Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag (Schmutzwasser).

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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück G1 in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee. Die Gemeinde Seebad Insel Hiddensee ist im Jahre 2005 rückwirkend zum 01.01.2003 dem Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen beigetreten. Zuvor hatte sie die Aufgabe der Abwasserbehandlung in Eigenregie betrieben und auch Anschlussbeiträge erhoben. Das Grundstück der Klägerin weist eine Größe von 377 m² auf und ist an die vom Beklagten betriebene zentrale Schmutzwasseranlage angeschlossen; es entwässert in ein biologisch arbeitendes Klärwerk mit 3. Reinigungsstufe.

3

Mit Bescheid vom 08.05.1995 hatte der Bürgermeister der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee einen Abwasserbeitrag in Höhe von DM 3.050,00 festgesetzt. Die Festsetzung wurde mit Bescheid vom 21.06.1995 auf DM 1.575,60 reduziert. Mit Abhilfebescheid vom 29.09.1998 wurde vom Bürgermeister der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee einem Widerspruch der Klägerin gegen einen Beitragsbescheid für die öffentliche Abwasseranlage abgeholfen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es:

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"Der Schmutzwasserbeitrag beträgt damit 4.701,94 DM. Hierauf wurde der von Ihnen geleistete Abschlag in Höhe von 1.575,60 DM angerechnet. (...) Ihr Widerspruch ist somit begründet. Der Beitragsbescheid vom 03.07.1998 wird hiermit aufgehoben. Entsprechend der am 15.09.1998 ermittelten Daten wird ein neuer Bescheid erstellt und Ihnen gesondert zugehen."

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Dieser Betrag wurde von der Klägerin gezahlt. Mit Bescheid vom 15.12.2008 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Schmutzwasserbeitrag i.H.v. € 1.583,40 heran. Auf ihren hiergegen gerichteten Widerspruch reduzierte er die Festsetzung auf € 777,81 und wies den Rechtsbehelf im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2009 zurück. Die Höhe der Reduzierung entspricht dem in dem Bescheid vom 29.09.1998 erwähnten Zahlbetrag.

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Am 23.02.2009 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung (SBS) sei unwirksam. Die Bestimmung des Inhabers von Gebäudeeigentum nach § 286 ZGB-DDR zum Beitragspflichtigen verstoße gegen § 7 Abs. 2 Satz 4 Kommunalabgabengesetz. Die Regelung über das Hinausschieben der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Innenbereichsgrundstücken auf den Zeitpunkt der Bebauung in § 6 Abs. 3 SBS verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil sie entgegen der gesetzlichen Ermächtigung nicht auch unbebaute Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen erfasse. Zudem sei unklar, wie im Falle einer späteren Bebauung die Zahl der Vollgeschosse zu ermitteln sei. Ein Rückgriff auf § 3 Abs. 5 lit. e SBS sei unzulässig. Die Regelung des § 3 Abs. 5 lit. d SBS sei unverständlich.

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Ungeachtet dessen sei der Beitragsanspruch wegen Festsetzungsverjährung erloschen. Die Gemeinde Seebad Insel Hiddensee habe die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage (Herstellungsbeitragssatzung) vom 09.07.1998 erlassen. Diese Satzung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Greifswald (Urteil vom 30.05.2001 - 3 A 39/99) wirksam. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern habe einen Antrag der damaligen Klägerin auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Damit seien die sachlichen Beitragspflichten für die Herstellung der Schmutzwasseranlage bereits im Jahre 1998 entstanden. Mit Ablauf des Jahres 2003 sei die Festsetzungsfrist für Herstellungsbeiträge abgelaufen. Der Beklagte sei daher daran gehindert, nunmehr einen Herstellungsbeitrag zu erheben. Soweit der Beklagte aus der vom Verwaltungsgericht Greifswald festgestellten Nichtigkeit der Abwassergebührensatzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee auf die Nichtigkeit der Herstellungsbeitragssatzung schließen wolle, gehe dies fehl. Zum einen stehe die Unangemessenheit der in der Gebührensatzung berücksichtigten Betreiberentgelte wegen des nicht abgeschlossenen Preisprüfungsverfahrens nicht fest. Zum anderen könne aus überhöhten Betreiberentgelten nicht auf überhöhte Herstellungskosten geschlossen werden.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung sei wirksam. Die Regelung des § 6 Abs. 3 SBS beschränke sich auf unbebaute Innenbereichsgrundstücke, weil für unbebauten Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen kein Regelungserfordernis bestehe. Eine Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Sachliche Beitragspflichten hätten auf Grundlage der Herstellungsbeitragssatzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee nicht entstehen könne, da die Satzung nichtig sei. Ihre Maßstabsregelungen verstießen gegen das Vorteilsprinzip. Die Beitragskalkulation sei fehlerhaft.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die von der Landrätin des Landkreises Rügen vorgelegen Unterlagen und die beigezogenen Akten des Verfahrens 3 A 39/99 vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Beitragsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ihm fehlt die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage

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1. Die rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getretene Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung (Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung - SBS) vom 20.03.2008 i.d.F. der 1. Änderung enthält eine fehlerhafte und damit unwirksame Maßstabsregel. Damit weist die Satzung nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf und ist insgesamt unwirksam.

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Fehlerhaft ist die Regelung zur Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, die nicht im Geltungsbereich von Bebauungsplänen liegen. Hierzu bestimmt § 3 Abs. 5 lit. d SBS, dass, soweit kein Bebauungsplan besteht, als Zahl der Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bzw. lit. b analog und bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse bzw. lit. b analog gilt. Die von § 3 Abs. 5 lit. d SBS in Bezug genommene Vorschrift des § 3 Abs. 5 lit. b SBS bestimmt, dass als Zahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse nicht festgesetzt, sondern nur eine zulässige Baumassenzahl oder nur die zulässige Höhe der baulichen Anlage angegeben ist, die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Baumassenzahl bzw. die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe gilt. Die Vorschrift enthält damit eine Umrechnungsformel, anhand derer aus der im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzung der zulässigen Gebäudehöhe bzw. Baumassenzahl die Anzahl der maßgeblichen Vollgeschosse ermittelt werden kann. Eine solche Regelung ist zulässig und geboten, wenn im Verbandsgebiet Grundstücke existieren, für die ein Bebauungsplan entsprechende Festsetzungen aufweist (VG Halle, Urt. v. 26.02.2004 - 4 A 683/01, juris Rn. 36, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - C 61-68 und 80-84.75, BauR 1979, 315 [zum Erschließungsbeitragsrecht]).

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Es ist allerdings zweifelhaft, ob eine Anwendung der Umrechnungsformel auch auf Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen zulässig ist, denn hier richtet sich die Ermittlung der Vollgeschosszahl nicht (abstrakt) nach der Festsetzung der höchstzulässigen Gebäudehöhe oder Baumassenzahl, sondern (konkret) nach der tatsächlich vorhandenen bzw. genehmigten Bebauung. Die vorhandene bzw. genehmigte Bebauung lässt die Anzahl der Vollgeschosse aber regelmäßig erkennen, so dass es an einem Bedürfnis für eine Umrechnungsformel fehlt. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Grundstück mit einer außergewöhnlich hohen Halle bebaut ist. Für die Beitragserhebung ist es als eingeschossig bebaut einzustufen, denn auch ein außergewöhnlich hohes Vollgeschoss ist bauordnungsrechtlich nur ein Vollgeschoss, da § 2 Abs. 6 Satz 1 Landesbauordnung (LBauO M-V) für Geschosshöhen keine Obergrenzen normiert (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 18.03.2004 - 2 MB 20/04, NVwZ-RR 2006, 65 <66>). Ob ein solches Baugrundstück über die Normierung einer Umrechnungsformel beitragsrechtlich als mehrgeschossig eingestuft werden kann - so der in der mündlichen Verhandlung von den Vertretern des Beklagten erläuterte Regelungszweck der Verweisung in § 3 Abs. 5 lit. d SBS -, ist mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) ebenfalls zweifelhaft. Denn in diesem Fall hätte die Umrechnungsformel außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen eine andere Funktion als innerhalb ihres Geltungsbereichs.

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Diese Fragen bedürfen vorliegend jedoch keiner Vertiefung, denn die Regelung des § 3 Abs. 5 lit. d SBS ist bereits wegen der Verknüpfung der Verweisungen auf Abs. 5 b l.cit. mit dem übrigen Regelungsgehalt der Vorschrift unwirksam. So gilt nach der ersten Variante der Vorschrift als Zahl der Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse "bzw. lit b". Die zweite Variante der Vorschrift weist dieselbe Regelungstechnik auf. Wegen der Verknüpfung "beziehungsweise" (bzw.) ist unklar, welcher Regelungsteil den Vorrang genießt. Die Wendung "beziehungsweise" deutet auf eine Gleichrangigkeit der Regelungsvarianten hin, so dass es dem Belieben des Normanwenders überlassen bleibt, nach welcher Bestimmung die Anzahl der Vollgeschosse ermittelt wird. Dies führt - je nach Berechnungsweise - zu einer unterschiedlichen Beitragsbelastung. So ist ein zwei Vollgeschosse aufweisendes Gebäude mit einer Höhe von 10,50 m nach § 3 Abs. 5 lit. d erster Spiegelstrich erste Var. SBS als zweigeschossig und nach der zweiten Variante als dreigeschossig einzustufen. Damit leidet die Bestimmung an einem unauflösbaren Widerspruch und ist folglich unwirksam.

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Der Grundsatz der Normerhaltung steht dieser Betrachtung nicht entgegen, denn das Regelungsziel der Vorschrift, insbesondere die Frage des Rangverhältnisses beider Varianten, ist nicht erkennbar. Der Hinweis des Beklagten, dass § 3 Abs. 5 lit. b SBS nur greife, wenn § 3 Abs. 5 lit. a SBS unwendbar sei, hilft nicht weiter, denn die genannten Bestimmungen stehen in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander, was auf die Regelungsvarianten des § 3 Abs. 5 lit. d erster Spiegelstrich SBS nicht zutrifft.

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2. Auf die am 23.12.2003 in Kraft getretene Satzungen des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung durch Anlagen mit 3. Reinigungsstufe vom 27.10.2003 i.d.F. der 1. Änderung vom 18.06.2004, wonach ein Beitragssatz von 4,05 €/m² gilt, scheidet ebenfalls als als Rechtsgrundlage der Beitragserhebung aus. Zwar ist diese Satzung nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (zuletzt VG Greifswald, Urt. v. 12.08.2009 - 3 A 262/08) wirksam. Insbesondere leidet die Maßstabsregelung dieser Satzung nicht an dem dargestellten Fehler, vgl. § 3 Abs. 5 lit. e SBS 2003. Allerdings findet die Satzung keine Anwendung auf in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee gelegene Grundstücke, weil weder der auf die im Bereich der Insel Hiddensee gelegenen Anlagenteile entfallende Aufwand noch die dort anfallenden Beitragseinheiten in den Kalkulationen berücksichtigt worden sind. Die Beitragskalkulation datiert vom 12.09.2003 und konnte den Beitritt der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee nicht berücksichtigen.

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Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung hiergegen einwendet, dass dies einer Anwendbarkeit der Satzung auf "Hiddensee-Fälle" nicht entgegen stehen könne, weil die Beitragskalkulation sowohl auf der Aufwands- als auch auf der Flächenseite nicht bezogen auf die Gesamtfläche der Insel Rügen, sondern lediglich anhand repräsentativ ausgewählter Ver- bzw. Entsorgungsgebiete erstellt worden ist, trifft dies tatsächlich nicht zu. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Beklagte diese Kalkulationsmethode, deren Zulässigkeit keinen Bedenken unterliegt (VG Greifswald, Urt. v. 13.04.2005 - 3 A 2083/04, S. 9 f. des Entscheidungsumdrucks; zur aktuellen Rechtslage siehe § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V i.d.F. des ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 [KAG-Novelle 2005]), nur im Rahmen der Beitragskalkulation für Schmutzwasserbeseitigungsanlagen ohne 3. Reinigungsstufe und Trinkwasserversorgungsanlagen angewandt hat. Der Kalkulation des Beitragsatzes für Schmutzwasserbeseitigungsanlagen mit 3. Reinigungsstufe lagen alle Entsorgungsgebiete zu Grunde. Die gegenteiligen Bekundungen der Mitarbeiterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung beruhen offensichtlich auf einem Versehen.

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Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Einwand auch rechtlich unzutreffend ist. Aus dem Umstand, dass eine Beitragskalkulation lediglich anhand der Daten von Referenzgebieten erstellt worden ist, kann nicht geschlossen werden, dass die betreffende Satzung durch den (rückwirkenden) Beitritt einer Gemeinde zum Zweckverband auch auf die im Gebiet dieser Gemeinde gelegenen Grundstücke anwendbar ist. Vielmehr bleibt der geographische Anwendungsbereich dieser Satzung auch nach dem Beitritt der Gemeinde auf das Gebiet beschränkt, für das die repräsentativen Ver- bzw. Entsorgungsgebiete ausgewählt worden sind. Denn mit dem Beitritt einer Gemeinde zum Zweckverband verändert sich die der Kalkulation zu Grunde liegende Aufwands-/Flächenrelation. Würde man annehmen, dass eine vorhandene Beitragssatzung mit dem Beitritt einer Gemeinde automatisch auch für das Gebiet der beitretenden Gemeinde gilt, hätte dies zur Folge, dass die ausgewählten Referenzgebiete nicht mehr repräsentativ sind und die Beitragssatzung rechtswidrig wird.

23

3. Vorsorglich - für den Fall einer erneuten Heranziehung der Klägerin - sei darauf hingewiesen, dass die übrigen Einwände der Klägerin nicht durchgreifen.

24

a. Die Kammer sieht insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zweckverband das ihm zustehende Organisationsermessen bei der Bestimmung der öffentlichen Einrichtung, für die Anschlussbeiträge erhoben werden, fehlerhaft ausgeübt hätte. Zwar wurden die vordem rechtlich getrennten Schmutzwasserbeseitigungsanlagen mit bzw. ohne 3. Reinigungsstufe durch § 1 Abs. 2 lit. a der Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über den Anschluss an die zentrale öffentliche Abwassereinrichtungen und ihre Benutzung (Abwasseranschlusssatzung - AAS) vom 20.03.2008 mit Wirkung vom 01.01.2008 zu einer einheitlichen beitragsfähigen Anlage zusammengefasst. Diese Zusammenfassung ist trotz der unterschiedlichen Funktionsweise der Anlagen jedenfalls seit dem In-Kraft-Treten der KAG-Novelle 2005 zulässig. Nach dem durch die KAG-Novelle 2005 neu eingefügten § 2 Abs. 2 KAG M-V bilden, sofern durch Satzung nichts anderes bestimmt ist, technisch getrennte Anlagen eines Einrichtungsträgers, die der Erfüllung derselben öffentlichen Aufgabe dienen, jeweils eine Einrichtung im rechtlichen Sinne, bei der Anschlussbeiträge nach jeweils einheitlichen Sätzen erhoben werden. Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass im Anschlussbeitragsrecht von einem rechtlichen Anlagenbegriff auszugehen ist. Die Zusammenfassung auch technisch getrennter Anlagen, die der Erfüllung derselben öffentlichen Aufgabe dienen, in einer öffentlichen Einrichtung im rechtlichen Sinne ist danach der Normalfall. Andere Regelungen durch Satzung bleiben zwar möglich und liegen im Organisationsermessen des Aufgabenträgers. Gleiches gilt aber auch für den umgekehrten Fall der Zusammenfassung unterschiedlicher Anlagen: Auch wenn eine Verpflichtung zur Zusammenfassung nicht besteht, kann der Aufgabenträger bisher rechtlich getrennte Anlage in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens zusammenfassen. So ist es hier. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Vielmehr entspricht der Umstand, dass statt der unterschiedlichen Beitragssätze von 4,05 €/m² für Anlagen mit 3. Reinigungsstufe bzw. 4,30 €/m² für Anlagen ohne 3. Stufe gemäß § 4 SBS nunmehr ein einheitlicher Beitragsatz von 4,20 €/m² gilt, dafür, dass die Zusammenfassung dem vom Gesetzgeber verfolgen Regelungsziel entspricht. Denn in der Gesetzesbegründung heißt es, mit der Möglichkeit der Zusammenfassung werde auch der Solidargedanke aufgegriffen; bei der Zusammenfassung einer kostengünstigeren mit einer kostenintensiveren Einrichtung könnten "Spitzenwerte" abgemildert werden (Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks. 4/1307, S. 26).

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Die Kammer lässt offen, ob die bisher ständige Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, wonach es gegen das Vorteilsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstößt, wenn für den Anschluss an qualitativ unterschiedliche Kläranlagen derselbe Anschlussbeitrag erhoben wird (vgl. nur Urt. v. 15.03.1995 - 4 K 22/94, DVBl. 1995, 1146), durch die Neuregelung des § 2 Abs. 2 KAG M-V gegenstandslos geworden ist. Zwar mag es sein, dass technische Unterschiede so gewichtig sein können, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) eine Differenzierung gebietet und dass der Solidargedanke allein nicht geeignet ist, den Gleichheitssatz außer Kraft zu setzen (Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 07/09, § 2 Anm. 4.6). Vorliegend ist aber davon auszugehen, dass die Unterschiede zwischen den (früheren) Anlagen mit bzw. ohne 3. Reinigungsstufe nicht so groß sind, dass ihre Zusammenfassung vorteils- oder gleichheitswidrig ist. Bei den zusammengefassten Anlagen handelt es sich ausnahmslos um biologisch reinigende Anlagen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die einzelnen Kläranlagen trotz der unterschiedlichen Funktionsweise eine in etwa vergleichbare Reinigungsleistung haben. Nur für diese Anlagen wird ein Schmutzwasserbeitrag erhoben, § 1 Abs. 1 SBS. Rein mechanisch reinigende Kläranlagen werden vom Zweckverband gemäß § 1 Abs. 2 lit. b AAS dagegen nach wie vor als eigenständige, aber nicht beitragsfähige Anlage betrieben.

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b. Die Bestimmung des Beitragspflichtigen bei bebauten Grundstücken, an denen selbständiges Gebäudeeigentum besteht, begegnet keinen Bedenken. § 5 Abs. 2 SBS i.d.F. der ersten Änderungssatzung gibt den Regelungsgehalt des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V wortgleich wieder. Die an die ursprüngliche Fassung des § 5 Abs. 2 SBS anknüpfenden Einwände der Klägerin können daher auf sich beruhen.

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c. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Regelung über die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Baugrundstücken in § 6 Abs. 3 SBS unbedenklich. Danach gilt für unbebaute Grundstücke, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 Baugesetzbuch liegen, die Beitragspflicht erst als entstanden, wenn das Grundstück mit anzuschließenden Gebäuden bebaut oder tatsächlich angeschlossen wird. Die Bestimmung beruht auf der Ermächtigung in § 9 Abs. 6 KAG M-V. Zwar schöpft die Bestimmung des § 6 Abs. 3 SBS den von § 9 Abs. 6 KAG M-V vorgegebenen Rahmen nicht voll aus, da die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nur bei unbebauten Grundstücken im so genannten unbeplanten Innenbereich, nicht aber auch im Geltungsbereich von Bebauungsplänen bis zur Bebauung bzw. bis zum tatsächlichen Anschluss hinausgeschoben wird. Dies ist jedoch unschädlich. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 6 KAG M-V kann der Ortsgesetzgeber entscheiden, ob die Sonderregelung nur für Grundstücke, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (Innenbereich) liegen, oder auch für Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen, gelten soll (vgl. auch den Einführungserlass des Innenministeriums vom 14.06.2005, Ziff. 4.6.3, S. 19). Auch zwingt der auf Art. 3 GG beruhende Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht zu einer einheitlichen Behandlung. Durch die ebenfalls im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügte Regelung des § 9 Abs. 6 KAG M-V hat der Landesgesetzgeber eine ordnungspolitische Korrektur im Anschlussbeitragsrecht vorgenommen. Mit der an erschließungsbeitragsrechtliche Prinzipien anknüpfenden Grundregelung des § 9 Abs. 3 KAG M-V, wonach die sachliche Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, soll bei unbebauten oder deutlich unter dem zulässigen Maß bebauten Grundstücken durch die volle Belastung mit Beiträgen der Veräußerungs- und Bebauungsdruck erhöht werden, um einer Zersiedelung der Landschaft entgegen zu wirken (vgl. RegE, LT-Drs. 4/1307, S. 49). Dieser Ansatz hat sich jedenfalls für ländlich strukturierte, wirtschaftsschwache Regionen als verfehlt erwiesen. So heißt es im Regierungsentwurf (a.a.O.):

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"Nach wie vor sinkende Bevölkerungszahlen und eine ausbleibende wirtschaftliche Belebung machen es weitgehend unmöglich, in absehbarer Zeit die Bebauung in weitläufigen Dorflagen deutlich zu "verdichten". So führt die volle Beitragsbelastung z.B. bei unbebauten Grundstücken, die auf Grund ihrer Lage im so genannten Innenbereich (§ 34 BauGB) Bauland sind, zu erheblichen finanziellen Belastungen der Eigentümer, obwohl diese kaum in der Lage sind, die durch die beitragspflichtige Maßnahme (z.B. die Möglichkeit der zentralen Abwasserbeseitigung) gebotenen "Vorteile" zu vernünftigen wirtschaftlichen Bedingungen auch zu realisieren."

29

Dem ist auch der Innenausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern nicht entgegen getreten (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht, LT-Drs. 4/1576, S. 19), so dass davon ausgegangen werden kann, das der Landesgesetzgeber die dargestellten Erwägungen in seinen Willen aufgenommen hat. Damit wird deutlich, dass sich die dem Ortsgesetzgeber in § 9 Abs. 6 KAG M-V eingeräumte Befugnis, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Grundstücken auf den Zeitpunkt der Bebauung bzw. des tatsächlichen Anschlusses des Grundstücks hinauszuschieben, vornehmlich auf Grundstücke im unbeplanten Innenbereich erstreckt. Denn außerhalb der Umlandgemeinden größerer Städte und der touristisch bedeutsamen Regionen besteht im ländlichen Bereich Mecklenburg-Vorpommerns das Problem, dass eine Vielzahl von Grundstücken zwar nach den Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB rechtlich als Bauland ("Lückenbebauung") einzustufen sind, sie aber tatsächlich wegen fehlender Nachfrage auch mittelfristig nicht bebaut werden. Eine Zersiedelung der Landschaft infolge eines hohen "Baudrucks" droht in diesen Bereichen auf absehbare Zeit nicht. Zudem führt das "sofortige" Entstehen sachlicher Beitragspflichten zu erheblichen finanziellen Belastungen der betroffenen Eigentümer, die mangels Nachfrage nicht durch einen Grundstücksverkauf kompensiert werden können.

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Für Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen gilt dies nicht in vergleichbarer Weise, da die Aufstellung von Bauleitplänen erst bei einem entsprechenden städtebaulichen Bedürfnis erfolgt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Nr. 2 BauGB). Ist aber ein städtebauliches Bedürfnis gegeben - insbesondere, weil eine Nachfrage nach Baugrundstücken besteht - so ist es sinnvoll und auch geboten, durch die Belastung der Eigentümer mit Beiträgen den Veräußerungs- und Bebauungsdruck zu erhöhen, um einer Zersiedelung der Landschaft entgegen zu wirken. Es besteht daher kein Grund, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht bereits an die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung zu knüpfen. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass in Mecklenburg-Vorpommern auch B-Plangebiete existieren, die - aus welchen Gründen auch immer - am Bedarf vorbei geplant und entsprechend schlecht "belegt" sind. Diese Fälle bilden jedoch die Ausnahme, nicht die Regel. Dem trägt § 9 Abs. 6 KAG M-V dadurch Rechnung, dass der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht auch für im Geltungsbereich von Bebauungsplänen gelegene Grundstücke hinausgeschoben werden kann. Auch diese Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Ortsgesetzgebers. Er muss prüfen, ob es in seinem Zuständigkeitsbereich ein entsprechendes Bedürfnis besteht. Nach dem Vortrag des Beklagten ist dies nicht der Fall. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten.

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Die Befürchtung der Klägerin, es sei bei § 6 Abs. 3 SBS unklar, wie im Falle einer späteren Bebauung die Zahl der Vollgeschosse zu ermitteln sei, wird von der Kammer nicht geteilt. Entsteht die sachliche Beitragspflicht erst bei einer späteren Bebauung, so bestimmt sich die Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse nach der dann geltenden Maßstabsregelung. Die Fallgruppe unterscheidet sich nicht von den Fällen, in denen die sachliche Beitragspflicht aus anderen Gründen erst zeitlich versetzt entsteht, wie z.B. bei der Bebauung eines zunächst unbebauten Außenbereichsgrundstücks.

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d. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beitragsanspruch des Beklagten nicht wegen Festsetzungsverjährung gemäß § 47 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V erloschen. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Anschlussbeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung (ständige Rechtsprechung auch zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993: vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 03.03.2005 - 1 L 56/04, S. 4 ff. des Entscheidungsumdrucks).

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Gemessen an diesen Kriterien sind die sachliche Beitragspflichten für die Schmutzwasserbeseitigung im Bereich der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee auch gegenwärtig noch nicht entstanden. Damit konnte die Festsetzungsfrist bisher weder an- noch ablaufen. Dass die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 20.03.2008 unwirksam ist und die Satzung vom 27.10.2003 das Gebiet der Insel Hiddensee nicht erfasst, wurde bereits dargestellt.

34

Soweit die Klägerin meint, die sachliche Beitragspflicht sei bereits auf Grundlage der Satzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage (Herstellungsbeitragssatzung - HBS) vom 09.07.1998 entstanden, kann dem nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, dass das erkennende Gericht in dem rechtskräftigen Urteil vom 30.05.2001 - 3 A 39/99 - von der Wirksamkeit der Satzung ausgegangen ist. An dieser Auffassung wird jedoch nicht mehr festgehalten. Die materielle Rechtskraft des Urteils bindet das Gericht nicht, weil die Beteiligten jenes Verfahrens mit denen des vorliegenden Verfahrens nicht identisch sind (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO). Auch ist die Klägerin des vorliegenden Verfahrens nicht die Rechtsnachfolgerin der Klägerin jenes Verfahrens.

35

Die Frage, ob die Herstellungsbeitragssatzung vom 09.07.1998 materiell rechtmäßig ist, kann auf sich beruhen, weil sie an einem zur Unwirksamkeit führenden formell-rechtlichen Fehler leidet. Ihre Bekanntgabe verstößt gegen § 5 Satz 4 der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch geltenden Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO a.F.) vom 26. Januar 1995 (GVOBl. M-V, Seite 87). Nach dieser Bestimmung ist in der Bekanntmachung genehmigungspflichtiger Satzungen mit anzugeben, wann und durch welche Behörde die Satzung genehmigt worden ist. Eine Genehmigungspflicht bestand nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG 1993. Die Vorschrift bestimmt, dass rückwirkend erlassene Satzungen der Genehmigung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde bedarf. Dies trifft auf die Herstellungsbeitragssatzung zu, da sie gemäß ihrem § 19 Satz 1 rückwirkend zum 01.01.1993 in Kraft treten sollte. Demgemäß hat der Bürgermeister der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee zwar die Herstellungsbeitragssatzung der Landrätin des Landkreises Rügen als unterer Kommunalaufsichtsbehörde angezeigt. Diese erteilte dann unter dem 15.06.1998 die Genehmigung nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG 1993. Allerdings enthält die Bekanntmachung der Herstellungsbeitragssatzung keinen Hinweis auf die erteilte Genehmigung, worauf das Verwaltungsgericht bereits in dem Urteil vom 30.05.2001 (S. 6 des Entscheidungsumdrucks) hingewiesen hat. In der Entscheidung hatte es jedoch noch angenommen, dass sich die Fehlerfolge bei einem Verstoß gegen § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. auf die Rückwirkung der Satzung beschränkt und ist von einer Wirksamkeit der Satzung "ex-nunc" ausgegangen (a.a.O.).

36

An dieser Auffassung kann nicht mehr festgehalten werden, denn nach der Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern führt ein Verstoß gegen § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. zur Unwirksamkeit der Satzung insgesamt. In einem die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer betreffenden Fall, in dem die Bekanntgabe den Hinweis nach § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. enthielt und nur die Behördenbezeichnung fehlerhaft war, hat das Gericht ausgeführt, das die Satzung aufgrund der fehlerhaften Behördenbezeichnung mangels vorschriftsmäßiger Publikation nicht wirksam in Kraft gesetzt worden sei. Selbst der Wegfall des Genehmigungserfordernisses nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG 1993 infolge der KAG-Novelle 2005 ändere an diesem Befund nichts. Eine einmal wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültige Satzungsbestimmung könne nicht dadurch nachträglich geheilt werden, das heißt Gültigkeit erlangen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt die Gesetzeslage ändere. Der Satzungsgeber müsse erneut tätig werden, wenn er auf der Grundlage einer neuen Gesetzeslage eine ursprünglich ungültige Regelung erneut zur Geltung bringen wollte (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.04.2008 - 1 L 170/06, juris Rn. 31). Führt demnach bereits die fehlerhafte Bezeichnung der genehmigenden Behörde in einem Hinweis nach § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. zur Nichtigkeit der Satzung, so gilt dies erst Recht, wenn die Bekanntmachung einen solchen Hinweis überhaupt nicht enthält.

37

e. Auch ist es zulässig, die Klägerin zu einem Beitrag für die Herstellung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage heranzuziehen, obwohl sie bereits im Jahre 1995 für dasselbe Grundstück zu einem Schmutzwasserbeitrag (Herstellungsbeitrag) i.H.v. DM 1.575,60 ( € 805,59) herangezogen worden ist und sie diesen Betrag auch gezahlt hat. Es liegt trotz des Wechsels des Aufgabenträgers ein Fall der Nacherhebung vor, weil die seinerzeit von der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee betriebene Anlage mit der nunmehr vom Beklagten betriebenen Anlage teilidentisch ist. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht einer Nacherhebung nicht entgegen, wenn der in der Vergangenheit bereits gezahlte Betrag - wie hier - auf die Beitragsschuld angerechnet wird. Gleiches gilt für die Bestandskraft des ursprünglichen Beitragsbescheides (eingehend: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15.12.2009 - 1 L 323/06, S. 12 ff. des Entscheidungsumdrucks).

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

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Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 27. Jan. 2010 - 3 A 194/09 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 47 Erlöschen


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ans

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 15. Dez. 2009 - 1 L 323/06

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Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleist

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Apr. 2008 - 1 L 170/06

bei uns veröffentlicht am 30.04.2008

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14.März 2006 - 3 A 2525/99 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kost
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Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 15. Okt. 2012 - 3 B 1308/12

bei uns veröffentlicht am 15.10.2012

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragstellerin auferlegt. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag. 2 Die von Frau A. und Herrn A. gebildet

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 26. Juli 2012 - 3 A 1424/09

bei uns veröffentlicht am 26.07.2012

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14.März 2006 - 3 A 2525/99 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten der Kläger abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem ca. 25 qm großen Gartenhaus bebauten Grundstücks in der bei B. gelegenen Gartenanlage "S.". Der Beklagte hat die Kläger dafür zu Zweitwohnungssteuern für das Jahr 1999 herangezogen.

2

Die Gemeinde Weitendorf, in der das Grundstück der Kläger liegt, hatte zunächst eine Zweitwohnungssteuersatzung (Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Gemeinde Weitendorf) vom 22. Mai 1996 erlassen. Die Satzung trat rückwirkend zum 1. Januar 1996 in Kraft. In der Satzung findet sich der Hinweis, die Gemeinde habe "...nach Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vom 07.08.96 folgende Satzung erlassen...".

3

Der Rechtsvorgänger des Beklagten (Amtsvorsteher des Amtes B.) setzte gegenüber den Klägern auf der Grundlage dieser Satzung für das Jahr 1999 mit Bescheid vom 1. Februar 1999 Zweitwohnungssteuern in Höhe von 134,75 DM fest. Die Kläger überwiesen den Betrag am 16. Februar 1999.

4

Mit Beschluss vom 10. März 1999 erließ die Gemeinde Weitendorf eine neue, nunmehr vollständig an eine Mustersatzung angepasste Zweitwohnungssteuersatzung (ausgefertigt am 29. März 1999), die ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 1996 in Kraft treten sollte. Der Landrat des Landkreises Parchim als untere Rechtsaufsichtsbehörde genehmigte die Satzung am 19. März 1999 nach § 2 Abs. 5 KAG unter der Bedingung, dass die Abgabenpflichtigen für bereits vergangene Zeiträume in der Abgabenhöhe nicht schlechter gestellt werden als nach der am 22. Mai 1996 erlassenen Zweitwohnungssteuersatzung. Die Satzung wurde im B. Anzeiger vom 13. April 1999 bekanntgemacht. In der Präambel der Satzung heißt es wie in der Vorgängersatzung vom 22. Mai 1996: "...nach Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde...".

5

Der Rechtsvorgänger des Beklagten hob die Steuerfestsetzung vom 1. Februar 1999 mit Bescheid vom 30.04.1999 auf und forderte von den Klägern für das Jahr 1999 - nunmehr auf der Grundlage der Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 - mit Bescheid vom 26. Juli 1999 Zweitwohnungssteuern in Höhe von 300,- DM, fällig zum 15. und 26. August sowie 15. November 1999. Der Rechtsvorgänger des Beklagten wies den dagegen erhobenen Widerspruch der Kläger mit Bescheid vom 7. September 1999 zurück.

6

Die Kläger haben gegen den Bescheid vom 26. Juli 1999 sowie gegen den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 am 29. September 1999 Klage vor dem Verwaltungsgericht Schwerin (3 A 2525/99) erhoben, die sie im Wesentlichen auf eine fehlende Anrechnung des von ihnen bereits gezahlten Betrages von 134,75 DM, eine unzulässige Rückwirkung der Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 und eine fehlende Bekanntgabe dieser Satzung gestützt haben.

7

Die Kläger haben beantragt,

8

den Veranlagungsbescheid des Beklagten vom 26. Juli 1999 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 7. September 1999 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er ist dem Vortrag der Kläger in allen Punkten entgegengetreten; insbesondere sei es den Klägern selbstverständlich möglich, den bereits gezahlten Betrag mit dem aktuell geforderten zu verrechnen.

12

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 mit Urteil vom 14. März 2006 aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die der Abgabenforderung zugrundegelegte Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 sei unwirksam, denn sie genüge nicht den Anforderungen des § 5 Satz 5 KV-DVO, wonach in der Bekanntmachung einer genehmigungspflichtigen Abgabensatzung anzugeben sei, wann und durch welche Behörde die Satzung genehmigt worden sei. Die Veröffentlichung der Satzung im B. Anzeiger vom 13. April 1999 werde dem nicht gerecht. Denn die Formulierung "...mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde..." stelle keine konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde dar. Die Bezeichnung "Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde" bzw. "rechtsaufsichtliche Genehmigung" erschwere es dem Bürger in gleicher Weise, die konkrete Körperschaft zu bestimmen. Auf die weiteren Argumente der Kläger komme es daher nicht mehr an. Die Steuerfestsetzung dürfte jedoch insoweit rechtswidrig sein, als nunmehr ein Betrag von mehr als 134,75 DM festgesetzt worden sei. Dies ergebe sich aus dem Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG.

13

Der Beklagte hat gegen das ihm am 27. April 2006 zugestellte Urteil am 12. Mai 2006 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen später begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 12. Juli 2007 - dem Beklagten zugestellt am 17. Juli 2007 - zugelassen. Die Senatsvorsitzende hat die Frist zur Begründung der Berufung auf den innerhalb der Frist gestellten Antrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten bis zum 17. September 2007 verlängert. Der Beklagte hat die Berufung sodann mit am 17. September 2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

14

Der Beklagte vertritt den Standpunkt, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an § 5 Satz5 KV-DVO überspannt, wenn es fordere, dass in der Bekanntmachung der genehmigungspflichtigen Satzung die konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde enthalten sein müsse. Sinn und Zweck der Bestimmung gingen dahin, lückenlos die Einhaltung des Satzungsverfahrens nach außen in Form der Bekanntmachung zu dokumentieren. Daher reiche es aus, die Funktionsbezeichnung "Rechtsaufsichtsbehörde" anzugeben. Welche Behörde im Einzelnen gemeint sei, lasse sich aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nachvollziehen. Jedes darüber hinausgehende Erfordernis würde die Anforderungen an den Satzungsgeber überspannen. Selbst das Kommunalabgabengesetz verwende unterschiedliche Behördenbezeichnungen für die Rechtsaufsichtsbehörde. Diese Bezeichnung sei jedenfalls richtig und die knappste Form der zutreffenden Behördenbezeichnung. Die Bekanntmachung der Behörde in dieser Weise lasse unter Einbeziehung von § 2 KAG eindeutig nach außen sichtbar werden, dass das hier vorgesehene Verfahrenserfordernis eingehalten worden sei. Jedenfalls sei mit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes mit der Streichung von § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG eine Heilung einer unzureichenden Behördenbezeichnung eingetreten. Eine nochmalige Bekanntmachung der Satzung mit einer anderen Präambel wäre widersinnig und würde ins Leere gehen. Die Publikation der Genehmigung könne keinen eigenständigen nachvollziehbaren Sinn, keine Anstoßfunktion mehr entfalten, der Informationsgehalt liefe ins Leere. Es gehe ausschließlich darum, die Genehmigung aus dem Jahre1999 bzw. die vollständige Behördenbezeichnung zu veröffentlichen, also eine Formvorschrift zu wahren, die jedenfalls seit dem Jahre 2005 nicht mehr eingehalten werden müsse. Eine derartige Heilung wäre funktionslos. Da es aber eine Heilung geben müsse, um eine satzungslose Zeit zu Lasten des Gemeindehaushaltes zu vermeiden, sei mit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes schließlich eine "gesetzliche Heilung" eines möglicherweise zuvor bestehenden Formfehlers eingetreten.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichtes Schwerin vom 14. März 2006 abzuweisen.

17

Die Kläger beantragen,

18

die Berufung zurückzuweisen

19

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und weisen darauf hin, dass der Klage auch aus anderen Gründen stattzugeben gewesen wäre. Die angefochtene Steuerfestsetzung habe gegen das in § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG geregelte Verbot rückwirkender Schlechterstellung verstoßen.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten (des Amtsvorstehers des im Jahre 2004 aufgelösten Amtes B.) vom 26. Juli 1999 über die Festsetzung von Zweitwohnungssteuern für das Veranlagungsjahr 1999 in Höhe von 300,-- DM sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO). Ihnen fehlt die nach § 2 Abs. 1 KAG alter und neuer Fassung für die Erhebung von Abgaben erforderliche Satzungsgrundlage. Die dem Bescheid zugrundeliegende Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde Weitendorf vom 29. März 1999 (Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS 99) kommt als solche nicht in Betracht. Denn sie ist mangels ordnungsmäßiger Bekanntgabe nicht wirksam geworden (nachfolgend 1.). Eine andere wirksame Zweitwohnungssteuersatzung existiert nicht. Eine - spätere - Heilung hat nicht stattgefunden (nachfolgend 2.)

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1. Der Satzungsgeber hat nach § 9 ZwStS 99 die rückwirkende Geltung der Satzung zum 1. Januar 1996 bestimmt. Daher durfte diese nach § 2 Abs. 5 Satz 5 Kommunalabgabengesetz (KAG) in der vor der Novellierung vom 14. März 2005 (GVOBl. M-V, Seite 91) und somit zum Zeitpunkt der Schaffung der Zweitwohnungssteuersatzung noch geltenden Fassung des Gesetzes nur nach Genehmigung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde erlassen werden. Somit musste ihre Bekanntgabe den Anforderungen genügen, die § 2 i.V.m. § 5 Satz 4 der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Satzung noch geltenden Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO, a.F.) vom 26. Januar 1995 (GVOBl. M-V, Seite 87) an die Bekanntmachung rückwirkender Abgabensatzungen gestellt hat. Dies ist hier nicht der Fall. § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) schrieb vor, dass in der Bekanntmachung genehmigungspflichtiger Satzungen mit anzugeben war, wann und durch welche Behörde die Satzung genehmigt worden war. Die letztgenannte Voraussetzung erfüllt die Zweitwohnungssteuersatzung nicht. Die hier in der Präambel der Satzung enthaltene Angabe, wonach "mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vom 19.03.1999" die folgende Satzung erlassen werde, genügt nicht den Anforderungen des § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass eine solche allein funktionelle Bezeichnung der Genehmigungsbehörde im vorliegenden Falle nicht ausreicht.

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Wortlaut, Zweck und systematischer Zusammenhang des § 5 Satz 4 KV-DVO [a.F.] (gleichlautend mit § 5 Satz 5 KV-DVO in der Fassung vom 23. April 1999 [GVOBl. M-V, Seite 295]) mit den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sprechen dafür, dass in der Bekanntmachung genehmigungspflichtiger Satzungen die konkrete Bezeichnung der Behörde, die die Genehmigung erteilt hatte, anzugeben und allein ihre Funktionsbezeichnung nicht ausreichend war, wenn zuständige Rechtsaufsichtsbehörde - wie hier - der für die kreisangehörigen Gemeinden zuständige Landrat bzw. die Landrätin des jeweiligen Landkreises gewesen ist (§ 79 Abs. 1 KV).

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Für genehmigungspflichtige Satzungen kreisangehöriger Gemeinden legte bereits die in § 5 Satz 4 KV-DVO gebrauchte Wendung "durch welche Behörde" im Zusammenhang mit § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG den Schluss nahe, dass die Angabe allein der Funktionsbezeichnung der Genehmigungsbehörde ("Rechtsaufsichtsbehörde") nicht ausreichend sein konnte, sondern die konkrete Bezeichnung der Behörde anzugeben war. § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG bestimmte, dass die Genehmigung für rückwirkend erlassene Abgabensatzungen durch die "zuständige Rechtsaufsichtsbehörde" zu erteilen war. Damit bezog sich die Bestimmung auf § 79 KV, wonach Rechtsaufsichtsbehörde für die kreisangehörigen Gemeinden der Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde ist. Sollte vor diesem Hintergrund der Angabe, "welche Behörde" die Genehmigung erteilt hatte, irgendein über die schon in § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG getroffene Regelung hinausreichender Informationsgehalt zugemessen werden und sie sich nicht in einer Wiederholung der ohnehin geltenden abstrakten und allgemeinen Rechtslage erschöpfen, so kann mit ihr nur die Mitteilung der konkreten Bezeichnung der im Einzelfall tätig gewordenen Genehmigungsbehörde gemeint gewesen sein. Dagegen, dass nach § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) lediglich ein Hinweis auf die allgemeine Rechtslage hinsichtlich der Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörden für die Erteilung von Satzungsgenehmigungen gemeint gewesen ist, spricht, dass § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) dann auch in diesem Sinne hätte lauten können. Dann wäre es für den Verordnungsgeber ausreichend gewesen etwa vorzuschreiben, dass in der Bekanntgabe die Erteilung der Genehmigung "durch die Rechtsaufsichtsbehörde" anzugeben ist, oder "durch die in § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG bestimmte Behörde" bzw. eine ähnlich lautende Anordnung. Dies ist aber nicht geschehen. Die in § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) gewählte Formulierung "welche Behörde" weist somit darüber hinaus auf die Angabe der konkreten Bezeichnung der nach § 79 KV örtlich zuständigen Behörde.

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Dieses Normverständnis ergibt sich aber vor allem aus Sinn und Aufgabe von § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) als rechtsstaatlichen Anforderungen dienende Bekanntmachungsvorschrift. Die Notwendigkeit der Veröffentlichung von Rechtsnormen ist Gebot des Rechtsstaatsprinzips. Die Verkündung stellt einen integrierenden Teil der förmlichen Rechtssetzung dar. Sie ist Geltungsbedingung. Verkündung bedeutet regelmäßig, dass die Rechtsnormen in der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Es obliegt dem zuständigen Normgeber, das Verkündungsverfahren so auszugestalten, dass es seine rechtsstaatliche Funktion erfüllt, der Öffentlichkeit die verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen (vgl. dazu BVerfG, 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283, 291). Die Bedeutung der Verkündung von Rechtsnormen als rechtsstaatliches Gebot findet ihren Ausdruck u.a. in § 5 Abs. 5 KV. Danach kann ein Verstoß gegen Verfahrens- und Formvorschriften, die in der Kommunalverfassung enthalten oder aufgrund dieses Gesetzes erlassen worden sind, nach Ablauf eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden, wenn bei der Bekanntmachung auf die Regelungen dieses Absatzes hingewiesen worden ist. Anders ist dies bei Verstößen gegen Bekanntmachungsvorschriften. Solche können stets geltend gemacht werden. Hierin wird der besondere Wert einer korrekten rechtsstaatlichen Publizierung der Satzung und ihrer rechtlichen Prüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde hervorgehoben (Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Auflage, Seite 32).

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Im vorliegenden Zusammenhang hat sich der Verordnungsgeber entschieden, das Verkündungsverfahren so zu gestalten, dass die Satzung nicht nur in ihrem Wortlaut (vgl. § 3 Abs. 1 KV-DVO; s.a. § 2 Abs. 1 KV-DVO v. 4. März 2008, GVOBl., Seite 85), sondern zudem mit Datum und Bezeichnung der Genehmigungsbehörde bekanntzumachen ist. Damit ist auch die Bekanntgabe dieser Umstände Geltungsbedingung der förmlichen Rechtssetzung. Sie verdeutlicht im Sinne der Rechtssicherheit und verlässlichen Kenntnisnahme des Satzungsrechts, dass die rückwirkend in Kraft gesetzte Abgabensatzung aufsichtsbehördlich überprüft ist und keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Sie dient damit gleichermaßen wie die Bekanntgabe der Genehmigung genehmigungsbedürftiger Bebauungspläne nach § 10 Abs. 3 BauGB den schutzwürdigen Belangen der Normadressaten, indem das rechtsnormförmige Ergebnis des Rechtssetzungs- einschließlich des Satzungsgenehmigungsverfahrens bekanntzugeben ist (vgl. zu §12 Satz 2 BBauG 1960/1979: BVerwG, 06.07.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344, 349). Die Motivation des Verordnungsgebers für die darin liegende Verschärfung der Bekanntmachungsanforderungen verdeutlicht für die Fallgruppe der genehmigungsbedürftigen Satzungen nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG die Gesetzesbegründung bzw. die Begründung zu der Streichung dieser Bestimmung mit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005. Nach der Begründung zu § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG a.F. (LT-Drs. 1/2558) sollte der Genehmigungsvorbehalt Rechtsverstöße verhindern. Nach der Begründung zur Streichung dieser Bestimmung (LT-Drs. 4/1307, S. 27) konnte mit dem Genehmigungsvorbehalt die verfassungsrechtlich nur unter engen Voraussetzungen zulässige Rückwirkung von kommunalen Rechtsnormen auch rechtsaufsichtlich zusätzlich kontrolliert werden. Zwischenzeitlich seien die Kommunen aber in dieser Hinsicht hinreichend sensibilisiert, so dass sich der Genehmigungsvorbehalt in kommunaler und rechtsaufsichtlicher Hinsicht überwiegend als unnötig darstelle. Demnach sollte den von der Satzung Betroffenen als förmlicher Teil der Bekanntmachung verlässlich zur Kenntnis gegeben werden, dass die wegen der satzungsmäßigen Rückwirkung bestehenden und von der Gemeinde allein nicht hinreichend zuverlässig zu beurteilenden gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen aufsichtsbehördlich überprüft worden sind und die erforderliche Genehmigung vorliegt.

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§ 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) hat vor diesem Hintergrund allerdings davon abgesehen, die Bekanntmachung der gesamten Genehmigungsentscheidung vorzuschreiben. Gefordert ist lediglich die nachrichtliche Bekanntgabe der Genehmigung durch Angabe gewissermaßen zweier Identifizierungsmerkmale, des Entscheidungsdatums und der Benennung der Genehmigungsbehörde. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass der Verordnungsgeber damit einen Verzicht bezüglich der Identifizierbarkeit der Genehmigung verbunden hat oder auch nur in Kauf nehmen wollte. Die Angabe von Genehmigungsdatum und Bezeichnung der Genehmigungsbehörde kann nämlich im Sinne einer verlässlichen Kenntnisnahme von der Genehmigung die Tatsache ihrer Erteilung ebenso exakt und unmißverständlich angeben wie der Abdruck der gesamten Genehmigungsentscheidung selbst. Dafür ist jedoch eine möglichst genaue Bezeichnung der Genehmigungsbehörde erforderlich, der die konkrete Behördenbezeichnung i. S. v. § 1 Abs. 1 KV-DVO genügt. Die Verwendung nur der funktionellen Behördenbezeichnung hingegen ist - jedenfalls dann, wenn zuständige Rechtsaufsichtsbehörde nicht das Innenministerium ist (§ 79 Abs. 2 KV) - mehrdeutig und erlaubt keine zweifelsfreie, hinreichend verlässliche und eindeutige Bestimmbarkeit der zuständigen Genehmigungsbehörde. Die Inkaufnahme solcher Unklarheiten stünde im Widerspruch dazu, dass die Benennung der Genehmigungsbehörde neben der Angabe des Entscheidungsdatums im Interesse der Verlässlichkeit der Bekanntgabe und damit im Interesse der Rechtssicherheit als Geltungsbedingung der förmlichen Rechtssetzung ausgestaltet worden ist (so auch - für die Genehmigungserteilung für Zweckverbandssatzungen OVG Weimar, 14.10.2002 - 4 N 34/95 -, juris).

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Damit folgt der Senat ausdrücklich nicht der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung der Beklagtenseite, die Angabe der Genehmigungsbehörde solle diese darüber in Kenntnis setzen, dass das Genehmigungserfordernis im Falle der jeweiligen konkreten Satzung beachtet worden ist. Eine solche Betrachtungsweise erscheint aus den oben dargestellten Gründen nicht überzeugend. Die Bekanntgabe von Entscheidungsdatum und Bezeichnung der Genehmigungsbehörde dient - wie ausgeführt - rechtsstaatlichen Erfordernissen und damit zuallererst den schutzwürdigen Interessen der von den Belastungen einer rückwirkenden Abgabensatzung betroffenen Normadressaten. Den Belangen der rechtsaufsichtsbehördlichen Kontrolle ist bereits mit der Verpflichtung zur Genehmigung der Satzung hinreichend Genüge getan. Für eine Publikation der Genehmigungserteilung im Interesse der Aufsichtsbehörde besteht kein Bedürfnis. Insoweit gilt nichts anderes als für die Anzeigepflicht nach § 5 Abs. 4 Satz 5 KV. Diese versetzt die Rechtsaufsichtsbehörde in die Lage zu prüfen, ob die Satzung im Einklang mit den Gesetzen steht und etwa von dem Beanstandungsrecht Gebrauch zu machen ist. Eine Publikation des Anzeigevorganges bzw. von dessen Ergebnis ist dafür weder erforderlich noch vorgeschrieben.

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Auch den von der Beklagtenseite vertretenen Rechtsstandpunkt, wonach die Anforderungen an die Gemeinden mit der Angabe der konkreten Behördenbezeichnung überspannt würden, kann der Senat nicht teilen. Die konkrete Bezeichnung der Rechtsaufsichtsbehörde kann auch für nicht mit juristischem Fachpersonal ausgestattete Gemeinden nicht unklar gewesen sein. Denn § 1 Abs. 1 Nr.3, Abs. 2 KV-DVO a.F. normiert ebenso wie die nachfolgenden Fassungen der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung unmissverständlich die genaue Bezeichnung der Rechtsaufsichtsbehörde mit einem den Zuständigkeitsbereich kennzeichnenden Zusatz (vgl. § 1 Abs. 2 KV-DVO vom 23. April 1999) als "Landrat des Landkreises ... als untere Rechtsaufsichtsbehörde".

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Wenn danach für die Publikation genehmigungspflichtiger Satzungen kreisangehöriger Gemeinden nach § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.) die Angabe der konkreten Bezeichnung der Rechtsaufsichtsbehörde (Landrat des Landkreises...., vgl. § 1 Abs. 2 und 3 KV-DVO) erforderlich gewesen ist, dürfte das allerdings nicht für Satzungen der kreisfreien Städte gelten. Hier ist einzig zuständige Rechtsaufsichtsbehörde das Innenministerium (§ 79 Abs. 2 KV). Unklarheiten bei der Frage der zuständigen Behörde wie im Falle der kreisangehörigen Gemeinden können hier von vornherein nicht auftreten. Hier ist ohne Schwierigkeiten und Gefahr von Irrtümern unmittelbar aus dem Gesetz heraus ermittelbar, welche Behörde in das Genehmigungsverfahren eingeschaltet gewesen ist (Senat, 20.06.2007 - 1 L 241/06 -, juris = NordÖR 2007, 376; zur Bezeichnung "kommunalaufsichtliche Genehmigung" vgl. Senat, 23.05.2007 - 1 L 100/05 -, juris). Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Satz 4 KV-DVO (a.F.), dem von der Satzung Betroffenen verlässlich Kenntnis von der Genehmigung der Satzung zu verschaffen und ihm dahingehend die Möglichkeit der Überprüfung einzuräumen, erfordern in diesen Fällen die konkrete Bezeichnung der Genehmigungsbehörde wohl nicht.

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2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 mit der Streichung der Genehmigungsbedürftigkeit rückwirkender Abgabensatzungen keine Heilung des Bekanntmachungsfehlers eingetreten. Die Zweitwohnungssteuersatzung ist aufgrund der fehlerhaften Behördenbezeichnung mangels vorschriftsmäßiger Publikation nicht wirksam in Kraft gesetzt worden. Eine einmal wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültige Satzungsbestimmung kann nicht dadurch nachträglich geheilt werden, das heißt Gültigkeit erlangen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt die Gesetzeslage ändert. Der Satzungsgeber muss erneut tätig werden, wenn er auf der Grundlage einer neuen Gesetzeslage eine ursprünglich ungültige Regelung erneut zur Geltung bringen wollte. Das Inkrafttreten einer neuen Rechtsgrundlage allein bewirkt keine Heilung des Satzungsmangels (VGH Kassel, 26.09.1996 - 5 UE 2338/94 -, KStZ 1997, 154, 156; 31.01.1991 - 5 N 1388/88 -, NVwZ-RR 1991, 578, 579). Dies entspricht der Rechtsprechung des Senates. Er hat bereits entschieden (23.05.2007 - 1 L 100/05 -, juris), dass es ohne Einfluss auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 4 KV-DVO (a.F.) bleibt, dass mit In-Kraft-Treten des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 und dem damit verbundenen Wegfall des § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG rückwirkend erlassene Abgabensatzungen nicht mehr der Genehmigung, sondern nur noch der Anzeige nach § 5 Abs. 4 Satz 5 KV M-V bedürfen. Denn die Ordnungsgemäßheit des Bekanntmachungsverfahrens bestimmt sich nach dem zur Zeit des Bekanntmachungsvorgangs geltenden Recht. Eine rückwirkende Geltung des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 auf frühere vorschriftswidrige Bekanntmachungsverfahren ist nicht geregelt.

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Infolgedessen müsste die Gemeinde, wenn sie den angefochtenen Bescheid nunmehr auf eine wirksame Grundlage stellen wollte, die Zweitwohnungssteuersatzung erneut mit rückwirkender Geltung bekanntmachen. Dies hätte auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der (erneuten) Bekanntgabe geltenden Kommunalabgabengesetzes zu geschehen, wonach auch bei rückwirkenden Satzungen eine Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde nicht mehr erforderlich ist. Die Auffassung des Beklagten, dass für eine Heilung des hier vorliegenden Bekanntmachungsfehlers durch Erlass einer neuen Satzung mit Rückwirkung für das Veranlagungsjahr 1999 noch eine Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde erforderlich sei, ist nicht zutreffend. Andererseits würde wohl eine Neubekanntmachung mit dem Hinweis auf die seinerzeitige Genehmigungserteilung unter korrekter Behördenangabe nicht schaden.

33

Wenn somit die Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG für den angefochtenen Abgabenbescheid erforderliche Satzungsgrundlage ausscheidet, gilt dies auch für die Satzung der Gemeinde Weitendorf über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 22. Mai 1996. Auch in § 9 dieser Satzung heißt es entgegen den zum Zeitpunkt ihres Erlasses geltenden Bekanntmachungsvorschriften (KV-DVO vom 26. Januar 1995), dass die "Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde" vorliege.

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3. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid, von dem aufgezeigten Bekanntmachungsfehler der Zweitwohnungssteuersatzung abgesehen, deshalb rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, weil er unter Verletzung des zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch geltenden Schlechterstellungsverbotes nach § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG (vgl. dazu zuletzt Beschluss des Senates, 25. 07.2007 - 1 M 83/07 -, juris) erlassen worden ist. Der Beklagte hatte mit später aufgehobenem Bescheid vom 1. Februar 1999 gegenüber den Klägern auf der Grundlage der Zweitwohnungssteuersatzung der Gemeinde Weitendorf vom 22. Mai 1996 zunächst Zweitwohnungssteuern für das Jahr 1999 in Höhe von 134, 75 DM festgesetzt. Unter Geltung des Schlechterstellungsverbotes durften die Kläger durch die rückwirkend in Kraft gesetzte Zweitwohnungssteuersatzung vom 29. März 1999 mit einem in § 5 Abs. 1 Nr. 1 geregelten Steuersatz von 300,- DM nicht schlechter gestellt werden als nach der bisherigen Veranlagung (134,75 DM).

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Außerdem enthält der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 1999 zu Unrecht überhaupt noch ein Leistungsgebot, wonach der geforderte Betrag zu den Terminen 15. und 26. August sowie 15. November 1999 fällig sein sollte. Die Kläger hatten den zunächst mit Bescheid vom 1. Februar 1999 geforderten Betrag von 134, 75 DM sogleich mit Überweisung vom 16. Februar 1999 gezahlt. Raum für eine weitere Zahlungsaufforderung hat damit nicht mehr bestanden. Der Beklagte hat nach Aufhebung seines Bescheides vom 1. Februar 1999 allein noch Zweitwohnungssteuern in Höhe von 134,75 DM festsetzen, nicht jedoch mehr anfordern können.

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Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte gem. § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Kostengläubigers abzuwenden, wenn nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Nacherhebung eines Anschlussbeitrages für die Schmutzwasserbeseitigung.

2

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem zweigeschossigen Einfamilienhaus und einem Ferienhaus bebauten und 2.191 qm großen Grundstücks Gemarkung ##, Flur #, Flurstück ###. Es ist an die von der Gemeinde Zingst betriebene zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen. Mit Bescheid vom 28. Juni 1995 hatte der Beklagte den Kläger zu Anschlussbeiträgen in Höhe von 5.076,36 EUR (9.928,50 DM) herangezogen, mit Nachveranlagungsbescheid vom 15. Oktober 1999 zu weiteren 1.514,47 (2.962,05 DM). Der Berechnung des Beitrages gemäß Bescheid vom 28. Juni 1995 war eine Grundstücksfläche von 1.500 m² (x 4,65 DM = 6.975,00 DM) und eine Geschossfläche von 179 m² (x 16,50 DM = 2.953,50 DM) zugrunde gelegt worden. Der Nachveranlagungsbescheid vom 15. Oktober 1999 legte eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 2.137 m² zugrunde (2.191 abzüglich 54 m² Wasserfläche), von der die bereits veranlagte Fläche von 1.500 m² in Abzug gebracht wurde. Den Betrag von 5.076,36 EUR zahlte der Kläger. Ein gegen den Bescheid vom 15. Oktober 1999 anhängig gemachtes Klageverfahren (VG Greifswald, Az. 3 A 1288/01) ist nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt worden.

3

Mit dem streitgegenständlichen Änderungsbescheid vom 16. Juni 2003 zum Nachveranlagungsbescheid vom 15. Oktober 1999 setzte der Beklagte im Wege der Nacherhebung einen Anschlussbeitrag in Höhe von 12.263,10 EUR fest. Im Bescheid heißt es, die Differenz zwischen dem bereits gezahlten und dem neu festgesetzten Anschlussbeitrag betrage 7.186,74 .

4

Auf den unter dem 23. Juni 2003 dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers reduzierte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004, zugestellt am 18. August 2004, den zu zahlenden Beitrag auf 3.656,80 EUR und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte u.a. aus, die bereits 1995 veranlagte Teilfläche von 1.500 m² habe wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht erneut veranlagt werden dürfen. Für die Restfläche von 637 m² errechne sich eine beitragspflichtige Fläche von 891,80 m² (erstes Vollgeschoss: 100 %, zweites Vollgeschoss: 40 % - § 4 Abs. 3 der Abwasserbeitragssatzung). Bei einem Beitragssatz von 4,10 EUR ergebe sich ein Nacherhebungsbeitrag von 3.656,38 EUR.

5

Dagegen hat der Kläger am 20. September 2004 (Montag) Klage erhoben.

6

Zu ihrer Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt,

7

seine Heranziehung sei rechtswidrig. Es fehle an einer wirksamen Satzungsgrundlage. Die Abwasserbeitragssatzung des Beklagten vom 10. April 2003 sei bereits nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. Der "Zingster Strandbote", jedenfalls dessen Ausgabe vom April 2003, genüge wegen eines Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 4 KV-DVO a. F nicht den gesetzlichen Anforderungen für ein amtliches Bekanntmachungsblatt. Die Satzung sei auch materiell-rechtlich unwirksam. §4 Abs. 2 Buchst. d ABS verstoße gegen den Gleichheitssatz. Zudem halte § 3 Abs. 2 ABS einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, indem die Bestimmung ein Abweichen vom Buchgrundstücksbegriff zugunsten des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffes auch dann zulasse, wenn die Anwendung des Buchgrundstücksbegriffes nicht zu gröblich unangemessenen Ergebnissen führen würde. Die Satzungsanwendung sei ebenfalls fehlerhaft. Eine Nacherhebung sei wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung unzulässig.

8

Der Kläger hat beantragt,

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den Beitragsbescheid des Beklagten vom 16.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2004 aufzuheben.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er hat vorgetragen,

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die formell-rechtlichen Einwände gegen die Wirksamkeit der Abwasserbeitragssatzung seien unbegründet. Gleichwohl sei der "Zingster Strandbote" in seinem Erscheinungsbild geändert und die Abwasserbeitragssatzung im Februar 2005 vorsorglich erneut bekannt gemacht worden. § 4 Abs. 2 Buchst. d ABS verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es sei rechtlich zulässig, die Grenze der baulichen oder gewerblichen Nutzung bei der am weitesten entfernten Gebäudegrenze zu ziehen. Außerdem gebe es in der Gemeinde Zingst keine übergreifende, nicht-bauliche gewerbliche Nutzung und damit den vom Kläger angesprochenen Fall nicht. Auch § 3 Abs. 2 ABS sei nicht zu beanstanden. Die Regelung sei auch kein einziges Mal angewendet, sondern stets das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne zugrundegelegt und herangezogen worden.

14

Mit dem angefochtenen Urteil vom 20. September 2006 - 3 A 2268/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der rechtmäßige Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung in der Gemeinde Seeheilbad Zingst (Abwasserbeitragssatzung) vom 10. April 2003, bekanntgemacht durch Veröffentlichung im "Zingster Strandboten" vom 16. April 2003. Die Vorgängersatzungen vom 26. Juni 1993 und

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24. Mai 1996 seien unwirksam und schieden deswegen als Rechtsgrundlage aus.

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Die Abwasserbeitragssatzung vom 10. April 2003 sei rechtswirksam. Sie sei ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Ostseebad Zingst vom 07. Dezember 2001 erfolgten öffentliche Bekanntmachungen von Satzungen im amtlichen Bekanntmachungsorgan der Gemeinde, dem monatlich erscheinenden "Zingster Strandboten". Dieser genüge den Anforderungen des §6 Abs. 1 KV-DVO, insoweit werde auf den Beschluss der Kammer vom 11. Februar 2005 - 3 B 3820/04 - Bezug genommen. Darüber hinaus dürfte der klägerische Einwand wegen der Neubekanntmachung im "Zingster Strandboten" vom 18. Februar 2005 hinfällig geworden sein.

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Die Satzung sei auch materiell-rechtlich wirksam und weise den erforderlichen Mindestinhalt auf.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers sei insbesondere § 4 Abs. 2 Buchst. d ABS fehlerfrei. Die Bestimmung finde ihre Rechtfertigung darin, dass die in der Tiefenbegrenzung liegende Vermutung, wonach jenseits der Tiefengrenze der Außenbereich beginne, in Fällen sogenannter übergreifender baulicher bzw. gewerblicher Nutzung widerlegt sei und daher in diesen Fällen die beitragspflichtige Fläche durch die hintere Grenze der Nutzung begrenzt werde. Wenn der Kläger meine, dass die Regelung eine übergreifende gewerbliche Nutzung, die nicht zugleich bauliche Nutzung sei, nicht erfasse, berücksichtige er nicht, dass eine "nur gewerbliche" Nutzung, die nicht auch bauliche Nutzung sei, in Bezug auf die Schmutzwasserentsorgung kaum denkbar sei. Der Hinweis auf "zahlreiche" gewerbliche Grundstücksnutzungen, deren Grenze nicht durch eine bauliche Anlage gezogen werde, treffe nicht zu. Mit Blick auf den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit habe der Beklagte zudem unwidersprochen dargelegt, dass es jedenfalls im Gebiet der Gemeinde Zingst kein Grundstück gebe, das jenseits der Tiefenbegrenzungslinie "nur gewerblich" genutzt würde, ohne dass zugleich eine (übergreifende) Gebäudenutzung vorhanden wäre. Fehlerhaft und damit unwirksam sei allerdings § 3 Abs. 2 ABS, wenn die Gemeinde nach dieser Bestimmung ermächtigt werde, unter dort näher genannten Voraussetzungen im Einzelfall den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff anzuwenden. Der Fehler wirke sich aber auf die Rechtswirksamkeit der Satzung insgesamt nicht aus. An die Stelle der insoweit nichtigen Regelung trete der gesetzliche Grundstücksbegriff mit der Folge, dass die Satzung weiterhin zur Beitragserhebung geeignet sei. Der Satzungsfehler in § 3 Abs. 2 ABS habe sich auch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Beitragskalkulation ausgewirkt. Der Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, dass die Regelung für die Berechnung der Beitragseinheiten in keinem einzigen Fall angewendet worden sei.

19

Auch die Satzungsanwendung sei nicht zu beanstanden. Rechtmäßig sei insbesondere die Nacherhebung des Beitrages. Ihr stehe der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht entgegen. In diesem Zusammenhang gehe das Verwaltungsgericht von folgenden Grundsätzen - nach Maßgabe seines Beschlusses vom 27. Februar 2006 - 3 B 3023/05 - aus: Dem Beitragswesen immanent sei das Merkmal der Einmaligkeit. Der Grundsatz der Einmaligkeit schränke zugleich auch die Möglichkeit einer Nacherhebung ein. Jedoch schließe die grundsätzlich bestehende - auch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V fortgeltende - Verpflichtung, Beiträge nach Maßgabe der geltenden landes- und ortsrechtlichen Vorschriften zu erheben, die Verpflichtung ein, einen entstandenen Beitragsanspruch in vollem Umfang geltend zu machen. Sei ein Beitragspflichtiger - etwa weil die für sein Grundstück verteilungsrelevante Fläche ohne rechtfertigenden Grund (versehentlich) nur zum Teil berücksichtigt worden sei - oder seien alle Beitragspflichtigen - etwa weil ein Rechnungsposten bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes übersehen worden sei - zu niedrig veranlagt worden, sei die Gemeinde regelmäßig gehalten, bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung durch selbständige Bescheide entsprechende Nachforderungen zu erheben, um dadurch ihren Beitragsanspruch voll auszuschöpfen. Die Bestandskraft eines Heranziehungsbescheides, mit dem ein zu niedriger Beitrag verlangt worden sei, stehe einer Nacherhebung durch einen weiteren (selbständigen) Bescheid, mit dem der noch nicht ausgeschöpfte Teil eines entstandenen Beitragsanspruch gefordert werde, nicht entgegen. Insbesondere hinderten Vertrauensschutzgesichtspunkte eine Nacherhebung nicht. Denn der Betroffene müsse sich entgegenhalten lassen, dass die Gemeinde ihre Leistungen unter anderem auch zu seinen Gunsten erbracht habe und dass sie und die hinter ihr stehende Allgemeinheit die volle dafür nach dem Gesetz entstandene Gegenleistung fordern könnten, und zwar nicht nur im Interesse des Haushalts der Gemeinde, sondern auch im Interesse der Beitragsgerechtigkeit. Allerdings seien über die Verweisung des § 12 Abs. 1 KAG M-V die §§ 172 ff. AO über die nachträgliche Aufhebung und Änderung von bestandskräftigen Steuerbescheiden entsprechend anwendbar. Diese Vorschriften stünden aber einer Nachveranlagung nicht entgegen, weil durch den Nacherhebungsbescheid der (bestandskräftige) frühere Heranziehungsbescheid nicht im Sinne der genannten Vorschriften aufgehoben oder abgeändert, sondern lediglich der Beitragsanspruch ausgeschöpft werde. Die Gegenauffassung berücksichtige nicht genügend das den Entgeltabgaben zugrunde liegende Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Die §§ 172 ff. AO basierten auf einem vorrangigen Vertrauensschutz gegenüber bestandskräftigen Steuerbescheiden, wobei Steuern ohne Gegenleistung geschuldet würden. Bei Entgeltabgaben stehe demgegenüber die Zahlungspflicht in unmittelbarer Beziehung zu einer von der Allgemeinheit erbrachten Leistung. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, dass eine fehlerhafte Abgabenfestsetzung nicht innerhalb der Festsetzungsfrist auch zu Lasten des Abgabenschuldners behoben werden sollte. Dabei sei zu beachten, dass die Unabänderbarkeit fehlerhafter Bescheide, die Beiträge zu niedrig festgesetzt hätten, zu einem Defizit führen würde, das entweder durch Abgabenerhöhung von den übrigen Benutzern der Einrichtung oder vom Steuerzahler getragen werden müsste.

20

Gemessen an diesen Grundsätzen sei die in dem angefochtenen Bescheid erfolgte Nachveranlagung nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe lediglich den in den vorherigen Beitragsbescheiden unberücksichtigt gebliebenen Teilbetrag des Anschlussbeitrags festgesetzt. Hierzu sei er nach der Beitragssatzung und dem genannten Grundsatz, den entstandenen Beitragsanspruch in vollem Umfang geltend zu machen, auch verpflichtet gewesen. Im Übrigen komme es für die Frage, ob die Einmaligkeit der Beitragserhebung verletzt sei, auf den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht an. Das bedeute, eine Nacherhebung sei immer dann zulässig und geboten, wenn - wie vorliegend - der (niedrigere) Beitrag zunächst auf Grundlage einer Satzung errechnet und erhoben worden sei, die sich später als rechtsunwirksam erwiesen habe. Hier sei zu berücksichtigen, dass die sachliche Beitragspflicht erstmals mit Inkrafttreten der Abwasserbeitragssatzung von 2003 entstanden sei. Offen bleiben könne, ob die Reduzierung des Nacherhebungsbetrages im Widerspruchsbescheid rechtmäßig gewesen sei. Denn dies verletze den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. Schließlich sei die Beitragsforderung nicht in Folge Festsetzungsverjährung erloschen.

21

Das Urteil ist dem Kläger am 02. Oktober 2006 zugestellt worden. Auf den am 01. November 2006 eingegangenen und unter dem 04. Dezember 2006 (Montag) begründeten Antrag hin hat der Senat mit Beschluss vom 22. Oktober 2009, dem Kläger am 26. Oktober 2009 zugestellt, die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Unter dem 16. November 2009 hat der Kläger seine Berufung begründet.

22

Er hält die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dem angefochtenen Nacherhebungsbescheid stünde trotz Bestandskraft des ursprünglichen Heranziehungsbescheides §12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. den §§172 ff. AO nicht entgegen, für unzutreffend. Gegenstand der Kanalbaubeitragspflicht sei nach dem KAG M-V (a.F.) der auf die Eigentümer der bevorteilten Grundstücke umzulegende Aufwand für die - hier erstmalige - Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen der Gemeinde Zingst, wobei die Beiträge "nach den Vorteilen zu bemessen" seien. Die Vorteilsbemessung bzw. gleichheitsgerechte Verteilung des Aufwandes auf die Eigentümer der bevorteilten Grundstücke habe der Gesetzgeber den Kommunen überlassen. Anknüpfungspunkt für die gleichheitsgerechte Bemessung des Beitragssatzes für einen Kanalbaubeitrag könne richtigerweise nur die Größe bzw. Bebaubarkeit des bevorteilten Grundstücks selbst sein. Hieran habe sich die Gemeinde Zingst mit ihren Vorgängersatzungen vom 26. Juni 1993 und vom 24. Mai 1996 auch gehalten, selbst wenn diese Satzungen - wovon auch er ausgehe - im Ergebnis nichtig gewesen seien. Im vorliegenden Fall habe sich weder die Grundstücksfläche noch die Bebaubarkeit seines Grundstücks im Zuge der Nacherhebung verändert. Die Nacherhebung sei nichts anderem geschuldet gewesen als dem mehrfach geänderten Satzungsrecht der Gemeinde Zingst, nicht aber dem Umstand, dass sein Grundstück etwa "nur teilweise" von den Vorgängersatzungen berücksichtigt und veranlagt worden sei, sodass er "für" sein Grundstück mit dem Ursprungsbescheid hinsichtlich des Herstellungsaufwandes für die öffentlichen Abwasseranlagen der Gemeinde Zingst bereits "vollständig" und bestandskräftig veranlagt worden sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die §§ 172 ff. AO vorliegend deswegen nicht anwendbar seien, weil Steuern grundsätzlich ohne, Beiträge dagegen für eine Gegenleistung des Staates erhoben würden, möge allenfalls als Hinweis an den Gesetzgeber verstanden werden. Dieser habe nämlich auch mit § 12 Abs. 1 KAG M-V n. F. geregelt, dass auf Kommunalabgaben die Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anwendbar seien, während eine ganze Anzahl von Bundesländern mit ihren Kommunalabgabengesetzen insoweit Einschränkungen gemacht hätten. Es bedürfe keiner richterlichen "Korrektur" des § 12 Abs. 1 KAG M-V im Sinne der Gesetze anderer Bundesländer. Der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern habe nämlich den Abgaben erhebenden Behörden durch vorbehaltlose Anordnung der entsprechenden Anwendung der Abgabenordnung genügend Instrumente an die Hand gegeben, im Zweifel genau die Probleme zugunsten der öffentlichen Haushalte zu lösen, die das Verwaltungsgericht wegen Satzungsfehlern - d. h. wegen Fehlern von Rechtsnormen - zulasten der Bürger lösen wolle. Denn eine Abgaben erhebende Behörde sei durch nichts daran gehindert (gewesen), wegen § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 164 AO einen Kanalbaubeitragsbescheid unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen. Dass die Behörden dies regelmäßig nicht tun würden, dürfe die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht dazu veranlassen, entgegen § 12 Abs. 1 KAG M-V die Abgabenordnung nur auf kommunale Steuern anzuwenden. Angesichts dessen, dass kommunale Steuern gegenüber Beiträgen und Gebühren nur einen verschwindend geringen Anteil ausmachten, wäre es nicht erklärlich, wenn der Gesetzgeber die §§172 ff. AO nur auf kommunale Steuern angewendet wissen wollte. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 12 Abs. 1 KAG M-V sei nicht mehr zu fragen, ob auch auf Kanalbaubeiträge die §§ 172 AO ff. "entsprechend" anwendbar seien. Schließlich seien dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Kommentierungen zum KAG a. F. die Konsequenzen für eine Nacherhebung bekannt gewesen, wenn er die Anwendung der §§ 172 ff. AO nicht bei Novellierung des KAG ausschließen würde. Er habe dennoch an der uneingeschränkten Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V festgehalten.

23

Er, der Kläger, halte außerdem die Abwasserbeitragssatzung der Gemeinde Zingst vom 10. April 2003 (ABS) auch in ihrer Fassung der 1. Änderungssatzung vom 25. April 2008 deshalb für nichtig, weil sie einen fehlerhaften Beitragsmaßstab aufweise. So regele § 4 Abs. 2 Buchst. e ABS den Fall einer gegenüber einer baulichen oder gewerblichen Nutzung eines Grundstücks "sonstigen" Nutzung, also eine solche, die gerade nicht baulich oder gewerblich sei. Es sei widersprüchlich, dass die Regelung für eine sonstige Nutzung zur Bestimmung der maßgeblichen Grundstücksfläche gleichwohl an eine anschließbare Baulichkeit und weitergehend gar an ein auf dem Grundstück stehendes Gebäude anknüpfe. Zudem sei auch § 4 Abs. 2 Buchst. c Satz 2 ABS rechtswidrig. Wegen der mit dieser Regelung erfolgenden "doppelten" Anwendung der Tiefenbegrenzung wäre ein 140 m tiefes Grundstück, welches in dieser Tiefe beidseits durch jeweils eine Straße erschlossen wäre, ohne sachlichen Grund beitragsfrei. Er halte schließlich daran fest, dass eine Beitragssatzung nur dann ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht werden könne, wenn die Hauptsatzung der Gemeinde in Bezug auf ihre Regelungen über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden sei.

24

Der Kläger beantragt,

25

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 20. September 2006 - 3 A 2268/04 - zu ändern und den Änderungsbescheid des Beklagten vom 16. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 aufzuheben.

26

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

28

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt im Wesentlichen vor, der Grundsatz der Einmaligkeit stehe einer Nacherhebung nicht entgegen; dieser sei nicht gleichbedeutend mit einem Grundsatz der Einmaligkeit des Beitragsbescheides. Der Kläger gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass § 12 Abs. 1 KAG M-V die Anwendung der Abgabenordnung vorbehaltlos anordne. Denn die Abgabenordnung gelte nur "entsprechend". Die Aufnahme des Begriffs "entsprechend" berücksichtige die Unterschiede bei den Regelungsgegenständen der Abgabenordnung einerseits und des Kommunalabgabenrechts andererseits. Es sei jeweils zu prüfen, ob eine in der Abgabenordnung getroffene, sich auf Steuern beziehende Regelung dem Wesen etwa kommunaler Entgeltabgaben gerecht werde. Das den Entgeltabgaben zugrundeliegende Prinzip von Leistung und Gegenleistung verlange, dass eine - gleichgültig aus welchem Grunde - zu niedrig festgesetzte Abgabe innerhalb der Festsetzungsfrist bis zur richtigen Höhe nacherhoben werden müsse, um die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung herzustellen. Diesem Prinzip stünden die §§ 172 ff. AO von ihrem Sinn und Zweck her nicht unproblematisch, wenn nicht sogar unvereinbar gegenüber. Sie könnten daher im Bereich der Entgeltangaben keine strikte Anwendung finden. So habe das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern bereits entschieden, dass die §§ 172 ff. AO auf Erschließungsbeiträge nicht anwendbar seien. Entsprechendes müsse für Anschlussbeiträge gelten. § 9 Abs. 1 KAG M-V verlange eine Ausschöpfung des Beitragsanspruchs. Jedenfalls habe er sein ihm in der Gesamtschau der Regelungen der §§ 172 ff. AO zustehendes Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Ein hinsichtlich der Beitragshöhe zu niedriger Bescheid sei im Übrigen ein ausschließlich belastender Verwaltungsakt, der keine begünstigenden Elemente aufweise. Eine Begünstigung liege nur vor, soweit sie im Verwaltungsakt ausdrücklich ausgesprochen worden sei, wenn also die Behörde ausnahmsweise und verbindlich zum Ausdruck bringe, dass sie von einer Mehrforderung absehen wolle. Einen solchen Anschein habe er nicht erweckt. Auch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes stehe einem Nachveranlagungsbescheid nicht entgegen. Der Beitragsschuldner müsse sich im Rahmen einer Interessenabwägung entgegenhalten lassen, dass der Beitrag ein Entgelt für eine Leistung der Gemeinde sei. Er könne nicht erwarten, diese zu Lasten der Allgemeinheit ohne volle Gegenleistung und kostengünstiger als andere zu erhalten. Erst durch die Nacherhebung sei eine "nach den Vorteilen zu bemessende" Veranlagung erfolgt. Der Beklagte verteidigt schließlich die Maßstabsregelungen des §4 Abs. 2 Buchst. c Satz 2 und Buchst. e ABS.

29

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, die Gerichtsakte im Verfahren Az. 1 L 324/06 samt Beiakten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

30

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 16. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

31

Der angefochtene Bescheid findet seine nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung in der Gemeinde Seeheilbad Zingst (Abwasserbeitragssatzung - ABS) vom 10. April 2003; der Senat legt dabei in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht zugrunde, dass die Vorläufersatzungen nicht wirksam gewesen sind (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.04.2002 - 1 M 1/02 -, juris; VG Greifswald, Urt. v. 12.01.2005 - 3 A 2331/01 -). Die Satzung ist wirksam (1.) und die konkrete Rechtsanwendung nicht zu beanstanden (2.).

32

1. Die Wirksamkeit der Abwasserbeitragssatzung unterliegt weder unter dem Blickwinkel ihrer ordnungsgemäßen Bekanntmachung (a) noch hinsichtlich ihrer seitens des Klägers angegriffenen Maßstabsregelungen (b) durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

33

a) Der Senat stimmt dem Verwaltungsgericht zunächst darin zu, dass die Abwasserbeitragssatzung - jedenfalls zwischenzeitlich - wirksam bekannt gemacht worden sei (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Bekanntmachung im "Zingster Strandboten" im April 2003 auch mit Blick darauf nicht zu beanstanden ist, dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 KV-DVO a.F. das amtliche Bekanntmachungsblatt durch seine Bezeichnung auf seinen amtlichen Charakter und den Träger der öffentlichen Verwaltung, der es herausgibt, hinweisen muss. Denn insoweit sind - ohne dass dies den normunterworfenen Bürger überfordern würde - "Zingster Strandbote" und die konkrete Beilage, in der die Abwasserbeitragssatzung abgedruckt worden ist, im Zusammenhang zu betrachten. Schon die äußere Gestaltung der Beilage mit dem Aufdruck "Gemeinde Seeheilbad Zingst", dem darunter befindlichen Gemeindewappen, das sich - worauf das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - auch auf dem "Zingster Strandboten" findet, und der Auflistung der verschiedenen Satzungen, die im Inhalt zu finden sind, lässt keinen Zweifel am amtlichen Charakter des Bekanntmachungsblattes und hinsichtlich des herausgebenden Trägers der öffentlichen Verwaltung zu (vgl. auch das Impressum der Beilage, in dem die Gemeindeverwaltung Zingst als Herausgeber bezeichnet ist). Zudem ist die Bekanntmachung jedenfalls im Februar 2005 wirksam nachgeholt worden. Soweit der Kläger - nachdem er den rechtlichen Gesichtspunkt der Bekanntmachung zunächst zweitinstanzlich nicht mehr thematisiert hatte - in seinem Schriftsatz vom 07. Dezember 2009 vorgetragen hat, er halte daran fest, dass eine Beitragssatzung nur dann ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht werden könne, wenn die Hauptsatzung der Gemeinde in Bezug auf ihre Regelungen über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen selbst ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden sei, handelt es sich lediglich um eine rechtliche Feststellung. Der Kläger trägt damit schon selbst nicht ausdrücklich vor, dass die Bekanntmachung der Hauptsatzung fehlerhaft gewesen sein könnte. Jedenfalls ist dieses Vorbringen dermaßen unspezifiziert, dass der Senat keine Veranlassung gesehen hat, hier gleichsam "ins Blaue" weitere Ermittlungen von Amts wegen vorzunehmen. Schließlich spricht mit Blick auf das vorliegende Exemplar der Hauptsatzung, das als Beilage zum "Zingster Strandboten" im Dezember 2001 erschienen ist, unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen nichts für einen Bekanntmachungsfehler.

34

b) Die in der Abwasserbeitragssatzung enthaltenen, vom Kläger angegriffenen maßstäblichen Regelungen sind wirksam.

35

Soweit der Kläger rügt, die Maßstabsregelung des § 4 Abs. 2 Buchst. e ABS sei mit Blick auf die Bestimmungen, die Grundstücke mit baulicher bzw. möglicher baulicher Nutzung erfassten, widersprüchlich und damit gleichheitswidrig, dringt er damit nicht durch.

36

Nach § 4 Abs. 2 Buchst. e Satz 1 ABS gilt als Grundstücksfläche bei Grundstücken, für die im B-Plan eine sonstige Nutzung (z.B. als Sportplatz, Grünfläche, Friedhof) festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden, die Grundfläche der an die Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung anschließbaren Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2, höchstens jedoch die tatsächliche Grundstücksgröße. In den nachfolgenden Sätzen schließen sich Regelungen zur Zuordnung der so ermittelten Abgeltungsfläche an.

37

Diese Vorschrift regele - so meint der Kläger - den Fall einer gegenüber einer baulichen oder gewerblichen Nutzung eines Grundstücks "sonstigen" Nutzung, also nur eine solche, die gerade nicht baulich oder gewerblich sei. Es sei daher ein Widerspruch in sich, dass die Regelung für eine sonstige Nutzung in diesem Sinne zur Bestimmung der maßgeblichen Grundstücksfläche gleichwohl an eine anschließbare Baulichkeit und sodann weitergehend gar an ein auf dem Grundstück stehendes Gebäude anknüpfe.

38

Dieses Vorbringen geht fehl. Das Merkmal der "sonstigen" Nutzung will nicht besagen, dass mit der Satzungsregelung nur Grundstücke ohne jede Bebauung/Bebauungsmöglichkeit erfasst werden sollen, sondern will - so das zutreffende Vorbringen des Beklagten - Grundstücke mit bestimmten "sonstigen" (= untergeordneten baulichen) Nutzungen wie Sportplätze durch einen Artabschlag erfassen und begünstigen, ohne dass damit auf den entsprechenden Flächen angeschlossene oder anschließbare Baulichkeiten ausgeschlossen würden. Eine solche Regelung, die den atypisch niedrigen Vorteil solcher Flächen berücksichtigen will, begegnet keinen Bedenken und liegt im ortsgesetzgeberischen Ermessen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 24.03.2004 - 1 L 58/02 -, juris).

39

Auch die Rüge, die Maßstabsregelung des § 4 Abs. 2 Buchst. c Satz 2 ABS stelle als "doppelte" Anwendung der Tiefenbegrenzung eine sachwidrige Privilegierung dar, führt nicht zum Erfolg der Berufung. Gemäß § 4 Abs. 2 Buchst. c ABS gilt als Grundstücksfläche bei Grundstücken, für die kein B-Plan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen (§34 BauGB), die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der Straßengrenze der dem Innenbereich zugewandten Straße und einer im Abstand von siebzig Meter dazu verlaufenden Parallelen (Satz 1). Liegt das Grundstück an mehreren Straßen, so ist die Tiefenbegrenzung von jeder einer Straßenseite zugewandten Grundstücksseite anzusetzen (Satz 2).

40

Der Kläger meint, wegen der in Satz 2 der Regelung aus seiner Sicht vorgesehenen "doppelten" Anwendung der Tiefenbegrenzung wäre ein 140 m tiefes Grundstück, welches beidseits durch eine Straße erschlossen ist, beitragsfrei. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, ist jedoch das Gegenteil der Fall, die Gesamtfläche wäre in diesem Fall beitragspflichtig. Die von jeweils einer Straße aus gesehen der Beitragspflicht unterliegende Fläche mit einer Tiefe von siebzig Metern geht der Freistellung derselben Fläche durch die Tiefenbegrenzung ausgehend von der anderen Straße vor.

41

2. Die mit dem streitgegenständlichen Bescheid vorgenommene Beitragsnacherhebung, mit der der Kläger zusätzlich zu dem durch Anschlussbeitragsbescheid vom 28. Juni 1995 ursprünglich festgesetzten und bezahlten Beitrag von 5.076,36 EUR (9.928,50 DM) nochmals zu einem Betrag 3.656,38 EUR herangezogen wird, ist rechtmäßig.

42

Eine solche Nacherhebung ist unter den vorliegenden Sachverhaltsgegebenheiten, insbesondere der Unwirksamkeit der Vorgängersatzungen, grundsätzlich zulässig und auch in der konkreten Rechtsanwendung ohne Rechtsfehler durchgeführt worden.

43

Der Beklagte ist nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes M-V und auf der Grundlage der Abwasserbeitragssatzung grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, eine Nacherhebung in dem Sinne vorzunehmen, dass er einen wirksam entstandenen Anschlussbeitragsanspruch voll ausschöpft, soweit dies noch nicht durch eine erste Beitragserhebung erfolgt ist. Einer solchen Nacherhebung stehen der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung, die Rechtsfolgen der Bestandskraft des Erstheranziehungsbescheides und der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ebenso wenig entgegen wie die Bestimmung des § 12 Abs. 1 KAG M-V und die darin enthaltene Verweisung auf die Bestimmungen der Abgabenordnung.

44

Eine Nacherhebung ist zwar weder ausdrücklich Gegenstand der der Beitragserhebung zugrunde liegenden Abwasserbeitragssatzung noch finden sich insoweit Bestimmungen im Kommunalabgabengesetz M-V, die ausdrücklich die Möglichkeit einer Nacherhebung in Fällen der vorliegenden Art vorsehen. Auch ist die Beitragserhebung im Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen insoweit nicht bundesrechtlich determiniert und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 10.09.1998 - 8 B 103.98 -, juris; Beschl. v. 10.09.1998 - 8 B 102.98 -, juris; Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 14.94 -, NVwZ-RR 1996, 465; Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 115.86 -, NVwZ 1988, 938; Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92.87 -, BVerwGE 79, 163; vgl. auch Beschl. v. 19.05.1999 - 8 B 61.99 -, NVwZ 1999, 1218; Beschl. v. 05.03.1997 - 8 B 37.97 -, Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 86; Beschl. v. 12.08.1991 - 8 B 108.91 -; Urt. v. 07.07.1989 - 8 C 86.87 -, BVerwGE 82, 215 - jeweils zitiert nach juris; vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 19.11.2007 - 1 L 1/07 -, juris) zur Verpflichtung der Kommunen, einen entstandenen Erschließungsbeitragsanspruch ggfs. auch im Wege der Nacherhebung auszuschöpfen, nicht unmittelbar einschlägig. Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Nacherhebung ist eine solche des irrevisiblen Landesrechts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.09.1998 - 8 B 103.98 -, juris; Beschl. v. 10.09.1998 - 8 B 102.98 -, juris).

45

Wie im Erschließungsbeitragsrecht ergibt sich jedoch aus den landesrechtlichen Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes M-V grundsätzlich auch im Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen das Recht und die Verpflichtung der beitragserhebenden Körperschaft, eine Nacherhebung in dem Sinne vorzunehmen, dass sie einen wirksam entstandenen Anschlussbeitragsanspruch voll ausschöpft, soweit dies etwa auf der Basis einer früheren unwirksamen Satzung noch nicht durch eine erste Beitragserhebung erfolgt ist.

46

Die rechtliche Zulässigkeit der Nacherhebung und die Pflicht zur Ausschöpfung der kommunalen Beitragsanspruchs lässt sich - so zutreffend das Verwaltungsgericht - zunächst grundsätzlich § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (wie schon der Vorläuferbestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG a. F.) entnehmen.

47

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V sollen zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung Anschlussbeiträge erhoben werden. Nur in atypischen Situationen kann von dieser "Soll"-Bestimmung abgewichen werden (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08 -, juris). Beiträge sind dabei Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes insbesondere für die Herstellung öffentlicher Einrichtungen dienen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Sie werden nach näheren gesetzlichen Maßgaben als Gegenleistung dafür erhoben, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile geboten werden (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V). Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich die grundsätzliche Vorstellung des Landesgesetzgebers, dass die Herstellungskosten einer öffentlichen Einrichtung - ggfs. bis zur Höhe eines in rechtmäßiger Ausübung ortsgesetzgeberischen Ermessens festgesetzten bzw. mit der Beitragserhebung zu erzielenden Kostendeckungsgrades - vollständig als Gegenleistung für die Verschaffung der Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Ver- oder Entsorgungseinrichtung durch Beiträge gedeckt werden sollen. Daraus folgt, dass grundsätzlich im Falle einer bei erstmaliger Heranziehung unterbliebenen Ausschöpfung des Beitragsanspruchs für die beitragserhebende Körperschaft die Möglichkeit bestehen muss, eine solche Ausschöpfung - zeitlich limitiert bis zur Grenze der Festsetzungsverjährung - durch eine Nacherhebung zu erreichen. Dies galt erst recht nach Maßgabe von § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V a.F. Diese Vorschrift regelte noch strenger als § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, dass Beiträge "zu erheben sind".

48

Dieser Annahme steht zunächst - anders als der Kläger meint - nicht der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung entgegen, der insbesondere nach Maßgabe der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auch im Abgabenrecht des Landes Mecklenburg Vorpommern Geltung beansprucht.

49

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung besagt zum einen, dass die sachliche Beitragspflicht (abstrakte Beitragsschuld) für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung zu Lasten eines Grundstücks nur einmal entsteht. Ist sie entstanden, kann sie nicht nachträglich zu einem anderen Zeitpunkt und in anderer Höhe noch einmal entstehen. Zum anderen schließt der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung das Verbot der Doppelbelastung in dem Sinne ein, dass ein Grundstück für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung - hinsichtlich desselben Aufwands - grundsätzlich nur einmal zu einem Beitrag herangezogen werden darf (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08 -, juris; Beschl. v. 08.07.2004 - 1 M 170/04 -, juris; Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, NordÖR 2004, 262; OVG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -: jeweils juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.2004 - B 4 K 04.578 -, juris; vgl. auch VGH Kassel, Beschl. v. 12.04.2005 - 5 TG 116/05 -, NVwZ-RR 2006, 143 - zitiert nach juris). Die Einmaligkeit der Leistung des Kanalanschlussbeitrags folgt aus dem Wesen des Beitrags, der an einen bestimmten Zustand ("Möglichkeit der Inanspruchnahme") anknüpft und der den bei Verwirklichung des Zustands gebotenen wirtschaftlichen Vorteil insgesamt abgelten soll. Der Grundstückseigentümer erbringt die "Gegenleistung" für den ihm durch die Anschlussmöglichkeit gebotenen wirtschaftlichen Vorteil, der der Natur der Sache nach mit der Anschlussmöglichkeit entsteht und auch in der Zukunft in der Regel nicht verändert wird. Die Einmaligkeit der Beitragserhebung ist auch Folge des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutzgedankens (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -, juris; vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08 -, juris).

50

Nach Maßgabe von § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V (vgl. auch § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. und die dazu ergangenen Rspr. des OVG Greifswald, etwa Beschl. v. 21.07.2006 - 1 M 60/06 -, juris) entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Mit dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung geht das Landesrecht davon aus, dass der beitragsrelevante Vorteil mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bereits vollständig ausgebildet ist und die Erhebung des Beitrags in voller Höhe rechtfertigt. Auch die Höhe des Beitrags, mit dem das bevorteilte Grundstück zu den Herstellungskosten herangezogen wird, steht auf der Grundlage der - wirksamen - Beitragssatzung zu diesem Zeitpunkt endgültig fest. Der Beitrag ruht - in Höhe der sachlichen Beitragspflicht - als öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 7 Abs. 6 KAG M-V). Daraus folgt, dass - vorbehaltlich der Regelung des § 9 Abs. 7 KAG M-V - jedenfalls Nacherhebungstatbestände in einer Beitragssatzung, die eine zusätzliche Beitragspflicht für dasselbe Grundstück daran knüpfen, dass sich nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht - was eine rechtswirksame Satzung voraussetzt - die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück verändert haben, grundsätzlich unzulässig sind (vgl. ebenso zur Rechtslage in Thüringen OVG Weimar, Beschl. v. 29.04.2008 - 4 ZKO 610/07 -, LKV 2009, 35 - zitiert nach juris).

51

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung bedeutet danach zusammengefasst, dass die sachliche Beitragspflicht nur einmal und endgültig in der Höhe des nach Maßgabe der wirksamen Satzung abzugeltenden Vorteils entsteht und dass der entsprechende Aufwand durch einen einmaligen Beitrag in dieser Höhe gedeckt wird. Daraus kann aber noch nicht geschlossen werden, dass ein ergangener Beitragsbescheid in keinem Fall durch einen weiteren Bescheid ergänzt oder ersetzt werden dürfte. Dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung entspricht keineswegs ein ebenso strikter - so plastisch das Thüringische OVG - Grundsatz der Einmaligkeit des Beitragsbescheids. Der Umstand, dass erst der Beitragsbescheid das Beitragsschuldverhältnis für den Beitragsschuldner konkretisiert (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) und mit der Festsetzung des Beitrags die Grundlage für die Zahlungsaufforderung in bestimmter Höhe schafft, vermag nicht zu begründen, dass die Einmaligkeit und Endgültigkeit, die für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gilt, auch für den Beitragsbescheid gelten solle (vgl. zum Ganzen ebenso OVG Weimar, Beschl. v. 29.04.2008 - 4 ZKO 610/07 -, a.a.O.). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat für das Erschließungsbeitragsrecht - insoweit auf das Anschlussbeitragsrecht übertragbar - angenommen, dass sich die Rechtswidrigkeit eines Nacherhebungsbescheids nicht mit einem aus dem materiellen Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragspflicht herzuleitenden Verbot einer Doppelveranlagung begründen lasse, da jedenfalls sicher sei, dass sich ein solches Verbot allenfalls auf eine zweite Veranlagung zu ein und demselben Beitragsbetrag beziehen könnte, nicht aber auf eine Nacherhebung im hier in Rede stehenden Sinne, die lediglich einen noch nicht ausgeschöpften bzw. nicht bescheidmäßig festgesetzten Teil des Beitragsanspruchs einfordert (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 115.86 -, NVwZ 1988, 938 - zitiert nach juris).

52

Somit ist die Frage, ob und inwieweit der Beitragsschuldner sich auf die Endgültigkeit eines ihm gegenüber ergangenen Beitragsbescheides verlassen darf, nicht schon mit dem Hinweis auf den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung beantwortet. Denn dieser Grundsatz lässt das Recht und die Pflicht des Einrichtungsträgers zur vollständigen Erhebung des Beitrags in Höhe der - wirksam - entstandenen sachlichen Beitragspflicht unberührt. Wenn der Einrichtungsträger in einem ersten Beitragsbescheid den Beitrag - wie hier - etwa auf der Basis einer im Nachhinein als unwirksam erkannten Beitragssatzung fehlerhaft in einer Höhe festgesetzt hat, die die später tatsächlich entstandene sachliche Beitragspflicht der Höhe nach nicht ausschöpft, hat er grundsätzlich das Recht und darüber hinaus eine Pflicht zur Nachforderung (vgl. auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.11.2006 - 4 L 191/06 -, LKV 2008, 139; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: Juli 2009, § 8 Rn 26 ff.). Nur wenn der Beitragsbescheid die sachliche Beitragspflicht bereits voll ausgeschöpft hat, steht der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung und das daraus folgende Verbot der Doppelbelastung im Ergebnis auch jedem weiteren Nachforderungsbescheid oder einer Ersetzung durch einen Bescheid mit höherer Beitragsforderung für die gleiche Maßnahme entgegen. Wenn der Erstbescheid dagegen die - einmalig und endgültig entstandene - sachliche Beitragspflicht in der Höhe noch nicht ausgeschöpft hat, führt dieser Erstbescheid regelmäßig auch nicht zur Beendigung des Beitragsschuldverhältnisses. Denn das Beitragsschuldverhältnis entsteht entsprechend § 38 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V mit der Verwirklichung des Beitragstatbestandes und erlischt nicht mit einer bestandskräftigen Beitragsfestsetzung, sondern entsprechend § 47 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V insbesondere durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass oder Verjährung (vgl. zum Ganzen OVG Weimar, Beschl. v. 29.04.2008 - 4 ZKO 610/07 -, a.a.O.).

53

Die streitgegenständliche Nacherhebung wird auch nicht mit Blick auf eine Bestandskraft des Anschlussbeitragsbescheids vom 28. Juni 1995 ausgeschlossen. Die Frage, ob der Eintritt der Bestandskraft des Anschlussbeitragsbescheids vom 28. Juni 1995 das durch das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflicht begründete Beitragsschuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger beendet hat, ist nach dem einschlägigen materiellen Recht zu beantworten (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 115.86 -, NVwZ 1988, 938 - zitiert nach juris; VGH München, Beschl. v. 23.04.2009 - 22 ZB 07.819 -, juris), hier also nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes. Diesen liegt - wie ausgeführt - die Vorstellung zugrunde, dass die der Abgaben erhebenden Körperschaft zustehenden Beitragsansprüche grundsätzlich in vollem Umfang bzw. dem Betrag nach voll auszuschöpfen sind.

54

Das landesrechtliche Gebot der Ausschöpfung des Beitragsanspruchs schließt nicht nur die Auffassung aus, die Bestandskraft eines den entstandenen Beitragsanspruch nicht voll ausschöpfenden Heranziehungsbescheids könne zur Beendigung eines Beitragsschuldverhältnisses führen, sondern zwingt überdies zu der Annahme, dass ein solches Schuldverhältnis unabhängig vom Erlass eines Heranziehungsbescheids und dessen Bestandskraft erst in dem Zeitpunkt endet, in dem - aus welchen Gründen immer - der Beitragsanspruch selbst erlischt. Diese Betrachtungsweise liegt auch der vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 6 KAG M-V (§ 8 Abs. 11 KAG a.F.) getroffenen Regelung zur dinglichen Sicherung des Beitragsanspruchs durch das Institut der öffentlichen Last zugrunde. Die dingliche Sicherung einer Beitragsforderung beginnt mit ihrem Entstehen, d.h. mit dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, und sie endet unabhängig vom Erlass eines Heranziehungsbescheids und dem Eintritt von dessen Bestandskraft erst mit dem Erlöschen der sachlichen Beitragspflicht (vgl. zum Ganzen entsprechend zum Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92.87 -, BVerwGE 79, 163; Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 115.86 -, NVwZ 1988, 938 - jeweils zitiert nach juris). § 7 Abs. 6 KAG M-V geht damit ebenfalls von der Pflicht zur Ausschöpfung des Beitragsanspruchs aus: Es erschiene widersinnig, auf der einen Seite eine öffentliche Last im vollen Umfang der sachlich entstandenen Beitragspflicht anzunehmen, auf der anderen Seite aber der Abgaben erhebenden Körperschaft im Falle einer erstmalig zu niedrigen Beitragsfestsetzung im hier erörterten Sinne zu verwehren, den Beitragsanspruch in entsprechender Höhe zu realisieren. Wollte man diesen Standpunkt einnehmen, hätte dies zur Folge, dass die öffentliche Last zwar fortbestünde, soweit der Beitragsanspruch nicht befriedigt oder anderweitig erloschen ist, für die Behörde jedoch keinerlei Möglichkeit mehr bestünde, den durch die öffentliche Last auch insoweit gesicherten Beitragsanspruch durchzusetzen.

55

Vor diesem Hintergrund enthält die Beitragsfestsetzung in bestimmter Höhe regelmäßig auch keine - begünstigende - verbindliche Regelung dahingehend, dass eine spätere Nacherhebung ausgeschlossen sein soll. Ein Beitragsbescheid ist nach seinem Tenor grundsätzlich ausschließlich belastender Verwaltungsakt und enthält keine begünstigende Regelung des Inhalts, "mehr" werde von dem jeweiligen Beitragsschuldner nicht verlangt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92.87 -, BVerwGE 79, 163; vgl. auch Beschl. v. 19.05.1999 - 8 B 61.99 -, NVwZ 1999, 1218 - jeweils zitiert nach juris). Wenn der Regelungsgehalt des Erstbescheids somit in der Regel nicht einer späteren vollständigen Ausschöpfung der entstandenen Beitragspflicht entgegensteht, bedarf es auch nicht zwingend einer Aufhebung des Erstbescheids. Vielmehr kann ein neuer Bescheid den Erstbescheid ergänzen und den Differenzbetrag zwischen ursprünglicher Festsetzung und tatsächlich entstandener Beitragspflicht festsetzen. Lediglich klarstellende Bedeutung hätte dann eine Mitteilung der mit beiden Bescheiden insgesamt festgesetzten Beitragshöhe (vgl. zum Ganzen OVG Weimar, Beschl. v. 29.04.2008 - 4 ZKO 610/07 -, a.a.O.). Diesen grundsätzlichen Erwägungen entsprechend enthält der Anschlussbeitragsbescheid vom 28. Juni 1995 keine verbindliche Regelung dahingehend, dass eine spätere Nacherhebung ausgeschlossen sein soll.

56

Auch das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 und 28 GG) verankerte Gebot des Vertrauensschutzes rechtfertigt nicht die Annahme, mit Rücksicht auf den bestandskräftig gewordenen Anschlussbeitragsbescheid vom 28. Juni 1995 sei der angefochtene Änderungs- bzw. Nacherhebungsbescheid wegen eines Verstoßes gegen dieses Gebot rechtswidrig. Zwar ist ein Bescheid, mit dem ein entstandener Beitragsanspruch nicht voll ausgeschöpft, d.h. mit dem ein zu niedriger Beitrag verlangt wird, ein nach seinem Tenor ausschließlich belastender Verwaltungsakt. Auch ein solcher Bescheid kann allerdings ein geeigneter Gegenstand für ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen sein. Ein solches Vertrauen setzt jedoch außer einer adäquaten Vertrauensbetätigung des Betroffenen und der Schutzwürdigkeit dieser Vertrauensbetätigung voraus, dass im Zuge der bei Vorliegen dieser Voraussetzungen gebotenen Abwägung die Interessen des Betroffenen die der Allgemeinheit überwiegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92.87 -, BVerwGE 79, 163 - zitiert nach juris). An alledem fehlt es hier. Insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum öffentlichen Interesse an der Ausschöpfung des Beitragsanspruchs verwiesen werden. Da sich die Abwasserbeitragssatzung vom 10. April 2003 ausweislich ihres § 10 keine Rückwirkung beigemessen hat und sie dies auch nicht musste, weil maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorliegend der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist - insoweit kommt es auf das materielle Recht an, hier § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V bzw. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. mit der Regelung zur sachlichen Beitragspflicht -, stellen sich keine weiteren Fragen im Zusammenhang mit dem früher in § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG a.F. normierten einfachgesetzlichen Schlechterstellungsverbot.

57

Schließlich ergibt sich auch aus der in § 12 Abs. 1 KAG M-V enthaltenen Verweisung auf die Bestimmungen der Abgabenordnung nicht, dass eine Nacherhebung allgemein oder im konkreten Fall des Klägers nicht in Betracht käme. Gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V sind auf Kommunalabgaben die Vorschriften der Abgabenordnung in der jeweiligen Fassung entsprechend anzuwenden, soweit nicht dieses Gesetz oder andere Gesetze besondere Vorschriften enthalten.

58

Die Vorschriften der Abgabenordnung, die vorliegend von Bedeutung sein könnten, finden sich vor allem in den Bestimmungen der §§ 172 ff. AO, die eine erhöhte Bestandskraft von Steuerbescheiden zum Gegenstand haben, indem sie die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden einschränkenden Voraussetzungen unterwerfen. Der Verweis des § 12 Abs. 1 KAG M-V führt zu der Frage, ob auch Anschlussbeitragsbescheiden eine dermaßen erhöhte Bestandskraft innewohnt. Diese Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen.

59

Nach Maßgabe des Vorstehenden greift hinsichtlich der Nacherhebung von Anschlussbeiträgen bereits der Vorbehalt der "besonderen Vorschriften nach diesem Gesetz" gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V: Wie ausgeführt enthält dieses Gesetz im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen das "besondere" Gebot der Ausschöpfung des Beitragsanspruchs, das keinen einschränkenden Voraussetzungen unterliegt. Die Anwendung der §§ 172 ff. AO würde in zahlreichen Fällen dazu führen, dass die Ausschöpfung des Anschlussbeitragsanspruchs nicht möglich wäre, und infolgedessen dem entsprechenden gesetzlichen Ziel zuwider laufen. Damit ist bereits grundsätzlich eine entsprechende Anwendung der §§ 172 ff. AO im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen ausgeschlossen, soweit sie einer Ausschöpfung des Beitragsanspruchs entgegensteht; eine solche Anwendung im Bereich andersartiger Abgaben bleibt davon unberührt. Dabei kann dahin stehen, ob dem Kläger darin gefolgt werden kann, wenn er vorträgt, die Erhebung von Steuern durch die Kommunen mache im Vergleich mit dem Aufkommen aus Gebühren und Beiträgen nur einen geringen Teil der kommunalen Abgaben aus. Denn jedenfalls bliebe für die Verweisung des § 12 Abs. 1 KAG M-V auf die Abgabenordnung hinsichtlich der Erhebung kommunaler Steuern grundsätzlich insbesondere auch ein Anwendungsbereich für die §§ 172 ff. AO.

60

Darüber hinaus folgt der Senat dem Wortlautargument des Verwaltungsgerichts, demzufolge die Ausschöpfung des Beitragsanspruchs den früheren Beitragsbescheid nicht "ändern" oder "aufheben" (vgl. § 172 AO), sondern ergänzen will. Auch vorliegend soll der zwar hinsichtlich seiner Begründung fehlerhafte, aber bezüglich des festgesetzten Betrages zu niedrige und damit jedenfalls - weil nicht belastend - der Höhe nach nicht zu beanstandende Erstheranziehungsbescheid unverändert bleiben. Nach dem Inhalt von Nachveranlagungsbescheid und streitgegenständlichem Änderungsbescheid ist auch vorliegend nicht ersichtlich, dass der bestandskräftige Bescheid vom 28. Juni 1995 geändert oder aufgehoben werden sollte.

61

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen "passen" die §§ 172 ff. AO in ihrem ausdifferenzierten Regelungsgehalt und ihrem Wortlaut nach jedenfalls für die Nacherhebung von Anschlussbeiträgen im hier in Rede stehenden Sinne offensichtlich nicht ohne weiteres. Dies gilt umso mehr, als die Fälle der vorliegenden Art dadurch geprägt sind, dass die Erstheranziehung deshalb zu niedrig ausgefallen ist, weil ihr eine fehlerhafte bzw. im Nachhinein als unwirksam erkannte Satzung bzw. Rechtsgrundlage zugrundelag und die sachliche Beitragspflicht in der "richtigen" Höhe gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V erst mit der ersten wirksamen Satzung entstanden ist. Diese Situation und Rechtslage sowie die daraus resultierende Interessenlage haben die §§ 172 ff. AO erkennbar nicht vor Augen; zudem hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf das dem Beitragsrecht im Unterschied zur Steuererhebung zugrunde liegende Prinzip von Leistung und Gegenleistung verwiesen, das ebenfalls die unterschiedliche Interessenlage in den beiden Gebieten der Abgabenerhebung erhellt. Da es nach Auffassung des Senats an hinreichend schlüssigen rechtlichen Konstruktionen zu einer Transformation des Regelungssystems der §§ 172 ff. AO für die Beitragsnacherhebung im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen fehlt, spricht auch dies grundsätzlich gegen eine Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO in diesem Bereich.

62

Insoweit führt auch der Hinweis des Klägers auf § 164 AO (i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V) und die mit dieser Vorschrift eröffnete Möglichkeit, einen Steuerbescheid unter den Vorbehalt der Nachprüfung stellen zu können, nicht weiter. Dieses Vorbringen lässt bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 Satz 1 AO unberücksichtigt. Steuern können nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass es einer Begründung bedarf. Ein Anschlussbeitragsbescheid ergeht jedoch grundsätzlich nach abschließender Prüfung des Abgabenfalles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, so dass die einzige Voraussetzung für die Beifügung eines Vorbehalts regelmäßig nicht erfüllt ist. Die Abgaben erhebende Behörde darf nicht trotz abschließender Prüfung eine Vorbehaltsfestsetzung vornehmen, nur um den Abgabenfall offen zu halten (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 164 Rn. 13). § 164 AO dient der Beschleunigung des Veranlagungsverfahrens. Der Vorbehalt ermöglicht im Interesse des Fiskus eine rasche Steuererhebung ohne Notwendigkeit zur sofortigen und abschließenden Prüfung, andererseits wird der Steuerfall im Interesse sowohl des Staates als auch des Steuerpflichtigen offen gehalten (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 164 Rn. 1). Diese Vorschrift ist jedoch nicht dafür gedacht, eine Beitragserhebung generell wegen des bloßen Verdachts oder der theoretischen Möglichkeit, die als Rechtsgrundlage herangezogene Satzung könnte unwirksam sein, einem Nachprüfungsvorbehalt zu unterwerfen. Eine solche Möglichkeit eröffnet auch § 165 AO im Übrigen in der Regel nicht, da die vorläufige Festsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO ungewisse Tatsachen voraussetzt und die steuerrechtliche Würdigung von Tatsachen selbst hiervon nicht erfasst wird. Diese rechtfertigt vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 165 Abs. 1 Satz 2 AO eine vorläufige Festsetzung, die jedoch im Bereich der kommunalen Beitragserhebung regelmäßig nicht vorliegen werden.

63

Im Sinne der vorstehenden Erwägungen hat der Senat in seinem Beschluss vom 19. November 2007 - 1 L 1/07 - (juris) ausgeführt, der Gesetzgeber in M-V habe keine "vorbehaltlose Anordnung der entsprechenden Anwendung der AO" getroffen. Zum einen liege schon in dem Begriff der "entsprechenden" Anwendung eine Einschränkung; diese erfordere bei jeder Einzelnorm der Abgabenordnung die Prüfung ihrer Zielsetzung und der Vergleichbarkeit der Anwendungsbereiche (siehe auch Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 12 Anm. 1.2). Daher könne allein aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern im Unterschied zu einigen anderen Bundesländern nicht bestimmte Regelungen der Abgabenordnung ausdrücklich für unanwendbar erklärt hat, nicht umgekehrt geschlossen werden, sie seien grundsätzlich anwendbar.

64

Der Senat hat zudem bereits in seinem Beschluss vom 28. November 2005 - 1 M 140/05 - (juris) darauf hingewiesen, dass klärungsbedürftig sei, wie die "entsprechend" anzuwendenden Vorschriften der §§ 172 und 173 AO ihrem Sinn und Zweck nach vom bundesrechtlichen Steuerrecht auf das Kommunale Abgabenrecht (und hier speziell auf das Beitragsrecht) zu übertragen sein können. Insbesondere § 172 Abs. 1 AO sei erkennbar auf bundesrechtliche Steuern zugeschnitten. Eine Unterscheidung zwischen Verbrauchssteuern (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 AO) und anderen Steuern (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 AO) sei dem kommunalen Abgabenrecht fremd. Daher seien auch die einzelnen, gleichfalls speziell auf das bundesrechtliche Steuerrecht zugeschnittenen Tatbestände des § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht ohne Weiteres auf das Kommunale Abgabenrecht "1 zu 1" zu übertragen. Der Senat hat deshalb dort in Erwägung gezogen, aus einer Gesamtschau der Regelungen des § 172 Abs. 1 AO im Bereich des Kommunalen Abgabenrechts eine im Ermessen der Abgaben erhebenden Behörde stehende Kompetenz zu bejahen, Abgabenbescheide zu ändern, ebenso wie dies bundesrechtlich für die Verbrauchssteuern geregelt ist. Nimmt man die Regelung des § 173 Abs. 1 AO hinzu, die eine Aufhebungs- oder Änderungspflicht normiert, spräche auch einiges dafür, den Sachverhalt der zunächst unerkannt fehlerhaften Rechtsgrundlage, der zu einer zu niedrigen Steuerfestsetzung geführt hat, "entsprechend" (§ 12 Abs. 1 KAG M-V) dem nachträglichen Bekanntwerden neuer Tatsachen gleichzustellen, die zu höheren Steuern führen. Bei - unabhängig von den obigen Ausführungen - unterstellter Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO wäre nach Auffassung des Senats mit Blick auf die erörterte Ausschöpfungspflicht und die "Regelungspole" der §§ 172 und 173 AO aufgrund der durch § 12 Abs. 1 KAG M-V angeordneten "entsprechenden" Anwendung der §§ 172 ff. AO jedenfalls von einer Regelverpflichtung zur Nacherhebung im Sinne einer "Soll"-Bestimmung auszugehen. Dafür spricht auch nachhaltig der schon angesprochene Aspekt, dass der Beitragsanspruch mit Entstehung der sachlichen Beitragspflicht in der zu diesem Zeitpunkt in Anwendung einer wirksamen Satzung errechneten Höhe als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht. Es wäre - wie gesagt - nicht folgerichtig sondern widersprüchlich, würde man einerseits eine öffentliche Last in entsprechender Höhe annehmen, der beitragserhebenden Kommune andererseits aber unter Rückgriff auf die §§ 172 ff. AO die Geltendmachung des Beitragsanspruchs in dieser Höhe erschweren oder gar verwehren. Bejahte man eine grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO mit einem Regelungsgehalt in diesem Sinne, gelangte man folglich regelmäßig und auch vorliegend nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit der Nacherhebung.

65

Schließlich kann für die Annahme der grundsätzlichen Ausschöpfungspflicht im Anschlussbeitragsrecht nach Maßgabe des Landesrechts die Erwägung angeführt werden, dass dem Gesetzgeber die gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Nacherhebungs- und Ausschöpfungspflicht im Erschließungsbeitragsrecht bekannt war.

66

Angesichts der insoweit für den Bereich etwa des Anschlussbeitragsrechts geringen Regelungsdichte des § 12 Abs. 1 KAG M-V und der erläuterten, nicht von der Hand zu weisenden Auslegungsschwierigkeiten bei einer "entsprechenden" Anwendung der §§ 172 ff. AO erscheint die Annahme ausgeschlossen, der Gesetzgeber habe für das Anschlussbeitragsrecht gegenüber dem Erschließungsrecht bewusst Abweichendes regeln wollen. Dies gilt erst recht, nimmt man die insoweit identische Interessenlage in den Blick: Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht - was in vollem Umfang auch für den Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen gilt - ausgeführt, ein Kläger müsse sich im Rahmen einer Interessenabwägung jedenfalls durchgreifend entgegenhalten lassen, dass der Einrichtungsträger seine Leistung u.a. auch zugunsten des Klägers erbracht habe und dass er und die hinter ihm stehende Allgemeinheit die volle dafür nach dem Gesetz entstandene Gegenleistung fordern können, und zwar nicht nur im Interesse des Haushalts des Einrichtungsträgers, sondern auch im Interesse der Beitragsgerechtigkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92.87 -, BVerwGE 79, 163 - zitiert nach juris). Demgegenüber tritt der vom Kläger angeführte Umstand, dass dem Gesetzgeber im Hinblick auf Kommentierungen zum Kommunalabgabengesetz a. F. die Konsequenzen für eine Nacherhebung bekannt gewesen sein müssten, wenn er die Anwendung der §§ 172 ff. AO nicht im Zuge der Novellierung des KAG ausschließe, zurück.

67

Die Rechtsanwendung des Beklagten im Übrigen führt nicht zum Erfolg der Berufung. Soweit die Reduzierung des Nacherhebungsbetrages durch den Widerspruchsbescheid mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen rechtlichen Bedenken unterliegt, wäre der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit der Widerspruchsbescheid in seinem Tenor zu Ziffer 1. einen Betrag von 3.656,80 EUR statt wie in der Begründung zutreffend errechnet von 3.656,38 EUR angibt, handelt es sich offensichtlich um ein Versehen. Der Tenor ist entsprechend korrigierend auszulegen.

68

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

69

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.