Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14

bei uns veröffentlicht am17.10.2017

Tenor

Die Urteile des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – und vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – werden geändert:

Die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2012 und vom 4. Februar 2013 werden aufgehoben, soweit darin Gebühren zur Deckung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband festgesetzt worden sind.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbands.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung N..., Flur ..., Flurstück .../... in der amtsangehörigen Gemeinde A-Stadt. Die Gemeinde ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbands „...“.

3

Der Beklagte, handelnd für die Gemeinde A-Stadt, zog die Klägerin mit Bescheid vom 25. Juli 2012 für die Erhebungsjahre 2011 und 2012 zu einer Wasser- und Bodenverbandsgebühr in Höhe von jeweils 103,73 Euro heran. Die Veranlagung erfolgte entsprechend der im Kataster eingetragenen Nutzungsarten. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2012 zurück. Am 21. September 2012 hat die Klägerin deswegen Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin erhoben und in der mündlichen Verhandlung am 20. November 2014 beantragt, den Abgabenbescheid des Beklagten vom 25. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – abgewiesen.

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 7. Januar 2013 zog der Beklagte die Klägerin sodann auch für das Erhebungsjahr 2013 zu einer Wasser- und Bodenverbandsgebühr in Höhe von 103,73 Euro heran. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 zurück. Am 1. März 2013 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin erhoben und in der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2014 beantragt, den Abgabenbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 aufzuheben, soweit darin Gebühren zur Deckung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband in Höhe von 103,73 Euro festgesetzt worden sind. Das Verwaltungsgericht hat diese Klage bereits mit Urteil vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – abgewiesen.

5

Gegen beide Urteile wendet sich die Klägerin mit ihren vom Senat mit Beschlüssen vom 11. Januar 2017 – 1 L 104/15 und 1 L 204/14 – zugelassenen Berufungen. Der Senat hat die beiden Verfahren 1 LB 204/14 und 1 LB 104/15 mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 unter dem Aktenzeichen 1 LB 204/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

6

Die Klägerin trägt in der Sache vor, der Beklagte habe ihr Grundstück nicht rechtmäßig veranlagt. Die Eintragungen im Kataster zur Nutzungsart seien teilweise unrichtig. Es handele sich bei dem überwiegenden Teilstück nicht um landwirtschaftliche Flächen. Sie habe das Grundstück im Dezember 2009 erworben und wegen eines Rechtsstreits erst im März 2011 in Besitz genommen und nutzen können. Im Juni 2011 sei sie als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Eine landwirtschaftliche Nutzung sei durch sie zunächst nicht erfolgt, so dass es sich insoweit gebührenrechtlich um Brachland handele. Im Jahre 2011 sei auf vier Hektar der Fläche Gras eingesät worden, Mitte 2012 auf weiteren anderthalb Hektar. Die Grasflächen seien jedoch nicht wirtschaftlich als Grünland genutzt worden. Erst im April 2013 seien auf einer Fläche von 2.500 Quadratmetern Nordmanntannen gepflanzt worden. Auf einer ausgehobenen Teilfläche habe sich dagegen ein Feuchtbiotop gebildet. Daher scheide eine Einordnung des Flächenanteils von 87.318 Quadratmetern als landwirtschaftliche Fläche aus. Dieser Grundstücksteil sei auch von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland nicht als landwirtschaftliche Fläche, sondern als Brache eingestuft und behandelt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

8

die Urteile des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. Juni 2014 – 4 A 288/13 – und vom 20. November 2014 – 4 A 1531/12 – zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2012 und vom 4. Februar 2013 aufzuheben, soweit darin Gebühren zur Deckung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband festgesetzt worden sind.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Der Beklagte verteidigt die Urteile des Verwaltungsgerichts. Die angefochtenen Bescheide seien auch in Ansehung der streitigen Teilfläche rechtmäßig. Die Klägerin habe selbst erklärt, dass die Fläche zunächst vom früheren Pächter weiter landwirtschaftlich genutzt worden sei. Eine Umwandlung der Grünlandfläche in Brachland sei nicht nachgewiesen worden. Inwieweit eine Grasfläche landwirtschaftlich genutzt werde, sei für den Beklagten nicht nachprüfbar. Durch die vorübergehende Einstellung einer landwirtschaftlichen Nutzung werde ein Grundstück nicht unmittelbar zu Brachland. Aus dem Bauantrag der Klägerin vom August 2011 ergebe sich eine beabsichtigte landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks durch den Anbau von Nordmanntannen und zur Pferdezucht.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

13

1. Die Berufungen der Klägerin sind zulässig. Die Berufungen sind innerhalb der Frist aus § 124a Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 und 3 VwGO eingegangen. Die Berufungsbegründung enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124a Abs. 3 Satz 4, Abs. 6 Satz 3 VwGO).

14

2. Die Berufungen sind auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2012 und vom 7. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2012 und vom 4. Februar 2013 sind im Umfang der Anfechtung rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

15

Die streitige Gebührenerhebung richtet sich nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG. Nach dieser Vorschrift können die Gemeinden die Beiträge zum Unterhaltungsverband sowie die bei der Umlegung entstehenden Verwaltungskosten den Eigentümern, Erbbauberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach den Grundsätzen der §§ 2 und 6 des Kommunalabgabengesetzes auferlegen. Daher ist § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V anzuwenden, wonach Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen. Den streitgegenständlichen Bescheiden fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Der Beklagte stützt die Gebührenerhebung auf die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes „...“ vom 26. November 2003 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung vom 23. November 2005 (Gebührensatzung). Die Festsetzungen in dieser Satzung über den Gebührenmaßstab und den Gebührensatz verstoßen gegen höherrangiges Recht und sind unwirksam. Der Gebührensatzung fehlt es damit am gesetzlichen Mindestinhalt einer Abgabensatzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Dies führt zur Gesamtnichtigkeit der gemeindlichen Satzung und zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage der richtigen Rechtsanwendung kommt es deshalb nicht mehr an.

16

a) Die Gemeinde legt die Beiträge zum Unterhaltungsverband zuzüglich ihrer Verwaltungskosten durch eine Gebühr um, deren Höhe sich nach Größe und Nutzungsart der bevorteilten Grundstücksflächen richtet (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Gebührensatzung). Gegen einen solchen Gebührenmaßstab ist grundsätzlich nichts zu erinnern (OVG Greifswald, Urt. v. 18.03.2014 – 1 L 190/10 –, juris Rn. 30 m.w.N.). Die Regelung ist jedoch unwirksam, weil sie in ihrer konkreten Ausgestaltung in § 3 Abs. 3 Gebührensatzung gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt.

17

Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die Rechtsunterworfenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Es ist dabei ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 60 m.w.N.). Diesen Maßgaben wird die genannte Satzungsnorm nicht gerecht.

18

Die gemeindliche Gebührensatzung differenziert nach der Nutzungsart der betreffenden Grundstücksflächen drei verschiedene Gebührensätze. Dabei unterscheidet sie nach Gebäude-, Betriebs- und Verkehrsflächen sowie Deichen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a Gebührensatzung), Landwirtschaftsflächen § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b Gebührensatzung) und Waldflächen, Flächen anderer Nutzungen und sonstigen Landwirtschaftsflächen § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. c Gebührensatzung). Zur näheren Bestimmung verweisen die Vorschriften jeweils mit einem Klammerzusatz auf zugehörige fünfstellige Nutzungsartnummern, ohne dabei anzugeben, auf welches Regelungswerk sich diese Nummern beziehen. Das ist unzureichend.

19

Es ist mit dem Bestimmtheitsgebot zwar grundsätzlich vereinbar, in einer Abgabensatzung auf eine andere Satzung der gleichen Gemeinde oder auf allgemein anerkannte und jedermann zugängliche anderweitige Vorschriften zu verweisen, ohne ihren Inhalt im Satzungstext wiederzugeben. Notwendig ist aber, dass klar erkennbar bleibt, welche Regelungen gelten sollen (vgl. Driehaus, Abgabensatzungen, § 7, Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

20

Die hier in Rede stehende Maßstabsregel lässt für den Normunterworfenen schon nicht hinreichend erkennen, in welchem Regelwerk die bezeichneten Nutzungsartennummern näher definiert sind, aus denen sich etwa ergeben soll, ob die zu veranlagende Fläche eine „Landwirtschaftsfläche“ oder eine „sonstige Landwirtschaftsfläche“ ist. Der Senat hat erwogen, ob sich hierfür etwas aus dem Verweis in der Satzungspräambel auf die Veranlagungsregel „Schätzungsrahmen“ des Wasser- und Bodenverbands „...“ gewinnen lässt. Doch auch insoweit ist für einen Gebührenpflichtigen nicht genügend klar, dass sich diese Regel – als Anlage – in der Beitragssatzung des Verbandes befindet, wo diese Satzung veröffentlicht ist und dass diese einen Verweis auf den Nutzungsartenerlass Mecklenburg-Vorpommern enthält.

21

Doch selbst wenn man aus dem Normzusammenhang der Maßstabsregel mit katasterrechtlichen Vorschriften – § 3 Abs. 2 Satz 1 Gebührensatzung verweist zur maßgeblichen Grundstücksgröße auf katasteramtliche Feststellungen – annehmen wollte, dass die unausgesprochene Bezugnahme auf den Nutzungsartenerlass Mecklenburg-Vorpommern für die Bestimmung der Nutzungsartennummern für den Normadressaten naheliegend und erkennbar wäre, fehlt es an jeder Regelung, in welcher Fassung der Nutzungsartenerlasses Anwendung finden sollte. Es bleibt unklar, ob es sich um eine statische Verweisung auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gebührensatzung geltende Anlage zum Nutzungsartenerlass vom 29. Januar 1998 (ABl. M-V, S. 429, 432) in der Fassung der Ersten Änderung vom 26. Mai 2003 (ABl. M-V, S. 730) handeln oder ob dynamisch auf die jeweils geltende Fassung verwiesen werden sollte, im Erhebungszeitraum mithin auf den Nutzungsartenerlass vom 10. Juni 2009 (ABl. M-V, S. 606). Die Anlage dieses Erlasses ist zudem nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden, sondern war gemäß Ziffer 1.3 per Post und nur gegen Entgelt beim Amt für Geoinformation, Vermessungs- und Katasterwesen zu beziehen. Nach alledem bleibt der Regelungsinhalt von § 3 Abs. 3 Satz 2 Gebührensatzung auch durch Auslegung nicht hinreichend bestimmbar.

22

b) Auch die Festsetzung der Gebührensätze in § 3 Abs. 3 Satz 2 Gebührensatzung ist unwirksam. Dieser fehlt die notwendige Kalkulationsgrundlage. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass auch eine Gebührensatzung auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG zu ihrer Gültigkeit einer stimmigen Kalkulation bedarf, die vom satzungsgebenden Gremium mit der Beschlussfassung über die Abgabensatzung zu billigen ist. Aus einer Kalkulation des Gebührensatzes müssen sich wenigstens die entstandenen beziehungsweise veranschlagten Kosten, die sich nach den in der Satzung festgesetzten Maßstäben ergebenden Gebühreneinheiten und das daraus in Verbindung mit dem festgelegten Gebührensatz errechnete voraussichtliche Gebührenaufkommen ergeben (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 23.02.2000 – 1 L 50/98 –, juris Rn. 35).

23

Die Prognose der voraussichtlichen Kosten für den Betrieb einer öffentlichen Einrichtung und der zu erwartenden Inanspruchnahme muss sich notwendigerweise auf einen bestimmten Kalkulationszeitraum beziehen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 07.10.2015 – 1 K 28/11 –, juris Rn. 28). Dieses Erfordernis stellt § 6 Abs. 2d Satz 1 KAG M-V ausdrücklich klar, der auch auf den hier vorliegenden Fall einer Verbandsumlage Anwendung findet. Die Kalkulation beschränkt insoweit zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich einer Gebührensatzung. Es gilt dabei der Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum entstanden sind (OVG Greifswald, Urt. v. 07.10.2015 – 1 K 28/11 –, juris Rn. 27). Daraus folgt, dass eine Gebührenerhebung für kalkulationsfremde Zeiträume grundsätzlich unzulässig ist, weil sie zur Gefahr einer unzulässigen Kostenüberschreitung führt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 05.05.2010 – 3 A 1061/07 –, juris Rn. 14). Das hat wiederum zur Folge, dass der Satzungsgeber eine Entscheidung darüber treffen muss, welchen Zeitraum seine Kalkulation umfassen soll. Dieses Erfordernis ergibt sich zudem aus der gesetzlichen Anordnung in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V, nach der Kostenüberdeckungen spätestens innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums auszugleichen sind, wenn am Ende eines Kalkulationszeitraums das Gebührenaufkommen die ansatzfähigen Kosten übersteigt.

24

Eine Gebührenkalkulation, die nicht erkennen lässt, für welchen Kalkulationszeitraum sie Geltung beansprucht, ist mithin methodisch fehlerhaft. So liegt es hier. Die vom Beklagten vorgelegte Kalkulation bezeichnet keinen ausdrücklichen Kalkulationszeitraum. Soweit in der Kalkulation zur Bemessung der Kostenseite auf die von der Gemeinde für das Erhebungsjahr 2005 geschuldeten Beiträge an den Wasser- und Bodenverband Bezug genommen wird, lässt sich diesem Umstand entnehmen, dass die Kalkulation jedenfalls für diesen Zeitraum erfolgt ist. Eine Bestimmung dahingehend, dass die Kalkulation darüber hinaus gelten sollte, etwa weil die voraussichtlichen Kosten und Gebühreneinheiten im Wesentlichen unverändert bleiben, ist den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Eine Kalkulation „bis auf Weiteres“ würde zudem daran leiden, dass sie kein Ende des Kalkulationszeitraums bestimmt. Für den hier streitigen Erhebungszeitraum von 2011 bis 2013 fehlt es also überhaupt an einer wirksamen Kalkulation der Gebührensätze. Der Senat musste daher nicht mehr entscheiden, ob ein Kalkulationszeitraum von sieben bis neun Jahren im Bereich der Umlage von Verbandslasten im Wege von Wasser- und Bodenverbandsgebühren überhaupt noch methodisch zulässig wäre. Es kam für die Entscheidung auch nicht mehr darauf an, ob es zulässig war, die Kosten für die Wehr- und Stauanlagen ausschließlich bei den Landwirtschaftsflächen abzurechnen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Gebührensatzung). Der Senat ist deshalb dieser Frage auch in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter nachgegangen.

25

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Es bestehen keine Gründe, die Revision gemäß § 132 Abs. 1 und 2 VwGO zuzulassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Okt. 2015 - 1 K 28/11

bei uns veröffentlicht am 07.10.2015

Tatbestand 5 Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Niederschlagswassergebührensatzung. 6 Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt B-Stadt. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Stadtgebiet eine öffentliche Einri

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. März 2014 - 1 L 190/10

bei uns veröffentlicht am 18.03.2014

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe geändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen. Der Kläger zu 1.) trägt die Kosten des ers

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Sept. 2010 - 4 K 12/07

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

Tenor Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 2

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 05. Mai 2010 - 3 A 1061/07

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tenor 1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Die Bescheide des Beklagten vom 06.06.2007 - Nr. 30-039/2007 - und vom 18.03.2008 - Nr. 30-138/2008 - sowie dessen Widerspruchsbescheide vom 06.07.2007 und 08.05.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 204/14.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Apr. 2018 - 1 LB 238/12

bei uns veröffentlicht am 17.04.2018

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts C-Stadt vom 19. Oktober 2012 – 3 A 366/10 – wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat auch die Kosten des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht zu tragen. Das Urte

Referenzen

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe geändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Der Kläger zu 1.) trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens jeweils zu 97 v. H.; die Klägerin zu 2.) zu 3 v. H..

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsgebühren.

2

Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Stadt A-Stadt; der Kläger zu 1.) darüber hinaus von verschiedenen forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken in der zur Stadt A-Stadt gehörenden Ortschaft L.. Die Stadt ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“.

3

Mit mehreren Bescheiden vom 20. bzw. 21. Dezember 2006 hatte der Beklagte die Kläger für die Jahre 2002 bis 2006 gemeinsam jeweils zu einer im einstelligen Eurobereich liegenden „Gebühr Wasser- und Bodenverband“ für deren Grundstücke A-Straße (… m²) und M.-Straße … (… m²) in A-Stadt herangezogen. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 hatte der Beklagte darüber hinaus den Kläger zu 1.) für die Grundstücke in L. mit einer Gesamtgröße von ca. … ha für das Kalenderjahr 2006 zu einer „Gebühr Wasser- und Bodenverband“ i. H. v. 216,91 EUR herangezogen. Die Beträge umfassten jeweils die Umlage des an den Wasser- und Bodenverband entrichteten Beitrags sowie einen Betrag für jedes von den Bescheiden betroffene Flurstück i. H. v. jeweils 0,82 EUR. Grundlage der Bescheide war die nach ihrem § 7 Satz 1 rückwirkend zum 01.01.2002 in Kraft getretene Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 (nachfolgend: GS). Diese sieht in ihrem § 3 Abs. 3 neben flächen- und nutzungsbezogenen Gebührensätzen die Erhebung eines Verwaltungskostenzuschlags von 0,82 EUR je Flurstück vor.

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 21. Dezember 2006 hatte der Beklagte den Kläger zu 1.) für die Grundstücke in L. wegen Schöpfwerkskosten für Polderflächen und Deichanlagen zu Gebühren i. H. v. 279,57 EUR herangezogen.

5

Die Widersprüche der Kläger gegen die Gebührenbescheide, mit denen sich die Kläger insbesondere gegen die ihrer Meinung nach unmäßig hohen Verwaltungskostenzuschläge wandten, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 3. (Schöpfwerkskosten) bzw. 4. Mai 2007 zurück.

6

Die Kläger erhoben am 1. Juni 2007 Anfechtungsklage. Die Gebührensatzung verstoße wegen des Ansatzes eines Verwaltungskostenzuschlages pro Flurstück gegen das Äquivalenzprinzip. Die rückwirkende Gebührenerhebung sei unzulässig. Außerdem habe der Beklagte es versäumt zu prüfen, ob die Wegeparzellen auf den Grundstücken in L. grundsteuerpflichtig seien. Falls dies nicht zutreffe, sei der Kläger zu 1.) mit diesen Flächen selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband und nicht gebührenpflichtig.

7

In der mündlichen Verhandlung hob der Beklagte die das Grundstück M.-Straße … betreffenden Bescheide hinsichtlich der Gesamthöhe der jeweils festgesetzten Gebühren teilweise auf. Insoweit erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.

8

Die Kläger haben beantragt,

9

die Bescheide des Beklagten vom 20.12.2006 und 21.12.2006 - Steuer-Nrn.: 00/01-05439-5/690-003 (A-Straße) und 00/01-05440-2/690-002 (M.-Straße …) – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 04.05.2007 bzw. der Teilaufhebung vom 25.08.2010 aufzuheben.

10

Der Kläger zu 1.) hat beantragt,

11

die Bescheide des Beklagten vom 20.12.2006 und 21.12.2006 – Steuer-Nr.: 00/01-05441-1/690-002 (L.) – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 03.05.2007 aufzuheben.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit Urteil vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – teilweise stattgegeben und die Bescheide vom 20. und 21. Dezember 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Mai 2007 und der Teilaufhebung vom 25. August 2010 hinsichtlich der Erhebung der grundstücksbezogenen Gebühren zum Wasser- und Bodenverband aufgehoben. Die Klage des Klägers zu 1.) gegen den Bescheid vom 21. Dezember 2006 über die Gebühren für Schöpfwerkskosten für Polderflächen und Deichanlagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

15

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) vom 4. August 1992 (GVOBl. M-V S. 458) umlagefähigen Beiträge der Stadt zum Unterhaltungsverband sowie die bei der Umlegung entstehenden allgemeinen Verwaltungskosten bildeten eine einheitliche Kostenmasse i. S. d. § 6 Abs. 2 KAG M-V. Die Verteilung dieser einheitlichen Kostenmasse nach unterschiedlichen Maßstäben sei unzulässig. Zudem zeige der vorliegende Fall, dass die Gebühr bei kleinen Grundstücken in einem groben Missverhältnis zu dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungszweck der Refinanzierung der von den Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen Umlagen stehe. Wenn der Verwaltungskostenzuschlag – wie im Falle des Grundstücks A-Straße – den Umlagebetrag um ein Vielfaches übersteige, werde die Erhebung der Verwaltungskosten zum Selbstzweck; der gesetzgeberische Zweck werde verfehlt. Die Fehlerhaftigkeit der Bestimmung über den Verwaltungskostenzuschlag in § 3 Abs. 3 Satz 2 GS führe zur Fehlerhaftigkeit der Gebührenregelung für die Kosten der allgemeinen Gewässerunterhaltung insgesamt.

16

Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet sich der Beklagte mit seiner durch den ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses seines Bevollmächtigten am 18. November 2013 zugestellten Beschluss des Senats vom 7. November 2013 zugelassenen Berufung. Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Umlage der Verwaltungskosten nach den gleichen Maßstäben wie die Verbandsgebühren zu erfolgen habe. Mit der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung allein bei kleinen Grundstücken und der insoweit eingeschätzten Überproportionalität werde die spiegelbildliche Unterproportionalität bei großen Grundstücken außer Acht gelassen. Dem Urteil des Verwaltungsgerichts liege ein nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zugrunde. Bei einer flächenproportionalen Umlegung der Verwaltungskosten, würden Eigentümer sehr großer Flächen überproportional und nicht mehr angemessen mit den Verwaltungskosten belastet. Bei kleinen Grundstücken, bei denen die Höhe der Verbandsumlage nur wenige Cent betrage, würde die Umlage der Verwaltungskosten nach Flächenproporz ebenfalls nur wenige Cent betragen, was zu Bescheiden über eine Höhe von wenigen Cent, meist weniger als 10 Cent führen würde. Da bereits äußerst zweifelhaft sei, ob die Geltendmachung solcher Kleinstbeträge überhaupt zulässig sei, könne dies bei Gemeinden mit hohem (Flächen-) Anteil an kleinen Grundstücken dazu führen, dass ein Großteil der Verwaltungskosten überhaupt nicht umgelegt werden könne. Damit führe der vom Verwaltungsgericht präferierte Maßstab letztlich in den Extremfällen aus dem Randbereich der zu veranlagenden Bandbreite der Fälle zu wohl wesentlich größeren Problemen als der Maßstab, den die Stadt A-Stadt nach Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten gewählt habe.

17

Auch der Annahme, dass die Verwaltungskosten im Vergleich zu der Umlage in einem groben Missverhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck stehen, könne im Ergebnis nicht gefolgt werden. Regelungszweck des § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG sei nicht nur die Refinanzierung der von den Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen Umlage, sondern ausdrücklich daneben auch die Refinanzierung des Verwaltungsaufwandes, der durch die Umlegung der Beiträge entstehe.

18

Der Beklagte beantragt,

19

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25.August 2010 - 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe abzuändern und die Klagen insgesamt abzuweisen.

20

Die Kläger beantragen,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verweisen zunächst auf die aus ihrer Sicht zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts. Gemäß § 3 Abs. 1 GUVG werde die Beitragspflicht nach dem Verhältnis bestimmt, in dem die Mitglieder Vorteile durch die Verwaltungstätigkeit hätten und am Verbandsgebiet beteiligt seien. Bei einem Pauschalbetrag pro Flurstück werde weder der Vorteil durch die Verwaltungstätigkeit herangezogen, noch die Beteiligung am Verbandsgebiet.

23

Auch sei das Argument, dass der Aufwand bei allen Flurstücken stets gleich sei und dementsprechend jedes Flurstück gleich zu berechnen sei, nicht ansatzweise zwingend. Bei einem großen Flurstück sei die Wahrscheinlichkeit, dass Zu- und Abschläge wegen des tatsächlichen Zustandes der Fläche notwendig würden, wesentlich größer, als bei einer kleinen Fläche. So könne ein abrechnungsfähiges Flurstück gerade im ländlichen Bereich sowohl aus Ackerflächen, aus einer Naturschutzfläche und/oder einer Wasserfläche bestehen. Es müssten dann gemäß § 3 Abs. 3 der Gebührensatzung verschiedene Berechnungen angestellt werden.

24

Bereits erstinstanzlich sei die Frage aufgeworfen worden, woher der Beklagte eigentlich die Höhe des Betrages von 0,82 EUR/Flurstück nehme.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten dieses Verfahrens und des beigezogenen Verfahrens des Verwaltungsgerichts Greifswald zum Aktenzeichen 3 A 667/07 sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten (2 Hefter), die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

Die Berufung hat Erfolg.

27

Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründung ist am 13. Dezember 2013 fristgerecht eingegangen; sie enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 3 S. 3 bis 5, Abs. 6 VwGO).

28

Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Klagen der Kläger gegen die Bescheide des Beklagten über die Erhebung der Gebühren zur Umlage der Beiträge zum Wasser- und Bodenverband „Müritz“ vom 20. und 21. Dezember 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Mai 2007 bzw. der Teilaufhebung vom 25. August 2010 zu Unrecht stattgegeben und die Bescheide aufgehoben; die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

29

Rechtsgrundlage für die mit den angefochtenen Bescheiden erhobenen Gebühren ist § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG i. V. m. der Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 (GS). Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG können die Gemeinden die (von ihnen zu leistenden) Beiträge zum Unterhaltungsverband (Wasser- und Bodenverband) sowie die bei der Umlegung entstehenden Verwaltungskosten den Eigentümern, Erbbauberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach den Grundsätzen der §§ 2 und 6 des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) auferlegen. § 3 Abs. 3 Satz 1 GS sieht für die allgemeine Gewässerunterhaltungsgebühr Gebührensätze nach Größe und Nutzungsart der Grundstücke vor und bestimmt in Satz 2 der Norm, dass je Flurstück ein Verwaltungskostenzuschlag von 0,82 EUR erhoben wird.

30

Die in der Satzung geregelte flurstücksbezogene Umlage der Verwaltungskosten auf die Gebührenpflichtigen ist entgegen der anderslautenden Auffassung des Verwaltungsgerichts mit höherrangigem Recht, insbesondere den anzuwendenden Grundsätzen der §§ 2 und 6 KAG M-V, vereinbar und führt nicht zur Unwirksamkeit der Regelungen in der Satzung und zur Rechtswidrigkeit der darauf beruhenden Gebührenbescheide. Dabei ist dem Verwaltungsgericht zunächst insoweit zu folgen, als es darauf verweist, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG genannten Verwaltungskosten neben den umzulegenden Beiträgen an den Unterhaltungsverband zu den Kosten i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG M-V gehören, die (zunächst) eine einheitliche Kostenmasse bilden. Diese Kostenmasse ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 3 KAG M-V auf die einzelnen Gebührenschuldner zu verteilen. § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V bestimmt dazu, dass die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen ist, also etwa bei leitungsgebundenen Versorgungseinrichtungen nach dem Verbrauch. Bei entsprechender Anwendung dieses Grundsatzes aus § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V auf die Verteilung der Beiträge zum Unterhaltungsverband auf die grundsteuerpflichtigen Grundstückseigentümer der Gemeinde kann als zulässiger Verteilungsmaßstab an die Stelle von Art und Umfang der Inanspruchnahme eine Verteilung nach Größe und Nutzungsart der betroffenen Grundflächen treten (st. Rspr. des Senats, vgl. OVG M-V, Urt. v. 23. Februar 2000 - 1 L 50/98 -, zit. n. juris, Rz 32; Urt. v. 23. Juni 2010 - 1 L 100/05 -, zit. n. juris, Rz 38). Dabei bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Regelung in der Gebührensatzung, die die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umzulegenden Verwaltungskosten als unselbstständigen Teil der Kostenmasse i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG M-V erfasst und sie gemeinsam mit den Beiträgen zum Unterhaltungsverband nach dem oben beschriebenen Flächenmaßstab erhebt. Dies bedeutet indes entgegen der anderslautenden Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht, dass ausschließlich eine solche flächenbezogene Umlage der Verwaltungskosten zulässig wäre. Die über § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG anwendbare Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V lässt die Erhebung einer Grundgebühr neben der Gebühr nach den Sätzen 1 bis 3 sowie die Erhebung einer Mindestgebühr zu. Unter einer Grundgebühr i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V wird im Allgemeinen eine Benutzungsgebühr verstanden, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- und Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten abgegolten. Zu diesen Betriebskosten, die unabhängig vom Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung auch über eine Grundgebühr abgerechnet werden können, werden u. a. auch die Personalkosten für das Stammpersonal gerechnet (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -, zit. n. juris, Rz 94; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2013, § 6 Nr. 7.2.3.1). Transformiert auf den Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG bedeutet die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V, dass Kosten, die der Mitgliedsgemeinde nicht in Abhängigkeit der Größe der Flächen und deren Nutzungsart entstehen, auch nach einem flächen- und nutzungsartunabhängigen Maßstab auf die Umlagepflichtigen verteilt werden können. Damit ist die Möglichkeit eröffnet, die Verwaltungskosten nach einem für die Verteilung des Verwaltungsaufwandes passenden Wirklichkeits- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu regeln (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22. November 2006 - 9 B 13.05 -, zit. n. juris, Rz 19 zu der vergleichbaren Rechtslage in Brandenburg).

31

Ob und auf welche Art und Weise dies geschieht, steht nach § 3 Abs. 1 GUVG i. V. m. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V im pflichtgemäßen Ermessen des kommunalen Satzungsgebers. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, verfügt der Satzungsgeber bei der Bemessung von Gebühren über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. Verfolgt die Gebühr den Zweck der Kostendeckung, darf dieser Zweck bei der Bemessung der Gebühr nicht gänzlich aus dem Auge verloren werden. Die gerichtliche Kontrolle der Gebührenbemessung darf daher nicht überspannt werden. Gebühren werden in der Regel in Massenverfahren erhoben, bei denen die Gebühr vielfach nur nach Wahrscheinlichkeit und Vermutung in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden kann. Bei der Ordnung der Gebührenerhebung ist der Gesetz- und Verordnungsgeber daher berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtblick zu erfassen und generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. April 2005 - 6 C 5.04 -, zit. n. juris, Rz 16).

32

Nach diesen Grundsätzen beurteilt, ist die hier in Rede stehende und nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG bereits vorgezeichnete Aufteilung der umlagefähigen Kostenmassen, bestehend aus dem Beitrag an den Unterhaltungsverband einerseits und den bei der Umlage entstehenden Verwaltungskosten andererseits, sowie die Verteilung der Verwaltungskosten zu jeweils gleichen Teilen auf die betroffenen Flurstücke nicht zu beanstanden. Den vorliegenden Kalkulationsunterlagen zur Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 ist zu entnehmen, dass der Satzungsgeber als nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umlagefähige Verwaltungskosten ausschließlich Personalkosten in Höhe von 4.150,00 EUR veranschlagt hat, was bei der Gesamtzahl von 5059 zu berücksichtigenden Flurstücken einen Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt. Dieser Verteilungsmaßstab entspricht im vorliegenden Fall den oben dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gebührenbemessung. Wie sich aus der Gebührensatzung ergibt und den angefochtenen Bescheiden anschaulich zu entnehmen ist, besteht die abzugeltende Tätigkeit des Personals im Wesentlichen in der Erfassung der einzelnen Flurstücke nach Bezeichnung, Größe und Nutzungsart, ihrer Zuordnung zu den in § 3 Abs. 3 Satz 1 GS festgelegten Gebührenmaßstäben sowie der Errechnung der daraus resultierenden Gebührenhöhe bzw. der Eingabe der entsprechenden Daten in ein Computerprogramm, welches die Berechnung vornimmt. Die Tätigkeit des mit der Gebührenerhebung befassten Personals erscheint mithin ganz überwiegend flurstücksbezogen und rechtfertigt die Verteilung der dadurch entstehenden Personalkosten auf einen bestimmten Betrag je Flurstück, wie in § 3 Abs. 3 Satz 2 GS geschehen. Dies kann auch sowohl für die Folgejahre nach einer erstmaligen Erfassung der Flurstücke als auch – wie im vorliegenden Fall – bei einem Sammelbescheid für mehrere Jahre angenommen werden, weil die Daten für jedes Jahr der Gebührenerhebung gesondert auf entsprechende Veränderungen hin geprüft und ggf. geändert werden müssen. Die dabei durch das Einpflegen neuer Daten bei einzelnen Flurstücken auftretenden Unterschiede in der Bearbeitungszeit der Flurstücke sind im Rahmen des anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes von untergeordneter Bedeutung und können deshalb bei der flurstücksbezogenen Verteilung der Personalkosten hingenommen werden. Soweit die Kläger dagegen einwenden, es sei nicht ansatzweise zwingend, dass der Aufwand bei allen Flurstücken stets gleich und dementsprechend jedes Flurstück gleich zu berechnen sei, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sind Fälle denkbar, bei denen ein Flurstück unterschiedliche Nutzungsarten aufweist und dementsprechend nach § 3 Abs. 3 und 4 GS die auf jede Teilfläche entfallende Gebühr getrennt zu ermitteln ist, was den Verwaltungsaufwand für ein solches Flurstück erhöht. Dies stellt jedoch einen Ausnahmefall von der Regel dar, nach der für die Flurstücke im allgemeinen jeweils eine einheitliche Nutzungsart i. S. v. § 3 Abs. 3 GS ausgewiesen ist und deshalb der Aufwand für Erfassung und Bewertung in aller Regel flurstücksbezogen gleich hoch ist. So auch im vorliegenden Fall: Sämtliche 64 Flurstücke des Klägers zu 1.) in der Gemarkung L. weisen jeweils nur eine Nutzungsart i. S. v. § 3 Abs. 3 GS auf. Eine Regelung wie die vorliegende, die den Regelfall zutreffend erfasst, ist nach den oben dargestellten Voraussetzungen auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie im Wege der notwendigen Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung im Einfall auftretende Abweichungen außer Acht lässt.

33

Die so vorgenommene Umlage der veranschlagten Verwaltungskosten verursacht auch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bei kleinen Grundstücken kein grobes Missverhältnis zu dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungszweck. Eine Gebühr entbehrt von Verfassungs wegen einer sachlichen Rechtfertigung, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten legitimen Gebührenzweck steht (BVerwG, Urt. v. 13. April 2005, a. a. O.). Anerkannt ist, dass die Kostendeckung ein legitimer Gebührenzweck ist. Mit Gebühren wird regelmäßig die besondere Zweckbestimmung verfolgt, Einnahmen zu erzielen, um spezielle Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, Urt. v. 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. -, zit. n. juris Rz 58). Regelungszweck des § 3 Abs. 3 Satz 2 GS ist die Deckung der durch die Umlage nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG entstehenden Verwaltungskosten und nicht die Refinanzierung des vom Gewässerunterhaltungsverband erhobenen Beitrages. Letzterer wird durch die flächen- und nutzungsartbezogenen Gebühren nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GS refinanziert. Es besteht bei kleinen Grundstücken also kein grobes Missverhältnis zwischen Verwaltungszuschlag und Gebührenzweck (Deckung der Verwaltungskosten), sondern allenfalls ein vom Empfänger des Gebührenbescheides u. U. subjektiv so empfundenes Missverhältnis zwischen der geringen Höhe der Beitragsumlage und dem im Verhältnis dazu höheren Aufwand für die Erhebung dieser Umlage. Dieser Umstand ist die zwangsläufige Folge der flächenbezogenen Verteilung der Umlage, weil die Kosten der Erhebung im Einzelfall nicht in Abhängigkeit zur Größe der veranlagten Fläche stehen, also nicht um so geringer ausfallen, je kleiner die Grundstücke sind. Die Gemeinde kann aber auch nicht auf die Erhebung der Gebühren bei kleinen Grundstücken verzichten, da sie sonst bei der Vielzahl solcher kleiner Grundstücke einen beachtlichen Teil der an den Gewässerunterhaltungsverband geleisteten Beiträge nicht refinanzieren könnte. Darüber hinaus würde eine flächenbezogene Umlage der Verwaltungskosten bei kleinen Grundstücken dazu führen, dass Bescheide im unteren Centbereich ergehen müssten, was der Akzeptanz der Gebührenerhebung wohl mindestens ebenso wenig förderlich wäre, wie die hier gewählte Verteilung der Verwaltungskosten.

34

Der weitere Einwand der Kläger im Berufungsverfahren, der Beklagte habe es bisher versäumt zu erläutern, woher er eigentlich die Höhe des Betrages von 0,82 EUR/Flurstück nehme, lässt keinen Zweifel an der Wirksamkeit der GS aufkommen. Wie bereits oben dargestellt, ist den vorliegenden Kalkulationsunterlagen zur Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 zu entnehmen, dass der Satzungsgeber als nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umlagefähige Verwaltungskosten ausschließlich Personalkosten in Höhe von 4.150,00 EUR veranschlagt hat, was bei der Gesamtzahl von 5059 zu berücksichtigenden Flurstücken einen Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt. Der in § 3 Abs. 3 S. 2 GS festgesetzte Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt sich mithin unschwer aus den veranschlagten Verwaltungskosten geteilt durch die Anzahl der Flurstücke. Beide Daten haben die Kläger nicht substantiiert bestritten. Der von den Klägern bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragene Einwand, dass der flurstücksbezogene Aufwand nach der erstmaligen Erfassung der Flurstücke in den Folgejahren durch den Einsatz elektronischer Datenverarbeitung, wie etwa den Abgleich mit anderen bei der Stadt A-Stadt vorhandenen Steuerdateien, drastisch sinken müsste, kann bei entsprechendem Einsatz solcher technischer Mittel zwar nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Kläger tragen im Berufungsverfahren aber keine näheren Umstände vor, die den Schluss zuließen, dass der flurstücksbezogene Aufwand nach der erstmaligen Erfassung der Daten in einem Maße zurückgegangen sein könnte, das die Kalkulation der Personalkosten für die Folgejahre als fehlerhaft erscheinen ließe. In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen, die unwidersprochen ausgeführt hat, dass der zugrunde gelegte Personalkostenaufwand mit 10 % der Personalkosten für die zuständige Mitarbeiterin sehr vorsichtig gewählt sei und in Wirklichkeit etwa 30 % der Personalkosten zu veranschlagen wären. Die Annahme von durchschnittlich 10 % der Personalkosten im Rahmen der Kalkulation über einen Zeitraum von mehreren Veranlagungsjahren würde die tatsächlich anfallenden Personalkosten also selbst dann noch im Rahmen des anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zutreffend darstellen, wenn die Kosten in den Folgejahren nach der erstmaligen Erfassung der Flurstücke tatsächlich gesunken wären.

35

Dem im erstinstanzlichen Verfahren vom Kläger zu 1.) vorgetragenen Einwand, der Beklagte habe es versäumt zu prüfen, ob die Wegeparzellen auf den Grundstücken in L. grundsteuerpflichtig seien und falls dies nicht zutreffe, sei er mit diesen Flächen selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband und nicht gebührenpflichtig, musste im Berufungsverfahren nicht weiter nachgegangen werden. Zum einen hat der Kläger zu 1.) selbst nicht behauptet, dass es sich bei den Wegeparzellen um von der Grundsteuer befreite, dem öffentlichen Verkehr dienende Straßen, Wege und Plätze i. S. v. § 4 Nr. 3 Buchst. a) Grundsteuergesetz (GrStG) handelt; zum anderen ist ein solcher Sachverhalt auch sonst nicht erkennbar. Voraussetzung für eine Grundsteuerfreiheit ist nämlich eine öffentliche Straße i. S. d. Straßenrechts (BFH, Urt. v. 9. Mai 1990 - II R 170/87 - zit. n. juris). Waldwege sind in der Regel keine öffentlichen Straßen i. S. d. Straßenrechts.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 159 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

38

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tatbestand

5

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Niederschlagswassergebührensatzung.

6

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt B-Stadt. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Stadtgebiet eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Das Grundstück des Antragstellers ist an diese Anlage angeschlossen. Der Antragsteller wurde im Zeitraum von 2006 bis 2014 von der Antragsgegnerin zu Niederschlagswassergebühren veranlagt. Wegen der Bescheide für die Erhebungsjahre 2010 bis 2012 legte der Antragsteller Widersprüche ein; nach deren Zurückweisung erhob er Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin (Aktenzeichen 4 A 820/11), über die bisher nicht entschieden ist.

7

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 4. November 2010 die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G (nachfolgend: Niederschlagswassergebührensatzung 2010). Die Satzung wurde am 4. November 2010 ausgefertigt und am 17. November 2010 im amtlichen Bekanntmachungsblatt der Antragsgegnerin „Heimatbote“ öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft.

8

Am 19. September 2011 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 gestellt.

9

Am 13. Dezember 2012 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die 1. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg. Die Änderungssatzung wurde am 13. Dezember 2012 ausgefertigt und am 11. Januar 2013 öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

10

Zur Begründung seines Antrags wendet sich der Antragsteller im Wesentlichen gegen die Bestimmungen zu den Gebührensätzen. Die in § 4 Abs. 2 Buchst. b der angefochtenen Satzung zum 1. Januar 2010 vorgenommene Erhöhung der Zusatzgebühr von 0,02 Euro auf 0,58 Euro je gebührenpflichtigen Quadratmeter verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei nicht gerechtfertigt. Ein Unterdeckungsausgleich habe erst in dem auf die Kalkulation folgenden Jahr, also zum 1. Januar 2011 vorgenommen werden dürfen. Methodische Fehler in der vorangegangenen Kalkulation dürften ohnehin nicht im Wege des Kostenunterdeckungsausgleichs korrigiert werden. So liege es hier. In die Flächenermittlung zur Kalkulation der Gebührensätze der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G vom 4. Oktober 2005 seien erheblich mehr Gebühreneinheiten eingestellt worden als bei der Kalkulation der angefochtenen Satzung. Das deute auf einen methodischen Fehler hin.

11

Auch die aktuelle Kalkulation sei auf der Kostenseite fehlerhaft. Die Herstellungswerte der Anlage, die über die vorgenommenen Abschreibungen gebührenwirksam geworden seien, seien unrichtig berechnet worden. Die Ermittlung des Mischzinssatzes berücksichtige zu Unrecht Kredite, die sich nicht der Herstellung der abgerechneten Anlage zuordnen ließen. Auch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen nach der Auflösungs-Restwertmethode sei vorliegend zu Lasten der Gebührenpflichtigen fehlerhaft erfolgt.

12

Der Antragsteller beantragt,

13

die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg vom 4. November 2010 mit Ausnahme des § 10 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 beansprucht.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

15

den Antrag abzulehnen.

16

Sie verteidigt die angegriffene Satzung und tritt der Antragsbegründung im Einzelnen entgegen.

17

Der rückwirkend festgesetzte und vergleichsweise geringe Satz der Zusatzgebühr für den Veranlagungszeitraum 2006 bis 2009 beruhe auf dem Schlechterstellungsverbot. Die Stadtvertretung habe keine rückwirkende Gebührenerhöhung beschließen und die Gebührensätze aus der vorangegangenen Satzung nicht überschreiten dürfen. Die Kalkulation aus dem Jahre 2005, die zu diesen Gebührensätzen geführt habe, habe keine „politische Gebühr“ zum Ergebnis gehabt, mit der eine Kostenunterdeckung bewusst in Kauf genommen worden wäre. Das gelte auch für die dortige Flächenermittlung, die die damaligen Katasterunterlagen und eine Einwohnerbefragung zur Grundlage gehabt habe. Daher sei die tatsächlich eingetretene Kostenunterdeckung in den folgenden drei Jahren von 2010 bis 2012 auszugleichen gewesen. Das Defizit sei überwiegend im Bereich der variablen Kosten entstanden und deshalb allein bei der Zusatzgebühr kostenerhöhend angesetzt worden. Die invariablen Kosten seien im Wesentlichen durch die Grundgebühr gedeckt worden. Ab 2013 sei mit einem Absinken der Gebührensätze zu rechnen gewesen. Mit der 1. Änderungssatzung seien dementsprechend zum 1. Januar 2013 auch niedrigere Gebührensätze festgesetzt worden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.). Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B vom 4. November 2010 ist im Umfang des gestellten Antrags unwirksam.

20

1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der streitbefangenen Satzung gestellt worden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Gebührenschuldner nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Niederschlagswassergebührensatzung 2010 geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dem Antragsteller steht im Umfang der Antragstellung auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Da die gegen ihn ergangenen Bescheide über die Erhebung einer Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr insoweit noch nicht bestandskräftig geworden sind, stellt die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Satzung den Antragsteller im Anfechtungsprozess rechtlich besser (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.07.2002 – 4 K 35/01 –, juris Rn. 11).

21

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. November 2010 verstößt, soweit sie Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist, gegen höherrangiges Recht, das der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts unterliegt. Im Ergebnis ist die Satzung nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen, sondern insgesamt unwirksam. Sie ist deshalb im beantragten Umfang gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

22

Die streitbefangene Niederschlagswassergebührensatzung weist nicht den durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung auf. Sie enthält für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 keine wirksame Bestimmung der Abgabensätze. Die Regelung des Gebührensatzes für die Zusatzgebühr in den Jahren 2010 bis 2012 in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010, wonach die jährliche Zusatzgebühr für die Inanspruchnahme der Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung ab dem 1. Januar 2010 0,58 Euro je Quadratmeter zusatzgebührenpflichtiger Fläche beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation und ist daher unwirksam (a). Das führt mangels einer Teilbarkeit der Satzung zur Unwirksamkeit auch der Bestimmung über den Satz der Grundgebühr und damit zur Gesamtunwirksamkeit der Gebührensatzung für den genannten Zeitraum (b). Auf die sonstigen Einwendungen des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der Satzung kommt es deshalb nicht mehr an.

23

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts muss dem Rechtssetzungsorgan – neben der Beschlussvorlage über die Satzung – bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorliegen. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. zuletzt OVG Greifswald, Urt. v. 21.04.2015 – 1 K 46/11 –, juris Rn. 67 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris Rn. 63, 142, m.w.N.; grundlegend OVG Greifswald, Urt. V. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, juris).

24

Die Gebührenkalkulation für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 war in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft. Sie berücksichtigte für diesen Zeitraum bei der Zusatzgebühr methodisch fehlerhaft einen Kostenunterdeckungsausgleich.

25

Der vorgenommene Unterdeckungsausgleich findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V in der bei Satzungserlass maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V S. 146) – KAG M-V a.F. – sollen Kostenunterdeckungen innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums ausgeglichen werden, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen.

26

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die ein Abweichen der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten und einen abgeschlossenen Kalkulationszeitraum voraussetzt, ergibt sich, dass die Berücksichtigung einer Kostenunterdeckung von vornherein ausscheiden muss, soweit sie in einem Zeitraum entstanden ist, für den es an einer Vorauskalkulation überhaupt fehlt. So liegt es hier für das Veranlagungsjahr 2009, das von der Kalkulation der Gebührensätze in der Satzung der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2005 nicht mehr erfasst wurde. Gleichwohl ist in der hier zu prüfenden Kalkulation eine Unterdeckung für diesen Zeitraum im Wege der Nachkalkulation ermittelt und für das Veranlagungsjahr 2012 kostenerhöhend in die Kalkulation des Zusatzgebührensatzes eingestellt worden.

27

Dass ein Unterdeckungsausgleich für das Jahr 2009 nicht in Betracht kommt, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F.. Die Vorschrift durchbricht den gebührenrechtlichen Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Grundsatz der Periodengerechtigkeit stellt sich damit als Ausprägung des Äquivalenzprinzips und der Leistungsproportionalität in zeitlicher Hinsicht dar (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 92). Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum durch die Inanspruchnahme der Leistung entstanden sind.

28

Die in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. normierte Ausnahme von diesem Grundsatz findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass die Kalkulation eines Gebührensatzes als Vorauskalkulation notwendigerweise auf einer Prognose der Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung und der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Gebührenschuldner im Kalkulationszeitraum beruhen muss. Eine Prognoseentscheidung ist notwendigerweise mit Unsicherheiten verbunden. Dem trägt eine Ausgleichsregelung im Sinne einer Risikoverteilung Rechnung. Sie erlaubt dem Aufgabenträger, eine von der Prognose abweichende Entwicklung der Kosten und der Gebühreneinheiten – insoweit ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden – nach Ende des Kalkulationszeitraums auszugleichen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 12.01.2015 – 5 A 597/09 –, juris Rn. 25 f. und OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 29; zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf die Entwicklung der Gebühreneinheiten VG Greifswald, Urt. v. 23.01.2014 – 3 A 1372/12 –, juris Rn. 21, und Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 102). Eine eingetretene Kostenunterdeckung darf gemäß § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. in den folgenden drei Jahren zu Lasten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden. Die Regelung erfasst folgerichtig auch den umgekehrten Fall; eine eingetretene Kostenüberdeckung muss in diesem Zeitraum zu Gunsten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden.

29

Daraus folgt zugleich, dass der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. als Ausnahmevorschrift vom gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip zu beschränken ist. Die Norm ist kein Instrument, um methodische Fehler einer vorangegangenen Kalkulation auszugleichen. Diese sind nicht Ausdruck der unvermeidbaren Prognoseunsicherheit bei der Vorausschau von Kosten und Gebühreneinheiten. Auch sind die Ergebnisse einer bewussten Kostenunterdeckung (etwa durch einen „politischer Gebührensatz“) nicht über einen Kostenunterdeckungsausgleich zu korrigieren (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 6.2.5).

30

Durch die Bildung eines durchschnittlichen Gebührensatzes für den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2012 wirkt sich der methodische Fehler der Berücksichtigung eines Kostenunterdeckungsausgleichs auf die Festsetzung des Zusatzgebührensatzes in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010 für den gesamten Regelungszeitraum aus.

31

Der Senat musste nach alledem nicht mehr entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Unterdeckungsausgleich schon wegen einer bewusst herbeigeführten Kostenunterdeckung nicht vorlagen, da die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 hier rückwirkend zum 1. Januar 2006 und für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 mit den (nicht kostendeckenden) Zusatzgebührensätzen aus der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. Oktober 2005 in Kraft gesetzt worden war. In Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass im Falle der Rückwirkung einer Gebührensatzung für die Berechnung des Gebührensatzes keine Vorauskalkulation mehr in Betracht komme und vielmehr in vollem Umfang von den für die maßgebliche Abrechnungsperiode bekannten tatsächlichen Kosten auszugehen sei. Das schließe das Entstehen einer Kostenunterdeckung aus, weil keine Prognoseunsicherheit bestehen könne (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 38; OVG Magdeburg, Urt. v. 27.07.2006 – 4 K 253/05 –, juris Rn. 40; VGH München, Urt. v. 02.04.2004 – 4 N 00.1645 –, juris Rn. 22; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 7.3.3.3 m.w.N.).

32

Dagegen ließe sich möglicherweise einwenden, dass eine Nacherhebung von Gebühren für den abgelaufenen Kalkulationszeitraum dann nicht in Betracht kommt, wenn eine Schlechterstellung der Gebührenschuldner aus verfassungsrechtlichen Gründen ausscheidet (vgl. zu den Voraussetzungen der rückwirkenden Schlechterstellung eines Abgabenschuldners BVerwG, Beschl. v. 29.01.2015 – 9 B 51/14 –, juris Rn. 7, m.w.N.). Das ist in der Rechtsprechung für den Fall angenommen worden, dass bei der rückwirkenden Ersetzung einer wegen einer fehlerhaften Maßstabsregel unwirksamen Gebührensatzung eine unabhängig davon eingetretene Kostenunterdeckung durch erhöhte Gebührensätze beseitigt werden sollte (VG Karlsruhe, Urt. v. 30.01.2014 – 2 K 2233/13 –, juris Rn. 50 ff.).

33

b) Die Nichtigkeit der Satzungsregel zur Höhe des Zusatzgebührensatzes führt auch zur Nichtigkeit der Regelung über den Satz der Grundgebühr für den Veranlagungszeitraum 2010 bis 2012 und damit mangels einer Bestimmung des Abgabensatzes zur Gesamtnichtigkeit der Niederschlagswassergebührensatzung 2010 im beantragten Umfang. Eine auf die Bestimmung des Zusatzgebührensatzes beschränkte Teilnichtigkeit der Satzung scheidet aus. Die Teilnichtigkeit einer Abgabensatzung ist anzunehmen, wenn die Norm auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt, insbesondere der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderten Mindestinhalt umfasst und anzunehmen ist, dass der Satzungsgeber die Vorschrift auch ohne den nichtigen Teil erlassen hätte (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71). Es ist nicht anzunehmen, dass der Satzungsgeber, der ersichtlich eine Kostendeckung des Anlagenbetriebs durch ein System aus Grundgebühr und Zusatzgebühr angestrebt hat, die Satzung auch mit nur einer nicht kostendeckenden Grundgebühr beschlossen und auf die Erhebung von Zusatzgebühren ganz verzichtet hätte (vgl. in diesem Sinne auch OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2014 – 9 KN 33/14 –, juris Rn. 91 und OVG Weimar, Urt. v. 12.12.2001 – 4 N 595/94 –, juris Rn. 106).

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Grundlage der Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Die Bescheide des Beklagten vom 06.06.2007 - Nr. 30-039/2007 - und vom 18.03.2008 - Nr. 30-138/2008 - sowie dessen Widerspruchsbescheide vom 06.07.2007 und 08.05.2008 einschließlich der darin enthaltenen Gebührenfestsetzungen werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einer Kurabgabe. Der in A-Stadt lebende Kläger ist Eigentümer eines Ferienhauses in V./Hiddensee und dort mit Nebenwohnsitz gemeldet.

2

Mit Bescheid vom 06.06.2007 zog der Beklagte den Kläger zu einer Jahreskurabgabe 2007 i.H.v. 42,00 EUR. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2007 zurück. Zugleich setzte er die Gebühr für die Erstellung des Widerspruchsbescheides auf 24,30 EUR fest. Am 26.07.2007 hat der Kläger zum Az. 3 A 1061/07 Anfechtungsklage erhoben.

3

Mit Bescheid vom 18.03.2008 zog der Beklagte den Kläger zu einer Jahreskurabgabe 2008 i.H.v. ebenfalls 42,00 EUR heran. Unter dem 18.03.2008 sandte der Beklagte dem Kläger eine "Information für die Eigentümer/Besitzer einer Wohneinheit auf der Insel Hiddensee und deren Familienangehörigen" nebst Erfassungsbogen zu. Der Erfassungsbogen sieht die Abgabe von personenbezogenen Daten von Ehegatten, Kindern und sonstigen Familienangehörigen der Wohnungsinhaber vor. Den sowohl gegen den Abgabenbescheid als auch gegen den Erfassungsbogen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2008 - zugestellt am 15.05.2008 - zurück. Zugleich setzte er die Gebühr für die Erstellung des Widerspruchsbescheides auf 24,30 EUR fest. Am Montag, den 16.06.2008 hat der Kläger zum Az. 3 A 871/08 Anfechtungsklage erhoben.

4

Mit Beschluss vom 23.06.2008 hat das Gericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Verfahrens verbunden. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Klage betreffend den Erfassungsbogen zurückgenommen.

5

Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Kurabgabensatzung sei nichtig. Sie sei bereits nicht wirksam bekanntgemacht worden, weil es an der von der Hauptsatzung der Gemeinde vorgesehenen ergänzenden Bekanntmachung im Internet fehle. Zudem liege eine unzulässige Doppelbesteuerung vor, weil die Gemeinde Ostseebad Hiddensee auch eine Zweitwohnungssteuer erhebe. Die Regelung über die Jahreskurkarte sei fehlerhaft. Es sei unzulässig, den Eigentümer einer Wohneinheit mit Nebenwohnsitz im Gemeindegebiet auch dann zum Erwerb einer Jahreskurkarte zu verpflichten, wenn er sich im Erhebungszeitraum nicht im Gemeindegebiet aufhalte und auch eine Rückzahlung auszuschließen. Anders bei der Zweitwohnungssteuer sei das bloße Innehaben der Wohnung nicht ausreichend. Erforderlich sei der Aufenthalt im Erhebungsgebiet. Auch die Regelung über die Familienkurkarte sei zu beanstanden. Es könne nicht sein, dass eine aus sieben erwachsenen Personen und einem Kind bestehende Familie nur 45,00 EUR zu entrichten habe, während eine aus einer erwachsenen Person und zwei Kindern bestehende Familie 60,00 EUR zahlen müsse. Die Gebührenkalkulation sei ebenfalls fehlerhaft. Da die Gemeindeeinwohner nicht der Kurabgabenpflicht unterlägen, sei der Abzug eines gemeindlichen Eigenanteils unzulässig. Die Berücksichtigung des "Verwaltungsaufwandes Reedereien" sei unzulässig, weil die Gemeinde keine Reederei betreibe. Auch der Ansatz der Kostenpositionen Kulturmanagement und Gästeservice sei unzulässig. Die Gemeinde habe zum 01.01.2005 ihre Amtsfreiheit verloren. Gleichwohl unterhalte sie einen Eigenbetrieb "Hiddenseer Hafen- und Kulturbetrieb" und als Alleingesellschafterin die "Insel Information Hiddensee GmbH". Rechtsaufsichtlich sei verlangt worden, entweder den Eigenbetrieb oder die GmbH aufzulösen, was bisher aber nicht erfolgt sei.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Bescheide des Beklagten vom 06.06.2007 und vom 18.03.2008 sowie dessen Widerspruchsbescheide vom 06.07.2007 und 08.05.2008 einschließlich der darin enthaltenen Gebührenfestsetzung aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Beschluss vom 07.01.2010 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

12

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist die Klage zulässig und auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

13

1. Der Bescheid vom 06.06.2007 kann nicht auf die Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee vom 14.02.2007 (Kurabgabesatzung - KAS 2007) gestützt werden, denn die Satzung hatte zu dem hierfür erforderlichen Zeitpunkt noch keine Geltung. Nach § 5 Abs. 3 KAS 2007 entsteht die Jahreskurabgabepflicht am 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres. Dies setzt für das Kalenderjahr 2007 voraus, dass die Satzung am 01.01.2007 Geltung beanspruchte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kurabgabesatzung ist nach ihrem § 15 Abs. 1 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft getreten. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte durch Aushang vom 05.03.2007 bis 28.03.2007. Damit trat die Satzung mit Ablauf des 28.03.2007 (vgl. § 9 Nr. 3 KV-DVO) in Kraft. Folglich konnte für das Jahr 2007 eine Jahreskurabgabepflicht auf Grundlage dieser Satzung nicht entstehen.

14

Auch die Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee vom 11.04.2001 (KAS 2001) scheidet als Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 06.06.2007 aus. Sie ist für den Zeitraum ab 2007 nicht mehr anwendbar. Zwar weist die Satzung kein ausdrücklich normiertes "Verfalldatum" auf; allerdings basieren die in der Satzung normierten Abgabesätze nach den Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf jährlich aktualisierten Kalkulationen. Für das Jahr 2007 ist jedoch mit Blick auf die Kurabgabesatzung 2007 keine Aktualisierung mehr erfolgt. Gerade bei - wie hier - wiederkehrenden Abgaben beschränkt die Kalkulation den zeitlichen Anwendungsbereich der Satzung, denn eine Abgabenerhebung für kalkulationsfremde Zeiträume ist unzulässig. Sie führt nämlich zu einem kalkulationsfremden Abgabenaufkommen und begründet damit die Gefahr einer unzulässigen Kostenüberschreitung (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.06.2006 - 3 B 306/06 [betreffend Abwassergebühren]).

15

2. Dem Bescheid vom 18.03.2008 fehlt ebenfalls die erforderliche Rechtsgrundlage, denn die Kurabgabesatzung 2007 i.d.F. der rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getretenen 2. Änderungssatzung vom 16.05.2008 ist nichtig.

16

Zwar folgt dies nicht aus dem Umstand, dass die Gemeinde Seebad Insel Hiddensee von den Inhabern von Zweitwohnungen neben der Kurabgabe auch Zweitwohnungssteuern erhebt. Denn Zweitwohnungsinhaber können sowohl der Zweitwohnungsteuerpflicht als auch der Kurabgabepflicht unterliegen, da die diesen beiden Abgabenarten zugrunde liegenden Abgabetatbestände nicht gleichartig sind (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15.11.2006 - 1 L 38/05, Juris Rn. 34 m.w.N.).

17

Unwirksam ist jedoch die mit der rückwirkend zum 01.01.2008 in die Kurabgabesatzung 2007 eingefügte Bestimmung des § 6 Abs. 3 KAS 2007. Hiernach sind Eigentümer oder Besitzer einer Wohnungseinheit, die nicht im Erhebungsgebiet ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, und ihre Familienangehörigen verpflichtet, unabhängig von der Aufenthaltsdauer die Jahreskurabgabe für das laufende Kalenderjahr zu entrichten. Die Regelung ist unwirksam, weil sie sich einschränkungslos auf alle Familienangehörigen der Eigentümer oder Besitzer von Wohnungseinheiten erstreckt.

18

Dies ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen: § 2 Abs. 1 KAS 2007 bestimmt im Einklang mit § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V das Merkmal "ortsfremd". Danach ist kurabgabepflichtig, wer sich im Erhebungsgebiet aufhält und hier keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (ortsfremd). Als ortsfremd gilt nach § 2 Abs. 2 KAS 2007 auch, wer in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee Eigentümer oder Besitzer eine Wohnungseinheit ist, wenn und soweit er sie zu Erholungszwecken nutzt. Diese Bestimmung, die lediglich die Vorgabe des § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V wiederholt, zielt auf die Inhaber von Zweitwohnungen ab. Sie enthält keinen besonderen Kurabgabetatbestand, sondern dient lediglich der Klarstellung des in § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V enthaltenen Tatbestandsmerkmals der Ortsfremdheit in einem Zweifelsfall. Demzufolge sind auch die Inhaber von Zweitwohnungen grundsätzlich kurabgabepflichtig, soweit sie sich im Kurgebiet aufhalten (Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand 07/09, § 11 Anm. 2.2.1 m.w.N.). Für diesen Personenkreis bestimmt § 6 Abs. 3 KAS 2007, dass unabhängig von der Dauer und Häufigkeit des Aufenthaltes die Jahreskurabgabe zu zahlen ist. Die darin liegende Pauschalierung ist ebenfalls zulässig. Zwar führt sie dazu, dass es dem kurabgabepflichtigen Inhaber der Zweitwohnung verwehrt ist, im Einzelfall den Nachweis zu führen, er habe sich nur für einen kürzeren Zeitraum in seiner Zweitwohnung aufgehalten. Dies verstößt aber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Grundgesetz - GG), weil es für die erhebungsberechtigte Gemeinde tatsächlich kaum durchführbar, zumindest aber wirtschaftlich unvertretbar wäre, die tatsächliche Aufenthaltsdauer von Zweitwohnungsinhabern und ihren Angehörigen im Gemeindegebiet das ganze Jahr zu überwachen und festzustellen (allg. Ansicht: OVG Mecklenburg-Vorpommern; Urt. v. 15.11.2006 - 1 L 38/05, juris; OVG Schleswig, Urt. v. 04.10.1995 - 2 L 197/94, juris Rn. 36; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.02.2004 - 9 KN 546/02, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.05.2000 - 9 L 977/99 -, juris).

19

Es ist aber zu berücksichtigen, dass der von § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V für die Schuldnerbestimmung bei der Jahreskurabgabe vorgegebene Rahmen vom Ortsgesetzgeber nicht überschritten werden darf (vgl. § 43 Abgabenordnung [AO] i.V.m. § 12 Abs. 2 KAG M-V). Die Verpflichtung nach § 6 Abs. 3 KAS 2007 beschränkt sich nicht auf die Eigentümer und Besitzer von Wohnungseinheiten, sondern erfasst auch deren Familienangehörige. Da § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V dieses Merkmal nicht enthält, können Familienangehörige - sofern sie nicht Miteigentümer der Wohnungseinheiten sind - nur als Besitzer zur Jahreskurabgabe herangezogen werden. Allerdings verbietet sich die Annahme, dass die Familienangehörigen des Eigentümers oder Besitzers einer Wohneinheit immer auch (Mit-)Besitzer dieser Wohneinheit sind. Zwar mag dies auf Ehegatten und im gleichen Haushalt lebende Personen zutreffen (vgl. VGH München, Urt. v. 13.08.1999 - 4 B 97.973 - NVwZ 2000, 225 <226> und VG Oldenburg, Urt. v. 21.01.2010 - 2 A 635/08 - juris Rn. 53). Eine solche Eingrenzung weist § 6 Abs. 3 KAS 2007 indes nicht auf. Der Begriff des Familienangehörigen wird weder in der Kurabgabesatzung selbst definiert - die Bestimmung des § 6 Abs. 4 KAS 2007 i.d.F. der 2. Änderungssatzung betrifft nur Befreiungen von der Kurabgabenpflicht - noch wird auf eine an anderer Stelle erfolgte Definition verwiesen. Er ist damit unscharf und konturenlos. Der im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltene Erhebungsbogen fordert zu Mitteilungen über Ehegatten, Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres und "andere Familienangehörige" auf. Unter diesen weiten Begriff fallen auch Eltern, Groß- und Urgroßeltern, Brüder, Schwestern, Neffen, Nichten usw. Bei diesem unübersehbar großen Personenkreis kann nicht von einem (Mit-)Besitz an der Wohnungseinheit ausgegangen werden. Damit fehlt es insoweit auch an der von § 11 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V vorausgesetzten Aufenthaltsvermutung.

20

Die Nichtigkeit des § 6 Abs. 3 KAS 2007 führt zur Nichtigkeit der Kurabgabensatzung insgesamt. Von einer unschädlichen Teilnichtigkeit kann nicht ausgegangen werden, da sich die (unzulässige) Ausweitung des Kreises derjenigen, von denen eine Jahreskurabgabe erhoben werden soll, zwangsläufig auf die Kalkulation der Abgabensätze auswirkt.

21

Auf die übrigen Einwände des Klägers kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.