Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 03. Juli 2015 - 13 B 113/15
Tenor
Die im Rubrum aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 5. Dezember 2014 werden auf Kosten der jeweiligen Antragsteller zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für das jeweilige Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
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G r ü n d e :
2I. Der Senat befindet über die auf dasselbe Ziel gerichteten Begehren der Antragsteller in gemeinsamer Entscheidung (§ 93 Satz 1 VwGO).
3II. Die Beschwerden, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der Darlegungen der Antragsteller entscheidet, haben keinen Erfolg. Die Antragsteller haben auch mit ihrem Beschwerdevorbringen keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
4Die Antragsteller machen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Kapazität des Modellstudiengangs Humanmedizin in Aachen nach nunmehr elf Jahren Laufzeit nicht auf der Basis des früheren Regelstudiengangs berechnen dürfen. Angesichts der offensichtlich unwirksamen Kapazitätsberechnung sei ein Sicherheitszuschlag von 15 v. H. vorzunehmen. Dieses Vorbringen verhilft den Beschwerden im Ergebnis nicht zum Erfolg.
5Die Antragsteller weisen zutreffend darauf hin, dass es nunmehr rechtlich geboten ist, die wahre Kapazität des Studiengangs zu ermitteln, und diese nicht weiterhin fiktiv nach dem früheren Regelstudiengang berechnet werden darf (1.) Für eine Kapazitätsberechnung nach den Modalitäten des Modellstudiengangs bietet die Kapazitätsverordnung aber keine rechtliche Grundlage (2.). Dies führt im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allerdings weder dazu, dass Eilanträge von vornherein erfolglos sind, noch dazu, dass 15 % mehr Plätze als festgesetzt zu vergeben oder Studienbewerber bis zur Grenze der Funktionsunfähigkeit der Hochschule aufzunehmen wären (3.).
61. Die Kapazität für den Aachener Modellstudiengang Medizin darf im hier streitgegenständlichen Wintersemester 2014/2015 nicht gemäß §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 21 KapVO, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV 2008 abweichend von den Vorgaben der Kapazitätsverordnung berechnet werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind elf Jahre nach seiner Einführung – zum Wintersemester 2003/2004 – und damit nach Ablauf der ursprünglichen Befristungsdauer nicht mehr gegeben.
7a. Nach § 1 Abs. 1, 1. HS KapVO – der Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV 2008 (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 StV a. F.) entspricht – sind die Zulassungszahlen so festzusetzen, dass unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird. Bei der Erprobung neuer Studiengänge und -methoden können nach § 1 Abs. 2 KapVO (= Art 6 Abs. 2 Satz 2 StV 2008, Art. 7 Abs. 2 Satz 2 StV a. F.) Zulassungszahlen abweichend davon festgesetzt werden. § 21 KapVO bestimmt, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Zulassungszahlen abweichend von den Bestimmungen des Zweiten Abschnitts der Kapazitätsverordnung festgesetzt werden können. § 41 ÄApprO schließlich erlaubt unter näher bestimmten Voraussetzungen die Zulassung eines Modellstudiengangs, der von den – auf das Regelstudium zugeschnittenen – Vorschriften der Verordnung abweicht.
8b. Ausgehend von diesen Vorschriften durfte nach ständiger Senatsrechtsprechung die Berechnung der Ausbildungskapazität für die Dauer des befristet laufenden Modellstudiengangs nach den Berechnungsmodalitäten des (fiktiven) Regelstudiengangs erfolgen, d. h. unter Berücksichtigung der normativ vorgegebenen Ausbildungsanforderungen und des Curricularnormwerts und ‑eigenanteils eines mit der Vorklinik beginnenden Regelstudiums. Das nach §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 21 KapVO bestehende Ermessen muss die Wissenschaftsverwaltung unter Berücksichtigung der Grundrechte der Hochschule und der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 GG, der Grundrechte der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG und der eingeschriebenen Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie des öffentlichen Interesses an der Reform der ärztlichen Ausbildung ausüben. Auch § 1 Abs. 1, 2. HS KapVO (= Art. 6 Abs. 2 Satz 1, 2. HS StV) fordert, dass bei der erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazität die Qualität in Forschung und Lehre, die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung zu gewährleisten sind. Hiervon ausgehend ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn in der Umstellungs- und Erprobungsphase eines Modellstudiengangs die Kapazität nach dem früheren Regelstudiengang berechnet wird, um dem Orientierungs- und Neuordnungsprozess Zeit zu geben. Dafür, dass diese Art der Kapazitätsberechnung die wahre Ausbildungskapazität erkennbar verfehlte, gab es in Aachen keine Anhaltspunkte; im Gegenteil lagen Erkenntnisse vor, dass die fiktive Berechnung kapazitätsfreundlich ist.
9Vgl. für den Modellstudiengang an der RWTH Aachen: OVG NRW, Beschlüsse vom 31. März 2004 - 13 C 20/04 -, und vom 28. Mai 2004 - 13 C 20/04 -, jeweils juris; für den Modellstudiengang an der Universität Köln: OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2014 - 13 B 776/14 -, juris, Rn. 3, vom 2. Oktober 2013 - 13 B 867/13 u. a. -, vom 27. Mai 2013 - 13 B 357/13 u. a. -, und vom 12. Juni 2012 - 13 B 376/12 -, jeweils juris.
10c. Nach Ablauf der ursprünglichen Befristungsdauer des Modellstudiengangs, lang-jähriger Erfahrung mit dem neuen Konzept und umfassender Evaluation fehlt es an der Erprobung eines neuen Studiengangs.
11Zwar ist nach Vorlage der Evaluationsergebnisse die Laufzeit inzwischen bis zum 30. September 2018 verlängert worden (§ 39 Abs. 1 Studien- und Prüfungsordnung für den Modellstudiengang Medizin der RWTH Aachen vom 5. November 2008 in der Fassung vom 25. Oktober 2013, im Folgenden: Studienordnung). Selbst wenn dies rechtlich nicht zu beanstanden wäre – insbesondere sieht § 41 ÄAppO die Verlängerung ausdrücklich vor –, rechtfertigt die Verlängerung bis 2018 aber nicht, kapazitätsrechtlich weiterhin von einer Erprobung auszugehen.
12Der Orientierungs- und Neuordnungsprozess ist hier unter Berücksichtigung der Zeitdauer sowie der sonstigen Umstände abgeschlossen. Es liegen hinreichende Erfahrungen mit dem Modellstudiengang vor, insbesondere Erkenntnisse über die Praktikabilität der Studienordnung und des Studienplans, vor allem über die Verknüpfung von Vorklinik und Klinik. In den elf Jahren seit Einführung des Modellstudiengangs zum Wintersemester 2003/2004 bis zum Beginn des hier streitgegenständlichen Wintersemesters 2014/2015 haben zahlreiche Kohorten den kompletten Studiengang durchlaufen und ihre Examina abgelegt. Der Modellstudiengang hat sich konsolidiert und wurde auch umfangreich evaluiert. Hiervon ausgehend kann von einer Umstellungs- und Erprobungsphase kapazitätsrechtlich nicht mehr die Rede sein.
13Es ist auch nichts dafür erkennbar, dass die Verlängerung des Modellstudiengangs auf eine Laufzeit von insgesamt 15 Jahren erfolgte, weil noch keine hinreichenden Erkenntnisse vorliegen. In ihrem Verlängerungsantrag verwies die Antragsgegnerin auf die positiven Ergebnisse der Aachener Absolventen im 2. Staatsexamen sowie die jährlichen internen Evaluationsergebnisse unter Studierenden und Dozenten, die eine Verlängerung nahe legten. Ausweislich des Schreibens des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Oktober 2013, mit dem der Verlängerung zugestimmt worden ist, waren die Evaluationsergebnisse des Modellstudiengangs Grundlage für die Entscheidung. Nach dem Evaluationsbericht aus dem Jahr 2012 ist das neue Studienkonzept „erfolgreich etabliert“ worden (Seite 4). Die Erarbeitung und Umsetzung von Systemblöcken (z. B. „Systemblock Herz-Kreislauf“) sei ein schwieriger Prozess zu Beginn des Modellstudiengangs gewesen, die Studienplangestaltung jetzt aber zum größten Teil abgeschlossen (S. 16). Dass das Konzept weiter verbessert werden kann und soll, rechtfertigt es nicht, weiterhin von einer Erprobung eines neuen Studiengangs auszugehen. Der Evaluationsbericht 2012 zeigt nicht auf, dass grundlegende Änderungen oder Weiterentwicklungen anstehen; vielmehr geht es nur um Optimierungen. So wird betont, dass sich die Grundkonzeption bis heute nicht geändert habe, in der Entwicklungsphase Änderungen, auch der Studienordnung, vorgenommen wurden, gegenwärtig aber allenfalls Details geändert, etwa bestimmte Lehrinhalte noch besser aufeinander abgestimmt würden (S. 11ff.). Es finden nur noch „Feinjustierungen“ der Studieninhalte (S. 68) statt. Das ist aber weder Besonderheit eines Modellstudiengangs noch Kennzeichen einer Erprobung.
14Der Einwand der Antragsgegnerin, dass mit Modellstudiengängen erprobt werden solle, ob zukunftsweisende Studiengestaltungen besser zur Ausbildung von Studierenden der Medizin geeignet seien als der Regelstudiengang, rechtfertigt es nicht, weiterhin von der Erprobung eines neuen Studiengangs auszugehen. Die Idee von Modellstudiengängen mag es gewesen sein, Erkenntnisse für künftige Verbesserungen des Regelstudiengangs zu gewinnen. Dass hier nach elf Jahren keine hinreichenden Erkenntnisse vorliegen, ist nicht anzunehmen. Auch fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass hier die Rückkehr zum Regelstudiengang bevorsteht. Abgesehen davon rechtfertigte dieser Zweck von Modellstudiengängen angesichts der oben ausgeführten Umstände nicht die kapazitätsrechtliche Annahme, es werde weiterhin ein neuer Studiengang erprobt.
15Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Erprobungszeit zwölf Jahre betrage. Der Senat hat lediglich für den Modellstudiengang in Köln, für den in der Studienordnung eine Laufzeit von höchstens zwölf Jahren festgelegt worden ist, eine Übergangsfrist von höchstens zwölf Jahren angenommen. Ferner hat er darauf hingewiesen, dass nach Ablauf dieser Zeit zum Wintersemester 2015/2016 eine Kapazitätsberechnung nach den Modalitäten des Modellstudiengangs geboten sein dürfte.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2014 - 13 B 776/14 -, juris.
172. Wie die Ausbildungskapazität in einem integrierten Modellstudiengang Medizin, der sich nicht mehr in der Erprobungsphase befindet, zu ermitteln ist, ist den geltenden Bestimmungen nicht zu entnehmen (a.). Es ist aber Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers, eine Berechnungsmethode zur Ermittlung der Ausbildungs-kapazität normativ festzulegen (b.).
18a. Allgemein bestimmt § 1 Abs. 1 KapVO, dass die Zulassungszahlen so festzusetzen sind, dass unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird. Ähnlich abstrakte Vorgaben enthält § 29 HRG. Danach darf bei einem Bewerberüberhang die Zahl der von der einzelnen Hochschule höchstens aufzunehmenden Studenten (Zulassungszahl) nicht niedriger festgesetzt werden, als dies unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung unbedingt erforderlich ist (Abs. 2 Satz 1). Der Festsetzung geht die Überprüfung voraus, ob im Rahmen der verfügbaren Mittel die Möglichkeiten zur Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität ausgeschöpft worden sind (Abs. 2 Satz 2).
19Wie die Ausbildungskapazität im Aachener Modellstudiengang zu ermitteln ist, lässt sich diesen allgemeinen Vorgaben aber nicht entnehmen. Die nach Ablauf der Übergangszeit geltenden spezifischen Vorgaben des Zweiten Abschnitts der Kapazitätsverordnung passen hingegen nicht, da sie sich nur auf den Regelstudiengang beziehen. Der Modellstudiengang unterscheidet sich aber in Struktur, Ausbildungsinhalten, Ausbildungsformen (Veranstaltungsarten) und Dauer der Veranstaltungen grundlegend vom Regelstudiengang. Er passt nicht in das System der Kapazitätsverordnung, weil deren Vorgaben zur Kapazitätsberechnung auf den Regelstudiengang zugeschnitten sind, der mit der vorklinischen Ausbildung beginnt, die mit dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung abschließt. Diesen Ausbildungsabschnitt erfasst der Curricularnormwert (CNW) von 2,42 nach der KapVO Anlage 2, der unter Zugrundelegung der nach der Approbationsordnung für Ärzte vorgeschriebenen Fächer, Ausbildungsformen und Veranstaltungsdauer sowie Anrechnungsfaktoren und Gruppengrößen entwickelt worden ist. Durch diesen CNW lässt sich der Modellstudiengang der Antragsgegnerin schon deshalb nicht abbilden, weil er nicht die Trennung in Vorklinik und Klinik aufweist und erheblich veränderte Veranstaltungsinhalte, -arten und -zeiten vorsieht.
20Vgl. schon OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2004 - 13 C 20/04 -, juris, Rn. 9, 13 f.
21Auch die Vorgaben in § 7 Abs. 3 KapVO, der drei Lehreinheiten, eine Aufteilung in einen vorklinischen und einen klinischen Studienabschnitt mit der Zuordnung zur Lehreinheit Vorklinische Medizin und zur Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin vorsieht, während die dritte Lehreinheit Klinisch-theoretische Medizin Dienstleistungen erbringt, passen deshalb nicht.
22b. Es ist Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers, eine Berechnungsmethode zur Ermittlung der Ausbildungskapazität normativ festzulegen. Er muss, auch unter Beachtung des Kapazitätserschöpfungsgebots, einen Rechtsrahmen für Studiengänge schaffen, die in den bisherigen Regelungen nicht abgebildet sind. Dazu gehören nachvollziehbare und überprüfbare Kriterien und Regeln für die Ermittlung der Zahl der im Modellstudiengang zuzulassenden Studienbewerber. Geboten ist deshalb eine Regelung, nach der die Zulassungszahl ausgehend von dem integrierten Konzept des Modellstudiengangs festzusetzen ist.
23Dies folgt aus verfassungsrechtlichen Erwägungen. Beschränkungen des Rechts jedes hochschulreifen Bürgers aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG auf Zulassung zum Hochschulstudium der Wahl sind nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen statthaft. Sie bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und sind nur dann verfassungsgemäß, wenn sie zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes - Funktionsfähigkeit der Universitäten in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium - und nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden.
24Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393, 610/85 ‑, NVwZ 1992, 361, und vom 3. Juni 1980 - 1 BvR 967/78 u.a. -, BVerfGE 54, 173 (191), Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (338 ff.), Beschluss vom 31. März 2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112.
25Auch die Art und Weise der Kapazitätsermittlung, insbesondere die Feststellung vorhandener Ausbildungskapazitäten und die darauf basierende Festsetzung von Zulassungszahlen, hat, da sie zum Kern des Zulassungswesens gehört und Grundlage für die Zurückweisung von verfassungsrechtlich gewährleisteten Zulassungsansprüchen ist, diesen Anforderungen zu genügen. Das gilt nicht nur für die Universitätsverwaltung bei der Anwendung von zugangsbeschränkenden Vorschriften, sondern auch für den Normgeber, soweit er kapazitätsbestimmende Regelungen schafft. Aus dem Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung lassen sich allerdings keine konkreten Berechnungsgrundsätze ableiten, die als allein zutreffend gelten könnten. Vielmehr geht es um die Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen. Das Zugangsrecht der Hochschulbewerber muss abgestimmt werden mit der grundrechtlich gewährleisteten Forschungs- und Lehrfreiheit der Hochschullehrer und mit den Ausbildungsbedürfnissen der bereits zugelassenen Studierenden. Die dazu erforderliche Konkretisierung ist mit einem Gestaltungsfreiraum des Verordnungsgebers verbunden. Um allen Hochschulbewerbern gleiche Zugangschancen zu gewährleisten, sind objektivierte und nachprüfbare Kriterien für die Kapazitätsermittlung in normativer Form zu entwickeln.
26Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393, 610/85 -, a. a. O.; VerfGH Berlin, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 109/13 –, juris, Rn. 34 ff., jeweils m.w.N.
27c. Dem werden die bestehenden normativen Vorgaben im Hinblick auf den Aachener Modellstudiengang nach Ende der Erprobung nicht gerecht. Es fehlen nachvollziehbare Kriterien, um die Zahl der im Modellstudiengang zuzulassenden Studienbewerber zu ermitteln.
28Der Senat lässt offen, ob eine eigenständige Kapazitätsermittlungsnorm für den Modellstudiengang Medizin eine gesetzliche Grundlage und eine Änderung des Staatsvertrags erforderte oder allein eine landesrechtliche Änderung der Kapazitätsverordnung ausreichte. Ferner kann offen bleiben, ob eine nur auf einen konkreten Modellstudiengang bezogene Normierung zulässig ist.
29Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. November 2014 – 2 NB 81/14 -, juris, Rn. 56.
30Art. 12 Abs. 2 Staatsvertrag 2008 fordert übereinstimmende Rechtsverordnungen der Länder, soweit dies für die zentrale Vergabe der Studienplätze notwendig ist. Allerdings könnten abweichende landesrechtliche Bestimmungen auch nach § 29 HRG zulässig sein, wenn das auch in § 31 HRG normierte Ziel der zentralen Vergabe nicht berührt wird.
31Vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 21. Oktober 2013 – 2 NB 47/13 -, juris, Rn. 28 ff.
32Ferner ist zu beachten, dass für den Studiengang Medizin ein bundesweit verbind-licher Curricularnormwert gilt. Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 3 bis 6 StV ist zur gleichmäßigen Auslastung der Hochschulen der Ausbildungsaufwand durch studiengangspezifische Normwerte festzusetzen. Dieser beträgt generell für den Studiengang Medizin bundesweit 8,2 (Anlage 2 KapVO).
33Derzeit fehlt in der nordrhein-westfälischen Kapazitätsverordnung jedenfalls jegliche Regelung zu den Modellstudiengängen für die Zeit nach der Übergangsphase und damit nach dem Abschluss der Erprobung des neuen Studiengangs. Der zu einer Neuregelung berufene Verordnungsgeber hat offenbar bisher keine Veranlassung für eine Anpassung der Vorschriften an die Studienstruktur des Modellstudiengangs gesehen. Demgegenüber sieht etwa § 7 Abs. 4 KapVO Nds. vor, dass abweichend von § 7 Abs. 3 KapVO für den Medizin-Modellstudiengang HannibaL an der Medizinischen Hochschule Hannover zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität eine integrierte Lehreinheit und eine Lehreinheit Klinisch-theoretische Medizin gebildet werden (Satz 1). Die integrierte Lehreinheit umfasst die Lehreinheiten Vorklinische Medizin und Klinisch-praktische Medizin bis zum Beginn des Praktischen Jahres; die Lehreinheit Klinisch-theoretische Medizin erbringt Dienstleistungen (Satz 2). Ferner bestimmt § 17 Abs. 2 KapVO Nds., wie an dieser Hochschule das Berechnungsergebnis aufgrund der personellen Ausstattung (siehe dazu auch § 9 Abs. 9 KapVO Nds) für den Medizin-Modellstudiengang anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren zu überprüfen ist.
34Vgl. dazu im Einzelnen Nds. OVG, Beschlüsse vom 17. November 2014 - 2 NB 81/14 -, und vom 21. Oktober 2013 - 2 NB 47/13 -, jeweils juris.
35§ 17 KapVO reicht als normierter kapazitätsbestimmender Faktor nicht aus, um die Zahl der zu vergebenden Studienplätze zu ermitteln, selbst wenn man davon ausgeht, im Modellstudiengang sei die patientenbezogene Aufnahmekapazität der limitierende Faktor. Die Vorschrift regelt nur die Überprüfung der Kapazität aufgrund der personellen Ausstattung für den klinischen Teil des Regelstudiengangs und bildet zudem die Realitäten des Modellstudiengangs nicht ab. Eine entsprechende Anwendung als Ausweg aus der fehlenden Normierung des Modellstudiengangs in der KapVO scheidet deshalb aus.
36A.A. (allerdings für die Erprobungsphase des Modellstudiengangs an der Berliner Charité) OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 18. März 2014 – OVG 5 NC 69.13 -, juris, Rn. 9.
37Eine etwaige Anpassung des § 17 KapVO an die Anforderungen der medizinischen Ausbildung im Modellstudiengang obliegt dem Normgeber, dem insoweit eine Einschätzungsprärogative zukommt.
38Vgl. OVG Nds., Beschluss vom 17. Novemer 2014 ‑ 2 NB 81/14 -, juris, Rn. 54.
393. Dieses rechtliche Defizit führt dazu, dass die erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität im Modellstudiengang derzeit gerichtlich nicht festgestellt werden kann. Zwar gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Kapazität rechnerisch zu bestimmen. Es ist aber, wie ausgeführt, Sache des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers, hierfür die rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Dies hat im vorliegenden Eilverfahren allerdings weder zur Folge, dass Eilanträge von vornherein erfolglos sind, noch dazu, dass 15 % mehr Plätze als festgesetzt zu vergeben oder Studienbewerber bis zur Grenze der Funktionsunfähigkeit der Hochschule – nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse – aufzunehmen wären,
40vgl. dazu OVG HH, Beschluss vom 9. Februar 2015 ‑ 3 Nc 55/14 -, juris, Rn. 29 (für das Hamburger „Vereinbarungsmodell“).
41Diese Verfahrensweisen würden dem Spannungsfeld aus verfassungs- und einfachrechtlich geschützten Rechten der Studienbewerber, der (schon) Studierenden, der Hochschulen und Hochschullehrer nicht gerecht, das bei der Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu beachten ist.
42Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist deshalb vorläufig weiterhin von der (fiktiven) Berechnung auf der Grundlage der Kapazitätsverordnung auszugehen, die nach allen bisherigen Erkenntnissen studienbewerberfreundlich ist.
43Vgl. schon OVG NRW, Beschlüsse vom 31. März 2004 - 13 C 20/04 -, juris, Rn. 9, und vom 28. Mai 2004 – 13 C 20/04 -, juris, Rn. 13.
44Insbesondere ist nicht geltend gemacht oder anderweitig ersichtlich, dass der Modellstudiengang insgesamt zu sinkenden Ausbildungskapazitäten führen soll; im Übrigen ist auf den bereits angeführten verbindlichen Curricularnormwert zu verweisen. Hingegen sind im Eilverfahren höhere Studienplatzzahlen anzunehmen, wenn andere plausible Rechenmodelle zu höheren Kapazitäten als den so errechneten führen; dann ist es nicht gerechtfertigt, an der herkömmlichen Berechnungsmethode festzuhalten, die am Weitesten von den Gegebenheiten des Modellstudiengangs entfernt ist.
45Dies zugrunde gelegt, ist im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass über die vergebenen 288 Studienplätze hinaus keine weiteren zur Verfügung stehen.
46a. Bei der Berechnung der Kapazitäten losgelöst von der aktuellen Studienordnung und dem aktuellen Studienplan nach den Gegebenheiten des Regelstudiengangs ergeben sich 284 Studienplätze, denen 288 Einschreibungen gegenüberstehen. Zur Berechnung wird auf den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Konkrete Einwände hiergegen werden mit der Beschwerde nicht erhoben.
47b. Demgegenüber ergeben sich nach der „alternativen Kapazitätsberechnung“, die die Antragsgegnerin erstmals im vorliegenden Beschwerdeverfahren vorgelegt hat und mit der die Modalitäten des Modellstudiengangs jedenfalls teilweise berücksichtigt werden, 269 Studienplätze. Dabei hat die Antragsgegnerin die Kapazität auf der Grundlage aller Veranstaltungen des Modellstudiengangs über alle Fachsemester berechnet, soweit sie die vorklinischen Fächer betreffen und von vorklinischen Lehrkräften erbracht worden sind. Vor allem aufgrund eines höheren Curricularwerts und eines höheren curricularen Eigenanteils der Vorklinik bestehen nach dieser Kalkulation geringere Kapazitäten.
48Die gegen diese Berechnungen erhoben Einwände der Antragsteller führen – die gewählte Berechnungsmethode zugrunde legend – nicht zu einer höheren Zahl an Studienplätzen. Dass die Antragsgegnerin von 15 Semesterwochen (statt 14) im Wintersemester ausgegangen ist, führt nicht zu einem zu hohen CAp, weil sie für jede einzelne Veranstaltung die Zahl der Stunden in SWS umgerechnet hat. Dass sie bei Vorlesungen mit einer Gruppengröße von 269 (statt 180) gerechnet hat, ist kapazitätsfreundlich; entsprechendes gilt für die Gruppengrößen im Praktikum. Ferner ist es nicht zum Nachteil der Antragsteller, dass die Schwundberechnung nur für die ersten vier Semester vorgenommen wurde; die Berechnungen für die höheren Semester (enthalten in den Berechnungen zum fiktiven klinischen Abschnitt) weisen einen geringeren Schwund aus (0,98 gegenüber 0,96; Anlage 7 zur Kapazitätsberechnung). Aus der Festsetzung niedrigerer Zulassungszahlen für die höheren Fachsemester können die Antragsteller nichts zu ihren Gunsten herleiten. Schließlich greift der Einwand der Antragsteller, die Einbindung der Kliniker von Beginn an müsse zu höheren Kapazitäten (der Vorklinik) führen, nicht durch. Vorklinische Ausbildungselemente und damit der Ausbildungsaufwand der Vorkliniker sind im Aachener Modellstudiengang, soweit ersichtlich, nicht geringer als im Regelstudiengang. Der Lehraufwand der Vorklinik verteilt sich lediglich anders über die Dauer des Studiums. Selbst die Mitwirkung von Klinikern an einer vorklinischen Veranstaltung führt nicht ohne Weiteres zu einer Entlastung der vorklinischen Institute.
49Die Berechnungsmethode der Antragsgegnerin ist aber an sich zweifelhaft, weil diese, auch wenn sie den Studiengang in seiner Gesamtheit betrachtet, weiterhin im herkömmlichen Sinne zwischen einer vorklinischen und einer klinischen Lehreinheit unterscheidet und lediglich die vorklinische Kapazität berechnet hat, obwohl der Modellstudiengang gerade Vorklinik und Klinik verzahnt und es keine entsprechenden Ausbildungsabschnitte mehr gibt. Allerdings hat die Antragsgegnerin zur Begründung darauf verwiesen, dass die Anzahl der Dozenten in den vorklinischen Instituten und die Lehre in den vorklinischen Fächern limitierend seien für die Aufnahmekapazität. Ferner ergeben sich Bedenken daraus, dass für die Modellrechnung auf der Basis der Studienordnung bzw. des Studienplans eine neue Curricularwertberechnung vorgenommen wurde, die insgesamt zu einer Überschreitung des verbindlichen Curricularnormwerts führt.
50c. Schließlich kommt in Betracht, die Kapazität nicht anhand der personellen Ausstattung, sondern nach der patientenbezogenen Aufnahmekapazität zu bestimmen. Bei einem patientenbezogenen Ausbildungskonzept ist sie der limitierende Faktor.
51Vgl. für den allerdings noch stärker patientenorientierten Modellstudiengang an der Charité auch OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 18. März 2014 - OVG 5 NC 69.13 -, juris, Rn. 9; siehe dazu näher VG Berlin, Urteil vom 21. August 2013 - 30 K 36.11 -, juris, Rn. 30 ff., ferner Beschluss vom 4. Juli 2014 - 30 L 563.13 -, und Urteil vom 25. August 2014 - 30 K 40.12 -, jeweils juris; für den Modellstudiengang HannibaL Nds. OVG, Beschluss vom 21. Oktober 2013 - 2 NB 27/13 -, juris.
52Auch der Modellstudiengang der Antragsgegnerin ist patientenorientiert. Grundlegendes Ziel seiner Einführung war die Verbesserung des Praxisbezugs (S. 7 des Evaluationsberichts 2012). Schon zu Beginn des Studiums werden im Einführungsblock praktische Fähigkeiten vermittelt. Ab dem 3. Semester finden Untersuchungskurse an Patienten statt. Kern des Aachener Modells ist ein problemlösungsorientiertes Lernen, bei dem medizinisches Wissen und wissenschaftliche, kommunikative und psychosoziale Kompetenzen parallel erworben werden (§ 2 Abs. 2 Studienordnung). In aufeinander folgenden Systemblöcken werden die fachspezifischen Inhalte für jedes einzelne Organsystem integriert interdisziplinär unterrichtet (§ 14 Abs. 1 Studienordnung). Zu den Unterrichtsformen zählen Patientendemonstrationen am Krankenbett (§ 17 Abs. 6 Studienordnung, Gruppengröße maximal 6) und Untersuchungskurse (§ 17 Abs. 7 Studienordnung, Gruppengröße maximal 3). Auch bei den Systemblöcken im dritten bis sechsten Semester, der dortigen Haupt-Unterrichtsform, sind Patientenvorstellungen und Untersuchungskurse in die Vermittlung des Wissens über das jeweilige Organsystem eingebunden (§ 17 Abs. 9 Studienordnung).
53Nach den bereits erstinstanzlich vorgelegten Berechnungen der Antragsgegnerin beträgt die jährliche patientenbezogene Aufnahmekapazität für das Studienjahr 2014/15, ermittelt anhand der Parameter des § 17 Abs. 1 KapVO, allerdings lediglich 208 Plätze.
54Für eine patientenbezogene Berechnung der Ausbildungskapazität fehlt allerdings, wie ausgeführt, ebenfalls eine rechtliche Grundlage.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
57Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Tenor
Die im Rubrum aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Juni 2014 werden zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auch für das jeweilige Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Der Senat befindet über die auf dasselbe Ziel gerichteten Begehren der Antragsteller in gemeinsamer Entscheidung (§ 93 Satz 1 VwGO).
2Die zulässigen Beschwerden, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von den Antragstellern dargelegten Gründe befindet, sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin zum Sommersemester 2014 zu Recht abgelehnt.
3Der gegen die Berechnung der Lehrnachfrage gerichtete Einwand der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe die Kapazität für den Modellstudiengang Medizin mehr als zehn Jahre nach dessen Einführung nicht mehr auf Basis des (fiktiven) Regelstudiengangs berechnen dürfen, greift nicht durch. Nach ständiger Senatsrechtsprechung darf die Berechnung der Ausbildungskapazität für den Studiengang Humanmedizin, der von der Antragsgegnerin seit dem Wintersemester 2003/2004 als Modellstudiengang durchgeführt wird, für die Dauer des befristet laufenden Modellstudiengangs von höchstens zwölf Jahren nach den Berechnungsmodalitäten des Regelstudiengangs erfolgen.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Oktober 2013 - 13 B 867/13 u. a. -, vom 27. Mai 2013 - 13 B 357/13 u. a. -, und vom 12. Juni 2012 - 13 B 376/12 -, jeweils juris.
5Das Beschwerdevorbringen veranlasst den Senat nicht zu einer Änderung dieser Rechtsprechung. Rechtlicher Ausgangspunkt hierfür sind die §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 21 KapVO, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV 2008 (Art. 7 Abs. 2 Satz 2 StV a. F.), § 41 ÄApprO, wonach bei der Erprobung eines neuen Studiengangs die Ausbildungskapazität losgelöst von den Regelungen des Zweiten Abschnitts der Kapazitätsverordnung festgesetzt werden darf. Das danach bestehende Ermessen muss die Wissenschaftsverwaltung unter Berücksichtigung der Grundrechte der Hochschule und der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 GG, der Grundrechte der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und der eingeschriebenen Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie des öffentlichen Interesses an der Reform der ärztlichen Ausbildung ausüben. Hiervon ausgehend ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn in der Umstellungs- und Erprobungsphase des Modellstudiengangs die Kapazität nach dem früheren Regelstudiengang berechnet wird, um dem Orientierungs- und Neuordnungsprozess Zeit zu geben. Etwas anderes müsste nur dann gelten, wenn diese Art der Kapazitätsberechnung die wahre Ausbildungskapazität erkennbar verfehlte. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte; im Gegenteil gibt es Erkenntnisse, dass die fiktive Berechnung kapazitätsfreundlich ist.
6Vgl. zum Ganzen (für den Modellstudiengang an der RWTH Aachen) OVG NRW, Beschlüsse vom 31. März 2004 - 13 C 20/04 -, und vom 28. Mai 2004 - 13 C 20/04 -, jeweils juris.
7Der Senat hält auch daran fest, dass die Erprobungszeit und damit die Übergangsfrist (höchstens) zwölf Jahre beträgt. Dies ist zurückzuführen auf § 16 Abs. 1 der Studienordnung für den Modellstudiengang Humanmedizin (letzte Fassung vom 6. Januar 2014), wonach die Laufzeit des Modellstudiengangs höchstens zwölf Jahre beträgt. Dass die Dauer der abweichenden Kapazitätsberechnung sich an dieser Befristung orientiert, ist angesichts des Umstandes, dass dies der zweifachen Regelstudienzeit von sechs Jahren (§ 4 Abs. 1 Studienordnung) entspricht, rechtlich nicht zu beanstanden.
8Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Vorbringen der Antragsteller nicht an, dass sich der Modellstudiengang inzwischen weitgehend konsolidiert habe und die stetig angewachsene Studienordnung zeige, dass die Entwicklungsphase zu einem Abschluss gekommen sei. Die weiter angeführte Entscheidung des OVG Lüneburg für den Modellstudiengang HannibaL an der Medizinischen Hochschule Hannover (Beschluss vom 21. Oktober 2013 - 2 NB 47/13 -, juris) beruht auf den dortigen rechtlichen Grundlagen und Umständen und ist auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass nach den obigen Ausführungen hier nach Ablauf der zwölfjährigen Erprobungszeit zum Wintersemester 2015/2016 eine Kapazitätsberechnung nach den Modalitäten des Modellstudiengangs geboten sein dürfte.
9Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
10Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Im Zusammenwirken von Hochschulen und zuständigen staatlichen Stellen sind einheitliche Grundsätze für die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten der Hochschulen zu entwickeln. Der Berechnung ist grundsätzlich die für den jeweiligen Studiengang festgesetzte Regelstudienzeit zugrunde zu legen.
(2) Ist nach der Feststellung der Zentralstelle (§ 31) zu erwarten, daß an den Hochschulen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht alle Bewerber eines Studiengangs zugelassen werden können, so darf für diesen Studiengang die Zahl der von der einzelnen Hochschule höchstens aufzunehmenden Studenten (Zulassungszahl) nicht niedriger festgesetzt werden, als dies unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung unbedingt erforderlich ist. Der Festsetzung geht die Überprüfung voraus, ob im Rahmen der verfügbaren Mittel die Möglichkeiten zur Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität ausgeschöpft worden sind.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Im Zusammenwirken von Hochschulen und zuständigen staatlichen Stellen sind einheitliche Grundsätze für die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten der Hochschulen zu entwickeln. Der Berechnung ist grundsätzlich die für den jeweiligen Studiengang festgesetzte Regelstudienzeit zugrunde zu legen.
(2) Ist nach der Feststellung der Zentralstelle (§ 31) zu erwarten, daß an den Hochschulen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht alle Bewerber eines Studiengangs zugelassen werden können, so darf für diesen Studiengang die Zahl der von der einzelnen Hochschule höchstens aufzunehmenden Studenten (Zulassungszahl) nicht niedriger festgesetzt werden, als dies unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung unbedingt erforderlich ist. Der Festsetzung geht die Überprüfung voraus, ob im Rahmen der verfügbaren Mittel die Möglichkeiten zur Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität ausgeschöpft worden sind.
(1) In Studiengängen, für die für mehrere Hochschulen Zulassungszahlen festgesetzt sind, können die Studienplätze von der von den Ländern errichteten Zentralstelle vergeben werden. In das Verfahren der Zentralstelle ist ein Studiengang zum frühestmöglichen Zeitpunkt einzubeziehen, wenn für ihn nach der Feststellung der Zentralstelle Zulassungszahlen für alle staatlichen Hochschulen festgesetzt sind und zu erwarten ist, daß die Zahl der Bewerber die Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Plätze übersteigt, soweit nicht wegen der Art der Zugangsvoraussetzungen oder der Auswahlmaßstäbe den Hochschulen die Entscheidung vorbehalten wird. In das Verfahren der Zentralstelle soll ein Studiengang einbezogen werden, wenn für ihn nach der Feststellung der Zentralstelle Zulassungszahlen für die Mehrzahl der staatlichen Hochschulen festgesetzt sind.
(2) (weggefallen)
(3) (weggefallen)
(4) Besteht an einer Hochschule für den ersten Teil eines Studiengangs eine höhere Ausbildungskapazität als für spätere Teile dieses Studiengangs, kann eine auf den ersten Teil des Studiengangs beschränkte Zuweisung und Einschreibung erfolgen, wenn gewährleistet ist, daß der Student sein Studium an anderen Hochschulen im Geltungsbereich dieses Gesetzes fortsetzen kann.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,- Euro festgesetzt.
Gründe
A
- 1
Die Beteiligten streiten sich um die Zulassung zum Studium im Fach Stadtplanung (Bachelor) bei der Antragsgegnerin nach den Rechtsverhältnissen für das Wintersemester 2014/2015. Die Antragsgegnerin hat die Zulassung mit der Begründung verweigert, die in dem Studiengang zu vergebenden Studienplätze seien mit vorrangig zu berücksichtigenden Studienbewerbern besetzt. Die Zahl der zu vergebenden Studienplätze sei in der Satzung der Hochschule über die Zulassungshöchstzahlen geregelt, die auf der Kapazitätsvereinbarung mit der Behörde für Wissenschaft und Forschung für das Jahr 2014 und dem Gesetz zur Regelung der Ausbildungskapazitäten an den staatlichen hamburgischen Hochschulen (Ausbildungskapazitätsgesetz - AKapG) vom 14. März 2014 (HmbGVBl. S. 99) beruhe.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Verpflichtung zur vorläufigen Zulassung zum Studium stattgegeben. Die Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 AKapG über die Zahl der Studienanfänger (Aufnahmekapazitäten) entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Zum einen sei damit entgegen § 58 Abs. 1 HmbVwVfG in die Rechte der Studienbewerber eingegriffen worden, ohne dass sie an der Vereinbarung beteiligt worden seien. Zum anderen entspreche die Vereinbarung nicht dem AKapG. Der Begründung der Vereinbarung sei nicht hinreichend zu entnehmen, welche Belange mit welcher Gewichtung eingeflossen seien. Die der Vereinbarung zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände und Berechnungsparameter seien weder hergeleitet noch hinreichend erkennbar. Die damit rechtswidrige und unwirksame Vereinbarung führe dazu, dass die daraus abgeleitete Satzung über die Zulassungszahlen 2014 ebenfalls rechtswidrig und unwirksam sei. Mangels anderer Anhaltspunkte sei die maximale Aufnahmefähigkeit für Studienanfänger in dem Studiengang nach dem Durchschnitt der tatsächlich in den letzten drei Jahren von der Antragsgegnerin in dem Studienfach aufgenommenen Studienanfänger zu ermitteln.
- 3
Mit der Beschwerde macht die Antragsgegnerin u.a. geltend, bei der Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 AKapG handle es sich nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S. des § 54 HmbVwVfG. Durch die Kapazitätsvereinbarung seien sämtliche Anforderungen aus Gesetz und Gesetzesbegründung berücksichtigt worden. Die maßgeblichen Ressourcen für die Ermittlung der Aufnahmekapazität seien angegeben. Auf die Struktur- und Entwicklungspläne sei ebenso hingewiesen worden wie auf die Hochschulvereinbarung zwischen dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und der Antragsgegnerin für die Jahre 2013 bis 2020. In der Kapazitätsvereinbarung fänden sich auch Aussagen darüber, wie bei einer Abnahme der Ressourcen zu verfahren sei. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei dargestellt, dass die Bachelor-Master-Relation über die vereinbarte input-output-Quote von 60 % für das Bachelorstudium ermittelt worden sei. Die Ziele des § 1 Abs. 1 Satz 1 AKapG seien in die Abwägung aufgenommen worden, wie die vielfach ähnlichen Formulierungen in der Kapazitätsvereinbarung zeigten. Es sei ausdrücklich erläutert, inwieweit die Verschlechterung der Betreuungsintensität zu negativen Folgen führen würde. Unabhängig davon habe das Verwaltungsgericht die Zulassungshöchstzahl nicht zutreffend ermittelt. Es habe nicht berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Konsolidierungspflichten seit 2012 zu erheblichem Personalabbau verpflichtet sei, was bis 2016 zum Abbau von fast 1/3 der Professuren führe. Die Anknüpfung an die Vergangenheit sei daher überhaupt nicht geeignet, die Möglichkeiten der Antragsgegnerin abzubilden.
B
- 4
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, der auch für Beschwerdeverfahren gilt, in denen Antragsteller die vorläufige Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität erstreben, prüft das Beschwerdegericht zunächst nur die fristgemäß dargelegten Gründe, aus denen die Entscheidung nach Auffassung des jeweiligen Beschwerdeführers zu ändern oder aufzuheben ist. Ergibt diese Prüfung, dass das Beschwerdevorbringen die Begründung des Verwaltungsgerichts in erheblicher Weise erschüttert, indem es – im vorliegenden Fall einer Beschwerde der Hochschule – darlegt, dass aufgrund fehlerhafter Annahmen des Verwaltungsgerichts weniger Studienplätze zur Verfügung stehen als von diesem angenommen und deshalb zumindest in einem Fall die Verpflichtung zur vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes zu Unrecht erfolgt ist, prüft das Beschwerdegericht wie ein erstinstanzliches Gericht, ob der geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium besteht (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 5.2.2013, 3 Nc 228/12, juris Rn. 8 m.w.N.).
- 5
Die mit der Beschwerde vorgetragenen Argumente der Antragsgegnerin erschüttern die Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts (I.). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg (II.).
I.
- 6
Es kann dahinstehen, ob die Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 AKapG über die Zahl der Studienanfänger (Aufnahmekapazitäten) entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen, ausreichen, um die Richtigkeit der Annahme hinreichend in Zweifel zu ziehen. Denn jedenfalls hat die Antragsgegnerin mit ihrem Hinweis auf die geänderte personelle Ausstattung und die weiteren Sparverpflichtungen die Erwägung des Verwaltungsgerichts ernstlich in Zweifel gezogen, aus den Studienanfängerzahlen der vergangenen Semester könne darauf geschlossen werden, wie viele zusätzliche Studenten die Antragsgegnerin im Wintersemester 2014/2015 aufnehmen könne, ohne dass dadurch die Funktionsfähigkeit ihres Lehr-, Lern- und Forschungsbetriebs gefährdet würde.
II.
- 7
Die damit uneingeschränkt zu prüfende Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin mit Recht zur Zulassung weiterer Studienbewerber über die festgesetzte Zulassungshöchstzahl hinaus (und nicht zur vorläufigen Immatrikulation) verpflichtet (1.). Bei dem im Rahmen des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens von Studienplatzbewerbern anzulegenden Maßstab (2.) stellt sich sowohl die auf dem AKapG beruhende Satzung über die Zulassungshöchstzahlen als auch die zugrundeliegende Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Behörde für Wissenschaft und Forschung als nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dar (3). Fehlt es somit an einer auf gesetzlicher Regelung beruhenden Zulassungshöchstzahl, hat die Antragsgegnerin Studienbewerber bis zur Grenze der Funktionsunfähigkeit zuzulassen. Die Antragsgegnerin hat nicht in dem erforderlichen Maße detailliert und nachvollziehbar begründet, dass und weshalb infolge der Zulassung der Studienplatzbewerber, die um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen, die Funktionsfähigkeit ihres Lehr-, Lern- und Forschungsbetriebs in dem hier streitgegenständlichen Studiengang ausgeschlossen sein werde (4). Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Interessenabwägung überwiegt daher das Interesse der Studienbewerber an der Zulassung gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an einer geringeren Zahl von Studenten (5).
- 8
1. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass Studienplatzbewerber nach § 36 Abs. 1 HmbHG einen Anspruch auf Immatrikulation besitzen, wenn sie über die erforderliche Hochschulzugangsberechtigung verfügen und kein Versagungsgrund vorliegt. Da sich die Beteiligten aber lediglich darüber streiten, ob die Zulassung zum Studium mit Recht abgelehnt worden ist und die Antragsgegnerin zur vorläufigen Zulassung zum Studium verpflichtet ist, ist Gegenstand des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zutreffend die (vorläufige) Zulassung zum Studium, nicht aber die (vorläufige) Immatrikulation, die – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen -, von der Antragsgegnerin nach Zulassung unstreitig zu erfolgen hat. Den Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium hat das Verwaltungsgericht mit Recht bejaht.
- 9
2. Die Gerichte haben in Streitigkeiten, in denen es um die vorläufige Zulassung zum Studium geht, die Sach- und Rechtslage eingehend zu prüfen. Gerade in Fällen, in denen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes zu einer erheblichen Ausbildungsverzögerung führt, sind besondere Erfordernisse an die Effektivität des Rechtsschutzes zu stellen. Besondere verfassungsrechtliche Bedeutung kommt dem Rechtsschutzbegehren zu, weil die Begrenzung von Studienplätzen auf der Grundlage einer Numerus-Clausus-Regelung für das Studium einer bestimmten Fachrichtung einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs gemäß Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. Effektiver Rechtsschutz in Hochschulzulassungsverfahren gebietet, dass dem Studienbewerber eine reelle Chance auf eine möglichst zeitnahe Zuteilung eines Studienplatzes eröffnet wird, soweit vorhandene Kapazitäten noch ungenutzt geblieben sind. Da eine Entscheidung in der Hauptsache für den Studienbewerber aufgrund der Dauer eines Verfahrens über drei Instanzen im Regelfall schwere Nachteile mit sich bringt, bedeutet dies, dass dem Bewerber diese Chance schon im Eilverfahren eröffnet sein muss (BVerfG, Beschl. v. 31.03.2004,1 BvR 356/04, NVwZ 2004, 1112 m.w.N.). Im Streit ist hier lediglich die Verpflichtung auf vorläufige Zulassung zum Studium. Art. 100 Abs. 1 GG hindert daher nicht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, auch wenn das Gericht im Rahmen des Eilverfahrens die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig hält (BVerfG, Beschl. v. 24.6.1992, 1 BvR 1028/91, BVerfGE 86, 382). Die endgültige Zulassung zum Studium ist der Entscheidung der Hauptsache vorbehalten, im Rahmen derer eine Vorlage gem. Art. 100 Abs. 1 GG ggfls. zu erfolgen hat.
- 10
3. Sowohl die auf dem AKapG beruhende Satzung über die Zulassungshöchstzahlen (d) als auch die zugrundeliegende Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Behörde für Wissenschaft und Forschung (c) stellen sich als nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Denn der mit dem AKapG vorgesehene Eingriff in das Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs entbehrt sowohl hinsichtlich der Einschränkung der Möglichkeit, Hamburg als Studienort zu wählen (b) als auch hinsichtlich des auf dem AKapG fußenden und die Berufswahl objektiv beschränkenden absoluten Numerus clausus zumindest für das hier streitige Studienfach (a) hinreichend bestimmter Regelung der Einschränkung durch nachvollziehbare und überprüfbare gesetzliche Vorgaben zur Bestimmung der Zulassungshöchstzahlen für den Studiengang. Solche Regelungen sind auch nicht in dem Gesetz zur Unterstützung der Einführung eines neuen Kapazitätsrechts und zur Bereitstellung vergleichender Daten in der Übergangszeit vom 14. März 2014 (Art. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts, HmbGVBl. S. 100) für das Wintersemester 2014/2015 vorhanden (e).
- 11
a) Der Studiengang, zu dem vorläufige Zulassung begehrt wird, stellt sich nach den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes möglichen tatsächlichen und rechtlichen Erkenntnissen als solcher dar, für den die Zulassung im gesamten Bundesgebiet an öffentlichen Hochschulen mit Präsenz beschränkt ist (aa). Als Maßstab für die Vereinbarkeit der Zulassungsbeschränkung in Hamburg mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ist daher die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den sog. „harten“ NC-Fächern (Humanmedizin, Zahnmedizin) heranzuziehen (bb). Bei Anwendung dieses Maßstabes ist der aufgrund der Vorschriften des AKapG vorgesehene Eingriff in die Berufswahlfreiheit nicht mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu vereinbaren (cc).
- 12
aa) Zwar hat die Antragsgegnerin vorgetragen, ein dem hier streitigen Studiengang vergleichbares Studium könne auch an anderen Hochschulen aufgenommen werden, an denen hierfür keine Zulassungsbeschränkungen bestünden. Auf die Auflage des Beschwerdesenats, plausibel und nachvollziehbar durch eine vergleichende Darstellung der Studienpläne und -inhalte darzulegen, an welcher staatlichen (Präsenz-) Hochschule in der Bundesrepublik gleiche Studiengänge wie der hier im Streit befindliche angeboten worden sind, bei denen die Aufnahme des Studiums bei gleichen subjektiven Zugangsvoraussetzungen zum Wintersemester 2014/2015 nach einer Bestätigung der jeweiligen Hochschule zulassungsfrei möglich gewesen ist, hat sie lediglich auf die dem Verwaltungsgericht übersandte Übersicht über vergleichbare Studienangebote an anderen Hochschulen verwiesen und ergänzend erklärt, dass konkret die Bauhaus-Universität Weimar zu benennen sei, die in Konzeption und Ausgestaltung weitgehend mit der Antragsgegnerin identisch sei. Im Rahmen der dortigen Zulassung sei eine Eignungsfeststellung vorgesehen, in die zwar zu 51 % die Hochschulzugangsberechtigungen einflössen, jedoch hätten zuletzt sämtliche Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen werden können, die vollständige Unterlagen für die Eignungsfeststellung eingereicht hätten. Die Möglichkeit eines anderenorts zulassungsfreien Zugangs zu einem Studium, das dem hier angestrebten im Wesentlichen gleicht, ist damit weder schlüssig vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Der Zugang zum Studium an der Bauhaus-Universität Weimar war schon nach eigenem Vortrag der Antragsgegnerin erst nach Eignungsprüfung möglich. Hinsichtlich des in erster Instanz vorgelegten Ausdrucks aus der Datenbank, die unter hochschulkompass.de im Internet erreichbar ist, ist von der Antragsgegnerin weder erstinstanzlich die Vergleichbarkeit der dort aufgeführten Studiengänge mit dem hier streitigen plausibilisiert worden noch für die genannten Studiengänge die konkrete Zulassungsfreiheit für das Wintersemester 2014/2015 durch Auskunft der jeweiligen Hochschule dokumentiert. Sowohl die Vergleichbarkeit der Studiengänge anderenorts plausibel darzulegen als auch den zulassungsfreien Zugang zu einem vergleichbaren Studiengang durch eine Auskunft der jeweiligen Hochschule glaubhaft zu machen, obliegt der Antragsgegnerin, weil sie sich auf diese für sie günstigen Tatsachen beruft, für die sie im Zweifel beweisbelastet ist und es im Eilverfahren angesichts der damit verbundenen Zeitdauer nicht Aufgabe des Gerichts ist, Ermittlungen zu den nicht zweifelsfreien Behauptungen der Antragsgegnerin, für die sie die größere Sachnähe und Fachkompetenz besitzt, vorzunehmen. Bei dem Vergleich der Studiengänge darauf abzustellen, welche Berufe nach deren erfolgreichem Abschluss ergriffen werden können, ist nicht angebracht. Art. 12 Abs. 1 GG berechtigt auch zur freien Wahl der Ausbildungsstätte und damit zur Wahl eines in Form eines Studienganges konkretisierten Ausbildungsweges. Darüber hinaus sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Berufsbilder in der Abgrenzung zu unscharf, als dass sich daraus belastbare, insbesondere hinreichend bestimmte Kriterien für die Vergleichbarkeit gewinnen ließen.
- 13
bb) Es bedarf keiner weiteren Untersuchung und Aufklärung, ob der hier streitige Studiengang deshalb bundesweit nicht ohne vorherige Zulassung aufgenommen werden kann, weil das Studium in allen vergleichbaren Studiengängen anderenorts ebenfalls erst nach vorheriger Zulassung möglich ist oder weil der hier streitige Studiengang derartige Besonderheiten aufweist, dass vergleichbare (Präsenz-) Studiengänge an anderen staatlichen Hochschulen im Bundesgebiet nicht angeboten werden. Denn in beiden Fällen wird für die Aufnahme des Studiums in dem angestrebten Studiengang nicht nur die Wahl einer bestimmten Hochschule erschwert, sondern es besteht ein absoluter Numerus clausus für Studienanfänger in dieser konkreten Fachrichtung. Für die Vereinbarkeit der Zulassungsbeschränkung in Hamburg mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ist daher die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum absoluten Numerus clausus (z.B. Urt. v. 18.7.1972, 1 BvL 32/70 und 25/71, BVerfGE 33, 303; Beschl. v. 22.10.1991, 1 BvR 393/85, 610/85, BVerfGE 85, 36) heranzuziehen. Danach gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Inanspruchnahme dieses Rechts hängt von tatsächlichen Voraussetzungen ab, deren Fehlen das Recht wertlos machen kann. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Ausbildungseinrichtungen, so muss er auch den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten. Deshalb ergibt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgrundsatz für jeden Bürger, der die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, ein Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Zulassungsbeschränkungen sind nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen statthaft. Sie bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und sind nur dann verfassungsmäßig, wenn sie zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes - Funktionsfähigkeit der Hochschulen in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium - und nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden. Um allen Studienbewerbern gleiche Zugangschancen zu gewährleisten, sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG objektivierte und nachprüfbare Kriterien für die Kapazitätsermittlung in normativer Form durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erforderlich. Aus dem Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung lassen sich allerdings keine konkreten Berechnungsgrundsätze ableiten, die als allein zutreffend gelten könnten. Vielmehr geht es um die Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen. Das Zugangsrecht der Studienbewerber muss abgestimmt werden mit der grundrechtlich gewährleisteten Forschungs- und Lehrfreiheit der Hochschullehrer (Art. 5 Abs. 3 GG) und mit den Ausbildungsbedürfnissen der bereits zugelassenen Studenten. Die dazu erforderliche Konkretisierung ist zwar mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsfreiraum des Normgebers verbunden, sie muss aber den Bedingungen rationaler Abwägung genügen. Der Normgeber muss von Annahmen ausgehen, die dem aktuellen Erkenntnis- und Erfahrungsstand entsprechen und eine etwaige Kapazitätsbeschränkung auf das unbedingt erforderliche Maß begrenzen. Insoweit ist eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle unentbehrlich. Sie setzt voraus, dass die Annahmen und Wertungen des Normgebers, die seine Wertungen bestimmt haben, im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit offen gelegt werden.
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cc) Bei Anwendung dieses Maßstabes ist der aufgrund der Vorschriften des AKapG vorgesehene Eingriff in die Berufswahlfreiheit nicht mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu vereinbaren. Es ist nicht erkennbar, dass die Beschränkung des Hochschulzugangs zum Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter erfolgt (1) und sich auf das unbedingt erforderliche Maß des Eingriffes beschränkt (2). Ein Gebot, die Ausbildungskapazität der mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Hochschulen erschöpfend zu nutzen, ist dem Gesetz weder zu entnehmen (3) noch ergeben sich daraus nachvollziehbare und überprüfbare Kriterien und Regeln für die Ermittlung der Zahl der zuzulassenden Studienanfänger des konkreten Studienganges (4).
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(1) Das AKapG geht, wie auch seine Begründung (Bü-Drs. 20/9095, S. 3/4), davon aus, dass das Gesetz durch seine Begrenzung auf Studiengänge, die nicht dem zentralen Vergabeverfahren nach dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 8. März 2008 bis 5. Juni 2008 (HmbGVBl. 2009 S. 37) unterliegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AKapG), nur lokale Zulassungsbeschränkungen betreffe. Damit sei ein Grundrechtseingriff in die Wahl der Ausbildungsstätte (Studienortwahl) gerechtfertigt, wenn er durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls legitimiert sei. Die Sicherstellung qualitativ hochwertiger Studienbedingungen, die gut ausgebildete Absolventen und eine hohe Studienerfolgsquote gewährleiste, sei eine solche Gemeinwohlerwägung. Dem entsprechend definiert § 1 Abs. 1 Satz 1 AKapG diese Ziele und ergänzt sie um das Ziel, den Hochschulen Gestaltungsraum für autonome Schwerpunktsetzungen in der Lehre wie in der Profilierung der Studienangebote einzuräumen. Damit ist nicht das überragende Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit der Hochschulen in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium gekennzeichnet. An die Stelle der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Hochschule treten Profilierung von Studienangeboten, autonome Schwerpunktsetzung in der Lehre sowie hochwertige Studienbedingungen.
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(2) Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass es sich auf das unbedingt erforderliche Maß des Eingriffes in die Rechte der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs beschränkt. Die Nachfrage nach Studienplätzen bedarf nach den definierten Zielen des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AKapG) lediglich einer „angemessenen“ Befriedigung. Die Nachrangigkeit der Rechte der Studienbewerber kommt nicht nur dadurch zum Ausdruck, dass ihre Nachfrage nur in angemessenem Umfang befriedigt werden soll, sondern auch dadurch, dass sie lediglich als letztes der gesetzlichen Ziele benannt werden. Außerdem wird die Zahl der Studienplätze nach der Intention des Gesetzes nicht nur im Wesentlichen im Vereinbarungswege zwischen der für das Hochschulwesen zuständigen Behörde und der Hochschule bzw. Fakultät festgesetzt, sondern die Begründung des Gesetzentwurfes sieht darin auch eine Planungsentscheidung, an der die Studienbewerber in keiner Weise beteiligt sind und die gerichtlich nur bei groben Verfahrens- oder Abwägungsfehlern beanstandet werden könne (Bü-Drs. 20/9095, S. 5). Das ohnehin nur auf „angemessene Befriedigung“ der Nachfrage nach Studienplätzen gerichtete gesetzliche Ziel ist bei der Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 AKapG lediglich abzuwägen. Zwar sollen ausweislich der Begründung (Bü-Drs. 20/9095, S. 15) nach wie vor möglichst viele Studienbewerberinnen und -bewerber einen Studienplatz erhalten. Dies gilt allerdings nur im Rahmen der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AKapG gestalteten Studienbedingungen und der von der Hochschule vorgenommenen Schwerpunktsetzung und Profilierung. Angesichts der vorrangig genannten Ziele des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AKapG ist daraus schwerlich zu erkennen, nach welchen konkreten Vorgaben der Eingriff in die Rechte der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu beschränken ist, geschweige denn, dass und wie er auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert werden soll.
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(3) Ein Gebot, die Ausbildungskapazität der mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Hochschulen erschöpfend zu nutzen, ist in dem Gesetz nicht geregelt. Der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich entnehmen (Bü-Drs. 20/9095, S. 15), dass ein solches Gebot auch nicht intendiert ist. Im Rahmen der Abwägung der hochschulpolitischen Ziele gemäß § 2 Abs. 3 AKapG, wie sie in § 1 Abs. 1 Satz 1 AKapG vorgegeben sind, ist die Zahl der Studienplätze, wie vorstehend dargestellt, nur von tertiärer Bedeutung.
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Auch hinsichtlich der mit Mitteln Dritter finanzierten Studienplätze ist das Kapazitätserschöpfungsgebot nicht berücksichtigt. Der in § 1 Abs. 2 AKapG angeordnete Ausschluss von der Anwendung des Gesetzes auf Studienplätze, die aus Mitteln Dritter oder im Rahmen von besonderen Programmen gemeinsam mit Dritten finanziert werden, betrifft zumindest auch Studienplätze, die aus staatlichen Mitteln ganz oder teilweise finanziert werden. Sie werden nach § 2 Satz 2 des Hochschulzulassungsgesetzes vom 28. Dezember 2004 i.d.F. des Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts vom 14. März 2014 (HmbGVBl. 99) vom Präsidium der Hochschule lediglich entsprechend den jeweiligen Vorgaben oder Vereinbarungen gesondert festgelegt. Eine Ausschöpfung der damit geschaffenen Kapazität ist nicht vorgeschrieben.
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(4) Nachvollziehbare und überprüfbare Kriterien und Regeln für die Ermittlung der Zahl der zuzulassenden Studienanfänger des konkreten Studienganges ergeben sich aus dem Gesetz nicht. Das gilt nicht nur für die ohne jede konkrete gesetzliche Vorgabe erfolgende Festlegung von Studienplätzen, die aus Mitteln Dritter oder im Rahmen von besonderen Programmen gemeinsam mit Dritten finanziert werden (§ 2 Satz 2 Hochschulzulassungsgesetz). Das gilt ebenso für die Regelungen, die das AKapG selbst enthält. Bei der Vereinbarung der Aufnahmekapazität zwischen Behörde und Hochschule bzw. Fakultät sind „insbesondere“ die in § 1 Abs. 1 Satz 1 AKapG genannten Ziele abzuwägen. Diese Ziele sind ihrerseits ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe ohne Anhalt für Art, Ziel oder Methode ihrer Ausfüllung, deren Gehalt auch nicht durch langjährige Rechtsprechung konkretisiert ist. Welche Kriterien Studienbedingungen erfüllen müssen, um als „qualitativ hochwertige“ bezeichnet werden zu können ist ebenso unklar wie die Frage, was unter einem hohen Ausbildungsniveau und gutem Studienerfolg zu verstehen ist. Auch ein „Gestaltungsraum für autonome Schwerpunktsetzungen in der Lehre wie in der Profilierung der Studienangebote“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AKapG) lässt nach seinem Wortlaut und der erkennbaren Intention, der Hochschule keine Vorgaben zu machen, keinerlei konkrete gesetzgeberische Vorgaben für die Ausfüllung dieser Ziele erkennen. Schließlich gibt der Gesetzgeber mit der Vorgabe, die Nachfrage nach Studienplätzen „angemessen“ zu befriedigen, den Vertragsparteien des § 2 Abs. 1 Satz 1 AKapG keinerlei Kriterien an die Hand, was angemessen ist. Auch aus der Gesetzbegründung (Bü-Drs. 20/9095, S. 15) lässt sich wenig Konkretes und Nachvollziehbares herausarbeiten. Dort wird ausgeführt:
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„Die Studienbedingungen an den hamburgischen Hochschulen sollen – wo erforderlich – verbessert werden. Dies drückt sich insbesondere in einer verbesserten Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Studierenden aus. Eine Kennzahl ist insoweit der – z.B. in Semesterwochenstunden quantifizierbare – Lehraufwand für einzelne Studierende, wobei für die Qualität insbesondere auch der Anteil der professoralen Lehre maßgeblich ist. Die Lehre soll didaktisch hochwertig sein und den fachlichen Anforderungen sowie den Bedürfnissen der Studierenden Rechnung tragen, so dass möglichst viele Studierende ihr Studium erfolgreich abschließen können und eine qualitätsvolle Grundlage für die berufliche Entwicklung erhalten. Neben der Betreuungsrelation sind hierfür auch der Anteil der professoralen Lehre an der Gesamtlehrleistung der verschiedenen Bereiche sowie die fachspezifischen Betreuungsbedarfe von Bedeutung.“
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Wann eine Verbesserung der Studienbedingungen erforderlich ist, wird daraus nicht deutlich. Erkennbar geht der Entwurf zwar davon aus, dass für die Verbesserung der Studienbedingungen die Betreuungsrelation und auch der Anteil der professoralen Lehre an der Gesamtlehrleistung der verschiedenen Bereiche sowie die fachspezifischen Betreuungsbedarfe von Bedeutung sind und die Lehre didaktisch hochwertig sein und den fachlichen Anforderungen sowie den Bedürfnissen der Studierenden Rechnung tragen soll. Anhand welcher Kriterien diese Zielvorgaben allerdings konkret bestimmt werden sollen, wie und wo zusätzlicher Lehraufwand zur Verbesserung der Studienbedingungen führt und wie didaktisch hochwertige und fachlichen Anforderungen Rechnung tragende Lehre zu ermitteln ist, bleibt damit ungeregelt und den Vereinbarungen von Behörde und Hochschule überlassen. Ob die Vereinbarungen damit den gesetzlichen Anforderungen genügen, lässt sich daher mangels hinreichender gesetzlicher Vorgaben weder nachvollziehen noch gerichtlich überprüfen.
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b) Unabhängig davon entbehrt der mit dem AKapG vorgesehene Eingriff in das Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte hinsichtlich der Einschränkung der Möglichkeit, Hamburg als Studienort zu wählen der gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen. Wann es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte". Ob und inwieweit dies Regelungen des parlamentarischen Gesetzgebers erfordert, richtet sich allgemein nach der Intensität, mit der die Grundrechte des Regelungsadressaten durch die jeweilige Maßnahme betroffen sind (BVerfG, Urt. v. 14.7.1998, 1 BvR 1640/97, BVerfGE 98, 218, 251 m.w.N.).
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In Bezug auf das Grundrecht der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG führt der Eingriff angesichts der zeitkritischen Komponente der Studienortswahl regelmäßig zu einer massiven Behinderung der Ausübung, teilweise sogar zu einer endgültigen Verhinderung der Möglichkeit das Grundrecht wahrzunehmen. Diese Intensität des Grundrechtseingriffes gebietet es, dass der Gesetzgeber das Grundrecht des Studienbewerbers auf freien Zugang zu dem Studiengang mit der in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleisteten Forschungs- und Lehrfreiheit der Hochschullehrer und dem ebenfalls auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG beruhenden Recht der bereits Studierenden auf die Möglichkeit zur erfolgreichen Durchführung des Studiums selbst abwägt. Etwa erforderliche Konkretisierungen kann der Gesetzgeber zwar auf untergesetzliche Normgeber übertragen, die Maßstäbe und Kriterien hierfür muss er jedoch selbst vorgeben. Daran fehlt es vorliegend, wie oben gezeigt.
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Das mit dem AKapG vorgesehene „Vereinbarungsmodell“, bei dem Umfang und Intensität des Eingriffes in das Grundrecht auf freie Ausbildungsstättenwahl der Studienbewerber von den jeweils getroffenen Vereinbarungen zwischen Behörde und Hochschule/Fakultät abhängen, ohne dass der Gesetzgeber konkrete, nachprüfbare Kriterien vorgibt, ist mit den oben dargestellten Anforderungen an den Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen zu einem solchen Grundrechtseingriff selbst zu treffen, nicht vereinbar. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht angesichts der „Beteiligung“ der Bürgerschaft gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AKapG. Danach sind die nach § 2 AKapG geschlossenen Vereinbarungen der Bürgerschaft zur Kenntnisnahme vorzulegen, sie stehen unter dem Vorbehalt, dass die Bürgerschaft den der Vereinbarung zugrundeliegenden Betrag der Globalzuweisung (§ 6 Abs. 1 HmbHG) mit dem Haushaltsbeschluss feststellt. Die Gesamtzahl der Studienanfängerplätze ist als Kennzahl in den Haushaltsplan aufzunehmen. Die Einfluss- und Kontrollmöglichkeit der Bürgerschaft geht damit kaum über das in Art. 66 Abs. 2 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg (HV) statuierte Budgetrecht und die in § 6 Abs. 1 HmbHG ohnehin vorgeschriebene Globalzuweisung der den Hochschulen für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung zu stellenden Mittel hinaus. Eine Kontrolle der Vereinbarungen durch die Bürgerschaft ist damit ebenso wenig statuiert wie auch nur möglich. Als Kennzahlen in den Haushaltsplan aufgenommen werden ohnehin nur die Gesamtzahlen der Studienanfängerplätze der jeweiligen Hochschulen, nicht aber die konkret die freie Studienortwahl beschneidende Zulassungshöchstzahlen für die einzelnen Studienfächer, die von dem Präsidium der jeweiligen Hochschule festgesetzt werden (§ 3 AKapG).
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c) Stellt das AKapG nach alledem nicht wie geboten, die wesentlichen und konkreten Kriterien für einen Eingriff in die Freiheit der Berufs- und Ausbildungsstättenwahl der Studienbewerber auf, setzt sich dieser Mangel in der Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Behörde für Wissenschaft und Forschung nach § 2 AKapG fort. Selbst wenn sie gesetzeskonform geschlossen und begründet worden sein sollte, fehlt es ihr an der hinreichenden Ermächtigungsgrundlage für die damit verbundenen Zulassungsbeschränkungen. Daher kann es dahinstehen, ob den gesetzlichen Anforderungen mit der Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AKapG genügt ist.
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d) Die Satzung über die Zulassungshöchstzahlen für den hier streitigen Studiengang beruht auf § 3 AKapG sowie der Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 AKapG. Diese Grundlagen stellen ihrerseits weder eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Einschränkung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs dar noch lassen sie sich von einer solchen ableiten. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist die Satzung über die Zulassungshöchstzahlen daher als nichtig zu betrachten. Der Einholung einer Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts hierzu ist in Art. 64 Abs. 2 HV nicht vorgesehen.
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e) Das Gesetz zur Unterstützung der Einführung eines neuen Kapazitätsrechts und zur Bereitstellung vergleichender Daten in der Übergangszeit (Art. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts vom 14.3.2014, HmbGVBl. S. 99) enthält keine nachvollziehbaren und überprüfbaren gesetzlichen Vorgaben zur Bestimmung der Zulassungshöchstzahlen für eine Übergangszeit. Zwar müssen die Hochschulen nach Absatz 1 dieses Gesetzes bis zum Wintersemester 2015/2016 ergänzend zu den Vereinbarungen nach § 2 AKapG der für das Hochschulwesen zuständigen Behörde in entsprechender Anwendung von § 4 KapVO Kapazitätsberichte vorlegen. Auch muss nach Abs. 2 des Gesetzes für die Übergangszeit in den Vereinbarungen gemäß § 2 Abs. 1 AKapG die Bandbreite des Curricularwertes angegeben werden, und ist mit den Beschlüssen der Präsidien über die Zulassungshöchstzahlen gemäß § 3 AKapG für jeden Studiengang die je Studierender beziehungsweise Studierendem einzusetzende Lehrleistung (Curricularwert) festzulegen. Ob und wie diese Daten in die Vereinbarungen und Entscheidungen über die Zulassungshöchstzahlen nach dem AKapG einzustellen sind und anhand welcher Kriterien der Curricularwert ermittelt wird, ist nicht geregelt. Die Anwendung der KapVO ist nur für die Erstellung der Kapazitätsberichte vorgesehen. Anderer als ein nachrichtlicher Charakter ist den Kapazitätsberichten damit nicht beigemessen.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die auf der Grundlage des AKapG erfolgten Zulassungsbeschränkungen sich als nicht mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbarer Eingriff in das Recht der Studienbewerber auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs erweisen. Denn selbst wenn sich im Hauptsacheverfahren die Verfassungswidrigkeit des gesamten Ausbildungskapazitätsgesetzes erweisen sollte, ist damit nicht die Verfassungswidrigkeit der Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes und der Kapazitätsverordnung durch Art. 4 und Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts festgestellt. Eine Rückkehr zur Regelung der Zulassungshöchstzahlen auf der Grundlage des bisherigen Rechts ergibt sich daher nicht aus der Annahme der teilweisen oder gesamten Verfassungswidrigkeit des Ausbildungskapazitätsgesetzes, sondern bedarf angesichts der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, die im Kapazitätsrecht möglich sind, eines ausdrücklichen Tätigwerdens des Gesetzgebers.
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4. Ist nach dem oben Ausgeführten davon auszugehen, dass die Zulassung zum Studium nicht wirksam beschränkt ist, kommt eine Versagung der Zulassung nur dann in Betracht, wenn durch die Aufnahme weiterer Studienbewerber die Funktionsunfähigkeit in diesem Studiengang eintritt. Hierzu zählt u.a. eine Unmöglichkeit der Ausbildung. Eine solche ergibt sich allein aus der Überschreitung der durch das Berechnungssystem der Kapazitätsverordnung gebildeten Grenze aber noch nicht (OVG Hamburg, Beschl. v. 29.3.2000, 3 Nc 1/00, juris). Maßgeblich hierfür sind allein die tatsächlichen Verhältnisse.
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Die Antragsgegnerin hat nicht in dem erforderlichen Maße detailliert und nachvollziehbar begründet, dass und weshalb infolge der Zulassung der Studienplatzbewerber, die erfolgreich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht haben, die Funktionsfähigkeit ihres Lehr-, Lern- und Forschungsbetriebs in dem hier streitgegenständlichen Studiengang ausgeschlossen ist.
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a) Der Hinweis darauf, dass die Gebäudekapazität ursprünglich auf 1.500 Studierende zuzüglich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konzipiert worden sei und die Bauherrin wegen der auf 1.400 reduzierten Studentenzahl auf den Bau der Doppelparkanlage verzichtet habe, aber auch die Fluchtwege, Sanitärräume und Mensa-Kapazität auf die reduzierte Studentenzahl ausgerichtet sei, gibt keinen verlässlichen Anhalt für die Annahme, die der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten seien durch die Aufnahme weiterer Studienplatzbewerber in gebäudetechnisch unzulässiger Weise überlastet. Dies gilt umso mehr, als nach der Genehmigungsplanung für das Gebäude der Antragsgegnerin eine teilweise externe Nutzung von Bibliothek, Galerie, Cafeteria und Mensa zu Ausstellungszwecken vorgesehen ist, auf die die Antragsgegnerin unschwer zugunsten einer Ausweitung der Nutzung durch Studenten verzichten kann.
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b) Soweit die Antragsgegnerin unter Hinweis auf das „Statement der Gleichstellungsbeauftragten zur Ausweitung der Vorlesungszeiten“ aus Gründen der Verbesserung der Vereinbarkeit von Studium/Erwerbstätigkeit und Familie sich unter Bezugnahme auf § 12 BGleiG verpflichtet sieht, entsprechende Rahmenbedingungen anzubieten und die Zeiten für Vorlesungen und sonstige Veranstaltungen nicht über das bisherige Angebot meint ausweiten zu können, vermag der Beschwerdesenat dem nicht zu folgen. Studium und Lehre werden nicht dadurch rechtlich und tatsächlich unmöglich, dass mit zusätzlichen Studenten und einer infolgedessen eventuell notwendigen Ausweitung und notwendigen Umorganisation von Arbeitszeiten eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Studium/Erwerbstätigkeit und Familie nicht durchsetzbar ist. Denn die Verpflichtung zur Ausbildung von Studenten, die ihr Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs wahrnehmen, stellt sich als zwingender dienstlicher Belang i.S. des § 12 BGleiG dar, der den Wünschen von bei der Antragsgegnerin beschäftigten Frauen und Männern nach Erleichterung der Arbeitsbedingungen i.S. des § 12 BGleiG entgegensteht. Ohnehin dürfte § 12 BGleiG für die Antragsgegnerin schwerlich gelten, weil es die Bediensteten in der Bundesverwaltung und den Gerichten des Bundes betrifft.
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c) Die in erster Instanz angebrachten und mit der Beschwerde wiederholten Argumente, die PC-Pools seien nicht erweiterbar, die kleineren Lerngruppen seien erforderlich und könnten nicht vergrößert werden, sie stellten die entscheidende Kapazitätsgrenze dar, sind nicht substantiierte Behauptungen geblieben, die die Überschreitung der Grenzen der Funktionsfähigkeit des Lern- und Lehrbetriebes nicht glaubhaft machen. Zwar mag es dem gegenwärtigen (nach ihrer Ansicht wünschenswerten) didaktischen Konzept der Antragsgegnerin entsprechen, Lehre zumindest auch in Kleingruppen anzubieten und für jeden Studenten einen Platz bei der Antragsgegnerin an einem PC anzubieten. Es ist aber nicht plausibel dargelegt, dass die Lehre in dem Studienfach unmöglich wird, wenn weder in den gewohnten Kleingruppen unterrichtet werden kann noch (jedenfalls für bestimmte Fächer) jedem Studenten ein PC der Antragsgegnerin zur Verfügung steht. Über die Unmöglichkeit alternativer Techniken und Konzepte wie z.B. Gemeinschaftslizenzen für Universitätsangehörige und die Nutzung privater PC der Studenten oder gespiegelte online-Lehrverstaltungen über ihr W-Lan hat die Antragsgegnerin nicht berichtet.
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d) Wenn die Antragsgegnerin befürchtet, das Recht auf Vergabe von den Studienabschlüssen Bachelor und Master zu verlieren, weil die Aufnahme zusätzlicher Studenten und die sich daraus ergebende Verschlechterung der Betreuungsrelation den Verlust der Akkreditierung des Studienganges zur Folge hätte, dürften diese Befürchtungen unbegründet sein. Auch wenn dann der gemäß § 52 Abs. 8 HmbHG erforderliche Qualitätsnachweis für den Studiengang möglicherweise nicht mehr zu erbringen sein sollte, ergeben sich daraus weder für die Studenten noch die Antragsgegnerin die befürchteten Konsequenzen. Die Rechtmäßigkeit des Akkreditierungsverfahrens, für dessen Gestaltung es in Hamburg keine gesetzliche Grundlage gibt, ist erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt (vgl. hierzu den Vorlagebeschluss gem. Art. 100 Abs. 1 GG des VG Arnsberg vom 16.4.2010, 12 K 2689/08, juris, zu § 72 Abs. 2 Satz 6 HG NRW). Negative rechtliche Folgerungen aus einer fehlenden Akkreditierung müssten angesichts dessen wohl kaum hingenommen werden und sind im Hamburgischen Hochschulgesetz auch nicht, schon gar nicht in der befürchteten Weise vorgesehen. Wenn der Inhalt der in § 52 Abs. 8 HmbHG vorgesehenen Akkreditierung in Anlehnung an den KMK-Beschluss zur Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor/Bakkalaureus und Master/Magisterstudiengänge vom 13. Dezember 1998 (vgl. Herrmann in Knopp/Peine, Brandenburgisches Hochschulgesetz, § 17 Rn. 21) dahingehend ausgefüllt wird, dass damit die Prüfung bezeichnet wird, ob fachlich-inhaltliche Mindeststandards und die Berufsrelevanz der Abschlüsse gewährleistet sind, ist Gegenstand der Akkreditierung nicht die Betreuungsrelation. Sollte sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Ziel- und Leistungsvereinbarung (§ 2 Abs. 3 HmbHG) zu einer bestimmen Betreuungsrelation in Ausfüllung des § 52 Abs. 8 Satz 3 HmbHG verpflichtet haben, dürfte es der Freien und Hansestadt Hamburg gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 HmbHG obliegen, das durch Zuweisung der dafür erforderlichen Mittel zu ermöglichen. Dies gilt umso mehr, als es sich bei der aus den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglicherweise ergebenden Verschiebung der Betreuungsrelation um eine für die Antragsgegnerin nicht vermeidbare Folge des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts handelt.
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5. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem das Gericht zum einen von der Unvereinbarkeit des AKapG mit Art. 12 Abs. 1 GG ausgeht und zum anderen angesichts der Dauer eines Verfahrens auf endgültige Zulassung zum Studium die deshalb erforderliche vorläufige Zulassung regelmäßig zumindest einer Vorwegnahme in der Hauptsache nahe kommt, ist eine Abwägung der Interessen auch dann geboten, wenn sich, wie hier, die Versagung der Zulassung als voraussichtlich nicht rechtmäßig darstellt. Hier überwiegt das Interesse der Studienbewerber an der vorläufigen Zulassung gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an einer geringeren Zahl von Studenten. Die Folgen der Versagung des Zugangs zum Studium für den einzelnen Studienbewerber sind wesentlich gravierender, als die Folgen der vorläufigen Zulassung zum Studium für die Antragsgegnerin. Während aufseiten der Antragsgegnerin in erster Linie das Interesse an der Vermeidung einer zusätzlichen (Arbeits-) Belastung und der Aufrechterhaltung des erreichten Niveaus von Lehre und Forschung sowie Studienbedingungen streiten, wird für jeden der abgelehnten Studienbewerber die Wahrnehmung des Grundrechts auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufes massiv beeinträchtigt, möglicherweise mangels zeitlicher und sachlicher Alternativen auch endgültig vereitelt. Um dem entgegenzuwirken, ist es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG geboten, die Antragsgegnerin zur vorläufigen Zulassung zum Studium nach den Verhältnissen des Wintersemesters 2014/2015 zu verpflichten.
C
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.