Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts C-Stadt vom 19. Oktober 2012 – 3 A 366/10 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Schmutzwassergebühren.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks A), welches im Bereich des technischen Entsorgungsgebiet 3 des Beklagten liegt, zu dem die Kläranlage M. gehört. Auf diesem Grundstück betreibt die Klägerin den „Waldcampingplatz Z. See“.

3

Die auf dem Grundstück anfallenden Abwässer werden in einer vollbiologischen Kläranlage aufbereitet; anfallendes Abwasser aus Chemietoiletten wird in einem Sammelbehälter aufgefangen und mehrmals jährlich entsorgt. Im Jahr 2008 und im Jahr 2009 wurden nach der Verbrauchshistorie des Beklagten jeweils 8 m³ Abwässer abgefahren.

4

Mit Bescheid vom 20. Januar 2010 – Bescheidnummer 0010-.....– zog der Beklagte die Klägerin für die Nutzung der dezentralen Einrichtung zu einer Abwassergebühr für das Jahr 2009 in Höhe von 1.246,40 € heran.

5

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2010 zurückwies. Darin heißt es zur Begründung: Das Grundstück sei an die öffentliche dezentrale Abwasserentsorgungsanlage angeschlossen. Damit sei die Gebührenpflicht entstanden. Für die Inanspruchnahme der öffentlichen dezentralen Einrichtung der Abwasserbeseitigung erhebe der Verband Benutzungsgebühren (§ 1 Abs. 2 Buchst. f Abfallbeseitigungssatzung – ABS -). Die Grundgebühr werde nach der Anzahl der Berechnungseinheiten bemessen. Als eine Berechnungseinheit gelten nach § 12 II Abs. 1 lit. B Abfallabgabensatzung – AAS - bei Campingplätzen vier Stellplätze. Nach dem Auskunftsbogen vom 10. September 2008 befänden sich 80 Stellplätze auf dem Campingplatz. Daraus ergäben sich 20 BE, somit (20 x 5,11 €/Monat x 12 =) 1.226,40 €. Im Jahr 2009 seien 8m³ Fäkalien entsorgt worden. Diese Menge sei zur weiteren biologischen Reinigung zur Kläranlage M. transportiert worden. Hierfür war eine Zusatzgebühr i. H. v. 8 m³ x 2,50 €/m² = 20,00 € zu erheben, insgesamt 1.246,40 €.

6

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 18. März 2010 hat die Klägerin am 19. April 2010 (Montag) Klage erhoben und erstinstanzlich vorgetragen, nicht sie sondern Herr Müller sei Eigentümer des Grundstücks. Der Campingplatz sei weder an das öffentliche Wasserversorgungsnetz noch an das Abwassernetz angeschlossen. Das anfallende Abwasser werde in eine vollbiologische Kläranlage entwässert, welche bisher noch nicht geleert worden sei. Entleert würden lediglich mehrmals jährlich die Sammelbehälter für Chemietoiletten.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

den Gebührenbescheid vom 20. Januar 2010 – Bescheidnummer 0010-....– in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 17. März 2010 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hat zur Begründung Bezug genommen auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzend angeführt, aus dem vorgelegten Grundbuchauszug (Grundbuch der Gemeinde A-Stadt Blatt ...01 vom 16. Oktober 2010) ergebe sich, dass die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks sei.

12

Mit Urteil vom 19. Oktober 2012 – 3 A 366/10 – hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 2010 – Bescheidnummer 0010-....– in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2010 aufgehoben. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, dem Bescheid fehle die Rechtsgrundlage. Denn die Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Gebühren für die Beseitigung von Abwasser aus Grundstücksentwässerungsanlagen vom 1. November 2007 sei (teilweise betreffend das technische Entsorgungsgebiet 3) nichtig, da die den festgesetzten Gebührensätzen zugrunde liegende Kalkulation fehlerhaft sei. Der Beklagte habe die auf die Kläranlage M. jeweils entfallenden Belastungsanteile für die zentrale und dezentrale Einrichtung methodisch fehlerhaft ermittelt. Dies wirke sich auf die Kostenseite aus und führe zur Unwirksamkeit der Kalkulation und zur Nichtigkeit der Gebührensatzung. Der Beklagte habe für die Belastungsanteilsberechnung nicht die gleichen Rechenschritte und Parameter angewandt. Die so ermittelten Einwohnerwerte seien nicht vergleichbar. Bei der zentralen Einrichtung sei ausweislich der Kalkulation der Einwohnerwert mit 42 m³/pro Einwohner und Jahr berechnet worden, bei der dezentralen Einrichtung finde dagegen kein „errechneter“ Wert Berücksichtigung. Der Beklagte lege vielmehr – wie er in der mündlichen Verhandlung angeführt habe – der Berechnung einen „fiktiven“ Wert von 30 m³/pro Einwohner und Jahr zugrunde, der sich aus dem mittleren Trinkwasserverbrauch eines Einwohners pro Jahr ableite.

13

Nach Zustellung des Urteils am 1. November 2012 hat der Beklagte am 23. November 2012 einen Zulassungsantrag gestellt und sogleich begründet. Mit Beschluss vom 29. Januar 2018 hat der Senat die Berufung zugelassen. Nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses am 1. Februar 2018 hat der Beklagte am 1. März 2018 die Berufung unter Antragstellung begründet.

14

Der Beklagte ist der Ansicht, der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, die Parameter für die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage und die dezentrale Abwasserbeseitigungsanlage müssten zwingend gleich sein, um zu einer Vergleichbarkeit der Berechnungen zu kommen, sei fehlerhaft. Es gehe vielmehr darum festzustellen, welche Nutzungsanteile an der Kläranlage Mirow die zentrale Abwasserbeseitigung einerseits und die dezentrale Abwasserbeseitigung andererseits hätten. Der jeweilige Nutzungsanteil sei nach Wahrscheinlichkeitsmaßstäben zu ermitteln, die die tatsächliche Inanspruchnahme der Kläranlage durch die jeweiligen öffentlichen Einrichtungen angemessen darstellten. Während bei der zentralen Abwasserbeseitigung die Einwohner, die diese öffentliche Einrichtung nutzen, bekannt seien, seien die Einwohner, die die dezentralen Abwasserbeseitigungsanlagen nutzen, nicht ermittelt worden. Dafür stehe aber die konkret abgefahrene Schmutzwassermenge fest. Aus dieser lasse sich aber alleine der spezifische Schmutzwasseranfall pro Einwohner und Jahr nicht ermitteln. Dieser lasse sich nur auf Grundlage des aufgrund von seinen Ermittlungen festgestellten Wasserverbrauchs je Einwohner ermitteln. Er, der Beklagte, habe hier festgestellt, dass regelmäßig in dem betroffenen Verbandsgebiet die Einwohner 82 l pro Tag verbrauchten. Aufs Jahr gerechnet ergebe sich dann der in Ansatz gebrachte spezifische Schmutzwasseranfall von gerundet 30 m³ je Einwohner und Jahr. Der Schmutzwasserfrachtanteil errechne sich dann auf der Grundlage der Division von 60 g BSB5, die ein Mensch am Tag produziere, hochgerechnet auf ein Jahr (21900 g BSB5) durch 30 m³ je Einwohner und Jahr.

15

Hierzu macht der Beklagte insbesondere geltend, dass die von ihm in Ansatz gebrachten Zahlen nicht etwa gegriffen worden, sondern das Ergebnis jahrelanger Erfahrungen seien. Mit diesen Zahlen würden zudem auch die erforderlichen Kapazitäten für Kläranlagen nach den technischen Regelwerken berechnet; der Wert von 60 g BSB5 pro Einwohner und Tag entstamme der ATV-DVWR Arbeitsblatt 198 Seite 27.

16

Die Kleinkläranlage der Klägerin sei durch den beklagten Zweckverband regelmäßig entleert und abgefahren worden. Hierzu legt der Beklagte eine tabellarische Verbrauchshistorie vor. Die Verpflichtung zur Entleerung ergebe sich aus § 40 Landeswassergesetz M-V. Danach beinhalte die Pflicht zur Abwasserentsorgung auch den Abtransport des Abwassers aus abflusslosen Gruben und Kleinkläranlagen.

17

Der Beklagte beantragt,

18

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts C-Stadt vom 19. Oktober 2012 – 3 A 366/10 – die Klage abzuweisen.

19

Die Klägerin beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie hält das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend. Die Gebührensatzung sei unwirksam, da die Kalkulation fehlerhaft sei. Die vom Beklagten vorgenommenen Berechnungen seien willkürlich. Das vorgelegte Zahlenwerk könne nicht nachvollzogen werden. Auch die Bestimmung des Schmutzfrachtanteils könne nicht nachvollzogen werden.

22

Mit Hinweisschreiben vom 15. Februar 2018 hat der Berichterstatter u. a. Nachfragen zur Kalkulationsberechnung gestellt.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Nach Zustellung des Zulassungsbeschluss des Senats vom 29. Januar 2018 am 1. Februar 2018 hat der Beklagte die Berufung rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO am 1. März 2018 begründet.

25

Die Begründung enthält auch einen bestimmten Antrag (§ 124 a Abs. 6 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Unschädlich ist, dass dieser Antrag das erstinstanzliche Urteil nicht zutreffend bezeichnet, sondern das Urteil des Verwaltungsgerichts C-Stadt vom 12. Juli 2017 – 3 A 525/10 – benennt. Dieser Fehler konnte noch nachträglich nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und auch noch in der mündlichen Verhandlung bei Aufnahme der sachdienlichen Anträge geheilt werden. Zwar gehört es zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen, dass das angefochten Urteil bezeichnet werden muss. Das hat der Beklagte jedoch zuvor im Antrag auf Zulassung der Berufung bereits getan. Wenn, wie vorliegend, die Berufung nicht im Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen worden ist, ist es erforderlich, dass das angefochtene Urteil im Zulassungsantrag bezeichnet wird (§ 124a Abs. 4 Satz 3 VwGO). Nachdem der Berufungszulassungsantrag des Beklagten das angefochtene Urteil zutreffend bezeichnet hatte, ist dieser formellen Voraussetzung Genüge getan. Damit ist die Überprüfung eines anderen Urteils ausgeschlossen. Die in der Antragstellung gegenüber dem Verwaltungsgericht zutreffende Bezeichnung ermöglicht es zudem, dass die Weiterleitung an das Oberverwaltungsgericht mit den „richtigen“ verwaltungsgerichtlichen Akten erfolgt. Eine nochmalige fristgebundene Wiederholung ist deshalb trotz der zwingenden Antragstellung in der Berufungsbegründung nicht erforderlich.

II.

26

Die Berufung des Beklagten ist jedoch nicht begründet. Denn das angefochtene Urteil erweist sich im Ergebnis als zutreffend. Die zulässige Klage der Klägerin ist begründet, weil der gegen die Klägerin erlassene Gebührenbescheid vom 20. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Gebührenbescheid für das Jahr 2009 vom 20. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2010 war vom Verwaltungsgericht deshalb aufzuheben gewesen. Denn den Bescheiden fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage schon deshalb, weil die Gebührensatzung, auf der der angefochtene Bescheid beruht, insgesamt unwirksam ist (1.). Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage der richtigen Rechtsanwendung kommt es deshalb nicht mehr an (2.).

1.

27

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Der Beklagte stützt die Gebührenerhebung auf die Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Gebühren für die Beseitigung von Abwasser aus Grundstücksentwässerungsanlagen (GS GEA) vom 1. November 2007 (im Folgenden: Gebührensatzung 2007), die nach ihrem § 5 zum 1. Januar 2008 in Kraft treten sollte. Die Festsetzung der Gebührensätze in § 1 Abs. 3 Gebührensatzung 2007 (für das technische Entsorgungsgebiet der Stadt M. und der Gemeinden R. und A-Stadt) in der Satzung ist fehlerhaft. Denn sie beruht auf einer nicht ordnungsgemäßen Kalkulation, wie bereits das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend gesehen hat.

28

Die fehlende notwendige Kalkulationsgrundlage führt zu einer Unwirksamkeit des Gebührensatzes. Der Gebührensatzung fehlt es damit am gesetzlichen Mindestinhalt einer Abgabensatzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Dies führt zur Gesamtnichtigkeit der Satzung des Zweckverbandes und zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

a)

29

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass eine Gebührensatzung zu ihrer Gültigkeit einer stimmigen Kalkulation bedarf, die vom satzungsgebenden Gremium mit der Beschlussfassung über die Abgabensatzung zu billigen ist. Aus einer Kalkulation des Gebührensatzes müssen sich wenigstens die entstandenen beziehungsweise veranschlagten Kosten, die sich nach den in der Satzung festgesetzten Maßstäben ergebenden Gebühreneinheiten und das daraus in Verbindung mit dem festgelegten Gebührensatz errechnete voraussichtliche Gebührenaufkommen ergeben (vgl. auch zum weiteren OVG M-V, Urt. v. 17.10.2017 – 1 LB 204/14 –, juris Rn. 24, siehe auch OVG M-V, Urt. v. 23.02.2000 – 1 L 50/98 –, juris Rn. 35). Die Prognose der voraussichtlichen Kosten für den Betrieb einer öffentlichen Einrichtung und der zu erwartenden Inanspruchnahme muss sich notwendigerweise auf einen bestimmten Kalkulationszeitraum beziehen (vgl. OVG M-V, Urt. v. 07.10.2015 – 1 K 28/11 –, juris Rn. 28). Dieses Erfordernis stellt § 6 Abs. 2d Satz 1 KAG M-V ausdrücklich klar. Die Kalkulation beschränkt insoweit zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich einer Gebührensatzung. Es gilt dabei der Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum entstanden sind (OVG M-V, Urt. v. 07.10.2015 – 1 K 28/11 –, juris Rn. 27). Daraus folgt, dass eine Gebührenerhebung für kalkulationsfremde Zeiträume grundsätzlich unzulässig ist, weil sie zur Gefahr einer unzulässigen Kostenüberschreitung führt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 05.05.2010 – 3 A 1061/07 –, juris Rn. 14). Das hat wiederum zur Folge, dass der Satzungsgeber eine Entscheidung darüber treffen muss, welchen Zeitraum seine Kalkulation umfassen soll. Dieses Erfordernis ergibt sich zudem aus der gesetzlichen Anordnung in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V, nach der Kostenüberdeckungen spätestens innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums auszugleichen sind, wenn am Ende eines Kalkulationszeitraums das Gebührenaufkommen die ansatzfähigen Kosten übersteigt. Eine Gebührenkalkulation, die nicht erkennen lässt, für welchen Kalkulationszeitraum sie Geltung beansprucht, ist mithin methodisch fehlerhaft.

30

Der Senat brauchte vorliegend nicht zu entscheiden, ob die Gebührenkalkulation für die zentrale öffentliche Abwasserbeseitigung im technischen Entsorgungsgebiet der Stadt M. und der Gemeinden R. und A-Stadt und die öffentliche zentrale Niederschlagswasserbeseitigung der Stadt Mirow von „September 2007“ schon deshalb unwirksam ist, weil sie den Geltungszeitraum nicht in ihrer Überschrift benennt, sondern sich der Geltungszeitraum nur mittelbar aus den Kalkulationstabellen ergeben könnte, mit denen z. B. nach Anlage 2 die Zusatzgebühr als Durchschnittsgebühr der Jahre 2008, 2009 und 2010 berechnet wird, wobei jedenfalls die Bezeichnung des Dateinamens mit „Kalkulation 08 bis 10“ im Dateipfad allein nicht ausreichend wäre. Denn die Kalkulation weist einen inhaltlichen, methodischen und erheblichen Fehler auf (dazu sogleich unter b).

31

Deshalb konnte der Senat auch offen lassen, ob eine gemeinsame Kalkulation von Gebührensätzen für zwei (bzw. drei) Anlagen, nämlich die dezentrale und die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage (sowie die zentrale Niederschlagswasserbeseitigungsanlage der Stadt M.) innerhalb nur einer Kalkulation berechnet werden kann. Fehlerhaft dürfte es schon sein, dass die Kalkulation nach ihrer Überschrift nur für die zentrale Anlage und nicht auch für die mitberechnete dezentrale Anlage erstellt worden ist. Eine solche Kalkulation, die zwei (bzw. drei) unterschiedliche Anlagen berechnen will, bedarf jedoch für ihre Ordnungsgemäßheit einer erhöhten Plausibilität. Das heißt, es muss sich aus der Kalkulation selbst ergeben, wie die Kostenmassen aufgeteilt werden. Dazu bedarf es eines Mindestmaßes an Erläuterungen; es genügt jedenfalls nicht, wenn sich wie hier die Berechnungen nur aus der Zusammenführung von verschiedenen Tabellen mühsam erschließen lassen. Der Senat verweist insoweit auf das ausführliche Hinweisschreiben des Berichterstatters zur Nachvollziehung der Kalkulationsberechnung vom 29. Januar 2018. Hinsichtlich der Anforderungen an die Plausibilität einer solchen Kalkulation für mehrere Anlagen wird an die Anforderungen an Kalkulationen für Mischkanalisationen erinnert (vgl. nur zur sog. „Drei-Kanäle-Theorie“ bei der Schmutzwasser-, Niederschlagswasserbeseitigung und Straßenentwässerung: Siemers in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 6 Anm. 11.3.2.4, Bd. I, S. 397, Stand: Juli 2014).

b)

32

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist die der Gebührensatzung 2007 zugrundeliegenden Kalkulation auch deshalb methodisch fehlerhaft, weil sie einen konkreten methodischen Fehler aufweist, der sich durchschlagend erheblich auf den Gebührensatz für die dezentrale Anlage auswirkt.

33

Der Senat hat die Kalkulation insoweit nachvollziehen können, als damit beabsichtigt war, die Nutzungsanteile der Kläranlagenkapazität in Prozent aufzuteilen (zentral 88,48% und dezentral Sammelgruben 9,48% und dezentral Kleinkläranlagen 2,04%; S. 14 der Kalkulation = Bl. 15 d. BA A). Dafür war zunächst der unterschiedliche Verschmutzungsgrad des Abwassers zu ermitteln, der sich allein aus der feststehenden Abwassermenge nicht ersehen lässt. Der Nutzungsanteil der Kläranlage hängt nach dem methodisch gut vertretbaren Ansatz des Beklagten davon ab, wie stark die Verschmutzungskonzentration (hier gemessen nach dem BSB5-Wert) ist, weil dafür ein erhöhter Reinigungsaufwand betrieben werden muss. Die Kalkulationsberechnung des Beklagten hat der Senat wie folgt verstanden (Beispiel Sammelgrube):

34

Ausgangswert: abgefahrenes Schmutzwasser im Jahr dezentral SG 8.559 m³/a

35

Zwischenrechnung I:

        

ermittelter Wasserverbrauch je E/d:

82 l/E*d

x 365 Tage =

29.930 l/E*a

Umrechnung der Volumeneinheiten

        

(1.000 l = 1 m³):

29,930 m³/E*a

Wasserverbrauch je E*a gerundet:

30 m³/E*a

                 

Zwischenrechnung II:

        

Schmutzwasserkonzentration

60 g BSB5/E*d

x 365 Tage =

21900 g BSB5/E*a

./. 30 m³/E*a

730 g BSB5/m³

./. 1000 (Umrechnung auf mg/l)

730 mg BSB5/l

                 

abgefahrenes Schmutzwasser im Jahr dezentral SG

8.559 m³/a

x 730 BSB5 g/m³ Schmutzwasserkonzentration

6.248.070 g BSB5 /a

./. 1000 (Umrechnung auf kg)

6.248 kg BSB5/a

                 

Schmutzfracht

6.248 kg BSB5/a

./. 225 Tage

27,77 kg BSB5/d

./. 0,06 kg BSB5/E*d

463 E 

                 

Ergebnis: Einwohnerwert EW

463     

                 

Kläranlagenkapazität dezentral SG

        

463 x 100 ./. (4320 + 562) =

9,48 %

36

In der Kalkulation wird bei der Berechnung der Schmutzfrachten in der Anlage (S. 14 der Kalkulation, Bl. 15 d. BA. A) die Frachten „zentral“ durch „365 d/a“ geteilt und die Frachten „dezentral“ nur durch „225 d/a“. Durch diesen kleineren Devisor bei den dezentralen Frachten verbleibt (im Ergebnis) ein höherer Gebührensatz für die Nutzung der dezentralen Anlage als bei einer Division durch „365 d/a“. Einen sachlichen Grund für diese unterschiedliche Berechnung liegt nicht vor.

37

Soweit der Beklagte zunächst erklärt hat, dass mit diesem geringeren Wert nur die Arbeitstage erfasst würden, da nur an denen ein Schmutzfrachteintrag in die Kläranlage durch Einleiten aus Tankfahrzeugen – die zuvor abflusslose Sammelgruben oder Kleinkläranlagen entleert hätten – erfolgen würde, steht diese Überlegung im Widerspruch zum methodischen Ansatz der Kalkulationsberechnung, aus der sich gerade nur der prozentuale Anteil der dezentralen Schmutzfracht an der Gesamtschmutzfracht ergeben soll. Für diese prozentuale Aufteilung sind die konkreten Tage oder auch die Gesamtzahl der Einleitungstage unerheblich, da jeweils die Gesamtmengen der Schmutzfracht (zentral und dezentral) – aufgrund der unterschiedlichen Schmutzfrachtmenge im Schmutzwasser, umgerechnet in BSB5-Mengen – pro Jahr ins Verhältnis zueinander gesetzt werden müssen.

38

Auch die weitere Erläuterung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, mit diesen 225 Tagen solle berücksichtigt werden, dass an den konkreten Einleitungstagen ein erhöhter Kapazitätsbedarf der Kläranlage für die dezentrale Einleitung vorgehalten werden müsste, überzeugt ebenso wenig wie der gegenteilige Vortrag des Beklagten, die Einleitung verursache Spitzen und der Wasserzweckverband sei nicht verpflichtet, je nach Kapazität nur teilweise einzuleiten und zwischenzulagern. Zunächst fehlt eine solche Erläuterung in der schriftlichen Kalkulation selbst. Weiter würde eine solche Berücksichtigung bedeuten, dass die Kläranlage ständig an ihrer Kapazitätsgrenze arbeiten würde, was weder so in der Kalkulation niedergelegt worden ist, noch sonst plausibel oder auch nur konkret vorgetragen worden wäre; insbesondere werden in der Kalkulation auch keine Vorhaltekosten ausdrücklich benannt. Zudem hat der Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass das Klärbecken nicht für die gleichmäßige Einleitung, sondern für die Spitze ausgelegt sei. Im Übrigen würde damit die Vorhaltung für eine etwaige Überkapazität nur der dezentralen Anlage aufgebürdet werden, obwohl nach den eigenen Erklärungen des Beklagten gerade im Bereich der zentralen Anlage aufgrund des Tourismus, der sich nur auf diese Anlage auswirke, eine höhere Auslastung ergebe, insbesondere laufe die Kläranlage in den Sommermonaten „voll“. Auch vor dem Hintergrund, dass der Beklagte auf Nachfrage des Senats erklärt hat, die Stehzeit für die Schmutzwasserfrachten in der Kläranlage betrage bis zu 25 Tage, erschließt es sich nicht, die Einleitungstage als Anknüpfungspunkt und Korrekturfaktor in die Berechnung einzubeziehen. Das Abwasser durchläuft in der Kläranlage die Reinigungsstufen ersichtlich mehrfach, bis es einen Reinigungsgrad erreicht hat, der ein Fortleiten aus der Anlage ermöglicht. Da es sich um einen mehrwöchigen Reinigungsprozess handelt, verliert der Umstand, ob an sieben oder nur an fünf Tagen die Woche dezentrales Abwasser eingeleitet wird völlig an Bedeutung. Dieser Aspekt ist mithin kein sachgerechter Anknüpfungspunkt, die Nutzer der dezentralen Einrichtung höher zu belasten.

c)

39

Letztlich kann der Senat deshalb auch offen lassen, ob ein zu hoher Anteil der Gesamtgebühr auf die Grundgebühr entfallen ist.

40

Die Möglichkeit der Erhebung einer Grundgebühr sah und sieht das KAG M-V ausdrücklich in § 6 Abs. 3 Satz 3 (a. F.) bzw. § 6 Abs. 3 Satz 4 vor (vgl. nur OVG M-V, Beschl. v. 23.01.2006 – 4 K 17/02 – unveröff.). Sie ist verfassungsrechtlich unbedenklich (OVG M-V, ebd., mit Hinw. auf BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 – 8 C 112/84 –, NVwZ 1987, 231; vgl. auch OVG Koblenz, Urt. v. 22.04.2004 – 12 C 11961/03 –, NVwZ-RR 2005, 503; OVG Brandenburg, Urt. v. 27.03.2002 – 2 D 46/99.NE –; jeweils zitiert nach juris).

41

Hinsichtlich des Umfangs der Grundgebühr steht dem Zweckverband ein weiter Organisationsermessensspielraum zu (OVG M-V, Urt. v. 12.03.2003 – 4 K 7/01 –, NJ 2003, 612; vgl. auch Aussprung/Hünemörder in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 4 Anm. 2.1, S. 12 sowie Siemers in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 6 Anm. 7.2.3.1, S. 143 mit Hinw. auf OVG S-H, Urt. v. 17.02.2001 – 2 L 9/00 –, NordÖR 2001, 307). In die Kalkulation der Grundgebühr dürfen jedoch nur die fixen Kosten (Vorhaltekosten) eingestellt werden.

42

Zu der Frage, ob es auch insoweit eine (prozentuale) Grenze des Anteils der Grundgebühr an den fixen Kosten gibt, (vgl. VG Schwerin, Urt. v. 06.06.2013 – 4 A 206/11 –, juris; VG Greifswald, Urt. v. 14.02.2007 – 3 A 2047/04 –, juris; beide keine fixe Obergrenze) brauchte sich der Senat nicht abschließend zu positionieren. Der Beklagte hat auf Befragen des Senats in der mündlichen Verhandlung erklärt, im Jahr 2008 hätten die Fixkosten laut Kalkulation (S. 9) ca. 33.000 € (7.721 € + 25.798 €) zuzüglich ca. 9.000 € (Anteil an den Kosten der kaufmännischen Buchführung ca. 4.000 € und an den Verwaltungskosten ca. 5.000 €) insgesamt ca. 42.000 € betragen. Die Grundgebühr decke davon 27.165 € ab. Dies ist rechtlich vertretbar. Da somit lediglich ca. 64,7% der Fixkosten über die Grundgebühr abgeschöpft werden, stellt sich die oben aufgeworfene Frage vorliegend nicht entscheidungserheblich, auch nicht für das streitgegenständliche Jahr 2009.

2.

43

Auf die Rechtsanwendung der Satzung kommt es nach alldem nicht mehr an. Der Senat weist hierzu lediglich hinsichtlich der Entsorgung von Fäkalien aus der (Klein)Kläranlage bzw. nur aus den Chemietoiletten auf dem Grundstück der Klägerin auf Folgendes hin:

44

Der Vortrag des Beklagten, dass die Klägerin mit einer Kleinkläranlage an die dezentrale Anlage des Wasserzweckverbandes angeschlossen sei, dürfte nicht zutreffen. Nach dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid sind „Fäkalabwasser“ mit der V.-Nr. 20083 entsorgt worden; im Jahr 2009 4 x 2 m³, mithin insgesamt 8 m³. Nach dem Vortrag der Klägerin hat der Sammelbehälter für die Chemietoiletten eine Größe von 3 – 4 m³. Das spricht dafür, dass kein Klärschlamm aus einer Kleinkläranlage abgefahren wurde. Zumal die Zusatzgebühr für die Entsorgung von Fäkalschlamm aus einer Kleinkläranlage nach der § 1 Abs. 3 Gebührensatzung 2007 im technischen Entsorgungsgebiet der Stadt M. und der Gemeinden R. und A-Stadt nach Buchst. b) ab) 4,90 €/m³ kostet und die Entsorgung von Fäkalien „aus abflusslosen Sammelgruben“ nur – wie auch im o. g. Gebührenbescheid veranschlagt – nach Buchst. b) aa) 2,50 €/m³.

45

Sollte die Klägerin nicht mit ihrer Kläranlage, sondern nur mit ihrem Sammelbehälter für Chemietoiletten an die dezentrale Einrichtung des Beklagten angeschlossen sein und insoweit ein Anschluss- und Benutzungszwang wirksam bestehen, dürfte die Berechnung der Grundgebühr mit allen (Zelt)Stellplätzen fehlerhaft sein. Denn diese Berechnung geht davon aus, dass die Fäkalien von allen Stellplätzen vollständig zu entsorgen sind. Das wäre dann jedoch nicht der Fall, sodass die Regelung in § 12 II. (1.) b) ee) der Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung (Abwasserabgabensatzung – AAS –) vom 1. November 2007, wonach als eine Berechnungseinheit nach Maßgabe dieser Satzung gilt „bei Campingplätzen vier Stellplätze“, die Situation des hier vorhandenen Campingplatzes nicht hinreichend abbildet, sodass die Erhebung einer Grundgebühr je Berechnungseinheit nach dieser Regelung fraglich sein dürfte. Nachdem im Auskunftsbogen vom 10. September 2008 von der Klägerin 80 Stellplätze angegeben worden sind, wurden dieser Regelung entsprechend 20 Berechnungseinheiten grundgebührenmäßig veranschlagt. Immerhin enthält die Satzung unter hh) eine Auffangregelung. Danach gilt als eine Berechnungseinheit (BE) nach Maßgabe dieser Satzung „bei sonstigen gewerblich genutzten Räumen bzw. Grundstück eine“. Da Fäkalabwässer aus Chemietoiletten vor allem von Wohnmobilen stammen, wäre wohl auch eine Regelung, die sich an Wohnmobil-Stellplätzen orientiert, denkbar.

III.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

47

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

48

Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14

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Tenor Die Urteile des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – und vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – werden geändert: Die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsb

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Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 06. Juni 2013 - 4 A 206/11

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Tatbestand 1 Die Kläger fechten einen Gebührenbescheid an, soweit darin eine Grundgebühr für die öffentliche Einrichtung der dezentralen Abwas

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Tenor 1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Die Bescheide des Beklagten vom 06.06.2007 - Nr. 30-039/2007 - und vom 18.03.2008 - Nr. 30-138/2008 - sowie dessen Widerspruchsbescheide vom 06.07.2007 und 08.05.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 14. Feb. 2007 - 3 A 2047/04

bei uns veröffentlicht am 14.02.2007

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Urteile des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – und vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – werden geändert:

Die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2012 und vom 4. Februar 2013 werden aufgehoben, soweit darin Gebühren zur Deckung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband festgesetzt worden sind.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbands.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung N..., Flur ..., Flurstück .../... in der amtsangehörigen Gemeinde A-Stadt. Die Gemeinde ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbands „...“.

3

Der Beklagte, handelnd für die Gemeinde A-Stadt, zog die Klägerin mit Bescheid vom 25. Juli 2012 für die Erhebungsjahre 2011 und 2012 zu einer Wasser- und Bodenverbandsgebühr in Höhe von jeweils 103,73 Euro heran. Die Veranlagung erfolgte entsprechend der im Kataster eingetragenen Nutzungsarten. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2012 zurück. Am 21. September 2012 hat die Klägerin deswegen Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin erhoben und in der mündlichen Verhandlung am 20. November 2014 beantragt, den Abgabenbescheid des Beklagten vom 25. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – abgewiesen.

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 7. Januar 2013 zog der Beklagte die Klägerin sodann auch für das Erhebungsjahr 2013 zu einer Wasser- und Bodenverbandsgebühr in Höhe von 103,73 Euro heran. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 zurück. Am 1. März 2013 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin erhoben und in der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2014 beantragt, den Abgabenbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 aufzuheben, soweit darin Gebühren zur Deckung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband in Höhe von 103,73 Euro festgesetzt worden sind. Das Verwaltungsgericht hat diese Klage bereits mit Urteil vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – abgewiesen.

5

Gegen beide Urteile wendet sich die Klägerin mit ihren vom Senat mit Beschlüssen vom 11. Januar 2017 – 1 L 104/15 und 1 L 204/14 – zugelassenen Berufungen. Der Senat hat die beiden Verfahren 1 LB 204/14 und 1 LB 104/15 mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 unter dem Aktenzeichen 1 LB 204/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

6

Die Klägerin trägt in der Sache vor, der Beklagte habe ihr Grundstück nicht rechtmäßig veranlagt. Die Eintragungen im Kataster zur Nutzungsart seien teilweise unrichtig. Es handele sich bei dem überwiegenden Teilstück nicht um landwirtschaftliche Flächen. Sie habe das Grundstück im Dezember 2009 erworben und wegen eines Rechtsstreits erst im März 2011 in Besitz genommen und nutzen können. Im Juni 2011 sei sie als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Eine landwirtschaftliche Nutzung sei durch sie zunächst nicht erfolgt, so dass es sich insoweit gebührenrechtlich um Brachland handele. Im Jahre 2011 sei auf vier Hektar der Fläche Gras eingesät worden, Mitte 2012 auf weiteren anderthalb Hektar. Die Grasflächen seien jedoch nicht wirtschaftlich als Grünland genutzt worden. Erst im April 2013 seien auf einer Fläche von 2.500 Quadratmetern Nordmanntannen gepflanzt worden. Auf einer ausgehobenen Teilfläche habe sich dagegen ein Feuchtbiotop gebildet. Daher scheide eine Einordnung des Flächenanteils von 87.318 Quadratmetern als landwirtschaftliche Fläche aus. Dieser Grundstücksteil sei auch von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland nicht als landwirtschaftliche Fläche, sondern als Brache eingestuft und behandelt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

8

die Urteile des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – und vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2012 und vom 4. Februar 2013 aufzuheben, soweit darin Gebühren zur Deckung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband festgesetzt worden sind.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Der Beklagte verteidigt die Urteile des Verwaltungsgerichts. Die angefochtenen Bescheide seien auch in Ansehung der streitigen Teilfläche rechtmäßig. Die Klägerin habe selbst erklärt, dass die Fläche zunächst vom früheren Pächter weiter landwirtschaftlich genutzt worden sei. Eine Umwandlung der Grünlandfläche in Brachland sei nicht nachgewiesen worden. Inwieweit eine Grasfläche landwirtschaftlich genutzt werde, sei für den Beklagten nicht nachprüfbar. Durch die vorübergehende Einstellung einer landwirtschaftlichen Nutzung werde ein Grundstück nicht unmittelbar zu Brachland. Aus dem Bauantrag der Klägerin vom August 2011 ergebe sich eine beabsichtigte landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks durch den Anbau von Nordmanntannen und zur Pferdezucht.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

13

1. Die Berufungen der Klägerin sind zulässig. Die Berufungen sind innerhalb der Frist aus § 124a Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 und 3 VwGO eingegangen. Die Berufungsbegründung enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124a Abs. 3 Satz 4, Abs. 6 Satz 3 VwGO).

14

2. Die Berufungen sind auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2012 und vom 4. Februar 2013 sind im Umfang der Anfechtung rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

15

Die streitige Gebührenerhebung richtet sich nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG. Nach dieser Vorschrift können die Gemeinden die Beiträge zum Unterhaltungsverband sowie die bei der Umlegung entstehenden Verwaltungskosten den Eigentümern, Erbbauberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach den Grundsätzen der §§ 2 und 6 des Kommunalabgabengesetzes auferlegen. Daher ist § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V anzuwenden, wonach Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen. Den streitgegenständlichen Bescheiden fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Der Beklagte stützt die Gebührenerhebung auf die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes „...“ vom 26. November 2003 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung vom 23. November 2005 (Gebührensatzung). Die Festsetzungen in dieser Satzung über den Gebührenmaßstab und den Gebührensatz verstoßen gegen höherrangiges Recht und sind unwirksam. Der Gebührensatzung fehlt es damit am gesetzlichen Mindestinhalt einer Abgabensatzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Dies führt zur Gesamtnichtigkeit der gemeindlichen Satzung und zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage der richtigen Rechtsanwendung kommt es deshalb nicht mehr an.

16

a) Die Gemeinde legt die Beiträge zum Unterhaltungsverband zuzüglich ihrer Verwaltungskosten durch eine Gebühr um, deren Höhe sich nach Größe und Nutzungsart der bevorteilten Grundstücksflächen richtet (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Gebührensatzung). Gegen einen solchen Gebührenmaßstab ist grundsätzlich nichts zu erinnern (OVG Greifswald, Urt. v. 18.03.2014 – 1 L 190/10 –, juris Rn. 30 m.w.N.). Die Regelung ist jedoch unwirksam, weil sie in ihrer konkreten Ausgestaltung in § 3 Abs. 3 Gebührensatzung gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt.

17

Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die Rechtsunterworfenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Es ist dabei ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 60 m.w.N.). Diesen Maßgaben wird die genannte Satzungsnorm nicht gerecht.

18

Die gemeindliche Gebührensatzung differenziert nach der Nutzungsart der betreffenden Grundstücksflächen drei verschiedene Gebührensätze. Dabei unterscheidet sie nach Gebäude-, Betriebs- und Verkehrsflächen sowie Deichen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a Gebührensatzung), Landwirtschaftsflächen § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b Gebührensatzung) und Waldflächen, Flächen anderer Nutzungen und sonstigen Landwirtschaftsflächen § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. c Gebührensatzung). Zur näheren Bestimmung verweisen die Vorschriften jeweils mit einem Klammerzusatz auf zugehörige fünfstellige Nutzungsartnummern, ohne dabei anzugeben, auf welches Regelungswerk sich diese Nummern beziehen. Das ist unzureichend.

19

Es ist mit dem Bestimmtheitsgebot zwar grundsätzlich vereinbar, in einer Abgabensatzung auf eine andere Satzung der gleichen Gemeinde oder auf allgemein anerkannte und jedermann zugängliche anderweitige Vorschriften zu verweisen, ohne ihren Inhalt im Satzungstext wiederzugeben. Notwendig ist aber, dass klar erkennbar bleibt, welche Regelungen gelten sollen (vgl. Driehaus, Abgabensatzungen, § 7, Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

20

Die hier in Rede stehende Maßstabsregel lässt für den Normunterworfenen schon nicht hinreichend erkennen, in welchem Regelwerk die bezeichneten Nutzungsartennummern näher definiert sind, aus denen sich etwa ergeben soll, ob die zu veranlagende Fläche eine „Landwirtschaftsfläche“ oder eine „sonstige Landwirtschaftsfläche“ ist. Der Senat hat erwogen, ob sich hierfür etwas aus dem Verweis in der Satzungspräambel auf die Veranlagungsregel „Schätzungsrahmen“ des Wasser- und Bodenverbands „...“ gewinnen lässt. Doch auch insoweit ist für einen Gebührenpflichtigen nicht genügend klar, dass sich diese Regel – als Anlage – in der Beitragssatzung des Verbandes befindet, wo diese Satzung veröffentlicht ist und dass diese einen Verweis auf den Nutzungsartenerlass Mecklenburg-Vorpommern enthält.

21

Doch selbst wenn man aus dem Normzusammenhang der Maßstabsregel mit katasterrechtlichen Vorschriften – § 3 Abs. 2 Satz 1 Gebührensatzung verweist zur maßgeblichen Grundstücksgröße auf katasteramtliche Feststellungen – annehmen wollte, dass die unausgesprochene Bezugnahme auf den Nutzungsartenerlass Mecklenburg-Vorpommern für die Bestimmung der Nutzungsartennummern für den Normadressaten naheliegend und erkennbar wäre, fehlt es an jeder Regelung, in welcher Fassung der Nutzungsartenerlasses Anwendung finden sollte. Es bleibt unklar, ob es sich um eine statische Verweisung auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gebührensatzung geltende Anlage zum Nutzungsartenerlass vom 29. Januar 1998 (ABl. M-V, S. 429, 432) in der Fassung der Ersten Änderung vom 26. Mai 2003 (ABl. M-V, S. 730) handeln oder ob dynamisch auf die jeweils geltende Fassung verwiesen werden sollte, im Erhebungszeitraum mithin auf den Nutzungsartenerlass vom 10. Juni 2009 (ABl. M-V, S. 606). Die Anlage dieses Erlasses ist zudem nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden, sondern war gemäß Ziffer 1.3 per Post und nur gegen Entgelt beim Amt für Geoinformation, Vermessungs- und Katasterwesen zu beziehen. Nach alledem bleibt der Regelungsinhalt von § 3 Abs. 3 Satz 2 Gebührensatzung auch durch Auslegung nicht hinreichend bestimmbar.

22

b) Auch die Festsetzung der Gebührensätze in § 3 Abs. 3 Satz 2 Gebührensatzung ist unwirksam. Dieser fehlt die notwendige Kalkulationsgrundlage. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass auch eine Gebührensatzung auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG zu ihrer Gültigkeit einer stimmigen Kalkulation bedarf, die vom satzungsgebenden Gremium mit der Beschlussfassung über die Abgabensatzung zu billigen ist. Aus einer Kalkulation des Gebührensatzes müssen sich wenigstens die entstandenen beziehungsweise veranschlagten Kosten, die sich nach den in der Satzung festgesetzten Maßstäben ergebenden Gebühreneinheiten und das daraus in Verbindung mit dem festgelegten Gebührensatz errechnete voraussichtliche Gebührenaufkommen ergeben (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 23.02.2000 – 1 L 50/98 –, juris Rn. 35).

23

Die Prognose der voraussichtlichen Kosten für den Betrieb einer öffentlichen Einrichtung und der zu erwartenden Inanspruchnahme muss sich notwendigerweise auf einen bestimmten Kalkulationszeitraum beziehen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 07.10.2015 – 1 K 28/11 –, juris Rn. 28). Dieses Erfordernis stellt § 6 Abs. 2d Satz 1 KAG M-V ausdrücklich klar, der auch auf den hier vorliegenden Fall einer Verbandsumlage Anwendung findet. Die Kalkulation beschränkt insoweit zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich einer Gebührensatzung. Es gilt dabei der Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum entstanden sind (OVG Greifswald, Urt. v. 07.10.2015 – 1 K 28/11 –, juris Rn. 27). Daraus folgt, dass eine Gebührenerhebung für kalkulationsfremde Zeiträume grundsätzlich unzulässig ist, weil sie zur Gefahr einer unzulässigen Kostenüberschreitung führt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 05.05.2010 – 3 A 1061/07 –, juris Rn. 14). Das hat wiederum zur Folge, dass der Satzungsgeber eine Entscheidung darüber treffen muss, welchen Zeitraum seine Kalkulation umfassen soll. Dieses Erfordernis ergibt sich zudem aus der gesetzlichen Anordnung in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V, nach der Kostenüberdeckungen spätestens innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums auszugleichen sind, wenn am Ende eines Kalkulationszeitraums das Gebührenaufkommen die ansatzfähigen Kosten übersteigt.

24

Eine Gebührenkalkulation, die nicht erkennen lässt, für welchen Kalkulationszeitraum sie Geltung beansprucht, ist mithin methodisch fehlerhaft. So liegt es hier. Die vom Beklagten vorgelegte Kalkulation bezeichnet keinen ausdrücklichen Kalkulationszeitraum. Soweit in der Kalkulation zur Bemessung der Kostenseite auf die von der Gemeinde für das Erhebungsjahr 2005 geschuldeten Beiträge an den Wasser- und Bodenverband Bezug genommen wird, lässt sich diesem Umstand entnehmen, dass die Kalkulation jedenfalls für diesen Zeitraum erfolgt ist. Eine Bestimmung dahingehend, dass die Kalkulation darüber hinaus gelten sollte, etwa weil die voraussichtlichen Kosten und Gebühreneinheiten im Wesentlichen unverändert bleiben, ist den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Eine Kalkulation „bis auf Weiteres“ würde zudem daran leiden, dass sie kein Ende des Kalkulationszeitraums bestimmt. Für den hier streitigen Erhebungszeitraum von 2011 bis 2013 fehlt es also überhaupt an einer wirksamen Kalkulation der Gebührensätze. Der Senat musste daher nicht mehr entscheiden, ob ein Kalkulationszeitraum von sieben bis neun Jahren im Bereich der Umlage von Verbandslasten im Wege von Wasser- und Bodenverbandsgebühren überhaupt noch methodisch zulässig wäre. Es kam für die Entscheidung auch nicht mehr darauf an, ob es zulässig war, die Kosten für die Wehr- und Stauanlagen ausschließlich bei den Landwirtschaftsflächen abzurechnen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Gebührensatzung). Der Senat ist deshalb dieser Frage auch in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter nachgegangen.

25

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Es bestehen keine Gründe, die Revision gemäß § 132 Abs. 1 und 2 VwGO zuzulassen.

Tatbestand

5

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Niederschlagswassergebührensatzung.

6

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt B-Stadt. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Stadtgebiet eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Das Grundstück des Antragstellers ist an diese Anlage angeschlossen. Der Antragsteller wurde im Zeitraum von 2006 bis 2014 von der Antragsgegnerin zu Niederschlagswassergebühren veranlagt. Wegen der Bescheide für die Erhebungsjahre 2010 bis 2012 legte der Antragsteller Widersprüche ein; nach deren Zurückweisung erhob er Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin (Aktenzeichen 4 A 820/11), über die bisher nicht entschieden ist.

7

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 4. November 2010 die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G (nachfolgend: Niederschlagswassergebührensatzung 2010). Die Satzung wurde am 4. November 2010 ausgefertigt und am 17. November 2010 im amtlichen Bekanntmachungsblatt der Antragsgegnerin „Heimatbote“ öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft.

8

Am 19. September 2011 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 gestellt.

9

Am 13. Dezember 2012 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die 1. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg. Die Änderungssatzung wurde am 13. Dezember 2012 ausgefertigt und am 11. Januar 2013 öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

10

Zur Begründung seines Antrags wendet sich der Antragsteller im Wesentlichen gegen die Bestimmungen zu den Gebührensätzen. Die in § 4 Abs. 2 Buchst. b der angefochtenen Satzung zum 1. Januar 2010 vorgenommene Erhöhung der Zusatzgebühr von 0,02 Euro auf 0,58 Euro je gebührenpflichtigen Quadratmeter verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei nicht gerechtfertigt. Ein Unterdeckungsausgleich habe erst in dem auf die Kalkulation folgenden Jahr, also zum 1. Januar 2011 vorgenommen werden dürfen. Methodische Fehler in der vorangegangenen Kalkulation dürften ohnehin nicht im Wege des Kostenunterdeckungsausgleichs korrigiert werden. So liege es hier. In die Flächenermittlung zur Kalkulation der Gebührensätze der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G vom 4. Oktober 2005 seien erheblich mehr Gebühreneinheiten eingestellt worden als bei der Kalkulation der angefochtenen Satzung. Das deute auf einen methodischen Fehler hin.

11

Auch die aktuelle Kalkulation sei auf der Kostenseite fehlerhaft. Die Herstellungswerte der Anlage, die über die vorgenommenen Abschreibungen gebührenwirksam geworden seien, seien unrichtig berechnet worden. Die Ermittlung des Mischzinssatzes berücksichtige zu Unrecht Kredite, die sich nicht der Herstellung der abgerechneten Anlage zuordnen ließen. Auch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen nach der Auflösungs-Restwertmethode sei vorliegend zu Lasten der Gebührenpflichtigen fehlerhaft erfolgt.

12

Der Antragsteller beantragt,

13

die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg vom 4. November 2010 mit Ausnahme des § 10 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 beansprucht.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

15

den Antrag abzulehnen.

16

Sie verteidigt die angegriffene Satzung und tritt der Antragsbegründung im Einzelnen entgegen.

17

Der rückwirkend festgesetzte und vergleichsweise geringe Satz der Zusatzgebühr für den Veranlagungszeitraum 2006 bis 2009 beruhe auf dem Schlechterstellungsverbot. Die Stadtvertretung habe keine rückwirkende Gebührenerhöhung beschließen und die Gebührensätze aus der vorangegangenen Satzung nicht überschreiten dürfen. Die Kalkulation aus dem Jahre 2005, die zu diesen Gebührensätzen geführt habe, habe keine „politische Gebühr“ zum Ergebnis gehabt, mit der eine Kostenunterdeckung bewusst in Kauf genommen worden wäre. Das gelte auch für die dortige Flächenermittlung, die die damaligen Katasterunterlagen und eine Einwohnerbefragung zur Grundlage gehabt habe. Daher sei die tatsächlich eingetretene Kostenunterdeckung in den folgenden drei Jahren von 2010 bis 2012 auszugleichen gewesen. Das Defizit sei überwiegend im Bereich der variablen Kosten entstanden und deshalb allein bei der Zusatzgebühr kostenerhöhend angesetzt worden. Die invariablen Kosten seien im Wesentlichen durch die Grundgebühr gedeckt worden. Ab 2013 sei mit einem Absinken der Gebührensätze zu rechnen gewesen. Mit der 1. Änderungssatzung seien dementsprechend zum 1. Januar 2013 auch niedrigere Gebührensätze festgesetzt worden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.). Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B vom 4. November 2010 ist im Umfang des gestellten Antrags unwirksam.

20

1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der streitbefangenen Satzung gestellt worden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Gebührenschuldner nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Niederschlagswassergebührensatzung 2010 geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dem Antragsteller steht im Umfang der Antragstellung auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Da die gegen ihn ergangenen Bescheide über die Erhebung einer Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr insoweit noch nicht bestandskräftig geworden sind, stellt die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Satzung den Antragsteller im Anfechtungsprozess rechtlich besser (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.07.2002 – 4 K 35/01 –, juris Rn. 11).

21

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. November 2010 verstößt, soweit sie Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist, gegen höherrangiges Recht, das der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts unterliegt. Im Ergebnis ist die Satzung nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen, sondern insgesamt unwirksam. Sie ist deshalb im beantragten Umfang gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

22

Die streitbefangene Niederschlagswassergebührensatzung weist nicht den durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung auf. Sie enthält für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 keine wirksame Bestimmung der Abgabensätze. Die Regelung des Gebührensatzes für die Zusatzgebühr in den Jahren 2010 bis 2012 in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010, wonach die jährliche Zusatzgebühr für die Inanspruchnahme der Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung ab dem 1. Januar 2010 0,58 Euro je Quadratmeter zusatzgebührenpflichtiger Fläche beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation und ist daher unwirksam (a). Das führt mangels einer Teilbarkeit der Satzung zur Unwirksamkeit auch der Bestimmung über den Satz der Grundgebühr und damit zur Gesamtunwirksamkeit der Gebührensatzung für den genannten Zeitraum (b). Auf die sonstigen Einwendungen des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der Satzung kommt es deshalb nicht mehr an.

23

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts muss dem Rechtssetzungsorgan – neben der Beschlussvorlage über die Satzung – bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorliegen. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. zuletzt OVG Greifswald, Urt. v. 21.04.2015 – 1 K 46/11 –, juris Rn. 67 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris Rn. 63, 142, m.w.N.; grundlegend OVG Greifswald, Urt. V. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, juris).

24

Die Gebührenkalkulation für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 war in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft. Sie berücksichtigte für diesen Zeitraum bei der Zusatzgebühr methodisch fehlerhaft einen Kostenunterdeckungsausgleich.

25

Der vorgenommene Unterdeckungsausgleich findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V in der bei Satzungserlass maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V S. 146) – KAG M-V a.F. – sollen Kostenunterdeckungen innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums ausgeglichen werden, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen.

26

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die ein Abweichen der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten und einen abgeschlossenen Kalkulationszeitraum voraussetzt, ergibt sich, dass die Berücksichtigung einer Kostenunterdeckung von vornherein ausscheiden muss, soweit sie in einem Zeitraum entstanden ist, für den es an einer Vorauskalkulation überhaupt fehlt. So liegt es hier für das Veranlagungsjahr 2009, das von der Kalkulation der Gebührensätze in der Satzung der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2005 nicht mehr erfasst wurde. Gleichwohl ist in der hier zu prüfenden Kalkulation eine Unterdeckung für diesen Zeitraum im Wege der Nachkalkulation ermittelt und für das Veranlagungsjahr 2012 kostenerhöhend in die Kalkulation des Zusatzgebührensatzes eingestellt worden.

27

Dass ein Unterdeckungsausgleich für das Jahr 2009 nicht in Betracht kommt, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F.. Die Vorschrift durchbricht den gebührenrechtlichen Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Grundsatz der Periodengerechtigkeit stellt sich damit als Ausprägung des Äquivalenzprinzips und der Leistungsproportionalität in zeitlicher Hinsicht dar (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 92). Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum durch die Inanspruchnahme der Leistung entstanden sind.

28

Die in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. normierte Ausnahme von diesem Grundsatz findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass die Kalkulation eines Gebührensatzes als Vorauskalkulation notwendigerweise auf einer Prognose der Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung und der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Gebührenschuldner im Kalkulationszeitraum beruhen muss. Eine Prognoseentscheidung ist notwendigerweise mit Unsicherheiten verbunden. Dem trägt eine Ausgleichsregelung im Sinne einer Risikoverteilung Rechnung. Sie erlaubt dem Aufgabenträger, eine von der Prognose abweichende Entwicklung der Kosten und der Gebühreneinheiten – insoweit ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden – nach Ende des Kalkulationszeitraums auszugleichen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 12.01.2015 – 5 A 597/09 –, juris Rn. 25 f. und OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 29; zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf die Entwicklung der Gebühreneinheiten VG Greifswald, Urt. v. 23.01.2014 – 3 A 1372/12 –, juris Rn. 21, und Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 102). Eine eingetretene Kostenunterdeckung darf gemäß § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. in den folgenden drei Jahren zu Lasten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden. Die Regelung erfasst folgerichtig auch den umgekehrten Fall; eine eingetretene Kostenüberdeckung muss in diesem Zeitraum zu Gunsten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden.

29

Daraus folgt zugleich, dass der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. als Ausnahmevorschrift vom gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip zu beschränken ist. Die Norm ist kein Instrument, um methodische Fehler einer vorangegangenen Kalkulation auszugleichen. Diese sind nicht Ausdruck der unvermeidbaren Prognoseunsicherheit bei der Vorausschau von Kosten und Gebühreneinheiten. Auch sind die Ergebnisse einer bewussten Kostenunterdeckung (etwa durch einen „politischer Gebührensatz“) nicht über einen Kostenunterdeckungsausgleich zu korrigieren (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 6.2.5).

30

Durch die Bildung eines durchschnittlichen Gebührensatzes für den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2012 wirkt sich der methodische Fehler der Berücksichtigung eines Kostenunterdeckungsausgleichs auf die Festsetzung des Zusatzgebührensatzes in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010 für den gesamten Regelungszeitraum aus.

31

Der Senat musste nach alledem nicht mehr entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Unterdeckungsausgleich schon wegen einer bewusst herbeigeführten Kostenunterdeckung nicht vorlagen, da die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 hier rückwirkend zum 1. Januar 2006 und für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 mit den (nicht kostendeckenden) Zusatzgebührensätzen aus der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. Oktober 2005 in Kraft gesetzt worden war. In Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass im Falle der Rückwirkung einer Gebührensatzung für die Berechnung des Gebührensatzes keine Vorauskalkulation mehr in Betracht komme und vielmehr in vollem Umfang von den für die maßgebliche Abrechnungsperiode bekannten tatsächlichen Kosten auszugehen sei. Das schließe das Entstehen einer Kostenunterdeckung aus, weil keine Prognoseunsicherheit bestehen könne (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 38; OVG Magdeburg, Urt. v. 27.07.2006 – 4 K 253/05 –, juris Rn. 40; VGH München, Urt. v. 02.04.2004 – 4 N 00.1645 –, juris Rn. 22; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 7.3.3.3 m.w.N.).

32

Dagegen ließe sich möglicherweise einwenden, dass eine Nacherhebung von Gebühren für den abgelaufenen Kalkulationszeitraum dann nicht in Betracht kommt, wenn eine Schlechterstellung der Gebührenschuldner aus verfassungsrechtlichen Gründen ausscheidet (vgl. zu den Voraussetzungen der rückwirkenden Schlechterstellung eines Abgabenschuldners BVerwG, Beschl. v. 29.01.2015 – 9 B 51/14 –, juris Rn. 7, m.w.N.). Das ist in der Rechtsprechung für den Fall angenommen worden, dass bei der rückwirkenden Ersetzung einer wegen einer fehlerhaften Maßstabsregel unwirksamen Gebührensatzung eine unabhängig davon eingetretene Kostenunterdeckung durch erhöhte Gebührensätze beseitigt werden sollte (VG Karlsruhe, Urt. v. 30.01.2014 – 2 K 2233/13 –, juris Rn. 50 ff.).

33

b) Die Nichtigkeit der Satzungsregel zur Höhe des Zusatzgebührensatzes führt auch zur Nichtigkeit der Regelung über den Satz der Grundgebühr für den Veranlagungszeitraum 2010 bis 2012 und damit mangels einer Bestimmung des Abgabensatzes zur Gesamtnichtigkeit der Niederschlagswassergebührensatzung 2010 im beantragten Umfang. Eine auf die Bestimmung des Zusatzgebührensatzes beschränkte Teilnichtigkeit der Satzung scheidet aus. Die Teilnichtigkeit einer Abgabensatzung ist anzunehmen, wenn die Norm auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt, insbesondere der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderten Mindestinhalt umfasst und anzunehmen ist, dass der Satzungsgeber die Vorschrift auch ohne den nichtigen Teil erlassen hätte (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71). Es ist nicht anzunehmen, dass der Satzungsgeber, der ersichtlich eine Kostendeckung des Anlagenbetriebs durch ein System aus Grundgebühr und Zusatzgebühr angestrebt hat, die Satzung auch mit nur einer nicht kostendeckenden Grundgebühr beschlossen und auf die Erhebung von Zusatzgebühren ganz verzichtet hätte (vgl. in diesem Sinne auch OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2014 – 9 KN 33/14 –, juris Rn. 91 und OVG Weimar, Urt. v. 12.12.2001 – 4 N 595/94 –, juris Rn. 106).

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Grundlage der Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Die Bescheide des Beklagten vom 06.06.2007 - Nr. 30-039/2007 - und vom 18.03.2008 - Nr. 30-138/2008 - sowie dessen Widerspruchsbescheide vom 06.07.2007 und 08.05.2008 einschließlich der darin enthaltenen Gebührenfestsetzungen werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einer Kurabgabe. Der in A-Stadt lebende Kläger ist Eigentümer eines Ferienhauses in V./Hiddensee und dort mit Nebenwohnsitz gemeldet.

2

Mit Bescheid vom 06.06.2007 zog der Beklagte den Kläger zu einer Jahreskurabgabe 2007 i.H.v. 42,00 EUR. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2007 zurück. Zugleich setzte er die Gebühr für die Erstellung des Widerspruchsbescheides auf 24,30 EUR fest. Am 26.07.2007 hat der Kläger zum Az. 3 A 1061/07 Anfechtungsklage erhoben.

3

Mit Bescheid vom 18.03.2008 zog der Beklagte den Kläger zu einer Jahreskurabgabe 2008 i.H.v. ebenfalls 42,00 EUR heran. Unter dem 18.03.2008 sandte der Beklagte dem Kläger eine "Information für die Eigentümer/Besitzer einer Wohneinheit auf der Insel Hiddensee und deren Familienangehörigen" nebst Erfassungsbogen zu. Der Erfassungsbogen sieht die Abgabe von personenbezogenen Daten von Ehegatten, Kindern und sonstigen Familienangehörigen der Wohnungsinhaber vor. Den sowohl gegen den Abgabenbescheid als auch gegen den Erfassungsbogen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2008 - zugestellt am 15.05.2008 - zurück. Zugleich setzte er die Gebühr für die Erstellung des Widerspruchsbescheides auf 24,30 EUR fest. Am Montag, den 16.06.2008 hat der Kläger zum Az. 3 A 871/08 Anfechtungsklage erhoben.

4

Mit Beschluss vom 23.06.2008 hat das Gericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Verfahrens verbunden. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Klage betreffend den Erfassungsbogen zurückgenommen.

5

Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Kurabgabensatzung sei nichtig. Sie sei bereits nicht wirksam bekanntgemacht worden, weil es an der von der Hauptsatzung der Gemeinde vorgesehenen ergänzenden Bekanntmachung im Internet fehle. Zudem liege eine unzulässige Doppelbesteuerung vor, weil die Gemeinde Ostseebad Hiddensee auch eine Zweitwohnungssteuer erhebe. Die Regelung über die Jahreskurkarte sei fehlerhaft. Es sei unzulässig, den Eigentümer einer Wohneinheit mit Nebenwohnsitz im Gemeindegebiet auch dann zum Erwerb einer Jahreskurkarte zu verpflichten, wenn er sich im Erhebungszeitraum nicht im Gemeindegebiet aufhalte und auch eine Rückzahlung auszuschließen. Anders bei der Zweitwohnungssteuer sei das bloße Innehaben der Wohnung nicht ausreichend. Erforderlich sei der Aufenthalt im Erhebungsgebiet. Auch die Regelung über die Familienkurkarte sei zu beanstanden. Es könne nicht sein, dass eine aus sieben erwachsenen Personen und einem Kind bestehende Familie nur 45,00 EUR zu entrichten habe, während eine aus einer erwachsenen Person und zwei Kindern bestehende Familie 60,00 EUR zahlen müsse. Die Gebührenkalkulation sei ebenfalls fehlerhaft. Da die Gemeindeeinwohner nicht der Kurabgabenpflicht unterlägen, sei der Abzug eines gemeindlichen Eigenanteils unzulässig. Die Berücksichtigung des "Verwaltungsaufwandes Reedereien" sei unzulässig, weil die Gemeinde keine Reederei betreibe. Auch der Ansatz der Kostenpositionen Kulturmanagement und Gästeservice sei unzulässig. Die Gemeinde habe zum 01.01.2005 ihre Amtsfreiheit verloren. Gleichwohl unterhalte sie einen Eigenbetrieb "Hiddenseer Hafen- und Kulturbetrieb" und als Alleingesellschafterin die "Insel Information Hiddensee GmbH". Rechtsaufsichtlich sei verlangt worden, entweder den Eigenbetrieb oder die GmbH aufzulösen, was bisher aber nicht erfolgt sei.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Bescheide des Beklagten vom 06.06.2007 und vom 18.03.2008 sowie dessen Widerspruchsbescheide vom 06.07.2007 und 08.05.2008 einschließlich der darin enthaltenen Gebührenfestsetzung aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Beschluss vom 07.01.2010 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

12

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist die Klage zulässig und auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

13

1. Der Bescheid vom 06.06.2007 kann nicht auf die Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee vom 14.02.2007 (Kurabgabesatzung - KAS 2007) gestützt werden, denn die Satzung hatte zu dem hierfür erforderlichen Zeitpunkt noch keine Geltung. Nach § 5 Abs. 3 KAS 2007 entsteht die Jahreskurabgabepflicht am 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres. Dies setzt für das Kalenderjahr 2007 voraus, dass die Satzung am 01.01.2007 Geltung beanspruchte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kurabgabesatzung ist nach ihrem § 15 Abs. 1 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft getreten. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte durch Aushang vom 05.03.2007 bis 28.03.2007. Damit trat die Satzung mit Ablauf des 28.03.2007 (vgl. § 9 Nr. 3 KV-DVO) in Kraft. Folglich konnte für das Jahr 2007 eine Jahreskurabgabepflicht auf Grundlage dieser Satzung nicht entstehen.

14

Auch die Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee vom 11.04.2001 (KAS 2001) scheidet als Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 06.06.2007 aus. Sie ist für den Zeitraum ab 2007 nicht mehr anwendbar. Zwar weist die Satzung kein ausdrücklich normiertes "Verfalldatum" auf; allerdings basieren die in der Satzung normierten Abgabesätze nach den Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf jährlich aktualisierten Kalkulationen. Für das Jahr 2007 ist jedoch mit Blick auf die Kurabgabesatzung 2007 keine Aktualisierung mehr erfolgt. Gerade bei - wie hier - wiederkehrenden Abgaben beschränkt die Kalkulation den zeitlichen Anwendungsbereich der Satzung, denn eine Abgabenerhebung für kalkulationsfremde Zeiträume ist unzulässig. Sie führt nämlich zu einem kalkulationsfremden Abgabenaufkommen und begründet damit die Gefahr einer unzulässigen Kostenüberschreitung (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.06.2006 - 3 B 306/06 [betreffend Abwassergebühren]).

15

2. Dem Bescheid vom 18.03.2008 fehlt ebenfalls die erforderliche Rechtsgrundlage, denn die Kurabgabesatzung 2007 i.d.F. der rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getretenen 2. Änderungssatzung vom 16.05.2008 ist nichtig.

16

Zwar folgt dies nicht aus dem Umstand, dass die Gemeinde Seebad Insel Hiddensee von den Inhabern von Zweitwohnungen neben der Kurabgabe auch Zweitwohnungssteuern erhebt. Denn Zweitwohnungsinhaber können sowohl der Zweitwohnungsteuerpflicht als auch der Kurabgabepflicht unterliegen, da die diesen beiden Abgabenarten zugrunde liegenden Abgabetatbestände nicht gleichartig sind (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15.11.2006 - 1 L 38/05, Juris Rn. 34 m.w.N.).

17

Unwirksam ist jedoch die mit der rückwirkend zum 01.01.2008 in die Kurabgabesatzung 2007 eingefügte Bestimmung des § 6 Abs. 3 KAS 2007. Hiernach sind Eigentümer oder Besitzer einer Wohnungseinheit, die nicht im Erhebungsgebiet ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, und ihre Familienangehörigen verpflichtet, unabhängig von der Aufenthaltsdauer die Jahreskurabgabe für das laufende Kalenderjahr zu entrichten. Die Regelung ist unwirksam, weil sie sich einschränkungslos auf alle Familienangehörigen der Eigentümer oder Besitzer von Wohnungseinheiten erstreckt.

18

Dies ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen: § 2 Abs. 1 KAS 2007 bestimmt im Einklang mit § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V das Merkmal "ortsfremd". Danach ist kurabgabepflichtig, wer sich im Erhebungsgebiet aufhält und hier keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (ortsfremd). Als ortsfremd gilt nach § 2 Abs. 2 KAS 2007 auch, wer in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee Eigentümer oder Besitzer eine Wohnungseinheit ist, wenn und soweit er sie zu Erholungszwecken nutzt. Diese Bestimmung, die lediglich die Vorgabe des § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V wiederholt, zielt auf die Inhaber von Zweitwohnungen ab. Sie enthält keinen besonderen Kurabgabetatbestand, sondern dient lediglich der Klarstellung des in § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V enthaltenen Tatbestandsmerkmals der Ortsfremdheit in einem Zweifelsfall. Demzufolge sind auch die Inhaber von Zweitwohnungen grundsätzlich kurabgabepflichtig, soweit sie sich im Kurgebiet aufhalten (Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand 07/09, § 11 Anm. 2.2.1 m.w.N.). Für diesen Personenkreis bestimmt § 6 Abs. 3 KAS 2007, dass unabhängig von der Dauer und Häufigkeit des Aufenthaltes die Jahreskurabgabe zu zahlen ist. Die darin liegende Pauschalierung ist ebenfalls zulässig. Zwar führt sie dazu, dass es dem kurabgabepflichtigen Inhaber der Zweitwohnung verwehrt ist, im Einzelfall den Nachweis zu führen, er habe sich nur für einen kürzeren Zeitraum in seiner Zweitwohnung aufgehalten. Dies verstößt aber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Grundgesetz - GG), weil es für die erhebungsberechtigte Gemeinde tatsächlich kaum durchführbar, zumindest aber wirtschaftlich unvertretbar wäre, die tatsächliche Aufenthaltsdauer von Zweitwohnungsinhabern und ihren Angehörigen im Gemeindegebiet das ganze Jahr zu überwachen und festzustellen (allg. Ansicht: OVG Mecklenburg-Vorpommern; Urt. v. 15.11.2006 - 1 L 38/05, juris; OVG Schleswig, Urt. v. 04.10.1995 - 2 L 197/94, juris Rn. 36; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.02.2004 - 9 KN 546/02, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.05.2000 - 9 L 977/99 -, juris).

19

Es ist aber zu berücksichtigen, dass der von § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V für die Schuldnerbestimmung bei der Jahreskurabgabe vorgegebene Rahmen vom Ortsgesetzgeber nicht überschritten werden darf (vgl. § 43 Abgabenordnung [AO] i.V.m. § 12 Abs. 2 KAG M-V). Die Verpflichtung nach § 6 Abs. 3 KAS 2007 beschränkt sich nicht auf die Eigentümer und Besitzer von Wohnungseinheiten, sondern erfasst auch deren Familienangehörige. Da § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V dieses Merkmal nicht enthält, können Familienangehörige - sofern sie nicht Miteigentümer der Wohnungseinheiten sind - nur als Besitzer zur Jahreskurabgabe herangezogen werden. Allerdings verbietet sich die Annahme, dass die Familienangehörigen des Eigentümers oder Besitzers einer Wohneinheit immer auch (Mit-)Besitzer dieser Wohneinheit sind. Zwar mag dies auf Ehegatten und im gleichen Haushalt lebende Personen zutreffen (vgl. VGH München, Urt. v. 13.08.1999 - 4 B 97.973 - NVwZ 2000, 225 <226> und VG Oldenburg, Urt. v. 21.01.2010 - 2 A 635/08 - juris Rn. 53). Eine solche Eingrenzung weist § 6 Abs. 3 KAS 2007 indes nicht auf. Der Begriff des Familienangehörigen wird weder in der Kurabgabesatzung selbst definiert - die Bestimmung des § 6 Abs. 4 KAS 2007 i.d.F. der 2. Änderungssatzung betrifft nur Befreiungen von der Kurabgabenpflicht - noch wird auf eine an anderer Stelle erfolgte Definition verwiesen. Er ist damit unscharf und konturenlos. Der im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltene Erhebungsbogen fordert zu Mitteilungen über Ehegatten, Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres und "andere Familienangehörige" auf. Unter diesen weiten Begriff fallen auch Eltern, Groß- und Urgroßeltern, Brüder, Schwestern, Neffen, Nichten usw. Bei diesem unübersehbar großen Personenkreis kann nicht von einem (Mit-)Besitz an der Wohnungseinheit ausgegangen werden. Damit fehlt es insoweit auch an der von § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V vorausgesetzten Aufenthaltsvermutung.

20

Die Nichtigkeit des § 6 Abs. 3 KAS 2007 führt zur Nichtigkeit der Kurabgabensatzung insgesamt. Von einer unschädlichen Teilnichtigkeit kann nicht ausgegangen werden, da sich die (unzulässige) Ausweitung des Kreises derjenigen, von denen eine Jahreskurabgabe erhoben werden soll, zwangsläufig auf die Kalkulation der Abgabensätze auswirkt.

21

Auf die übrigen Einwände des Klägers kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Tatbestand

1

Die Kläger fechten einen Gebührenbescheid an, soweit darin eine Grundgebühr für die öffentliche Einrichtung der dezentralen Abwasserbeseitigung festgesetzt wird.

2

Eigentümer des bebauten Grundstücks mit postalischer Anschrift Dorfstraße … in A-Stadt, Ortsteil H., sind neben Frau K. die Kläger aufgrund Erbfalls seit dem 10. September 2012, zuvor war dies insoweit der Vater des Klägers zu 1 bzw. Ehemann der Klägerin zu 2. Auf dem Grundstück, das jedenfalls im hier streitigen Zeitraum wohl allein vom Kläger zu 1 bewohnt wurde, befindet sich eine bereits zu DDR-Zeiten errichtete Kleinkläranlage.

3

Am 12. November 2008 beschloss die Verbandsversammlung des Wasserversorgungs- und Abwasserzweckverbands Güstrow-Bützow-Sternberg (im Folgenden: WAZ) die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung des WAZ vom 21. November 2008, die am letztgenannten Tag vom Verbandsvorsteher ausgefertigt, im Amtlichen Anzeiger, Beilage zum Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern, Nr. 51 vom 8. Dezember 2008 öffentlich bekannt gemacht wurde und zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist. Gleichzeitig trat die Vorgängersatzung vom 27. März 2002 außer Kraft.

4

Die Erste Änderungssatzung zu dieser Satzung vom 1. Dezember 2009, in Kraft getreten am 1. Januar 2010, änderte hinsichtlich der Höhe der Grundgebühr A nichts.

5

Mit „Gebührenbescheid für Trink- und Schmutzwasser“ vom 10. November 2010 erhob der Beklagte gegenüber dem Rechtsvorgänger der Kläger für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2010 und das genannte Grundstück neben hier nicht streitbefangenen Gebühren eine jährliche Grundgebühr für die „Abwasserentsorgungsart Kleinkläranlage“ in Höhe von 54 € (monatlich 4,50 €/WE).

6

Gegen diesen Bescheid legte der Rechtsvorgänger der Kläger mit Schreiben vom 18. November 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung wird darin – neben Fragen der Erfüllung bzw. Erstattung wegen zuviel entrichteter Beträge - im Wesentlichen vorgetragen, dass der Beklagte monatliche Gebühren für die Kleinkläranlage erhebe, ohne eine Gegenleistung erbracht zu haben. Er verweise im Übrigen auf die Begründung der Klage 4 A 1537/10.

7

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2011 sinngemäß zurück („abgewiesen“). Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Gebührenerhebung nicht die unmittelbare Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zur Fäkalschlammentsorgung voraussetze, da die Grundgebühr unabhängig vom Maß der Benutzung entstehe. Sie werde zur Deckung der Kosten der Vorhaltung einer jederzeitigen Benutzungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf den Umfang der tatsächlichen Benutzung erhoben und decke damit einen Teil der festen Kosten einer Einrichtung, die mengenunabhängig verteilt würden (z. B. Anteile der Kläranlagen, Vorhaltung der Abfuhrtechnik).

8

Zudem habe der Rechtsvorgänger der Kläger die öffentliche Einrichtung zur dezentralen Abwasserbeseitigung zuletzt am 15. November 2004 per Abfuhr von 6 m³ - im Laufe des Klageverfahrens korrigiert auf 0,5 m³ - Abwasser-/Schlammgemisch genutzt.

9

Das Verwaltungsgericht Greifswald habe diesbezüglich im Urteil vom 14. Februar 2007 (3 A 2047/04) entschieden, dass für invariable (fixe) Vorhaltekosten unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme angemessene Grundgebühren erhoben werden könnten. Durch sie würden die durch das Bereitstellung und Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten ganz oder teilweise abgegolten. Die Grundgebühr werde deshalb verbrauchsunabhängig nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität regelmäßig orientiere. Daraus folge zugleich, dass es für die Bestimmung der Grundgebühr nicht auf die Entsorgungshäufigkeit der einzelnen Kleinkläranlage ankommen könne.

10

Am 3. Februar 2011 hat der Rechtsvorgänger der Kläger Klage erhoben, mit der nunmehr sie vortragen:

11

Zur Vermeidung von Wiederholungen werde zunächst auf die Ausführungen in dem Klageverfahren 4 A 1537/10 verwiesen.

12

Die Argumentation des Verwaltungsgerichts Greifswald im Urteil vom 14. Februar 2007 gehe an dem vorliegenden Problem vorbei.

13

Die Festlegung einer Einheitsgebühr bedürfe eines konkreten Nachweises homogener Nutzungsbedingungen. Aufgrund der großen Schwankungsbreite der Entsorgungsmengen aus den angeschlossenen dezentralen Kläranlagen scheitere ein einheitlicher Gebührenmaßstab an Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Durch die heterogene Nutzung der Angeschlossenen sei keine Typisierung möglich, also keine „Norm“ vorhanden. Die Festlegung einer Einheitsgebühr unterliege damit der Willkür. Kalkulatorisch dürfe eine Grundgebühr maximal 75 % der tatsächlichen Nutzungs-, Leistungs- oder vorteilsgewährenden Gebühr ausmachen. Die Rechtsprechung habe sich ausgiebig dazu geäußert.

14

Das Bundesverwaltungsgericht folgere aus Art. 3 Abs. 1 GG, dass „die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei etwa gleicher Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtung etwa gleichhohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren gezahlt werden (Beschl. v. 25. März 1985 – 8 B 11.84 -; Urt. v. 26. Okt. 1977 – 5 C 4.76 -).

15

Nach dem Bundesverfassungsgericht setze eine Typisierung voraus, „dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären …“ (Beschl. v. 8. Okt. 1991 – 1 BvL 50/86).

16

Es dürfte keine besondere Schwierigkeit sein, erst nach Erbringung der Leistung die Kosten per Gebührenbescheid einzufordern.

17

Die Gebührengerechtigkeit werde in der Rechtsprechung als oberstes Ziel gesehen. Dabei spiele eine am Empfinden der Bürgerschaft ausgerichtete Auffassung eine große Rolle, dass derjenige, der eine Einrichtung im großen Umfang nutze, auch an den Kosten stärker beteiligt werden solle. Das gerechte Verhältnis von Kostenverursachung und –tragung werde nicht durch eine Einheitsgebühr getragen.

18

Der Rechtsvorgänger der Kläger habe keine Kosten verursacht und ihm seien keine Vorteile durch das „Vorhalten“ der Einrichtung zuzuschreiben.

19

Mit dem Gedanken an den Gewässerschutz – der Vermeidung, Reduzierung usw. von Abwasser – habe die monatliche Grundgebühr ohne Gegenleistung des Zweckverbands auch nichts zu tun. Es habe keinen lenkenden Zweck in Hinsicht der Ressourcenschonung. Vielmehr sei diese kontraproduktiv, da nur mit steigenden Abwasseraufkommen die Kostenbelastung pro Kubikmeter reduziert werde.

20

Die Verhältnismäßigkeit sei so nicht gewahrt und verletze gröblich das Äquivalenzprinzip. Die Grundgebühr sei im vorliegenden Fall eine unverhältnismäßige Belastung.

21

Die Grundgebührenbemessung stehe zu dem Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen in einem offensichtlichen Missverhältnis und auch bei Zugrundelegung eines (weiten) Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers könne hier nur von einer Fiktion ausgegangen werden. Dies stehe einer Bemessung der Abwassergrundgebühr nach der Menge des bisher vom Rechtsvorgänger der Kläger verursachten Abwassers entgegen.

22

Je höher der durch Grundgebühren umgelegte Kostenanteil an den Gesamtkosten der öffentlichen Einrichtung sei, umso eher bedürfe es eines Grundgebührenmaßstabs, der sich für die Angemessenheit der Gebühr am Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen orientiere.

23

Nicht der volle Teil der Vorhaltekosten – fixe Kosten plus invariable Kosten – dürfe in die Grundgebühr einbezogen werden. Es liege offensichtlich ein ungeeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab vor, wobei man auch prüfen könne, ob überhaupt ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Beurteilung heranzuziehen wäre, da dem Beklagten die Größe der Kläranlagen bekannt sei. Das Abstellen der Berechnung der Grundgebühren auf die Anzahl der Wohneinheiten sei daher auch kein Argument für die Nutzung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs, denn die abzufahrenden Mengen seien dem Zweckverband bekannt und die Abfuhrmenge stehe nicht im Verhältnis zu der Anzahl der Wohneinheiten, sondern zum Fassungsvermögen der Anlage. Das Abstellen auf Wohneinheiten verletze die Gleichbehandlung. Hätten sich mehrere Parteien zusammengeschlossen (Wohneinheiten), liege die Wahrscheinlichkeit nahe, dass sich die Abfuhrmenge damit auch verändere.

24

Ihre Gesamtkosten würden bis Ende 2010 pro Jahr 60 € betragen, die sich aus der Grundgebühr (12 x 4,50 €) und 6 € Leistungsgebühr für 0,5 m³ Abwasser zusammen setzten. Der Gebührenanteil betrage bei den Gesamtkosten also 90 % (OVG Brandenburg, Urt. v. 27. März 2002 - 2 D 46/99.NE -).

25

Weiterhin sei zu prüfen, ob der Begriff „Vorhaltekosten“ zur Begründung der Grundgebühren überhaupt Anwendung finden könne.

26

Laut Satzung könnten sie, die Kläger, unter dem Benutzungszwang nicht frei den Abhol- und Entleerungstermin wählen, noch hätten sie deutliche Handlungsfreiheit. Es liege die Wahrscheinlichkeit nahe, dass der Zweckverband die Auslastung der Anlage entsprechend durchplane. Dieses entspreche nicht dem Vorhalten, sondern eher dem Vorenthalten. Das Argument, dass jederzeit ihr Abwasser aufgenommen werden könne, könne nicht greifen, wenn die Anlage bereits überproportional ausgelegt sei und damit Höchstlastkapazitäten aufnehmen könne, die mit Wahrscheinlichkeit nie eintreten würden.

27

Weiter bedürfe der Prüfung die Begriffsführung für die Kläranlagen des Zweckverbands als öffentliche Einrichtung. Der Landesgesetzgeber habe geregelt, dass Kläranlagen, die an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen seien, auch als öffentliche Anlagen gelten würden. Für dezentrale private Anlagen gelte die gesetzliche Regelung nicht. Eine so erklärte öffentliche Anlage sei auch nicht immer auch eine öffentliche Einrichtung. Letzterer mangele es an der Nutzungssatzung und dem Zugang für die Öffentlichkeit. Für einen Eigentümer einer dezentralen Kläranlage sei die Kläranlage des Verbands, in welche das Abwasser seiner Anlage verbracht werde, nur eine Betriebsstätte.

28

Der Beklagte dürfe zwar Grundgebühren erheben, jedoch seien Maßstab und Verhältnismäßigkeit zu beanstanden.

29

Es sei nicht zuzustimmen, dass der Beklagte die Grundgebühren monatlich im Voraus des Leistungsbezugs erhebe, da der Leistungsbezug / die Nutzung durch den Zweckverband laut Satzung bestimmt werde. Ebenso wenig besitze der Beklagte das Recht, den Entleerungstermin zu diktieren. Das Landesrecht bestimme die Entsorgungshäufigkeit ausreichend.

30

Für die Zukunft sei die Erhebung einer Grundgebühr wahrscheinlich ein unbrauchbares Mittel, da mit fortschreitender Umrüstung auf vollbiologische Kläranlagen das Verhältnis zwischen Vorhalten einer Nutzungsmöglichkeit (besser Pflicht) und der zeitlichen tatsächlichen Inanspruchnahme seit weit voneinander ginge, (so) dass die Grundgebühren dann im deutlichen Maße unverhältnismäßig gegenüber den Leistungsgebühren würden.

31

Das vom Beklagten angesprochene Normenkontrollverfahren sei nur in stark begrenzter (abstrakter) Weise auf dieses Streitverfahren anwendbar.

32

Zum einen hole der Zweckverband den Inhalt der Klär- und Abwassergruben nicht mit eigenen Fahrzeugen ab, die als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung gelten würden. Er vergebe sichtbar den Auftrag an die Eurawasser GmbH und diese beauftrage in dieser Region die NWL GmbH. Da bei möglichen Schäden innerhalb der Abholung grundsätzlich die NWL GmbH hafte und ein Geschädigter sich per Zivilverfahren damit auseinander setzen müsse, könne nicht die Überzeugung aufkommen, dass eine „öffentliche rollende Leitung“ vorhanden sei, zumal der Klärschlamm / das Abwasser dann in eine von der Eurawasser GmbH betriebene Klärwerksanlage verbracht werde.

33

Auch „müsse“ der Zweckverband keine öffentliche Einrichtung dauernd vorhalten, denn er habe sich freiwillig dazu gebildet und sich gegenüber den angeschlossenen Kommunen verpflichtet, diese Aufgabe zu tragen.

34

Der Gesetzgeber habe entgegen der Auffassung des Beklagten nicht beabsichtigt, dass eine Grundgebühr sich deutlich über die tatsächliche Nutzung bzw. Inanspruchnahme hinaus bewege. Der Trend in der Rechtsprechung gehe immer mehr dahin, dass die Gebühren der tatsächlichen Inanspruchnahme höher sein müssten als die Grundgebühr. Eine „verbrauchsunabhängige“ Grundgebühr gebe es selten und bestimmt nicht beim Zweckverband.

35

Es sei zu hoffen dass das Gericht es nicht unternehme, in ihrem Streitfall irgendwelche „Gebührenkalkulationen“ mit einfließen zu lassen. Gebührenkalkulationen seien die kleinen Stiefschwestern der Statistik und dazu könne man nur sagen: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gemacht (gefälscht) hast! Wenn man vorher wisse, was man mit der Kalkulation ausdrücken möchte (auch Bewertungen, Gutachten, Einschätzungen), könne man durch geeignete und gezielte Argumente genau dieses wiedergeben. In eine Kalkulation flössen nicht unbedingt die Bestandteile ein, wo Kosten eingespart werden könnten. Auch würden sie keinen Einblick geben, ob an allen Stellen effektiv gewirtschaftet werde. Die Fixkosten für überdimensionierte Anlagen und Ausbauten, uneffektiv genutzte Fuhrparks, Werkzeuge, Gerätschaften, Immobilien, schlechte bzw. einseitige Verträge usw. seien nicht als Gebührenbestandteil anrechenbar.

36

Wenn man dann noch ein wenig aus dem bereits übernommenen EU-Recht hinzu ziehe, dass unnötige Transportwege zu vermeiden seien bzw. so kurz wie möglich sein sollten, könne man die „rollende Leitung“ von ihrem Grundstück zum Parumer Klärwerk sowohl als transporttechnische wie auch ökologische „Untat“ ansehen. Es lägen drei moderne Klärwerke deutlich näher, die eine ausreichende Aufnahmekapazität hätten.

37

Das Gericht solle die Grundlagen des wirtschaftlichen Handel(n)s der Betreiber von öffentlichen Einrichtungen kennen. Es sei der Geschäftsbericht anzufordern und das Augenmerk auf deren Eigenkritik – wo es Einsparungspotential gebe und welche Einsparungen (mit welchen Maßnahmen) erreicht worden seien.

38

Die Kläger beantragen,

39

den „Gebührenbescheid für Trink- und Schmutzwasser“ des Beklagten vom 10. November 2010 und seinen Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2011 aufzuheben, soweit es die monatliche Grundgebühr A für die „Abwasserentsorgungsart Kleinkläranlage“ betrifft.

40

Der Beklagte beantragt,

41

die Klage abzuweisen,

42

und trägt dazu vor:

43

Die Grundgebühr werde erhoben für die Inanspruchnahme der Lieferungs- und Leistungsbereitschaft der öffentlichen Einrichtung der Fäkalschlammentsorgung. Mit ihr würden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten teilweise abgegolten. Wesen der Grundgebühr sei es, die Fixkosten vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Wegen der Verbrauchsunabhängigkeit müsse die Grundgebühr alle Pflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab treffen. Nur die restlichen Kosten dürften dann nach dem Maß des jeweiligen Verbrauchs umgelegt werden (Siemers, a. a. O., § 6 Punkt 7.2.3.1).

44

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern habe die Fäkalschlammgebührensatzung des beklagten Zweckverbands im Normenkontrollverfahren 4 K 17/02 bereits geprüft und zur Frage der Zulässigkeit der Grundgebühr – näher zitierte - Ausführungen gemacht.

45

Dabei sei es zulässig, wie im jeweiligen § 3 der Fäkalschlammgebührensatzung bzw. nunmehr der Gebührensatzung dezentrale Abwasserbeseitigung, für die Entstehung der Gebührenpflicht bei dezentraler Entsorgung von Fäkalgruben und Kleinkläranlagen an die Abwassereinleitung in die Grundstücksentwässerungsanlage und nicht an die Anzahl der erfolgten tatsächlichen Entleerungen anzuknüpfen. Voraussetzung dafür sei, dass ein Anschlusszwang bestehe und mit diesem Zwang auch das Recht zur Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung korrespondiere. Dies sei hier der Fall.

46

Zulässiger Maßstab für die Grundgebühr sei hier die Zahl der angeschlossenen Wohneinheiten. Bei der dezentralen Abwasserbeseitigung seien die gleichen Grundgebührenmaßstäbe möglich wie bei der zentralen Abwasserbeseitigung.

47

Der Anteil der Grundgebühr an den jährlichen Gebühren für die Grundstückskläranlage sei bei häufig in Anspruch genommener Abfuhrleistung geringer als bei wenigen Entleerungen. Diese unterschiedliche Wirkung sei eine beabsichtigte Folge der Aufteilung der Benutzungsgebühren in eine Grund- und eine Mengengebühr. Sie sei systembedingt und von den Betroffenen hinzunehmen.

48

Die Vorhaltekosten für die dezentrale Abwasserbeseitigung – wie die anteiligen Abschreibungskosten am zentralen Klärwerk, Abschreibungen der eingesetzten Fahrzeuge – seien für alle Grundstückseigentümer, die eine Grundstückskläranlage oder abflusslose Sammelgrube betreiben, gleich. Bei der Bestimmung der Grundgebühr könne es deshalb nicht auf die Entsorgungshäufigkeit der einzelnen Kleinkläranlagen ankommen (so auch VG Greifswald, Urt. v. 14. Februar 2007 – 3 A 2047/04 -).

49

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 30. April 2013 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

50

Hinzugezogen hat das Gericht neben den Verwaltungsvorgängen des Beklagten zum einen die Beiakte Nr. 2 aus dem Klageverfahren 4 A 1849/10, welche die Gebührenkalkulation für die dezentrale Abwasserbeseitigung vom 12. November 2008 für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2009 enthält, und zum anderen die Beiakte Nr. 2 aus dem Klageverfahren 4 A 193/11, welche die Gebührenkalkulation für die dezentrale Abwasserbeseitigung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 enthält.

Entscheidungsgründe

51

Die Klage hat keinen Erfolg.

52

Der „Gebührenbescheid für Trink- und Schmutzwasser“ des Beklagten vom 10. November 2010 ist – ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2011 – rechtmäßig, soweit er die hier allein angegriffene Grundgebühr A für die dezentrale Abwasserentsorgung betrifft, und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

53

1. Rechtsgrundlage für diesen (insoweit) Abwassergebührenbescheid ist die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung des Wasserversorgungs- und Abwasserzweckverbands Güstrow-Bützow-Sternberg (WAZ) (Gebührensatzung dezentrale Abwasserbeseitigung) vom 21. November 2008, für den Zeitraum ab Januar 2010 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung vom 1. Dezember 2009. Die ursprüngliche Satzung ist nach ihrem § 6 Satz 1 am 1. Januar 2009 in Kraft getreten, die Änderungssatzung nach ihrem Art. 2 am 1. Januar 2010.

54

Durchgreifende Bedenken gegen diese Satzung, namentlich im Hinblick auf eine Gesamt-unwirksamkeit, hat das Gericht nicht.

55

Die Gebührensatzung erscheint im Lichte der nachfolgenden normerhaltenden Auslegung insbesondere konkret vollständig. In der detaillierten Anlage 2 zur Festlegung der Heranziehungszeiträume (und Fälligkeiten der Vorauszahlungen gemäß § 5 der Satzung) werden im Hinblick auf die Gemeinde Klein Belitz zwar nicht ausdrücklich drei Ortsteile dieser Gemeinde aufgeführt. Die Gemeinde Klein Belitz findet in der Anlage 2 zur Gebührensatzung explizit vielmehr nur mit den fünf Ortsteilen Boldenstorf, Groß Belitz, Klein Belitz, Neukirchen und Reinstorf Erwähnung, für die der Heranziehungszeitraum von Februar bis Januar (des Folgejahres) bestimmt ist (Amtlicher Anzeiger S. 1416).

56

Bei weiterer Durchsicht ist allerdings eine Gemeinde „Klein Beelitz“ mit drei Ortsteilen (Passin, Selow und schließlich Friedrichshof) mit dem Heranziehungszeitraum November bis Oktober (des Folgejahres) in der genannten Anlage 2 zur Gebührensatzung genannt (Amtlicher Anzeiger S. 1421). Da eine solche Gemeinde „Klein Beelitz“ jedenfalls im Verbandsgebiet des Beklagten nicht existiert, wohl aber die lautmalerisch identische Gemeinde Klein Belitz mit exakt diesen weiteren drei Ortsteilen (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Klein_Belitz), ist für einen verständigen Leser dieser Anlage hinreichend deutlich, dass hier – wenn nicht schon ein Schreibversehen vorliegt, dann doch zumindest – eine Heranziehungszeitraumsregelung auch für diese (andernfalls satzungsmäßig nicht bedachten) Ortsteile der Gemeinde Klein Belitz gemeint sein sollte. Der tiefere Sinn einer solchen Trennung einer Gemeinde in Ortsteile mit zwei unterschiedlichen Heranziehungszeiträumen liegt für das Gericht zwar (auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität) im Dunkeln, die Regelung hält sich aber (noch) im Rahmen des insoweit weiten Gestaltungsermessens des Satzungsgebers.

57

Selbst wenn dies anders zu sehen wäre, wäre die Gebührensatzung nicht gesamt-, sondern nur teilunwirksam. Von dieser Teilunwirksamkeit wären die Kläger nicht betroffen, da ihr Grundstück nicht in Klein Belitz, sondern woanders im Verbandsgebiet liegt.

58

Die Kläger erheben insoweit ohnehin keine Bedenken, sodass das Gericht von weiteren Ausführungen dazu absieht.

59

2. Sowohl die unterschiedslose Erhebung einer folglich einheitlichen Grundgebühr A für die dezentrale Abwasserbeseitigung als solche als auch deren Höhe sind rechtlich nicht zu beanstanden.

60

a) Die im Bescheid zugrunde gelegte Grundgebühr A in Höhe von monatlich 4,50 € je Wohneinheit ist in § 2 A. Grundgebühr A Abs. 1 i. V. m. der Anlage 1 der Gebührensatzung dezentrale Abwasserbeseitigung niedergelegt.

61

Der Satzungsgeber nimmt in der fraglichen Gebührensatzung dezentrale Abwasserbeseitigung keine Differenzierung im Bereich der Grundgebühr A vor, je nachdem, ob es sich um eine abflusslose Sammelgrube oder eine Grundstückskläranlage handelt, ebenso wenig wie dann noch innerhalb der letztgenannten (Kleinkläranlagen) zwischen solchen mit vollbiologischer Funktionsweise und anderen. Weder zum einen noch vor allem zum anderen ist der Satzungsgeber aber wiederum mit Blick auf den weiten Regelungsspielraum („Regelungsermessen“) im Rahmen einer Gebührensatzung für den einschlägigen Bereich verpflichtet.

62

Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz (hier §§ 4, 6 KAG M-V) über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen und welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen will (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13. Mai 2008 – 9 B 61/07 –, KStZ 2008, 211; Aussprung, in: ders./Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: Sept. 2012, § 4 Anm. 1.2 S. 5). Dabei gestattet der Grundsatz der Typengerechtigkeit dem Satzungsgeber, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (BVerwG, Urt. v. 1. August 1986 – 8 C 112/84 –, juris, Rn. 21 m. w. N.).

63

Dies kann auch für sich genommen nicht damit in Frage gestellt werden, dass auf die – hier einmal unterstellte, im konkreten Fall eher sehr zweifelhafte - nur „seltene“ Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch eine Abfuhr des Klärschlamms/Abwassers hingewiesen wird. Diesem Umstand trägt die als weitere Benutzungsgebühr – und insoweit dann möglicherweise „selten“ - erhobene Mengengebühr B in der streitbefangenen Satzung bereits Rechnung. Die Kläger verkennen bei ihrem Vortrag grundlegend den Unterschied zwischen den beiden – gleichermaßen zulässigen – Benutzungsgebührenarten, nämlich einer Grundgebühr auf der einen und einer Zusatz-, Mengen-, Leistungs- oder Benutzungsgebühr im engeren Sinne auf der anderen Seite. Es entspricht dem Wesen der Grundgebühr als Benutzungsgebühr, dass sie mengen- oder verbrauchsunabhängig ist und stattdessen zur Abgeltung der Vorteile für die Inanspruchnahme der Lieferungs- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der öffentlichen Einrichtung – die nicht allein für das Abwasser auf dem Grundstück der Kläger, sondern ebenso für das Abwasser auf vielen anderen Grundstücken im Verbandsgebiet mit abflusslosen Gruben, vollbiologischen und sonstigen Grundstückskläranlagen stattfindet – hervorgerufenen fixen Betriebskosten bei den Nutzern abgeschöpft (vgl. BVerwG, Urt. v. 1. August 1986 – 8 C 112/84 –, juris, Rn. 15 m. w. N.; OVG Lüneburg, Urt. v. 12. Oktober 2012 – 9 KN 47/10 –, juris, Rn. 49; vgl. auch VG Greifswald, Urt. v. 14. Februar 2007 – 3 A 2047/04 -, juris).

64

Dazu hat das Oberverwaltungsgericht – zufällig auch gerade im Hinblick auf die vorliegende Grundgebühr bei dezentraler Entsorgung von Fäkalgruben und Kleinkläranlagen (allerdings in Bezug auf die Vorgängersatzung) im Beschluss vom 23. Januar 2006 in dem Normenkontrollverfahren 4 K 17/02 Folgendes ausgeführt (S. 21 f. des amtlichen Umdrucks), dem sich das Gericht auch im Hinblick auf die vorliegende Sache anschließt:

65

„… Die vom Antragsteller angegriffene Regelung (…) einer Grundgebühr zur Deckung der Kosten der Vorhaltung einer bestimmten jederzeitigen Benutzungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf den Umfang der tatsächlichen Benutzung bzw. zur Deckung eines Teils der festen Kosten einer Einrichtung, die mengenunabhängig, d. h. unabhängig vom Maß der Benutzung auf die Gebührenschuldner verteilt werden, hält einer Überprüfung stand.

66

Die Möglichkeit der Erhebung einer Grundgebühr sah und sieht das KAG M-V ausdrücklich in § 6 Abs. 3 Satz 3 (a.F.) bzw. § 6 Abs. 3 Satz 4 vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem ausgeführt, dass eine Grundgebühr verfassungsrechtlich unbedenklich erhoben werden kann (vgl. Urteil v. 01.08.1986 – 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231 …; vgl. auch OVG Koblenz, Urteil v. 22.04.2004 – 12 C 11961/03 -, NVwZ-RR 2005, 503; OVG Brandenburg, Urteil vom 27.03.2002 – 2 D 46/99.NE -; jeweils zitiert nach juris). Es ist zulässig, für die Entstehung der Grundgebühr bei (dezentraler) Entsorgung von Fäkalgruben und Kleinkläranlagen – im Sinne einer Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen – an die Abwassereinleitung in die Grubenentwässerungsanlage anzuknüpfen, wenn für die öffentliche Fäkalienentsorgungseinrichtung – wie hier (…) – Anschlusszwang besteht und diesem Zwang jedenfalls auch ein Recht zur Inanspruchnahme der Einrichtung (…) korrespondiert (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 27.03.2002 – 2 D 46/99.NW -, juris).

67

Der Einwand des Antragstellers, seine Fäkalschlammgrube sei nicht leitungsgebunden, deshalb bedürfe es keines ständigen Bereitstellens oder eines ständigen Vorhaltens der öffentlichen Einrichtung mit den damit verbundenen Fixkosten, liegt ersichtlich neben der Sache. Auch wenn der Antragsteller mangels Leitung nicht dauernd einleitet, muss doch die entsprechende öffentliche Einrichtung (…) vom Antragsgegner dauernd vorgehalten werden, damit der Antragsteller jederzeit, wenn seine Fäkalschlammgrube voll ist, in diese nach Abholung per „rollender Leitung“ einleiten kann. Der daraus resultierende Vorteil für den Antragsteller steht auch ohne weiteres im Einklang mit den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Vorteilsbegriff in dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschluss vom 31. März 1998 – 8 B 43/98 – (NVwZ-RR 1999, 64 – zitiert nach juris) …“

68

Unzutreffend beurteilen die Kläger auch die bei ihnen vorliegende konkrete Situation der öffentlichen Einrichtung, die aus ihrer Sicht die Annahme einer öffentlichen Einrichtung als „rollender“ Leitung verbiete. Soweit der Beklagte über die Eurawasser Nord GmbH und die Firma NWL GmbH u. a. auf dem Grundstück der Kläger (und Frau K.) das Abwasser/den Fäkalschlamm dezentral entsorge, entspricht dies ebenso dem in der zitierten Entscheidung angesprochenen Modell der dezentralen Abwasserbeseitigung wie im Falle der unmittelbaren Leistungserbringung durch den beklagten Zweckverband selbst. Nur Letzterem sind diese von ihm veranlassten Handlungen zuzurechnen, ebenso wie die Vorhaltekosten etwa für ein von der Firma Eurawasser Nord GmbH betriebenes Klärwerk.

69

Einen Gleichheitsverstoß nach Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die zu DDR-Zeiten errichteten Grundstückskläranlagen, wie sie die Kläger wohl damals (noch rechtmäßig) betrieben haben, vermag die Kammer nicht auszumachen. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. etwa BVerfG, Urt. v. 19. Febr. 2013 – 1 BvL 1/11, 1 BvR 31 BvR 3247/09 -, NJW 2013, 847 ff. Rn. 72 m. w. N.).

70

Ein Vergleich mit anderen Benutzungsgebührentatbeständen wie etwa den Gebühren für die Abfallentsorgung betrifft zum einen verschiedene Gebührensachverhalte, wobei auch schon grundsätzlich keine Ungleichbehandlung zu erkennen ist, denn in Abfallgebührensatzungen wird ebenfalls zwischen einer behälterbezogenen Grund- und ebensolchen Entleerungs- bzw. Mengenbenutzungsgebühren unterschieden, so auch etwa die damalige Gebührensatzung für die Abfallentsorgung im Landkreis Parchim, in dem das Grundstück der Kläger lag (vgl. den dortigen § 4 Abs. 1; nicht anders aber auch im heutigen Landkreis Ludwigslust-Parchim).

71

Ein Vergleich der Gebühren für die dezentrale Abwasser-/Fäkalschlammentsorgung mit Verwaltungsgebühren (laut Kläger: Gebühren der „Amtsverwaltungen“) scheidet als tauglicher Betrachtungsgegenstand für einen Gleichheitsverstoß erst recht aus, da hier weder gleiche Sachverhalte verschieden noch ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden.

72

Bei der Grundgebühr A kann es nur um die Frage gehen, ob die sog. Vorhaltekosten mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG (landesrechtlich auch i. V. m. Art. 5 Abs. 3 der Landesverfassung) eine zwingende weitere Differenzierung und grundgebührenrechtliche Abgrenzung zwischen vollbiologisch arbeitenden Kleinkläranlagen, den übrigen Grundstücks(klein)kläranlagen und schließlich den abflusslosen Sammelgruben erfordern. Dies vermag das Gericht nicht zu erkennen.

73

Der Vortrag der Kläger zu einer abstrakten Prozentzahl, die nicht überschritten werden dürfe („75 %“), reicht dazu nicht aus, zumal ein näherer Hinweis zu dieser Rechtsprechung nicht erfolgt ist. Soweit damit auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg rekurriert werden soll, ist diese zum einen zum Gebührenrecht in der Abfallentsorgung ergangen, zum anderen ist im dortigen (noch dazu speziellen) Landesrecht (des Abfallbeseitigungsrechts) seit Mitte 2003 eine spezielle Regelung enthalten, die im hiesigen Kommunalabgabengesetz fehlt (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12. Oktober 2012, a. a. O., Rn. 57 ff. m. w. N. unter Rückgriff auf § 12 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 des Niedersächsischen Abfallgesetzes in der Fassung vom 14. Juli 2003, wonach der Anteil der Grundgebühren in begründeten Fällen 50 vom Hundert des gesamten Gebührenaufkommens übersteigen kann, dort aber auch zu seiner vorangegangenen Rechtsprechung in diesem Bereich).

74

Jedenfalls im Recht der (dezentralen) Abwasserentsorgung gibt es nach Auffassung des Gerichts keine solche oder eine andere „Obergrenze“ zur teilweisen bis vollständigen Deckung der Vorhaltekosten für dort erhobene Grundgebühren (ebenso allgemein für Grundgebühren im Benutzungsgebührenrecht Siemers in: Aussprung/ders./Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O., § 6 Anm. 7.2.3.1 S. 143 m. w. N.).

75

Dazu hat das Verwaltungsgericht Greifswald im Urteil vom 14. Februar 2007 (3 A 2047/04, hier zitiert aus juris, Rn. 20) Folgendes ausgeführt, dem sich das Gericht anschließt:

76

„… Entgegen der Auffassung der Kläger gibt es auch keine Begrenzung des Deckungsgrades. Außer bei den Abfallgebühren können Grundgebühren bis zur Höhe der invariablen Kosten erhoben werden (Siemers a.a.O. m.w.N. [= § 6 Anm. 7.2.3.1, Anm. des erkennenden Gerichts]). Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Grundgebührenanteil von 85 v.H. der Gesamtkosten unbeanstandet gelassen (Beschl. v. 12.08.1981 - 8 B 20.81, KStZ 1982, 31; vgl. auch Urt. v. 01.08.1986 a.a.O.). Das OVG Bautzen (a.a.O.) hält eine Refinanzierung von 80 v.H. der fixen Vorhaltekosten durch die Grundgebühr für unbedenklich. Keine Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern erlangt die auf abweichendem Landesrecht - § 12 Abs. 2 Satz 2 AbfG ND - beruhende Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Urt. v. 24.06.1998 - 9 L 2722/96, KStZ 1999, 172; Urt. v. 02.11.2000 - 9 K 2785/98, NVwZ-RR 2001, 600), wonach bei den Abfallgebühren über die Grundgebühr nur ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtkosten der Einrichtung abgerechnet werden und die Belastung durch die Grundgebühr nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Gebührenbelastung für einen (gedachten) Regelhaushalt ausmachen darf. Die daran anknüpfenden Einwände der Klägerin gehen daher ebenfalls ins Leere …“

77

Selbst wenn dies anders zu sehen sein sollte, hätte das Gericht auch mit Blick auf die konkrete Gebührenkalkulation keine Bedenken.

78

Soweit es den hier entscheidenden Gebührenzeitraum des Jahres 2009 (Oktober bis Dezember) betrifft, entspricht zwar nach der vom Beklagten vorgelegten Kalkulation der Fixkostendeckungsanteil durch Grundgebühren bei Kleinkläranlagen 82,09 %, während er bei abflusslosen Gruben „nur“ 40,72 % beträgt. Angesichts der unterschiedslos erhobenen Grundgebühr bei der dezentralen Abwasserbeseitigung entspricht dies einem Gesamtanteil von 61,405 % der Fixkostendeckung durch Grundgebühren. Einen solchen Gesamtanteil der Vorhaltekosten durch Grundgebühren abzudecken ist nach Auffassung der Kammer jedenfalls noch zulässig. Dies gilt ebenso für die im Hinblick auf die Monate Januar bis Ende September 2010 maßgebliche Gebührenkalkulation für die dezentrale Abwasserbeseitigung des Jahres 2010, bei der dieselben Werte eingestellt sind.

79

Es ist nochmals zu betonen, dass die Verbrauchsgebühr (hier: Mengengebühr B) von der Grundgebühr A zu trennen ist und mit der Grundgebühr die Kosten der permanent vorzuhaltenden Leistungen der öffentlichen Einrichtung der dezentralen Abwasserbeseitigung ganz oder teilweise gedeckt werden sollen. Der Zweckverband kann aber in den Jahren, in denen – soweit dies überhaupt zutrifft - aus der Grundstückskläranlage der Kläger nicht konkret Abwasser/Fäkalschlamm entsorgt wird, die (vielleicht weniger sichtbaren) Vorhalteleistungen in der Zwischenzeit beseitigen: Er kann weder das erforderliche Klärwerk in dieser Zeit schließen noch Abholfahrzeuge verkaufen noch das für die technischen und verwaltungsmäßigen Leistungen erforderliches Personal entlassen usw. Daran ändert auch das konkrete Betreibensmodell des Beklagten unter Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Warnow-Wasser- und Abwasserverbands und der Fa. EURAWASSER Nord GmbH als Verwaltungshelferin nichts. Vielmehr muss der Zweckverband seine (mögliche) Leistung bzw. seine Leistungs- und Lieferungsbereitschaft ununterbrochen vorhalten, zumal es auch nicht auszuschließen ist, dass – etwa bei unvorhersehbaren Ereignissen wie Defekten der Grundstückskläranlage oder einer intensiveren Inanspruchnahme der Kläranlage bzw. abflusslosen Grube – nicht auch einmal eine Abholung des Abwassers/Fäkalschlamms außerhalb des üblichen Turnus’/Rhythmus’ erforderlich sein kann. Hier gilt dann für den Beklagten auch tatsächlich und rechtlich das – aus dem Wortschatz der Pfadfinder entlehnte - Motto „allzeit bereit“.

80

Die Kläger verkennen etwa im Hinblick auf ihren Vortrag zum Klärwerk wiederum grundlegend den Charakter einer Grundgebühr (s. o.), der ihnen lediglich die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung als solche, also derjenigen der dezentralen Abwasserbeseitigung, gibt. Das Klärwerk ist insoweit nur ein Bestandteil dieser rechtlich zu betrachtenden öffentlichen Einrichtung. Zu deren Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit ist aber z. B. das von den Klägern erörterte Zugangs-/Betretensrecht des Klärwerks in keiner Weise erforderlich, da das auf ihrem Grundstück anfallende Abwasser bzw. der dort anfallende Fäkalschlamm vom Beklagten über eine beauftragte Firma zur Entsorgung abgeholt und dem Klärwerk zur Entsorgung zugeführt wird.

81

Im Übrigen dürfte insoweit ohnehin nicht allein der Blick auf das konkret-individuelle Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis des Zweckverbands mit den Klägern im Kleinen („en miniature“) in den Blick genommen werden, sondern jedenfalls bei den Vorhalteleistungen ebenso die entsprechenden Verhältnisse des Zweckverbands mit den übrigen Gebührenpflichtigen dieser öffentlichen Einrichtung im Ganzen.

82

Soweit die Kläger die „Gebührengerechtigkeit“ herbeirufen, ist daran allein richtig, dass sowohl das Äquivalenzprinzip als auch vor allem der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG im Abgaben- und damit auch im Gebührenrecht eine entscheidende Rolle spielen; nur in diesem Rahmen vollzieht sich der im Grunde genommen diffuse Begriff der (Gebühren-)Gerechtigkeit. Selbst der allgemeine Gleichheitssatz fordert aber keine strikte „Einzelfallgerechtigkeit“, sondern lässt dem Normgeber Spielraum für pauschale Beurteilungen auch im gebührenrechtlichen Raum. Ebenso wenig ist etwa nach diesen Maßstäben prinzipiell eine – wie die Kläger es nennen – „Einheitsgebühr“ verboten.

83

b) Für die hier noch streitbefangenen Monate des Jahres 2009 (Oktober bis Dezember) konnte der beklagte Zweckverband – im Gegensatz zum Jahr davor – dem Gericht auch eine „Gebührenkalkulation für die dezentrale Abwasserbeseitigung für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009“, datiert auf den 12. November 2008, vorlegen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Gebührenkalkulation bei der Beschlussfassung der aktuellen Gebührensatzung dezentrale Abwasserbeseitigung vom 21. November 2008 der Verbandsversammlung nicht vorgelegen haben sollte.

84

Ebenso hat der Beklagte für das Jahr 2010 eine entsprechende Gebührenkalkulation vorgelegt. Auch hier fehlen greifbare Indizien, dass diese Berechnung der Verbandsversammlung am 27. Januar 2010, dem Tag, an dem sie beschlossen wurde, nicht vorgelegen haben könnte.

85

c) (Weitere) Einwände gegen die Richtigkeit der vom Beklagten vorgelegten Gebührenkalkulation im Allgemeinen und die Höhe der tatsächlich kalkulierten Grundgebühr A im Besonderen haben die Kläger nicht erhoben. Zu einer vertiefenden Ermittlung von Amts wegen sieht das Gericht keine Veranlassung, zumal die Kläger ausdrücklich ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen haben, dass das Gericht es nicht unternehme, in ihrem Streitfall irgendwelche Gebührenkalkulationen mit einfließen zu lassen. Diese Aussage zeigt, dass die Kläger offenbar kein Interesse an einer weitergehenden Überprüfung der Gebührenkalkulation haben, und sei es deshalb, weil sie – wie ihr Vergleich mit einer Statistik zeigen dürfte – einer solchen Berechnung ohnehin nicht trauen.

86

3. Die Inanspruchnahme (nur) der Kläger bzw. ihres Rechtsvorgängers erfolgte auf der Grundlage ihrer Gesamtschuldnerschaft nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. § 44 Abs. 1 der Abgabenordnung (vgl. Siemers, a. a. O., § 6 Anm. 8.10.4 S. 168k) und begegnet nicht zuletzt mit Blick auf den Umstand, dass die weitere Miteigentümerin, Frau K., das Grundstück offenbar nicht bewohnt, schließlich ebenfalls keinen Bedenken, zumal die Kläger dies auch nicht monieren.

87

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.

88

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat das Gericht abgesehen, da es hier nur um Gerichtskosten geht und auf Beklagtenseite, sollte im weiteren Instanzenzug ein Obsiegen der Kläger eintreten, ein insolvenzunfähiger Zweckverband steht.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Abwassergebühren.

2

Die Klägerin, eine aus den Eheleuten A. und D. G. bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist Eigentümerin des Grundstücks D.Straße ... in ... Sch.. Das Grundstück ist an eine vom Wasserzweckverband Strelitz betriebene Abwasseranlage angeschlossen. Mit Bescheid vom 14.07.2004 zog der Beklagte die Eheleute G. u.a. zu einer Vorauszahlung auf die Abwassergebühr Juli bis Oktober 2004 i.H.v. monatlich EUR 8,- heran. Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies er mit an die Eheleute G. gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 23.08.2004 zurück. Am 07.09.2004 hat die Klägerin z. Az. 3 A 2047/04 Anfechtungsklage erhoben.

3

Mit Bescheid vom 06.10.2004 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die o.g. Verbrauchsstelle die Abwassergebühr 2003 auf EUR 92,04 fest. Hierbei handelt es sich um die Festsetzung nur der Grundgebühr. Die Festsetzung einer Zusatzgebühr erfolgt nicht, da im Jahre 2003 kein Fäkalschlamm abgefahren wurde. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides heißt es, dass "gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Erhalt" Widerspruch erhoben werden kann. Ein auf den 14.10.2004 datiertes Widerspruchschreiben ging am 18.11.2004 beim Beklagten ein.

4

Mit Bescheid vom 11.11.2004 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Abwassergebühr 2004 (Grund- und Zusatzgebühr) auf EUR 103,04 fest, wobei auf die Grundgebühr EUR 92,04 entfallen. Unter dem unter dem 18.11.2004 legten die Kläger Widerspruch auch gegen diesen Bescheid ein.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2004 wies der Beklagte gegenüber den Eheleuten G. den Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.10.2004 als unzulässig (verfristet) und den Widerspruch gegen die in dem Bescheid vom 11.11.2004 festgesetzte Grundgebühr als unbegründet zurück. In Bezug auf die Zusatzgebühr führte er aus, dass diese berichtigt werde.

6

Am 28.12.2004 hat die Klägerin gegen die Bescheide vom 06.10.2004 und 11.11.2004 z. Az. 3 A 4006/04 Anfechtungsklage erhoben. Mit Beschluss vom 28.12.2004 hat das Gericht das Verfahren mit dem Verfahren 3 A 2047/04 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Beschluss vom 23.10.2006 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, die Festsetzung der Vorausleistung in dem Bescheid vom 14.07.2004 sowie der Grundgebühren in den Bescheiden vom 06.10.2004 und 11.11.2004 sei rechtswidrig. Bereits die Rückwirkung der Satzung sei fehlerhaft, da dies eine rückwirkende Gebührenerhebung ermögliche. Auch die Gebührenkalkulation sei fehlerhaft, da die Kosten für Energie, Betriebsmittel, Reparaturen und Material für die Gebührenschuldner eine überdurchschnittliche Belastung darstellten. Die Höhe der Grundgebühr stehe in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der Verbrauchsgebühr. Mit der Grundgebühr würden ca. 60 v.H. der invariablen Kosten der Kläranlage gedeckt. Dieser Deckungsgrad sei zu hoch; zulässig sei ein Deckungsgrad von max. 30 v.H.. Hinzu komme, dass dieselbe Grundgebühr sowohl für Grundstücke mit vollbiologischen Kleinkläranlagen mit einem zweijährigen Entsorgungsrhythmus als auch für Grundstücke mit sonstigen Kleinkläranlagen mit einem einjährigen Entsorgungsrhythmus erhoben werde. Darin liege eine unzulässige Gleichbehandlung von Ungleichem, zumal auch zu berücksichtigen sei, dass das Grundstück mit einer nur saisonal betriebenen Gaststätte und ebenfalls nur saisonal genutzten Ferienwohnungen (Blockhütten) bebaut sei. Ungeachtet dessen sei es unzulässig, dass in unterschiedlichen Entsorgungsgebieten desselben Verbandsgebietes unterschiedliche Gebührensätze gälten und teilweise eine Grundgebühr nicht erhoben werde.

8

Die Klägerin beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 14.07.2004 - KD-Nr. - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2004 vollständig und die Bescheide des Beklagten vom 06.10.2004 und 11.11.2004 - KD-Nr. - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2004 insoweit aufzuheben, als darin Grundgebühren für die Abwasserbeseitigung festgesetzt sind.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Der Rechtsstreit konnte trotz Fehlens eines Vertreters der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden, denn sie ist ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 26.10.2006 ordnungsgemäß geladen worden. Die Ladung enthält einen Hinweis gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

II.

14

In Ansehung des Vorausleistungsbescheides vom 14.07.2004 ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt insoweit das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da sich der Verwaltungsakt durch Erlass des ebenfalls streitgegenständlichen endgültigen Gebührenbescheides für das Jahr 2004 vom 11.11.2004 erledigt hat. Im Übrigen ist die Klage zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

15

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klage gegen den Gebührenbescheid vom 06.10.2004 nicht mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens i.S.d. §§ 68 ff. VwGO unzulässig. Denn die Klägerin hat auch dann fristgemäß Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt, wenn man zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass das Widerspruchsschreiben erst am 18.11.2004 bei ihm eingegangen ist. Denn für den Bescheid vom 06.10.2004 galt eine Widerspruchsfrist von einem Jahr. Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO gilt nur in den Fällen, in denen der Bescheid mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist. Ist die Rechtsbehelfsbelehrung dagegen unrichtig erteilt, so gilt gemäß § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Widerspruchsfrist von einem Jahr. Dies trifft vorliegend zu, denn die Rechtsbehelfsbelehrung ist rechtswidrig, soweit sie den Lauf der Frist an den "Erhalt" des Bescheides knüpft. Dies widerspricht der Regelung des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach die Frist mit der "Bekanntgabe" anläuft. "Erhalt" und "Bekanntgabe" haben auch unterschiedliche Bedeutungen. Während es nach dem Wortsinn des erstgenannten Merkmals auf das tatsächliche Erhalten i.S. eines Entgegennehmens des Bescheides durch den Betroffenen ankommt, ist die Bekanntgabe grundsätzlich an einen bestimmten Zeitpunkt nach Aufgabe des Bescheides zur Post geknüpft, ohne dass es auf die tatsächliche Entgegennahme durch den Betroffenen ankommt ("Drei-Tages-Fiktion", vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG M-V] bzw. § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung [AO]). Damit ist die Verwendung des unzutreffenden Merkmals auch (abstrakt) geeignet, den Betroffenen an einer fristgemäßen Einlegung des Rechtsbehelfs zu hindern.

16

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Bescheide vom 06.10.2004 und 11.11.2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

17

Sie finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung (Abwasserabgabensatzung - AAS) vom 23.03.2004 i.V.m. der Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Gebühren für die Beseitigung von Abwasser aus Grundstücksentwässerungsanlagen (Gebührensatzung - GS) vom 09.06.2004.

18

Beide Satzungen sind in den hier interessierenden Teilen rückwirkend zum 01.01.2003 in Kraft getreten und erfassen daher den mit den streitgegenständlichen Bescheiden abgerechneten Erhebungszeitraum 2003 bis 2004. Die Rückwirkungsanordnungen sind nicht zu beanstanden. In formeller Hinsicht genügt sie den Maßgaben des seinerzeit geltenden § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG a.F., da die wegen der Rückwirkung erforderliche Genehmigung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde vorliegt. Weiter wurde § 5 Satz 5 der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO) beachtet. Nach dieser Vorschrift ist in der Bekanntmachung einer genehmigungsbedürftigen Satzung mit anzugeben, wann und durch welche Behörde die Genehmigung erteilt wurde. Insoweit verweisen die Satzungen in ihren Präambeln auf die Genehmigungen der Landrätin des Landkreises Mecklenburg-Strelitz - Untere Rechtsaufsichtsbehörde - vom 17.03.2004 bzw. 08.06.2004. Das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 5 KAG Satz 4 a.F. steht einer Abgabenerhebung vorliegend nicht entgegen, weil seit dem zum 01.01.2003 erfolgten abwasserseitigen" Beitritt der Stadt M. zum Wasserzweckverband Strelitz keine eine Geltung beanspruchende Abwassergebührensatzung der Stadt mehr existierte. Damit scheidet auch die Berücksichtigung einer niedrigeren Grundgebühr bei der Gebührenbemessung aus. Allgemeine verfassungsrechtliche Prinzipien, wie das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG - siehe auch die Klarstellung in § 2 Abs. 5 Satz 1 KAG a.F.), stehen der Rückwirkung schließlich ebenfalls nicht entgegen, denn ein Vertrauensschutz, nicht zu einer Abwassergebühr für die Entsorgung dezentraler Abwasseranlagen herangezogen zu werden, konnte nicht entstehen. Aus einer Vielzahl von Verfahren (z.B. 3 A 288/01 und 3 A 1139/01) ist nämlich gerichtsbekannt, dass die Stadt M. vor ihrem Beitritt zum Wasserzweckverband Strelitz solche Gebühren ebenfalls erhoben hat.

19

Die Satzungen sind nach derzeitiger Erkenntnis wirksam. So weisen sie (zusammen) den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf. § 13 Abs. 2 AAS macht deutlich, dass die Abwasserabgabensatzung auch Rechtsgrundlage der Erhebung von Gebühren für die Beseitigung von Abwasser aus Grundstücksentwässerungsanlagen (abflusslosen Gruben und Kleinkläranlagen) ist. Die erforderliche Regelung des Gebührenmaßstabes und des Gebührensatzes findet sich in der Gebührensatzung. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Gebührensatzung nicht zu beanstanden. Die Erhebung einer Grund- und Zusatzgebühr ist ebenso zulässig (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V), wie die Bemessung der Grundgebühr nach der an die Grundstücksentwässerungsanlage angeschlossenen Anzahl der vorhandenen Berechnungseinheiten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 GS; vgl. Siemers in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 05/06, § 6 Anm. 7.2.3.1; OVG Bautzen, Urt. v. 29.11.2001 - 5 D 25/00, LKV 2001, 577 <581>). Für die invariablen (fixen) Vorhaltekosten können unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme angemessene Grundgebühren erhoben werden. Durch sie werden die durch das Bereitstellen und Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten ganz oder teilweise abgegolten. Die Grundgebühr wird deshalb verbrauchsunabhängig nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltenden Höchstlastkapazität regelmäßig orientiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112/84, NVwZ 1987, 231). Daraus folgt zugleich, dass es für die Bestimmung der Grundgebühr nicht auf die Entsorgungshäufigkeit der einzelnen Kleinkläranlage ankommen kann. Die an die unterschiedlichen Entsorgungsrhythmen einzelner Anlagen anknüpfenden Einwände der Kläger können daher auf sich beruhen.

20

Entgegen der Auffassung der Kläger gibt es auch keine Begrenzung des Deckungsgrades. Außer bei den Abfallgebühren können Grundgebühren bis zur Höhe der invariablen Kosten erhoben werden (Siemers a.a.O. m.w.N.). Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Grundgebührenanteil von 85 v.H. der Gesamtkosten unbeanstandet gelassen (Beschl. v. 12.08.1981 - 8 B 20.81, KStZ 1982, 31; vgl. auch Urt. v. 01.08.1986 a.a.O.). Das OVG Bautzen (a.a.O.) hält eine Refinanzierung von 80 v.H. der fixen Vorhaltekosten durch die Grundgebühr für unbedenklich. Keine Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern erlangt die auf abweichendem Landesrecht - § 12 Abs. 2 Satz 2 AbfG ND - beruhende Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Urt. v. 24.06.1998 - 9 L 2722/96, KStZ 1999, 172; Urt. v. 02.11.2000 - 9 K 2785/98, NVwZ-RR 2001, 600), wonach bei den Abfallgebühren über die Grundgebühr nur ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtkosten der Einrichtung abgerechnet werden und die Belastung durch die Grundgebühr nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Gebührenbelastung für einen (gedachten) Regelhaushalt ausmachen darf. Die daran anknüpfenden Einwände der Klägerin gehen daher ebenfalls ins Leere.

21

Die Normierung einer Grundgebühr führt auch nicht zu einer unzulässigen Benachteilung kleiner Haushalte oder - wie im Fall der Kläger - nur saisonal genutzter Grundstücke im Verhältnis zu den übrigen Gebührenpflichtigen. Auch wenn es richtig ist, dass bei Einleitung geringer Abwassermengen die Gesamtgebühr aus Grund- und Zusatzgebühr pro Leistungseinheit (m3) vergleichsweise hoch ist, darf nicht übersehen werden, dass die Normierung einer Grundgebühr zur Deckung der invariablen (Vorhalte-)Kosten nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers zulässig ist. Die damit verbundene Mehrbelastung ist damit systembedingt und von den Betroffenen hinzunehmen (so auch Siemers a.a.O.).

22

Bedenken folgen des weiteren nicht aus dem Umstand, dass nach der Gebührensatzung innerhalb des Verbandsgebiets unterschiedliche Maßstabsregeln gelten, wobei für das technische Entsorgungsgebiet der Stadt W. und der Gemeinden W. und P. gemäß § 1 Abs. 2 GS keine Grundgebühr erhoben wird. Dies ist auch mit Blick auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG zulässig, denn die unterschiedlichen Maßstabsregeln gelten jeweils für unterschiedliche öffentliche Einrichtungen der Schmutzwasserbeseitigung, unterschieden nach technischen Entsorgungsgebieten (§ 1 Abs. 1 AAS). Dies ist zulässig, denn § 9 Abs. 1 KAG M-V bestimmt nicht, was unter einer öffentlichen Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist. Die Gemeinden und Zweckverbände haben daher ein weites, nur beschränkt gerichtlich überprüfbares Organisationsermessen. Sie können selbst regeln, ob sie eine oder mehrere öffentliche Einrichtungen betreiben. Anhaltspunkte dafür, dass der Zweckverband Strelitz sein Organisationsermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht. Wenn es nach dem weiten Organisationsermessen des Zweckverbandes zulässig ist, unterschiedliche Einrichtungen der Schmutzwasserbehandlung zu definieren, so muss es auch zulässig sein, für die Gebührenerhebung in den jeweiligen Einrichtungen unterschiedliche Maßstabsregeln zu normieren (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 18.10.1996 - 3 A 2017/05, S. 4 des Entscheidungsumdrucks). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die unterschiedliche Ausprägung der Maßstabsregeln willkürlich wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass es im Gebiet der zum ehemaligen Amt M. gehörenden Gemeinden eine erhebliche Anzahl von nur saisonal genutzten Erholungsgrundstücken gibt, die an die dezentrale Abwasserbeseitigung angeschlossen sind. Dass sich dieser Umstand auf die Kapazität der vorzuhaltenden Reinigungskapazität der Kläranlage auswirkt, liegt auf der Hand, denn die ganzjährig betriebene Anlage muss so dimensioniert sein, dass sie auch Spitzenbelastungen in den Sommermonaten gerecht wird. Wenn sich der Wasserzweckverband Strelitz vor diesem Hintergrund entschließt, durch Erhebung einer Grundgebühr die Eigentümer dieser Grundstücke stärker an den fixen Vorhaltekosten der Anlage zu beteiligten, ist dies nicht willkürlich, sondern sachgerecht.

23

Schließlich hält auch die Gebührenkalkulation der vorliegend nur gebotenen Plausibilitätskontrolle stand. Da die Kläger ihre diesbezüglichen Einwände auch nicht ansatzweise substanziiert haben, wird von weiteren Darlegungen abgesehen.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.