Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 31. Mai 2012 - 1 A 11488/11

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2012:0531.1A11488.11.0A
bei uns veröffentlicht am31.05.2012

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2011 wird der Tenor zu Ziffer 1) des Urteils wie folgt neu gefasst:

„Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 121.739,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. März 2011 zu zahlen.“

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtzüge.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung von Kosten, die ihr infolge der Errichtung einer Löschwassertankanlage auf dem Gelände ihrer Jugendhilfeeinrichtung in der Ortsgemeinde A... entstanden sind.

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Dort betreibt die Klägerin das Jugendhilfezentrum „Haus auf dem Wehrborn“. Die Hauptgebäude dieses Jugendhilfezentrums wurden in den Jahren 1965 bis 1969 mit Baugenehmigung des damaligen Landratsamtes Trier errichtet. Es handelt sich dabei um 20 Bauwerke, in denen derzeit ca. 70 Jugendliche ständig leben. Ferner arbeiten in diesem Bebauungskomplex, der mehr als 300 m von der Bebauung des Ortes A... entfernt liegt, etwa 140 Mitarbeiter. Im Jahre 1965 wurde das Gebiet von dem damals zuständigen Zweckverband „Gruppenwasserwerk Eifel“ an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Im Jahre 1970 wurde eine weitere Baugenehmigung für die Errichtung eines zweigeschossigen Kindergartens erteilt, in dem mittlerweile ca. 150 Kinder betreut werden.

3

Bei einer im Jahre 2007 durchgeführten Feuerlöschübung war festgestellt worden, dass die auf dem Gelände des Jugendhilfezentrums zur Verfügung stehenden Löschwassermengen nicht ausreichend sind.

4

Daraufhin kam es zwischen den Beteiligten zum Streit darüber, ob der Beklagte verpflichtet sei, den erforderlichen Löschwasserbedarf auf den Grundstücken der Klägerin (1.600 l/Minute für zwei Stunden Löschzeit) sicherzustellen.

5

Nachdem hierüber keine Einigung erzielt werden konnte, war von der Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht erhoben worden, mit der sie beantragt hatte, den Beklagten zu verpflichten, eine ausreichende Löschwasserversorgung für ihre Einrichtung sicherzustellen, hilfsweise festzustellen, dass die Kosten der Sicherstellung der ausreichenden Löschwasserversorgung für die Einrichtungen der Klägerin vom Beklagten zu tragen seien.

6

Diese Klage war durch das Verwaltungsgericht Trier mit Urteil vom 25. November 2009 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen worden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Herstellung einer bestimmten Löschwasserversorgung für ihre Einrichtungen „Auf dem Wehrborn“ in A... habe.

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Die Berufung hiergegen hatte Erfolg. Mit Urteil vom 11. November 2010 (1 A 10588/10.OVG ) änderte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. November 2009 ab und stellte fest, dass die Klägerin bis zur Herstellung der hinreichenden Löschwasserversorgung gegen den Beklagten einen Anspruch darauf hatte, eine ausreichende Löschwasserversorgung (1.600 l/Minute für zwei Stunden Löschzeit) für den Kindergarten auf dem Grundstück Gemarkung A..., Flur ..., Parzelle ... und für die Jugendhilfeeinrichtung „Haus auf dem Wehrborn“ in A... sicherzustellen. Im Übrigen wurden ein erst während des anhängigen Berufungsverfahrens gestellter Antrag auf Zahlung eines Betrages von 121.739,44 € nebst Prozesszinsen wegen insoweit unzulässiger Klageänderung und ein weiterer Feststellungsantrag wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen.

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Die gegen diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten blieb erfolglos (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 2011 - BVerwG 9 B 11.11 -).

9

Bereits zuvor hatte die Klägerin am 25. März 2011 Klage mit dem hier streitgegenständlichen Begehren erhoben, den Beklagten zu verurteilen, an sie 121.739,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2010 zu zahlen.

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Sie hat dazu vorgetragen, dass aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. November 2010 feststehe, dass der Beklagte gegen seine Verpflichtung aus dem Landeswassergesetz verstoßen habe, indem er nicht gewährleistet habe, dass sowohl der Kindergarten als auch die Jugendhilfeeinrichtung mit hinreichend Löschwasser versorgt würden. Um dennoch einen hinreichenden Löschwasserschutz für die Einrichtungen sicherzustellen, habe sie noch während des Berufungsverfahrens technische Maßnahmen ergriffen. Es seien zwei Löschwassertanks auf ihrem Gelände hergestellt worden und hierdurch Kosten in Höhe von 121.739,44 € entstanden. Die nunmehr gewährleistete Löschwasserkapazität stelle den Grundschutz entsprechend den einschlägigen technischen Vorgaben sicher. Die Löschwassertanks seien zwischenzeitlich von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg abgenommen worden. Auch habe die zuständige Feuerwehr eine Übung im Beisein der Kreisverwaltung durchgeführt, wobei zu Testzwecken Löschwasser entnommen worden sei, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei.

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Dem ist der Beklagte entgegengetreten und hat vorgetragen, dass das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil darauf hingewiesen habe, dass nach wasserrechtlichen Vorschriften dann, wenn zur Versorgung eines Abnehmers besondere oder größere Anlagen erforderlich würden, ein finanzieller Ausgleich für die Bau- und Folgekosten dieser Anlagen verlangt werden könne. Dies gelte auch für die Löschwasserversorgung, sobald über den Grundschutz hinaus ein besonderer objektbezogener Brandschutz erforderlich sei.

12

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und mit Urteil vom 23. November 2011 den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 121.739,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2010 zu zahlen. Es hat zur Begründung ausgeführt:

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Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Lieferung und die Montage der Löschwasserbehälter für ihre Einrichtungen in A... Als Rechtsgrundlage für dieses Begehren komme allein der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht, dessen Voraussetzungen hier gegeben seien. Im vorliegenden Fall sei nämlich der Beklagte durch die Errichtung der Löschwasserbehälter durch die Klägerin rechtsgrundlos bereichert, da - wie das Oberverwaltungsgericht bereits festgestellt habe - es seine Aufgabe gewesen wäre, eine ausreichende Löschwasserversorgung auf dem Grundstück der Klägerin sicherzustellen.

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Demgegenüber könne der Beklagte von der Klägerin keine Erstattung der angefallenen Kosten beanspruchen. Als Rechtsgrundlage für ein derartiges Verlangen komme § 46 Abs. 4 Satz 2 und 3 Landeswassergesetz - LWG - in Betracht. Nach § 46 Abs. 4 Satz 2 LWG könne ein finanzieller Ausgleich für die Bau- und Folgekosten von Anlagen verlangt werden, sofern zur Versorgung eines Abnehmers besondere oder größere Anlagen erforderlich würden. Dies gelte auch für die Löschwasserversorgung, soweit über den Grundsatz hinaus ein besonderer objektbezogener Brandschutz erforderlich sei (§ 46 Abs. 4 Satz 3 LWG). Ein solcher bestehe im Einzelfall dann, wenn besonders feuer- und brandgefährdete Anlagen und Einrichtungen gegeben seien, wie etwa Industrie- und Gewerbebetriebe und Anlagen, die wegen der dort hergestellten, verwendeten, gelagerten oder abgelagerten Stoffe als besonders feuergefährlich anzusehen seien. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen sei hier ein besonderer Brandschutz nicht erforderlich. Es handele sich bei den Gebäuden auf dem Grundstück der Klägerin um Wohngebäude sowie einen Kindergarten. Außergewöhnliche feuer- und brandgefährdende Einrichtungen seien nicht zu erkennen.

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Aber selbst wenn man dem nicht folgen wolle, so bleibe zu sehen, dass die besondere Kostenbeteiligung von Versorgungsnehmern voraussetze, dass der Versorgungsträger hierüber eine Entscheidung im Wege des pflichtgemäßen Ermessens herbeiführe. Die Geltendmachung einer entsprechenden Forderung stehe also im pflichtgemäßen Ermessen des Versorgungsträgers. Auch habe die Verbandsversammlung des Beklagten im Rahmen des Ermessens darüber entscheiden müssen, in welcher Höhe die Klägerin an den Kosten der Löschwasserversorgung beteiligt werden solle. Eine diesbezügliche Ermessensausübung durch den Beklagten liege jedoch bisher nicht vor. Es bedürfe keiner besonderen Erwähnung, dass die Ermessensausübung nicht durch die Beklagtenvertreter im Verwaltungsprozess erfolgen könne.

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Einwände gegen die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Forderung habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch nicht erhoben. Darüber hinaus habe Herr D... in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Einzelheiten der technischen Vorrichtungen seien unstreitig. Vor diesem Hintergrund sehe die Kammer keine Veranlassung, weiteren Beweis zu der Frage zu erheben, ob andere technische Lösungen zur Gewährleistung der hinreichenden Löschwasserversorgung geringere Kosten verursacht hätten.

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Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht der Beklagte nunmehr geltend:

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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Voraussetzungen für den von der Klägerin behaupteten Erstattungsanspruch nicht gegeben. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch komme nämlich nur in Betracht, wenn keine vorrangige Rechtsgrundlage bestehe, wie zum Beispiel aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag. Komme ein solcher öffentlich-rechtlicher GoA-Anspruch jedoch in Betracht, so scheide ein Rückgriff auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch und die zivilrechtlichen Grundsätze einer ungerechtfertigten Bereicherung aus. Könne umgekehrt ein Privater von dem Hoheitsträger seine Aufwendungen nicht nach den Regeln der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Antrag erstattet verlangen, so sei der faktisch von seiner Aufwendungslast befreite Hoheitsträger auch nicht zu Lasten des Privaten rechtsgrundlos bereichert. Wie bereits ausgeführt worden sei, hätten die Parteien des Rechtsstreits miteinander keine entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen geschlossen. Vielmehr habe die Klägerin die Anlagen letztlich in eigener Regie auf ihrem Grundstück auf ihre Kosten geplant und gebaut, um die auf ihrem Grundstück im Brandfalle zur Verfügung stehende Löschwassermenge auf 1.600 l/min für eine zweistündige Löschzeit zu erhöhen. Einen Anspruch auf Erstattung der von ihr aufgewandten Kosten könne die Klägerin gegen den Beklagten nur dann erfolgreich geltend machen, wenn sie im Sinne des § 683 BGB analog die baulichen Maßnahmen auf ihrem Grundstück als „Geschäft“ des Beklagten geführt und die von der Klägerin geführte Art der „Geschäftsbesorgung“ dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Beklagten entsprochen hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

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Bei einer Geschäftsführung ohne Auftrag müsse der Wille des Geschäftsherrn zum Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts durch den Geschäftsführer darauf gerichtet sein, dass der Geschäftsführer die Besorgung gerade für ihn übernimmt. Ein wirkliches oder mutmaßliches Einverständnis mit dem zu erlangenden Vorteil genüge insoweit nicht. Den Willen, dass die Klägerin die von ihr auf ihrem Grundstück in Eigeninitiative geplanten und von ihr bezahlten Maßnahmen für den Beklagten ausführen sollte, habe der Beklagte nie geäußert. Dass die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen im Hinblick auf die Erschließungspflicht des Beklagten möglicherweise in dessen Interesse gelegen hätten, sei zwar nicht von der Hand zu weisen, genüge jedoch nicht für die Annahme, der Beklagte sei damit einverstanden gewesen, dass die Klägerin die fraglichen Maßnahmen gerade für ihn übernommen habe.

20

Dass die Klägerin die streitbefangenen Maßnahmen für den Beklagten übernehmen sollte, habe auch weder dem wirklichen noch dem mutmaßlichen Willen des Beklagten entsprochen, weil letzterer weder den Willen noch das Interesse gehabt habe, die notwendigen Maßnahmen zur Steigerung des Löschwasserangebots nicht selbst auszuführen, sondern auf die Kläger zu delegieren. Dies gelte jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn es sich bei diesen Maßnahmen um solche gehandelt habe, für die er, hätte er sie selbst durchgeführt, von der Klägerin nach § 46 Abs. 4 Satz 2 und 3 LWG einen finanziellen Ausgleich hätte verlangen können. Der Umstand, dass ein Träger der Wasserversorgung, der besondere oder größere Anlagen nach Maßgabe des § 46 Abs. 4 Satz 2 und 3 LWG letztlich auf Kosten des Begünstigten ausführen könne, der den besonderen Finanzbedarf verursache, schließe den Willen des Versorgungsträgers schlechterdings aus, dass der Abnehmer die Maßnahmen des besonderen objektbezogenen Brandschutzes mit der Maßgabe selber durchführe, dass er die entstandenen Aufwendungen auch noch von dem Versorgungsträger erstattet verlangen könne. Daher hänge die Berechtigung der Klägerin zur Kostenerstattung durch den Beklagten letztlich davon ab, ob es sich bei den baulichen Anlagen, für deren Errichtung die Klägerin Kostenerstattung beanspruche, um „besondere Anlagen der Löschwasserversorgung, die über den Grundschutz hinaus für einen besonderen objektbezogenen Brandschutz erforderlich seien“, handele oder nicht.

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Im Übrigen verkenne das Verwaltungsgericht, dass die von ihm für einen Erstattungsanspruch nach § 46 Abs. 4 Satz 3 LWG geforderte Ermessensausübung durch den Beklagten nicht nur bisher nicht vorliege, sondern auch nicht herbeigeführt werden könne. Letzteres gelte bereits deshalb, weil der Beklagte unstreitig keine Investitionen vorgenommen habe, die er der Klägerin nach § 46 Abs. 4 Satz 2 LWG anteilmäßig zum Zwecke der Finanzierung zuweisen könnte.

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Letztlich entscheidend sei, ob der Beklagte - hätte die Klägerin die Wasserbevorratungsanlagen auf ihrem Grundstück nicht erstellt - genau diese Anlagen hätte erstellen müssen, um seiner Aufgabe zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung gerecht zu werden. Dies sei schon deshalb zu verneinen, weil es jedem öffentlichen Funktionsträger freistehe, wie und auf welchem Wege er seine Verpflichtungen erfüllen wolle. Auch im vorliegenden Falle hätten dem Beklagten verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, das Löschwasserangebot auf 1.600 l/min zu steigern. Je nach Ausführungsart hätten die aufzuwendenden Kosten nicht unerheblich variiert. Die Vor- und Nachteile der einen oder anderen Lösung abzuwägen, sei Recht und Verpflichtung des Beklagten. Dass der Beklagte seine Verpflichtung nur durch die von der Klägerin auf ihrem Grundstück in Eigenregie hergestellten Anlagen hätte erfüllen können, werde selbst von der Klägerin nicht ernsthaft behauptet. Hätte diese die Anlagen nicht selber ausgeführt, hätte sie gegen den Beklagten sicherlich keinen Anspruch darauf gehabt, dass der zuletzt Genannte seine Aufgabe zur Versorgung des klägerischen Grundstücks mit ausreichendem Löschwasser durch den Bau gerade der streitbefangenen Anlagen auf dem Grundstück der Klägerin erfülle. Habe die Klägerin indes keinen Anspruch gegen den Beklagten auf die Errichtung der Löschwasseranlagen auf ihrem Grundstück, so könne sie gegen den Beklagten auch keinen Anspruch darauf haben, dass dieser ihr die Kosten für die Herstellung der nicht konkret geschuldeten Anlagen erstatte.

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Abgesehen davon komme es maßgeblich darauf an, ob die von der Klägerin auf ihrem Grundstück errichteten Wasserspeicheranlagen der Sicherung des sogenannten Grundschutzes dienten oder für eine besonderen objektbezogenen Brandschutz erforderlich seien. Die vorgenannten Begriffe seien als Tatbestandsmerkmale des § 46 Abs. 4 Satz 3 nicht gesetzlich definiert. Anhaltspunkte für eine richterliche Konkretisierung der vorerwähnten Begriffe liefere allein das vom Deutschen Verein des Gas-und Wasserfaches e.V. (DVGW) herausgegebene technische Arbeitsblatt W 405, dass sich mit der „Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Trinkwasserversorgung“ beschäftige. Aus diesem Arbeitsblatt stamme die Unterscheidung zwischen „Grundschutz“ und „besonderem objektbezogenem Brandschutz“, die von § 46 Abs. 4 Satz 3 LWG aufgenommen werde. Zur Auslegung der vorgenannten Begriffe habe das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bisher noch keine Stellung bezogen. Das Oberverwaltungsgericht habe seine Feststellung im Urteil vom 11. November 2010 hinsichtlich der ausreichenden Löschwasserversorgung ausschließlich darauf gestützt, dass die Parteien sich bereits im Jahre 2009 einig darüber gewesen seien, dass im vorliegenden Fall der Löschwasserbedarf 1.600 l/min für zwei Stunden betrage. Dies treffe zwar zu, sage jedoch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls inwieweit dieser Löschwasserbedarf der Deckung eines besonderen objektbezogenen Brandschutzes diene. Nach den Definitionen des DVGW-Arbeitsblattes W 405 in Ziffern 2.1 und 2.2 müsse angesichts der dort aufgeführten Beispiele auch bei einem Kindergarten oder einer Jugendhilfeeinrichtung von einem besonderen objektbezogenen Brandschutz ausgegangen werden. Ferner weise die auf Ziffer 4.5 folgende Tabelle Richtwerte für den Löschwasserbedarf für verschiedene Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung auf. Handele es sich bei dem Gebäudekomplex um eine Kleinsiedlung mit mittlerer Brandausbreitungsgefahr oder um ein allgemeines Wohngebiet - oder Mischgebiet mit einer Zahl der Vollgeschosse von weniger oder gleich 3 sowie einer Geschossflächenzahl von weniger als 0,3 bis 0,6 betrügen die Richtwerte für den Löschwasserbedarf nicht 1.600 l/min, sondern lediglich die Hälfte. Dementsprechend entfiele in diesem Fall auch nur die Hälfte des von den Parteien einvernehmlich angenommenen Löschwasserbedarfs von 96 m³/h auf die Sicherung des sogenannten Grundschutzes, während die restlichen 48 m³/h für einen über den Grundschutz hinausgehenden besonderen Objektschutz vorzuhalten wären.

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Eine Entscheidung über die Berechtigung der Klageforderung sei vor diesem Hintergrund nicht möglich, ohne dass das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen den Gebietscharakter des Gebäudekomplexes „Haus auf dem Wehrborn“, die in dem Gebiet dominierende Zahl der Vollgeschosse und Geschossflächenzahl sowie den Grad der Gefahr der Brandausbreitung ermitteln lasse. Er - der Beklagte - gehe davon aus, dass es sich hier um ein Wohn- oder Mischgebiet mit einer durchschnittlichen Zahl der Vollgeschosse und einer kleinen Gefahr der Brandausbreitung handele, so dass der Grundschutz im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 2 und 3 LWG eine Löschwasserbereitstellung von lediglich 48 m³/h erfordere, also nur die Hälfte des von den Parteien einvernehmlich angenommenen Löschwasserbedarfs von 96 m³/h.

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Der Beklagte beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2011 die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt darüber hinaus vor:

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Aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. November 2010 stehe fest, dass die Beklagte dazu verpflichtet gewesen sei, eine ausreichende Löschwasserversorgung im Gebiet der Klägerin mit 1.600 l/min für zwei Stunden Löschzeit zu gewährleisten. Demgemäß habe sie die vorhandene unzureichende Löschwasserversorgung durch Maßnahmen auf ihrem Gelände in ständiger Abstimmung sowohl mit der zuständigen Kreisverwaltung wie auch mit dem Beklagten selbst berechtigterweise hergestellt. Damit habe sie - die Klägerin - eine öffentliche Aufgabe erfüllt, die dem Beklagten oblegen habe. Demgemäß könne keinerlei Zweifel daran bestehen, dass dem Grunde nach der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten zustehe. Insoweit sei völlig ohne Relevanz, ob dieser Anspruch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch oder ein Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag sei, da sich beide Ansprüche nicht gegenseitig ausschließen würden. Die nunmehr realisierte technische Ausführung sei im Übrigen eng mit der Beklagtenseite abgestimmt worden. Letztere habe die Löschwasseranlage als erforderlich und geeignet akzeptiert. Demgemäß habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Vorinstanz auch erklärt, dass die Einzelheiten der technischen Vorrichtung unstreitig seien und zudem die Höhe der geltend gemachten Kosten unstreitig gestellt werde.

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Zutreffend habe das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass unter Auswertung des Sachverhalts vorliegend ein besonderer Brandschutz nicht erforderlich sei. Das Berufungsvorbringen des Beklagten sei nicht geeignet, diese Feststellungen zu erschüttern, zumal der Beklagte eine Vielzahl von anderen Baugebieten innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs mit gleichhoher Löschwasserkapazität auf eigene Kosten erschlossen habe. Letztlich habe das Verwaltungsgericht diese Frage auch zu Recht offengelassen, da § 46 Abs. 4 Satz 2 LWG dem Wasserversorgungsträger lediglich die Möglichkeit einräume, von den Betroffenen einen finanziellen Ausgleich zu verlangen, die Geltendmachung dieser Forderung immer jedoch voraussetze, dass überhaupt eine dahingehende Ermessensausübung erfolge, was hier jedoch nicht der Fall gewesen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten , auf die beigezogenen Gerichtsakten 1 A 10588/10.OVG (2 Bände ) sowie auf die vom Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten Verwaltungsvorgänge (1 Aktenordner). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat in dem sich aus dem Urteilstenor ergebenden geringen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

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Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 121.739,44 € zu zahlen.

35

Dass der Klägerin dem Grunde nach ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf die Aufwendungen zusteht, die sie zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung auf dem Grundstück ihrer Einrichtung in A... getätigt hat, kann angesichts der im Urteil des Senats vom 11. November 2010 – 1 A 10588/10.OVG – rechtskräftig festgestellten Verpflichtung des Beklagten zur Gewährleistung einer ausreichenden Löschwasserversorgung (1.600 l/min für zwei Stunden Löschzeit) für diese Einrichtung nicht zweifelhaft sein.

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Denn entweder lässt sich ein solcher Anspruch auf eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB analog) oder auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen.

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Geht man von einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag aus, so hat die Klägerin dadurch, dass sie zur Sicherstellung der erforderlichen Löschwasserversorgung die in Rede stehende Löschwassertanklösung in eigener Regie durchgeführt hat, ein Geschäft des Beklagten geführt, der nach dem vorgenannten rechtskräftigen Urteil des Senats verpflichtet war, eine hinreichende Löschwasserversorgung in dem im dortigen Urteilstenor genannten Umfang für die Einrichtungen der Klägerin in A... sicherzustellen.

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Dem kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheide deshalb aus, weil es zum Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts an einem Willen des Geschäftsherrn gefehlt habe, dass der Geschäftsführer – also die Klägerin – das Geschäft gerade für ihn übernehme. Zwar ist die ursprünglich zwischen den Verfahrensbeteiligten beabsichtigte vertragliche Vereinbarung über die Kosten der in Rede stehenden Löschwassersicherstellungsmaßnahmen gescheitert. Dennoch bleibt zu sehen, dass die Notwendigkeit und die Art und Weise der Ausführungen der Maßnahme (Löschwassertanklösung) zwischen den Verfahrensbeteiligten nicht streitig war. So heißt es in dem Klageerwiderungsschriftsatz des Beklagten vom 28. September 2009 (S. 16):

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„Es sei richtig, dass sich die Parteien darüber einig seien, dass die Klägerin auf ihrem Grundstück in Eigenregie die Speicherkapazitäten schaffe, um 1.600 l/min für zwei Stunden Löschzeit zu gewährleisten. Es sei zwischen den Parteien abgesprochen, dass die Wasserzuleitung nicht vergrößert, sondern stattdessen Speichertanks errichtet werden sollten“.

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Dies wird letztlich auch durch ein in den Verwaltungsakten des Beklagten vorhandenes Ergebnisprotokoll vom 05. Oktober 2009 über einen Termin zur Abstimmung der technischen Ausführung der erforderlichen Löschwasserversorgung bestätigt. Diese Gegebenheiten sprechen daher gegen die von der Beklagtenseite vertretene Annahme, dass die von der Klägerin in Eigenregie durchgeführte Maßnahme zu diesem Zeitpunkt nicht dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (des Beklagten) entsprochen habe.

41

Aber selbst wenn man von einem entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn ausginge, so wäre vorliegend gleichwohl ein Anspruch aus öffentlichen-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag nicht ausgeschlossen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. Urteil vom 06. September 1988 – 4 C 5/86 -, NJW 1998, 922) ist in solchen Fällen § 679 BGB entsprechend anwendbar, wonach der entgegenstehende Willen des Geschäftsherrn unbeachtlich ist, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt würde. Die Pflicht des Beklagten zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung in dem hier in Rede stehenden Umfang hat der Senat in dem oben zitierten Urteil (Az.: 1 A 10588/10.OVG) festgestellt. Die alsbaldige Erfüllung dieser Pflicht lag hier insbesondere deshalb im öffentlichen Interesse, weil ansonsten bei einem Brandfall eine Katastrophe in der Jugendhilfeeinrichtung nicht auszuschließen war, wovon nach Aktenlage die Verfahrensbeteiligten offenbar auch selbst ausgegangen sind und sich deshalb darüber einig waren, dass dieses Problem zeitnah behoben werden sollte.

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Lässt sich der von der Kläger geltend gemachte Erstattungsanspruch mithin dem Grunde nach auf eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag stützen, so ist daneben als Anspruchsgrundlage auch ein allgemeiner öffentlicher-rechtlicher Erstattungsanspruch, den das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

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Diese Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch kann entgegen der Ansicht des Beklagten hier durchaus eingreifen und ist nicht von vorneherein durch die Möglichkeit eines Anspruchs aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1999 - 7 A 1/98 -, NVwZ 2000, 433; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25. Januar 1990 - 1 OVG A 115/88 -, juris). Ebenso wenig lässt sich aus dem von dem Beklagten zitierten Urteil des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 20. Juni 1963 - VII ZR 263/61 -, BGHZ 40, 28) ein solcher Ausschluss entnehmen.

44

Der somit hier nicht von vorneherein ausgeschlossene öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch greift immer dann ein, wenn innerhalb öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Er entspricht daher in Tatbestand und Rechtsfolge grundsätzlich dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch und setzt voraus, dass zu Lasten des Anspruchsberechtigten eine Vermögensverschiebung eingetreten ist, für die ein Rechtsgrund fehlt (s. BVerwG, Urteil vom 17. August 2011 – 6 C 9/10 – NVwZ 2012, 168). Vorliegend hat eine auszugleichende Vermögensverschiebung durch ein von der Klägerin vorgenommenes fremdes Geschäft – nämlich die Erfüllung der Pflicht des Beklagten zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung für die Einrichtung der Klägerin in dem im Tenor des Senatsurteils vom 11. November 2010 genannten Umfang – stattgefunden. Zweifelhaft könnte allenfalls sein, ob diese Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund erfolgt ist, weil gegebenenfalls als Rechtsgrundlage für die Vermögensverschiebung die nach obigen Ausführungen gegebene Geschäftsführung ohne Auftrag anzusehen sein könnte. Diese Frage bedarf aber letztlich keiner abschließenden Entscheidung. Denn entweder liegen die Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vor mit der Folge, dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch eingreift, oder es ist ein Erstattungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag dem Grunde nach anzuerkennen, mit der Folge, dass es eines zusätzlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches nicht bedarf.

45

Besteht mithin in jedem Fall ein Erstattungsanspruch der Klägerin bezüglich der Kosten der inzwischen errichteten Löschwassertankanlage dem Grunde nach, so ist dieser Anspruch auch hinsichtlich der geltend gemachten Höhe unstreitig. Denn der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 23. November 2011 erklärt, dass er die Höhe der Rechnung nicht anzweifele. Zudem hat er nach den unbestrittenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil auch erklärt, die Einzelheiten der technischen Vorrichtungen seien unstreitig.

46

Soweit im Berufungsverfahren von dem Beklagten letztlich bezweifelt wird, ob er genau die von der Klägerin errichtete Wasserbevorratungsanlage im Hinblick auf die ihm aus § 46 Abs. 1 LWG obliegenden Verpflichtung hätte erstellen müssen, ist dieses Vorbringen unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles unbeachtlich. Denn die hier streitige Maßnahme wurde ausweislich der Verwaltungsakte unter den Beteiligten im Wesentlichen abgestimmt. Insbesondere wurde unter dem Druck des wachsenden Gefahrenrisikos ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 04. Juni 2009 einvernehmlich besprochen, dass die Klägerin im Vorfeld des durchzuführenden Klageverfahrens bezüglich des Anspruchs auf die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Löschwasserversorgung die entsprechenden Maßnahmen in Auftrag geben und finanzieren sollte. Gegen die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Maßnahmen (Löschwassertanklösung), die nach Aktenlage dem Beklagten bekannt waren, hat letzterer keine Einwände erhoben. Angesichts dessen kann den nunmehr insoweit geäußerten Bedenken des Beklagten im Hinblick auf den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht gefolgt werden.

47

Diesem somit bestehenden Erstattungsanspruch in Höhe von 121.739,44 € kann auch nicht ein Ausgleichsanspruch des Beklagten aus § 46 Abs. 4 LWG im Rahmen eines Arglisteinwands entgegen gehalten werden. Denn ein solcher Ausgleichsanspruch besteht derzeit nicht.

48

Nach § 46 Abs. 4 Satz 2 LWG kann ein finanzieller Ausgleich für die Bau- und Folgekosten von Anlagen verlangt werden, sofern zur Versorgung eines Abnehmers besondere oder größere Anlagen erforderlich werden. Dies gilt auch nach Satz 3 für die Löschwasserversorgung, soweit über den Grundschutz hinaus ein besonderer objektbezogener Brandschutz erforderlich ist. Bei der Frage, in welchem Umfang die hierfür erforderlich gehaltene Löschwasserversorgung über den Grundschutz hinaus einem besonderen objektbezogenen Brandschutz zuzuordnen ist, kann die technische Regel des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) im Arbeitsblatt W 405 vom Juli 1978 als Orientierungshilfe herangezogen werden. Ziffer 2.1 dieses Regelwerkes definiert den Grundschutz als Brandschutz für Wohngebiete, Gewerbegebiete, Mischgebiete und Industriegebiete ohne erhöhtes Sach- oder Personenrisiko, während nach Ziffer 2.2 der Objektschutz sich als ein darüber hinausgehender, objektbezogener Brandschutz für Objekte mit erhöhtem Brandrisiko, für Objekte mit erhöhtem Personenrisiko und für sonstige Einzelobjekte darstellt.

49

Vorliegend lässt sich nicht ohne weiteres ausschließen, dass es sich bei der Jugendhilfeeinrichtung der Klägerin um ein Objekt mit erhöhtem Personenrisiko handelt (Ziffer 2.2 Buchstabe b) des Arbeitsblattes W 405). Hierfür könnte insbesondere sprechen, dass in der Einrichtung ca. 70 Jugendliche wohnen und dort etwa 140 Beschäftigte arbeiten. Dieser Einschätzung ist in der mündlichen Verhandlung der kaufmännische Direktor der Klägerin mit dem Hinweis entgegen getreten, dass die Jugendlichen in Einzelgruppen untergebracht seien und dies daher nicht mit den in Ziffer 2.2 Buchstabe b) beispielhaft aufgezählten Objekten vergleichbar sei. Somit wird sich die Frage, ob hier dennoch ein besonderer objektbezogener Brandschutz erforderlich ist, nicht ohne nähere Ermittlung der genauen Ausgestaltung der Jugendhilfeeinrichtung klären lassen. Auch hinsichtlich des Umfangs eines solchen objektbezogenen Brandschutzes im Vergleich zu dem von dem Beklagten zu gewährleistenden Grundschutz bedarf es weiterer Aufklärung durch Einholung von Auskünften der für den Brandschutz zuständigen Behörde. Ohne dies hier letztlich verbindlich festlegen zu wollen, spricht angesichts der Richtwerttabelle für den Löschwasserbedarf unter Ziffer 4.5 des Arbeitsblattes W 405 einiges dafür, dass der objektbezogene Brandschutz in etwa 50 % der erforderlichen Löschwasserleistung beträgt. Der vorstehend erwähnten Ermittlung bedarf es im vorliegenden gerichtlichen Verfahren jedoch nicht, da dies alles hier dahinstehen kann. Denn mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der Beklagte als zuständiger Wasserversorgungsträger hierüber eine Ermessensentscheidung herbeiführen (vgl. § 46 Abs. 4 Satz 2 LWG, wonach ein finanzieller Ausgleich verlangt werden „kann“) und dementsprechend gegenüber der Klägerin zumindest einen (bezifferten) anteiligen Ausgleich für die „Mehrkosten“ eines objektbezogenen Brandschutzes geltend machen muss. Daran fehlt es aber vorliegend unstreitig. Daher hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zu Recht zur Zahlung des eingeklagten Betrages von 121.739,44 € verurteilt.

50

Demgegenüber sind die Prozesszinsen nicht – wovon das Verwaltungsgericht ausgeht – schon ab dem 06. Juli 2010, sondern erst ab dem 25. März 2011 zu zahlen. Nach § 291 BGB hat der Schuldner eine Geldschuld von Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Der vom Verwaltungsgericht angenommene Zeitpunkt betrifft die im Verfahren 1 A 10588/10.OVG eingetretene Rechtshängigkeit, die jedoch mit dem dazu ergangenen rechtskräftigen Urteil endete, in welchem die entsprechende Leistungsklage als unzulässig zurückgewiesen wurde. Erst mit der am 25. März 2011 eingegangenen erneuten Klage im vorliegenden Verfahren (1 A 11488/11.OVG) wurde die Rechtshängigkeit des in Rede stehenden Erstattungsbetrages erneut begründet mit der Folge, dass Prozesszinsen erst ab diesem Zeitpunkt zu gewähren sind. Insoweit bedarf das Urteil des Verwaltungsgerichts daher einer Korrektur, die jedoch im Hinblick auf das insoweit nur geringfügige Obsiegen des Beklagten kostenmäßig nicht zu berücksichtigen ist.

51

Die Kostenfolge ergibt sich daher aus § 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

52

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.

53

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

54

Beschluss

55

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 121.739,44 € festgesetzt (§§ 63 Abs.2, 52 Abs. 3 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 31. Mai 2012 - 1 A 11488/11

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 6 C 9/10

bei uns veröffentlicht am 17.08.2011

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf einer Mobilfunklizenz und eines Frequenzzuteilungsbescheides, die ihr im Anschluss an ein Versteigerungsverfahre

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Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf einer Mobilfunklizenz und eines Frequenzzuteilungsbescheides, die ihr im Anschluss an ein Versteigerungsverfahren erteilt worden waren, und begehrt die Rückzahlung des von ihr entrichteten Versteigerungspreises.

2

Im Jahr 2000 nahm die damals noch unter anderem Namen firmierende Klägerin an einem von der damaligen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post - jetzt Bundesnetzagentur - durchgeführten Verfahren zur Versteigerung von Lizenzen für UMTS/IMT-2000 (Universal Mobile Telecommunications System/International Mobile Telecommunications 2000) teil. Zuvor war durch Allgemeinverfügung der Regulierungsbehörde vom 10. Mai 1999 (Vfg. 51/1999, ABl RegTP S. 1519) angeordnet worden, dass die Vergabe der - wegen des verfügbaren Frequenzspektrums zahlenmäßig beschränkten - Lizenzen im Wege eines Versteigerungsverfahrens durchgeführt werde. Durch zwei weitere Allgemeinverfügungen vom 18. Februar 2000 (Vfg. 13/2000, ABl RegTP S. 516 und Vfg. 14/2000, ABl RegTP S. 564) waren die Vergabebedingungen und die Versteigerungsregeln festgelegt worden.

3

Die Regulierungsbehörde erteilte der Klägerin mit Bescheiden vom 17. und 18. August 2000 den Zuschlag für die Erteilung einer bundesweiten UMTS-Lizenz mit einer Frequenzausstattung von zwei Frequenzblöcken zu je 2 x 5 MHz (gepaart) zu einem Zuschlagspreis von 8.408.706.278,15 € sowie einem Frequenzblock von 1 x 5 MHz (ungepaart) zu einem Zuschlagspreis von 62.735.513,82 €. Durch Bescheid vom 18. August 2000 setzte die Regulierungsbehörde gegenüber der Klägerin den Gesamtbetrag fest.

4

Am 6. September 2000 erteilte die Regulierungsbehörde der Klägerin eine bis zum 31. Dezember 2020 befristete Lizenz zum Betrieb von Übertragungswegen für das Angebot von Mobilfunkdienstleistungen. In Teil B enthält die Lizenzurkunde u.a. folgende Bestimmungen:

"4.1 Die Lizenznehmerin ist verpflichtet, für das Angebot von UMTS/IMT-2000-Mobilfunkdienstleistungen einen Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 25 % bis zum 31.12.2003 und von mindestens 50 % bis zum 31.12.2005 herzustellen. ...

4.2 Die zur Bestimmung der Versorgungspflicht erforderlichen Parameter werden der Lizenz im Wege einer nachträglichen Auflage nach § 8 Abs. 2 TKG beigefügt.

4.3 Die Versorgungsverpflichtung nach Punkt 4.1 gilt unter der Voraussetzung, dass die entsprechenden Spezifikationen des von der Lizenznehmerin gewählten UMTS/IMT-2000-Standards rechtzeitig vor Aufnahme des Dienstes in ausreichender Stabilität zur Verfügung stehen und entsprechende Technik am Markt verfügbar ist."

5

Ferner war in der Lizenz der Widerruf für den Fall vorgesehen, dass die Klägerin ihren Verpflichtungen nicht nachkam. Mit Frequenzzuteilungsbescheid vom 26. Juni 2002 teilte die Regulierungsbehörde der Klägerin die betreffenden Frequenzen zu.

6

In der zweiten Jahreshälfte 2002 gaben die Gesellschafter der Klägerin, die (spanische) ... und die (finnische) ..., bekannt, ihre UMTS-Aktivitäten in Deutschland bis auf Weiteres einzustellen. Die Klägerin beendete ihre mit dem Unternehmen ... vereinbarte Kooperation über den Aufbau einer gemeinsamen UMTS-Infrastruktur, gab ihre Tätigkeit als Diensteanbieterin auf und entließ den größten Teil ihrer Belegschaft. Nachdem sie weder zum Stichtag 31. Dezember 2003 noch danach irgendeine Versorgungsaktivität entwickelt hatte, widerrief die Regulierungsbehörde nach vorheriger Anhörung durch Bescheid vom 15. Dezember 2004 die der Klägerin erteilten Lizenzrechte sowie den Frequenzzuteilungsbescheid. Zur Begründung berief sie sich auf die Nichterfüllung der der Klägerin in Teil B Nr. 4.1 der UMTS-Lizenz auferlegten Versorgungsverpflichtung. Der Vorbehalt im Teil B Nr. 4.3 stehe nicht entgegen, weil sowohl der UMTS/IMT-2000-Standard als auch die entsprechende Technik bereits vor dem 31. Dezember 2003 in ausreichender Weise und Stabilität zur Verfügung gestanden hätten. Unter Berücksichtigung des Ziels der Sicherstellung einer effizienten Nutzung der Frequenzen sei der Widerruf der Lizenz wie auch des Frequenzzuteilungsbescheides erforderlich und angemessen. Durch Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005 wies die Regulierungsbehörde den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2004 zurück.

7

Bereits zuvor hatte die Klägerin mit Schreiben vom 11. März 2005 bei der Regulierungsbehörde beantragt, für den Fall der Bestandskraft des Widerrufs die sie betreffenden Zuschlagsbescheide sowie den Zahlungsfestsetzungsbescheid rückwirkend aufzuheben. Mit weiterem Schreiben vom 21. Juni 2005 beantragte sie, den von ihr entrichteten Zuschlagspreis von ca. 8,4 Mrd. € - gegebenenfalls nach Rücknahme bzw. Widerruf der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides - zu erstatten. Diese Anträge wurden von der Regulierungsbehörde nicht beschieden.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung des Widerrufsbescheids sowie auf Erstattung des Zuschlagspreises nebst Zinsen - hilfsweise in Verbindung mit der Rücknahme bzw. dem Widerruf der Zuschlagsbescheide sowie des Zahlungsfestsetzungsbescheides - abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen; zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerruf sei rechtmäßig, da die Klägerin ihrer Versorgungsverpflichtung nicht nachgekommen sei. Die maßgeblichen technischen Bedingungen seien, wenn nicht schon zum Jahresende 2003, so doch jedenfalls in der ersten Hälfte des Jahres 2004 erfüllt gewesen. Aufforderungen zur Pflichterfüllung seien, obschon dem Widerruf tatsächlich vorausgegangen, unter den gegebenen Umständen wegen offenkundig fehlender Erfolgsaussicht entbehrlich gewesen. Der Widerruf sei in der Gestalt des ihn bestätigenden Widerspruchsbescheides ermessensfehlerfrei, da er auch unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Schutzes der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG nicht das Maß des Zumutbaren überschreite. Ohne Erfolg bleibe ferner das Rückzahlungsbegehren der Klägerin. Der Rechtsgrund für die bewirkte Vermögensverschiebung liege in den Zuschlagsbescheiden und in dem Zahlungsfestsetzungsbescheid, die sich nicht infolge des Widerrufs der Lizenzrechte und des Frequenzzuteilungsbescheides erledigt hätten. Die für den Widerruf ursächlichen Umstände seien ausschließlich von der Klägerin zu vertreten, die daher auch keinen Anspruch auf nachträgliche Aufhebung der ihre Zahlungspflicht regelnden Bescheide habe.

9

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision im Wesentlichen geltend gemacht: Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Lizenz und des Frequenzzuteilungsbescheides hätten nicht vorgelegen; insbesondere habe sie nicht gegen eine ihr auferlegte Versorgungspflicht verstoßen. Diese Pflicht sei niemals entstanden, nachdem die Bedingungen des sog. Technikvorbehaltes gemäß Teil B Nr. 4.3 der Lizenz jedenfalls bis zum 31. Dezember 2003 nicht erfüllt gewesen seien. Abgesehen davon sei sie, die Klägerin, nach dem Zeitpunkt des etwaigen Eintritts ihrer Verpflichtung auch nicht wiederholt zur Erfüllung aufgefordert und es sei ihr keine Nachfrist gesetzt worden. Zudem leide der Widerruf der Lizenz und des Frequenzzuteilungsbescheides an Ermessensfehlern, da er im Lichte der grundrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG zur Verfolgung des gesetzlich vorgesehenen Zweckes ungeeignet, nicht erforderlich und darüber hinaus auch unangemessen gewesen sei. Die Beklagte habe den gezahlten Zuschlagspreis in Höhe von ca. 8,4 Mrd. € zu erstatten, weil die Zuschlagsbescheide und der Zahlungsfestsetzungsbescheid von Anfang an rechtswidrig gewesen seien. Die seinerzeit maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen über das Versteigerungsverfahren hätten ebenso gegen Gemeinschaftsrecht und deutsches Verfassungsrecht verstoßen wie die konkrete Durchführung der hier in Rede stehenden Auktion. Aufgrund der Schwere der Rechtsverstöße sei das Rücknahmeermessen der Beklagten auf Null reduziert, womit zugleich der Rechtsgrund für die öffentlich-rechtliche Vermögensverschiebung in Gestalt des Zuschlagspreises entfalle. Sollte der auf Aufhebung des Widerrufsbescheides gerichtete Klageantrag unbegründet sein, stehe ihr der geltend gemachte Erstattungsanspruch zudem auch deshalb zu, weil sich die Zuschlagsbescheide und der Zahlungsfestsetzungsbescheid mit dem Widerruf der Lizenz erledigt hätten oder jedenfalls aufgehoben werden müssten. Zumindest bestehe ein anteiliger Anspruch auf Erstattung desjenigen Versteigerungserlöses, den die Beklagte durch die im Jahre 2010 abgeschlossene Zweitversteigerung der ihr entzogenen Frequenzen erlangt habe.

10

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile der Vorinstanzen

I.

den Widerrufsbescheid der Regulierungsbehörde vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2005 aufzuheben;

II.

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.471.441.791,98 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten, hilfsweise von 5 Prozentpunkten, über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die an sie gerichteten Bescheide der Regulierungsbehörde

a) "Ersteigerung einer Lizenz für Mobilkommunikation der dritten Generation UMTS/IMT-2000; Zuschlag im ersten Versteigerungsabschnitt" vom 17. August 2000,

b) "Ersteigerung zusätzlicher Frequenzen für Mobilkommunikation der dritten Generation UMTS/IMT-2000; Zuschlag im zweiten Versteigerungsabschnitt" vom 18. August 2000 und

c) "UMTS/IMT-2000-Versteigerung; Zahlungsfestsetzung" vom 18. August 2000

rückwirkend zu dem Zeitpunkt, an dem der jeweilige Bescheid wirksam wurde, zurückzunehmen, hilfsweise zu widerrufen, und die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.471.441.791,98 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten, hilfsweise von 5 Prozentpunkten, über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie verteidigt die ergangenen Bescheide sowie die angefochtenen Urteile.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich, auch soweit es mit Bundesrecht nicht in Einklang steht, jedenfalls im Ergebnis in vollem Umfang als zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO).

14

Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen, denn sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Widerruf der Lizenzrechte und des Frequenzzuteilungsbescheides hält der Überprüfung stand (1). Zudem steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung des Zuschlagspreises weder isoliert (2) noch in Verbindung mit einem Anspruch auf Aufhebung der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides zu (3).

15

1. Der Klageantrag zu I. bleibt ohne Erfolg. Denn der Bescheid der Regulierungsbehörde vom 15. Dezember 2004 in Gestalt des ihn bestätigenden Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Widerruf der Lizenzrechte und des Frequenzzuteilungsbescheides findet seine Grundlage in § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 - TKG 2004 -, wonach die Frequenzzuteilung widerrufen werden kann, wenn einer daraus resultierenden Verpflichtung trotz wiederholter Aufforderung nicht nachgekommen wird.

16

a) Unter den Begriff der Frequenzzuteilung in diesem Sinne fallen nicht nur Frequenzzuteilungen nach neuem Recht, sondern auch solche nach dem früheren Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 - TKG 1996 -. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 150 Abs. 4 TKG 2004 gelten die mit der Vergabe der damals erteilten Frequenznutzungs- und Lizenzrechte verbundenen Rechte und Verpflichtungen fort. Da das frühere Recht zwischen der Lizenz für den Betrieb von Übertragungswegen (§§ 6, 8 TKG 1996) und der Frequenzzuteilung (§ 47 TKG 1996) unterschied, stellt § 150 Abs. 4 TKG 2004 klar, dass die den Anspruch auf Frequenznutzung gestaltenden Teile der Lizenz und die anschließende Frequenzzuteilung alten Rechts als Frequenzzuteilung im Sinne des neuen Rechts zu behandeln sind (s. BTDrucks 15/2316 S. 107; Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 63 Rn. 5; Mayen, ebd., § 150 Rn. 30).

17

b) Aus der hier in Rede stehenden Frequenzzuteilung, nämlich den der Lizenzurkunde in Teil B Nr. 4.1 beigefügten Frequenznutzungsbedingungen, ergab sich für die Klägerin die Verpflichtung, mit dem Angebot von Mobilfunkdienstleistungen einen Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 25 % bis zum 31. Dezember 2003 und von mindestens 50 % bis zum 31. Dezember 2005 herzustellen. Diese Verpflichtung war entgegen der Auffassung der Klägerin ihr gegenüber entstanden. Denn die in Teil B Nr. 4.3 der Lizenzurkunde formulierte Voraussetzung, "dass die entsprechenden Spezifikationen des von der Lizenznehmerin gewählten UMTS/IMT-2000-Standards rechtzeitig vor Aufnahme des Dienstes in ausreichender Stabilität zur Verfügung stehen und entsprechende Technik am Markt verfügbar ist", lag im Zeitpunkt des Widerrufs vor.

18

(aa) Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass jedenfalls in der ersten Hälfte des Jahres 2004 die erwähnten Spezifikationen und die notwendige Technik - sowohl auf Netzebene als auch hinsichtlich der Endkundengeräte - für die Nutzung der von der Klägerin im ersten Versteigerungsabschnitt erworbenen (gepaarten) sog. FDD-Frequenzen zur Verfügung gestanden haben. Diese mit Revisionsrügen nicht angegriffene Feststellung bindet den Senat. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen des Technikvorbehalts bereits am 31. Dezember 2003 erfüllt waren, kam es nach der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht an. Denn es hat die Bestimmungen zu Nr. 4.1 und 4.3 dahin verstanden, dass die erstere nach Maßgabe der letzteren zu erfüllen gewesen sei, sodass sich der Zeitpunkt des Entstehens der Versorgungsverpflichtung im Fall einer technischen Verzögerung habe entsprechend verschieben sollen.

19

Der Senat kann offen lassen, inwieweit ihm nach den für die revisionsgerichtliche Auslegung eines Verwaltungsaktes entwickelten Maßstäben eine vom Verständnis des Oberverwaltungsgerichts abweichende Auslegung der lizenzrechtlichen Bestimmungen möglich wäre. Denn er teilt, soweit ihm diese Befugnis zusteht, das von der Vorinstanz gefundene Auslegungsergebnis. Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängerhorizontes (entsprechend §§ 133, 157 BGB) kam in den genannten Regelungen bei verständiger Würdigung die Absicht der Regulierungsbehörde zum Ausdruck, dass die seinerzeit nur in beschränkter Anzahl zur Verfügung stehenden Frequenzen für den UMTS-Mobilfunk effizient genutzt und die Voraussetzungen für die Aufnahme von Mobilfunkdiensten baldmöglichst - in Abhängigkeit von den notwendigen technischen Voraussetzungen - durch die Lizenznehmer geschaffen werden sollten. Von daher lag es auf der Hand, dass die erste Stufe der Versorgungsverpflichtung, falls nicht schon zum 31. Dezember 2003, so doch jedenfalls spätestens von dem Zeitpunkt der Erfüllung der technischen Voraussetzungen an rechtliche Geltung beanspruchen sollte. Dieses flexible Verständnis liegt - bezogen auf die erste Stufe - umso näher, als diese ausdrücklich nur als ein "Zwischenziel" auf dem Weg zur Erreichung des endgültigen Versorgungsgrades von 50 % am 31. Dezember 2005 konzipiert war (s. Allgemeinverfügung vom 18. Februar 2000, ABl RegTP S. 516 <540>).

20

Mit dem von der Klägerin vertretenen "Alles oder Nichts" hätte dagegen das Regulierungsziel der Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung offensichtlich nicht erreicht werden können, wenn bei der Verfügbarkeit der Technik eine auch nur geringe zeitliche Verzögerung eingetreten wäre; der Widerspruch zu den Regulierungszielen ist insoweit offensichtlich. Gegen die von den Vorinstanzen vertretene Auslegung der Versorgungsverpflichtung lässt sich auch nicht einwenden, dass diese im Falle einer Verschiebung auf den Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen der Nr. 4.3 sofort und unmittelbar "von einem Tag auf den anderen" eingetreten und so nicht zu erfüllen gewesen wäre. Abgesehen davon, dass der Technikvorbehalt auf die "rechtzeitige" technische Verfügbarkeit abhebt, konnte die damit etwa verbundene Unbestimmtheit die Lizenznehmer im Ergebnis nicht unangemessen belasten. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die der Behörde für den Fall der Nichterfüllung der Versorgungspflicht zur Verfügung stehenden Maßnahmen - nicht nur nach § 63 TKG, sondern etwa auch nach § 126 TKG - jeweils in ihrem Ermessen standen, sodass notwendige Zeitpuffer jedenfalls auf diese Weise gewährleistet waren.

21

Der Entstehung der umstrittenen Versorgungsverpflichtung stand auch nicht der Umstand entgegen, dass die Regulierungsbehörde die zur Bestimmung der Versorgungspflicht erforderlichen technischen Parameter, anders als in Teil B Nr. 4.2 der Lizenz angekündigt, gegenüber der Klägerin nicht in der Form einer nachträglichen Auflage festgelegt, sondern ihr mit einfachen Schreiben vom 19. Dezember 2003 und 15. Januar 2004 mitgeteilt hat. Wie vom Berufungsgericht zu Recht dargelegt, war die förmliche Umsetzung des Auflagenvorbehalts keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die angeordnete Versorgungspflicht. Denn der Zweck der genannten Lizenzbestimmung war ausschließlich darauf gerichtet, die nachträgliche Festlegung der erforderlichen technischen Richtgrößen zu ermöglichen, nicht aber darauf, die Versorgungsverpflichtung als solche in der Weise zu modifizieren, dass sie nur unter der Bedingung des Erlasses einer nachträglichen Auflage hätte Wirksamkeit erlangen sollen.

22

bb) Auf die Frage, ob und inwieweit technische Gründe der Nutzung der der Klägerin im zweiten Versteigerungsabschnitt zugeschlagenen (ungepaarten) sog. TDD-Frequenzen auch noch nach Ende des ersten Halbjahres 2004 entgegenstanden, kommt es für das Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen nach § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TKG nicht an. Wie das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die bestandskräftige Verfügung der Regulierungsbehörde vom 18. Februar 2000 (ABl RegTP S. 516 <548>) festgestellt hat, wurden die TDD-Frequenzen nicht als eigenständiger, von den FDD-Frequenzen losgelöster Block, sondern lediglich als Komplementärspektrum vergeben. Insoweit war die Bietmöglichkeit im zweiten Versteigerungsabschnitt von vornherein auf die erfolgreichen Teilnehmer des ersten Versteigerungsabschnitts beschränkt und diente nur der Ergänzung der Frequenzausstattung der betreffenden Lizenznehmer. Daraus folgt, dass für die Voraussetzungen des Widerrufs einheitlich auf das Entstehen der Versorgungspflicht bei den FDD-Frequenzen abzustellen ist.

23

c) Unter diesen Prämissen war die Klägerin nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ihrer zeitlich abgestuften Versorgungsverpflichtung im Zeitpunkt des Widerrufs schon auf der ersten Stufe nicht nachgekommen.

24

d) In Bezug auf Handlungspflichten wie der hier in Rede stehenden Versorgungsverpflichtung knüpft § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 TKG 2004 den Widerruf der Frequenzzuteilung an die Voraussetzung, dass der betreffenden Verpflichtung "trotz wiederholter Aufforderung" nicht nachgekommen worden ist. Die Norm erhebt damit - über den allgemeinen Widerrufstatbestand des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG hinausgehend - die Nichtbeachtung einer mindestens zweimaligen Aufforderung zum Tatbestandsmerkmal des Widerrufsgrundes. Es handelt sich um eine kodifizierte Ausprägung des Übermaßverbotes, deren Zweck in der Ermahnung und Warnung des Zuteilungsinhabers liegt (Hahn/Hartl, a.a.O. § 63 Rn. 11). Weitergehende Anforderungen ergeben sich über den Wortlaut des Gesetzes hinaus aus der Richtlinie 2002/20/EG vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste - Genehmigungsrichtlinie, GRL -, die, wie deren Art. 17 zu erkennen gibt, auch für schon bestehende Frequenznutzungsrechte Geltung beansprucht. In Art. 10 GRL sind Regeln aufgestellt, die die nationale Regulierungsbehörde zu beachten hat, wenn sie feststellt, dass ein Unternehmen Bedingungen nicht erfüllt, die an Frequenznutzungsrechte geknüpft sind. In diesem Fall gibt sie dem Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Abstellung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist, die regelmäßig einen Monat beträgt (Art. 10 Abs. 2 GRL). Stellt das Unternehmen die Mängel nicht fristgerecht ab, trifft die Regulierungsbehörde die "gebotenen, angemessenen Maßnahmen" und kann, falls diese erfolglos geblieben sind, im Falle schwerer und wiederholter Nichterfüllung dem Unternehmen die Nutzungsrechte aberkennen (Art. 10 Abs. 5 GRL). Das Rechtsanwendungsproblem, das sich daraus ergibt, dass Art. 10 GRL durch die allgemeine Befugnisnorm des § 126 TKG 2004 umgesetzt werden sollte, die aber ihrerseits als Auffangnorm nur eingreift, soweit nicht das Gesetz speziellere Regelungen enthält (s. BTDrucks 15/2316 S. 100) ist durch richtlinienkonforme Auslegung des § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TKG 2004 zu lösen (so zu Recht Kroke, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, § 63 Rn. 3).

25

Den Anforderungen, die sich daraus ergeben, wurde zwar nicht entsprochen, sie erweisen sich aber ausnahmsweise als entbehrlich. Übereinstimmend mit der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war die wiederholte Aufforderung zur Pflichterfüllung unter den hier vorliegenden besonderen Umständen ebenso verzichtbar wie eine Nachfristsetzung, weil von diesen Maßnahmen von vornherein kein Erfolg zu erwarten war: Läuft der der Mahn- und Warnfunktion innewohnende Schutzzweck ausnahmsweise leer, sodass die Verfahrenshandlungen der Beklagten auf einen reinen Formalakt hinausliefen, bedarf das Gesetz einer einschränkenden teleologischen Auslegung dahin, dass die ihres eigentlichen Sinngehaltes entleerten Zwischenschritte nicht stattfinden müssen (vgl. auch Beschlüsse vom 6. September 1991 - BVerwG 1 B 97.91 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 12 und vom 21. August 1996 - BVerwG 4 B 100.96 - Buchholz 345 § 14 VwVfG Nr. 1).

26

Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass im Zeitpunkt der Entstehung des ersten Teils der Versorgungsverpflichtung (spätestens) in der ersten Jahreshälfte 2004 die Nichterfüllung der Auflage bereits endgültig festgestanden hat, weil die Klägerin weder zum Stichtag noch danach irgendeine Versorgungsaktivität entfaltet hatte. Aus der Einstellung der Tätigkeit der Klägerin als Diensteanbieterin im vierten Quartal des Jahres 2002, der anschließenden Entlassung des größten Teils ihrer Belegschaft, der Beendigung der Kooperation mit dem Unternehmen ... sowie dem Ausbleiben einer neuen Finanzierungszusage nach der Fusion der Muttergesellschaft ... mit einem schwedischen Unternehmen hat das Oberverwaltungsgericht die tatsächliche Schlussfolgerung gezogen, dass die Klägerin weder willens noch in der Lage war, ihren Versorgungsverpflichtungen nachzukommen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen, die die Klägerin nicht mit Revisionsrügen in Frage stellt, liefe es auf eine vom Gesetz nicht gewollte sinnlose Förmelei hinaus, wenn die Regulierungsbehörde dennoch gehalten gewesen wäre, ihr die Konsequenzen ihrer Untätigkeit nochmals vor Augen zu führen und sie zur Erfüllung einer Rechtspflicht aufzufordern, die sie weder erfüllen konnte noch wollte. Da die Versorgungspflicht der Klägerin selbst auferlegt war, ändert an dieser Bewertung auch der Umstand nichts, dass sie sich seinerzeit erfolglos um einen Verkauf des Unternehmens bemüht haben will.

27

Entsprechendes wie für das nationale Recht gilt auch für die Anwendung des Art. 10 GRL. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wäre auch die Festsetzung einer Nachfrist, die sich gemäß Art. 10 Abs. 2 GRL grundsätzlich an einer Monatsfrist orientiert und daher keinesfalls einer unabsehbaren Verschleppung der von dem Frequenzinhaber übernommenen Verpflichtung Vorschub leisten soll, erkennbar sinnlos gewesen. Ebenso hätte etwaigen weiteren Maßnahmen, um die Klägerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtung anzuhalten, die "Angemessenheit" gefehlt (Art. 10 Abs. 3 GRL). Unter diesen Umständen kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das Verfahren nach Art. 10 GRL berufen. Dies ergibt sich, wie vom Oberverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, jedenfalls daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die nationalen Gerichte dem Betroffenen die missbräuchliche Berufung auf eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts verwehren dürfen, soweit sie dabei die mit dieser Bestimmung verfolgten Zwecke beachten (s. EuGH, Urteile vom 2. Mai 1996 - Rs. C-206/94 - Slg. 1996, I-2357 Rn. 25, vom 9. März 1999 - Rs. C-212/97 - Slg. 1999, I-1459 Rn. 25, vom 23. März 2000 - Rs. C-373/97 - Slg. 2000, I-1705 Rn. 34 und vom 21. Februar 2006 - Rs. C-255/02 - Slg. 2006, I-1609 Rn. 68). In diesem Sinne treuwidrig ist die Argumentation der Klägerin deshalb, weil sie durch ihr eigenes Verhalten die Ursache dafür gesetzt hat, dass die von ihr vermissten, in Art. 10 GRL grundsätzlich vorgesehenen Zwischenschritte der Behörde ersichtlich sinnentleert und zwecklos gewesen wären. Dass Art. 10 Abs. 2, 3 GRL unter derartigen Umständen keine Geltung beansprucht, ist offensichtlich und bedarf nicht einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof.

28

e) Grundrechtlich geschützte Rechtspositionen der Klägerin stehen dem Widerruf der Lizenz und der auf ihr beruhenden Frequenznutzungsrechte nicht entgegen. Der Widerruf griff zwar in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht der Klägerin ein (aa); gegenüber der gleichfalls berührten Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG steht der Eigentumseingriff im Vordergrund (bb). Er war aber im Interesse des Gemeinwohls gerechtfertigt (cc).

29

aa) Die auf der UMTS-Lizenz beruhenden Frequenznutzungsrechte der Klägerin bildeten "Eigentum" im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG. Öffentlich-rechtliche Positionen genießen den Schutz der Eigentumsordnung, soweit sie nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet und das Äquivalent einer nicht unerheblichen Eigenleistung sind (stRspr des BVerfG, s. nur Beschlüsse vom 12. Februar 1986 - 1 BvR 1578/82 - BVerfGE 72, 1 <18 f.> und vom 13. Juni 2006 - 1 BvL 9/00 u.a. - BVerfGE 116, 96 <121> m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die auf der UMTS-Lizenz beruhenden Frequenznutzungsrechte stellen eine durch Eigenleistung, nämlich den im Wege des Höchstgebotes ermittelten Zuschlagspreis, für die Frequenzlaufzeit erworbene und insoweit schutzwürdige Rechtsposition dar (so auch Martini, WiVerw 2011, 1 <19 ff.>).

30

Der Einwand der Beklagten, die Zahlung des Versteigerungserlöses sei nicht Gegenleistung für die Erteilung der UMTS-Lizenz bzw. die Zuteilung der Frequenzen gewesen, weil die Versteigerung nicht der Ermittlung des objektiven Gegenwertes des eingeräumten Nutzungsrechts, sondern vielmehr der Auswahl des besten Frequenznutzers gedient habe, überzeugt nicht. Der in § 11 Abs. 4 Satz 1 TKG 1996 ausdrücklich festgelegte sog. Allokationszweck des Versteigerungserlöses als Mittel zur Bestimmung des für eine effiziente Frequenznutzung am besten geeigneten Bieters (s. auch BTDrucks 13/3609 S. 39; ebenso BTDrucks 15/2316 S. 81 zu § 61 TKG 2004) steht nicht im Gegensatz dazu, dass sich der Versteigerungserlös als eine vollständig marktgerechte Gegenleistung darstellt, sondern stützt vielmehr diesen Befund. So rechtfertigt sich die Versteigerung als Verfahren für die Verteilung eines knappen Gutes gerade daraus, dass sie dessen Marktpreis ökonomisch "richtig" bewertet (so BTDrucks 13/4438 S. 32; s. auch Storr, K&R 2002, 67 <69>; Selmer, NVwZ 2003, 1304 <1310>). Der Versteigerungserlös ist demnach der "für die jeweilige Lizenz/Frequenz zu zahlende Preis" (so auch die Wortwahl der Regulierungsbehörde bei der Anordnung der Versteigerungsregeln; s. Allgemeinverfügung vom 18. Februar 2000, ABl RegTP S. 564 <567>; zum Entgeltcharakter des Versteigerungserlöses vgl. auch EuGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - Rs. C-284/04 - Slg. 2007, I-5189 Rn. 45).

31

Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen erfüllt, die an den Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Positionen aus Art. 14 Abs. 1 GG geknüpft sind: Dass die Frequenznutzungsrechte nicht auf Dauer, sondern nur für die Laufzeit der Lizenz erworben wurden, ist ohne entscheidende Bedeutung, wie das Beispiel des Besitzrechts des Mieters zeigt (s. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 - 1 BvR 208/93 - BVerfGE 89, 1 <5 ff.>). Ebenso wenig scheitert die Anwendbarkeit des Art. 14 Abs. 1 GG an der eingeschränkten Verfügungsbefugnis des Inhabers einer (altrechtlichen) UMTS-Lizenz, die darin zum Ausdruck kommt, dass § 150 Abs. 8 TKG 2004 insoweit die - durch § 62 TKG 2004 grundsätzlich eröffnete - Möglichkeit des Frequenzhandels ausschließt. Zum einen ist eine uneingeschränkte Verfügungsbefugnis nicht Voraussetzung für den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. auch BVerfG a.a.O. zum Besitzrecht des Mieters). Zum anderen geht die Beklagte selbst davon aus, dass § 150 Abs. 8 TKG 2004 der Frequenzübertragung im Wege der Rechtsnachfolge nach § 55 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 TKG 2004 nicht entgegensteht, falls der Erwerber die Voraussetzungen für eine Frequenzzuteilung erfüllt, eine Verzerrung des Wettbewerbs nicht zu besorgen und eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung gewährleistet ist (so auch: Geppert, in: BeckTKG, 3. Aufl. 2008, § 62 Rn. 15; Kroke, a.a.O. § 55 Rn. 55; a.A. insoweit Martini, a.a.O. S. 22; zur Abgrenzung zwischen der Frequenzübertragung nach § 55 Abs. 7 und dem Frequenzhandel nach § 62 TKG s. auch Mitteilung 152/2005, ABl RegTP S. 1021).

32

bb) Soweit die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) durch den Widerruf der Frequenznutzungsrechte gleichfalls berührt ist, tritt sie hinter den Eigentumsschutz zurück. Dies gilt zumal deshalb, weil die Lizenz, die die Grundlage der Berufsausübung der Klägerin hätte bilden sollen, im Zeitpunkt des Widerrufs faktisch ungenutzt war.

33

cc) Der mit dem Widerruf der Frequenznutzungsrechte verbundene Eingriff in die Eigentumsposition der Klägerin ist gerechtfertigt, denn er war geeignet (1), erforderlich (2) und angemessen (3), um die - in dem Gewährleistungsauftrag des Art. 87 f Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankerten - Regulierungsziele der Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG) sowie der Wettbewerbs- und der Investitionsförderung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG) zu erreichen.

34

(1) Der Widerruf war zur Förderung dieser Gemeinwohlbelange geeignet. Denn er schuf die Voraussetzungen für eine Neuvergabe und damit für eine effiziente Nachfolgenutzung des brachliegenden Frequenzspektrums. Soweit die Klägerin dem entgegenhält, die Regulierungsbehörde selbst habe in ihrer Bekanntmachung vom 4. Mai 2005 (Vfg. 33/2005, ABl RegTP S. 782 <787>) einen Bedarf in näherer Zukunft allenfalls in den FDD-Bereichen, nicht aber in den TDD-Bereichen zu erkennen vermocht und sei in einer am 21. Dezember 2005 veröffentlichten Mitteilung (Vfg. 89/2005, ABl RegTP S. 1909 <1919>) darüber hinaus gar zu der Einschätzung gelangt, dass sich abschließende Aussagen zu Zeitpunkt und Umfang tatsächlicher Bedarfe aus der vorangegangenen Anhörung überhaupt noch nicht ableiten ließen, überspannt sie die Anforderungen an die Geeignetheit des Widerrufs. Würde dafür verlangt, dass die in Rede stehenden Frequenzen tatsächlich (aktuell) bereits am Markt benötigt werden (so wohl Wegmann, in: BerlKommTKG, 2. Aufl. 2009, § 63 Rn. 2), könnte wegen der Zeitdauer des Widerrufsverfahrens und der Rechtsunsicherheit, die vor dem bestandskräftigen Abschluss dieses Verfahrens typischerweise am Markt herrscht, eine effiziente und zeitnahe Nachfolgenutzung nicht gewährleistet werden (so zu Recht Kroke, a.a.O. § 63 Rn. 13). Daher kann die nachträgliche Entziehung von Frequenznutzungsrechten, bei denen eine bestimmungsgemäße Nutzung durch den Altinhaber weder stattfindet noch auch nur zu erwarten steht, allenfalls dann als von vornherein ungeeignet betrachtet werden, wenn auch für eine effiziente Nachfolgenutzung jegliche Anhaltspunkte fehlen. So lag es hier nicht, denn die Beklagte hat in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Widerruf das Verfahren für eine Neuvergabe der Frequenzen eingeleitet, das nach umfangreichen Vorarbeiten und im Einzelnen nicht vorhersehbaren Verzögerungen im Jahr 2010 abgeschlossen werden konnte. Da erst der Widerruf den Weg für dieses Verfahren und damit für eine effiziente Frequenznutzung frei machte, lässt sich ihm die Eignung zur Erreichung der oben bezeichneten Gemeinwohlziele nicht absprechen.

35

(2) Der umstrittene Widerruf war hierfür auch erforderlich, denn ein gleich geeignetes, aber weniger belastendes Austauschmittel stand nicht zur Verfügung. Eine Verschiebung der Versorgungspflicht wäre jedenfalls unter den hier konkret vorliegenden Umständen erkennbar nicht gleich geeignet gewesen, um dem Regulierungsziel einer effizienten Frequenznutzung näher zu kommen. Angesichts der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen und mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen, dass die Klägerin weder zum Stichtag noch danach irgendwelche Versorgungsaktivitäten entfaltet, sondern im Gegenteil durch die Entlassung des größten Teils ihrer Belegschaft ihrem Geschäft selbst die Grundlage entzogen hatte, hätte jegliche Verschiebung lediglich den frequenzordnungswidrigen Zustand verstetigt und verfestigt. Ebenso wenig hätte dieser Zustand durch eine isolierte Neuvergabe anderer, durch Verzicht freigewordener Frequenzen insgesamt behoben werden können. Soweit die Klägerin eine vorrangige Anwendung von Maßnahmen im Sinne von § 126 TKG bzw. Art. 10 GRL und von Vollstreckungsmaßnahmen nach §§ 6 ff. VwVG als angeblich mildere Mittel anmahnt, ist dem schon deshalb nicht zu folgen, weil derartige Verfahrensschritte, wie bereits erwähnt, unter den vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Umständen von vornherein keinen Erfolg versprachen.

36

(3) Bei der Abwägung der beiderseitigen Belange kann sich das Interesse der Klägerin, wie vom Berufungsgericht zu Recht dargelegt, gegen das Widerrufsinteresse der Beklagten nicht durchsetzen.

37

Auf Seiten der Beklagten besteht grundsätzlich ein erhebliches Interesse daran, ungenutztes bzw. nicht zweckentsprechend genutztes Frequenzspektrum zurückzuerlangen, um es gemäß den Regulierungszielen dem Markt für effiziente Nutzungen erneut zur Verfügung zu stellen. Dieser öffentliche Belang wird über den Infrastrukturgewährleistungsauftrag des Art. 87 f Abs. 1 GG hinaus durch das gemeinschaftsrechtliche Gebot, Funkfrequenzen so effizient wie möglich zuzuteilen (Art. 9 Abs. 1, Erwägungsgrund 19 RRL), zusätzlich verstärkt. Mag auch das Gewicht dieses Belangs unter den hier vorliegenden Umständen dadurch gemindert sein, dass für die umstrittenen Frequenzen ein aktueller Bedarf im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht feststand, ist doch der beträchtliche Zeitaufwand zu berücksichtigen, der mit dem Widerruf und der Neuzuteilung von Frequenznutzungsrechten erfahrungsgemäß verbunden ist. Hätte die Bundesnetzagentur bis zum Abschluss der Bedarfsfeststellung mit dem Widerruf zugewartet, hätte sie zwar - wegen seiner sofortigen Vollziehbarkeit (§ 137 Abs. 1 TKG 2004) - dennoch zeitnah eine Vergabeanordnung zur Neuvergabe der Frequenzen erlassen können. Bis zum rechtskräftigen Abschluss um den Widerruf geführter Rechtsstreitigkeiten wäre der Markt dann aber mit beträchtlichen Unsicherheiten belastet gewesen, die den wirtschaftlichen Wert der betreffenden Frequenzen aus der Sicht der Zuteilungsinteressenten gemindert hätten und die Beklagte auf lange Sicht zu besonderen, die effiziente Frequenznutzung einschränkenden Vorkehrungen hätten zwingen können.

38

Demgegenüber erweist sich das Bestandsinteresse der Klägerin als nicht schutzwürdig. Ihre Eigentumsposition in Bezug auf die Lizenz- und Frequenznutzungsrechte war durch die wirksame und in Bestandskraft erwachsene Versorgungsverpflichtung belastet. Diese Belastung schloss den Eigentumsschutz zwar nicht aus, begrenzte ihn aber von vornherein wesentlich (Martini, a.a.O. S. 21); sie realisierte sich zum Nachteil der Klägerin durch die in ihren Verantwortungsbereich fallende unternehmerische Entscheidung, ein UMTS-Netz nicht aufzubauen. Der von der Klägerin ins Feld geführte Gesichtspunkt, dass sie als einzige "Neueinsteigerin" auf dem deutschen Mobilfunkmarkt mit besonderen technischen und finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, vermag in der hier gegebenen Situation ihre Schutzwürdigkeit nicht zu begründen. Dies wäre anders, wenn sie Anstrengungen für den Netzaufbau unternommen hätte, die eine Erfüllung der Versorgungspflicht immerhin absehbar hätten erscheinen lassen. Wäre unter solchen Umständen ein konkreter Bedarf nach einer anderweitigen effizienten Frequenznutzung am Markt noch nicht erkennbar gewesen, hätte dies die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin erheblich beeinflussen können. So lagen die Dinge hier aber gerade nicht, da die Klägerin nach den bereits zitierten Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts weder zum Stichtag noch danach irgendwelche Versorgungsaktivitäten entwickelt, sondern diesen vielmehr selbst die Grundlage entzogen hatte. War die Klägerin dauerhaft weder willens noch in der Lage, die ihr bestandskräftig auferlegte Versorgungsverpflichtung zu erfüllen, brauchte die Beklagte diesen Zustand, der auf eine "schwere und wiederholte Nichterfüllung der an die Nutzungsrechte geknüpften Bedingungen" im Sinne von Art. 10 Abs. 5 GRL hinauslief, auch in Anbetracht der mit dem Marktzutritt typischerweise verbundenen Schwierigkeiten nicht hinzunehmen.

39

Ein im Verhältnis zu dem Widerrufsinteresse der Beklagten vorzugwürdiges Bestandsinteresse der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass sie für die widerrufenen Lizenz- und Frequenznutzungsrechte eine Gegenleistung in Höhe von ca. 8,4 Mrd. € erbracht hat. Es war die freie unternehmerische Entscheidung der Klägerin, an dem Versteigerungsverfahren teilzunehmen und für das begehrte Frequenznutzungsrecht ihr letztlich erfolgreiches Gebot abzugeben. Auch in Anbetracht der Höhe dieses Gebotes folgt aus dem bereits erwähnten Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht die Notwendigkeit, die Rechtmäßigkeit des Widerrufs an eine Entschädigung zu knüpfen. Einfachgesetzlich ist eine solche für den Fall des Widerrufs einer Frequenzzuteilung in den Fällen des § 63 Abs. 2, 3 TKG 2004 ausdrücklich ausgeschlossen. Denn § 63 Abs. 4 TKG 2004 erklärt insoweit die Regelung des § 49 Abs. 6 VwVfG, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung für den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte vorsieht, für nicht anwendbar. Bezogen auf den hier in Rede stehenden Widerrufsgrund der Nichterfüllung einer aus der Frequenzzuteilung resultierenden Verpflichtung (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TKG) folgt der Entschädigungsausschluss zudem der bereits in § 49 Abs. 6 VwVfG selbst ausgedrückten Wertung, wonach bei enttäuschter Verhaltenserwartung wegen Nichterfüllung einer mit dem Verwaltungsakt verbundenen Auflage (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG) für eine Entschädigung kein Raum ist, weil sich ein schutzwürdiges Vertrauen von vornherein nicht bilden konnte.

40

Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten verlangt der gesetzliche Entschädigungsausschluss, jedenfalls soweit ein Widerruf wegen Nichterfüllung einer aus der Frequenzzuteilung folgenden Verpflichtung in Rede steht, keine Korrektur. Der Widerruf stellt sich nicht als eine Enteignung dar, sondern er konkretisiert eine in der Entstehung der Eigentumsposition selbst angelegte Inhalts- und Schrankenbestimmung. Normen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, haben grundsätzlich ohne Geldausgleich die Substanz des Eigentums zu wahren und bedürfen allenfalls in Ausnahmefällen gesetzlicher Ausgleichsregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit, insbesondere des Vertrauensschutzes, und zur Vermeidung gleichheitswidriger Sonderopfer (BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <244>; Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512 <514>). Aus diesem Ausnahmevorbehalt lässt sich nichts zu Gunsten der Klägerin herleiten. Denn ein schutzwürdiges Vertrauen dahin, Frequenznutzungsrechte unter Verstoß gegen die das Eigentumsrecht von Anfang an begrenzende Versorgungsverpflichtung aufrechtzuerhalten, konnte schon im Ansatz nicht entstehen. Damit ist zwar nicht gesagt, dass im Falle eines Widerrufs von Frequenznutzungsrechten finanzielle Gegenansprüche des Frequenzinhabers unter allen Umständen ausgeschlossen sind. Sollte der Eigentumsschutz unter bestimmten Voraussetzungen die (anteilige) Erstattung des Versteigerungserlöses gebieten, kann dem aber durch einen Anspruch auf nachträgliche (Teil-)Aufhebung der Zahlungsfestsetzung und einen damit verbundenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hinreichend Rechnung getragen werden, ohne dass zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine spezielle gesetzliche Entschädigungsregelung erforderlich wäre.

41

2. Unbegründet ist auch der Klageantrag zu II.1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des von ihr entrichteten Zuschlagspreises. Als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch kommt nur der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht. Er entspricht in Tatbestand und Rechtsfolgen grundsätzlich dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch (Urteil vom 18. Januar 2001 - BVerwG 3 C 7.00 - BVerwGE 112, 351 <354> = Buchholz 115 Sonst. Wiedervereinigungsrecht Nr. 36; Beschluss vom 16. November 2007 - BVerwG 9 B 36.07 - Buchholz 316 § 62 VwVfG Nr. 17 Rn. 12) und setzt voraus, dass zu Lasten des Anspruchsberechtigten eine Vermögensverschiebung eingetreten ist, für die ein Rechtsgrund fehlt oder später weggefallen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

42

Den Rechtsgrund für die geleistete Zahlung bilden die beiden Zuschlagsbescheide vom 17. und 18. August 2000 sowie der Zahlungsfestsetzungsbescheid vom 18. August 2000. Die Zuschlagsbescheide enthalten neben der Zusicherung der Erteilung einer Lizenz mit einer näher bezeichneten Frequenzausstattung auch die Feststellung des Zuschlagspreises. Der zuletzt genannte Ausspruch lässt sich wiederum aufteilen in die Aufforderung zur Zahlung, die sich mit deren Bewirken erledigt hat, sowie die weitergehende Regelung, dass der einmal gezahlte Betrag dauerhaft dem Vermögen der Beklagten als Zahlungsempfängerin zugeordnet bleiben soll (vgl. auch Koenig, in: Piepenbrock/Schuster, UMTS-Lizenzvergabe, 2001, 318 <400>). Daran anknüpfend stellt sich der Zahlungsfestsetzungsbescheid als akzessorischer Verwaltungsakt dar, der das Schicksal der Zuschlagsbescheide teilt.

43

Gründe, die der Wirksamkeit dieser Bescheide von Anfang an entgegengestanden haben könnten, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Bescheide haben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht mit dem Widerruf der UMTS-Lizenz und des Frequenzzuteilungsbescheides im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG "auf andere Weise erledigt". Eine derartige Erledigung wird u.a. anerkannt bei Wegfall des Regelungsobjektes sowie in Fällen einer inhaltlichen Überholung des Verwaltungsaktes (Überblick bei Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 43 Rn. 209 ff.). Vom Wegfall des Regelungsobjektes kann etwa gesprochen werden bei betriebsbezogenen Geboten oder Erlaubnissen, wenn der Betrieb eingestellt wird, oder allgemein bei Genehmigungen bzw. Befreiungen, wenn die Genehmigungspflicht bzw. das gesetzliche Verbot, von dem freigestellt wird, wegfällt (Sachs, a.a.O., m.w.N.), ferner im Hinblick auf einen akzessorischen Verwaltungsakt, wenn der Hauptverwaltungsakt, auf den er sich bezieht, seine Wirksamkeit einbüßt (Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368 Rn. 25 = Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 1 unter Hinweis auf Müller-Terpitz, K&R 2002, 75<81 f.>). Erledigung durch inhaltliche Überholung des erlassenen Verwaltungsaktes tritt etwa ein, wenn nach einer vorläufigen später die endgültige Regelung ergeht (Urteil vom 25. März 2009 - BVerwG 6 C 3.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 2 m.w.N.), oder auch durch eine neue Sachentscheidung, die insgesamt an die Stelle der früheren Entscheidung tritt (Urteil vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - juris Rn. 13). In Anlehnung an diese Fallgruppen meint die Klägerin, die Lizenz und der auf ihr beruhende Frequenzzuteilungsbescheid seien Bezugsobjekt der in den Zuschlagsbescheiden und dem Zahlungsfestsetzungsbescheid getroffenen Regelungen; Leistung und Gegenleistung seien im Sinne des Äquivalenzprinzips derart verknüpft, dass der Wegfall des Bezugsobjektes zur Erledigung der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides führe. Dem ist nicht zu folgen.

44

Die Erlöse aus einer Frequenzversteigerung müssen sich allerdings am Äquivalenzprinzip messen lassen. Das folgt daraus, dass es sich um die besondere Form einer nichtsteuerlichen Abgabe handelt (s. auch BVerfG, Urteil vom 28. März 2002 - 2 BvG 1/01 u.a. - BVerfGE 105, 185 <193>); Abgaben nichtsteuerlicher Art dürfen nicht "voraussetzungslos" auf die allgemeine Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners zur Finanzierung von Gemeinlasten zugreifen, sondern bedürfen dem Grunde wie der Höhe nach einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die den bloßen Einnahmeerzielungszweck ergänzt oder ersetzt (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 413/88 u.a. - BVerfGE 93, 319 <347>; Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108, 1 <13 ff., 17>). Die Rechtfertigung für den Versteigerungserlös ergibt sich aus dem in § 11 Abs. 4 Satz 1 TKG 1996 festgelegten Allokationszweck, der ihn, wie schon erwähnt, als eine vollständig marktgerechte, d.h. äquivalente Gegenleistung für das eingeräumte Frequenznutzungsrecht ausweist.

45

Welche Anforderungen sich aus dem Äquivalenzprinzip im Einzelnen ergeben, hängt von der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung der betreffenden Abgabe ab (für die herkömmlichen Vorzugslasten Gebühr und Beitrag differenzierend etwa: Urteil vom 30. April 2003 - BVerwG 6 C 5.02 - NVwZ 2003, 1385 einerseits, Urteil vom 25. August 2010 - BVerwG 8 C 40.09 - VersR 2011, 94 Rn. 35 andererseits). Mit der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Äquivalenzprinzips auf das Verhältnis der ersteigerten Frequenznutzungsrechte zum Versteigerungserlös ist insbesondere nicht gesagt, dass die Äquivalenz stets konkret, also bezogen auf die andauernde individuelle Nutzungsmöglichkeit des Inhabers, bemessen werden muss. Die Klägerin übersieht bei ihrer Argumentation den in anderem Zusammenhang bereits hervorgehobenen Umstand, dass die Lizenz und die ihr entsprechende Frequenzzuteilung von vornherein mit der Einschränkung belastet waren, dass von ihnen nur Gebrauch gemacht werden durfte, wenn die Klägerin der korrespondierenden, im Gemeinwohlinteresse auferlegten Versorgungsverpflichtung Rechnung trug. Diese Versorgungsverpflichtung wirkte sich auf beide Seiten der Äquivalenzbeziehung aus, da sie einerseits das der Klägerin "geleistete", in der Lizenz verkörperte Eigentumsrecht einschränkte und andererseits - bei ökonomischer Betrachtung - Teil der Gegenleistung war, indem sie den monetären Versteigerungsertrag minderte (Martini, a.a.O. S. 6 f.) und auf diese Weise dem in § 11 Abs. 4 Satz 1 TKG 1996 festgelegten Allokationszweck Rechnung trug.

46

Zu dem Allokationszweck stünde es in einem unauflösbaren Widerspruch, wenn der im Versteigerungsverfahren erfolgreiche Bieter unter Berufung auf das Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung die Erstattung des Versteigerungserlöses ganz oder teilweise erzwingen könnte, indem er durch Verstoß gegen die Zuteilungsbedingungen den Widerruf der Lizenz und der Frequenzzuteilung veranlasst. Die Möglichkeit des Bieters, durch eigenes pflichtwidriges Verhalten nachträglich die Rechtsgrundlage des Versteigerungspreises zu beseitigen, würde eine am Effizienzprinzip orientierte Preisbildung erschweren oder gar verhindern, weil sie im Gegenteil dazu verleiten würde, mit Spekulationsabsicht an der Auktion teilzunehmen. Von daher entspricht es nicht nur der ökonomischen Logik des Versteigerungsverfahrens, sondern auch - und vor allem - dem Normzweck des § 11 Abs. 4 Satz 1 TKG 1996, das Verwendungsrisiko für die ersteigerten Frequenzen dem erfolgreichen Bieter zu überantworten. Mit der Zahlung des festgesetzten Zuschlagspreises wird somit nicht ein während der gesamten Lizenzlaufzeit konkret fortbestehender Nutzungsvorteil abgegolten, sondern vielmehr die durch die Zuweisung abstrakt eröffnete, d.h. bei pflichtgemäßem Verhalten erzielbare Nutzungsmöglichkeit. Verantwortet der Lizenzinhaber durch sein eigenes Verhalten den vorzeitigen Entzug der Lizenz, führt dieser Verlust als solcher mithin nicht zu einer Störung der Äquivalenzbeziehung (so zu Recht Martini, a.a.O. S. 14 ff.). Er bewirkt daher nicht die Erledigung der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides und beseitigt nicht den Rechtsgrund für den gezahlten Zuschlagspreis.

47

3. Schließlich steht der Klägerin auch der mit dem Klageantrag zu II.2 verfolgte Erstattungsanspruch in Verbindung mit einem Anspruch auf Rücknahme (a) bzw. Widerruf (b) der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides nicht zu.

48

a) Die Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG setzt voraus, dass die betreffenden Bescheide von Anfang an rechtswidrig waren. Daran fehlt es hier.

49

Die von der Klägerin vermisste gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Bescheide fand sich in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG 1996; danach entschied die Regulierungsbehörde u.a. in den Fällen des § 11 durch Verwaltungsakt der Beschlusskammer. In § 11 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 TKG 1996 war als Regelform des Vergabeverfahrens das Versteigerungsverfahren vorgesehen, das die Festsetzung des Zuschlagspreises notwendigerweise umfasst.

50

Soweit die Klägerin die genannten Bescheide unter Hinweis auf ein von ihr vorgelegtes Rechtsgutachten (v. Danwitz, Zahlungsansprüche nach dem Widerruf einer telekommunikationsrechtlichen Lizenz und eines Frequenzzuteilungsbescheides, 2005) deshalb für rechtswidrig hält, weil sowohl die gesetzliche Festlegung des Versteigerungsverfahrens als Regelvergabeverfahren als auch die konkrete Ausgestaltung der hier umstrittenen Auktion gegen Gemeinschaftsrecht und gegen nationales Verfassungsrecht verstoßen hätten, kann der Senat dem schon im rechtlichen Ansatz nicht folgen. Denn das "Ob" und das "Wie" der UMTS-Versteigerung waren Gegenstand vorangegangener in der Form von Verwaltungsakten erlassener Regelungen, die ihrerseits schon vor Erlass der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides Bestandskraft erlangt hatten.

51

Im Vorfeld der UMTS-Versteigerung hatte die Regulierungsbehörde mit Verfügung vom 10. Mai 1999 (ABl RegTP S. 1519) eine Entscheidung über die Beschränkung der Anzahl der Lizenzen (§ 10 TKG 1996), die Wahl des Vergabeverfahrens und die Festlegung von Rahmenregelungen für die Durchführung des Verfahrens nach § 11 Abs. 1 TKG 1996 getroffen; darin hatte sie unter anderem festgelegt, dass die Vergabe im Wege eines Versteigerungsverfahrens erfolgt. Durch zwei weitere Verfügungen vom 18. Februar 2000 (ABl RegTP S. 516 und S. 564) hatte sie die Vergabebedingungen gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 TKG 1996, u.a. über die Voraussetzungen für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren und die Lizenzbestimmungen einschließlich des räumlichen Versorgungsgrades bei der Frequenznutzung, sowie die Versteigerungsregeln (§ 11 Abs. 4 Satz 3 TKG 1996) festgelegt. Alle drei Entscheidungen waren ausdrücklich als Allgemeinverfügungen bezeichnet und entsprechend der Vorgabe des § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG 1996, nach der die Beschlusskammerentscheidungen in den Fällen des § 11 TKG durch Verwaltungsakt ergehen, mit Rechtsmittelbelehrungen versehen. Auch in materieller Hinsicht genügten die Entscheidungen den Anforderungen an Verwaltungsakte als Allgemeinverfügungen im Sinne von § 35 Satz 2 Alt. 1 VwVfG, nämlich von "konkret-generellen" Regelungen, die sich aus einem konkreten Vergabeanlass an einen noch unbestimmten, aber bestimmbaren Personenkreis richteten (s. auch Urteile vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 - a.a.O. Rn. 13, 24 f., vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 - juris Rn. 12 sowie vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - juris Rn. 12 ff.).

52

Für Allgemeinverfügungen der hier in Rede stehenden Art hat der Senat entschieden und hält daran fest, dass ihnen auch und gerade die den Verwaltungsakt zentral kennzeichnende Rechtsfolge, die Bestandskraft, zukommt (Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 - a.a.O. im Anschluss an Müller-Terpitz, K&R 2002, 75 <77>). Einer gesonderten Anfechtung, die hier unterblieben war, hätte § 44a Satz 1 VwGO, nach dem Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, nicht entgegengestanden. Das Telekommunikationsrecht folgt insoweit nicht dem Modell der Rechtsschutzkonzentration, wie es dem § 44a VwGO zugrunde liegt, sondern dem Modell des gestuften Verfahrens, in welchem das zu bewältigende Gesamtproblem phasenweise abgearbeitet und konkretisiert wird, wobei die jeweils vorgelagerten Stufen das sachliche Fundament für die nachfolgenden Verfahrensschritte bilden (zur Vereinbarkeit einer derartigen Verfahrensstufung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG s. auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - juris Rn. 102). Der Einwand der Klägerin, eine vorherige Klageerhebung sei ihr unzumutbar gewesen, bezieht sich auf eine etwaige Anfechtung der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides, die ihr in der Tat wenig naheliegend erscheinen mussten. Die Klägerin übersieht aber, dass sie bereits die Anordnung des Versteigerungsverfahrens sowie die Ausgestaltung der Vergabebedingungen und der Versteigerungsregeln hätte anfechten müssen, wenn sie der Meinung war, dass nur eine Vergabe in einem anderen Verfahren als dem Versteigerungsverfahren oder nur nach anderen als den festgelegten Regeln rechtmäßig gewesen wäre. Da sie dies unterlassen hat, standen die Versteigerung als Vergabemodus und ihre nähere inhaltliche Ausgestaltung zu Lasten der Klägerin bestandskräftig fest, sodass sich die Frage ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht stellt.

53

Etwas anderes hätte nur zu gelten, wenn die genannten Allgemeinverfügungen wegen eines besonders schwerwiegenden, bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlichen Fehlers nichtig wären (§ 44 Abs. 1 VwVfG). Dieser Maßstab gilt in Ermangelung einer speziellen gemeinschaftsrechtlichen Regelung auch, soweit eine Unvereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht in Rede steht (EuGH, Urteil vom 19. September 2006 - Rs. C-392/04 - Slg. 2006, I-8559 Rn. 57; BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2000 - BVerwG 11 B 26.00 - Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 12, Urteil vom 14. Februar 2007 - BVerwG 6 C 28.05 - Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 3 Rn. 33, jeweils m.w.N.). Die Allgemeinverfügungen litten aber an keinem derart schwerwiegenden und evidenten Mangel. Die Frage, ob das Versteigerungsverfahren überhaupt und gegebenenfalls mit welchen Modalitäten im Einklang mit den Grundrechten aus Art. 12 und Art. 3 GG, den Regeln der Finanzverfassung (Art. 104 a f. GG) und der Infrastrukturgewährleistung (Art. 87 f GG) sowie mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben stand, war in zeitlichem Zusammenhang mit der UMTS-Versteigerung des Jahres 2000 Gegenstand umfangreicher und kontroverser Stellungnahmen des Schrifttums (die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht ablehnend z.B. Arndt, K&R 2001, 23; Degenhart, K&R 2001, 32; grundsätzlich bejahend dagegen: Storr, a.a.O.; Selmer, a.a.O. S. 1310 f.; ausführlich zum Ganzen auch Koenig, a.a.O. S. 323 ff.). Vor dem Hintergrund dieses Meinungsstreites und des Umstandes, dass es einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung damals nicht gab, kann von einer Nichtigkeit der die UMTS-Versteigerung steuernden Allgemeinverfügungen der Regulierungsbehörde keine Rede sein. Die angebliche Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Versteigerungsverfahrens für die Vergabe von Lizenzen bzw. Frequenznutzungsrechten war ebenso wenig offensichtlich wie die nach Auffassung der Klägerin aufgetretenen Rechtsverstöße in Zusammenhang mit den Vergabebedingungen und den Versteigerungsregeln, die im Falle ihrer fristgerechten Anfechtung einer eingehenden Untersuchung unter Berücksichtigung des insoweit bestehenden Ausgestaltungsspielraums der Regulierungsbehörde bedurft hätten (s. auch Urteile vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 40.10 und 41.10 - juris Rn. 15 f. bzw. Rn. 13 f.).

54

Da es somit für die geforderte Rücknahme der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides bereits an der Voraussetzung der anfänglichen Rechtswidrigkeit (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) dieser Bescheide fehlt, kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, inwieweit ein etwaiges Rücknahmeermessen zu Gunsten der Klägerin reduziert sein könnte, nicht an.

55

b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf einen (teilweisen) Widerruf der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides als Grundlage für eine (anteilige) Erstattung des Zuschlagspreises. Ein subjektives Recht auf Widerruf (§ 49 Abs. 1 i.V.m. § 51 Abs. 5 VwVfG) kommt u.a. in Betracht, soweit ein grundrechtsbeschränkender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufgrund veränderter Umstände nicht mehr erlassen werden dürfte (vgl. auch Sachs, a.a.O., § 49 Rn. 26). In solchen Fällen ist darüber hinaus, ohne dass es einer näheren Abgrenzung der einander überlagernden Rechtsgrundlagen bedarf, an einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens wegen nachträglicher Änderung der Sachlage (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) zu denken; insoweit wird vorausgesetzt, dass sich die entscheidungserheblichen Umstände nach Erlass eines ursprünglich rechtmäßigen Verwaltungsaktes dergestalt ändern, dass eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung erforderlich oder doch möglich ist (Sachs, a.a.O. § 51 Rn. 88 ff., 92).

56

aa) Die Zuschlagsbescheide und der Zahlungsfestsetzungsbescheid wurden entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in dem Zeitpunkt rechtswidrig, in dem der Widerruf der ihr zugeteilten Mobilfunklizenz und des Frequenzzuteilungsbescheides wirksam bzw. vollziehbar geworden ist. Der Widerruf der Frequenznutzungsrechte wegen Nichterfüllung der der Klägerin auferlegten Versorgungsverpflichtung berührt nicht den Rechtsgrund für die Zahlung des Zuschlagspreises. Unter Berücksichtigung des in § 11 Abs. 4 Satz 1 TKG 1996 festgelegten Allokationszweckes der Versteigerung gilt der Zuschlagspreis nicht den andauernden konkreten Nutzungsvorteil, sondern die durch die Zuweisung abstrakt eröffnete, d.h. bei pflichtgemäßem Verhalten erzielbare Nutzungsmöglichkeit ab. Die dazu bereits angestellten Überlegungen beschränken sich nicht auf die oben erörterte und verneinte Frage eines gleichsam automatischen Erlöschens der Zahlungspflicht mit dem Widerruf der Lizenz; sie beanspruchen Geltung vielmehr auch für den hier geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf nachträgliche Aufhebung des Rechtsgrundes ihrer Zahlungspflicht. Da im Rahmen der das Eigentumsrecht beschränkenden Versorgungsverpflichtung das Verwendungsrisiko für die ersteigerten Frequenzen der Klägerin überantwortet war, verpflichtet der Umstand als solcher, dass sich dieses Risiko wegen Pflichtverletzung zu ihrem Nachteil realisiert hat, nicht zum (Teil-)Widerruf der Zuschlagsbescheide und des Zahlungsfestsetzungsbescheides (s. auch Martini, a.a.O. S. 14 ff.).

57

Kann sich daher die Klägerin insoweit nicht zu ihren Gunsten auf eine Reduzierung des Widerrufs- bzw. Wiederaufgreifensermessens aufgrund veränderter Umstände berufen, sind darüber hinaus auch keine Ermessensgesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Beklagte - unter der Prämisse, dass die genannten Bescheide nicht wegen einer Änderung der maßgeblichen Sachlage rechtswidrig geworden sind - veranlassen oder in Anbetracht des Diskriminierungsverbotes (§ 55 Abs. 1 Satz 3 TKG 2004) auch nur berechtigen könnten, die Festsetzung des Zuschlagspreises nachträglich ganz oder teilweise aufzuheben.

58

bb) Offen bleiben muss in dem vorliegenden Revisionsverfahren, ob der Umstand, dass die Beklagte die der Klägerin ursprünglich bis zum 31. Dezember 2020 zugeteilten Frequenzen im Jahr 2010 erneut versteigert und dabei wiederum einen Erlös erzielt hat, die maßgebliche Sachlage derart verändert hat, dass sie - bezogen auf den Zeitpunkt der Zweitversteigerung - zu einem (Teil-)Widerruf der hier umstrittenen Zuschlagsbescheide sowie des Zahlungsfestsetzungsbescheides und dementsprechend zu einer anteiligen Erstattung des festgesetzten Zuschlagspreises verpflichtet ist (so die Klägerin unter Berufung auf Martini, a.a.O. S. 18 f., 25). Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts ist, die in Rede stehende, gegebenenfalls noch weitere Feststellungen erfordernde Änderung der Sachlage aber erst nach dem Erlass des Berufungsurteils eingetreten ist, hat sie für das Revisionsurteil unberücksichtigt zu bleiben.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.