Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Apr. 2008 - 1 L 170/06

bei uns veröffentlicht am30.04.2008

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14.März 2006 - 3 A 2525/99 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten der Kläger abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem ca. 25 qm großen Gartenhaus bebauten Grundstücks in der bei B. gelegenen Gartenanlage "S.". Der Beklagte hat die Kläger dafür zu Zweitwohnungssteuern für das Jahr 1999 herangezogen.

2

Die Gemeinde Weitendorf, in der das Grundstück der Kläger liegt, hatte zunächst eine Zweitwohnungssteuersatzung (Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Gemeinde Weitendorf) vom 22. Mai 1996 erlassen. Die Satzung trat rückwirkend zum 1. Januar 1996 in Kraft. In der Satzung findet sich der Hinweis, die Gemeinde habe "...nach Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vom 07.08.96 folgende Satzung erlassen...".

3

Der Rechtsvorgänger des Beklagten (Amtsvorsteher des Amtes B.) setzte gegenüber den Klägern auf der Grundlage dieser Satzung für das Jahr 1999 mit Bescheid vom 1. Februar 1999 Zweitwohnungssteuern in Höhe von 134,75 DM fest. Die Kläger überwiesen den Betrag am 16. Februar 1999.

4

Mit Beschluss vom 10. März 1999 erließ die Gemeinde Weitendorf eine neue, nunmehr vollständig an eine Mustersatzung angepasste Zweitwohnungssteuersatzung (ausgefertigt am 29. März 1999), die ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 1996 in Kraft treten sollte. Der Landrat des Landkreises Parchim als untere Rechtsaufsichtsbehörde genehmigte die Satzung am 19. März 1999 nach § 2 Abs. 5 KAG unter der Bedingung, dass die Abgabenpflichtigen für bereits vergangene Zeiträume in der Abgabenhöhe nicht schlechter gestellt werden als nach der am 22. Mai 1996 erlassenen Zweitwohnungssteuersatzung. Die Satzung wurde im B. Anzeiger vom 13. April 1999 bekanntgemacht. In der Präambel der Satzung heißt es wie in der Vorgängersatzung vom 22. Mai 1996: "...nach Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde...".

5

Der Rechtsvorgänger des Beklagten hob die Steuerfestsetzung vom 1. Februar 1999 mit Bescheid vom 30.04.1999 auf und forderte von den Klägern für das Jahr 1999 - nunmehr auf der Grundlage der Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 - mit Bescheid vom 26. Juli 1999 Zweitwohnungssteuern in Höhe von 300,- DM, fällig zum 15. und 26. August sowie 15. November 1999. Der Rechtsvorgänger des Beklagten wies den dagegen erhobenen Widerspruch der Kläger mit Bescheid vom 7. September 1999 zurück.

6

Die Kläger haben gegen den Bescheid vom 26. Juli 1999 sowie gegen den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 am 29. September 1999 Klage vor dem Verwaltungsgericht Schwerin (3 A 2525/99) erhoben, die sie im Wesentlichen auf eine fehlende Anrechnung des von ihnen bereits gezahlten Betrages von 134,75 DM, eine unzulässige Rückwirkung der Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 und eine fehlende Bekanntgabe dieser Satzung gestützt haben.

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Die Kläger haben beantragt,

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den Veranlagungsbescheid des Beklagten vom 26. Juli 1999 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 7. September 1999 aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er ist dem Vortrag der Kläger in allen Punkten entgegengetreten; insbesondere sei es den Klägern selbstverständlich möglich, den bereits gezahlten Betrag mit dem aktuell geforderten zu verrechnen.

12

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 mit Urteil vom 14. März 2006 aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die der Abgabenforderung zugrundegelegte Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 sei unwirksam, denn sie genüge nicht den Anforderungen des § 5 Satz 5 KV-DVO, wonach in der Bekanntmachung einer genehmigungspflichtigen Abgabensatzung anzugeben sei, wann und durch welche Behörde die Satzung genehmigt worden sei. Die Veröffentlichung der Satzung im B. Anzeiger vom 13. April 1999 werde dem nicht gerecht. Denn die Formulierung "...mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde..." stelle keine konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde dar. Die Bezeichnung "Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde" bzw. "rechtsaufsichtliche Genehmigung" erschwere es dem Bürger in gleicher Weise, die konkrete Körperschaft zu bestimmen. Auf die weiteren Argumente der Kläger komme es daher nicht mehr an. Die Steuerfestsetzung dürfte jedoch insoweit rechtswidrig sein, als nunmehr ein Betrag von mehr als 134,75 DM festgesetzt worden sei. Dies ergebe sich aus dem Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG.

13

Der Beklagte hat gegen das ihm am 27. April 2006 zugestellte Urteil am 12. Mai 2006 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen später begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 12. Juli 2007 - dem Beklagten zugestellt am 17. Juli 2007 - zugelassen. Die Senatsvorsitzende hat die Frist zur Begründung der Berufung auf den innerhalb der Frist gestellten Antrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten bis zum 17. September 2007 verlängert. Der Beklagte hat die Berufung sodann mit am 17. September 2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

14

Der Beklagte vertritt den Standpunkt, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an § 5 Satz5 KV-DVO überspannt, wenn es fordere, dass in der Bekanntmachung der genehmigungspflichtigen Satzung die konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde enthalten sein müsse. Sinn und Zweck der Bestimmung gingen dahin, lückenlos die Einhaltung des Satzungsverfahrens nach außen in Form der Bekanntmachung zu dokumentieren. Daher reiche es aus, die Funktionsbezeichnung "Rechtsaufsichtsbehörde" anzugeben. Welche Behörde im Einzelnen gemeint sei, lasse sich aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nachvollziehen. Jedes darüber hinausgehende Erfordernis würde die Anforderungen an den Satzungsgeber überspannen. Selbst das Kommunalabgabengesetz verwende unterschiedliche Behördenbezeichnungen für die Rechtsaufsichtsbehörde. Diese Bezeichnung sei jedenfalls richtig und die knappste Form der zutreffenden Behördenbezeichnung. Die Bekanntmachung der Behörde in dieser Weise lasse unter Einbeziehung von § 2 KAG eindeutig nach außen sichtbar werden, dass das hier vorgesehene Verfahrenserfordernis eingehalten worden sei. Jedenfalls sei mit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes mit der Streichung von § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG eine Heilung einer unzureichenden Behördenbezeichnung eingetreten. Eine nochmalige Bekanntmachung der Satzung mit einer anderen Präambel wäre widersinnig und würde ins Leere gehen. Die Publikation der Genehmigung könne keinen eigenständigen nachvollziehbaren Sinn, keine Anstoßfunktion mehr entfalten, der Informationsgehalt liefe ins Leere. Es gehe ausschließlich darum, die Genehmigung aus dem Jahre1999 bzw. die vollständige Behördenbezeichnung zu veröffentlichen, also eine Formvorschrift zu wahren, die jedenfalls seit dem Jahre 2005 nicht mehr eingehalten werden müsse. Eine derartige Heilung wäre funktionslos. Da es aber eine Heilung geben müsse, um eine satzungslose Zeit zu Lasten des Gemeindehaushaltes zu vermeiden, sei mit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes schließlich eine "gesetzliche Heilung" eines möglicherweise zuvor bestehenden Formfehlers eingetreten.

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Der Beklagte beantragt,

16

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichtes Schwerin vom 14. März 2006 abzuweisen.

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Die Kläger beantragen,

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die Berufung zurückzuweisen

19

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und weisen darauf hin, dass der Klage auch aus anderen Gründen stattzugeben gewesen wäre. Die angefochtene Steuerfestsetzung habe gegen das in § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG geregelte Verbot rückwirkender Schlechterstellung verstoßen.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten (des Amtsvorstehers des im Jahre 2004 aufgelösten Amtes B.) vom 26. Juli 1999 über die Festsetzung von Zweitwohnungssteuern für das Veranlagungsjahr 1999 in Höhe von 300,-- DM sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO). Ihnen fehlt die nach § 2 Abs. 1 KAG alter und neuer Fassung für die Erhebung von Abgaben erforderliche Satzungsgrundlage. Die dem Bescheid zugrundeliegende Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde Weitendorf vom 29. März 1999 (Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS 99) kommt als solche nicht in Betracht. Denn sie ist mangels ordnungsmäßiger Bekanntgabe nicht wirksam geworden (nachfolgend 1.). Eine andere wirksame Zweitwohnungssteuersatzung existiert nicht. Eine - spätere - Heilung hat nicht stattgefunden (nachfolgend 2.)

22

1. Der Satzungsgeber hat nach § 9 ZwStS 99 die rückwirkende Geltung der Satzung zum 1. Januar 1996 bestimmt. Daher durfte diese nach § 2 Abs. 5 Satz 5 Kommunalabgabengesetz (KAG) in der vor der Novellierung vom 14. März 2005 (GVOBl. M-V, Seite 91) und somit zum Zeitpunkt der Schaffung der Zweitwohnungssteuersatzung noch geltenden Fassung des Gesetzes nur nach Genehmigung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde erlassen werden. Somit musste ihre Bekanntgabe den Anforderungen genügen, die § 2 i.V.m. § 5 Satz 4 der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Satzung noch geltenden Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO, a.F.) vom 26. Januar 1995 (GVOBl. M-V, Seite 87) an die Bekanntmachung rückwirkender Abgabensatzungen gestellt hat. Dies ist hier nicht der Fall. § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) schrieb vor, dass in der Bekanntmachung genehmigungspflichtiger Satzungen mit anzugeben war, wann und durch welche Behörde die Satzung genehmigt worden war. Die letztgenannte Voraussetzung erfüllt die Zweitwohnungssteuersatzung nicht. Die hier in der Präambel der Satzung enthaltene Angabe, wonach "mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vom 19.03.1999" die folgende Satzung erlassen werde, genügt nicht den Anforderungen des § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass eine solche allein funktionelle Bezeichnung der Genehmigungsbehörde im vorliegenden Falle nicht ausreicht.

23

Wortlaut, Zweck und systematischer Zusammenhang des § 5 Satz 4 KV-DVO [a.F.] (gleichlautend mit § 5 Satz 5 KV-DVO in der Fassung vom 23. April 1999 [GVOBl. M-V, Seite 295]) mit den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sprechen dafür, dass in der Bekanntmachung genehmigungspflichtiger Satzungen die konkrete Bezeichnung der Behörde, die die Genehmigung erteilt hatte, anzugeben und allein ihre Funktionsbezeichnung nicht ausreichend war, wenn zuständige Rechtsaufsichtsbehörde - wie hier - der für die kreisangehörigen Gemeinden zuständige Landrat bzw. die Landrätin des jeweiligen Landkreises gewesen ist (§ 79 Abs. 1 KV).

24

Für genehmigungspflichtige Satzungen kreisangehöriger Gemeinden legte bereits die in § 5 Satz 4 KV-DVO gebrauchte Wendung "durch welche Behörde" im Zusammenhang mit § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG den Schluss nahe, dass die Angabe allein der Funktionsbezeichnung der Genehmigungsbehörde ("Rechtsaufsichtsbehörde") nicht ausreichend sein konnte, sondern die konkrete Bezeichnung der Behörde anzugeben war. § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG bestimmte, dass die Genehmigung für rückwirkend erlassene Abgabensatzungen durch die "zuständige Rechtsaufsichtsbehörde" zu erteilen war. Damit bezog sich die Bestimmung auf § 79 KV, wonach Rechtsaufsichtsbehörde für die kreisangehörigen Gemeinden der Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde ist. Sollte vor diesem Hintergrund der Angabe, "welche Behörde" die Genehmigung erteilt hatte, irgendein über die schon in § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG getroffene Regelung hinausreichender Informationsgehalt zugemessen werden und sie sich nicht in einer Wiederholung der ohnehin geltenden abstrakten und allgemeinen Rechtslage erschöpfen, so kann mit ihr nur die Mitteilung der konkreten Bezeichnung der im Einzelfall tätig gewordenen Genehmigungsbehörde gemeint gewesen sein. Dagegen, dass nach § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) lediglich ein Hinweis auf die allgemeine Rechtslage hinsichtlich der Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörden für die Erteilung von Satzungsgenehmigungen gemeint gewesen ist, spricht, dass § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) dann auch in diesem Sinne hätte lauten können. Dann wäre es für den Verordnungsgeber ausreichend gewesen etwa vorzuschreiben, dass in der Bekanntgabe die Erteilung der Genehmigung "durch die Rechtsaufsichtsbehörde" anzugeben ist, oder "durch die in § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG bestimmte Behörde" bzw. eine ähnlich lautende Anordnung. Dies ist aber nicht geschehen. Die in § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) gewählte Formulierung "welche Behörde" weist somit darüber hinaus auf die Angabe der konkreten Bezeichnung der nach § 79 KV örtlich zuständigen Behörde.

25

Dieses Normverständnis ergibt sich aber vor allem aus Sinn und Aufgabe von § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) als rechtsstaatlichen Anforderungen dienende Bekanntmachungsvorschrift. Die Notwendigkeit der Veröffentlichung von Rechtsnormen ist Gebot des Rechtsstaatsprinzips. Die Verkündung stellt einen integrierenden Teil der förmlichen Rechtssetzung dar. Sie ist Geltungsbedingung. Verkündung bedeutet regelmäßig, dass die Rechtsnormen in der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Es obliegt dem zuständigen Normgeber, das Verkündungsverfahren so auszugestalten, dass es seine rechtsstaatliche Funktion erfüllt, der Öffentlichkeit die verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen (vgl. dazu BVerfG, 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283, 291). Die Bedeutung der Verkündung von Rechtsnormen als rechtsstaatliches Gebot findet ihren Ausdruck u.a. in § 5 Abs. 5 KV. Danach kann ein Verstoß gegen Verfahrens- und Formvorschriften, die in der Kommunalverfassung enthalten oder aufgrund dieses Gesetzes erlassen worden sind, nach Ablauf eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden, wenn bei der Bekanntmachung auf die Regelungen dieses Absatzes hingewiesen worden ist. Anders ist dies bei Verstößen gegen Bekanntmachungsvorschriften. Solche können stets geltend gemacht werden. Hierin wird der besondere Wert einer korrekten rechtsstaatlichen Publizierung der Satzung und ihrer rechtlichen Prüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde hervorgehoben (Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Auflage, Seite 32).

26

Im vorliegenden Zusammenhang hat sich der Verordnungsgeber entschieden, das Verkündungsverfahren so zu gestalten, dass die Satzung nicht nur in ihrem Wortlaut (vgl. § 3 Abs. 1 KV-DVO; s.a. § 2 Abs. 1 KV-DVO v. 4. März 2008, GVOBl., Seite 85), sondern zudem mit Datum und Bezeichnung der Genehmigungsbehörde bekanntzumachen ist. Damit ist auch die Bekanntgabe dieser Umstände Geltungsbedingung der förmlichen Rechtssetzung. Sie verdeutlicht im Sinne der Rechtssicherheit und verlässlichen Kenntnisnahme des Satzungsrechts, dass die rückwirkend in Kraft gesetzte Abgabensatzung aufsichtsbehördlich überprüft ist und keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Sie dient damit gleichermaßen wie die Bekanntgabe der Genehmigung genehmigungsbedürftiger Bebauungspläne nach § 10 Abs. 3 BauGB den schutzwürdigen Belangen der Normadressaten, indem das rechtsnormförmige Ergebnis des Rechtssetzungs- einschließlich des Satzungsgenehmigungsverfahrens bekanntzugeben ist (vgl. zu §12 Satz 2 BBauG 1960/1979: BVerwG, 06.07.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344, 349). Die Motivation des Verordnungsgebers für die darin liegende Verschärfung der Bekanntmachungsanforderungen verdeutlicht für die Fallgruppe der genehmigungsbedürftigen Satzungen nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG die Gesetzesbegründung bzw. die Begründung zu der Streichung dieser Bestimmung mit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005. Nach der Begründung zu § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG a.F. (LT-Drs. 1/2558) sollte der Genehmigungsvorbehalt Rechtsverstöße verhindern. Nach der Begründung zur Streichung dieser Bestimmung (LT-Drs. 4/1307, S. 27) konnte mit dem Genehmigungsvorbehalt die verfassungsrechtlich nur unter engen Voraussetzungen zulässige Rückwirkung von kommunalen Rechtsnormen auch rechtsaufsichtlich zusätzlich kontrolliert werden. Zwischenzeitlich seien die Kommunen aber in dieser Hinsicht hinreichend sensibilisiert, so dass sich der Genehmigungsvorbehalt in kommunaler und rechtsaufsichtlicher Hinsicht überwiegend als unnötig darstelle. Demnach sollte den von der Satzung Betroffenen als förmlicher Teil der Bekanntmachung verlässlich zur Kenntnis gegeben werden, dass die wegen der satzungsmäßigen Rückwirkung bestehenden und von der Gemeinde allein nicht hinreichend zuverlässig zu beurteilenden gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen aufsichtsbehördlich überprüft worden sind und die erforderliche Genehmigung vorliegt.

27

§ 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) hat vor diesem Hintergrund allerdings davon abgesehen, die Bekanntmachung der gesamten Genehmigungsentscheidung vorzuschreiben. Gefordert ist lediglich die nachrichtliche Bekanntgabe der Genehmigung durch Angabe gewissermaßen zweier Identifizierungsmerkmale, des Entscheidungsdatums und der Benennung der Genehmigungsbehörde. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass der Verordnungsgeber damit einen Verzicht bezüglich der Identifizierbarkeit der Genehmigung verbunden hat oder auch nur in Kauf nehmen wollte. Die Angabe von Genehmigungsdatum und Bezeichnung der Genehmigungsbehörde kann nämlich im Sinne einer verlässlichen Kenntnisnahme von der Genehmigung die Tatsache ihrer Erteilung ebenso exakt und unmißverständlich angeben wie der Abdruck der gesamten Genehmigungsentscheidung selbst. Dafür ist jedoch eine möglichst genaue Bezeichnung der Genehmigungsbehörde erforderlich, der die konkrete Behördenbezeichnung i. S. v. § 1 Abs. 1 KV-DVO genügt. Die Verwendung nur der funktionellen Behördenbezeichnung hingegen ist - jedenfalls dann, wenn zuständige Rechtsaufsichtsbehörde nicht das Innenministerium ist (§ 79 Abs. 2 KV) - mehrdeutig und erlaubt keine zweifelsfreie, hinreichend verlässliche und eindeutige Bestimmbarkeit der zuständigen Genehmigungsbehörde. Die Inkaufnahme solcher Unklarheiten stünde im Widerspruch dazu, dass die Benennung der Genehmigungsbehörde neben der Angabe des Entscheidungsdatums im Interesse der Verlässlichkeit der Bekanntgabe und damit im Interesse der Rechtssicherheit als Geltungsbedingung der förmlichen Rechtssetzung ausgestaltet worden ist (so auch - für die Genehmigungserteilung für Zweckverbandssatzungen OVG Weimar, 14.10.2002 - 4 N 34/95 -, juris).

28

Damit folgt der Senat ausdrücklich nicht der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung der Beklagtenseite, die Angabe der Genehmigungsbehörde solle diese darüber in Kenntnis setzen, dass das Genehmigungserfordernis im Falle der jeweiligen konkreten Satzung beachtet worden ist. Eine solche Betrachtungsweise erscheint aus den oben dargestellten Gründen nicht überzeugend. Die Bekanntgabe von Entscheidungsdatum und Bezeichnung der Genehmigungsbehörde dient - wie ausgeführt - rechtsstaatlichen Erfordernissen und damit zuallererst den schutzwürdigen Interessen der von den Belastungen einer rückwirkenden Abgabensatzung betroffenen Normadressaten. Den Belangen der rechtsaufsichtsbehördlichen Kontrolle ist bereits mit der Verpflichtung zur Genehmigung der Satzung hinreichend Genüge getan. Für eine Publikation der Genehmigungserteilung im Interesse der Aufsichtsbehörde besteht kein Bedürfnis. Insoweit gilt nichts anderes als für die Anzeigepflicht nach § 5 Abs. 4 Satz 5 KV. Diese versetzt die Rechtsaufsichtsbehörde in die Lage zu prüfen, ob die Satzung im Einklang mit den Gesetzen steht und etwa von dem Beanstandungsrecht Gebrauch zu machen ist. Eine Publikation des Anzeigevorganges bzw. von dessen Ergebnis ist dafür weder erforderlich noch vorgeschrieben.

29

Auch den von der Beklagtenseite vertretenen Rechtsstandpunkt, wonach die Anforderungen an die Gemeinden mit der Angabe der konkreten Behördenbezeichnung überspannt würden, kann der Senat nicht teilen. Die konkrete Bezeichnung der Rechtsaufsichtsbehörde kann auch für nicht mit juristischem Fachpersonal ausgestattete Gemeinden nicht unklar gewesen sein. Denn § 1 Abs. 1 Nr.3, Abs. 2 KV-DVO a.F. normiert ebenso wie die nachfolgenden Fassungen der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung unmissverständlich die genaue Bezeichnung der Rechtsaufsichtsbehörde mit einem den Zuständigkeitsbereich kennzeichnenden Zusatz (vgl. § 1 Abs. 2 KV-DVO vom 23. April 1999) als "Landrat des Landkreises ... als untere Rechtsaufsichtsbehörde".

30

Wenn danach für die Publikation genehmigungspflichtiger Satzungen kreisangehöriger Gemeinden nach § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) die Angabe der konkreten Bezeichnung der Rechtsaufsichtsbehörde (Landrat des Landkreises...., vgl. § 1 Abs. 2 und 3 KV-DVO) erforderlich gewesen ist, dürfte das allerdings nicht für Satzungen der kreisfreien Städte gelten. Hier ist einzig zuständige Rechtsaufsichtsbehörde das Innenministerium (§ 79 Abs. 2 KV). Unklarheiten bei der Frage der zuständigen Behörde wie im Falle der kreisangehörigen Gemeinden können hier von vornherein nicht auftreten. Hier ist ohne Schwierigkeiten und Gefahr von Irrtümern unmittelbar aus dem Gesetz heraus ermittelbar, welche Behörde in das Genehmigungsverfahren eingeschaltet gewesen ist (Senat, 20.06.2007 - 1 L 241/06 -, juris = NordÖR 2007, 376; zur Bezeichnung "kommunalaufsichtliche Genehmigung" vgl. Senat, 23.05.2007 - 1 L 100/05 -, juris). Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.), dem von der Satzung Betroffenen verlässlich Kenntnis von der Genehmigung der Satzung zu verschaffen und ihm dahingehend die Möglichkeit der Überprüfung einzuräumen, erfordern in diesen Fällen die konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde wohl nicht.

31

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 mit der Streichung der Genehmigungsbedürftigkeit rückwirkender Abgabensatzungen keine Heilung des Bekanntmachungsfehlers eingetreten. Die Zweitwohnungssteuersatzung ist aufgrund der fehlerhaften Behördenbezeichnung mangels vorschriftsmäßiger Publikation nicht wirksam in Kraft gesetzt worden. Eine einmal wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültige Satzungsbestimmung kann nicht dadurch nachträglich geheilt werden, das heißt Gültigkeit erlangen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt die Gesetzeslage ändert. Der Satzungsgeber muss erneut tätig werden, wenn er auf der Grundlage einer neuen Gesetzeslage eine ursprünglich ungültige Regelung erneut zur Geltung bringen wollte. Das Inkrafttreten einer neuen Rechtsgrundlage allein bewirkt keine Heilung des Satzungsmangels (VGH Kassel, 26.09.1996 - 5 UE 2338/94 -, KStZ 1997, 154, 156; 31.01.1991 - 5 N 1388/88 -, NVwZ-RR 1991, 578, 579). Dies entspricht der Rechtsprechung des Senates. Er hat bereits entschieden (23.05.2007 - 1 L 100/05 -, juris), dass es ohne Einfluss auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 4 KV-DVO (a.F.) bleibt, dass mit In-Kraft-Treten des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 und dem damit verbundenen Wegfall des § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG rückwirkend erlassene Abgabensatzungen nicht mehr der Genehmigung, sondern nur noch der Anzeige nach § 5 Abs. 4 Satz 5 KV M-V bedürfen. Denn die Ordnungsgemäßheit des Bekanntmachungsverfahrens bestimmt sich nach dem zur Zeit des Bekanntmachungsvorgangs geltenden Recht. Eine rückwirkende Geltung des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 auf frühere vorschriftswidrige Bekanntmachungsverfahren ist nicht geregelt.

32

Infolgedessen müsste die Gemeinde, wenn sie den angefochtenen Bescheid nunmehr auf eine wirksame Grundlage stellen wollte, die Zweitwohnungssteuersatzung erneut mit rückwirkender Geltung bekanntmachen. Dies hätte auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der (erneuten) Bekanntgabe geltenden Kommunalabgabengesetzes zu geschehen, wonach auch bei rückwirkenden Satzungen eine Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde nicht mehr erforderlich ist. Die Auffassung des Beklagten, dass für eine Heilung des hier vorliegenden Bekanntmachungsfehlers durch Erlass einer neuen Satzung mit Rückwirkung für das Veranlagungsjahr 1999 noch eine Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde erforderlich sei, ist nicht zutreffend. Andererseits würde wohl eine Neubekanntmachung mit dem Hinweis auf die seinerzeitige Genehmigungserteilung unter korrekter Behördenangabe nicht schaden.

33

Wenn somit die Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG für den angefochtenen Abgabenbescheid erforderliche Satzungsgrundlage ausscheidet, gilt dies auch für die Satzung der Gemeinde Weitendorf über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 22. Mai 1996. Auch in § 9 dieser Satzung heißt es entgegen den zum Zeitpunkt ihres Erlasses geltenden Bekanntmachungsvorschriften (KV-DVO vom 26. Januar 1995), dass die "Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde" vorliege.

34

3. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid, von dem aufgezeigten Bekanntmachungsfehler der Zweitwohnungssteuersatzung abgesehen, deshalb rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, weil er unter Verletzung des zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch geltenden Schlechterstellungsverbotes nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG (vgl. dazu zuletzt Beschluss des Senates, 25. 07.2007 - 1 M 83/07 -, juris) erlassen worden ist. Der Beklagte hatte mit später aufgehobenem Bescheid vom 1. Februar 1999 gegenüber den Klägern auf der Grundlage der Zweitwohnungssteuersatzung der Gemeinde Weitendorf vom 22. Mai 1996 zunächst Zweitwohnungssteuern für das Jahr 1999 in Höhe von 134, 75 DM festgesetzt. Unter Geltung des Schlechterstellungsverbotes durften die Kläger durch die rückwirkend in Kraft gesetzte Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 mit einem in § 5 Abs. 1 Nr. 1 geregelten Steuersatz von 300,- DM nicht schlechter gestellt werden als nach der bisherigen Veranlagung (134,75 DM).

35

Außerdem enthält der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 1999 zu Unrecht überhaupt noch ein Leistungsgebot, wonach der geforderte Betrag zu den Terminen 15. und 26. August sowie 15. November 1999 fällig sein sollte. Die Kläger hatten den zunächst mit Bescheid vom 1. Februar 1999 geforderten Betrag von 134, 75 DM sogleich mit Überweisung vom 16. Februar 1999 gezahlt. Raum für eine weitere Zahlungsaufforderung hat damit nicht mehr bestanden. Der Beklagte hat nach Aufhebung seines Bescheides vom 1. Februar 1999 allein noch Zweitwohnungssteuern in Höhe von 134,75 DM festsetzen, nicht jedoch mehr anfordern können.

36

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte gem. § 154 Abs. 2 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§708 Nr. 11, 711 ZPO.

38

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 25. Juli 2007 - 1 M 83/07

bei uns veröffentlicht am 25.07.2007

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 01. Juni 2007 - 3 B 464/07 -, mit dem unter Ziffer 1. die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen. Die Antr

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 20. Juni 2007 - 1 L 241/06

bei uns veröffentlicht am 20.06.2007

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 22. Mai 2006 abgeändert und der Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. September 2004 au

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 23. Mai 2007 - 1 L 100/05

bei uns veröffentlicht am 23.05.2007

Tenor Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollst
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Apr. 2008 - 1 L 170/06.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. Dez. 2013 - 1 L 18/08

bei uns veröffentlicht am 18.12.2013

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14. Dezember 2007 (3 A 587/05) wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, di

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 27. Jan. 2010 - 3 A 194/09

bei uns veröffentlicht am 27.01.2010

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstrec

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 03. Sept. 2008 - 1 L 212/05

bei uns veröffentlicht am 03.09.2008

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. April 2005 - 3 A 2814/01 - abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung is

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 22. Mai 2006 abgeändert und der Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. September 2004 aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, die Klägerin für den Zeitraum von 01. September 2002 bis einschließlich Dezember 2004 auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock vom 19. Dezember 2000 (bekannt gemacht im Städtischen Anzeiger Nr. 27 vom 28.12.2000) in der Fassung der 1.Änderungssatzung vom 18. Dezember 2001 (bekannt gemacht im Städtischen Anzeiger Nr. 26 vom 28.12.2001) und der rückwirkend zum 01. Januar 2001 in Kraft getretenen 2.Änderungssatzung vom 13. Februar 2006 (bekannt gemacht im Städtischen Anzeiger Nr. 4 vom 22.02.2006) - ZwWStS - zur Zweitwohnungssteuer heranzuziehen. Diese Satzungen hat der Beklagte sämtlich mit geänderter Eingangsformel im Städtischen Anzeiger vom 13. Juni 2007 erneut bekannt gemacht, nachdem der Senat auf von ihm an anderer Stelle aufgeworfene Zweifel hinsichtlich ihrer Gültigkeit hingewiesen hatte; diese Zweifel gründeten sich auf den Umstand, dass - soweit die Satzungen der Genehmigung bedurften - in der Einleitungsformel ursprünglich jeweils (nur) der Hinweis auf die "Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vom ..." enthalten war, was möglicherweise den Anforderungen des § 5 Satz 5 KV-DVO nicht genügen könnte.

2

Die 1981 geborene Klägerin war Studentin und seit dem 29. August 2002 in Rostock mit einer Nebenwohnung gemeldet, die sie gemeinsam mit drei anderen Studierenden (zwei davon sind der Kläger und die Klägerin in den Parallelverfahren 1 L 242/06 und 1 L 243/06) angemietet hatte. Ihre Meldung mit Hauptwohnung unter der im Rubrum genannten Adresse knüpfte an den Umstand an, dass sie in der elterlichen Wohnung weiterhin ihr früheres Kinderzimmer bewohnte. Mit Bescheid vom 28. Juni 2004 zog der Beklagte sie für den oben genannten Zeitraum zu Zweitwohnungssteuern über insgesamt 416,36 Euro heran. Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09. September 2004 zurückgewiesen.

3

Am 11. Oktober 2004 erhob die Klägerin Klage, für die auf ihren Antrag hin das Verwaltungsgericht Schwerin mit Beschluss vom 02. Mai 2005 Prozesskostenhilfe bewilligte. Ausweislich der Angaben im Vordruck zum Prozesskostenhilfeantrag vom 28. September 2004 bestritt die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Lebensunterhalt aus Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als studentische Hilfskraft, Kindergeld und einer Halbwaisenrente (insgesamt ca. 760 Euro monatlich).

4

Mit Urteil vom 22. Mai 2006 wurde die Klage abgewiesen. An den noch im Prozesskostenhilfebeschluss angedeuteten Zweifeln hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Satzungsgrundlage hielt die Kammer unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (26.08.2005 - 1 M 84/05 -, NordÖR 2005, 489) nicht fest. In der Sache könne die Klage keinen Erfolg haben, weil die der Steuerforderung zugrunde gelegte Steuersatzung materiell-rechtlich auch insoweit keinen Bedenken begegne, als sie auf Studierende bzw. Auszubildende mit Zweitwohnsitz in der Hansestadt Rostock Anwendung finde - und zwar auch dann, wenn diese Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten. In der Person der Klägerin seien die Voraussetzungen für eine Steuerfestsetzung gegeben. Dies wird in Würdigung der tatsächlichen Umstände und in Auseinandersetzung mit der zu diesem Problemkreis vorliegenden Rechtsprechung ausführlich begründet. Auch auf einen Anspruch auf Steuererlass könne sich die Klägerin im Festsetzungsverfahren nicht berufen.

5

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 13. Juni 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.Juli 2006 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die mit am 14. August 2006 - einem Montag - eingegangenem Schriftsatz begründet wurde. Die Klägerin macht insbesondere geltend, dass in ihrer Person die Voraussetzungen zur Festsetzung der Zweitwohnungssteuer nicht gegeben seien. Bei der von ihr gemeinsam mit weiteren Personen in Rostock angemieteten 5-Zimmer-Wohnung handele es sich nicht um eine Zweitwohnung i.S.d. §1 der ZwWStS. Es sei nämlich schon keine Erstwohnung vorhanden, an der eine Zweitwohnungssteuer begrifflich ansetzen könne. Anknüpfungspunkt für die Steuererhebung sei das Halten von zwei Wohnungen, in dem sich der zu besteuernde besondere Aufwand als Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausdrücke. Allein auf die Erfüllung der melderechtlichen Voraussetzungen mit der Angabe von Haupt- und Nebenwohnsitz i.S.d. § 15 LMG könne es nicht ankommen; vielmehr müssten beide Wohnungen die Voraussetzung einer Wohnung im allgemein anerkannten begrifflichen Sinne erfüllen. § 2 Abs. 2 ZwWStS erfülle die Anforderungen des Wohnungsbegriffs nicht, er kläre nur, was Wohnraum sei. Die Steuer solle aber gerade keine "Zweitwohnraumsteuer" sein. Sie verfüge im Haus ihrer Eltern nicht über eine abgeschlossene Erstwohnung, sondern lediglich über ein Kinderzimmer, ohne dessen Mieterin oder Untermieterin zu sein; dieses möge Wohnraum sein, sei aber keine Wohnung. Inhaber der Erstwohnung seien allein ihre Eltern. Hilfsweise sei auch darauf zu verweisen, dass der Satzungsgeber zu Unrecht keine Befreiungstatbestände wegen geringer finanzieller Leistungsfähigkeit vorgesehen habe, was aber schon Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip erforderten. Jedenfalls für Bundesausbildungsförderung erhaltende oder sonst einkommensschwache Studierende und Auszubildende müsse ein Befreiungstatbestand vorgesehen werden.

6

Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 22. Mai 2006 und den Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 2004 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Seine Bescheide seien rechtmäßig, die Satzung sei eine wirksame Grundlage hierfür. Jedenfalls der in der Neubekanntmachung nunmehr gewählte Hinweis auf die "Genehmigung des Innenministeriums..." werde den Anforderungen des § 5 Satz 5 KV-DVO gerecht.

11

§ 2 ZwWStS definiere den Begriff der Zweitwohnung. Die Satzung setze - im Unterschied zu dem Sachverhalt in der von Klägerseite in Bezug genommenen Entscheidung des VG Lüneburg, wo die Satzung den Wohnungsbegriff allgemein definiert habe, also für Erst- und Zweitwohnung gleich - für die Steuererhebung gerade nicht das Innehaben einer Erstwohnung voraus, die die Anforderungen der Zweitwohnung erfülle. Vielmehr stelle die Satzung zulässigerweise bei der Feststellung, ob ein Erstwohnsitz gegeben sei, auf das Melderegister ab. Somit erfasse die Satzung auch den Fall der Klägerin.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der dazu vorgelegten Behördenakten verwiesen, die ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren wie die Akten der Verfahren 1 L 242/06 und 1 L 243/06 nebst dazugehörigen Behördenakten.

Entscheidungsgründe

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Die vom Verwaltungsgericht zugelassene (§§ 124a, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und auch im Übrigen zulässige (§ 124a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO) Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 22. Mai 2006 hat Erfolg, da sich die Klage gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 2004 als zulässig und begründet erweist. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

14

Zwar steht die die Grundlage der Steuererhebung bildende Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Rostock als solche formell und materiell - insoweit jedenfalls in ihrer vom Senat in Anwendung des Grundsatzes der Geltungserhaltung zugrunde gelegten Auslegung, soweit es um die Ausfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der "Wohnung" und des "Innehabens" derselben geht - mit höherrangigem Recht in Einklang (dazu unter 1.). Die Rechtsanwendung in Gestalt der angefochtenen Bescheide ist jedoch nach Maßgabe der entsprechend vom Senat ausgelegten Satzung bzw. dieser Tatbestandsvoraussetzungen der Steuererhebung im vorliegenden Fall rechtswidrig (dazu unter 2.). Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung bzw. tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen (dazu unter 3.). Auf die Frage, ob die Erhebung von Zweitwohnungssteuer gegenüber Empfängern von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) von Verfassungs wegen - Art. 105 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip - ausgeschlossen bzw. rechtswidrig ist, braucht vorliegend nicht ausführlich eingegangen zu werden, weil nichts dafür vorgetragen ist, dass die Klägerin im fraglichen Zeitraum BAföG-Leistungen bezogen hat; derartige Leistungen hat sie offenbar - ausweislich der zum PKH-Antrag im Zulassungsverfahren eingereichten Unterlagen - erst später, etwa in Form eines verzinslichen Bankdarlehens nach §17 Abs. 3 BAföG für einen dreimonatigen Zeitraum im Jahre 2006, erhalten. Da hier zudem keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass es sich bei der Wohnung der Klägerin in Rostock tatsächlich nicht um die Neben-, sondern um die Erstwohnung handelte, kann auch die Frage unerörtert bleiben, inwieweit es zulässig wäre, an tatsächlich unzutreffende melderechtliche Verhältnisse die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer anzuknüpfen (zu beidem unter 4.)

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1. Die Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Rostock vom 19. Dezember 2000 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung vom 18. Dezember 2001 (Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS) ist weder aus formellen (hierzu unter a.) noch - bei sachgerechter Auslegung - aus materiellen Gründen (hierzu unter b.) unwirksam.

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a.) Zunächst im Hinblick auf die eventuelle Nichteinhaltung der Bekanntmachungsvorgaben des § 5 Satz 5 KV-DVO geäußerten Bedenken hinsichtlich der formellen Wirksamkeit der Satzung hat der Beklagte jedenfalls dadurch die Grundlage entzogen, dass die maßgeblichen Satzungsvorschriften sämtlich im Städtischen Anzeiger vom 13. Juni 2007 mit nunmehr ausdrücklichen Hinweisen auf das Innenministerium als die genehmigende Behörde erneut bekannt gemacht worden sind. Dabei kann die - rückwirkend zum 01. Januar 2001 in Kraft getretene - Zweite Änderungssatzung vom 13. Februar 2006 schon deswegen außer Betracht bleiben, weil sie mit ihrer Ergänzung des § 3 nur die Konsequenzen aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (- 1 BvR 1232/99, 1 BvR 2627/03 -, NJW 2005, 3556; juris) zieht, wonach es verfassungsrechtlich geboten sei, die aus beruflichen Gründen gehaltene (Zweit)Wohnung eines minderjährigen Einwohners sowie eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, von der Zweitwohnungssteuer freizustellen. Ein derartiger Fall ist hier nicht gegeben. Diese Satzungsänderung vom 13. Juni 2006 bedurfte schon deswegen keiner ausdrücklichen Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (mehr), weil zu diesem Zeitpunkt bereits die Genehmigungserfordernisse des § 2 Abs. 2 Satz 1 und des § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG M-V (Abweichung der Steuersatzung von einer Mustersatzung bzw. Erlass einer rückwirkenden Abgabensatzung) durch das Kommunalabgabengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V S. 146) entfallen waren.

17

Demgegenüber bedurften sowohl die Zweitwohnungssteuersatzung vom 19. Dezember 2000 als auch die Erste Änderungssatzung hierzu vom 18. Dezember 2001 nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V a.F. wegen inhaltlicher Abweichungen von der Mustersatzung (vgl. Mustersatzung "Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt/Stadt/Gemeinde" nach Maßgabe der Bekanntmachung des Innenministeriums vom 02.10.1997 - II 350 -, Amtsbl. M-V S. 990) der Genehmigung durch das Innenministerium als Rechtsaufsichtsbehörde (vgl. § 79 Abs. 2 KV M-V). Nach § 5 Satz 5 KV-DVO war deshalb bei der Bekanntmachung der Satzungen mit anzugeben, "wann und durch welche Behörde" die Satzung genehmigt worden ist. Das Gericht hat bisher die Frage, ob diesem Erfordernis auch dann Rechnung getragen ist, wenn in der Bekanntmachung die Genehmigungsbehörde nicht konkret (z.B. Innenministerium oder Landrat X.), sondern nur der Funktion nach (Rechtsaufsichtsbehörde) bezeichnet worden ist, zwar problematisiert, jedoch nicht abschließend entscheiden müssen (vgl. OVG Greifswald, 01.10.2003 - 1 M 130/03 -, NVwZ-RR 2004, 370 = NordÖR 2004, 86 = KStZ 2004, 58 = ZKF 2004, 166, juris; 03.12.2002 - 4 K 15/01 -, NordÖR 2003, 205, juris). Für eine gemeindliche Satzung ist jüngst entschieden worden, dass jedenfalls der bloße Hinweis auf eine erteilte "kommunalaufsichtliche Genehmigung" mangels eindeutiger Zuordnung dieser Eigenschaft zu einer bestimmten Behörde, die sich auch bei einem Blick in das Gesetz nicht ohne weiteres erschließe, nicht ausreicht (vgl. OVG Greifswald, 23.05.2007 - 1 L 100/05 - und - 1 L 101/05 -).

18

Auch vorliegend ist der Senat - wegen der Neubekanntmachung - an sich einer abschließenden Entscheidung enthoben; es sei allerdings angemerkt, dass vieles dafür spricht, dass in Fällen von genehmigungspflichtigen Satzungen einer kreisfreien Stadt der Hinweis auf die vorliegende, datumsmäßig bezeichnete Genehmigung "der Rechtsaufsichtsbehörde" ausreichen dürfte. Die kreisfreien Städte haben lediglich eine einzige, gesetzlich eindeutig definierte Rechtsaufsichtsbehörde, nämlich nach § 79 Abs. 2 KV M-V das Innenministerium, das zugleich nach § 79 Abs. 3 KV M-V oberste Rechtsaufsichtsbehörde ist. Ausgehend von Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Satz 5 KV-DVO, dem Rechtsunterworfenen die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Satzungsverfahrens zu ermöglichen, ist damit ohne Schwierigkeiten und Gefahr von Irrtümern unmittelbar aus dem Gesetz heraus ermittelbar, welche Behörde in das Genehmigungsverfahren eingeschaltet war.

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Mit der Neubekanntmachung wurden die Satzungsbestimmungen mit ihrem gesamten Inhalt, also auch den darin enthaltenen In-Kraft-Tretens-Bestimmungen, wirksam; soweit damit der Sache nach bezogen auf den Zeitpunkt der erneuten Bekanntmachung eine Rückwirkung begründet würde, hält diese sich im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen (grundlegend BVerfG, 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 = NJW 2004, 739, 18.02.1998 - 1 BvR 1318, 1484/86 -, BVerfGE 97, 271, 289; siehe auch § 2 Abs. 5 KAG M-V a.F.).

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b.) Die Zweitwohnungssteuersatzung steht auch in ihrer vom Senat zugrunde gelegten Auslegung in Einklang mit höherrangigem Recht bzw. ist wirksam; dies gilt insbesondere, soweit es um die Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V geht. Nach dieser Vorschrift muss die Satzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit angeben.

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Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Zweitwohnungssteuersatzung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können. Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

22

Als Aufwandsteuer in diesem Sinne ist sie eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (vgl. BVerfG, 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 346 f.; BVerwG, 27.10.2004 - 10 C 2.04 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21, S. 29 f.; BVerwG, 29.01.2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 23 f. u. 26.09.2001 - 9 C 1.01 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19, S. 16 = BVerwGE 115, 165, 168 jeweils m.w.N.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung, die keinen besonderen Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt, unterscheidet, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt (vgl. BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17). Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln er finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. zum Ganzen BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; BVerwG, 12.04.2000 - 11 C 12/99 -, BVerwGE 111, 122 m.w.N. - zitiert nach juris; VGH Kassel, 23.11.2005 - 5 UE 1546/05 -, NVwZ-RR 2006, 571).

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Im Hinblick auf die materielle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzung bzw. Wirksamkeit der Satzung als Rechtsgrundlage des angefochtenen Steuerbescheides sind insbesondere die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V als höherrangiges Recht nach der vom Senat vorgenommenen geltungserhaltenden Auslegung erfüllt. Die hier maßgebliche Zweitwohnungssteuersatzung gibt den die Abgabe begründenden Tatbestand noch hinreichend bestimmt an; dies gilt vor allem im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der "Wohnung" (dazu unter aa.) und des "Innehabens" derselben (dazu unter bb.) .

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Der Steuergegenstand als der die Abgabe begründende Tatbestand wird in § 1 ZwWStS umschrieben; danach unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der Hansestadt Rostock der Zweitwohnungssteuer. § 2 Abs. 1 Satz 1 ZwWStS bestimmt sodann, dass Zweitwohnung im Sinne der Satzung jede Wohnung ist, die eine Einwohnerin oder ein Einwohner als Nebenwohnung gemäß § 16 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern neben ihrer oder seiner Hauptwohnung für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder in der Hansestadt Rostock innehat. § 2 Abs. 2 ZwWStS definiert - unter der Normüberschrift "Begriff der Zweitwohnung" - als "Wohnung im Sinne dieser Satzung... jeden umschlossenen Raum, der zum Wohnen und Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört". Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwWStS ist steuerpflichtig die Inhaberin oder der Inhaber der Wohnung, deren oder dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken; als Inhaberin oder Inhaber einer Zweitwohnung gilt - so Satz 2 dieser Norm - die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer oder Eigentümerin, Mieter oder Mieterin oder als sonstige dauernutzungsberechtigte Person zusteht, was auch bei unentgeltlicher Nutzung gelte (so Satz 3).

25

Wird das "Innehaben einer Zweitwohnung" besteuert, setzt dies nach Auffassung des Senats - und ersichtlich auch nach Auffassung des Satzungsgebers, der in der Satzung allerdings insoweit das dem Melderecht entlehnte Gegensatzpaar "Nebenwohnung" und "Hauptwohnung" verwendet - denknotwendig voraus, dass auch eine "Erstwohnung" innegehabt wird: Eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen rechtfertigt überhaupt erst die Annahme einer Zweitwohnung (vgl. hierzu OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt (vgl. BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17), ist sie doch begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung (vgl. VG Lüneburg, Beschl. v. 28.07.2004 - 5 B 34/04 - u. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, jeweils juris). Ohne - äußerlich erkennbaren - Aufwand - auch wenn es kein "besonderer" ist - für eine Erstwohnung kann es mit anderen Worten auch keinen besonderen Aufwand in Gestalt des Innehabens einer Zweitwohnung geben. Das Bestehen einer Erstwohnung ist insoweit keine Frage der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern schlicht normative Voraussetzung für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer: Existiert keine Erstwohnung, gibt es keine Zweitwohnung und damit auch keinen äußerlich erkennbaren und besteuerbaren besonderen Aufwand als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Diese Frage hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht weiter vertieft, es hat sich vielmehr im Schwerpunkt damit befasst, ob es geboten sei, in entsprechenden Satzungen Sonder- bzw. Ausnahmeregelungen für bestimmte Personenkreise vorzusehen, insbesondere für in Ausbildung befindliche Personen mit - regelmäßig - geringem Einkommen.

26

aa.) Eine sachgerechte, am Grundsatz der Normerhaltung orientierte Auslegung der Satzung ergibt, dass für den Wohnungsbegriff sowohl der Erst- als auch der Zweitwohnung auf die in § 2 Abs. 2 ZwWStS enthaltene Definition zurückgegriffen werden kann (so schon im einzelnen OVG Greifswald, 27.02.2007 - 1 M 103/06 - juris, in einem Eilverfahren zu der vorliegend maßgeblichen Satzung). Dies legt zunächst der Wortlaut nahe, der allgemein von "Wohnung im Sinne dieser Satzung..." spricht, auch wenn sich diese Regelung in einer Vorschrift findet, die die Überschrift "Begriff der Zweitwohnung" trägt. Andernfalls fehlte es an einer für die Definition des Steuertatbestands wesentlichen Festlegung; diese Lücke wäre dann - mit dem Ziel der Geltungserhaltung der Norm, weil andernfalls der Satzung insgesamt die Grundlage entzogen wäre - wohl dahin zu schließen, dass der Ortsgesetzgeber für die Erstwohnung jedenfalls an Wohnungen im Sinne des üblichen bzw. allgemeinen Sprachgebrauchs anknüpfen wollte (vgl. hierzu die näheren Ausführungen in OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06 -; in der diesen Entscheidungen, über die am gleichen Sitzungstag verhandelt wurde, zugrundeliegenden Satzungen der Stadt Neubrandenburg fehlte in der Satzung jegliche Definition des Wohnungsbegriffs). Zugleich ist damit klargestellt, dass der Satzung insoweit nicht der melderechtliche Wohnungsbegriff (§ 15 LMG, § 11 Abs. 5 MRRG) zu unterlegen ist, der bewusst sehr weit gefasst ist, um möglichst alle Einwohner zu erfassen (vgl. OVG Schleswig, 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris; VGH München, 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 9: "weiter Wohnungsbegriff des Bayerischen Meldegesetzes"). Melderechtlich ist bereits die "Benutzung" eines umschlossenen Raums in einer bestimmten Weise ausreichend und ist unerheblich, in welcher rechtlichen Beziehung der Benutzer zu diesem Raum steht. Auf das Melderecht wollte der Satzungsgeber aber - nimmt man die Begründung zur Beschlussvorlage für die Bürgerschaftssitzung am 11. Oktober 2000 nach ihrem Wortlaut - lediglich für die Frage der Abgrenzung von "Haupt- und Zweitwohnung" (richtiger an sich: Erst- und Zweitwohnung) abstellen; jedenfalls wäre in der Zweitwohnungssteuersatzung nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck gebracht, wenn der Ortsgesetzgeber damit zugleich von der Maßgeblichkeit des melderechtlichen Wohnungsbegriffs für die Erst(Haupt-)wohnung hatte ausgehen wollen, wie der Vortrag des Beklagten sowohl in einem früheren Eilverfahren 1 M 103/03 als auch im vorliegenden Klageverfahren verstanden werden könnte.

27

Hiervon ausgehend bewegt sich der satzungsmäßige Wohnungsbegriff, wie er nach Auffassung des Senats einheitlich auf die Erst- und die Zweitwohnung anzuwenden ist, zwischen den niedrigen Anforderungen des Melderechts (§ 15 LMG) und den deutlich strengeren Anforderungen eines allgemeinen Wohnungsbegriffs ("abgeschlossene oder räumlich erkennbar selbständige Wohneinheiten mit sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit"; so vom Senat zugrundegelegt in OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. auch BVerwG, 21.04.1997 - 8 B 87.97 -, juris; OVG Schleswig, 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris; VG Oldenburg, 26.10.2006 - 2 A 1562/04 -, juris; VG Lüneburg, 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, juris; VG Braunschweig, 18.02.2003 - 5 A 232/01 -, juris).

28

bb.) Aus den vorstehenden Überlegungen zu Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer folgt zugleich, dass die rechtlich gebotene vollständige Umschreibung des Steuertatbestandes bzw. der Steuerpflicht die begriffliche Einbeziehung des Merkmals "Innehaben einer Erstwohnung" voraussetzt (vgl. OVG Greifswald, 27.02.2007 - 1 M 103/06 -), weil dann, wenn nach der Regelungskonzeption des Ortsgesetzgebers Gegenstand der Steuererhebung das "Innehaben der Zweitwohnung" ist, der Steuertatbestand schon aus Gründen der begrifflichen Logik auch erfordert, dass der Abgabenpflichtige sich entsprechend eine Erstwohnung leistet (vgl. OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; vgl. auch VG Halle, 11.01.2006 - 5 A 169/05 HAL -, unter Hinweis auf das Urteil vom selben Tag 5 A 236/05 HAL).

29

Der Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Rostock ist (ebenso wie der Satzung von Neubrandenburg, vgl. OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06 -) durch Auslegung hinreichend bestimmt zu entnehmen, dass an die Inhaberschaft bezüglich der Erstwohnung die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie bei der Zweitwohnung.

30

Auch für die von der Hansestadt Rostock gewählte Satzungsformulierung - die sich insoweit zwar dem Wortlaut nach geringfügig, nicht aber dem Sinn nach von der Mustersatzung und anderen Ortssatzungen unterscheidet - bezieht sich das Merkmal des Innehabens nach Maßgabe des § 2 Abs.1 Satz 1 ZwWStS eindeutig sowohl auf die Erst- als auch die Zweitwohnung ("...neben seiner Hauptwohnung...innehat"); "neben" ist hier ohne jeden Zweifel im Sinne von "beide nebeneinander" oder "beide gemeinsam" und bezogen auf "innehaben" gemeint. Deshalb ist eine unterschiedliche Deutung des Begriffs des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung schon begrifflich nach Maßgabe des Ortsrechts ausgeschlossen (vgl. VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris). Für diese Beurteilung spricht auch die in der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 ZwWStS weiter formulierte Voraussetzung, die Zweitwohnung müsse jemand für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder innehaben. Gemäß dem - nach der entsprechenden Auslegung der Satzung durch den Senat - einheitlich für Erst- und Zweitwohnung zu verwendenden Wohnungsbegriff und unter Einbeziehung der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwWStS kann dieses einengende Merkmal sinnvoll nur bedeuten, dass bei Nutzung der (Erst-) Wohnung durch eine Familie Inhaber nur derjenige ist, der als Eigentümer, Mieter oder als sonstige dauernutzungsberechtigte Person die Wohnung - auch - für den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat, nicht jedoch die übrigen Familienmitglieder, insbesondere regelmäßig nicht die Kinder, Inhaber sind.

31

Einem entsprechenden Verständnis der Satzung kann auch die Formulierung des § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwWStS nicht entgegen gehalten werden, wonach steuerpflichtig die Inhaberin/der Inhaber der Wohnung ist, deren/dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken. Der Begriff der "melderechtlichen Verhältnisse" ist offen gehalten. Vorstehend ist - in Zusammenhang mit dem Wohnungsbegriff - dargelegt, dass die Satzung selbst (§ 2 Abs. 2) gerade von der melderechtlichen Definition einer Wohnung in § 15 LMG abweicht, an die das Melderecht wiederum die Festlegung von Haupt- und Nebenwohnung (§ 16 LMG) anknüpft; dann aber könnte die Satzung nicht - will sie in sich widerspruchsfrei bleiben - für die Festlegung der Steuerpflicht nunmehr doch (ausschließlich oder teilweise) auf die melderechtlichen Begriffe abstellen. Würde man sie gleichwohl in diesem Sinne verstehen wollen, wäre sie zwangsläufig unwirksam.

32

Bei der Zweitwohnung gilt nach § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwWStS als Inhaber die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonst dauernutzungsberechtigte Person zusteht, auch bei unentgeltlicher Nutzung. Diese Definition geht über den abgabenrechtlichen Begriff des Innehabens der Wohnung, der die tatsächliche Verfügungsmacht über die Wohnung erfordert (vgl. Gersch, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 8 Rn 3), hinaus: Er verlangt, wie die Verwendung des Begriffs "Verfügungsbefugnis" zeigt, eine rechtliche Absicherung der bestehenden tatsächlichen Verfügungsmacht, die für sich allein folglich nicht zur Begründung der Steuerpflicht genügt.

33

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist davon auszugehen, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der von § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwWStS geforderten rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind (vgl. VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, 05.12.2002 -16 K 3699/01 -, KStZ 2003, 213 - zitiert nach juris; VGH München, 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 11 des Urteils; VG Köln, 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn. 7; OLG Hamburg, 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, 18.06.1970 - III C 33.69 -, BVerwGE 35, 297 - zitiert nach juris).

34

Wenn das Verwaltungsgericht Köln (14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; ähnlich VGH München, 20.03.2007 - 4 CS 07.478 -, juris) demgegenüber meint, für die Erstwohnung sei keine Verfügungsbefugnis erforderlich, das Innehaben werde in der dort überprüften Satzung nur für die Zweitwohnung verlangt, ist dies vorliegend schon deshalb unerheblich, weil die Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Rostock wie ausgeführt das Innehaben auch für die Erstwohnung voraussetzt. Aber auch im Übrigen überzeugt die Argumentation nicht, es entspreche dem Zweck der Zweitwohnungssteuer, an die Zweitwohnung höhere Anforderungen als an die Hauptwohnung zu stellen, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indizierten, seien für den Erstwohnsitz dagegen unerheblich, da er für sich keine steuerlichen Konsequenzen habe. Hierbei wird übersehen, dass begriffsimmanente Voraussetzung der Zweitwohnung die Existenz einer Erstwohnung ist, die folglich offensichtlich steuerliche Auswirkungen hat. Darüber hinaus setzt sich das Verwaltungsgericht Köln nicht damit auseinander, dass es bei einem differenzierten Begriff des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung überhaupt - wie im vorliegend zu entscheidenden Fall - an einem entsprechenden Begriff als notwendiger Bestandteil des Steuertatbestandes fehlen würde; hierfür wäre aber eine entsprechende Regelung erforderlich (vgl. OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -).

35

2. Damit schließt bei Zugrundlegung des in § 2 Abs. 2 ZwWStS genannten Wohnungsbegriffs und des Erfordernisses des "Innehabens" auch für die Erstwohnung schon die Satzung selbst die Steuererhebung bei einer Person, die als "Erstwohnung" (bzw. Hauptwohnung) lediglich über ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung verfügt, aus. Es ist schon fraglich, ob das von der Klägerin in der elterlichen Wohnung genutzte Zimmer für sich genommen die in § 2 Abs. 2 ZwWStS genannten Kriterien erfüllt, ob nämlich "zu ihm" eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette "gehören". Jedenfalls aber fehlt es an der notwendig einen Bestandteil des Steuertatbestandes bildenden Inhaberschaft bezüglich dieser Erstwohnung. Der im Ortsrecht angelegte Begriff der Verfügungsbefugnis (§ 3 Abs. 1 Satz 2 ZwWStS) setzt das Bestehen einer rechtlich abgesicherten tatsächlichen Verfügungsmacht voraus, die der Klägerin in Bezug auf das "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung fehlt.

36

Die Klägerin ist somit nicht steuerpflichtig und der angefochtene Steuerbescheid rechtswidrig.

37

3. Nur in dieser Auslegung steht die streitige Zweitwohnungssteuersatzung mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang.

38

Anknüpfungspunkt der Zweitwohnungssteuer ist - auf eine kurze Formel gebracht - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wobei das Innehaben der Zweitwohnung als Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, typischerweise diese Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei ist zu beachten, dass die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt.

39

Dies alles sagt zunächst gerade nichts darüber aus, welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, es liege eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen vor, die überhaupt erst die weitere Annahme einer Zweitwohnung rechtfertigen kann. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt, ist - wie ausgeführt - ihre Innehabung begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung. Ohne äußerlich erkennbaren Aufwand für eine Erstwohnung - auch wenn es kein "besonderer" ist - gibt es folglich typischerweise keinen besonderen Aufwand für eine Zweitwohnung. Das Bestehen und Innehaben einer Erstwohnung betrifft nicht die Frage nach der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. danach, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern ist normative Voraussetzung für die Annahme einer Zweitwohnung. Dabei geht es deshalb insbesondere nicht etwa darum, eine Aufwandssummierung oder eine Prüfung vorzunehmen, ob es sich bei der Erstwohnung um ein besonders luxuriöses Anwesen handelt.

40

Wendet man den vorstehend erläuterten Maßstab auf die - gerade auch ausgehend von den Annahmen des Ortsgesetzgebers bzw. seiner Verwaltung zum Meldeverhalten von Studenten so charakterisierbare - regelmäßig anzutreffende Konstellation des von Studenten weiter bewohnten typischen "Kinderzimmers" bzw. einzelnen Zimmers in der elterlichen Wohnung an, so führt dies zu der Schlussfolgerung, dass dieser Sachverhalt nicht die Innehabung einer Erstwohnung im Verhältnis zu einer weiteren Wohnung am Studienort darstellen kann. Denn typischerweise hat der "Zimmerbewohner", also das Kind, sei es minderjährig oder volljährig, für das "Kinderzimmer" selbst gerade keinen ihm zurechenbaren Aufwand getätigt bzw. kein eigenes Einkommen für dieses aufgewandt. Diesen Aufwand leisten vielmehr - grundsätzlich nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung bedürfte - typischerweise bzw. im Regelfall die Eltern in Verwendung ihres Einkommens. Er ist folglich ausschließlich ihnen zurechenbar. Der Umstand, dass ein Kind volljährig wird und ein Studium an einem anderen Ort aufnimmt, führt nicht gleichsam zu einer "Umwidmung" des elterlichen Aufwandes in einen solchen des Kindes; auch an der Besitzdienerstellung des Kindes hinsichtlich des Zimmers ändert sich grundsätzlich nichts (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn.7; OLG Hamburg, 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris). Das Beibehalten des "Kinderzimmers" kann deshalb typischerweise aufwandsteuerrechtlich nicht als Innehaben einer Erstwohnung und nicht als tatbestandsmäßig im Sinne des Steuergegenstandes des Zweitwohnungssteuerrechts bewertet werden. Folglich kann die Wohnung am Studienort keinen besonderen Aufwand bzw. keine Zweitwohnung darstellen.

41

Eine zweitwohnungssteuerrechtliche Definition des Steuergegenstandes darf also die typischen "Kinderzimmerfälle" nicht erfassen bzw. der ortsrechtliche Steuergegenstand darf nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

42

Dieses Ergebnis stützt auch Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab. Umfang und Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind - soweit dies abstrakt und generell, also losgelöst von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles möglich ist - durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen geklärt. Danach steht für den Bereich steuerlicher Regelungen fest, dass dem Steuergesetzgeber bei der Entscheidung, welche Steuerquellen erfasst werden sollen, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit im Rahmen seiner finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen zukommt (vgl. BVerwG, 21.04.1997 - 8 B 87.97 -, juris; BVerfG, 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 354; BVerwG, 08.12.1995 - 8 C 36.93 -, Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20, S. 1, 9 ff.). Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers findet ihre Grenze dort, wo kein einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung ersichtlich ist (BVerfG, 06.12.1983, a.a.O.).

43

Mit einem ortsrechtlich definierten Steuergegenstand, der das typische "Kinderzimmer" als Erstwohnung erfasste, würde der Ortsgesetzgeber den mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG zulässigen Regelungsrahmen überschreiten: Die Qualifizierung der Beibehaltung eines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als Innehaben einer Erstwohnung, die überhaupt erst die Besteuerung der "Zweitwohnung" möglich macht, entfernte sich so weit vom aufwandsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt der nach außen durch eine bestimmte Konsumform dokumentierten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, von Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer und den zugrunde liegenden sozialen Gegebenheiten, dass das Urteil der Willkürlichkeit bzw. die Annahme eines Verstoßes gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG angelegten Grundsatz der Steuergerechtigkeit und einer Überschreitung der Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerechtfertigt wäre (vgl. zutreffend OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; OVG Schleswig, 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris). Es erscheint dem Senat trotz eines nach dem jährlichen Aufwand für die Nettokaltmiete differenzierenden Steuermaßstabes (vgl. §§ 5, 6 ZwStS) unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit nicht zu rechtfertigen, einen Studenten mit "Kinderzimmer" bei den Eltern und beispielsweise einem Zimmer im Studentenwohnheim hinsichtlich seiner prinzipiellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zweitwohnungssteuerrechtlich mit einem Steuerpflichtigen nach dem klassischen Bild (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.1) desjenigen, der in einer Fremdenverkehrsgemeinde etwa über eine eigengenutzte Ferienwohnung verfügt, gleichzustellen: Hier wird wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund gleichbehandelt. Ist der entsprechende Sachverhalt bei einem solchen Studenten regelmäßig zum einen durch eine abgeschwächt fortbestehende Bindung zur Familie - gewissermaßen als Vorstufe einer späteren vollständigen Selbständigkeit in der Wohnsituation - und zum anderen durch die praktischen Notwendigkeiten des Studiums begründet, also durch Umstände, die in keinem Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehen, geht es im anderen Falle typischerweise um die Anschaffung und Unterhaltung einer Erholungsmöglichkeit in Gestalt einer Wohnung aus eigenem Einkommen, die regelmäßig maßgeblich durch eine entsprechende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erst veranlasst ist.

44

Ob es ggfs. auch Art. 6 Abs. 1 GG verbietet, die Beibehaltung des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung durch einen Studenten als für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erheblichen Aufwand für eine Erstwohnung zu qualifizieren, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen offenbleiben. Angemerkt sei allerdings, dass - jedenfalls wenn man unterstellt, die Angabe dieses "Kinderzimmers" als Hauptwohnung wäre melderechtlich zutreffend - die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in diesen Fällen unzweifelhaft den Bereich des familiären Zusammenlebens betreffen würde und im Extremfall den Studenten aus wirtschaftlichen Erwägungen mittelbar zwingen könnte, seine Wohnung bei den Eltern aufzugeben, um der Steuer zu entgehen.

45

4. Da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezogen hat, braucht vorliegend auf die Frage, ob die Erhebung von Zweitwohnungssteuern gegenüber Empfängern solcher staatlicher Förderungsleistungen von Verfassungs wegen - Art. 105 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip - ausgeschlossen bzw. rechtswidrig ist, nicht näher eingegangen zu werden (bejahend mit ausführlicher Begründung OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06).

46

Ebensowenig sind hier Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass es sich bei der Rostocker Wohnung in Wahrheit nicht um die Nebenwohnung, sondern um die Hauptwohnung der Klägerin gehandelt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 LMG), so dass unerörtert bleiben kann, inwieweit die Erhebung der Zweitwohnungssteuer mittelbar als Instrument zur Schaffung korrekter melderechtlicher Verhältnisse eingesetzt werden kann (vgl. hierzu kritisch schon OVG Greifswald, 27.02.2007 - 1 M 103/06 -; ausführlich in 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06).

47

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

49

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den bundesrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer, der vorliegend die Auslegung des Ortsrechts, der Begriffe der Erst- und Zweitwohnung sowie des Begriffs des Innehabens maßgeblich geprägt hat, bzw. im Hinblick auf die in der dazu vorliegenden Rechtsprechung gegensätzlich beantwortete Frage, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als zweitwohnungssteuererhebliche Erstwohnung betrachtet werden darf, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr.1 VwGO).

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Abwasserabgaben für die Kalenderjahre 1994 bis 1997 und damit zusammenhängend über die Frage der "Einleitung" i.S.v. § 2 Abs. 2 AbwAG von Abwasser aus einer "abflusslosen Grube" in den Untergrund.

2

Der Kläger war bis zum Jahre 1997 Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten, von 2 Personen bewohnten Grundstückes ... Straße ... in ... . In den Bauunterlagen des VEB (K) Bau Ueckermünde vom 25. März 1975 heißt es u. a., das aus dem Wohnhaus anfallende Abwasser sei in eine wasserdichte, abflusslose Grube abzuleiten.

3

Der Beklagte zog den Kläger mit Bescheid vom 18. Dezember 1998 für sein (früheres) Grundstück ... Straße ... in ... zu Abwasserabgaben heran, und zwar

4

für 1994 zu 60,- DM,
für 1995 zu 60,- DM,
für 1996 zu 60,- DM sowie
für 1997 zu 70,- DM.

5

und forderte zur Zahlung auf. Dem Bescheid liegt die Satzung der Stadt Eggesin über die Abwälzung der Abwasserabgabe für Kleineinleiter vom 05. Juni 1996 zugrunde, die nach ihrem § 9 rückwirkend zum 01. Januar 1994 in Kraft treten sollte. Unter dem Ausfertigungsdatum findet sich der Vermerk: "Die kommunalaufsichtliche Genehmigung für das rückwirkende Inkrafttreten wurde am 03.06.1996 erteilt". Der Kläger erhob gegen den Bescheid Widerspruch, da der Beklagte hier rückwirkend Abgaben erhebe und die Kleinkläranlage auf eigene Kosten periodisch ausgepumpt werde. Der Beklagte bat um Übersendung von Belegen für ein Jahr über eine fachgerechte Entsorgung des Schlammes aus der Kleinkläranlage. Dann könne über eine Befreiung von der Abwasserabgabe für Kleineinleiter entschieden werden.

6

Nachdem der Kläger eine Bestätigung der Firma ... vorgelegt hatte, wonach er von dieser regelmäßig Fäkalien entsorgen lasse, wies der Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 15. März 2000 zurück. Zur Begründung heißt es, die von dem Kläger eingereichten Unterlagen reichten nicht aus, um von der Abwasserabgabe befreit zu werden, denn die Menge der abgefahrenen Fäkalien müsse bei einer abflusslosen Sammelgrube ungefähr identisch mit der verbrauchten Trinkwassermenge sein. Abgabenfrei nach § 5 AbwAG seien Einleitungen aus Kleinkläranlagen nur dann, wenn sie die Voraussetzungen nach Nr. 3.2 der Kleinkläranlagen-Verwaltungsvorschrift vom 07. Dezember 1993 erfüllten. Dies sei hier nicht der Fall.

7

Der Kläger hat dagegen am 22. März 2000 Klage bei dem Verwaltungsgericht erhoben, zu deren Begründung er u. a. vorgetragen hat, der angefochtene Bescheid setze die Abgaben unzulässigerweise rückwirkend fest.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

den Abgabenbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1998 und dessen Widerspruchsbescheid vom 15. März 2000 aufzuheben.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Mit dem angefochtenen Urteil vom 21. Januar 2005 - dem Beklagten zugestellt am 16. Februar 2005 - hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1998 sowie dessen Widerspruchsbescheid aufgehoben und die Berufung zugelassen.

13

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Heranziehungsbescheid sei für die Kalenderjahre 1994 bis 1996 schon deshalb rechtswidrig, weil es an der erforderlichen Satzungsgrundlage fehle. Soweit die Satzung der Stadt Eggesin über die Abwälzung der Abwasserabgabe für Kleineinleiter nach § 9 rückwirkend zum 01. Januar 1994 in Kraft treten solle, fehle es an der nach § 5 Satz 5 KV-DVO erforderlichen ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Genehmigungserteilung. Dem Genehmigungsvermerk mangele es an der genauen Bezeichnung der Genehmigungsbehörde. Eine lediglich funktionelle Bezeichnung der Genehmigungsbehörde reiche nicht aus. Erforderlich sei die konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde als "Landrat des Landkreises...". Daher sei die Satzung ohne Rückwirkung nur mit Wirkung für die Zukunft in Kraft getreten. Auch für das Jahr 1997 sei der Kläger nicht abgabepflichtig, denn im Falle sogenannter "abflussloser Gruben" liege keine Einleitung i.S.d. § 2 Abs. 2 AbwAG vor. Das Einleiten erfordere ein gezieltes, zweckgerichtetes Verhalten, die bloße Verursachung des Verbringens von Abwasser reiche nicht aus. Es gelte ein subjektiver Einleitungsbegriff. Finalität verlange nicht den Vorsatz, dass Schadstoffe in das Gewässer gelangten, lasse aber auch nicht die bloße Verursachung genügen. Wenn Abwasser aus undichten Kanalnetzen austrete und in das Grundwasser gelange, sei der Einleitungstatbestand nicht erfüllt. Dafür spreche auch die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des Abwasserabgabengesetzes. Dort heiße es, dass bei Unfällen oder anderen vom Verursacher nicht vorhergesehenen Ereignissen, bei denen Stoffe in Gewässer gelangten, keine Abgabenpflicht ausgelöst werde. Die Anreizfunktion, unvorhergesehene Ereignisse möglichst gering zu halten, könne besser durch Straf- und Bußgeldbestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes als durch eine Abgabenregelung geschaffen werden. Sei dem Betreiber einer (undichten) abflusslosen Grube der schadhafte Zustand seiner Anlage bekannt und dulde er diesen, so liege kein Einleiten von Abwasser vor. Anders als bei echten Kleinkläranlagen, die bestimmungsgemäß undicht seien, solle bei abflusslosen Gruben ein Verbringen nach der Zweckbestimmung des Betreibers gerade nicht stattfinden. Undichte abflusslose Gruben seien insofern abwasserabgabenrechtlich einem zeitlich begrenzten Unglücksfall gleichzustellen, auch wenn das Eindringen des Abwassers in den Untergrund über einen längeren Zeitraum erfolge. Anderes könne nur dann gelten, wenn der Betreiber der Anlage an dieser bewusst Manipulationen vornehme mit dem Ziel, entgegen der Zweckbestimmung der Anlage eben doch eine Versickerung von Abwasser zu bewirken. Dann wäre ein zielgerichtetes Verhalten anzunehmen. Dafür beständen vorliegend aber keine Anhaltspunkte. Ob aus der Grube Abwasser in den Untergrund verbracht worden sei, könne offenbleiben, da dies für eine Abgabenpflichtigkeit nicht ausreiche. Bei abflusslosen Gruben sei schon der Einleitungstatbestand nicht erfüllt. Es sei zu berücksichtigen, dass die Fallgestaltungen bei abflusslosen Gruben hinsichtlich Bauart, Alter und der Frage der Undichtigkeit sehr unterschiedlich sein könnten und eine generalisierende Erfassung unter eine Abgabenregelung, anders als bei zielgerichteten Abwassereinleitungen, nicht zweckmäßig erscheine. Das Gericht sei daher der Auffassung, dass den hier betroffenen umweltrechtlichen Belangen nicht abgabenrechtlich, sondern ordnungsrechtlich Rechnung getragen werden müsse.

14

Der Beklagte hat am 07. März 2005 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, seiner Auffassung nach sei der Genehmigungsvermerk in der Satzung der Stadt Eggesin vom 05. Juni 1996 ausreichend. Aus dem Umstand, dass auf eine kommunalaufsichtliche Genehmigung hingewiesen werde, sei der Schluss zu ziehen, dass diese Genehmigung durch den Landrat des Landkreises ...-... erteilt worden sei. Nur dort existiere eine Kommunalaufsichtsbehörde. Es mache auch für den Betroffenen keinen Unterschied, ob auf die "Kommunalaufsicht" oder den "Landrat des Landkreises" hingewiesen werde; in beiden Fällen gehe er davon aus, dass eine rückwirkende Inanspruchnahme ermöglicht werden solle. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege ein gezieltes und zweckgerichtetes Verhalten vor, wenn es der Betreiber einer abflusslosen Grube wissentlich unterlasse, Maßnahmen zu treffen, um das Eindringen von Abwasser in den Untergrund zu verhindern. Hier habe der Kläger zweifelsfrei Kenntnis von der Undichtigkeit seiner Klärgrube gehabt. Dies ergebe sich zwangsläufig aus den abweichenden Trink- und Abwassermengen.

15

Der Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

19

Er hält das Urteil für zutreffend, soweit danach der Genehmigungsvermerk der Satzung der Stadt Eggesin nicht ausreiche. Der durchschnittliche Bürger habe keine verwaltungsrechtlichen Kenntnisse über den Behördenaufbau bzw. kommunale Zuständigkeiten. Daher könne er aus einem Vermerk wie dem hier streitigen nicht entnehmen, an wen er sich im Falle von Einwendungen oder Fragen halten könne. Im Übrigen habe eine Einleitung aus seiner abflusslosen Grube nicht vorgelegen. Der Beklagte, der die Abgabe fordere, habe den Nachweis der Undichtigkeit nicht erbracht, denn er habe die Nicht-Übereinstimmung der Trink- und Abwassermengen nicht nachweisen können. Kenntnis von einer Undichtigkeit der Sammelgrube habe er - der Kläger - nicht gehabt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1998 über die Abwälzung der Abwasserabgabe für Kleineinleiter für die Veranlagungsjahre 1994 bis 1997 in Höhe von insgesamt 250,-- DM sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 15. März 2000 zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die hier betroffenen Veranlagungsjahre 1994 bis 1996 fehlt bereits die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche Satzungsgrundlage (nachfolgend 1.). Das Veranlagungsjahr 1997 wird zwar vom zeitlichen Geltungsbereich der Satzung der Stadt Eggesin vom 05. Juni 1996 erfasst. Im Falle des Klägers liegen jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abgabenpflicht nicht vor (nachfolgend 2.).

22

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Bekanntmachung der Satzung vom 05. Juni 1996 mit dem Vermerk: "Die kommunalaufsichtliche Genehmigung für das rückwirkende In-Kraft-Treten wurde am 03.06.1996 erteilt", nicht den Erfordernissen des § 5 Satz 4 KV-DVO vom 26.01.1995, jetzt § 5 Satz 5 KV-DVO i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG (in der zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Satzung geltenden Fassung vom 01. Juni 1993) entsprochen hat, so dass ein rückwirkendes In-Kraft-Treten der Satzung zum 01. Januar 1994 (§ 9 der Satzung) ausscheidet. Ohne Einfluss auf dieses Ergebnis ist, dass mit In-Kraft-Treten des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 und dem damit verbundenen Wegfall des § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG rückwirkend erlassene Abgabensatzungen nicht mehr der Genehmigung, sondern nur noch der Anzeige nach § 5 Abs. 4 Satz 5 KV M-V bedürfen. Die Ordnungsgemäßheit des Bekanntmachungsverfahrens bestimmt sich nach dem zur Zeit des Bekanntmachungsvorgangs geltenden Recht, hier also u.a. nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG M-V in der Fassung vom 01. Juni 1993. Eine rückwirkende Geltung des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 auf frühere vorschriftswidrige Bekanntmachungsverfahren ist nicht geregelt.

23

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zur rückwirkenden Geltung der Satzung vom 05. Juni 1996 sind dahin zu ergänzen, dass - anders als es hier das Verwaltungsgericht ausführt - in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald bisher nicht abschließend geklärt ist, ob eine lediglich funktionelle Bezeichnung der Genehmigungsbehörde nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG M-V (a.F.) ausreichend sei. Weder dem von dem Verwaltungsgericht zitierten Normenkontrollurteil vom 03. Dezember 2002 (4 K 15/01) noch dem Beschluss vom 01. Oktober 2003 (1 M 130/03) ist eine solche abschließende Entscheidung zu entnehmen. Der Senat hat in dem Beschluss vom 01. Oktober 2003 zwar bei summarischer Prüfung die Auslegung für vorzugswürdig gehalten, dass die funktionelle Behördenbezeichnung ("Rechtsaufsichtsbehörde") den Anforderungen des § 5 Satz 4 KV-DVO a.F., § 5 Satz 5 KV-DVO n.F. i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG (a.F.) nicht genüge, die abschließende Entscheidung jedoch verschiedenen, später aber unstreitig beendeten Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Entscheidung 4 K 15/01 nimmt hierauf lediglich Bezug.

24

Auch der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, diese Frage abschließend zu beantworten. Die in der hier streitigen Bekanntmachung der Satzung der Stadt Eggesin vom 05. Juni 1996 enthaltene Angabe: "Die kommunalaufsichtliche Genehmigung für das rückwirkende In-Kraft-Treten wurde am 03.06.1996 erteilt" bezeichnet die Genehmigungsbehörde im funktionellen Sinne mit dem in der Kommunalverfassung nicht enthaltenen Begriff der "Kommunalaufsicht". Wenn der betroffene Bürger mit der funktionellen Bezeichnung "Rechtsaufsichtsbehörde" noch nach § 79 KV M-V den Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde oder das Innenministerium als zuständige Stelle bestimmen kann, so setzte dies bei der Verwendung der im Gesetz nicht gebrauchten Bezeichnung "Kommunalaufsicht" voraus, dass er diesen Begriff auch in den rechtlich zutreffenden Zusammenhang mit der "Rechtsaufsicht" setzen kann (vgl. hierzu etwa: Lübking/Vogelsang, Die Kommunalaufsicht, Rn 119ff m.w.N.), sowie die Kenntnis, dass hiermit nicht etwa auch die "Fachaufsicht" nach § 86 KV M-V gemeint ist, die noch weiteren Behörden ("die fachlich zuständigen obersten Landesbehörden") obliegt. Eine in dieser Weise funktionelle Bezeichnung der Genehmigungsbehörde jedenfalls wird den Vorgaben des § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG M-V (a.F.) nicht mehr gerecht. Sie setzt Kenntnisse juristischer Begrifflichkeiten voraus, deren Bedeutung dem Gesetz nicht entnommen werden kann und keineswegs allen Satzungsunterworfenen bewusst ist.

25

2. Auch wenn demnach der Geltungsbereich der Satzung der Stadt Eggesin jedenfalls das nach ihrem In-Kraft-Treten liegende Kalenderjahr 1997 als Veranlagungszeitraum erfasst (§ 3 Abs. 1 der Satzung vom 05. Juni 1996), kann die Heranziehung des Klägers zu den streitigen Abwasserabgaben auf sie nicht gestützt werden. Die Satzung setzt nach dem rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 AbwAG M-V), sowie nach ihren eigenen Regelungen über Entstehung und Ende der Abgabenpflicht (§ 3 Abs. 2, 3 Satz 1) voraus, dass eine "Einleitung" von Abwasser stattfindet. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall - wie im Ergebnis vom Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht entschieden - nicht gegeben.

26

Nach § 2 Abs. 2 AbwAG ist "Einleiten" das unmittelbare Verbringen des Abwassers in ein Gewässer; das Verbringen in den Untergrund gilt als Einleiten in ein Gewässer. Das Erfordernis der "Unmittelbarkeit" bedeutet, dass sich zwischen das Wegschaffen von Abwasser und dessen Eindringen in ein Gewässer keine andere Verantwortlichkeit schieben darf, was hier unproblematisch nicht der Fall ist. Solches wäre nur dann anzunehmen, wenn die Sachherrschaft über das Abwasser bei einem anderen, der dadurch seinerseits verantwortlich wird, anfiele (BVerwG, 07.11.1990, ZfW 1991, 163, 165).

27

Der Begriff "Einleiten" ist außer im Abwasserabgabenrecht im Bereich des Wasserhaushaltsgesetzes (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5 WHG) von zentraler Wichtigkeit. Hier ist seine rechtliche Bedeutung geklärt (s. BVerwG, 16.11.1973, ZfW 1974, 296; BVerwG, 07.11.1990, a.a.O.). Danach wird das Hineingelangen von Stoffen in ein Gewässer über ein lediglich kausales Geschehen hinaus zu einem Einleiten erst dadurch, dass es die Folge einer auf die Gewässerbenutzung zweckgerichteten menschlichen Handlung ist. Als "Einleiten" kann danach nicht schon das nur zufällige Hineingelangen angesehen werden und insbesondere reicht die bloße Verursachung des Hineingelangens für das "Einleiten" als eine auf einen bestimmten Erfolg abzielende zwecktätige Handlung nicht aus. So liegt in einem nicht final beherrschten Unfallgeschehen kein Einleiten, denn hier fehlt es an jeglicher zweckgerichteten Handlung. Durch Unterlassen leitet jemand ein, wenn er mit seinem Untätigbleiben planvoll darauf abzielt, dass Stoffe in oberirdische Gewässer oder in das Grundwasser gelangen. Die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes ("Einleiten") durch Unterlassen unterscheidet sich von seiner Verwirklichung durch positives Handeln allein darin, dass als Mittel der Tatbestandsverwirklichung in dem einen Fall ein zielgerichtetes Handeln, in dem anderen Fall ein zielgerichtetes Unterlassen eingesetzt wird.

28

Diese zum Begriff "Einleiten" nach dem Wasserhaushaltsgesetz ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wegen des sachlichen Zusammenhanges zwischen dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Abwasserabgabengesetz auf den abwasserabgabenrechtlichen Begriff des Einleitens nach § 2 Abs. 2 AbwAG übertragbar. Dafür spricht der Gesichtspunkt einer einheitlichen Anwendung gewässerschützender Vorschriften, die Begründung des Regierungsentwurfes, wonach durch nicht vorgesehene Ereignisse eine Abgabenpflicht nicht ausgelöst werden solle, sowie die Verwendung des Ausdrucks "Verbringen" in § 2 Abs. 2 AbwAG. Dieser kann als Hinweis darauf angesehen werden, dass für das Hineingelangen des Abwassers in den Untergrund ein Verhalten ursächlich sein muss, welches gerade hierauf gerichtet ist (OVG NW, 08.02.1982, NVwZ 1983, 619, 620; OVG NW, 23.01.1985, DÖV 1985, 685, 686).

29

Danach ist für die Frage des "Einleitens" aus einer "abflusslosen Grube" und - daraus folgend - für die Frage der Abgabenpflicht des Eigentümers des Grundstückes, auf dem sich die Grube befindet, von folgenden rechtlichen Maßstäben auszugehen: Voraussetzung ist zunächst in jedem Einzelfall, dass überhaupt Abwasser aus der Grube in die Umgebung, ein Gewässer oder den Untergrund hineingelangt. Dieser Vorgang muss sodann auf einer auf die Gewässer- (bzw. Untergrund-) Benutzung zweckgerichteten menschlichen Handlung beruhen. Einer solchen zweckgerichteten Handlung steht ein zielgerichtetes Unterlassen gleich. Danach ist - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist - derjenige Betreiber einer abflusslosen Grube als "Einleiter" im Sinne des Abwasserabgabenrechts zu behandeln, der seine "abflusslose Grube" dergestalt manipuliert, dass sie ihre Dichtigkeit einbüßt und Abwasser in die Umgebung abgibt. Darüber hinaus gilt als Einleiter aber auch derjenige, der aus einer aus anderen (etwa Alterungs-)Gründen undicht gewordenen "abflusslosen Sammelgrube" einleitet, wenn ihm bei unbefangener Betrachtung aller bekannten Umstände, d.h. ohne Berücksichtigung subjektiver, vielleicht falscher Vorstellungen des Betreibers über die Folgen seines Tuns, die Undichtheit der Grube bekannt ist (bzw. sein müsste). Das Hineinleiten von Abwasser in eine undichte Grube im - bei einer solch objektiven Betrachtung anzunehmenden - Wissen um deren Undichtigkeit ist nichts anderes als ein zweckgerichtetes Einleiten von Teilmengen des Abwassers in die Umgebung der Grube (so im Ergebnis auch Köhler, Abwasserabgabengesetz, Kommentar, § 2 Rn. 43; Nisipeanu, Abwasserrecht, S. 182).

30

Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach ein Einleiten aus einer "abflusslosen Grube" lediglich bei bewussten Manipulationen des Anlagenbetreibers gegeben sein soll, folgt der Senat daher nicht. Die Behandlung auch desjenigen als "Einleiter", der trotz (bei objektiver Betrachtung vorhandener) Kenntnis einer ohne Manipulationen aufgetretenen Schadhaftigkeit seine Sammelgrube weiter mit Abwasser beschickt, vermeidet einen Wertungswiderspruch und entspricht dem Zweck des Abwasserabgabengesetzes. Dieses hat mit seiner Anreiz- und Antriebsfunktion (Reinhaltung der Gewässer durch Schaffung ökonomischer Anreize) Lenkungscharakter dahin, dass weniger Schadstoffe in Gewässer gelangen sollen (vgl. dazu BVerwG, 07.11.1990; Nisipeanu, Abwasserrecht, S. 520).

31

Von einem bestimmungswidrigen Hineingelangen von Abwasser aus einer abflusslosen Grube in die Umgebung als notwendige Voraussetzung für ein Einleiten kann die für die Abgabenerhebung zuständige Behörde grundsätzlich ausgehen, wenn prüfbare Nachweise über die Menge zugeführten Frischwassers auf das Grundstück und die Menge aus der Grube entsorgten Abwassers ein erhebliches Überwiegen der Frischwasserzufuhr belegen und als Ursache dieses Umstandes allein ein Abwasserverlust aus der Grube in Betracht kommt. Ein Austreten von Abwasser aus der Grube und damit ein "Einleiten" i.S.d. § 2 Abs. 2 AbwAG kann nicht angenommen werden, wenn vorliegende Differenzen zwischen Frisch- und Abwassermenge auf die Verwendung von Frischwasser für eine Gartenbewirtschaftung, die Tränke von Vieh oder vergleichbare Zwecke zurückgeführt werden können. Können mangels Nachweisen weder eine Übereinstimmung der zugeführten Frischwassermenge mit der Menge entsorgten Abwassers noch entsprechende Differenzen belegt werden, kann die abwasserabgabenerhebende Behörde nicht ohne Weiteres eine Undichtigkeit der fraglichen "abflusslosen Grube" zu Lasten des Betreibers annehmen. Eine solche Vermutung zu Lasten der Inhaber - auch alter - abflussloser Gruben ist nach den Vorschriften des Abwasserabgabengesetzes nicht vorgesehen. Der Betreiber einer abflusslosen Grube ist auch abwasserabgabenrechtlich nicht verpflichtet, die Dichtigkeit der Anlage nachzuweisen. Er unterliegt keiner gesetzlichen Pflicht zur Führung von Entsorgungsnachweisen oder Aufbewahrung entsprechender Belege (vgl. dazu die auf abflusslose Sammelgruben nicht anwendbare Verordnung über die Selbstüberwachung von Abwasseranlagen und Abwassereinleitungen vom 09. Juli 1993, GVOBl. M-V, S. 774). Besteht ein hinreichender Gefahrenverdacht, so wird der Betreiber durch die zuständige Wasserbehörde zum Nachweis des ordnungsgemäßen Betriebes seiner Anlage ordnungsbehördlich verpflichtet werden können, wozu auch die Aufbewahrung von Entsorgungsnachweisen gehören mag. Jedenfalls ohne Anordnung einer solchen konkreten Verpflichtung kann aus dem Fehlen von Abfuhrbelegen nicht schon auf eine Undichtigkeit einer Grube im Verfahren zur Veranlagung zu Abwasserabgaben geschlossen werden.

32

Fehlen der die Abwasserabgaben erhebenden Behörde auch im Übrigen konkrete Erkenntnisse, ob eine "abflusslose Grube" ordnungsgemäß funktioniert oder aber undicht ist, scheidet eine Heranziehung des Betreibers der Grube bzw. des Grundstückseigentümers aus. Hat die Gemeinde den Grundstückseigentümer ohne schlüssige Nachweise über die Undichtigkeit der Grube, etwa allein auf Grund des Alters der Anlage und darauf gestützte Vermutungen gleichwohl veranlagt, ist in einem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren die Frage der Ordnungsgemäßheit/Dichtigkeit der Grube im betreffenden Veranlagungsjahr mit den in Betracht kommenden prozessrechtlichen Mitteln aufzuklären. Wird die Undichtigkeit der Sammelgrube festgestellt, kommt es - wie oben dargestellt - darauf an, ob das Einleiten "zweckgerichtet" geschehen ist. Dazu muss die Schadhaftigkeit der Grube bei unbefangener Betrachtung bekannt gewesen sein.

33

Lässt sich der Zustand der Anlage im fraglichen Veranlagungsjahr nicht mehr aufklären, muss demnach offenbleiben, ob eine Einleitung stattgefunden hat, kann die zugrundeliegende Abgabenvorschrift nicht zu Lasten des Betroffenen angewendet werden. Die Beweislast trägt dann der Abgabengläubiger, die abgabenerhebende Gemeinde, die sich auf das Tatbestandsmerkmal "Einleiten" beruft und damit eine für sie günstige Norm geltend macht (Beschluss des Senats, 14.04.2003 - 1 O 6/03 -, juris; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. A., § 108, Rn 12).

34

Nach diesen Maßstäben gilt im vorliegenden Fall:

35

Der Kläger hat nach der von ihm vorgelegten Baubeschreibung aus dem März 1975 eine abflusslose Sammelgrube aus Betonhohlblocksteinen mit einer verputzten und mit dreifachem Isolieranstrich versehenen Grubeninnenfläche, deren Zweckbestimmung die Aufnahme sämtlichen anfallenden Abwassers, also nicht die Verrieselung oder Versickerung von Klärflüssigkeit gewesen ist, betrieben. Nachweise über entsorgte Abwassermengen liegen nicht mehr vor. Das steht nach der Mitteilung der Firma ... an das Verwaltungsgericht vom 15. Juni 2004 zur Überzeugung des Senates fest. Damit wäre eine weitere Aufklärung der Dichtigkeit der Sammelgrube des Klägers in dem hier allein noch interessierenden Veranlagungsjahr 1997 nur durch eine sachverständige Untersuchung der Grube möglich. Diese ist jedoch - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen hat - im Zusammenhang mit dem Anschluss an die zentrale Kläreinrichtung beseitigt worden. Eine weitere Aufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens scheidet damit aus. Die Nichterweisbarkeit einer "Einleitung" i.S.v. §2 Abs. 2 AbwAG aus der Sammelgrube des Klägers im Jahr 1997 geht zu Lasten des Beklagten. Der angefochtene Bescheid ist damit insgesamt rechtswidrig und aufzuheben.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

38

Revisionszulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 01. Juni 2007 - 3 B 464/07 -, mit dem unter Ziffer 1. die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen auch als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.371,64 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Straßenausbaubeitragsbescheides.

2

Der Antragsgegner zog die Antragsteller für den Ausbau der Straße "…- Anlage 1 -östlicher Teil" für ihr Grundstück mit der Katasterbezeichnung Flurstück 7, Flur 6, Gemarkung … auf der Grundlage der Satzung der Stadt Wolgast über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 22. November 2005 (Straßenbaubeitragssatzung - SBS-2005 -) mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 zu einem Beitrag von 5.486,57 € heran. In dieser sich Rückwirkung bis zum 01. Januar 1995 beimessenden Satzung ist der auf die Anlieger umzulegende Anteil am beitragsfähigen Aufwand bei Anliegerstraßen - wie im Falle der Straße "…" - auf 75% festgelegt. Verschiedene frühere Straßenausbaubeitragssatzungen der Stadt Wolgast hatten dafür einen von dem Verwaltungsgericht Greifswald wegen Verstoßes gegen das beitragsrechtliche Vorteilsprinzip beanstandeten Anteil von nur 50% vorgesehen.

3

Den gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2006 erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 06. März 2007 zurück. Einen Antrag der Antragsteller auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 01. Juni 2007 ab. Darin ist u. a. ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die Abrechnung der Ausbaumaßnahme "…" die Straßenbaubeitragssatzung von 2005 sei, für die die sachlichen Beitragspflichten mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung am 19. November 2003 entstanden seien. Die Beitragshöhe sei nicht in Anwendung des im früheren Kommunalabgabengesetz geregelten Schlechterstellungsverbots (§ 2 Abs. 5 Satz 4 KAG in der bis zum 30.03.2005 geltenden Fassung) zu reduzieren, das auf den hier angefochtenen Beitragsbescheid vom 26. Oktober 2006 keine Anwendung finde. Anderes gelte auch nicht deshalb, weil die sachlichen Beitragspflichten im zeitlichen Geltungsbereich des früheren Kommunalabgabengesetzes entstanden seien, da das Schlechterstellungsverbot erst bei der Beitragsfestsetzung gegenüber dem einzelnen Beitragsschuldner zu berücksichtigen gewesen sei. Auch Vertrauensgesichtspunkte führten zu keiner Beschränkung des nach der Satzung von 2005 auf die Antragsteller entfallenden Betrages.

4

Die Antragsteller haben gegen den am 06. Juni 2007 zugestellten Beschluss am 19. Juni 2007 Beschwerde erhoben und diese mit am 26. Juni 2007 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

5

Sie machen im Wesentlichen geltend, ihre Heranziehung auf der Grundlage eines Anliegeranteiles von 75% nach der neuen Satzung verstoße gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte. Bei in das Jahr 1995 zurückwirkenden Satzungen müsse das Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG a.F. beachtet werden. Es liege ein Fall sogenannter echter Rückwirkung vor, da die Straßenbaumaßnahme zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses 2005 bereits abgeschlossen gewesen sei.

6

Der Antragsgegner tritt dem entgegen.

II.

7

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den o. g. Beschluss ist zwar fristgerecht binnen zwei Wochen (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhoben und auch innerhalb der in § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geregelten Monatsfrist begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

8

Im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt.

9

Vor diesem Hintergrund verlangt das Darlegungserfordernis von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Die Beschwerdebegründung muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinander setzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbstständig trägt, bzw. lässt sie unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt (ständige Rspr. des Senats; vgl. zum Ganzen auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 30. April 2003 - 4 BS 40/03 -, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 31. Juli 2002 - 3 M 34/02 -, NJW 2003, 158; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. Juli 2002 - 11 S 1293/02 -, juris, und Beschluss vom 12.4.2002 - 7 S 653/02 -, VBlBW 2002, 398; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 146 Rn. 41). Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer - in aller Regel durch einen Rechtsanwalt - rechtskundig vertreten sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.).

10

Danach kann die Beschwerde von vornherein nicht erfolgreich sein, soweit die Antragsteller unter bloßer Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des angefochtenen Beschlusses behaupten, der Beitragsbescheid sei rechtswidrig. Die Ausführungen, die SBS 2005 ordne eine Rückwirkung auf einen Zeitpunkt an, in welchem das Kommunalabgabengesetz eine Rückwirkung untersage, sind angesichts der Vorschrift des § 2 Abs. 5 KAG a.F. nicht nachvollziehbar.

11

Soweit das Beschwerdevorbringen im Übrigen als Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss zur Frage der Geltung des Schlechterstellungsverbotes, einer zulässigen Rückwirkung der SBS 2005 und weiteren Vertrauensschutzgesichtspunkten verstanden werden kann, dringen die Antragsteller damit nicht durch. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG a.F. im vorliegenden Falle keine Anwendung findet und der Veranlagung der Antragsteller auch Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen. Der Senat nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

12

Das Beschwerdevorbringen gibt darüber hinaus zunächst Anlass zu dem Hinweis, dass es bedenkenfrei zulässig ist, wenn eine rückwirkende Satzung zu einer höheren Beitragspflicht führt, als sie durch eine vorangegangene (nichtige) Satzung begründet zu sein schien, falls die Nichtigkeit der Ausgangssatzung auf einem vorteilswidrigen Anliegeranteil (wie vorliegend 50% nach der SBS 2000) beruhte (vgl. BVerwG, 15.04.1983 - 8 C 170/81 -, NVwZ 1983, 612 zu einer Änderung des Beitragsmaßstabs). Ein Vertrauen dahin, nicht rückwirkend mit einem vorteilsgemäß bestimmten (höheren) umlagefähigen Aufwand belastet zu werden, sondern unabänderbar von einem aufgrund einer unwirksamen Satzung vorteilswidrig (zu niedrig) berechneten Anliegeranteil - zu Lasten der Gemeinde und damit auch der Allgemeinheit - profitieren zu können, kann nicht schützenswert sein. Wenn die Antragsteller unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vortragen, rückwirkende Höherbelastungen seien unzulässig, wenn der Satzungsgeber die Beseitigung eines Fehlers der Verteilungsregelung zum Anlass genommen habe, die Verteilungsregelung zugleich durch den Austausch einer rechtlich unbedenklichen Maßstabskomponente zu ändern, geht das an den Gegebenheiten des vorliegenden Falles vorbei. Die Stadt Wolgast hat rückwirkend allein den Anliegeranteil den Erfordernissen des Vorteilsprinzips angepasst. Dass sie zugleich eine Komponente des Verteilungsmaßstabes geändert hat, lässt sich den Darlegungen des Beschwerdevorbringens nicht entnehmen und ist auch sonst nicht erkennbar.

13

Wenn die Antragsteller außerdem geltend machen, das Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG a.F. sei in ihrem Falle noch zu beachten, weil der Antragsgegner in einen zeitlichen Bereich zurückwirken wolle, in dem diese bis zum 30. März 2005 geltende Regelung noch bestanden habe, kann dem nicht gefolgt werden. Die Antragsteller verkennen zunächst, dass das Schlechterstellungsverbot, solange es als Landesrecht Geltung hatte, ihnen gegenüber, d.h. in ihrem konkreten Heranziehungsverfahren, niemals zur Anwendung gekommen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Schlechterstellungsverbot erst bei der Beitragsfestsetzung gegenüber dem einzelnen Beitragsschuldner zu berücksichtigen gewesen ist. Dafür spricht die Funktion des Verbotes, die sich aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ableitet, der rückwirkende Eingriffe in die Rechtsstellung des Betroffenen verbietet. Im Falle der Abgabenerhebung liegt der Eingriff in der dem Pflichtigen durch die Abgabe auferlegten Leistung (vgl. BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, juris). Die Leistung wird aber erstmals durch den hier am 26. Oktober 2006 erlassenen Abgabenbescheid, mit dem die persönliche Leistungspflicht begründet wird, auferlegt. Damit kommt das Schlechterstellungsverbot nicht bei der - grundstücksbezogenen - im Jahr 2003 entstandenen sachlichen Beitragspflicht, die einer späteren personenbezogenen Zahlungspflicht (vgl. Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 10. Auflage, § 134 Rn. 1) erst noch bedarf, zur Anwendung. Für dieses Ergebnis spricht auch deutlich die Begründung zur Novelle des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 (Landtagsdrucksache 4/1307, S. 27), wonach das Verbot eine Gegenüberstellung der konkreten Beitragsbelastungen des Beitragspflichtigen erfordert hat. Danach war das in dem konkreten Beitragsbescheid enthaltene Leistungsgebot auf den Betrag zu beschränken, der sich nach der alten Satzung ergeben hätte (Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand Mai 2007, § 2, Nr. 9.4.1).

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Außerdem verkennen die Antragsteller mit ihrem Vorbringen, das Schlechterstellungsverbot sei in ihrem Falle weiter beachtlich, dass sie damit - anders gewendet - geltend machen, es habe durch den Gesetzgeber wegen entgegenstehenden schützenswerten Vertrauens der Beitragspflichtigen für Konstellationen der vorliegenden Art nicht gestrichen werden dürfen, was nicht zutrifft. Die Aufhebung des Schlechterstellungsverbotes als belastendes Abgabengesetz, das eine in der Beschränkung der persönlichen Beitragspflicht auf die sich nach der früheren Satzung ergebende Abgabenhöhe liegende Vergünstigung beseitigt hat, ist eine unechte Rückwirkung und an den Maßstäben einer tatbestandlichen Rückanknüpfung zu messen. Dieser Rückwirkungstatbestand ist gegeben, wenn - im Gegensatz zur Rückbewirkung von Rechtsfolgen ("echte" Rückwirkung) - die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, ihr Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt wurden" (BVerfG, 05.02.2002 - 2 BvR 305, 348/93 -, BVerfGE 105, 17, 37f). Dies ist hier der Fall, da eine etwaige Erhöhung der persönlichen Beitragspflicht als Rechtsfolge der Streichung des Schlechterstellungsverbotes zum einen erst nach der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes durch Erlass des Beitragsbescheides eingetreten ist und die Streichung zum anderen auch solche Beitragsverfahren erfasst, die vor der Neufassung des Kommunalabgabengesetzes begonnen haben. Das danach zur Zeit der Geltung des Schlechterstellungsverbotes gebildete Vertrauen der - später - Beitragspflichtigen, von der Begrenzungswirkung dieses Verbotes zu profitieren, überwiegt jedoch nicht das öffentliche Interesse an einer Änderung dieser Vorschrift. Dem Gesetzgeber muss es grundsätzlich möglich sein, auch im Wege tatbestandlicher Rückanknüpfungen auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren oder Gegebenheiten ändernd zu beeinflussen (BVerfG, 21.10.2003 - 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, 181f). Hier hat der Gesetzgeber die Erkenntnis, dass sich die Abgabenhöhe trotz Heilung von Satzungsmängeln durch eine nunmehr rechtmäßige Satzung aufgrund des verfassungsrechtlich nicht erforderlichen Schlechterstellungsverbotes im Ergebnis wiederum nach einer alten offensichtlich rechtwidrigen Satzung bestimmte, zum Anlass genommen, die Regelung zu streichen. Etwaigen im Zusammenhang mit der Rückwirkung auftretenden Härten könne mit der Möglichkeit von Billigkeitsentscheidungen angemessen Rechnung getragen werden (vgl. Landtagsdrucksache 4/1307, Seite 27). Dieses öffentliche Interesse wird nicht durch ein Vertrauen der Abgabenpflichtigen an einer Beibehaltung des Schlechterstellungsverbotes verdrängt. Dafür spricht bereits der Umstand, dass es einen das öffentliche Interesse an der Änderung der Vorschrift überwiegenden Vertrauensschutz in den Bestand einer rechtswidrigen begünstigenden Satzungsregelung nicht gibt (vgl. dazu auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2007, § 2 Rn. 37), auf den das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG a.F. hinsichtlich der Höhe der Abgabe jedoch hinausgelaufen ist.

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Die Antragsteller haben mit ihrem Hilfsantrag,

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das Verfahren auszusetzen und zum Ruhen zu bringen, solange nicht über die Verfassungsbeschwerden gegen das KAG-M-V in den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvR 608/07, 1 BvR 663/07 und 1 BvR 722/07 u.a. entschieden worden ist,

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keinen Erfolg. Gegen eine im Ermessen des Senats (§ 94 VwGO) liegende Aussetzung des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes spricht schon dessen Eilbedürftigkeit (vgl. Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage, § 94 Rn. 5). Die Antragsteller haben auch schon nicht plausibel gemacht, inwieweit überhaupt für die Erhebung von Straßenbaubeiträgen erhebliche Vorschriften durch die genannten Verfassungsbeschwerden betroffen sind.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.

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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Senat setzt in ständiger Rechtsprechung in Eilverfahren in Abgabensachen ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren in Betracht kommenden Streitwertes (hier 5.486,57 €) fest.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.