefähige) enterale Ernährung erfüllt, die in bestimmten Fällen medizinisch notwendig sein kann.
30 
Schließlich lässt sich aus Art 7 Abs. 2 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBehRÜbk) schon deshalb nichts zu Gunsten des Klägers ableiten, weil diese erst seit dem 26.3.2009 in Deutschland geltendes Recht ist (vgl. Kurzke-Maasmeier, SozArb 2010,2; Fuchs, DÄ 2009, A 2506).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
33 
Beschluss vom 23. Februar 2010
34 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszügeauf je 287,93 EUR festgesetzt. Anders als vom Verwaltungsgericht zugrundegelegt, besteht für den Sohn des Klägers ein Beihilfebemessungssatz von 80 %. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war daher entsprechend zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er hat keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für das Andickungsmittel „Thick & Easy“ für seinen Sohn. Der Senat macht sich hierbei ausdrücklich die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und verweist auf diese (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
21 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.2.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
22 
Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum folgenden grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 -). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314).
23 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.7.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.5.2009 - 3 C 5.09 - NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.7.2004 - 11 ME 12/04 - NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 - Juris).
24 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.5.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 - DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
25 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
26 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Präparat „Thick & Easy“ kein Arzneimittel, sondern ein Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel. Es dient nicht Heilzwecken und es entfaltet auch keine therapeutische Wirkung im eigentlichen Sinne. Eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers findet nicht statt. Es enthält keinen Wirkstoff, der durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen soll, und führt auch zu keiner Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers oder zu einer nennenswerten Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach der bei den Beihilfeakten befindlichen Produktbeschreibung (vgl.http://www.prodiaet-server.de/site/produkt.php?show=FRE-014) besteht es aus modifizierter Maisstärke, Maltodextrin, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil. Diese Zusammensetzung - ohne jeden pharmazeutischen Wirkstoff - spricht eindeutig gegen den Arzneimittelcharakter des Präparats. Auch nach der Produktbeschreibung des Herstellers Fresenius wird es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ und nicht etwa den Arzneimitteln zugeordnet. Es dient allein zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte sowie von Fresenius Kabi Trinknahrungen, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen leiden, aufgenommen werden können. Lassen die Angaben des Herstellers jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten vermissen und enthält das Präparat ausschließlich einen gewöhnlichen Nahrungsbestandteil wie hier modifizierte Maisstärke, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn zudem keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnte. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
28 
Wie das Verwaltungsgericht ist daher auch der Senat der Auffassung, dass das Präparat „Thick & Easy eher mit einem diätischen Lebensmittel als mit einem Arzneimittel vergleichbar ist. Nach § 2 Abs. 2 LFGB, der auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch diätetische Lebensmittel; dies sind nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung (vom 28.4.2005; BGBl. I S. 1161) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind.
29 
Das Präparat Thick & Easy kann auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. subsumiert werden („und dergleichen“). Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, soll mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Auch hiernach sind Produkte, die keinen Heilzwecken dienen und auch objektiv keine Funktionsarzneimittel sind, nicht beihilfefähig. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers das Mittel „Thick & Easy“ nicht die gleiche Funktion wie eine (beihilfefähige) enterale Ernährung erfüllt, die in bestimmten Fällen medizinisch notwendig sein kann.
30 
Schließlich lässt sich aus Art 7 Abs. 2 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBehRÜbk) schon deshalb nichts zu Gunsten des Klägers ableiten, weil diese erst seit dem 26.3.2009 in Deutschland geltendes Recht ist (vgl. Kurzke-Maasmeier, SozArb 2010,2; Fuchs, DÄ 2009, A 2506).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
33 
Beschluss vom 23. Februar 2010
34 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszügeauf je 287,93 EUR festgesetzt. Anders als vom Verwaltungsgericht zugrundegelegt, besteht für den Sohn des Klägers ein Beihilfebemessungssatz von 80 %. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war daher entsprechend zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Es ist der Zweck dieses Gesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel, nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu sorgen.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Präparate „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ und „Medyn“.
Seine u.a. auch darauf gerichteten Anträge wurden mit Bescheiden des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und vom 14.12.2005 sowie Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006, mit Bescheiden vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 sowie Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 abgelehnt.
Auf seine bereits am 05.05.2006 erhobene Klage hin hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 09.05.2007 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 28,91 EUR nebst Prozesszinsen zu gewähren. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 wurden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die bezüglich der Bescheide vom 06.07.2005, vom 14.12.2005, vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006, vom 28.08.2006 sowie der Widerspruchsbescheide vom 12.04.2006 und vom 28.09.2006, soweit darin beantragte Beihilfeleistungen abgelehnt würden, zulässige Klage sei insoweit begründet, als dem Kläger in den Bescheiden vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 Beihilfeleistungen zu dem Präparat „Medyn“ abgelehnt worden seien; sie sei unbegründet im Hinblick auf die Ablehnung von Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein und Zeaxanthin Formula“. Die geltend gemachten Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ seien beihilfefähig. Zwar könne ein Vitaminpräparat wie „Medyn“, das im Wesentlichen die Vitamine B6, Folsäure und B12 enthalte, ein Mittel sein, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, indem es die Nahrung um für den Köper notwendige Vitamine ergänze. Jedoch sei „Medyn“ dem Kläger nicht maßgeblich zur Nahrungsergänzung (oder gar zum Ersatz für Nahrungsmittel) verschrieben worden. Ausweislich des vorgelegten Rezepts habe die den Kläger behandelnde Ärztin das Präparat „zur Vermeidung erhöhter Homocysteinwerte“ verschrieben. Es sei danach davon auszugehen, dass beim Kläger überhöhte Homocysteinwerte im Blut festgestellt worden seien. Bei der danach vorliegenden Indikation komme „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts zur Anwendung, ohne zugleich Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der in die mündliche Verhandlung eingeführten Produktbeschreibung diene „Medyn“ zur Senkung erhöhter Homocysteinwerte bedingt durch Vitaminmangel. Die in „Medyn“ enthaltenen Vitamine sollten sonach nicht typische Nahrungsbestandteile - wie es Vitamine seien - ergänzen bzw. sogar ersetzen, sondern einen normabweichenden Zustand bekämpfen. Die DACH-Liga Homocystein, ein Zusammenschluss deutscher, österreichischer und schweizerischer Wissenschaftler, empfehle die Substitution von B-Vitaminen zur Senkung erhöhter Homocysteinspiegel, weil der Zusammenhang von erhöhten Homocysteinspiegeln mit einem gesteigerten Risiko an kardiovaskulären Erkrankungen als gesichert gelte. Diene „Medyn“ nach der Zweckbestimmung des Herstellers und auch im vorliegenden Fall der Senkung erhöhter Homocysteinwerte, komme es danach - als ärztlich verordnetes Arzneimittel - „aus Anlass einer Krankheit“ zum Einsatz. Denn ein erhöhter Homocysteinspiegel stelle mit der dadurch gegebenen Risikosteigerung für kardiovaskuläre Erkrankungen einen regelwidrigen Zustand des Körpers dar, der der ärztlichen Behandlung bedürfe. An der Charakterisierung von „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne der Beihilfevorschriften ändere es nichts, dass möglicherweise bei ansonsten gesunden Menschen eine spezifische Zufuhr der in „Medyn“ enthaltenen Vitamine durch eine besonders eingestellte Ernährung zu erreichen sei.
Zu einem anderen Ergebnis sei die Kammer hinsichtlich der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gekommen. Hier handle es sich nicht um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung. Zwar solle auch dieses Präparat nach dem Vorbringen des Klägers und der hierzu vorliegenden Verordnung zur Bekämpfung einer Krankheit, der Makuladegeneration, eingesetzt werden, einer Erkrankung, für die es gegenwärtig keine effektiven schulmedizinischen Behandlungsansätze gebe. Jedoch stehe der Einordnung als Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung hier schon die vom Hersteller des Präparats angegebene Zweckbestimmung des Mittels entgegen. Nach der dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.06.2006 beigefügten englischsprachigen Produktbeschreibung handle es sich um ein Präparat, das neben den Bestandteilen Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten seien, auch verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) sowie weitere Bestandteile (z.B. Zink und Selen) enthalte. Nach der Produktbeschreibung diene das Mittel der Vorbeugung von Mangelzuständen und zur Erhaltung der Augengesundheit. Zwar sei auch das Risiko einer Makuladegeneration (AMD) erwähnt, jedoch bringe der Hersteller das genannte Mittel nicht als Arzneimittel, d.h. zu Heilzwecken, in den Handel. Nach seiner ausdrücklichen Kennzeichnung handele es sich vielmehr um ein „dietary supplement“, was am ehesten mit „Nahrungsergänzungsmittel“ zu übersetzen sei. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten seien, sei die Erhaltung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung werde aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Die spezifische Zwecksetzung ändere nichts daran, dass es sich um in der natürlichen Nahrung enthaltene Stoffe handle, die dazu bestimmt seien, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Es handle sich eher um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und sei sonach nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts einzustufen.
Hinsichtlich der Gewährung von Beihilfe für die genannten Präparate hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen, die der Kläger am 13.07.2007 und der Beklagte am 16.07.2007 eingelegt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe zu den Aufwendungen für das Arzneimittel „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ nebst 5% Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu gewähren und die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und 14.12.2005 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sowie die Bescheide vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, das Arzneimittel „Medyn“ sei ihm erstmals vor zwei Jahren verschrieben worden. Hierfür habe es zwei Gründe gegeben, von denen einer sogar auf dem Rezept vermerkt worden sei. Zum einen habe ein überhöhter Homocysteinspiegel vermieden und auf diese Weise das bei ihm bestehende Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko reduziert werden sollen, daneben seien bei ihm sämtliche Gelenke schwer angeschlagen. Dieser Umstand führe zu einem weit höheren Bedarf an Vitaminen der B-Gruppe als dies bei normalen gesunden Personen der Fall sei. Der gesamte Vortrag des Beklagten gehe schon deshalb ins Leere, weil mit Hilfe dieses Arzneimittels genau das geschehen solle, was der Beklagte zu vermissen scheine, nämlich die Bekämpfung eines besonders schwerwiegenden Krankheitszustands. Am 08.09.2003 sei bei ihm der Homocysteinspiegel zum ersten Mal ermittelt worden. Das Ergebnis sei 10,8 gewesen. Einige Zeit danach sei bei ihm mit der Medyn-Behandlung begonnen worden. Trotz der langjährigen Einnahme sei der am 15.04.2008 erstmals wieder getestete Wert nur auf 10,1 zurückgegangen. Etwa im August habe er sich dazu entschlossen, um möglicherweise dem Streit mit dem Beklagten ein Ende zu machen, eine Zeitlang auf die Einnahme von Medyn zu verzichten. Dies habe jedoch dazu geführt, dass am 31.10.2008 ein Wert von 14,2 festgestellt worden sei. Nach Wiederaufnahme der Medyneinnahme habe sich am 12.03.2009 immer noch ein viel zu hoher Wert von 13,8 ergeben. Bei Medyn handle es sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Die Frage der medizinischen Indikation müsse allein und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt werden und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren. Wenn der behandelnde Arzt die Behandlung mit Medyn als indiziert angesehen habe, müsse dies schon deswegen respektiert werden, weil er dies aus therapeutischen Gründen für geboten gehalten habe, um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, ihn nicht ordnungsgemäß behandelt zu haben. Das in einem Parallelverfahren vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. K. sei nicht verwertbar. Er beziehe sich auch auf ein Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009, auf ein Gutachten von Prof. Dr. B. über die Bedeutung des erhöhten Homocysteins im Blut, eine aktuelle Publikation von Prof. Dr. H. über die neue Bewertung des Nutzens einer Homocysteinsenkung mit B-Vitaminen mit dem Fazit, dass die Einnahme von B-Vitaminen in Präventionsstudien zu einer signifikanten Reduktion von Schlaganfällen geführt habe, einen englischsprachigen Artikel zur Supplementierung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 und einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Zeitschrift Perfusion 09/2007. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der drei Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere, und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar.
10 
Es sei abwegig, „I Caps“ als Lebensmittel zu behandeln; es sei auch kein Nahrungsergänzungsmittel. „I Caps“ werde von ihm zu Heilungszwecken eingenommen und nicht zur Ernährung oder zum Genuss. Dieser Zweckbestimmung stehe nicht entgegen, dass „I Caps“ von der Produktbeschreibung her als apothekenpflichtiges Nahrungsergänzungsmittel angeboten werde. Maßgeblich für den Charakter eines Präparats als Arzneimittel sei nicht der Verwendungswille des Patienten oder des Produzenten, sondern die eindeutige medizinische Indikation des verordneten Gegenstandes. Schon deshalb scheide eine Anwendung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEM) auf die hier streitgegenständlichen Arzneimittel aus. § 1 NEM bestimme unter Nr. 1, dass ein Nahrungsergänzungsmittel dazu bestimmt sein müsse, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Dieser Zweck sei in den hier streitgegenständlichen Fällen nicht gegeben. Weiter fordere § 4 Abs. 1 NEM eine Kennzeichnung der Nahrungsergänzungsmittel mit „NEM“, was weder bei „I Caps“ noch bei „Medyn“ der Fall sei. Laut § 4 Abs. 2 Nr. 4 NEM müsse jedes Nahrungsergänzungsmittel den Hinweis enthalten, dass dieses kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung sei. Auch dies sei hier nicht der Fall. Des Weiteren enthalte die Nahrungsergänzungsmittelverordnung in zwei Anlagen die Aufzählung sämtlicher Stoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt nur enthalten sein dürften. In beiden Anlagen würden die Hauptbestandteile der „I Caps“, nämlich die Substanzen Lutein und Zeaxanthin, nicht genannt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. LFGB sei es verboten, einem Lebensmittel den Anschein eines Arzneimittels zu geben. Nach § 12 LFGB sei bei Lebensmitteln jegliche krankheitsbezogene Werbung verboten, insbesondere schriftliche Angaben, die dazu anreizten, Krankheiten mit Lebensmitteln zu behandeln. Beide Hersteller würden sich durch das In-Verkehr-Bringen von „Medyn“ und „I Caps“ strafbar machen, wenn sie ein Lebensmittel zwecks Behandlung von Krankheiten in den Verkehr gebracht hätten. Diese Präparate seien auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Im Übrigen sei es Aufgabe des Beklagten, darzulegen, welche Güter des täglichen Bedarfs von 100% der Bevölkerung täglich angewendet würden, die durch die hier streitgegenständlichen Arzneimittel zu ersetzen wären. Dies sei nicht geschehen. Im Übrigen sei durch Ernährungsmaßnahmen eine wirksame Einflussnahme auf die bestehenden Krankheiten nicht mehr möglich. Als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter habe er ohnehin keine Möglichkeit, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13 
Er macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe für „Medyn“. Das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise vom Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte beim Kläger aus. Die Aussage der Ärztin, dass durch die Verordnung von „Medyn“ überhöhte Homocysteinwerte vermieden werden sollten, lasse gerade nicht den Schluss zu, dass bereits überhöhte Homocysteinwerte festgestellt worden seien. Zur Gesundheitsvorsorge seien jedoch nach dem allenfalls in Betracht kommenden § 10 Abs. 3 Nr. 3 BVO lediglich ambulante ärztliche Leistungen und nicht schriftlich verordnete Arzneimittel beihilfefähig. Auch bei Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte bestehe keine Beihilfefähigkeit. Ein erhöhter Homocysteinwert sei keine Krankheit im Sinne der Beihilfevorschriften. „Medyn“ enthalte im Übrigen ausschließlich Inhaltsstoffe, die auch in der Nahrung enthalten seien, und falle als Nahrungsergänzungsmittel nicht unter den beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff, sondern diene der Vermeidung von Nährstofflücken und sei damit ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Dies gelte auch für „I Caps“. Das Präparat sei nicht verschreibungspflichtig und werde auch nicht in der „Roten Liste“ geführt. Auch die Tatsache, dass das Erfordernis einer solchen „besonderen Ernährung“ krankheitsbedingt sein und dem Lebensmittel von daher „heilende“ Wirkung zukommen könne, ändere grundsätzlich nichts an seinem Lebensmittelcharakter. Den Nachweis, dass der Kläger an einem Vitaminmangel leide, der durch entsprechende Ernährung nicht behoben werden könne, habe er nicht erbracht. Selbst wenn es sich bei dem Mittel „I Caps“ um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung handeln würde, wäre das Mittel nicht beihilfefähig, da es ausweislich der Produktbeschreibung des Herstellers nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Erhaltung der Augengesundheit diene. Somit diene das Mittel der Gesundheitsvorsorge und sei nach § 10 BVO nicht beihilfefähig. Für beide Präparate fehle es auch an der wissenschaftlichen Anerkennung und damit an der Notwendigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
14 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. K. vom 20.07.2009 verwiesen.
15 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
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Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
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(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
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1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2009 – 12 K 414/08 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Frage der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für ein Mittel zur Andickung von Flüssigkeiten („Thick & Easy“).
Der Sohn des beihilfeberechtigten Klägers leidet an einer schweren hypoxisch-ischämischen Encephalopathie nach cardiogenem Schock. Daher hat er Probleme bei der Nahrungsaufnahme (Dysphagie). Für ihn besteht ein Beihilfebemessungssatz von 80%.
Ein als „Widerspruch“ bezeichnetes Schreiben des Klägers vom 19.10.2007 legte der Beklagte unwidersprochen als Antrag auf Beihilfe für Gesamtaufwendungen in Höhe von 359,91 EUR für das seinem Sohn verordnete Andickungsmittel „Thick & Easy“ aus.
Mit Beihilfebescheid vom 8.11.2007 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die beantragte Beihilfe für Aufwendungen für das Präparat „Thick & Easy“ ab. Es handle es sich hierbei nicht um ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter dem 13.11.2007 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.1.2008 wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es aus: Das Präparat „Thick & Easy“ sei nicht in der Liste der zugelassenen Fertigarzneimittel (Rote Liste) oder im Pharmaindex (Gelbe Liste) enthalten. Nahrungsergänzungsmittel seien keine Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts und somit grundsätzlich nicht beihilfefähig. Würden jedoch vitamin- und/oder mineralstoffhaltige Nahrungsergänzungsmittel ärztlich verordnet, so seien die Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel dann beihilfefähig, wenn eine der Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Vitaminpräparate oder Mineralstoffpräparate (entsprechend den Regelungen der Arzneimittelrichtlinien, dort unter Nr. 20.2 g und h) vorliege. Da in Andickungsmitteln jedoch keine Vitamine oder Mineralstoffe enthalten seien, könnten sie auch bei großzügiger Betrachtung nicht als Arzneimittel angesehen werden. Andickungsmittel sei auch nicht dem Bereich „vollbilanzierte“ oder „chemisch definierte Formeldiäten“ zuzuordnen, für die bei bestimmten Krankheitsbildern eine Beihilfe gewährt werden könne.
Am 4.2.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Aufwendungen für das Verdickungsmittel seien sowohl dem Grunde nach notwendig als auch der Höhe nach angemessen. Zwar sei ein Verdickungsmittel in § 6 der Beihilfeordnung nicht genannt. Jedoch sei § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO zu entnehmen, dass verordnete Arznei- und Verbandsmittel ebenfalls beihilfefähig seien. Auch wenn das Mittel „Thick & Easy“ formell nicht als Arzneimittel anerkannt werde, stelle es sich aufgrund der dargelegten Wirkungsart als ein Arzneimitteln ähnliches Mittel dar. Es habe bei dem Sohn des Klägers die gleiche Funktion wie die alternativ mögliche enterale Ernährung. Bei objektiver Betrachtung sei zu berücksichtigen, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch die Versorgung mit enteraler Ernährung wesentlich schwerwiegender sei als die Ernährungsmöglichkeit mit Hilfe des begehrten Verdickungsmittels. Letztlich liege daher ein notstandsähnlicher Fall vor, der die Versorgung mit dem Verdickungsmittel „Thick & Easy“ begründe, obwohl dieses kein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sei. Das Verdickungsmittel „Thick & Easy“ sei jedoch als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne zu verstehen. Denn unter Berücksichtigung der vom Hersteller angegebenen Zweckbestimmung diene das Instant-Andickungsmittel zur sicheren Ernährung bei Schluckstörungen (Dysphagie) und zur Unterstützung beim Schlucktraining. Schließlich wirke das begehrte Verdickungsmittel beim Sohn des Klägers als arzneimittelähnliches Produkt, indem es dafür sorge, dass dieser ohne großen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der ansonsten für die enterale Ernährung notwendig wäre, ernährt werden könne. Es handle sich um ein Produkt für Dysphagiepatienten und werde gerade nicht im täglichen Leben zur Bedarfsdeckung eines gesunden Menschen verwendet.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Zur Begründung hat er vorgetragen: Das Präparat „Thick & Easy“ sei kein beihilfefähiges Arzneimittel, sondern ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Für den Begriff des Arzneimittels könne auf die allgemeine Definition in § 2 AMG zurückgegriffen werden. Danach seien unter Arzneimitteln Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt seien, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper u. a. Krankheiten, Leiden, Körperschäden und krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Keine Arzneimittel seien gemäß der Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. § 2 Abs. 2 LFBG verweise auf die Definition des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, wonach Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse seien, die dazu bestimmt seien oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie in verarbeiteten, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Das streitgegenständliche Präparat sei weder auf der Roten noch auf der Gelben Liste aufgeführt. Weiterhin richte sich die Einstufung und damit die Zweckbestimmung eines Mittels als Arzneimittel nach objektiven Maßstäben. Das streitgegenständliche Präparat werde als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt; es enthalte auf rein pflanzlicher Basis modifizierte Maisstärke. Es handle sich um ein Lebensmittel, das dazu bestimmt sei, die Konsistenz flüssiger Lebensmittel so zu verändern, dass sie vom Sohn des Klägers aufgenommen werden könnten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.11.2008 - zugestellt am 28.11.2008 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Das Präparat „Thick & Easy“ sei kein Arzneimittel im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO, sondern ein Lebensmittel. Dies seien alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt seien oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen würden. Zu Lebensmitteln zählten auch diätetische Lebensmittel; dies seien nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt seien. Darunter fielen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies seien Erzeugnisse, die für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt seien. Unter diesen sehr weiten Lebensmittelbegriff falle das Produkt „Thick & Easy“, da es ersichtlich dazu bestimmt ist, von Menschen verzehrt zu werden. Nicht zu den Lebensmitteln gehörten nach Art. 2 Satz 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Arzneimittel. Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel sei seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten Verbraucher darstelle. Die Bestimmung des Verwendungszwecks erschließe sich aus einer Reihe von Umständen, insbesondere der stofflichen Zusammensetzung des Präparats, seiner Aufmachung, der Art und Form der Einnahme und der Vertriebsweise. Dabei komme es zum einen nicht darauf an, ob das Produkt eine erwartete therapeutische Wirkung tatsächlich habe oder haben könne und zum anderen auch nicht darauf, ob es ausdrücklich als Arzneimittel bezeichnet sei, sondern darauf, ob es schlüssig, dann aber mit Gewissheit den Eindruck erwecke, hauptsächlich Heilzwecken zu dienen. Für die beihilferechtliche Einordnung als Arzneimittel sei insbesondere die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung des Mittels maßgebend.
Nach diesen Kriterien stelle sich das Mittel „Thick & Easy“ nicht als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Nach seiner objektiven Zweckbestimmung, nach seiner stofflichen Zusammensetzung, seiner Aufmachung diene es nicht hauptsächlich Heilzwecken. Nach der Produktbeschreibung werde es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ zugeordnet. Von der Zusammensetzung her handle es sich um „modifizierte Maisstärke (E 1442), Maltodextrin“. Für den Lebensmittelcharakter des Präparats spreche weiter die in der Produktbeschreibung enthaltene Zweckbestimmung „zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte, von Fresenius Kabi Trinknahrungen“. Hieraus ergäben sich keine therapeutischen Wirkaussagen, vielmehr diene das Mittel - jedenfalls ganz überwiegend - der Nahrungsaufnahme insbesondere durch Personen, die an Schluckstörungen litten.
10 
Das Produkt falle auch nicht unter den Begriff des Funktionsarzneimittels. Hiernach seien Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden könnten, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Erforderlich sei eine wirkliche Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach seiner Produktbeschreibung und der sich hieraus ergebenden Zweckbestimmung erfülle das Mittel „Thick & Easy“ diese Bedingung nicht. Denn es diene allein der Herstellung einer bestimmten Nahrungskonsistenz, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen litten, aufgenommen werden könne. Irgendeine Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel sei damit nicht verbunden.
11 
Das Präparat könne auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO subsumiert werden. Hierbei müsse es sich um Mittel handeln, die Arznei- oder Verbandsmitteln gleichstünden. Auch unter Berücksichtigung der Formulierung „und dergleichen“ könnten danach Produkte, die nach ihrer überwiegenden Zweckbestimmung nicht Heilzwecken dienten bzw. keine Funktionsarzneimittel seien, nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO beihilfefähig sein. Auf die Frage, ob das Mittel „Thick & Easy“ geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, komme es nach alledem nicht mehr an. Es treffe im Übrigen auch nicht zu, dass das Mittel die „gleichen Funktionen wie die alternativ mögliche enterale Ernährung“ habe. Ein Mittel, das zur Herstellung einer bestimmten Konsistenz der Nahrung diene, könne nicht mit der enteralen Ernährung verglichen werden.
12 
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger fristgerecht vor, bei dem Produkt „Thick & Easy“ handle es sich um ein Mittel, das nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO („und dergleichen“) zu klassifizieren sei. Es handle sich um ein Produkt ähnlich einem Hilfsmittel, durch dessen Einsatz der Sohn des Klägers überhaupt erst essen könne. Es ermögliche somit den Transport der Nahrung. Aufgrund seiner objektiven Zweckbestimmung sei es in seiner Wirkweise mit der Sonde bei enteraler Ernährung zu vergleichen, welche die Nahrungsaufnahme erst ermögliche und die der Leistungspflicht des Beklagten unterliege. „Thick & Easy“ sei daher auch als Funktionsarzneimittel anzusehen. Auch nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland Pfalz komme es weder darauf an, dass ein eingesetztes Produkt als Arzneimittel zugelassen sei, noch darauf, ob es einen pharmakologischen Bestandteil enthalte. Maßgeblich im beihilferechtlichen Sinne sei vielmehr der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt sei. Dabei knüpfe die Verkehrsauffassung regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhänge, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach hätten. Zudem sei der Anspruch des Klägers auch aus Angemessenheitsgesichtspunkten heraus begründet. Die Produkte für die Sondennahrung bei einer enteralen Ernährung seien um ein vielfaches teurer als die Versorgung mit den begehrten Mitteln. Außerdem sei der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch eine enterale Ernährung wesentlich belastender. Gemäß Art. 7 Abs. 2 UN-Behindertenrechtskonvention sei bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen beträfen, das Wohl des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Es handle sich auch nicht um ein Lebensmittel, denn es werde nicht zur Ernährung des Sohns des Klägers benötigt, sondern es sei das Hilfsmittel, damit er überhaupt essen könne. Sein Zweck liege nicht in der Ernährung des Kindes als verwertbarer Nahrungsbestandteil, sondern als Transportmittel, um die sichere Ernährung hinsichtlich Schluckstörungen (Dysphagie) und Aspirationspneumonie zu gewährleisten.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2008 - 12 K 414/08 - zu ändern, den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 8. November 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihm für Aufwendungen für das Mittel „Thick & Easy“ Beihilfe in Höhe von 287,93 EUR zu gewähren.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er ist der Auffassung, das Präparat „Thick & Easy“ sei weder unter dem Begriff des Präsentationsarzneimittels noch unter den Begriff des Funktionsarzneimittels einzuordnen. Es diene nicht zu Heilzwecken, da es keinerlei therapeutische Wirkung entfalte, so dass es nicht als Arzneimittel anzusehen sei. Vielmehr falle es unter den Lebensmittelbegriff, da es dazu bestimmt sei, von Menschen verzehrt zu werden. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus zu Recht erkannt, dass das streitgegenständliche Präparat auch nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO subsumiert werden könne, da mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet sei, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, das Produkt sei ein Hilfsmittel, sei dies in sich unschlüssig, da er zugleich behaupte, es sei als Funktionsarzneimittel anzusehen. Das Präparat falle auch nicht unter den Begriff des Heilmittels im beihilferechtlichen Sinn, da diese in der Anlage zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO abschließend aufgeführt seien. Der Vortrag in Bezug auf den Vergleich mit der enteralen Ernährung sei nicht relevant und folglich nicht zu berücksichtigen.
18 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
19 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 414/08 - vor. Diese Akten sind wie die Prozessakte Gegenstand der Entscheidung; wegen der näheren Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er hat keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für das Andickungsmittel „Thick & Easy“ für seinen Sohn. Der Senat macht sich hierbei ausdrücklich die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und verweist auf diese (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
21 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.2.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
22 
Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum folgenden grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 -). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314).
23 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.7.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.5.2009 - 3 C 5.09 - NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.7.2004 - 11 ME 12/04 - NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 - Juris).
24 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.5.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 - DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
25 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
26 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Präparat „Thick & Easy“ kein Arzneimittel, sondern ein Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel. Es dient nicht Heilzwecken und es entfaltet auch keine therapeutische Wirkung im eigentlichen Sinne. Eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers findet nicht statt. Es enthält keinen Wirkstoff, der durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen soll, und führt auch zu keiner Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers oder zu einer nennenswerten Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach der bei den Beihilfeakten befindlichen Produktbeschreibung (vgl.http://www.prodiaet-server.de/site/produkt.php?show=FRE-014) besteht es aus modifizierter Maisstärke, Maltodextrin, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil. Diese Zusammensetzung - ohne jeden pharmazeutischen Wirkstoff - spricht eindeutig gegen den Arzneimittelcharakter des Präparats. Auch nach der Produktbeschreibung des Herstellers Fresenius wird es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ und nicht etwa den Arzneimitteln zugeordnet. Es dient allein zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte sowie von Fresenius Kabi Trinknahrungen, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen leiden, aufgenommen werden können. Lassen die Angaben des Herstellers jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten vermissen und enthält das Präparat ausschließlich einen gewöhnlichen Nahrungsbestandteil wie hier modifizierte Maisstärke, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn zudem keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnte. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
28 
Wie das Verwaltungsgericht ist daher auch der Senat der Auffassung, dass das Präparat „Thick & Easy eher mit einem diätischen Lebensmittel als mit einem Arzneimittel vergleichbar ist. Nach § 2 Abs. 2 LFGB, der auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch diätetische Lebensmittel; dies sind nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung (vom 28.4.2005; BGBl. I S. 1161) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind.
29 
Das Präparat Thick & Easy kann auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. subsumiert werden („und dergleichen“). Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, soll mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Auch hiernach sind Produkte, die keinen Heilzwecken dienen und auch objektiv keine Funktionsarzneimittel sind, nicht beihilfefähig. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers das Mittel „Thick & Easy“ nicht die gleiche Funktion wie eine (beihilfefähige) enterale Ernährung erfüllt, die in bestimmten Fällen medizinisch notwendig sein kann.
30 
Schließlich lässt sich aus Art 7 Abs. 2 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBehRÜbk) schon deshalb nichts zu Gunsten des Klägers ableiten, weil diese erst seit dem 26.3.2009 in Deutschland geltendes Recht ist (vgl. Kurzke-Maasmeier, SozArb 2010,2; Fuchs, DÄ 2009, A 2506).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
33 
Beschluss vom 23. Februar 2010
34 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszügeauf je 287,93 EUR festgesetzt. Anders als vom Verwaltungsgericht zugrundegelegt, besteht für den Sohn des Klägers ein Beihilfebemessungssatz von 80 %. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war daher entsprechend zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er hat keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für das Andickungsmittel „Thick & Easy“ für seinen Sohn. Der Senat macht sich hierbei ausdrücklich die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und verweist auf diese (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
21 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.2.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
22 
Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum folgenden grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 -). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314).
23 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.7.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.5.2009 - 3 C 5.09 - NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.7.2004 - 11 ME 12/04 - NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 - Juris).
24 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.5.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 - DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
25 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
26 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Präparat „Thick & Easy“ kein Arzneimittel, sondern ein Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel. Es dient nicht Heilzwecken und es entfaltet auch keine therapeutische Wirkung im eigentlichen Sinne. Eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers findet nicht statt. Es enthält keinen Wirkstoff, der durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen soll, und führt auch zu keiner Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers oder zu einer nennenswerten Auswirkung auf den Stoffwechsel. Nach der bei den Beihilfeakten befindlichen Produktbeschreibung (vgl.http://www.prodiaet-server.de/site/produkt.php?show=FRE-014) besteht es aus modifizierter Maisstärke, Maltodextrin, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil. Diese Zusammensetzung - ohne jeden pharmazeutischen Wirkstoff - spricht eindeutig gegen den Arzneimittelcharakter des Präparats. Auch nach der Produktbeschreibung des Herstellers Fresenius wird es der Produktgruppe „Ergänzende Trinknahrungen/Zusatznahrungen“ und nicht etwa den Arzneimitteln zugeordnet. Es dient allein zum Andicken warmer und kalter Getränke, pürierter Gerichte sowie von Fresenius Kabi Trinknahrungen, damit diese von Personen, die an Schluckstörungen leiden, aufgenommen werden können. Lassen die Angaben des Herstellers jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten vermissen und enthält das Präparat ausschließlich einen gewöhnlichen Nahrungsbestandteil wie hier modifizierte Maisstärke, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn zudem keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnte. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
28 
Wie das Verwaltungsgericht ist daher auch der Senat der Auffassung, dass das Präparat „Thick & Easy eher mit einem diätischen Lebensmittel als mit einem Arzneimittel vergleichbar ist. Nach § 2 Abs. 2 LFGB, der auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch diätetische Lebensmittel; dies sind nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung (vom 28.4.2005; BGBl. I S. 1161) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 4 a Diätverordnung auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind.
29 
Das Präparat Thick & Easy kann auch nicht als sonstiges Mittel unter die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. subsumiert werden („und dergleichen“). Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, soll mit der Formulierung „Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen“ nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sämtliche Produkte mit irgendeiner therapeutischen Zwecksetzung für beihilfefähig zu erklären. Auch hiernach sind Produkte, die keinen Heilzwecken dienen und auch objektiv keine Funktionsarzneimittel sind, nicht beihilfefähig. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers das Mittel „Thick & Easy“ nicht die gleiche Funktion wie eine (beihilfefähige) enterale Ernährung erfüllt, die in bestimmten Fällen medizinisch notwendig sein kann.
30 
Schließlich lässt sich aus Art 7 Abs. 2 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBehRÜbk) schon deshalb nichts zu Gunsten des Klägers ableiten, weil diese erst seit dem 26.3.2009 in Deutschland geltendes Recht ist (vgl. Kurzke-Maasmeier, SozArb 2010,2; Fuchs, DÄ 2009, A 2506).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
33 
Beschluss vom 23. Februar 2010
34 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszügeauf je 287,93 EUR festgesetzt. Anders als vom Verwaltungsgericht zugrundegelegt, besteht für den Sohn des Klägers ein Beihilfebemessungssatz von 80 %. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war daher entsprechend zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2010 - 13 K 4425/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte.
Die Klägerin ist als Ruhestandsbeamtin mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Unter dem 11.8.2009 beantragte sie u.a. Beihilfe für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte i.H.v. insgesamt 99,25 EUR. Mit Bescheid vom 31.8.2009 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Gewährung von Beihilfeleistungen für diese Präparate ab, da nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO in der ab dem 1.1.2009 gültigen Fassung Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel von der Beihilfefähigkeit ausgenommen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies es mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 30.11.2009 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie leide u.a. an folgenden Erkrankungen: Asthma bronchiale, Multiple Chemikalien-Sensitivität (im Folgenden: MCS), Vasculitis, Varikosis, Polyneuropathie, Rheumatoide Arthritis, gesicherte Allergien, neuromuskuläre Störungen, Histamin- und Laktoseintoleranzen sowie ausgeprägte Schimmelpilzallergie. Eine ausreichende Versorgung mit Mineralien und Vitaminen aus der täglichen Nahrung sei daher nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.6.2010 - zugestellt am 17.6.2010 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Mit der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO habe der Verordnungsgeber den Ausschluss der Beihilfefähigkeit für bestimmte Aufwendungen über den zuvor geltenden Wortlaut hinaus ausdrücklich auf Nahrungsergänzungsmittel erweitert. Damit sei auch ein krankheitsbedingter Sonderbedarf, wie er bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln in der Regel vorliege, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Bei den streitgegenständlichen Präparaten handle es sich um Nahrungsergänzungsmittel. Dass diese Mittel aus Anlass von mehreren Erkrankungen der Klägerin ärztlich verordnet worden seien, könne am Ausschluss von der Beihilfefähigkeit nichts ändern.
Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Der Senat hat am 18.4.2011 die Einholung eines Sachverständigengutach- tens beschlossen, das unter dem 2.12.2011 erstattet worden ist. Zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass sich bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin bis auf das Vorhandensein eines Bluthochdrucks keine weiteren Auffälligkeiten ergeben hätten. Die durchgeführten Laboruntersuchungen hätten keine nennenswerten Pathologica ergeben. Insbesondere die Bestimmung des Gesamt-IgE habe keinen Hinweis auf das Bestehen einer allergischen Reaktionsbereitschaft gezeigt. Insgesamt wäre sowohl bei einer grundsätzlichen allergischen Reaktionsbereitschaft wie auch bei einer derzeitigen allergischen Exposition ein deutlicher erhöhter Immunglobulin-E-Spiegel zu erwarten. Hinsichtlich des angegebenen MCS-Syndroms sei festzustellen, dass es sich hierbei um einen Symptom-Komplex handle, dessen Ursache multifaktorieller Art zu sein scheine. In den jetzt durchgeführten Untersuchungen hätten sich keine weiteren Hinweise auf das Vorliegen einer MCS ergeben.
Die Klägerin macht geltend, Nahrungsergänzungsmittel i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO könnten nur solche Präparate sein, die keine Arzneimittel darstellten. Sie leide an einem MCS-Syndrom, Asthma bronchiale, Histamin-Intoleranz, Laktose-Intoleranz, Schimmelpilzallergie, Polyneuropathie, Vasculitis, Varikosis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose sowie vielen Allergien. Beim MCS-Syndrom komme es durch Manganmangel zu Stoffwechselveränderungen und Ansammlungen von Giften. Hiergegen werde Kryptosan forte angewandt. Gegen die bei ihr vorliegende Histamin-Intoleranz werde das Arzneimittel Histaminus-Komplex eingesetzt. Die Notwendigkeit des konsequenten Meidens allergieauslösender Stoffe führe zu einem erheblichen Ernährungs- problem mit Mangelerscheinungen. Gegen die Beschwerden und Schmerzen, die durch Polyneuropathie, Vasculitis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose hervorgerufen würden, werde u.a. das Medikament Folplus verwendet. Die behandelnde Ärztin habe mit Bescheinigung vom 14.12.2010 ausgeführt, dass die angegebenen Vitamine und Mineralstoffe als Therapiestandard zu werten seien.
Das eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar. Offensichtlich fehle es der Sachverständigen an Kenntnissen und Erfahrungen in der Diagnose und Therapie des MCS-Syndroms. In einem von Hill und anderen herausgegebenen Lehrbuch zur MCS werde die ihr angewandte antioxidative Vitamintherapie als naheliegender Therapieansatz beschrieben.
Zum Sachverhalt trägt die Klägerin ergänzend vor, die MCS sei erstmals 1998 nach einer vierjährigen Behandlung mit entsprechendem Krankheitsverlauf diagnostiziert worden. Bereits zuvor sei 1997 Asthma bronchiale festgestellt worden. Sie sei ab 1975 als Fachlehrerin für Bildende Kunst und Technik tätig gewesen. Bei dieser Tätigkeit sei sie zahlreichen Giftstoffen ausgesetzt gewesen. Im Jahr 1994 sei ihr körperlicher Zustand extrem schlecht gewesen; die Arbeitsbedingungen mit den entsprechenden Giftstoffen hätten zu immer weiteren Krankheitsbildern geführt. Die herkömmlichen Untersuchungsmethoden hätten keine eindeutigen Diagnosen ergeben. Ab 2006 sei sie von ihrer Heilpraktikerin nach Methoden der ganzheitlichen Medizin behandelt worden, worauf sich ihr Zustand langsam verbessert habe. Sie koche und backe seither alles selbst und bereite alle Speisen täglich frisch zu. Das Brot werde mit speziellen Mehlen selbst frisch gebacken, da sie aufgrund ihrer Histamin-Intoleranz und Schimmelpilzallergie Hefe und Sauerteig sowie Zusatzstoffe nicht vertrage. Zudem reagiere sie wegen der Schimmelpilzallergie überempfindlich auf alle Zitrusfrüchte und Konservierungsstoffe der Zitronensäure. Sie könne daher nur Naturheilmittel, Vitamine und Mineralien vertragen, bei denen auf jegliche Zusatzstoffe verzichtet werde. Am besten würden „Bio-Lebensmittel“ vertragen. Fleisch müsse „absolut Bio“ und ganz frisch sein, da sich mit jedem Tag der Lagerung der Histamingehalt erheblich erhöhe. Wegen ihrer Histamin-Intoleranz würden viele Gemüse- und Obstsorten ebenfalls nicht vertragen. Nur durch die konsequente Einnahme von Vitaminen und Mineralien könne der permanenten Unterversorgung entgegengewirkt werden.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.6.2010 - 13 K 4425/09 - zu ändern und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 31.8.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Beihilfe für die Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte zu gewähren.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er bekräftigt seine Rechtsauffassung, wonach Nahrungsergänzungsmittel generell von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Sinn und Zweck der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO sei eine einfache, in der Praxis handhabbare Regelung gewesen, nicht hingegen eine in jedem Einzelfall aufwendige Ermittlung, ob das Präparat ein Mittel sei, das geeignet sei, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Das im vorliegenden Fall eingeholte Gutachten komme zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Präparate weder abstrakt noch im konkreten Fall geeignet seien, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Eine MCS-Erkrankung gehe mit erhöhten Entzündungswerten einher. Nach dem Gutachten vom 2.12.2011 habe die Klägerin keine Hinweise auf Entzündungsreaktionen gezeigt. Die Mess- und Untersuchungsergebnisse seien allesamt unauffällig gewesen. Dabei seien auch umweltmedizinische Aspekte berücksichtigt worden. Beispielsweise sei die in einem Artikel von Prof. Dr. Huber geforderte Bestimmung des C-reaktiven Proteins zur Anzeige von Entzündungsprozessen erfolgt.
14 
Die streitgegenständlichen Mittel seien Nahrungsergänzungsmittel. Das Präparat Folplus werde als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht und stelle damit ein Nahrungsergänzungsmittel dar. Das Präparat Kryptosan forte sei kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Es enthalte neben Vitaminen und Mineralstoffen Alkoholverbindungen, Substanzen, die vom Körper selbst produziert würden sowie Glyzin, welches als Geschmacksverstärker in Lebensmitteln eingesetzt werde, und das Silikat-Mineral Zeolith. Ein über eine ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehender therapeutischer Nutzen sei von diesen Substanzen nicht zu erwarten. Gleiches gelte für das Präparat Histaminus-Komplex.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwal-tungsgerichts und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Nahrungsergänzungsmittel im Sinne dieser Verordnung ist ein Lebensmittel, das

1.
dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,
2.
ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt und
3.
in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen, in den Verkehr gebracht wird.

(2) Nährstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente.

(1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind.

(2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie

1.
den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen:
a)
bestimmter Gruppen von Personen, deren Verdauungs- oder Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist oder
b)
bestimmter Gruppen von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können, oder
c)
gesunder Säuglinge oder Kleinkinder,
2.
sich für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen Zweck geeignet sind, und
3.
sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden.

(3) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Beikost:Lebensmittel außer Milch, die den besonderen Ernährungsanforderungen gesunder Säuglinge und Kleinkinder entsprechen und die zur Ernährung von Säuglingen während der Entwöhnungsperiode und zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern während der allmählichen Umstellung auf normale Kost bestimmt sind.
2.
Getreidebeikost:Beikost aus
a)
einfachen Getreideerzeugnissen, die mit Milch oder anderen geeigneten nahrhaften Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
b)
Getreideerzeugnissen mit einem zugesetzten proteinreichen Lebensmittel, die mit Wasser oder anderen eiweißfreien Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
c)
Teigwaren, die nach dem Kochen in siedendem Wasser oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden, oder
d)
Zwiebacken oder Keksen, die entweder als solche oder nach dem Zerkleinern unter Zusatz von Wasser, Milch oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden.

(4) Im Sinne dieser Verordnung sind Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung Erzeugnisse, die als Ersatz für eine ganze Tagesration oder als Ersatz für eine oder mehrere Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration bestimmt sind und einen begrenzten Energiegehalt und eine besondere Zusammensetzung aufweisen.

(4a) Im Sinne dieser Verordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten werden unterteilt in

1.
vollständige bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und
2.
ergänzende bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

(5) Diätetisches Lebensmittel ist auch Kochsalzersatz.

(6) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Säuglinge:Kinder unter zwölf Monaten;
2.
Kleinkinder:Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahren;
3.
Säuglingsanfangsnahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten Lebensmonate bestimmt sind und für sich allein den Ernährungserfordernissen dieser Säuglinge bis zur Einführung angemessener Beikost entsprechen;
4.
Folgenahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen ab Einführung einer angemessenen Beikost bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost für diese Säuglinge darstellen.

(7) Zusatzstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

(8) Für „nährwertbezogene Angabe“, „gesundheitsbezogene Angabe“ und „Angabe bezüglich der Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ im Sinne dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 Abs. 2 Nr. 4, 5 und 6 jeweils in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 12 S. 3).

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2010 - 13 K 4425/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte.
Die Klägerin ist als Ruhestandsbeamtin mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Unter dem 11.8.2009 beantragte sie u.a. Beihilfe für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte i.H.v. insgesamt 99,25 EUR. Mit Bescheid vom 31.8.2009 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Gewährung von Beihilfeleistungen für diese Präparate ab, da nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO in der ab dem 1.1.2009 gültigen Fassung Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel von der Beihilfefähigkeit ausgenommen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies es mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 30.11.2009 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie leide u.a. an folgenden Erkrankungen: Asthma bronchiale, Multiple Chemikalien-Sensitivität (im Folgenden: MCS), Vasculitis, Varikosis, Polyneuropathie, Rheumatoide Arthritis, gesicherte Allergien, neuromuskuläre Störungen, Histamin- und Laktoseintoleranzen sowie ausgeprägte Schimmelpilzallergie. Eine ausreichende Versorgung mit Mineralien und Vitaminen aus der täglichen Nahrung sei daher nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.6.2010 - zugestellt am 17.6.2010 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Mit der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO habe der Verordnungsgeber den Ausschluss der Beihilfefähigkeit für bestimmte Aufwendungen über den zuvor geltenden Wortlaut hinaus ausdrücklich auf Nahrungsergänzungsmittel erweitert. Damit sei auch ein krankheitsbedingter Sonderbedarf, wie er bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln in der Regel vorliege, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Bei den streitgegenständlichen Präparaten handle es sich um Nahrungsergänzungsmittel. Dass diese Mittel aus Anlass von mehreren Erkrankungen der Klägerin ärztlich verordnet worden seien, könne am Ausschluss von der Beihilfefähigkeit nichts ändern.
Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Der Senat hat am 18.4.2011 die Einholung eines Sachverständigengutach- tens beschlossen, das unter dem 2.12.2011 erstattet worden ist. Zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass sich bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin bis auf das Vorhandensein eines Bluthochdrucks keine weiteren Auffälligkeiten ergeben hätten. Die durchgeführten Laboruntersuchungen hätten keine nennenswerten Pathologica ergeben. Insbesondere die Bestimmung des Gesamt-IgE habe keinen Hinweis auf das Bestehen einer allergischen Reaktionsbereitschaft gezeigt. Insgesamt wäre sowohl bei einer grundsätzlichen allergischen Reaktionsbereitschaft wie auch bei einer derzeitigen allergischen Exposition ein deutlicher erhöhter Immunglobulin-E-Spiegel zu erwarten. Hinsichtlich des angegebenen MCS-Syndroms sei festzustellen, dass es sich hierbei um einen Symptom-Komplex handle, dessen Ursache multifaktorieller Art zu sein scheine. In den jetzt durchgeführten Untersuchungen hätten sich keine weiteren Hinweise auf das Vorliegen einer MCS ergeben.
Die Klägerin macht geltend, Nahrungsergänzungsmittel i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO könnten nur solche Präparate sein, die keine Arzneimittel darstellten. Sie leide an einem MCS-Syndrom, Asthma bronchiale, Histamin-Intoleranz, Laktose-Intoleranz, Schimmelpilzallergie, Polyneuropathie, Vasculitis, Varikosis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose sowie vielen Allergien. Beim MCS-Syndrom komme es durch Manganmangel zu Stoffwechselveränderungen und Ansammlungen von Giften. Hiergegen werde Kryptosan forte angewandt. Gegen die bei ihr vorliegende Histamin-Intoleranz werde das Arzneimittel Histaminus-Komplex eingesetzt. Die Notwendigkeit des konsequenten Meidens allergieauslösender Stoffe führe zu einem erheblichen Ernährungs- problem mit Mangelerscheinungen. Gegen die Beschwerden und Schmerzen, die durch Polyneuropathie, Vasculitis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose hervorgerufen würden, werde u.a. das Medikament Folplus verwendet. Die behandelnde Ärztin habe mit Bescheinigung vom 14.12.2010 ausgeführt, dass die angegebenen Vitamine und Mineralstoffe als Therapiestandard zu werten seien.
Das eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar. Offensichtlich fehle es der Sachverständigen an Kenntnissen und Erfahrungen in der Diagnose und Therapie des MCS-Syndroms. In einem von Hill und anderen herausgegebenen Lehrbuch zur MCS werde die ihr angewandte antioxidative Vitamintherapie als naheliegender Therapieansatz beschrieben.
Zum Sachverhalt trägt die Klägerin ergänzend vor, die MCS sei erstmals 1998 nach einer vierjährigen Behandlung mit entsprechendem Krankheitsverlauf diagnostiziert worden. Bereits zuvor sei 1997 Asthma bronchiale festgestellt worden. Sie sei ab 1975 als Fachlehrerin für Bildende Kunst und Technik tätig gewesen. Bei dieser Tätigkeit sei sie zahlreichen Giftstoffen ausgesetzt gewesen. Im Jahr 1994 sei ihr körperlicher Zustand extrem schlecht gewesen; die Arbeitsbedingungen mit den entsprechenden Giftstoffen hätten zu immer weiteren Krankheitsbildern geführt. Die herkömmlichen Untersuchungsmethoden hätten keine eindeutigen Diagnosen ergeben. Ab 2006 sei sie von ihrer Heilpraktikerin nach Methoden der ganzheitlichen Medizin behandelt worden, worauf sich ihr Zustand langsam verbessert habe. Sie koche und backe seither alles selbst und bereite alle Speisen täglich frisch zu. Das Brot werde mit speziellen Mehlen selbst frisch gebacken, da sie aufgrund ihrer Histamin-Intoleranz und Schimmelpilzallergie Hefe und Sauerteig sowie Zusatzstoffe nicht vertrage. Zudem reagiere sie wegen der Schimmelpilzallergie überempfindlich auf alle Zitrusfrüchte und Konservierungsstoffe der Zitronensäure. Sie könne daher nur Naturheilmittel, Vitamine und Mineralien vertragen, bei denen auf jegliche Zusatzstoffe verzichtet werde. Am besten würden „Bio-Lebensmittel“ vertragen. Fleisch müsse „absolut Bio“ und ganz frisch sein, da sich mit jedem Tag der Lagerung der Histamingehalt erheblich erhöhe. Wegen ihrer Histamin-Intoleranz würden viele Gemüse- und Obstsorten ebenfalls nicht vertragen. Nur durch die konsequente Einnahme von Vitaminen und Mineralien könne der permanenten Unterversorgung entgegengewirkt werden.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.6.2010 - 13 K 4425/09 - zu ändern und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 31.8.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Beihilfe für die Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte zu gewähren.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er bekräftigt seine Rechtsauffassung, wonach Nahrungsergänzungsmittel generell von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Sinn und Zweck der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO sei eine einfache, in der Praxis handhabbare Regelung gewesen, nicht hingegen eine in jedem Einzelfall aufwendige Ermittlung, ob das Präparat ein Mittel sei, das geeignet sei, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Das im vorliegenden Fall eingeholte Gutachten komme zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Präparate weder abstrakt noch im konkreten Fall geeignet seien, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Eine MCS-Erkrankung gehe mit erhöhten Entzündungswerten einher. Nach dem Gutachten vom 2.12.2011 habe die Klägerin keine Hinweise auf Entzündungsreaktionen gezeigt. Die Mess- und Untersuchungsergebnisse seien allesamt unauffällig gewesen. Dabei seien auch umweltmedizinische Aspekte berücksichtigt worden. Beispielsweise sei die in einem Artikel von Prof. Dr. Huber geforderte Bestimmung des C-reaktiven Proteins zur Anzeige von Entzündungsprozessen erfolgt.
14 
Die streitgegenständlichen Mittel seien Nahrungsergänzungsmittel. Das Präparat Folplus werde als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht und stelle damit ein Nahrungsergänzungsmittel dar. Das Präparat Kryptosan forte sei kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Es enthalte neben Vitaminen und Mineralstoffen Alkoholverbindungen, Substanzen, die vom Körper selbst produziert würden sowie Glyzin, welches als Geschmacksverstärker in Lebensmitteln eingesetzt werde, und das Silikat-Mineral Zeolith. Ein über eine ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehender therapeutischer Nutzen sei von diesen Substanzen nicht zu erwarten. Gleiches gelte für das Präparat Histaminus-Komplex.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwal-tungsgerichts und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Beihilfefähig sind Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich nach Art und Umfang schriftlich verordnete oder während einer Behandlung verbrauchte

1.
Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes, die apothekenpflichtig sind,
2.
Verbandmittel,
3.
Harn- und Blutteststreifen sowie
4.
Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte im Sinne des Medizinprodukterechts zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt, in Anlage 4 aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Arzneimittel, die überwiegend der Erhöhung der Lebensqualität dienen (Anlage 5), es sei denn, dass im Einzelfall nicht der in Anlage 5 genannte Zweck, sondern die Behandlung einer anderen Körperfunktionsstörung im Vordergrund steht, die eine Krankheit ist, und
a)
es keine anderen zur Behandlung dieser Krankheit zugelassenen Arzneimittel gibt oder
b)
die anderen zugelassenen Arzneimittel im Einzelfall unverträglich sind oder sich als nicht wirksam erwiesen haben,
2.
verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von
a)
Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt,
b)
Mund- und Rachenerkrankungen, ausgenommen bei
aa)
Pilzinfektionen,
bb)
Geschwüren in der Mundhöhle oder
cc)
nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich,
c)
Verstopfung, ausgenommen zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation, bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase oder
d)
Reisekrankheiten, ausgenommen bei der Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen, zum Beispiel Menièrescher Symptomkomplex,
soweit die Arzneimittel nicht für Minderjährige bestimmt sind,
3.
nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, es sei denn, sie
a)
sind bestimmt für Personen, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und an Entwicklungsstörungen leiden,
b)
wurden für diagnostische Zwecke, Untersuchungen oder ambulante Behandlungen benötigt und
aa)
in der Rechnung als Auslagen abgerechnet oder
bb)
auf Grund einer ärztlichen Verordnung zuvor von der beihilfeberechtigten oder berücksichtigungsfähigen Person selbst beschafft,
c)
gelten bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard und werden mit dieser Begründung ausnahmsweise verordnet; die beihilfefähigen Ausnahmen ergeben sich aus Anlage 6,
d)
sind in der Fachinformation zum Hauptarzneimittel eines beihilfefähigen Arzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben oder
e)
werden zur Behandlung unerwünschter Arzneimittelwirkungen, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines beihilfefähigen Arzneimittels auftreten können, eingesetzt; dabei muss die unerwünschte Arzneimittelwirkung lebensbedrohlich sein oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen,
4.
traditionell angewendete Arzneimittel nach § 109 Absatz 3 und § 109a des Arzneimittelgesetzes mit einem oder mehreren der folgenden Hinweise auf der äußeren Umhüllung oder der Packungsbeilage des Arzneimittels:
a)
zur Stärkung oder Kräftigung,
b)
zur Besserung des Befindens,
c)
zur Unterstützung der Organfunktion,
d)
zur Vorbeugung,
e)
als mild wirkendes Arzneimittel,
5.
traditionelle pflanzliche Arzneimittel nach § 39a des Arzneimittelgesetzes,
6.
hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung; dies gilt nicht bei Personen unter 22 Jahren oder wenn diese Mittel unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung zur Behandlung einer Krankheit verordnet werden,
7.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für Arzneimittel, für die Festbeträge nach § 35 Absatz 3, 5 und 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt sind, sind nur bis zur Höhe der Festbeträge beihilfefähig, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 35 Absatz 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch im Internet veröffentlicht. Aufwendungen für Arzneimittel nach Satz 1 sind über den Festbetrag hinaus beihilfefähig, wenn die Arzneimittel

1.
in medizinisch begründeten Einzelfällen verordnet worden sind oder
2.
in Richtlinien nach § 129 Absatz 1a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind.

(4) Aufwendungen für Arzneimittel, bei denen nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist, sind nach Maßgabe der Anlage 8 beihilfefähig. Arzneimittel nach Satz 1 können darüber hinaus im Einzelfall als beihilfefähig anerkannt werden, wenn eine medizinische Stellungnahme darüber vorgelegt wird, dass das Arzneimittel zur Behandlung notwendig ist.

(5) Aufwendungen für ärztlich verordnete Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung sind zur enteralen Ernährung bei fehlender oder eingeschränkter Fähigkeit, sich auf natürliche Weise ausreichend zu ernähren, beihilfefähig, wenn eine Modifizierung der natürlichen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Aufwendungen für Elementardiäten sind beihilfefähig für Personen, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, mit Kuhmilcheiweiß-Allergie; dies gilt ferner bei Neurodermitis für einen Zeitraum von einem halben Jahr, sofern Elementardiäten für diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Im Übrigen sind Aufwendungen für Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Krankenkost und diätetische Lebensmittel nicht beihilfefähig.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Aufwendungen für Arznei- und Verbandmittel, Teststreifen und Medizinprodukte, die eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker während einer Behandlung verbraucht hat.

(1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind.

(2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie

1.
den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen:
a)
bestimmter Gruppen von Personen, deren Verdauungs- oder Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist oder
b)
bestimmter Gruppen von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können, oder
c)
gesunder Säuglinge oder Kleinkinder,
2.
sich für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen Zweck geeignet sind, und
3.
sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden.

(3) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Beikost:Lebensmittel außer Milch, die den besonderen Ernährungsanforderungen gesunder Säuglinge und Kleinkinder entsprechen und die zur Ernährung von Säuglingen während der Entwöhnungsperiode und zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern während der allmählichen Umstellung auf normale Kost bestimmt sind.
2.
Getreidebeikost:Beikost aus
a)
einfachen Getreideerzeugnissen, die mit Milch oder anderen geeigneten nahrhaften Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
b)
Getreideerzeugnissen mit einem zugesetzten proteinreichen Lebensmittel, die mit Wasser oder anderen eiweißfreien Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
c)
Teigwaren, die nach dem Kochen in siedendem Wasser oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden, oder
d)
Zwiebacken oder Keksen, die entweder als solche oder nach dem Zerkleinern unter Zusatz von Wasser, Milch oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden.

(4) Im Sinne dieser Verordnung sind Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung Erzeugnisse, die als Ersatz für eine ganze Tagesration oder als Ersatz für eine oder mehrere Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration bestimmt sind und einen begrenzten Energiegehalt und eine besondere Zusammensetzung aufweisen.

(4a) Im Sinne dieser Verordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten werden unterteilt in

1.
vollständige bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und
2.
ergänzende bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

(5) Diätetisches Lebensmittel ist auch Kochsalzersatz.

(6) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Säuglinge:Kinder unter zwölf Monaten;
2.
Kleinkinder:Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahren;
3.
Säuglingsanfangsnahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten Lebensmonate bestimmt sind und für sich allein den Ernährungserfordernissen dieser Säuglinge bis zur Einführung angemessener Beikost entsprechen;
4.
Folgenahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen ab Einführung einer angemessenen Beikost bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost für diese Säuglinge darstellen.

(7) Zusatzstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

(8) Für „nährwertbezogene Angabe“, „gesundheitsbezogene Angabe“ und „Angabe bezüglich der Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ im Sinne dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 Abs. 2 Nr. 4, 5 und 6 jeweils in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 12 S. 3).

(1) Nahrungsergänzungsmittel im Sinne dieser Verordnung ist ein Lebensmittel, das

1.
dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,
2.
ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt und
3.
in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen, in den Verkehr gebracht wird.

(2) Nährstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente.

(1) Bei der Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels dürfen nur die in Anhang I der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 51) aufgeführten Nährstoffe im Sinne des § 1 Absatz 2 in den in Anhang II der Richtlinie 2002/46/EG aufgeführten Formen verwendet werden. Die Anhänge I und II der Richtlinie 2002/46/EG sind jeweils in der am 5. Dezember 2011 geltenden Fassung (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 29) anzuwenden.

(2) Die in Anhang II der Richtlinie 2002/46/EG, in der am 5. Dezember 2011 geltenden Fassung (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 29), genannten Stoffe müssen vorbehaltlich des Satzes 2 den in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 mit Spezifikationen für die in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 83 vom 22.3.2012, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Reinheitsanforderungen entsprechen. Stoffe des Anhangs II der Richtlinie 2002/46/EG, in der am 5. Dezember 2011 geltenden Fassung (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 29), die nicht in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 aufgeführt sind, müssen den nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erreichbaren Reinheitsanforderungen entsprechen.

(1) Nahrungsergänzungsmittel im Sinne dieser Verordnung ist ein Lebensmittel, das

1.
dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,
2.
ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt und
3.
in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen, in den Verkehr gebracht wird.

(2) Nährstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente.

(1) Bei der Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels dürfen nur die in Anhang I der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 51) aufgeführten Nährstoffe im Sinne des § 1 Absatz 2 in den in Anhang II der Richtlinie 2002/46/EG aufgeführten Formen verwendet werden. Die Anhänge I und II der Richtlinie 2002/46/EG sind jeweils in der am 5. Dezember 2011 geltenden Fassung (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 29) anzuwenden.

(2) Die in Anhang II der Richtlinie 2002/46/EG, in der am 5. Dezember 2011 geltenden Fassung (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 29), genannten Stoffe müssen vorbehaltlich des Satzes 2 den in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 mit Spezifikationen für die in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 83 vom 22.3.2012, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Reinheitsanforderungen entsprechen. Stoffe des Anhangs II der Richtlinie 2002/46/EG, in der am 5. Dezember 2011 geltenden Fassung (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 29), die nicht in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 aufgeführt sind, müssen den nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erreichbaren Reinheitsanforderungen entsprechen.

(1) Nahrungsergänzungsmittel im Sinne dieser Verordnung ist ein Lebensmittel, das

1.
dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,
2.
ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt und
3.
in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen, in den Verkehr gebracht wird.

(2) Nährstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Präparate „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ und „Medyn“.
Seine u.a. auch darauf gerichteten Anträge wurden mit Bescheiden des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und vom 14.12.2005 sowie Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006, mit Bescheiden vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 sowie Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 abgelehnt.
Auf seine bereits am 05.05.2006 erhobene Klage hin hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 09.05.2007 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 28,91 EUR nebst Prozesszinsen zu gewähren. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 wurden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die bezüglich der Bescheide vom 06.07.2005, vom 14.12.2005, vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006, vom 28.08.2006 sowie der Widerspruchsbescheide vom 12.04.2006 und vom 28.09.2006, soweit darin beantragte Beihilfeleistungen abgelehnt würden, zulässige Klage sei insoweit begründet, als dem Kläger in den Bescheiden vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 Beihilfeleistungen zu dem Präparat „Medyn“ abgelehnt worden seien; sie sei unbegründet im Hinblick auf die Ablehnung von Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein und Zeaxanthin Formula“. Die geltend gemachten Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ seien beihilfefähig. Zwar könne ein Vitaminpräparat wie „Medyn“, das im Wesentlichen die Vitamine B6, Folsäure und B12 enthalte, ein Mittel sein, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, indem es die Nahrung um für den Köper notwendige Vitamine ergänze. Jedoch sei „Medyn“ dem Kläger nicht maßgeblich zur Nahrungsergänzung (oder gar zum Ersatz für Nahrungsmittel) verschrieben worden. Ausweislich des vorgelegten Rezepts habe die den Kläger behandelnde Ärztin das Präparat „zur Vermeidung erhöhter Homocysteinwerte“ verschrieben. Es sei danach davon auszugehen, dass beim Kläger überhöhte Homocysteinwerte im Blut festgestellt worden seien. Bei der danach vorliegenden Indikation komme „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts zur Anwendung, ohne zugleich Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der in die mündliche Verhandlung eingeführten Produktbeschreibung diene „Medyn“ zur Senkung erhöhter Homocysteinwerte bedingt durch Vitaminmangel. Die in „Medyn“ enthaltenen Vitamine sollten sonach nicht typische Nahrungsbestandteile - wie es Vitamine seien - ergänzen bzw. sogar ersetzen, sondern einen normabweichenden Zustand bekämpfen. Die DACH-Liga Homocystein, ein Zusammenschluss deutscher, österreichischer und schweizerischer Wissenschaftler, empfehle die Substitution von B-Vitaminen zur Senkung erhöhter Homocysteinspiegel, weil der Zusammenhang von erhöhten Homocysteinspiegeln mit einem gesteigerten Risiko an kardiovaskulären Erkrankungen als gesichert gelte. Diene „Medyn“ nach der Zweckbestimmung des Herstellers und auch im vorliegenden Fall der Senkung erhöhter Homocysteinwerte, komme es danach - als ärztlich verordnetes Arzneimittel - „aus Anlass einer Krankheit“ zum Einsatz. Denn ein erhöhter Homocysteinspiegel stelle mit der dadurch gegebenen Risikosteigerung für kardiovaskuläre Erkrankungen einen regelwidrigen Zustand des Körpers dar, der der ärztlichen Behandlung bedürfe. An der Charakterisierung von „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne der Beihilfevorschriften ändere es nichts, dass möglicherweise bei ansonsten gesunden Menschen eine spezifische Zufuhr der in „Medyn“ enthaltenen Vitamine durch eine besonders eingestellte Ernährung zu erreichen sei.
Zu einem anderen Ergebnis sei die Kammer hinsichtlich der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gekommen. Hier handle es sich nicht um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung. Zwar solle auch dieses Präparat nach dem Vorbringen des Klägers und der hierzu vorliegenden Verordnung zur Bekämpfung einer Krankheit, der Makuladegeneration, eingesetzt werden, einer Erkrankung, für die es gegenwärtig keine effektiven schulmedizinischen Behandlungsansätze gebe. Jedoch stehe der Einordnung als Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung hier schon die vom Hersteller des Präparats angegebene Zweckbestimmung des Mittels entgegen. Nach der dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.06.2006 beigefügten englischsprachigen Produktbeschreibung handle es sich um ein Präparat, das neben den Bestandteilen Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten seien, auch verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) sowie weitere Bestandteile (z.B. Zink und Selen) enthalte. Nach der Produktbeschreibung diene das Mittel der Vorbeugung von Mangelzuständen und zur Erhaltung der Augengesundheit. Zwar sei auch das Risiko einer Makuladegeneration (AMD) erwähnt, jedoch bringe der Hersteller das genannte Mittel nicht als Arzneimittel, d.h. zu Heilzwecken, in den Handel. Nach seiner ausdrücklichen Kennzeichnung handele es sich vielmehr um ein „dietary supplement“, was am ehesten mit „Nahrungsergänzungsmittel“ zu übersetzen sei. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten seien, sei die Erhaltung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung werde aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Die spezifische Zwecksetzung ändere nichts daran, dass es sich um in der natürlichen Nahrung enthaltene Stoffe handle, die dazu bestimmt seien, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Es handle sich eher um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und sei sonach nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts einzustufen.
Hinsichtlich der Gewährung von Beihilfe für die genannten Präparate hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen, die der Kläger am 13.07.2007 und der Beklagte am 16.07.2007 eingelegt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe zu den Aufwendungen für das Arzneimittel „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ nebst 5% Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu gewähren und die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und 14.12.2005 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sowie die Bescheide vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, das Arzneimittel „Medyn“ sei ihm erstmals vor zwei Jahren verschrieben worden. Hierfür habe es zwei Gründe gegeben, von denen einer sogar auf dem Rezept vermerkt worden sei. Zum einen habe ein überhöhter Homocysteinspiegel vermieden und auf diese Weise das bei ihm bestehende Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko reduziert werden sollen, daneben seien bei ihm sämtliche Gelenke schwer angeschlagen. Dieser Umstand führe zu einem weit höheren Bedarf an Vitaminen der B-Gruppe als dies bei normalen gesunden Personen der Fall sei. Der gesamte Vortrag des Beklagten gehe schon deshalb ins Leere, weil mit Hilfe dieses Arzneimittels genau das geschehen solle, was der Beklagte zu vermissen scheine, nämlich die Bekämpfung eines besonders schwerwiegenden Krankheitszustands. Am 08.09.2003 sei bei ihm der Homocysteinspiegel zum ersten Mal ermittelt worden. Das Ergebnis sei 10,8 gewesen. Einige Zeit danach sei bei ihm mit der Medyn-Behandlung begonnen worden. Trotz der langjährigen Einnahme sei der am 15.04.2008 erstmals wieder getestete Wert nur auf 10,1 zurückgegangen. Etwa im August habe er sich dazu entschlossen, um möglicherweise dem Streit mit dem Beklagten ein Ende zu machen, eine Zeitlang auf die Einnahme von Medyn zu verzichten. Dies habe jedoch dazu geführt, dass am 31.10.2008 ein Wert von 14,2 festgestellt worden sei. Nach Wiederaufnahme der Medyneinnahme habe sich am 12.03.2009 immer noch ein viel zu hoher Wert von 13,8 ergeben. Bei Medyn handle es sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Die Frage der medizinischen Indikation müsse allein und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt werden und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren. Wenn der behandelnde Arzt die Behandlung mit Medyn als indiziert angesehen habe, müsse dies schon deswegen respektiert werden, weil er dies aus therapeutischen Gründen für geboten gehalten habe, um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, ihn nicht ordnungsgemäß behandelt zu haben. Das in einem Parallelverfahren vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. K. sei nicht verwertbar. Er beziehe sich auch auf ein Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009, auf ein Gutachten von Prof. Dr. B. über die Bedeutung des erhöhten Homocysteins im Blut, eine aktuelle Publikation von Prof. Dr. H. über die neue Bewertung des Nutzens einer Homocysteinsenkung mit B-Vitaminen mit dem Fazit, dass die Einnahme von B-Vitaminen in Präventionsstudien zu einer signifikanten Reduktion von Schlaganfällen geführt habe, einen englischsprachigen Artikel zur Supplementierung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 und einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Zeitschrift Perfusion 09/2007. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der drei Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere, und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar.
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Es sei abwegig, „I Caps“ als Lebensmittel zu behandeln; es sei auch kein Nahrungsergänzungsmittel. „I Caps“ werde von ihm zu Heilungszwecken eingenommen und nicht zur Ernährung oder zum Genuss. Dieser Zweckbestimmung stehe nicht entgegen, dass „I Caps“ von der Produktbeschreibung her als apothekenpflichtiges Nahrungsergänzungsmittel angeboten werde. Maßgeblich für den Charakter eines Präparats als Arzneimittel sei nicht der Verwendungswille des Patienten oder des Produzenten, sondern die eindeutige medizinische Indikation des verordneten Gegenstandes. Schon deshalb scheide eine Anwendung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEM) auf die hier streitgegenständlichen Arzneimittel aus. § 1 NEM bestimme unter Nr. 1, dass ein Nahrungsergänzungsmittel dazu bestimmt sein müsse, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Dieser Zweck sei in den hier streitgegenständlichen Fällen nicht gegeben. Weiter fordere § 4 Abs. 1 NEM eine Kennzeichnung der Nahrungsergänzungsmittel mit „NEM“, was weder bei „I Caps“ noch bei „Medyn“ der Fall sei. Laut § 4 Abs. 2 Nr. 4 NEM müsse jedes Nahrungsergänzungsmittel den Hinweis enthalten, dass dieses kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung sei. Auch dies sei hier nicht der Fall. Des Weiteren enthalte die Nahrungsergänzungsmittelverordnung in zwei Anlagen die Aufzählung sämtlicher Stoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt nur enthalten sein dürften. In beiden Anlagen würden die Hauptbestandteile der „I Caps“, nämlich die Substanzen Lutein und Zeaxanthin, nicht genannt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. LFGB sei es verboten, einem Lebensmittel den Anschein eines Arzneimittels zu geben. Nach § 12 LFGB sei bei Lebensmitteln jegliche krankheitsbezogene Werbung verboten, insbesondere schriftliche Angaben, die dazu anreizten, Krankheiten mit Lebensmitteln zu behandeln. Beide Hersteller würden sich durch das In-Verkehr-Bringen von „Medyn“ und „I Caps“ strafbar machen, wenn sie ein Lebensmittel zwecks Behandlung von Krankheiten in den Verkehr gebracht hätten. Diese Präparate seien auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Im Übrigen sei es Aufgabe des Beklagten, darzulegen, welche Güter des täglichen Bedarfs von 100% der Bevölkerung täglich angewendet würden, die durch die hier streitgegenständlichen Arzneimittel zu ersetzen wären. Dies sei nicht geschehen. Im Übrigen sei durch Ernährungsmaßnahmen eine wirksame Einflussnahme auf die bestehenden Krankheiten nicht mehr möglich. Als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter habe er ohnehin keine Möglichkeit, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
11 
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13 
Er macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe für „Medyn“. Das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise vom Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte beim Kläger aus. Die Aussage der Ärztin, dass durch die Verordnung von „Medyn“ überhöhte Homocysteinwerte vermieden werden sollten, lasse gerade nicht den Schluss zu, dass bereits überhöhte Homocysteinwerte festgestellt worden seien. Zur Gesundheitsvorsorge seien jedoch nach dem allenfalls in Betracht kommenden § 10 Abs. 3 Nr. 3 BVO lediglich ambulante ärztliche Leistungen und nicht schriftlich verordnete Arzneimittel beihilfefähig. Auch bei Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte bestehe keine Beihilfefähigkeit. Ein erhöhter Homocysteinwert sei keine Krankheit im Sinne der Beihilfevorschriften. „Medyn“ enthalte im Übrigen ausschließlich Inhaltsstoffe, die auch in der Nahrung enthalten seien, und falle als Nahrungsergänzungsmittel nicht unter den beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff, sondern diene der Vermeidung von Nährstofflücken und sei damit ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Dies gelte auch für „I Caps“. Das Präparat sei nicht verschreibungspflichtig und werde auch nicht in der „Roten Liste“ geführt. Auch die Tatsache, dass das Erfordernis einer solchen „besonderen Ernährung“ krankheitsbedingt sein und dem Lebensmittel von daher „heilende“ Wirkung zukommen könne, ändere grundsätzlich nichts an seinem Lebensmittelcharakter. Den Nachweis, dass der Kläger an einem Vitaminmangel leide, der durch entsprechende Ernährung nicht behoben werden könne, habe er nicht erbracht. Selbst wenn es sich bei dem Mittel „I Caps“ um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung handeln würde, wäre das Mittel nicht beihilfefähig, da es ausweislich der Produktbeschreibung des Herstellers nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Erhaltung der Augengesundheit diene. Somit diene das Mittel der Gesundheitsvorsorge und sei nach § 10 BVO nicht beihilfefähig. Für beide Präparate fehle es auch an der wissenschaftlichen Anerkennung und damit an der Notwendigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
14 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. K. vom 20.07.2009 verwiesen.
15 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.

(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.