Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 02. März 2009 - 3 O 158/08

published on 02/03/2009 00:00
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 02. März 2009 - 3 O 158/08
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19.08.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Kläger begehren im Rahmen der Kostenfestsetzung die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses nach Anlage I zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - VV RVG -.

2

Unter dem 30.06.2005 hatten die Kläger Anfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erhoben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde durch Bescheid der Beklagten vom 21.03.2007 zurückgenommen. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, stellte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.04.2007 das Verfahren ein und legte der Beklagten die Verfahrenskosten mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf. Gegen die vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.07.2007 zur Festsetzung beantragte Terminsgebühr wandte die Beklagte ein, das Vergleichsgespräche objektiv nicht durchgeführt worden seien. Andere beendigende Maßnahmen seien ebenfalls nicht besprochen worden. Die Beklagte habe die streitgegenständliche Baugenehmigung aufgehoben, ohne dass eine Gerichtsverhandlung angesetzt gewesen sei. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vom 19.07.2007 wurde die beantragte Terminsgebühr mit der Begründung abgesetzt, dass der Gebührentatbestand der Nr. 3104 VV RVG und Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alternative VV nicht erfüllt sei. Nicht jede Besprechung löse eine Terminsgebühr aus. Es müsse sich um eine Besprechung handeln, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet sei. Die materielle Rechtslage sei durch die rechtskräftige Entscheidung in dem Verfahren 1 B 1554/04 bereits Ende 2005 geklärt gewesen. Die Beklagte habe in dem Parallelverfahren 1 A 1355/05 deutlich gemacht, dass die streitige Baugenehmigung nicht mehr umgesetzt werde. Da die materielle Rechtslage geklärt gewesen sei, hätten sich die Telefonate, welche in der Folgezeit zwischen dem Klägervertreter und der Beklagten geführt worden seien, wohl auch nicht mehr auf die Erledigung des Rechtsstreits beziehen können. Sofern zwischen den Beteiligten Verfahrensabsprachen getroffen worden seien, würden diese Besprechungen keine Terminsgebühr auslösen. Die mangelnde Gesprächsbereitschaft seitens der Beklagten sei schlüssig und nachvollziehbar. Aus ihrer Sicht habe kein Gesprächsbedarf bestanden, da durch den Ausgang des Verfahrens 1 B 1554/04 die Rechtslage klar gewesen sei. Es habe festgestanden, dass die streitige Baugenehmigung nicht mehr umgesetzt werde. Damit sei dem Kläger der Nachweis des Entstehens der Terminsgebühr nicht gelungen.

3

Die dagegen gerichtete Erinnerung der Kläger wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.08.2008 mit der Begründung zurück, der Prozessbevollmächtigte der Kläger habe die tatsächlichen Voraussetzungen für das Entstehen der Terminsgebühr nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass auch der Beklagtenvertreter an der außergerichtlichen Erledigung des Verfahrens interessiert gewesen sei, ergäben sich nicht. Dem Austausch von Auffassungen über die Rechtslage hinsichtlich der Bestandskraft bzw. Vollziehbarkeit der Baugenehmigung sei ein entsprechender Wille nicht zu entnehmen. Entsprechendes gelte, soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger vortrage, man habe "ausführlich darüber verhandelt, warum der Kreis die Baugenehmigung nicht zurücknimmt". Der Vertreter der Beklagten habe seine Gesprächsbereitschaft bestritten. Da die Erledigung aus Sicht der Gegenseite bereits festgestanden habe, habe die dann noch erfolgende Besprechung nicht auf Erledigung gerichtet sein können.

II.

4

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Kläger ist gemäß §§ 151, 165, 146 VwGO statthaft, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

5

Die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 und Teil 3 Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG liegen nicht vor. Hiernach entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs-, oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Eine Terminsgebühr entsteht erst dann, wenn der Rechtsanwalt an einer Besprechung mitgewirkt hat, die objektiv auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet war. Eine einseitige Absicht, das gerichtliche Verfahren zu erledigen oder zu vermeiden, reicht mithin nicht aus, um eine Terminsgebühr entstehen zu lassen. Vielmehr ist auch erforderlich, dass die Gegenseite die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens zumindest im Laufe der Besprechung für sich mit ins Auge fasst und die Besprechung (auch) zu diesem Zwecke führt (OVG Hamburg, B. v. 10.01.2006 - 1 So 177/05 -, NJW 2006, 1543). Zwar reicht für die Entstehung der Terminsgebühr auch eine lediglich telefonische Besprechung aus (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 25.10.2006 - 8 OA 119/06 -, NVwZ-RR 2007, 215). Voraussetzung für die Entstehung der Gebühr ist jedoch des Weiteren, dass es überhaupt zu einer inhaltlichen Ausrichtung auf eine Verfahrenserledigung kommt. Dazu gehören Vergleichsgespräche im eigentlichen Sinn, aber auch Anregungen zu einer Klagerücknahme, einer Erledigungserklärung und die Entgegennahme eines gegnerischen Vergleichsvorschlags zwecks Prüfung. Weitere Voraussetzung für eine Terminsgebühr ist, dass es zu einem Gespräch über die Frage der Verfahrenserledigung kommt, die Besprechung also eine Zweiseitigkeit aufweist. Die Gegenseite muss die Bereitschaft erkennen lassen, in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Eine Terminsgebühr scheidet aus, wenn der Gegner von vornherein ein sachbezogenes Gespräch verweigert (OLG Stuttgart, B. v. 18.02.2009 - 5 W 81/08 -, zitiert nach juris m.w.N. zur Rechtsprechung). Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zu Nr. 5115 VV RVG, wie dieser ausdrücklich ausführt, nicht auf Nr. 1002 bzw. 3104 VV RVG übertragbar (BGH, U. v. 18.09.2008 - IX ZR 174/07).

6

Bei Anwendung dieser Grundsätze haben die insoweit darlegungspflichtigen Kläger die Entstehung der Terminsgebühr auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht glaubhaft gemacht. Bei den unstreitig zwischen dem Kläger- und dem Beklagtenvertreter geführten Telefongesprächen fehlte es erkennbar am Erledigungswillen des Beklagtenvertreters bei diesen Gesprächen. Auch wenn dem Vortrag der Beklagtenseite, die Gespräche seien aufgedrängt worden, für sich genommen keine durchgreifende Bedeutung beizumessen sein sollte, bestehen nach der im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss dargelegten Aktenlage hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass auf Beklagtenseite zum Zeitpunkt der Telefongespräche kein Erledigungswille durch Rücknahme der streitgegenständlichen Baugenehmigung bestand. Ausweislich des im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schreibens der Beklagten vom 07.11.2006 an die Beigeladene ging die Beklagte noch zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass ausgehend von der Erklärung des Bauherrn (der Beigeladenen), dass die Baugenehmigung nicht vollzogen wird, die Bauaufsichtsbehörde nicht beabsichtige, die erteilte Baugenehmigung aufzuheben. Dass sich diese Auffassung der Beklagten bis zum Erlass des Rücknahmebescheides vom 21.03.2007 geändert hat und dies auf die Telefongespräche mit dem Klägervertreter zurückzuführen ist, ist nicht glaubhaft gemacht. Aus den vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Gesprächsinhalten ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, die auf einen Erledigungswillen der Beklagtenseite schließen lassen. Der Umstand, dass der Beklagtenvertreter nach einem der Gespräche noch Akten beiziehen wollte, belegt allenfalls, dass er bereit war, sich inhaltlich auf das Gespräch vorzubereiten. Die anwaltlich versicherte und mit Zeugenbeweisangebot versehene bloße Behauptung, die Gespräche hätten die Erledigung des Rechtsstreits zum Ziel gehabt, reicht im Hinblick auf die o.a., einem Erledigungswillen des Beklagtenvertreters entgegenstehenden Anhaltspunkte zur Glaubhaftmachung nicht aus. Bereits aus dem von Klägerseite in der Beschwerdebegründung vom 04.09.2008, S. 2, angegebenen Gesprächsinhalt lässt sich ein Erledigungswille der Beklagtenseite nicht entnehmen. Hieraus wird vielmehr deutlich, dass die Beklagtenseite die Rücknahme der Baugenehmigung wegen drohender Amtshaftungsansprüche ablehnte. Da der von Klägerseite vorgetragene Gesprächsinhalt als wahr unterstellt werden kann, brauchte der Senat den diesbezüglichen Beweisangeboten nicht weiter nachzugehen. Dass lediglich einer der Gesprächspartner - hier der Klägervertreter - das Gespräch mit der Intention der Erledigung des Rechtsstreits geführt hat, genügt nach o.g. Grundsätzen nicht für die Entstehung der Terminsgebühr.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da lediglich eine Festgebühr nach Ziff. 5502 der Anlage 1 zum GKG anfällt, bedarf es keiner Streitwertfestsetzung.

8

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Annotations

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.