Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - StB 8/15

bei uns veröffentlicht am12.08.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
S t B 8 / 1 5
vom
12. August 2015
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen des Verdachts der Gründung und der Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am 12. August
2015 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 30. April 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer und weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gründung und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung namens "Oldschool Society". Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 30. April 2015 (3 BGs 59/15) die Durchsuchung der Person und Wohnung des Beschwerdeführers sowie des von ihm genutzten Kraftfahrzeugs nach näher umschriebenen Beweismitteln angeordnet. Die Durchsuchung ist am 6. Mai 2015 vollzogen worden; die Durchsicht aufgefundener Datenträger dauert noch an. Am 2. Juni 2015, eingegangen beim Bundesgerichtshof am 6. Juni 2015, hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt. Er beanstandet im Wesentlichen, dass der an- gefochtene Beschluss ausschließlich auf "Angaben vom Hörensagen" beruhe, die aus unzulässiger Quelle von geringer Glaubwürdigkeit, nämlich dem Verfassungsschutz , stammten; Beweisergebnisse würden zudem nicht ausreichend konkret mitgeteilt. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Juni 2015 nicht abgeholfen und die Sache am selben Tag dem Senat zur Entscheidung übersandt.

II.


2
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
3
1. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) waren gegeben. Hierzu gilt:
4
a) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit - nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG Beschluss vom 7. September 2006 - 2 BvR 1219/05, NJW 2007, 1443; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - StB 26/08, NStZ-RR 2009, 142, 143). Auch Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder können dazu beitragen, einen konkreten Verdacht in diesem Sinne zu begründen. Zwar handelt es sich hierbei regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Würdigung und der Her- anziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238, 247 zu einem hinreichenden Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO). Dies nimmt Behördenzeugnissen jedoch nicht von vornherein jeglichen Beweiswert. Der Umfang ihrer Beweiskraft bedarf vielmehr einer Prüfung im Einzelfall. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie lediglich zum Beleg eines Anfangsverdachts (§ 160 Abs. 1 StPO) oder zur Begründung einer höheren Verdachtsstufe herangezogen werden. Soweit in den Behördenzeugnissen der Inhalt primärer Beweismittel wiedergegeben wird, beurteilt sich die Zuverlässigkeit dieser Angaben nach allgemeinen Grundsätzen. Insoweit kann etwa die Konkretheit der Ausführungen ebenso von Bedeutung sein wie deren Umfang oder Objektivierung anhand weiterer, unmittelbar vorliegender Beweismittel.
5
b) Gemessen an diesen Maßstäben lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Hinsichtlich der nach § 129a StGB erforderlichen Organisationsstruktur des Personenzusammenschlusses ergibt sich der Anfangsverdacht daraus, dass die Gruppe unter dem Namen "Oldschool Society" ein Facebook-Profil unterhielt (etwa Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015, im Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 26. Februar 2015 enthaltener Screenshot), auf dem Beiträge veröffentlicht wurden, die einen auf Dauer angelegten und organisierten Personenverbund beschreiben; so etwa der Beitrag vom 15. September 2014 (",Oldschool Society` erhebt sich… Nicht mit uns, wir stehen zusammen, aktiv für unser Vaterland, für die Ehre unserer Ahnen und die Zukunft unserer Kinder…") und der von der "Abteilung für Presse und Öffentlichkeit der OSS" veröffentlichte Beitrag vom 24. September 2014, in dem die "Ideen und Lösungen" der Gruppe vorgestellt wurden (beide Beiträge auszugsweise zitiert im Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015). Dass ein höherer Organisationsgrad bestand und die Mitglieder bereit waren, sich dem Gruppenwillen unterzuordnen, legt die - auf dem FacebookPortal veröffentlichte (Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015) - Satzung nahe, aus der sich unter anderem eine Führungsebene ("President", "Vice-president") und die Aufgabenverteilung auf verschiedene Funktionsträger ergibt, so etwa auf den "Press chief", den "chief of security" und den "Seargent at arms", der Strafen zur Wahrung der Gruppendisziplin umsetzt (hierzu Behördenzeugnis des Landesamtes für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz vom 20. März 2015 mit auszugsweise wörtlicher Wiedergabe der "OSS-Regeln": "…Den Anweisungen der Führungsebene ist Folge zu leisten…Zuwiderhandlung wird mit Ausschluss geahndet"). Gestützt werden diese Erkenntnisse durch den Facebook-Beitrag der Gruppe zum "1. Treffen in B. (L. )" nebst der namentlichen Benennung der Teilnehmer (Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 26. Februar 2015 mit dort enthaltenen Screenshots des Facebook-Beitrags).
6
Konkrete Anhaltspunkte, dass die Ziele der Organisation darauf gerichtet waren, terroristische Taten im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB zu begehen, ergaben sich aus Folgendem:
7
Innerhalb der Gruppe wurde konkret über die Begehung entsprechender Straftaten, insbesondere von Brandanschlägen diskutiert; dies belegen Äußerungen der OSS-Mitglieder R. und O. vom 4. Februar 2015 (u.a.: "… man könnte ja in win paar Häuser wo Ausländer drin wohnen ne Brand oder Farbe Bombe rein werfen" [Fehler wie im Original], Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 8. April 2015). Auch aus dem im Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015 aus- zugsweise wörtlich wiedergegebenen Telefonat zwischen den Mitbeschuldigten K. L. und D. G. vom 25. Dezember 2014 ergibt sich, dass entsprechende Taten Gesprächsthema innerhalb der Gruppe waren ("…Da werden Pläne geschmiedet, wir machen dies und machen das, wir zünden Asylantenheime an und am Ende verläuft das Gespräch wieder im Nichts und nichts ist passiert…", "…Zum Beispiel halt, dass man überall paar Dreiergrup- pen hat, muss ja nicht überall sein, nur da wo ein paar Leut´ wohnen und dann werden halt gezielt Objekte raus gepickt und heißt so jetzt, des und des Wochenende geht es los und dann wird es einfach gemacht. Und wer dann nichts macht fliegt gnadenlos raus, ganz einfach…"). Die Ernsthaftigkeit dieser Ideen wird gestützt durch die vom Bundesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 8. April 2015 mitgeteilten Äußerungen des Mitbeschuldigten O. vom 9. März 2015, wonach die Gruppe nicht legale Ziele verfolgte ("Wir wollen über Tehmen reden, die man nicht im Internet oder am Handy bespricht. Desweiteren haben wir vor ein bis zwei drei ... Aktionen zu starten" [Fehler wie im Original ]). Diesen Erklärungen entspricht, dass die Gruppenmitglieder H. und O. in einem Telefonat vom 8. Januar 2015 über die Beschaffung von Schusswaffen diskutierten (Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015). Auch das aggressive Auftreten der Organisation , wie es etwa in der auf Facebook am 15. Oktober 2014 eingestellten und im Durchsuchungsbeschluss inhaltlich näher dargestellten Grafik ("Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen. Weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen. Rot ist das Blut, auf dem Asphalt…") zum Ausdruck kommt, deutet auf eine Gewaltbereitschaft der Gruppe hin.
8
Soweit in den jeweiligen Behördenschreiben und -zeugnissen die oben aufgeführten Beweismittel, insbesondere Beiträge in Internetchats, auf Internetplattformen und Telefongespräche, nur - auszugsweise - wiedergegeben werden, bestehen keine Anhaltspunkte, dass die in den Schreiben enthaltene, überwiegend wörtliche Wiedergabe - die auch Fehler im Original übernommen hatte - unzutreffend sein könnte.
9
Vor diesem Hintergrund wird der konkrete Verdacht, dass die Beschuldigten Ziele im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB verfolgt haben , ergänzend dadurch gestützt, dass bei dem Gruppentreffen vom 15. November 2014 über den "bewaffneten Kampf gegen Salafisten" gesprochen worden sein soll (Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015). Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilten Erkenntnisse sind insoweit zwar oberflächlich gehalten, insbesondere bleibt unklar, aus welcher Quelle - ebenso wie auch die Erkenntnisse zu den im Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz wörtlich wiedergegebenen Äußerungen vom 4. Februar und vom 9. März 2015 - sie stammen. Angesichts der vorstehend dargestellten weiteren objektivierten Verdachtsmomente sind sie aber gleichwohl geeignet, den Anfangsverdacht weiter zu verstärken.
10
Der Beschwerdeführer ist auch verdächtig, Mitglied der "Oldschool Society" gewesen zu sein. Hinsichtlich der Verdachtsmomente wird auf die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Ausführungen verwiesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Facebook-Beitrag der Vereinigung ein "M. " als anwesende Person genannt wird und auf dem dort eingestellten Gruppenfoto eine Person zu sehen ist, die starke Ähnlichkeit mit dem Beschuldigten aufweist (vgl. Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 26. Februar 2014, dort enthaltener Screenshot des Facebook-Beitrags, sowie Vermerk des Bundeskriminalamtes vom 17. März 2015, dort abgebildetes Lichtbild des Beschwerdeführers).
11
2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung war geeignet, zur Klärung des Tatverdachts beizutragen. Gegenüber der Durchsuchung stand auch kein gleich wirksames milderes Mittel zur Verfügung. Schließlich stand die Anordnung der Durchsuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts.
12
3. Ob eine erhebliche Überschreitung der Vorlagefrist des § 306 Abs. 2 StPO im Einzelfall einer Beschwerde (mit) zum Erfolg verhelfen kann (vgl. KG, Beschluss vom 27. Oktober 2014 - 2 Ws 360/14, NStZ-RR 2015, 18 mwN), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Zwar wurde die Beschwerde nicht gemäß § 306 Abs. 2 StPO innerhalb von drei Tagen nach deren Eingang am 6. Juni 2015, sondern erst mit der Abhilfeentscheidung vom 23. Juni 2015 dem Senat vorgelegt. Indes war diese Verzögerung schon nicht erheblich im Sinne der vorstehenden Rechtsprechung.
13
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Becker Schäfer Spaniol

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


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Strafprozeßordnung - StPO | § 102 Durchsuchung bei Beschuldigten


Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowo

Strafprozeßordnung - StPO | § 203 Eröffnungsbeschluss


Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Strafprozeßordnung - StPO | § 105 Verfahren bei der Durchsuchung


(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter

Strafprozeßordnung - StPO | § 160 Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung


(1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen. (2) Die St

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
__________
StB 26/08
vom
18. Dezember 2008
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit
hier: Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters
des Bundesgerichtshofs vom 26. August 2008
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Dezember 2008 gemäß § 304
Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. August 2008 - 1 BGs 151/2008 - wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 StGB). Der Beschuldigte soll elektronisch gespeicherte Daten der Zeugin J. an den iranischen Nachrichtendienst VEVAK übermittelt haben.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Durchsuchung der Person, der Wohnung und des Kraftfahrzeugs des Beschwerdeführers gestattet. Die Maßnahme ist am 22. Oktober 2008 durchgeführt worden. Bei der Durchsuchung sind mehrere Gegenstände und Unterlagen in Verwahrung genommen worden; deren Durchsicht dauert teilweise noch an.
3
Der Beschuldigte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Anordnung der Durchsuchung und macht geltend, gegen ihn sei ohne zureichende tatsächliche Anhaltspunkte ermittelt worden.

II.

4
Das Rechtsmittel ist unbegründet; denn die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) waren gegeben.
5
1. Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit (s. u. 3.) - nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG NJW 2007, 1443; 2007, 2749, 2751 m. w. N.; BGH NJW 2000, 84, 85; bei Schmidt NStZ-RR 2002, 161, 164 Nr. 4). Gemessen an diesen Maßstäben lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für eine Durchsuchung vor.
6
Diese ergeben sich insbesondere aus der plausiblen Aussage der Zeugin J. in ihren staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen vom 23. April und 6. Mai 2008. Danach standen dem iranischen Geheimdienst bei ihrem Besuch in Teheran im Dezember 2007 persönliche, in ihrem privaten PC gespeicherte Daten zur Verfügung. Die Zeugin hat weiter in sich schlüssig und nachvollziehbar bekundet, dass der Beschuldigte anlässlich der Installation eines DVDLaufwerks im Herbst 2007 ihre gesamten Daten auf einen von ihm mitgeführten externen Datenträger kopierte. Der sich hieraus ergebende Verdacht gegen den Beschuldigten ist durch weitere Ermittlungsergebnisse, z. B. die Auswertung des Computers der Zeugin, verstärkt worden. Die vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Rechtsmittels aufgeführten Umstände, etwa zu den von der Zeugin geschilderten Umständen der Reise nach Teheran und ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland, vermögen demgegenüber den gegen ihn bestehenden Tatverdacht nicht maßgebend zu entkräften.
7
2. Die Begründung der Durchsuchungsanordnung entspricht allerdings nicht in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen. Zwar sind die dem Beschwerdeführer im Sinne eines Anfangsverdachts zur Last gelegte Straftat sowie die aufzufindenden Beweismittel in dem angefochtenen Beschluss hinreichend dargestellt. Jedoch sind die tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer ergab, nicht aufgeführt; vielmehr verweist der Beschluss lediglich pauschal auf das "bisherige Ermittlungsergebnis". Derartige allgemeine, formelhafte Wendungen genügen zur Begründung rechtsmittelfähiger gerichtlicher Entscheidungen grundsätzlich nicht (vgl. MeyerGoßner , StPO 51. Aufl. § 34 Rdn. 4 m. w. N.).
8
Auch die Indiztatsachen, die den Verdacht gegen den Beschwerdeführer begründen, sind in aller Regel im Durchsuchungsbeschluss zu benennen. Zwar ist dies von Verfassungs wegen nur dann notwendig, wenn andernfalls die erforderliche Begrenzung der Durchsuchungsgestattung nicht gewährleistet ist (vgl. BVerfG NStZ-RR 2002, 172, 173; NStZ 2004, 160; BVerfGKV1, 51, 52). Jedoch ist die Darlegung jedenfalls der wesentlichen Verdachtsmomente einfachgesetzlich geboten (§ 34 StPO); denn nur hierdurch wird dem Betroffenen eine sachgerechte, umfassende Prüfung ermöglicht, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen ist, oder ob dies nicht Fall war und es daher angezeigt erscheint , hiergegen im Wege der Beschwerde vorzugehen (vgl. BVerfG NStZ 2004, 160 sowie BVerfGK 1, 51, 52: "sachgerechte Verteidigung gegen den Vorwurf"). Darüber hinaus bezweckt das Gebot der umfassenden Begründung des Durchsuchungsbeschlusses die Erleichterung der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung durch das Beschwerdegericht. Die Angabe der wesentlichen Verdachtsmomente darf daher nur dann unterbleiben, wenn die Bekanntgabe den Untersuchungszweck gefährden würde und daher den Zwecken der Strafverfolgung abträglich wäre (BGH NJW 2000, 84, 85; bei Schmidt NStZRR 2002, 161, 164 Nr. 4). Dafür, dass dies hier der Fall gewesen wäre, ist indessen nichts ersichtlich.
9
Die unzureichende Begründung des Durchsuchungsbeschlusses führt hier für sich nicht zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung. Der Beschluss lässt in seiner Gesamtheit in ausreichendem Maße erkennen, dass der Ermittlungsrichter die Voraussetzungen für seinen Erlass eigenständig geprüft hat (vgl. BVerfG, Beschl. vom 31. August 2007 - 2 BvR 1681/07). Der Senat kann deshalb - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NStZ 2004, 160) - die Konkretisierung der den Akten zu entnehmenden, den Anfangsverdacht belegenden Umstände in seiner Beschwerdeentscheidung - soweit notwendig - nachholen.
10
3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung war geeignet, zur Klärung des Tatverdachts beizutragen. Die Durchsuchung war erforderlich, da kein gleich wirksames milderes Mittel zur Verfügung stand. Schließlich stand die Anordnung der Durchsuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts. Becker Miebach Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
___________
StB 20/08
vom
26. März 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
______________________________
KWKG § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c
AWG § 35
1. Hat der Bundesgerichtshof über die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts
gegen einen die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden
Beschluss des erstinstanzlich zuständigen Senats eines Oberlandesgerichts
zu entscheiden, so hat er das Bestehen eines hinreichenden
Tatverdachts in vollem Umfang eigenständig zu prüfen (Aufgabe von
BGHSt 35, 39).
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Straftat nach § 19 Abs. 1
KWKG die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland
im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG erheblich gefährdet.
3. Es verstößt nicht gegen Art. 25 GG, dass § 35 AWG den Geltungsbereich
materiellen deutschen Strafrechts auf Taten erstreckt, die von
deutschen Staatsbürgern im Ausland begangen werden.
BGH, Beschl. vom 26. März 2009 - StB 20/08 - OLG Frankfurt am Main
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2009 gemäß
§§ 199, 203, 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
StPO beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wird
a) der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2008 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat;
b) das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten zur Last gelegt wird, gewerbsmäßig handelnd ein Handels- oder Vermittlungsgeschäft in Bezug auf in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL) erfasste Güter (V. - Ferngläser), welche unmittelbar oder mittelbar für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Iran oder zur Verwendung im Iran bestimmt sind, abgeschlossen, und dadurch gegen § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV verstoßen zu haben. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
c) im Übrigen das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage des Generalbundesanwalts vom 17. Mai 2008 zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zugelassen. 2. Die Kosten der zurückgenommenen Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2008, soweit mit diesem der gegen den Angeklagten bestehende Haftbefehl aufgehoben worden ist, und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

1
Der Generalbundesanwalt hat dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main erhobenen Anklage vorgeworfen, in einem Fall gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und in zwei Fällen gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. August 2008 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen abgelehnt, eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen sowie ausgesprochen, dass der Angeklagte für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde. Das Oberlandesgericht hat daneben den gegen den Angeklagten bestehenden Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2008 (1 BGs 44/2008) aufgehoben. Seine gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat der Generalbundesanwalt zurückgenommen. Im Übrigen beanstandet er weiterhin den angefochtenen Beschluss und beantragt,
2
a) diesen aufzuheben;
3
b) das Verfahren in Bezug auf die Tat 3 der Anklageschrift (V. - Ferngläser) gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorläufig einzustellen;
4
c) im Übrigen seine Anklage unter Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zur Hauptverhandlung zuzulassen.
5
Das Rechtsmittel hat mit der Maßgabe Erfolg, dass das Landgericht Frankfurt am Main zur Durchführung des Hauptverfahrens zuständig ist.

I.

6
1. Mit der Anklageschrift sind dem in Frankfurt am Main wohnhaften Angeklagten folgende Straftaten zur Last gelegt worden:
7
a) Er betrieb ein Einzelhandelsunternehmen und vermittelte als Handelsvertreter Veräußerungsgeschäfte über Industriemaschinen, Zubehör und Rohmaterialien vorwiegend mit iranischen Kunden. Im Rahmen dieser Tätigkeit unterhielt er Kontakte zu dem in Teheran (Iran) ansässigen Unternehmen K. Co. Ltd. (im Folgenden: K. ), das sich mit der Beschaffung von nuklearrelevanten und militärischen Gütern für den Iran befasst und sich zur Umgehung der insoweit geltenden Handelsbeschränkungen mehrerer Tarnfirmen mit Sitz etwa in Dubai und den Vereinigten Arabischen Emiraten bedient. Ansprechpartner des Angeklagten waren die Direktorin von K. , Dr. N. , sowie der Mitarbeiter Ka. .
8
aa) Im April 2007 erhielt der Angeklagte von Ka. für eine der Tarnfirmen von K. eine Anfrage zur Lieferung zweier Hochgeschwindigkeitskameras , die zur Entwicklung von Atomsprengköpfen benötigt werden. Er ging zutreffend davon aus, dass die Kameras für das iranische Atomwaffenprogramm bestimmt waren, und fragte bei dem russischen Hersteller, der in Moskau ansässigen B. Company, nach der Ware an. Als Kaufinteressenten benannte er eine Universität im Nahen Osten. Kurze Zeit später traf er mit dem Hersteller eine unwiderrufliche Kaufvereinbarung, in der für ihn eine Provision von 30.630 € vereinbart wurde, und sandte an die Tarnfirma von K. ein entsprechendes verbindliches Angebot. Daraufhin wurde einem seiner iranischen Geldkonten eine Spesenvorauszahlung in Höhe von 3.297,50 € gutgeschrieben. Im Juni 2007 reiste der Angeklagte nach Moskau, um dort die Details des Vertragsschlusses persönlich zu klären. Während eines Aufenthalts im Iran ab dem 21. August 2007 gelang es ihm, die noch offenen Einzelheiten , insbesondere die Übermittlung einer geeigneten Endverbleibserklärung an den Verkäufer, zu regeln. Die Auslieferung der Kameras an den Endkunden im Iran erfolgte bis spätestens 1. November 2007.
9
bb) Im Mai 2006 erhielt der Angeklagte von K. eine Anfrage über die Lieferung verschiedener Produkte des US-amerikanischen Herstellers L. . Als Endkunde sollte eine Tarnfirma in den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgeschoben werden. Zur Verschleierung des Endbestimmungslandes schaltete der Angeklagte die in Mannheim ansässige St. GmbH ein. Diese holte ein Angebot des Herstellers ein und bot die Ware dem Angeklagten an. Im März 2007 bat der Angeklagte die St. GmbH um ein erweitertes Angebot. Dieses umfasste Zählrohre für strahlungsfeste Detektoren, die zum Schutz gegen atomare Detonationswirkungen besonders konstruiert oder geändert sind. Nach den Herstellerangaben sind die Geräte speziell für den Einsatz im Nuklearbereich ausgelegt und können zu militärischen Zwecken verwendet werden. Empfänger sollte nunmehr eine Tarnfirma in Dubai sein. Die St. GmbH bot dem Angeklagten die gewünschten Artikel an; dieser leitete das Angebot an Ka. weiter und schloss mit der St. GmbH eine unwiderrufliche Kaufvereinbarung ab. Auf Veranlassung von K. wurde der Kaufpreis in Höhe von 87.245,40 € im April 2007 in drei Raten an die St. GmbH überwiesen. Ende Mai 2007 stellte die St. GmbH beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden: BAFA) einen Ausfuhrgenehmigungsantrag. Dieses forderte ein Endverbleibszertifikat und ein detailliertes Kundenprofil an. Der Angeklagte vereinbarte daraufhin mit Ka. , entsprechende Dokumente aus Dubai zu beschaffen bzw. selbst zu erstellen, um auf diese Weise über den wahren Empfänger zu täuschen. Im Juli 2007 erhielt die St. GmbH eine Endverbleibserklärung aus Dubai und leitete diese an das BAFA weiter. In der Folgezeit überlegten der Angeklagte und Ka. weiter, welcher Verwendungszweck dem BAFA plausibel vermittelt werden könnte. Der Angeklagte schlug vor, einen Einsatz in der Landwirtschaft oder der Medizin vorzuspiegeln. Ka. übermittelte sodann zwei Formulierungsvorschläge , auf deren Grundlage der Mitarbeiter F. der St. GmbH dem BAFA mitteilte, die Ware könne zwar in Nuklearanlagen eingesetzt werden, geplant sei aber eine Verwendung in der Zementindustrie. Der Angeklagte reiste am 20. August 2007 in den Iran, um die Angelegenheit mit seinem Auftraggeber zu besprechen. Das BAFA warf weitere Fragen zum Endverbleib der Ware auf, die F. dem Angeklagten per E-Mail zuleitete. Dieser erörterte die Problematik mit den Verantwortlichen bei K. und versuchte vergeblich , F. telefonisch zu erreichen. Einer weiteren Mitarbeiterin der St. GmbH erklärte er, er benötige dringend eine Aussage zur Situation des Detektoren-Geschäfts, da sein Auftraggeber ihm ein Ultimatum gesetzt habe. In der Folgezeit versuchte der Angeklagte mehrfach, seine Ansprechpartner bei der St. GmbH zu erreichen. Trotz seiner Bemühungen gelang es ihm nicht, das Problem zu lösen. Nach seiner Rückkehr aus dem Iran teilte der Angeklagte F. mit, sein Auftraggeber trete von dem Geschäft zurück. In der Folgezeit bemühte er sich erfolglos um die Rückerstattung des bereits geleisteten Kaufpreises sowie um die Ausfuhr der Ware in den Iran über die Slowakei.
10
cc) Im Mai 2007 fragte eine Tarnfirma von K. bei dem Angeklagten nach 20 nachtsichttauglichen Ferngläsern des Schweizer Herstellers V. an. Der Angeklagte bemühte sich in der Folgezeit darum, die Lieferung der Ware nach Iran zu veranlassen. Das Geschäft scheiterte schließlich, weil die Schweizer Genehmigungsbehörde SECO die ihr übermittelte Endverbleibserklärung als nicht ausreichend bewertete.
11
b) In der Anklageschrift des Generalbundesanwalts sind diese Sachverhalte rechtlich wie folgt gewürdigt:
12
aa) Im Fall I. 1. a) aa) (B. -Kameras) habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd die Entwicklung von Atomwaffen gefördert, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 17 Abs. 2 KWKG. Einen hinreichenden Tatverdacht dahin, dass die Handlung des Angeklagten die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gefährdet und dieser deshalb den Qualifikationstatbestand des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG verwirklicht habe, hat der Generalbundesanwalt nicht angenommen.
13
bb) Durch die Tat I. 1. a) bb) (L. -Detektoren) habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd entgegen § 69 o Abs. 9 AWV ohne die erforderliche Genehmigung Maklerdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Ausfuhr von Gütern im Sinne von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (im Folgenden: Iranembargo-VO) nach Iran oder ihrer Herstellung und Verwendung im Iran erbracht; dadurch habe er einer Rechtsverordnung zuwidergehandelt , die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme diene, § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV. Einen hinreichenden Tatverdacht, das Handeln des Angeklagten sei geeignet gewesen, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, so dass er die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes nach § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG erfüllt habe, hat der Generalbundesanwalt nicht bejaht.
14
cc) Im Fall I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd entgegen § 69 o Abs. 2 AWV ein Handels- oder Vermittlungsgeschäft in Bezug auf in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL) erfasste Güter abgeschlossen, welche unmittelbar oder mittelbar für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Iran oder zur Verwendung im Iran bestimmt sind; mithin habe er einer Rechtsverordnung zuwidergehandelt, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- oder Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme diene, § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV. Ein Verstoß gegen den Qualifikationstatbestand nach § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG wird dem Angeklagten auch insoweit nicht zur Last gelegt.
15
2. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
16
Das Ermittlungsergebnis belege im Fall I. 1. a) aa) (B. -Kameras) nicht, dass der Iran im Zeitraum von April bis November 2007 Maßnahmen ergriffen habe, um die technologischen Voraussetzungen für die Herstellung von Atomwaffen zu schaffen. Aus einem vom Director of National Intelligence herausgegebenen National Intelligence Estimate vom November 2007 ergebe sich, dass es nach Einschätzung der US-amerikanischen Geheimdienste eher unwahrscheinlich sei, dass der Iran im genannten Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt habe. Auf die dem entgegen stehenden "überaus vagen" Ausführungen in ei- nem Behördenzeugnis des Bundesnachrichtendienstes (im Folgenden: BND) vom Mai 2008 könne eine Verurteilung des Angeklagten keinesfalls gestützt werden. Die für eine Verurteilung des Angeklagten notwendige Überzeugung vom Bestehen eines iranischen Atomwaffenprogramms lasse sich auch nicht aus der diesbezüglichen Besorgnis der internationalen Staatengemeinschaft gewinnen. Selbst wenn der Iran im Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt habe, sei nicht ausreichend belegt, dass der Angeklagte dies gefördert habe; denn der konkrete Verwendungszweck der Kameras sei unklar. Nach dem Ermittlungsergebnis werde sich auch nicht nachweisen lassen, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt habe. Eine versuchte Tat komme nicht in Betracht, weil es keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme gebe, der Angeklagte habe sich vorgestellt, mit der Vermittlung der Hochgeschwindigkeitskameras die Entwicklung von Atomwaffen durch den Iran zu fördern.
17
Im Fall I. 1. a) bb) (L. -Detektoren) sei der Verstoß gegen den Genehmigungsvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Iranembargo-VO bis zum 21. August 2007 nicht strafbar gewesen. Nach diesem Zeitpunkt habe der Angeklagte keine Tätigkeiten mehr entfaltet, die auf den Abschluss eines Kaufvertrages über die Zählrohre gerichtet gewesen seien. Es lasse sich auch nicht feststellen , dass der Angeklagte bei der Organisation des Transfers der Zählrohre vermittelnd tätig geworden sei oder den Transfer der Zählrohre beinhaltende Transaktionen ausgehandelt oder organisiert habe. Der Senat müsse deshalb der Frage nicht weiter nachgehen, ob die in § 69 o Abs. 9 AWV enthaltene Erstreckung deutscher Strafvorschriften auf Auslandstaten wegen eines Verstoßes gegen Art. 25 GG verfassungswidrig sei. Die Tätigkeiten des Angeklagten seien auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 des Rates vom 22. Juni 2000 (im Folgenden: Dual-Use-Verordnung) strafbar. Es lasse sich nicht beurteilen, ob die Zählrohre unter den Anhang I dieser Verordnung fielen. Unabhängig hiervon habe der Angeklagte mit den Verantwortlichen der St. GmbH nicht verabredet, die Zählrohre ohne Genehmigung auszuführen; die Beteiligten hätten sich vielmehr intensiv um die Erteilung einer solchen Genehmigung bemüht. Schließlich seien die besonderen Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG nicht feststellbar; deren Vorliegen lasse sich in der Regel nur aufgrund einer vom Generalbundesanwalt nicht eingeholten Stellungnahme des Auswärtigen Amtes beurteilen.
18
Im Fall I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) reiche die vorliegende Auskunft des BAFA nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Ferngläser von Teil I Abschnitt A Position 0005 der Ausfuhrliste erfasst seien; auf diese Auskunft könne eine Verurteilung deshalb keinesfalls gestützt werden. Die Strafbarkeit des Angeklagten nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV scheide aus, da diese erst ab dem 22. August 2007 in Betracht komme und der Angeklagte nach diesem Zeitpunkt kein Handels- oder Vermittlungsgeschäft abgeschlossen habe. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG könnten auch bei dieser Tat nicht festgestellt werden.
19
3. Nach Einlegung des Rechtsmittels durch den Generalbundesanwalt mit Schriftsatz vom 13. August 2008 hat der BND unter dem 29. August 2008 ein weiteres Behördenzeugnis erstattet. Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 angeordnet, dass eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes dazu eingeholt werden soll, ob die dem Angeklagten vorgeworfenen Taten konkrete nachteilige Auswirkungen auf die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland hatten, haben konnten, derzeit haben, oder ob solche Auswirkungen in der Zukunft zu erwarten sind. Eine entsprechende, die konkreten Umstände des vorliegenden Falles berücksichtigende Äußerung war zuvor nicht eingeholt worden. Die ersuchte Stellungnahme des Auswärtigen Amtes ist unter dem 11. Februar 2009 erstellt worden und am 17. Februar 2009 beim Bundesgerichtshof eingegangen.

II.

20
Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im noch angegriffenen Umfang, zur vorläufigen Einstellung des Verfahrens bezüglich der Tat I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) und hinsichtlich der weiteren angeklagten Taten zur Eröffnung des Hauptverfahrens und Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main.
21
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten hinsichtlich der Tat I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) vorgeworfen worden ist, sich wegen eines gewerbsmäßig begangenen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV) strafbar gemacht zu haben. Die insoweit zu erwartende Rechtsfolge - möglicherweise nur ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 1 AWG i. V. m. § 70 Abs. 1 Nr. 6, § 40 Abs. 1 AWV - fällt neben der Strafe, die der Angeklagte im Falle der Verurteilung wegen der anderen angeklagten Taten - diese sind jeweils mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bedroht - zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht.
22
2. Bezüglich der verbleibenden angeklagten Taten liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor. Das Oberlandesgericht hat - jeweils teilweise - zum einen überspannte Anforderungen an den für die Zulassung der Anklage erforderlichen Tatverdacht gestellt und die zu dessen Klärung erforderliche weitere Aufklärung (§ 202 StPO) unterlassen sowie zum anderen das Ergebnis der Ermittlungen unzutreffend gewürdigt. Im Einzelnen:
23
a) Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens , wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist - wie das Oberlandesgericht zu Beginn seiner Ausführungen zutreffend dargelegt hat - zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (vgl. BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 m. w. N.). Das Oberlandesgericht hat bei der weiteren Begründung seiner Entscheidung sodann jedoch mehrfach darauf abgestellt, aus den vorliegenden Beweismitteln lasse sich die für eine Verurteilung des Angeklagten ausreichende Überzeugung nicht gewinnen. Dies deutet darauf hin, dass es in der Sache einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt hat. Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; damit wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt , als dies beim dringenden Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 oder § 126 a StPO der Fall ist (vgl. BGHR aaO). Erst recht ist zur Eröffnung des Hauptverfahrens nicht die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung erforderlich.
24
b) Die Überprüfung eines Beschlusses des erstinstanzlich tätig werdenden Oberlandesgerichts, mit dem dieses die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, durch den Bundesgerichtshof ist indes nicht nur darauf beschränkt, ob das Oberlandesgericht seiner Bewertung des hinreichenden Tatverdachts den zutreffenden Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt hat und sich seine Beurteilung auf dieser Grundlage als rechtlich vertretbar erweist. Eine derart eingeschränkte Kontrolle entspräche zwar der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHSt 35, 39). An dieser hält der Senat jedoch nicht länger fest. Der Bundesgerichtshof hat als Beschwerdegericht das Wahrscheinlichkeitsurteil des Oberlandesgerichts und dessen rechtliche Bewertung vielmehr in vollem Umfang nachzuprü- fen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu würdigen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
25
Nach der Einfügung des § 122 Abs. 2 Satz 2 GVG ist mittlerweile nicht mehr gewährleistet, dass die Besetzung des Strafsenats des Oberlandesgerichts bei der Entscheidung über die Zulassung der Anklage mit derjenigen in der Hauptverhandlung identisch ist. Gerade auf die Identität der Besetzung bei der Eröffnungsentscheidung und in der Hauptverhandlung, wie sie nach damaliger Gerichtsverfassung vorgesehen war, ist in der Entscheidung BGHSt 35, 39, 40 ff. jedoch maßgebend abgehoben worden (so bereits BGHR aaO).
26
Soweit zur Begründung der früheren Auffassung weiter darauf abgestellt worden ist, dass die Beweiswürdigung in einem Urteil des Oberlandesgerichts lediglich mit der Revision - und damit nur in begrenztem Umfang - überprüft werden könne, rechtfertigt dies eine vergleichbar eingeschränkte Nachprüfung einer Nichteröffnungsentscheidung ebenfalls nicht. Zum einen besteht kein Anlass , Beschlüsse eines Oberlandesgerichts, mit denen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, anders zu behandeln als entsprechende Entscheidungen eines Landgerichts; dessen Urteil kann ebenfalls allein mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden. Zum anderen sind die unterschiedlichen Funktionen von Beschwerde- und Revisionsverfahren zu beachten. Die Beschwerde stellt sowohl die Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung als auch die Rechtsanwendung zur Nachprüfung des Beschwerdegerichts (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. Vor § 304 Rdn. 3). Demgegenüber ist die Revision auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. Vor § 333 Rdn. 1). Mit diesem unterschiedlichen Charakter von Beschwerde und Revision verbunden sind jeweils verschiedene Erkenntnismöglichkeiten von Beschwerde- und Revisionsgericht. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beruht auf einer vorläufigen Bewertung des aktenkundigen Ermittlungsergebnisses; diese kann vom Beschwerdegericht in gleicher Weise wie vom Erstgericht vorgenommen werden. Das tatgerichtliche Urteil ergeht auf der Grundlage der aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpften Überzeugung des Tatrichters. Die Würdigung der Beweise ist allein seine Aufgabe; die in der Hauptverhandlung durchgeführte Beweisaufnahme ist im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zu rekonstruieren (vgl. Schoreit in KK 6. Aufl. § 261 Rdn. 51 ff.). Die tatsächlichen Erkenntnismöglichkeiten des Revisionsgerichts bleiben demnach hinter denjenigen des Tatgerichts deutlich zurück.
27
c) Die nach diesen Vorgaben vorzunehmende Bewertung ergibt, dass der Angeklagte hinreichend verdächtig ist, sich im Fall I. 1. a) aa) (B. - Kameras) nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 17 Abs. 2 KWKG strafbar gemacht zu haben; denn das Ermittlungsergebnis liefert ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd die Entwicklung von Atomwaffen im Iran gefördert hat. Der Senat hat insoweit bereits in seiner in dieser Sache ergangenen Haftfortdauerentscheidung vom 26. Juni 2008 (AK 10/08) einen dringenden Tatverdacht bejaht. Es besteht bei erneuter vorläufiger Beurteilung des Ermittlungsergebnisses kein Anlass, nunmehr einen hinreichenden Tatverdacht zu verneinen.
28
aa) Das Entwickeln von Kriegswaffen setzt im Allgemeinen eine Tätigkeit voraus, die nach dem Vorliegen konkreter militärischer, technischer und wirtschaftlicher Forderungen darauf abzielt, eine Kriegswaffe zu schaffen, die es bisher entweder überhaupt oder zumindest nicht mit ihren spezifischen Eigenschaften gegeben hat (vgl. Pathe/Wagner in Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts , 2. Aufl. § 44 Rdn. 117; Heinrich in MünchKomm-StGB § 19 KWKG Rdn. 7). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Beschl. vom 26. Juni 2008 - AK 10/08) ist es indes nicht erforderlich, dass die Tätigkeit auf die Schaffung einer bislang mit ihren spezifischen Eigenschaften noch nicht existenten Kriegswaffe abzielt (so aber LG Stuttgart NStZ 1997, 290 zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 KWKG). Eine derart enge Auslegung des Tatbestandsmerkmals widerspricht auch bei "konventionellen" Kriegswaffen - insbesondere vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Verankerung der Kriegswaffenkontrolle in Art. 26 Abs. 2 GG - dem Regelungsziel des Kriegswaffenkontrollgesetzes (vgl. hierzu Holthausen NJW 1991, 203) und wird dem Umstand nicht gerecht, dass im Bereich der Kriegswaffenproduktion mittlerweile nicht das "Erfinden" völlig neuer Waffen, sondern das Erlangen der technologischen Voraussetzungen für eine Eigenproduktion bereits bekannter Kriegswaffen im Vordergrund steht (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 2000, 378, 379; Holthausen NStZ 1997, 290; ders. wistra 1998, 209; Pietsch NStZ 2001, 234). Dies gilt in besonderem Maße für die Entwicklung von Atomwaffen; gerade in diesem Bereich würde der Tatbestand seine intendierte Bedeutung verlieren, wollte man die Beteiligung an einem "Nachentwickeln" derartiger Waffen durch Staaten oder Organisationen, die noch nicht im Besitz atomarer Sprengköpfe sind, aus dem Bereich der Strafbarkeit herausnehmen (vgl. Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 7). Unter den Begriff des "Entwickelns" von Atomwaffen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 KWKG fallen deshalb sämtliche Maßnahmen zur Schaffung der technologischen Voraussetzungen für eine eigene atomare Kampfstoffproduktion einschließlich der Planung und Errichtung von Produktionsanlagen (vgl. OLG Düsseldorf aaO).
29
Nach diesen Maßstäben machen es die vorliegenden Beweismittel bei vorläufiger Bewertung wahrscheinlich, dass zur Tatzeit im Iran Atomwaffen entwickelt wurden. Hierfür sprechen insbesondere bereits die Erkenntnisse, die der BND in der Stellungnahme vom Mai 2008 aufgezeigt hat. Bei dieser Äußerung handelt es sich um ein Behördenzeugnis und nicht um ein Behördengutachten , denn Aufgabe des BND ist es in diesem Zusammenhang, den Beweisstoff durch die Bekundung von ihm festgestellter Tatsachen darzulegen, und nicht auf der Basis bereits vorhandenen Tatsachenmaterials oder angestellter Untersuchungen als Sachverständiger Bewertungen abzugeben (vgl. MeyerGoßner aaO § 256 Rdn. 5 f.). Der BND hat nachvollziehbar dargelegt, nach seiner Einschätzung seien im Iran Entwicklungsarbeiten an Kernwaffen auch nach 2003 zu erkennen. Dies wird u. a. mit Erkenntnissen über Beschaffungsaktivitäten des Iran unter Beteiligung einschlägig bekannter Institutionen bezüglich solcher Güter begründet, die der Entwicklung von Kernwaffen dienen können. Der Wertung des Oberlandesgerichts, diese Aussagen seien "überaus vage" , ist vor diesem Hintergrund nicht zu folgen. Dies gilt erst recht, nachdem der BND seine Erkenntnis in einem weiteren - allerdings erst nach der angefochtenen Entscheidung erstellten - Zeugnis vom 28. August 2008 spezifiziert und durch die Darlegung weiterer Indizien ergänzt hat. So hat er etwa auf die Entwicklung eines neuen Trägerraketensystems und die Gemeinsamkeiten der Beschaffungsbemühungen des Iran und denjenigen von Ländern mit bereits bekannten Atomwaffenprogrammen - wie z. B. Pakistan und Nordkorea - hingewiesen.
30
Die Bedeutung dieser jedenfalls bei einer Gesamtschau gewichtigen Indizien wird durch die sonstigen Beweismittel nicht derart relativiert, dass der hinreichende Tatverdacht entfällt. Insbesondere der vom Oberlandesgericht zur Begründung seiner Auffassung herangezogene US-amerikanische National Intelligence Estimate vom November 2007 macht aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Beschwerdebegründung vom 13. August 2008 zutreffend ausgeführten Gründen (S. 3 ff.) die Verurteilung des Angeklagten nicht unwahrscheinlich. Dasselbe gilt für die aktenkundigen Äußerungen der Internationalen Atomenergiebehörde.
31
Der Senat weist allerdings erneut ausdrücklich darauf hin, dass für den hier zu beurteilenden hinreichenden Tatverdacht die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung maßgebend ist. Ob sich eine die Verurteilung des Angeklagten tragende Überzeugung dahin gewinnen lässt, dass der Iran im Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt hat, kann demgegenüber erst aufgrund einer Bewertung der in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme entschieden werden. In deren Rahmen wird es unumgänglich sein, über die Einführung der Behördenzeugnisse des BND hinaus auch den in diesem Zusammenhang vom Generalbundesanwalt angebotenen Zeugenbeweis zu erheben. Daneben wird es in besonderem Maße erforderlich sein, die sonstigen erreichbaren Beweismittel zur Aufklärung dieser Frage zu nutzen; denn es darf nicht verkannt werden , dass es sich bei den Behördenzeugnissen des BND nur um sekundäre Beweismittel handelt, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse und Bewertungen nicht bzw. nicht vollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Beweiswürdigung unter Heranziehung der weiteren zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten bedürfen.
32
bb) Bei dem Tatbestand des Förderns i. S. d. § 19 Abs. 1 Nr. 2 KWKG handelt es sich um eine zur Täterschaft erhobene selbstständige Form der Beihilfe. Er umfasst diejenigen Hilfeleistungen, die unter § 27 Abs. 1 StGB subsumiert werden können, und damit jede Handlung, welche die Rechtsgutsverletzung des Haupttäters ermöglicht oder verstärkt oder ihre Durchführung erleichtert (vgl. Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, KWKG § 19 Rdn. 5 m. w. N.; Pathe/Wagner aaO § 44 Rdn. 121 ff.; Holthausen NJW 1991, 203, 204).
33
Das Ergebnis der Ermittlungen macht es wahrscheinlich, dass der Angeklagte durch das Vermitteln des Verkaufs und der Lieferung der Hochgeschwindigkeitskameras in den Iran die dortige Entwicklung von Atomwaffen in diesem Sinne gefördert hat. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts besteht insbesondere eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Kameras eine militärische Verwendung finden sollten. Hierfür sprechen vor allem deren spezifische, gerade für die Entwicklung von Kernwaffen erforderliche Eigenschaften , die konkreten, in hohem Maße aufwändigen und konspirativen Umstände der Abwicklung des Geschäfts sowie die sonstigen ermittelten Beschaffungsaktivitäten des "Einkäufers" K. .
34
cc) Das Ermittlungsergebnis belegt schließlich in einem für die Eröffnung des Hauptverfahrens ausreichendem Maße den Vorsatz des Angeklagten. Diesem waren nach seiner eigenen Einlassung die Verwendungsmöglichkeiten der Kameras im militärischen Bereich bekannt. Er handelte bewusst unter Verstoß gegen das Iran-Embargo und trug wesentlich dazu bei, dass die Kameras in einem aufwändigen Verfahren auf konspirative Weise in den Iran gelangten. Außerdem hielt er sich regelmäßig im Iran auf. Diese und die weiteren, vom Generalbundesanwalt in seiner Anklageschrift (S. 37 ff.) aufgeführten Gesichtspunkte machen es wahrscheinlich, dass er die Entwicklung von Atomwaffen im Iran und den Umstand, diese durch die Vermittlung der Lieferung der Kameras zu fördern, jeweils zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm.
35
dd) Ein hinreichender Tatverdacht dahin, dass der Angeklagte den in der Anklageschrift nicht aufgeführten Qualifikationstatbestand des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG verwirklicht hat, besteht auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der vom Senat im Zwischenverfahren veranlassten Beweiserhebung nicht.
36
§ 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG setzt voraus, dass durch die Handlung des Täters die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gefährdet werden. Der Tatbestand ist - im Gegensatz etwa zu § 34 Abs. 2 Nr. 3, § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG, bei denen es sich um abstraktkonkrete Gefährdungsdelikte handelt (s. u. II. 2. d) cc)) - vom Gesetzgeber, nachdem ursprünglich sogar ein Verletzungsdelikt vorgesehen war (BTDrucks. 11/4609 S. 4, 9), als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltet worden (vgl. BTDrucks. 11/7221 S. 11). Daher genügt eine lediglich potentielle Rechtsgutsgefährdung nicht. Notwendig ist vielmehr, dass für das betroffene Schutzgut eine konkret riskante Situation entsteht, bei der das Umschlagen in eine Verletzung unmittelbar bevorsteht und deren Ausbleiben nur vom Zufall abhängt (vgl. Pathe/Wagner aaO § 44 Rdn. 128; Steindorf aaO KWKG § 19 Rdn. 13; Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 19). Diese Feststellung bereitet bereits bei der Gefährdung von Individualrechtsgütern im Einzelfall regelmäßig Schwierigkeiten. Bei dem hier in Rede stehenden, ein Rechtsgut der Allgemeinheit schützenden und sprachlich weit gefassten Tatbestandsmerkmal ist sie in der Regel erst recht schwer und kaum mit ausreichender Sicherheit zu treffen (für § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ebenso Steindorf aaO KWKG § 19 Rdn. 11). Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht aus einer tatsächlich eingetretenen Störung auf eine konkrete Gefährdung geschlossen werden kann (vgl. Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 19).
37
Im Übrigen hat der Senat für das Tatbestandsmerkmal "Eignung zur Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland" (vgl. etwa § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG), das sich von dem hier relevanten allerdings durch den erforderlichen Grad der Intensität des Angriffs auf das geschützte Rechtsgut unterscheidet, bereits darauf hingewiesen, dass dieses sprachlich sehr weit gefasst und seine Verwendung deshalb mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG in hohem Maße problematisch ist. Sowohl der verfassungsrechtliche Kontext als auch Überlegungen auf der Ebene des einfachen Gesetzes machen deshalb eine einschränkende Auslegung notwendig (vgl. BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Diese Grundsätze gelten im Rahmen des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG entsprechend. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm muss die Gefährdung auch hier "erheblich" sein. Die Annahme des Tatbestandsmerkmals führt zu einer deutlichen Verschärfung der angedrohten Sanktion. Während der Grundtatbestand des § 19 Abs. 1 KWKG Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vorsieht, reicht der Strafrahmen des § 19 Abs. 2 KWKG von zwei bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe. Das Rechtsgut der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland steht schließlich in einer Reihe mit den besonders gewichtigen Schutzgütern der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und dem friedlichen Zusammenleben der Völker (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b KWKG).
38
Hieraus folgt, dass eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland nur dann vorliegt, wenn anhand konkreter tatsächlicher Umstände festzustellen ist, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Tat in eine Lage gebracht werden kann, die es ihr unmöglich macht oder ernsthaft erschwert, ihre Interessen an gedeihlichen Beziehungen zu anderen Staaten zu wahren. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn aufgrund der Tat Akte starker diplomatischer Missbilligung, eine feindselige Kampagne der führenden Medien eines wichtigen Landes der Völkergemeinschaft oder eine Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland in inter- bzw. supranationalen Gremien nahe liegend zu erwarten sind. Demgegenüber reicht nicht jede mögliche negative Reaktion eines fremden Staates, wie z. B. eine bloße Demarche, für sich allein bereits aus (vgl. BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen m. w. N.).
39
In diesem Sinne kann eine Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zum Beispiel dann in Betracht kommen, wenn Atomwaffen oder zu deren Entwicklung bzw. Herstellung geeignete Güter unter Verletzung von völkerrechtlichen Verträgen oder Embargo-Vereinbarungen vom Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aus in andere Staaten, insbesondere einen militärischen Gegner eines Bündnispartners der Bundesrepublik Deutschland gelangen. Gleiches kann etwa gelten, wenn Waffen ausgeführt werden, hinsichtlich derer sich die Bundesrepublik Deutschland im Wege der internationalen Zusammenarbeit der Durchführung einer gemeinsamen Exportkontrolle unterworfen hat, da ein illegaler Export der Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen als Vollzugsdefizit angelastet werden könnte (vgl. Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 23).
40
Nach diesen Maßstäben machen es auch die vom Auswärtigen Amt in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2009 mitgeteilten tatsächlichen Umstände nicht wahrscheinlich, dass in der Hauptverhandlung die dargelegten Tatbestandsvoraussetzungen nachgewiesen werden könnten. Das Auswärtige Amt hat keine durch die vorliegende Tat ausgelöste Reaktion eines fremden Staates oder eines inter- bzw. supranationalen Gremiums mitgeteilt. Die von ihm dargelegten Tatsachen reichen auch im Übrigen nicht aus, um von einer durch die Handlung des Angeklagten verursachten Situation auszugehen, bei der das Umschlagen in eine Verletzung in dem beschriebenen Sinn unmittelbar bevorsteht und deren Ausbleiben nur vom Zufall abhängt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der aufgezeigten besonderen Aktivitäten der Bundesrepublik Deutschland zur Befriedung der im Nahen und Mittleren Osten bestehenden Konflikte und der besonderen Rolle, die das Empfängerland Iran in der Staatengemeinschaft einnimmt. Soweit das Auswärtige Amt zwei nicht den vorliegenden Fall betreffende kritische Zeitungsartikel - einen amerikanischen aus dem Jahre 2008 und einen israelischen aus dem Jahre 2007 - anführt, kommt diesen vereinzelten Pressemeldungen hier keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. Bieneck in Wolffgang/Simonsen, AWG § 34 Rdn. 63). Von besonderem Belang ist demgegenüber, dass die Kameras aus Russland in den Iran gelangten , ohne dass die deutschen Exportkontrollbehörden mit diesem Vorgang in irgendeiner Weise befasst waren. Der Angeklagte beging wesentliche Tatbeiträge wie das Aushandeln der Einzelheiten des Vertrages oder das Beschaffen einer geeigneten Endverbleibsbescheinigung in Russland bzw. im Iran und damit im Ausland. Allein der Umstand, dass er sich als deutscher Staatsbürger an dem Verbringen der Kameras in den Iran beteiligte und einen Teil seiner Aktivitäten von deutschem Staatsgebiet aus entfaltete, reicht vor dem Hintergrund der Gesetzessystematik bei sachgerechter Bewertung der sonstigen Umstände deshalb nicht aus, um einen hinreichenden Tatverdacht bezüglich des Qualifikationstatbestandes anzunehmen.
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d) Im Fall I. 1. a) bb) (L. -Detektoren) besteht ein hinreichender Tatverdacht für eine Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 9 Satz 1, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV.
42
aa) Nach § 69 o Abs. 9 AWV bedürfen Maklerdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Ausfuhr von Gütern im Sinne von Anhang II der Iranembargo-VO nach Iran oder ihrer Herstellung und Verwendung im Iran, die innerhalb oder außerhalb des Wirtschaftsgebiets von Gebietsansässigen erbracht werden, der Genehmigung. Dieser Genehmigungsvorbehalt entspricht demjenigen in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Iranembargo-VO. Gemäß § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV wird nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 AWG u. a. bestraft, wer ohne Genehmigung nach § 69 o Abs. 9 Satz 1 Maklerdienstleistungen erbringt. Die § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV wurden am 21. August 2007 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Hieraus folgt, dass ein hinreichender Verdacht für eine Strafbarkeit nach diesen strafbegründenden Vorschriften nur dann bejaht werden kann, wenn der Angeklagte durch nach diesem Zeitpunkt begangene Handlungen wahrscheinlich gegen den Genehmigungsvorbehalt verstoßen hat. Hierzu gilt:
43
Das Ermittlungsergebnis macht es wahrscheinlich, dass die Zählrohre für nukleare Zwecke konstruiert waren und somit den in Anhang II Nr. IIA0.006 der Iranembargo-VO aufgeführten nuklearen Nachweissystemen unterfielen.
44
Es bestehen ebenfalls ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nach dem 21. August 2007 ohne die erforderliche Genehmigung Maklerdienstleistungen im Sinne der genannten Vorschriften erbrachte. Nach Art. 1 Buchst. f der Iranembargo-VO sind als Maklerdienstleistungen Tätigkeiten von Personen, Einrichtungen und Partnerschaften anzusehen, die als Vermittler beim Kauf, beim Verkauf oder bei der Organisation des Transfers von Gütern und Technologien tätig sind oder die Transaktionen aushandeln oder organisieren, die den Transfer von Gütern und Technologien beinhalten.
45
Die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien waren zwar bereits vor dem 21. August 2007 getroffen. Es besteht jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Angeklagte, der am 20. August 2007 in den Iran gereist war, noch in der Zeit danach als Vermittler bei der Organisation des Transfers der Güter tätig war, indem er mit der St. GmbH einerseits und den iranischen Auftraggebern andererseits dessen Modalitäten besprach und insbesondere über eine ausreichende Endverbleibserklärung verhandelte. Dem Oberlandesgericht ist dahin zuzustimmen, dass der Inhalt der als Beweismittel vorgelegten E-Mails sowie der Telefonate, die der Angeklagte aus dem Iran führte, isoliert betrachtet eher geringe Rückschlüsse auf eine Maklertätigkeit des Angeklagten während seines Aufenthalts im Iran zulässt. Die vom Angeklagten von dort aus entfalteten Bemühungen sind jedoch bei verständiger Würdigung des Gesamtgeschehens als Fortsetzung der bereits zuvor begonnenen, langwierigen und intensiven Tätigkeiten zu sehen, die der Vorlage einer den Anforderungen des BAFA genügenden Endverbleibserklärung dienten. Die Problematik, dem BAFA eine plausible Endverwendung der Detektoren vorzutäuschen, war für die beabsichtigte Ausfuhr der Güter von zentraler Bedeutung und damit wesentlicher Bestandteil der vom Angeklagten als Vermittler für die Ausfuhr der Ware in den Iran noch zu leistenden Tätigkeiten. Vor diesem Hintergrund belegen die in der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel bei einer Gesamtschau noch ausreichend die Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte auch nach dem 21. August 2007 Maklerdienstleistungen erbrachte. Ob sich insoweit eine die Verurteilung tragende Überzeugung gewinnen lässt, bleibt der Bewertung des Ergebnisses der in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme vorbehalten.
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bb) Der wahrscheinlichen Strafbarkeit des Angeklagten steht nicht entgegen , dass er seine Tätigkeiten nach dem 21. August 2007 nicht in der Bundesrepublik Deutschland sondern im Iran erbrachte. Zum einen erstreckt § 69 o Abs. 9 AWV den durch § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV strafbewehrten Genehmigungsvorbehalt ausdrücklich auf Maklerdienstleistungen, die außerhalb des Wirtschaftsgebiets, mithin des Geltungsbereichs des Außenwirtschaftsgesetzes4 Abs. 1 Nr. 1 AWG), von Gebietsansässigen erbracht werden. Als natürliche Person mit Wohnsitz in Frankfurt am Main ist der Angeklagte Gebietsansässiger (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 AWG). Zum anderen bestimmt § 35 AWG, dass § 34 AWG, unabhängig vom Recht des Tatorts, auch im Ausland gilt, wenn der Täter - wie der Angeklagte - Deutscher ist.
47
Diese Erstreckung des Geltungsbereichs des materiellen deutschen Strafrechts auf Auslandstaten verstößt nicht gegen Art. 25 GG (aA Pottmeyer NStZ 1992, 57). Nach dieser Grundgesetznorm sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts und gegenüber Vorschriften der einfachen Gesetze vorrangig. Als allgemeine Regeln in diesem Sinne sind u. a. das Prinzip der territorialen Souveränität und das völkerrechtliche Interventionsverbot zu qualifizieren. Aus diesen ergibt sich, dass es jedem Staat grundsätz- lich untersagt ist, sich in Angelegenheiten einzumischen, die der inneren Jurisdiktion eines anderen Staates unterliegen. Von dieser Regel ist indes dann eine Ausnahme zu machen, wenn für die Erstreckung der Strafbarkeit auf Auslandssachverhalte ein legitimierender Anknüpfungspunkt vorliegt (vgl. BGHSt 27, 30, 32 ff.; 34, 334, 336). Eine derartige Legitimation für die Strafbarkeitserstreckung auf Taten im Ausland ist dann gegeben, wenn sie von einem der Prinzipien des internationalen Strafrechts gedeckt ist. Nach der Staatenpraxis ist es grundsätzlich zulässig, den sachlichen Anwendungsbereich einer Rechtsnorm über den durch das eigene Hoheitsgebiet markierten räumlichen Geltungsbereich hinaus auf Auslandssachverhalte zu erstrecken, sofern zwischen dem normierenden Staat und dem von ihm normierten Auslandssachverhalt eine "echte Verknüpfung" gegeben ist. Diese Voraussetzung wird allgemein angenommen, wenn der den Auslandssachverhalt regelnde Normtatbestand zugleich einen mit diesem substantiell hinreichend verknüpften Inlandssachverhalt betrifft (vgl. Holthausen NJW 1992, 214). Eine derartige ausreichende Verknüpfung der Auslandserstreckung mit einem Inlandssachverhalt ist im Außenwirtschaftsrecht aufgrund der in Rede stehenden Schutzgüter der äußeren Sicherheit und der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland gegeben (vgl. Bieneck aaO § 35 Rdn. 10). Darüber hinaus greift bei § 35 AWG auch das Personalitätsprinzip ein, wonach jeder Staat über seine Staatsangehörigen die Personalhoheit ausübt. Diese verleiht ihm die Kompetenz, sie zu einem bestimmten Verhalten zu verpflichten, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn sie sich in fremdem Hoheitsgebiet aufhalten (vgl. Holthausen NJW 1992, 214, 215). Die bei der Regelung von Auslandssachverhalten entstehende Kollision von Territorialitätsprinzip und Personalitätsprinzip ist - jedenfalls im hier relevanten Bereich des Außenwirtschaftsstrafrechts - in dem Sinne zu lösen, dass die Staatsangehörigkeit des Normadressaten als ausreichende Verknüpfung zu dem normierten Auslandstatbestand anzusehen ist (vgl. Diemer in Erbs/Kohlhaas, Straf- rechtliche Nebengesetze, AWG § 35 Rdn. 2; allg. BGH NJW 1969, 1542; NJW 1951, 769 f.; jeweils zu § 3 StGB aF; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. Vorbem §§ 3-7 Rdn. 6; vgl. auch § 5 Nr. 3 Buchst. a, Nr. 5 Buchst. b, Nr. 8, 9, 12, 13 StGB).
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cc) Mit der Anklageschrift des Generalbundesanwalts ist davon auszugehen , dass ein hinreichender Tatverdacht für eine Erfüllung des Qualifkationstatbestands nach § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG nicht besteht; denn es ist nach dem Ermittlungsergebnis nicht wahrscheinlich, dass die Handlungen des Angeklagten geeignet waren, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Bei diesem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt ist - anders als etwa bei § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG (s. o. II. 2. c) dd)) - der tatsächliche Eintritt einer Gefährdung nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn die Tathandlung nach den objektiven Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefährdung bewirken kann (vgl. Diemer aaO § 34 Rdn. 14, 35; Bieneck aaO § 34 Rdn. 62 ff.; Friedrich in Hocke /Berwald/Maurer/Friedrich, Außenwirtschaftsrecht, AWG § 34 Rdn. 57; vgl. im Übrigen zu diesem Tatbestandsmerkmal ausführlich BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
49
Dies ist aufgrund einer Gesamtschau der konkreten Einzelfallumstände zu entscheiden. Ein wichtiges Indiz hierbei ist, ob staatlichen deutschen Stellen ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass es zu dem Verstoß gegen die außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen kommen konnte; denn in diesen Fällen liegt es deutlich näher, dass die Bundesrepublik Deutschland negativen Reaktionen anderer Staaten oder internationaler Organisationen ausgesetzt ist, als bei Fallgestaltungen, in denen den staatlichen Organen kein Fehlverhalten anzulasten ist. Erst recht gilt dies, wenn diese durch ihr Eingreifen eine verbotene oder ohne die erforderliche Genehmigung geplante Lieferung eines Wirt- schaftsgutes sogar verhindert haben. Daneben werden regelmäßig die sonstigen Umstände wie etwa Art und Menge der Ware, deren Verwendungsmöglichkeit und -zweck, das konkrete Empfängerland etc. ebenso in die Gesamtbetrachtung einzustellen sein wie Umfang und Gewicht der konkreten außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Tat gefährdet werden können.
50
Danach ist hier von wesentlicher Bedeutung, dass es dem Angeklagten nicht gelungen ist, das BAFA und damit die deutsche Exportkontrollbehörde durch die Vorlage einer den Tatsachen nicht entsprechenden Endverbleibsbescheinigung zur Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung zu veranlassen, und die Durchführung des Geschäfts maßgebend aus diesem Grunde gescheitert ist. Deshalb liegt es - auch bei Berücksichtigung der sonstigen tatsächlichen Umstände , wie sie das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2009 dargelegt hat - bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Gesichtspunkte nicht nahe, dass die erfolglose Vermittlungstätigkeit des Angeklagten im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts ihrer Art nach typischerweise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet war, Akte starker diplomatischer Missbilligung oder Medienkampagnen gegen die Bundesrepublik Deutschland in wichtigen Partnerländern oder gar negative Reaktionen in einem inter- oder supranationalen Gremium herbeizuführen.
51
3. Zuständig zur Durchführung des Hauptverfahrens ist die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (§ 74 Abs. 1, § 74 c Abs. 1 Nr. 3 GVG). Die allein nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG in Betracht kommende Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, zu dem der Generalbundesanwalt die Anklage erhoben hat, ist nicht gegeben; denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.
52
a) Soweit das Verfahren mit der Vermittlung der Lieferung der B. - Kameras in den Iran ein Delikt nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz betrifft, sieht § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Tatgericht nur bei Straftaten nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 und § 20 Abs. 1 KWKG vor. Aus den dargelegten Gründen (s. o. II. 2. c) dd)) ist der Angeklagte jedoch eines Verstoßes gegen den im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG nicht hinreichend verdächtig.
53
b) Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ergibt sich auch nicht aus der angeklagten Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV (L. -Detektoren). Bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz hängt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts - soweit im vorigen Fall von Relevanz - u. a. davon ab, dass die Tat nach den Umständen geeignet ist, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen zu dem materiellrechtlichen Qualifikationstatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG, hinsichtlich dessen jedoch Anklage nicht erhoben worden ist und nach der Bewertung durch den Senat auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der im Zwischenverfahren durchgeführten Beweiserhebung kein hinreichender Tatverdacht besteht. Soweit dort bestimmt ist, eine in § 34 Abs. 4 AWG bezeichnete "Handlung" müsse geeignet sein, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, während § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG darauf abstellt, ob diese Eignung der "Tat nach den Umständen" zukommt, kommt dieser unterschiedlichen sprachlichen Formulierung in der Sache hier keine maßgebende Bedeutung zu.
54
Aus den entsprechenden Gründen wäre die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts auch nicht durch die vom Senat vorläufig eingestellte Tat (V. Ferngläser) begründet gewesen.
55
4. Der zuständigen Strafkammer obliegt die nach § 76 Abs. 2 GVG zu treffende Entscheidung über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung (vgl. OLG Koblenz wistra 1995, 282; Meyer-Goßner aaO § 76 GVG Rdn. 4 m. w. N.).
56
5. Mit der teilweisen Eröffnung des Hauptverfahrens entfallen die vom Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung sowie der Ausspruch über die Entschädigung des Angeklagten für die erlittene Untersuchungshaft. Becker RiBGH Dr. Miebach befindet Pfister sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Sost-Scheible Schäfer

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.

(2) Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist.

(3) Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sich auch auf die Umstände erstrecken, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind. Dazu kann sie sich der Gerichtshilfe bedienen.

(4) Eine Maßnahme ist unzulässig, soweit besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.

(2) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegericht vorzulegen.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für die Entscheidungen des Richters im Vorverfahren und des beauftragten oder ersuchten Richters.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.