Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Okt. 2008 - 11 A 10623/08

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2008:1030.11A10623.08.0A
bei uns veröffentlicht am30.10.2008

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 17. April 2008 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Mit seiner Klage betreibt der Kläger die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten.

2

Der 1948 geborene Beklagte ist in zweiter Ehe verheiratet und hat vier Kinder. Unter Inanspruchnahme einer Studienbeihilfe der Bundesbahndirektion Frankfurt am Main studierte er an der Fachhochschule des Landes Rheinland-Pfalz in Mainz und erlangte in der Fachrichtung Ingenieur-Bau/Baubetrieb den Grad eines Diplom-Ingenieurs (FH). Am 1. September 1972 trat der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Technischer Bundesbahninspektoren-Anwärter in den Dienst der Deutschen Bundesbahn. Mit Wirkung vom 1. September 1973 wurde er zum Beamten auf Probe und zum 1. März 1976 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Am 1. Juni 1987 erfolgte die Beförderung zum Technischen Bundesbahnoberamtsrat. Anlässlich der Neuordnung der Deutschen Bahn im Jahre 1994 wurde der Beklagte der Deutschen Bahn AG, Geschäftsbereich Netz, Standort M., als Sachbearbeiter zur Dienstleistung zugewiesen. Ausweislich der letzten dienstlichen Beurteilung vom 30. August 1990 bewältigte der Beklagte seine dienstlichen Aufgaben "besser, als es normal erwartet werden kann" (Gesamturteil 2. Stufe: "sehr gut"). Mit Ablauf des 30. September 2004 wurde er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Laut bahnärztlicher Untersuchung vom 9. August 2004 ist er alkoholkrank.

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Nachdem der Beklagte gegenüber der internen Revision bei der DB Netz AG am 19. Februar 2002 eingeräumt hatte, sich durch Vorteilsannahme bereichert zu haben, leitete der Kläger mit Verfügung vom 24. Juni 2002 ein Disziplinarverfahren ein. Im Hinblick auf das die gleiche Angelegenheit betreffende Ermittlungsverfahren wurde das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Mit Beschluss vom 12. September 2002 enthob der Kläger den Beklagten unter Einbehaltung von 10 % der Dienstbezüge vorläufig des Dienstes.

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Das Ermittlungsverfahren wurde im Januar 2003 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die nachgewiesenen Zuwendungen von Firmen, mit denen der Beklagte dienstlich zusammengearbeitet habe, in rechtsverjährter Zeit erfolgt seien. Die Beweislage hinsichtlich der späteren Zahlungen sei, auch wegen der Erinnerungslücken des Beklagten aufgrund seiner Alkoholerkrankung, ausgesprochen schlecht. Deshalb könne eine Verurteilung nicht erwartet werden.

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Der Kläger nahm das Disziplinarverfahren wieder auf und erhob die vorliegende Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts. Dem Beklagten wird zur Last gelegt, als Preisprüfer der Deutschen Bahn überhöhte Mengengerüste und Preise bei den Baumaßnahmen "Magdeburg-Marienborn" sowie "Wittenberge" (Auftragsvolumen von mehreren 100 Mio. DM) nicht beanstandet zu haben. Als Gegenleistung habe er über Jahre hinweg Geld- und Sachzuwendungen von den Firmen K. und W. erhalten, die für die DB bzw. die DB AG Gleisbauarbeiten ausführten. Zu den Zuwendungen hätten gezählt:

6

1. Flüge von Frankfurt nach Berlin in den Jahren 1992 bis 2001 (zwei- bis viermal pro Jahr) auf Kosten der Firma K.,

2. unentgeltliche Erneuerung der Terrasse am Privathaus des Beklagten im Jahre 1994 durch die Firma K.,

3. Lieferung von neuwertigem Holz für einen Schuppen Mitte 1997 durch die Firma K.,

4. Barzuwendungen der Firma K. in den Jahren 1992 bis 2001 von mindestens zweimal jährlich jeweils 2.000 DM,

5. Zuschuss der Firma K. in Höhe von 8.000 DM zur Anschaffung eines Zweitwagens im Jahre 1994 und

6. Geldzuwendungen der Firma W. von 1992 bis 2002, davon allein 1996 in Höhe von 25.000 DM.

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Damit habe sich der Beklagte als bestechlich im Sinne des § 332 StGB erwiesen und zugleich gegen die beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen, keine Geschenke in Bezug auf sein Amt anzunehmen und sich im Dienst uneigennützig sowie achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die Pflichtenverstöße stellten ein schwerwiegendes Dienstvergehen dar, das bei einem aktiven Beamten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unabweisbar nach sich ziehen müsse.

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Der Kläger hat beantragt,

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dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er sei wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht in der Lage, sich im Disziplinarverfahren zu verteidigen. Deshalb habe das behördliche Disziplinarverfahren eingestellt werden müssen. Zudem sei die Einleitungsverfügung vom 24. Juni 2006 rechtswidrig, weil er nicht über seine Rechte belehrt worden sei. Seine Aussagen vom 19. Februar und 14. März 2002 könnten wegen seiner Alkoholerkrankung nicht verwertet werden. Außerdem habe er sie widerrufen. Die Klageschrift leide an wesentlichen Mängeln, weil die Vorwürfe nicht ausreichend belegt seien. Zuwendungen der Firmen K. und W. seien nicht erwiesen.

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Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluss vom 5. September/9. Oktober 2006 ein Sachverständigengutachten dazu eingeholt, ob der Beklagte aufgrund seines Gesundheitszustandes in der Lage gewesen ist, im Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Verfehlungen das Unrecht seiner Taten einzusehen, ob er zum Zeitpunkt der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft am 14. März 2002 die Belehrung über seine Rechte verstehen, der Vernehmung folgen und wahrheitsgemäße Angaben zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen machen konnte und ob seine Prozessfähigkeit derzeit und in absehbarer Zukunft eingeschränkt bzw. ausgeschlossen ist. Darüber hinaus wurde dem Kläger mit Beschluss vom 10. Juli 2007 gemäß § 55 Abs. 3 Bundesdisziplinargesetz - BDG - aufgegeben, die Tatsachen, die dem Beklagten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden, zu konkretisieren. Schließlich bestellte das Verwaltungsgericht den Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten mit Beschluss vom 28. Februar 2008 zu seinem Prozesspfleger.

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Durch Urteil vom 17. April 2008 hat das Verwaltungsgericht das Ruhegehalt des Beklagten aberkannt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das behördliche Disziplinarverfahren unter keinem wesentlichen Verfahrensfehler leide. Im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens, der Belehrung und Anhörung sei der Beklagte ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. G. noch verhandlungsfähig gewesen. Im Übrigen habe der Beklagte bereits zu Beginn des Disziplinarverfahrens einen Verfahrensbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt und sei damit ordnungsgemäß vertreten gewesen. Da der zum Prozesspfleger bestellte Verfahrensbevollmächtigte während der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen sei, sei dem Beklagten im gerichtlichen Disziplinarverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Das Verfahren habe auch nicht gemäß § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG eingestellt werden müssen. Zwar sei dem Kläger mit Beschluss vom 10. Juli 2007 unter Fristsetzung aufgegeben worden, die Klageschrift zu konkretisieren. Hierbei habe es sich der Sache nach jedoch lediglich um eine prozessleitende Verfügung gehandelt, die sich lediglich auf einen Teil der Vorwürfe bezogen habe.

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Dem Beklagten sei ein schweres Dienstvergehen vorzuwerfen. Er habe Belohnungen und Geschenke in Bezug auf sein Amt angenommen und damit schuldhaft gegen die Pflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig zu verwalten. Im Jahre 1996 habe er fünfmal von der Firma W. Geldbeträge im Wert von insgesamt 25.000 DM angenommen. Diese Zahlungen seien durch die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgewerteten Kontounterlagen des Beklagten, seine Aussage als Beschuldigter am 14. März 2002 sowie die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 17. Januar 2003 belegt. Darüber hinaus habe der Beklagte 1993 mindestens zwei Flüge von Frankfurt nach Berlin zu Vertragsverhandlungen auf Kosten der Firma K. unternommen. Angesichts der Größenordnung der entgegengenommenen Zuwendungen wiege bereits das im Jahre 1996 begangene Dienstvergehen so schwer, dass dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob er pflichtwidrig Gegenleistungen erbracht habe. Milderungsgründe lägen weder wegen der unstreitigen Alkoholerkrankung noch hinsichtlich der finanziellen Probleme der Familie des Beklagten aufgrund der Erkrankungen seiner Kinder vor. Müsse schon aufgrund des festgestellten Sachverhalts das Ruhegehalt aberkannt werden, würden die übrigen Anschuldigungen gemäß § 56 Abs. 1 BDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

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Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass das angefochtene Urteil nicht auf Erkenntnisse gestützt werden könne, die vor der förmlichen Einleitung des Disziplinarverfahrens, vor Bestellung eines Bevollmächtigten und ohne Belehrung gemäß § 20 BDG gewonnen worden seien. Weder dem Gutachten von Professor Dr. G. noch dem Protokoll über die staatsanwaltschaftliche Vernehmung vom 14. März 2002 sei zu entnehmen, er - der Beklagte - sei während des behördlichen Dienstordnungsverfahrens noch vernehmungsfähig gewesen. Darüber hinaus seien die Mängel der Klageschrift nicht innerhalb der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist geheilt worden. Deshalb habe das gerichtliche Disziplinarverfahren gemäß § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG eingestellt werden müssen. Des Weiteren verstoße das erstinstanzliche Urteil gegen den "Fair-Trial-Grundsatz" und damit gegen Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der wegen der Schwere der vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Sanktion auf das vorliegende Disziplinarverfahren Anwendung finde. Trotz anwaltlicher Vertretung und Bestellung eines Prozesspflegers könne ihm rechtliches Gehör nicht gewährt werden, weil er nicht in der Lage sei, seinem Prozesspfleger seine Version der Ereignisse zu erklären.

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Die Aberkennung des Ruhegehalts sei auch deshalb fehlerhaft, weil die ihr zugrunde gelegten Zahlungen der Firma W. mindestens in vier der fünf vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Fällen auf der Einreichung von Schecks beruhten, die seine Ehefrau erhalten habe. Außerdem habe er keine pflichtwidrigen Amtshandlungen begangen und es lägen bei einer Gesamtschau ausreichende Milderungsgründe vor.

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Der Beklagte beantragt,

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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Disziplinarklage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

22

Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsvorgänge (2 Hefte und 1 Ordner Personal- und Disziplinarakten) verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hätte die Disziplinarklage als unzulässig abweisen müssen, weil der Beklagte verhandlungsunfähig ist. Hierin ist ein nicht behebbares Verfahrenshindernis zu sehen. Zwar kann gegen einen verhandlungsunfähigen Beamten grundsätzlich ein Disziplinarverfahren durchgeführt und eine Disziplinarmaßnahme verhängt werden (1.). Jedoch setzt ein fehlerfreies Disziplinarverfahren voraus, dass der beschuldigte Beamte sein Recht auf Gehör wahrnehmen und damit vom Disziplinargericht zur erforderlichen Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts herangezogen werden kann (2.). Dies ist wegen der Verhandlungsunfähigkeit des Beklagten nicht möglich (3.).

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1. Ein Disziplinarverfahren kann grundsätzlich auch gegen einen verhandlungsunfähigen Beamten durchgeführt werden. Bis zum Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes folgte das so genannte disziplinarverfahrensrechtliche Durchführungsgebot aus § 19 Abs. 1 Bundesdisziplinarordnung. Danach stand der Einleitung oder Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens nicht entgegen, dass der Beamte verhandlungsunfähig oder durch Abwesenheit an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert war. Seit der Neuregelung des Bundesdisziplinarrechts gilt das Durchführungsgebot als ungeschriebener Grundsatz fort. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Disziplinarrechts, das der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums dient. Dabei ist das Interesse der Allgemeinheit an der Ahndung von Dienstpflichtverletzungen grundsätzlich höher zu bewerten als das Interesse des beschuldigten Beamten, von einem Disziplinarverfahren wegen Verhandlungsunfähigkeit verschont zu bleiben. Die Auswirkungen des Durchführungsgebots zu Lasten des Beamten werden durch die Verpflichtung ausgeglichen, gemäß § 3 BDG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - für das behördliche Disziplinarverfahren einen Vertreter von Amts wegen und für das gerichtliche Disziplinarverfahren nach § 3 BDG in Verbindung mit § 62 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und § 57 Zivilprozessordnung - ZPO - einen Prozesspfleger zu bestellen (vgl. GKÖD, Anh. 2 M § 20 BDG Rn. 2). Nachdem das Verwaltungsgericht den Prozessbevollmächtigten des Beklagten durch Beschluss vom 28. Februar 2008 zu dessen Prozesspfleger bestellt hatte, konnte das Disziplinarverfahren somit fortgesetzt werden.

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2. Allerdings setzt die Zulässigkeit der Disziplinarklage voraus, dass dem Beamten zur notwendigen Aufklärung des für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts ausreichend rechtliches Gehör gewährt werden kann. Ist dies wegen Verhandlungsunfähigkeit des Beamten nicht möglich, steht dem gerichtlichen Disziplinarverfahren ein Verfahrenshindernis entgegen.

28

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird im Disziplinarverfahren das Recht eines verhandlungsunfähigen Beamten auf Gehör vor Gericht im Allgemeinen von dem gerichtlich bestellten Pfleger wahrgenommen, da dieser an die Stelle des Beamten tritt und insoweit dessen gesetzlicher Vertreter ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 D 76.88 -, juris, Rn. 10 f.). Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn die eigenen Angaben des verhandlungsunfähigen Beteiligten für die abschließende Meinungsbildung des Gerichts von maßgeblicher Bedeutung sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1983, Buchholz 310 § 62 VwGO Nr. 16). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Disziplinarverfahren erfüllt.

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Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG richtet sich die im Einzelfall erforderliche Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. Hiervon ausgehend dürfen bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Umstände berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695 f. = juris, Rn. 13 ff.).

30

Die nach den dargestellten Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts von den Disziplinargerichten mit Blick auf die gesamte Persönlichkeit des beschuldigten Beamten geforderte Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Gesichtspunkte setzt die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten voraus. Hierzu gehören auch die eigenen Angaben des Beamten. Denn die objektiven und subjektiven Handlungsmerkmale lassen sich erst dann abschließend würdigen, wenn der Beamte im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs die Möglichkeit hatte, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Vor allem entlastende Umstände, wie die inneren Beweggründe des Beamten für sein Verhalten, das Bestehen existenzieller wirtschaftlicher Notlagen sowie körperlicher und psychischer Ausnahmesituationen, die nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits beim Vorliegen hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte beachtlich sind, kann das Gericht im Allgemeinen nur anhand der eigenen Angaben des Beamten feststellen. Demnach sind seine persönlichen Einlassungen und damit die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Sachverhaltsermittlung und Urteilsfindung des Disziplinargerichts von maßgeblicher Bedeutung. Deshalb können die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte in einem Disziplinarverfahren gegen einen verhandlungsunfähigen Beamten nur dann ausreichend aufgeklärt werden, wenn er selbst in der Lage ist, die für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte vorzubringen, oder wenn er seinem Prozesspfleger die Informationen verschaffen kann, die für eine wirksame Vertretung erforderlich sind.

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3. Der Senat ist gehindert, den entscheidungserheblichen Sachverhalt ausreichend aufzuklären, da der Beklagte sein Recht auf Gehör vor Gericht nicht wahrnehmen kann. Aufgrund seiner Alkoholerkrankung ist es dem Beamten nicht möglich, selbst zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen oder zumindest seinem Prozesspfleger die für eine ausreichende Vertretung erforderlichen Informationen zu vermitteln.

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Nach dem vom Verwaltungsgericht eingeholten psychiatrischen Gutachten von Professor Dr. G. vom 22. Januar 2007 ist der Beklagte seit dem Jahr 2004 prozess- und verhandlungsunfähig. Aufgrund der ihm vorliegenden Akten, der eigenen Untersuchung des Beklagten und der Auswertung zahlreicher ärztlicher Unterlagen kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der Beklagte am sogenannten Korsakow-Syndrom leidet, welches zwar

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"nicht grundsätzlich irreversibel ist, dessen Rückbildung im Fall des Beklagten aber als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Das zum einen wegen der mehr als drei Jahrzehnte währenden Alkoholerkrankung, zum anderen deswegen, weil Herr S. unverändert an seinem Konsumverhalten festhält. Die erheblichen mnestischen Defizite setzen ihn außer Stande, sich das ihm zur Last gelegte Fehlverhalten erneut zu vergegenwärtigen, sowohl was sein Handeln als auch was die dieses bestimmenden motivationalen Beweggründe angeht. Der an einem Korsakow-Syndrom Leidende neigt dazu, tatsächliche Lücken im Erinnerungsbild durch vermeintlich logische Bestandteile oder durch solche auszufüllen, die mit den gegenwärtigen eigenen Wünschen übereinstimmen oder suggestiv vermittelt werden.

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Der sich in den jetzigen Untersuchungen darstellende psychopathologische Befund steht der Prozessfähigkeit des Herrn S. entgegen. Erste Hinweise auf diese Symptomatik begegnen in den Berichten des Jahres 2004, seitdem hat sich die Symptomatik erheblich verdichtet. Angesichts der fehlenden Krankheitseinsicht und des fortdauernden, nach Angaben der Ehefrau gelegentlich exzessiven Alkoholmissbrauchs ist in absehbarer Zeit mit einer Rückbildung nicht zu rechnen".

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Der Senat schließt sich den überzeugenden Feststellungen des Gutachters Professor Dr. G. zur Verhandlungsunfähigkeit des Beklagten an. Sie werden durch den Eindruck bestätigt, den der Senat von der Person des Beamten gewonnen hat. In der mündlichen Verhandlung erschien ein gebrochener Mann, der sowohl körperlich als auch geistig erkennbar vom jahrzehntelangen Alkoholkonsum gezeichnet ist. Er wurde im Laufe der Verhandlung immer teilnahmsloser und konnte ihr offenkundig nicht folgen. Außerdem scheiterte der eingehende Versuch des Senats, den Beklagten zu den ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen zu befragen. Der Beklagte war lediglich in der Lage, sich zu seiner momentanen Lebenssituation zu äußern. Er gab an, trotz mehrfacher Entziehungsbehandlungen nach wie vor Alkohol zu trinken. Zwar gelinge es ihm manchmal über Wochen enthaltsam zu leben. Danach greife er aber wieder zur Flasche. Des Weiteren machte der Beklagte Angaben zu seinem üblichen Tagesablauf, vermochte aber die Zahl seiner Kinder nicht richtig anzugeben. An seine berufliche Tätigkeit hatte er nur äußerst lückenhafte Erinnerungen. Er wusste noch, 1972 bei der Bahn angefangen zu haben, nicht aber, wann er das letzte Mal befördert wurde. An die ihm vorgeworfenen Vorgänge konnte der Beklagte sich überhaupt nicht erinnern. Nach mehrfachem Zögern sagte er auf entsprechende Fragen des Senats wörtlich: "Ich kriege diese ganzen Dinge nicht mehr auf die Reihe, ich kann mich im Detail nicht erinnern. Das Problem habe ich schon immer bei meinen Gesprächen mit Herrn Rechtsanwalt A..“ Weitergehende Antworten waren dem Beklagten nicht möglich. So gelang es ihm auch nicht, die ihm vom Senat abschließend gestellte Frage zu beantworten, warum er gegenüber seinem Arbeitgeber und der Staatsanwaltschaft im Jahre 2002 bestimmte Dienstvergehen zugestanden habe.

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Das fehlende Erinnerungsvermögen des Beklagten wurde von seiner Ehefrau, die der Senat als Zeugin vernommen hat, glaubhaft bestätigt. Erinnerungslücken hinsichtlich der vorgeworfenen Dienstvergehen bestehen danach seit Jahren. Sie sind nach der auch für den Senat nachvollziehbaren Einschätzung der Zeugin auf den jahrzehntelangen Alkoholkonsum zurückzuführen.

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Aufgrund des Gutachtens von Professor Dr. G., des persönlichen Eindrucks, den der Beklagten während der mündlichen Verhandlung gemacht hat und der Zeugenaussage seiner Ehefrau steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte insbesondere hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Dienstvergehen an erheblichen Erinnerungslücken leidet. Er wird in absehbarer Zukunft nicht in der Lage sein, sich an das ihm vorgeworfene Handeln und die ihn hierbei bestimmenden Beweggründe zu erinnern. Deshalb kann er zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen weder selbst Stellung nehmen noch seinem Prozesspfleger - siehe auch dessen Vermerk über eine Unterredung mit dem Beklagten und seiner Ehefrau am 14. April 2008, Bl. 459 d.GA - die Umstände seines Verhaltens so schildern, dass eine sachgerechte Vertretung möglich ist. Somit kann dem Beklagten im gerichtlichen Disziplinarverfahren rechtliches Gehör nicht gewährt und der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Umfang aufgeklärt werden. Dies stellt ein Verfahrenshindernis dar, das in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und deshalb zur Unzulässigkeit der Disziplinarklage führt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 77 Abs. 4 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (§ 78 Abs. 1 Satz 1 BDG).

39

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 3 BDG in Verbindung mit § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

40

Die Revision war gemäß § 69 BDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Disziplinarklage gegen einen verhandlungsunfähigen Beamten unzulässig ist, grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Okt. 2008 - 11 A 10623/08 zitiert 20 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind1.die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,2.die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den G

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 55 Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift


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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.
bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

(1) Bei einer Disziplinarklage hat der Beamte wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift innerhalb zweier Monate nach Zustellung der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage geltend zu machen.

(2) Wesentliche Mängel, die nicht oder nicht innerhalb der Frist des Absatzes 1 geltend gemacht werden, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn ihre Berücksichtigung nach seiner freien Überzeugung die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn der Beamte zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft macht.

(3) Das Gericht kann dem Dienstherrn zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels, den der Beamte rechtzeitig geltend gemacht hat oder dessen Berücksichtigung es unabhängig davon für angezeigt hält, eine Frist setzen. § 53 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Wird der Mangel innerhalb der Frist nicht beseitigt, wird das Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts eingestellt.

(4) Die rechtskräftige Einstellung nach Absatz 3 steht einem rechtskräftigen Urteil gleich.

Das Gericht kann das Disziplinarverfahren beschränken, indem es solche Handlungen ausscheidet, die für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht oder voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen. Die ausgeschiedenen Handlungen können nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, es sei denn, die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen nachträglich. Werden die ausgeschiedenen Handlungen nicht wieder einbezogen, können sie nach dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens sein.

(1) Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.

(2) Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird dem Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Hat der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Ist der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten oder einer Ladung zur mündlichen Verhandlung Folge zu leisten, und hat er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder er erneut zu laden. Die Fristsetzungen und Ladungen sind dem Beamten zuzustellen.

(3) Ist die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage des Beamten nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.

(1) Bei einer Disziplinarklage hat der Beamte wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift innerhalb zweier Monate nach Zustellung der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage geltend zu machen.

(2) Wesentliche Mängel, die nicht oder nicht innerhalb der Frist des Absatzes 1 geltend gemacht werden, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn ihre Berücksichtigung nach seiner freien Überzeugung die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn der Beamte zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft macht.

(3) Das Gericht kann dem Dienstherrn zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels, den der Beamte rechtzeitig geltend gemacht hat oder dessen Berücksichtigung es unabhängig davon für angezeigt hält, eine Frist setzen. § 53 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Wird der Mangel innerhalb der Frist nicht beseitigt, wird das Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts eingestellt.

(4) Die rechtskräftige Einstellung nach Absatz 3 steht einem rechtskräftigen Urteil gleich.

Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.

(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.

(1) Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.

(2) Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird dem Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Hat der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Ist der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten oder einer Ladung zur mündlichen Verhandlung Folge zu leisten, und hat er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder er erneut zu laden. Die Fristsetzungen und Ladungen sind dem Beamten zuzustellen.

(3) Ist die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage des Beamten nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

In gerichtlichen Disziplinarverfahren werden Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu diesem Gesetz erhoben. Im Übrigen sind die für Kosten in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden Vorschriften des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.

Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.