Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 01. Aug. 2016 - 18 B 627/15
Tenor
Das Verfahren wird gemäß § 93 Satz 2 VwGO abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 18 B 895/16 fortgeführt, soweit es sich auf die Regelungen zu 2. (in der Gestalt der Ordnungsverfügung vom 24. September 2013), 3. und 4. der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 26. August 2013 bezieht.
Im Übrigen wird der angegriffene Beschluss gemäß § 80 Abs. 7 VwGO teilweise geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 5221/13 wird wiederhergestellt, soweit es die in der angefochtenen Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 26. August 2013 enthaltene Regelung zu 1. (Ausweisung) betrifft und angeordnet, soweit es die Regelung zu 6. (Versagung der Aufenthaltserlaubnis) anbelangt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Abänderung des Beschlusses beruht auf § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, wonach das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO – mithin den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 19. September 2013 – 5 L 1267/13 – jederzeit ändern kann. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob auch die Voraussetzungen für eine Abänderung gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO gegeben sind.
3Das Gericht macht von seiner Abänderungsbefugnis Gebrauch, weil die Abänderung nach der aktuellen Sach- und Rechtslage geboten ist.
4Die angegriffene Ordnungsverfügung ist nach den dem Senat derzeit vorliegenden Erkenntnissen sowohl hinsichtlich der verfügten Ausweisung als auch bezüglich der Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis rechtswidrig, so dass die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers ausgeht.
5Die Ausweisung verstößt jedenfalls gegen Art. 24 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, einen mindestens drei Jahre gültigen und verlängerbaren Aufenthaltstitel ausstellen, sofern nicht zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. An dieser Bestimmung ist die Ausweisung zu messen. Der Antragsteller unterfällt dem begünstigten Personenkreis. Er ist mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 20. Januar 2005 als Asylberechtigter anerkannt worden und es ist zugleich festgestellt worden, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Zwar ist dieser Bescheid durch den späteren Bescheid des BAMF vom 7. September 2015 gemäß § 73 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG widerrufen worden (§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG), das Verwaltungsgericht Köln hat aber mit Beschluss vom 15. Juli 2016 (3 L 1615/16.A) die aufschiebende Wirkung der gegen den Widerrufsbescheid erhobenen Klage 3 K 5627/15.A angeordnet.
6Die Ausweisung ist auch als Versagung einer Aufenthaltserlaubnis i.S. des Art. 24 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie anzusehen. Eine Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers ist nämlich nicht beabsichtigt und kommt angesichts seiner Rechtsstellung auch nicht in Frage, so dass die Ausweisung verfügt worden ist, um das Erteilungsverbot bzw. Verlängerungsverbot des § 11 Abs. 1 AufenthG zu begründen. Es müssen daher zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung vorliegen, um die Ausweisung zu rechtfertigen.
7Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juni 2015 - C-373/13 – , juris Rn. 56 ff. –
8Derartige Gründe sind nach den vorliegenden Erkenntnissen derzeit nicht gegeben.
9Die Unterstützung, die ein Flüchtling einer Organisation gewährt, die – wie die PKK - wegen ihrer Beteiligung an terroristischen Handlungen in der Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 aufgeführt ist, kann grundsätzlich ein Umstand sein, der zur Anwendung der Ausnahmeregelung von Art. 24 Abs.1 der Qualifikationsrichtlinie führt. Allerdings kann dieser Umstand allein nicht die automatische Versagung der Verlängerung ihres Aufenthaltstitels nach dieser Vorschrift zur Folge haben. Vielmehr bedarf es einer konkreten Prüfung der vorgenommenen Unterstützungshandlungen, insbesondere der Untersuchung, ob der Ausländer selbst terroristische Handlungen begangen hat, ob und in welchem Maße er an der Planung, an Entscheidungen oder an der Anleitung anderer Personen zum Zweck der Begehung solcher Handlungen beteiligt war und ob und in welchem Umfang er solche Handlungen finanziert oder anderen Personen die Mittel zu ihrer Begehung verschafft hat. In diesem Zusammenhang ist ferner zu untersuchen, wie schwer die Gefahr wiegt, die von den Unterstützungshandlungen des Ausländers ausgeht.
10Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juni 2015 - C-373/13 – , juris Rn. 82 ff. –
11Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller eine derart qualifizierte Unterstützung der PKK angelastet werden kann. Eine solche Unterstützung ergibt sich nicht aus den vorliegenden Behördenzeugnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, nach denen der Antragsteller für die PKK tätig war seit Juli 2008 nacheinander als Gebietsleiter Hannover, SAHA-Leiter Mitte und SAHA-Leiter Süd (Behördenzeugnis vom 26. April 2013), im April 2013 als Leiter im Gebiet Skandinavien, seit August 2013 als Leiter im Gebiet Niederlande und Belgien und zumindest seit Mitte 2014 als Leiter im Gebiet Köln (Behördenzeugnis vom 1. Dezember 2014). Zwar können auch Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder im vorliegenden Zusammenhang wichtige Beweismittel sein. Regelmäßig handelt es sich bei derartigen Behördenzeugnissen aber nur um sekundäre Beweismittel, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Würdigung und der Heranziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen. Der Umfang der Beweiskraft von Behördenzeugnissen bedarf deshalb einer Prüfung im jeweiligen Einzelfall.
12Vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 2015 – StB 8/15 –, juris Rn. 4.
13Nach dieser Prüfung stellen die vorliegenden Behördenzeugnisse lediglich sekundäre Beweismittel im oben genannten Sinne dar, die die unmittelbaren Quellen nicht offenlegen. Den Behördenzeugnissen kommt daher nur ein eingeschränkter Beweiswert zu, der die Anwendung der Ausnahmeregelung in Art. 24 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie nicht rechtfertigt. Nichts anderes gilt mit Blick auf die weiteren Erkenntnisse. Diesen ist zu entnehmen, dass der Antragsteller Kontakt zu PKK-Mitgliedern hatte und der Organisation zumindest nahe steht. Weitergehende Schlüsse lassen sie aber nicht zu.
14Die im Übrigen nicht näher belegte angebliche Teilnahme des Antragstellers an einer am 10. Februar 2007 stattgefundenen Demonstration in Straßburg für die Freilassung Öcalans (Mitteilung des IM NRW vom 30. April 2009), die Teilnahme am Hungerstreik mit dem Thema „Vergiftung Öcalans“ - wohl als Mitglied einer Kerngruppe von 18 Personen - (Mitteilung des IM NRW vom 30. April 2009 sowie Zeitungsausschnitt von Yeni Özgür Politika vom 10. Mai 2007) sowie die angebliche Teilnahme an einer oder mehreren Veranstaltungen im Kurdistan Volkshaus in Hannover (Mitteilung des IM NRW vom 16. September 2009) belegen allenfalls eine gewisse Nähe zur PKK.
15Die vom Antragsteller nicht ausdrücklich bestrittene Teilnahme an einem PKK-Treffen, das nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden auf dem Anwesen „E. C. hof “ in T. /Niederlande jedenfalls vor Mitte September 2007 stattfand (Vermerk des BKA vom 18. September 2013) sowie die bestrittene Teilnahme an einer Veranstaltung „vermutlich Rekrutierungscamp U. /Italien“ Anfang 2008 (Asservatenauswertung des LKA Berlin vom 17.11.2010) belegen ebenfalls nicht mehr als eine Nähe zur PKK und den Kontakt zu PKK-Mitgliedern. Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller am 7.September 2008 mit der PKK zugerechneten Personen mit einem PKW aus der Schweiz kommend am Grenzübergang Blumberg/Neuhaus und am 8. März 2012 mit angeblichen PKK-Aktivisten bei der Einreise aus den Niederlanden (Bericht der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin vom 8. März 2012) angetroffen worden ist. Auch der Aufenthalt des Antragstellers im Nordirak von Mitte April bis Mitte November 2011 lässt nicht den Schluss zu, er habe die PKK in qualifizierter Weise unterstützt, zumal über die näheren Umstände des Aufenthalts, der nach der Einlassung des Antragstellers dem Kontakt zu seinem Bruder gedient und krankheitsbedingt verlängert worden sei, nichts bekannt ist. Im Übrigen ist ein gegen den Antragsteller geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz (Betätigung für die PKK) durch Verfügung der StA Stuttgart vom 27. August 2007 – 6 Js 31992/07 - gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Abgesehen davon, dass der Antragsteller einige Tage nach einem Brandanschlag in Göppingen mit dem später überführten Täter in dessen Wohnung angetroffen worden war, hatten sich keine konkreten Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Antragstellers ergeben. In einem weiteren Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist durch Verfügung des Generalbundesanwalts vom 12. November 2014 – 2 BJs 24/14-6 – gemäß § 153c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 StPO von der Strafverfolgung abgesehen worden. Dort heißt es, ein konkreter Nachweis von Betätigungshandlungen des Antragstellers für die PKK habe – sehe man von der Teilnahme an dem Ausbildungslager in U. /Italien im Jahre 2008 und dem Aufenthalt im Nordirak von Mitte April bis Mitte November 2011 ab – nicht erbracht werden können. Dass die geschilderten Umstände im vorliegenden Verfahren den Nachweis einer qualifizierten Betätigung für die PKK nicht rechtfertigen, ist oben bereits ausgeführt worden. In dem Abschlussvermerk wird aufgrund der nach den Behördenzeugnissen ausgeübten Tätigkeiten des Antragstellers zwar davon ausgegangen, dass dieser sich in den vergangenen Jahren als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung beteiligt hat, aber auch diese Schlussfolgerung kann angesichts des eingeschränkten Beweiswertes von Behördenzeugnissen im vorliegenden Verfahren nicht gezogen werden.
16Nach alledem lässt sich die Ausweisung unionsrechtlich auch nicht durch Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie rechtfertigen.
17Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis derzeit rechtswidrig ist.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
19Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von Straftaten absehen,
- 1.
die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen sind oder die ein Teilnehmer an einer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Handlung in diesem Bereich begangen hat, - 2.
die ein Ausländer im Inland auf einem ausländischen Schiff oder Luftfahrzeug begangen hat, - 3.
wenn in den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches die Vereinigung nicht oder nicht überwiegend im Inland besteht und die im Inland begangenen Beteiligungshandlungen von untergeordneter Bedeutung sind oder sich auf die bloße Mitgliedschaft beschränken.
(2) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, wenn wegen der Tat im Ausland schon eine Strafe gegen den Beschuldigten vollstreckt worden ist und die im Inland zu erwartende Strafe nach Anrechnung der ausländischen nicht ins Gewicht fiele oder der Beschuldigte wegen der Tat im Ausland rechtskräftig freigesprochen worden ist.
(3) Die Staatsanwaltschaft kann auch von der Verfolgung von Straftaten absehen, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine außerhalb dieses Bereichs ausgeübte Tätigkeit begangen sind, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
(4) Ist die Klage bereits erhoben, so kann die Staatsanwaltschaft in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und des Absatzes 3 die Klage in jeder Lage des Verfahrens zurücknehmen und das Verfahren einstellen, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
(5) Hat das Verfahren Straftaten der in § 74a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und § 120 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art zum Gegenstand, so stehen diese Befugnisse dem Generalbundesanwalt zu.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.