Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 02. Februar 2005 - 3 A 680/03 - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 26.533,78 EURO festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald ist - nach Zustellung des Urteils am 12. Februar 2005 - am 08. März 2005 bei dem Verwaltungsgericht und damit frist- und formgerecht eingegangen (§ 124a Abs. 4 Sätze 1 und 2 VwGO). Mit am 07. April 2005 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz ist auch fristgerecht die Antragsbegründung eingegangen (§ 124a Abs. 4 Sätze 4 und 5 VwGO). Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder sind nicht hinreichend dargelegt.

2

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegt nicht vor. In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift - gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz - Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne Weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (OVG Greifswald, 02.06.1998 - 1 O 23/98 -, NordÖR 1998, 306; 05.08.1998 - 1 L 74/97 -, NVwZ-RR 1999, 476).

3

Dies ist hier nicht der Fall.

4

Die Klägerin stützt ihren Berufungszulassungsantrag hauptsächlich auf zwei Einwände. Zum einen habe der beklagte Wasser- und Bodenverband die Unterhaltungskosten für die in die Deichanlagen integrierten Schöpfwerke zu Unrecht in die streitgegenständliche Beitragsforderung eingestellt. Diese Schöpfwerke unterfielen nicht der Unterhaltungslast des Verbandes, sondern der des Landes. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts sei unrichtig. Die Schöpfwerke zu unterhalten gehöre zu der originär staatlichen Aufgabe des Küstenschutzes. Diese dürfe nicht ohne Übernahme der Kosten durch das Land auf die einzelnen Gemeinden und einzelne Bürger abgewälzt werden. Wenn das Verwaltungsgericht meine, die in die Deiche integrierten Schöpfwerke dienten der Gewässerunterhaltung, verkenne es Ursache und Wirkung sowie die Doppelfunktion dieser technischen Anlagen. Die Schöpfwerkskosten seien vor 1992 zu jeder Zeit vom Staat getragen worden. Erst mit Gründung der Unterhaltungsverbände habe das Land die Kostenschraube angesetzt, die Landeszuschüsse immer weiter reduziert und damit gegen Art. 72 Abs. 3 Verf M-V verstoßen.

5

Zum anderen habe der Beklagte zu seinen Verbandssitzungen, in denen Beschlüsse über die Höhe der auf die Verbandsmitglieder umzulegenden Verbandsbeiträge gefasst worden seien, nicht alle Mitglieder und damit nicht ordnungsgemäß geladen. Er habe versäumt, sämtliche Eigentümer von der Grundsteuer nicht unterliegenden Grundstücken, die nach § 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden vom 04. August 1992 Verbandsmitglieder seien, zu laden. Dies habe nach den in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14. Dezember 2007 (3 A 587/05) angewendeten Rechtsgrundsätzen zu einer fehlerhaften Ermittlung der Verbandsbeiträge geführt, eine ordnungsgemäße Beschlussfassung sei nicht möglich gewesen. Artikel 1 Nr. 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden vom 17. Dezember 2008, wonach Fehler bei der Ladung zur Verbandsversammlung und der Beschlussfassung für die Wirksamkeit der bis zum 31. Dezember 2008 erfolgten Wahlen und Beschlüsse der Verbandsversammlung unbeachtlich sind, sei verfassungswidrig. Diese Regelung verstoße gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot und die Rechtsweggarantie.

6

Beide Einwände führen nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

7

Die von Klägerseite als bedeutsam bezeichnete Frage, ob das Land Mecklenburg-Vorpommern oder die Klägerin selbst als Vertreterin ihrer Bürger und Zwangsmitglied des Wasser- und Bodenverbandes "Rügen" die Kosten für die in den Küstendeichen integrierten Schöpfwerke zu tragen hat, ist in dem vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil vertretenen Sinne ohne Weiteres aus dem Gesetz heraus zu beantworten. Denn zum Umfang der öffentlich-rechtlichen Pflicht der Gewässerunterhaltung gehört neben den in § 62 Abs. 1 LWaG normierten Aufgaben, Anlagen, die der Abführung des Wassers dienen, zu unterhalten und zu betreiben (§ 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG). Solche Anlagen sind nach unumstrittener Auffassung auch Schöpfwerke (vgl. Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, § 28, Rn. 43; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Auflage, Rn. 931, 947; Haupt/Reffken/Rhode, Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, Stand Mai 2008, § 98, Rn. 6; OVG Magdeburg, 18.01.2001 - 1 L 25/00 -, ZfW 2002, 113; OVG Lüneburg, 10.12.2008, - 13 LC 171/06 -, juris). Eine abweichende Betrachtung für solche Schöpfwerke, die in Küstendeiche integriert sind, ist nicht gerechtfertigt. Die in § 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG geregelte Eingrenzung der zu der Gewässerunterhaltung gehörenden Anlagen auf diejenigen, die der Abführung des Wassersdienen, zielt darauf ab, dass die Zweckbestimmung der Anlage in der Abführung von Wasser liegen muss. Weitere Anforderungen an Anlagen, die der Abführung von Wasser dienen, stellt das Gesetz nicht auf. Daher fallen in die Unterhaltungslast der Verbände nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 LWaG gleichermaßen Anlagen, die neben diesem Zweck zugleich weiteren Zwecken dienen mögen. Deshalb ist es nicht entscheidend, ob die Existenz der hier angesprochenen Schöpfwerke auch zur Erfüllung der Aufgabe beiträgt, als integrierte Bestandteile der Deiche die Bevölkerung vor dem unerwünschten Eindringen von Hochwasser zu schützen. Jedenfalls solange die Anlage nicht ganz oder überwiegend anderen Zwecken als dem der Abführung des Wassers dient, fällt sie in die Unterhaltungslast des Verbandes. Auch das in eine Deichanlage integrierte Schöpfwerk dient jedoch nicht dem Schutz vor Hochwasser, sondern zuallererst der Abführung des Wassers. Der Schutz vor Hochwasser (vgl. hierzu § 72 Abs. 1 LWaG) in Gestalt der Deichanlage ist nur Ursache für Notwendigkeit, Existenz und Betrieb des Schöpfwerkes, ändert aber nichts an dessen andersartiger Zweckbestimmung.

8

Der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass § 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG nicht den Begriff "Schöpfwerk" enthält, dieser Begriff jedoch als örtliche Bezeichnung in den Anlagen zum Landeswassergesetz verwendet wird, führt zu nichts anderem. Daraus kann nicht gefolgert werden, der Gesetzgeber habe diese wasserwirtschaftlichen Anlagen in § 67 Abs. 1 Nr. 7 LWaG nicht ansprechen wollen. Es entspricht nichts weiter als gesetzlicher Regelungstechnik, allgemeine Rechtsbegriffe zu verwenden, um verschiedenartige Sachverhalte zu erfassen. Hier hat der Gesetzgeber den Begriff der Anlage, die der Abführung des Wassers dient, verwendet. Damit ist das Schöpfwerk als sogar wesentlicher Anwendungsfall der Bestimmung (vgl. OVG Lüneburg, 10.08.1972 - III OVG A 55/71 -, OVGE 29, 378, 382) erfasst.

9

Fallen die in die Küstendeiche integrierten Schöpfwerke danach in die Unterhaltungslast der Wasser- und Bodenverbände, so liegt darin - anders als die Klägerin meint - kein Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip nach Art. 72 Abs. 3 Verf M-V (vgl. dazu ausführlich Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26.01.2006 - 15/04 -, NordÖR 2006, 240 ff; Senat, 23.02.2009 - 1 L 276/05 -, NordÖR 2009, 163 ff). Die Gemeinden können die ihnen als Verbandsmitgliedern (§ 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden - GUVG -) auferlegte Kostenbelastung in Form von Beiträgen für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung gem. § 3 Satz 3 GUVG auf die grundsteuerpflichtigen Eigentümer der im Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke abwälzen (vgl. dazu Siemers in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: April 2009, § 6, Erl. 13.1.4) und auf diesem Wege refinanzieren. Zu einer Mehrbelastung der Gemeinden (Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV M-V) aufgrund der Zuweisung der Unterhaltungslast für die Gewässer zweiter Ordnung an die Wasser- und Bodenverbände (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 LWaG) kommt es daher nur dann, wenn die Gemeinde selbst Eigentümer von Grundstücken im Verbandsgebiet ist. Dann wird sie aber nicht anders behandelt als jeder andere Grundstückseigentümer, der zulässigerweise einen Beitrag für die Verbandstätigkeit zu erbringen hat (vgl. BVerwG, 11.07.2007 - 9 C 1/07, 9 C 1/07 (10 C 11/05) -, juris, Rn. 35). Ob das Land den Wasser- und Bodenverbänden einen weiteren finanziellen Ausgleich zur Unterhaltung der Schöpfwerke gewährt, wie es etwa nach § 51 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Wassergesetzes oder nach § 104 Abs. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes geschieht, ist keine Frage der Wahrung des verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips.

10

Soweit die Klägerin geltend macht, die Ladungen zu den Verbandsversammlungen des Wasser- und Bodenverbandes seien nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden, da der Grundsteuerpflicht nicht unterliegende Grundstückseigentümer und Verbandsmitglieder entgegen § 8 Abs. 1 Satzung des Wasser- und Bodenverbandes "Rügen" vom 30. November 2001 (WBVS) nicht berücksichtigt worden seien, führt auch dieser Einwand nicht zu einem Erfolg des Zulassungsantrages. Nach § 3a der nunmehrigen Fassung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden sind Fehler bei der Ladung zur Verbandsversammlung und der Beschlussfassung für die Wirksamkeit der bis zum 31. Dezember 2008 erfolgten Wahlen und Beschlüsse der Verbandsversammlung unbeachtlich, sofern diese Entscheidungen nicht durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben worden sind. Daher sind etwaige für den Beitragsanspruch des Beklagten grundsätzlich erhebliche Satzungsfehler, etwa ein Beschluss einer nicht ordnungsgemäß geladenen Verbandsversammlung über die Ausgestaltung der zu erhebenden Beiträge (vgl. die Anlage 1 - Veranlagungsregel - zur WBVS), seit Inkrafttreten des zuvor genannten Gesetzes vom 17. Dezember 2008 geheilt. Zunächst vorliegende Verstöße gegen die Verpflichtung zur Ladung sämtlicher Mitglieder (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.V.m. § 48 Abs. 2 Wasserverbandsgesetz (WVG) sowie § 8 Abs. 4 WBVS) führen damit nicht mehr zur Rechtswidrigkeit einer von der nicht ordnungsgemäß geladenen Verbandsversammlung beschlossenen satzungsmäßigen Beitragsregelung und der danach erlassenen Beitragsbescheide.

11

Die gegen § 3 a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen greifen nicht durch. Der Senat hat in einem ähnlich gelagerten, zwischen den Beteiligten geführten Verfahren (Beschluss v. 08. Juni 2009 - 1 M 160/08 -) zu dieser Problematik im Wesentlichen folgenden Rechtsstandpunkt eingenommen:

12

Der Senat folgt den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht, die die Rechtsmittelführerin gegen den mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden neu in das Gesetz eingefügten § 3a erhoben hat. Dem Antrag, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des neu eingefügten § 3a einzuholen, kann der Senat deshalb nicht entsprechen. Voraussetzung für die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG ist, dass das vorlegende Gericht - hier also der Senat - von der Nichtigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift überzeugt ist (vgl. BVerfG, 06.03.1990 - 2 BvL 10/89 -, BVerfGE 81, 276). Das ist vorliegend nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass § 3a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden gegen das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Rückwirkungsverbot verstößt.

13

Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Eine echte, verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt jedoch zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (BVerfG, 27.02.2007 - 1 BvR 3140/06 -, juris, Rn. 29 ff).

14

§ 3a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden bewirkt eine echte Rückwirkung, indem es die Unbeachtlichkeit von Fehlern bei der Ladung zur Verbandsversammlung und der Beschlussfassung für die Wirksamkeit der bis zum 31. Dezember 2008 erfolgten Wahlen und Beschlüsse der Verbandsversammlung anordnet und somit auch das Zustandekommen (Ladung und Beschlussfassung) der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Satzung des Wasser- und Bodenverbandes Rügen erfasst. Damit regelt es nachträglich die Rechtsfolgen von vollständig der Vergangenheit angehörenden Tatbeständen. Diese Rückwirkung von Rechtsfolgen bedingt im vorliegenden Zusammenhang jedoch keine Verletzung entgegenstehenden geschützten Vertrauens. Die Rechtsmittelführerin hat in ihrem Beschwerdevorbringen keine Sachverhalte aufgezeigt, wonach von den Verfahrensbestimmungen über die Ladung zur Verbandsversammlung und die Beschlussfassung (§§ 7, 8 WBVS, § 48 WVG) betroffene Verbandsmitglieder schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand dieser Regelungen gebildet hätten, das durch die Regelung über die Unbeachtlichkeit von Fehlern nach § 3a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden missachtet würde. Derartiges ist für den Senat auch nicht aufgrund sonstiger Umstände ersichtlich.

15

Das Verbot echter Rückwirkung findet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Schutzwürdig ist von Verfassungs wegen nur das betätigte Vertrauen, die "Vertrauensinvestition", die zur Erlangung einer Rechtsposition geführt hat. Um Vertrauensschutz zu begründen, muss die rückwirkend geänderte gesetzliche Regelung generell geeignet sein, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei der Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen. Der Betroffene soll in seinem Vertrauen darauf geschützt sein, dass der Gesetzgeber nicht nachträglich eine Regelung trifft, auf die er nicht mehr durch eine Verhaltensänderung reagieren kann. Er bedarf eines solchen Schutzes nicht, wenn ihn auch die rechtzeitige Kenntnis der geänderten Rechtslage nicht zu einem alternativen Verhalten veranlasst hätte (BVerwG, 03.07.2003 - 2 C 36/02 -, juris). Der Betroffene muss mit anderen Worten darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen von der Rechtsordnung anerkannt bleibt (Finanzgericht Baden-Württemberg, 12.02.2009 - 3 K 1217/07 -, juris).

16

Hier scheidet zunächst die Rechtsmittelführerin als von der rückwirkenden Regelung des § 3a des oben genannten Gesetzes in einer Vertrauensposition nachteilig Betroffene aus. Die Rechtsmittelführerin ist als Mitglied nach § 2 Nr. 1 GUVG offenbar zu den Verbandssitzungen geladen worden und konnte an den Verbandsbeschlüssen ordnungsgemäß mitwirken. Anderes ist weder vorgetragen noch bekannt. Soweit geltend gemacht wird, die BVVG, einzelne Kirchengemeinden oder der Eigentümer der Flächen der Lieschower Wiek hätten als von der Grundsteuer befreite Eigentümer geladen werden müssen, dies sei jedoch nicht geschehen, ist - ungeachtet der Frage der Richtigkeit dieses Vortrages, die der Senat im vorliegenden Verfahren nicht nachzuprüfen gezwungen ist - nicht zu erkennen, inwieweit diese Grundstückseigentümer ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand der von § 3a erfassten Verfahrensbestimmungen gebildet haben könnten. Weder dem Vortrag der Rechtsmittelführerin noch den Akten ist irgendein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass eines der hier angesprochenen Verbandsmitglieder versucht hätte, seine Teilnahmerechte zu wahren oder durchzusetzen. Erst recht ist nichts dafür erkennbar, dass diese Mitglieder im Vertrauen auf die genannten Verfahrensrechte irgendwelche Entscheidungen getroffen hätten, deren Folgen nunmehr als geschützte Vertrauenspositionen einer rückwirkenden Änderung des Rechts entgegenstünden, weil sie sich nunmehr als nachteilig erwiesen. Vielmehr scheint davon ausgegangen werden zu dürfen, dass die von der Antragstellerin aufgezählten natürlichen und juristischen Personen von ihrer Rechtsstellung als zu beteiligende Verbandsmitglieder überhaupt keine Kenntnis besaßen und infolgedessen ihre Entscheidungen und Dispositionen auch nicht an diesen ihnen nicht bewussten Beteiligungsrechten ausgerichtet haben.

17

Auch dem Einwand, in der rückwirkenden Heilung von Verfahrensfehlern nach § 3a des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden liege zugleich eine Missachtung der Rechtsweggarantie, ist nicht zu folgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG nicht den sachlichen Bestand oder den Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung; diese richtet sich vielmehr nach der Rechtsordnung im Übrigen. Die Grenzen eines solchen Entzugs bilden die materiellen Grundrechte und das Rückwirkungsverbot (BVerfG - 2 BvL 14/98 -, juris). Der von einer rückwirkenden Rechtsänderung betroffene Kläger ist im Übrigen dadurch hinreichend geschützt, dass er - hätten ohne die Rechtsänderung die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abgabenbescheides vorgelegen - die Kostenlast durch eine Erledigungserklärung abwenden kann (vgl. dazu ausführlich BVerwG, 27.04.1990 - 8 C 87/88 -, juris, Rn. 14)

18

An dieser Ansicht hält der Senat auch für das vorliegende Verfahren fest. Etwaige Ladungsfehler und damit in Zusammenhang stehende Mängel von Verbandsbeschlüssen gelten seit Inkrafttreten des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 als geheilt. Dem Antrag der Klägerin, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, war mangels Überzeugung des Senates von der Verfassungswidrigkeit des § 3a Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden nicht zu entsprechen.

19

Aus diesem Grunde kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klägerin irrigerweise annimmt, das Verwaltungsgericht Greifswald habe in seinem Urteil vom 14. Dezember 2007 (3 A 587/05) festgestellt, die Beitragsbescheide des Wasser- und Bodenverbandes "Rügen" seien rechtsfehlerhaft und damit unwirksam gewesen. Der hier beklagte Verband ist in dem Verfahren 3 A 587/05 nicht Verfahrensbeteiligter gewesen und auch sonst an keiner Stelle der Entscheidungsgründe angesprochen worden. Dass Ladungsfehler auf Seiten des hier beklagten Verbandes überhaupt konkret aufgetreten sind, ist dem Zulassungsvorbringen dementsprechend nicht zu entnehmen, jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit auch nicht mehr zu klären.

20

Soweit die Klägerin eine Unvereinbarkeit der Regelungen des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden mit den Bestimmungen des Wasserverbandsgesetzes geltend macht, bezieht sich dieser Vortrag auf die Bestimmung über den Kreis der Verbandsmitglieder (§ 2 Abs. 1 GUVG), die erst Ende des Jahres 2008 ohne rückwirkende Geltung in Kraft getreten ist und deshalb für die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen, das Jahr 2003 betreffenden Beitragsbescheides ohne Bedeutung ist.

21

2. Soweit die Klägerin den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) anspricht, fehlt es an jeglicher Darlegung.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

23

Die Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

24

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

25

Hinweis:

26

Mit der Ablehnung des Antrages wird das Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

1. Der Abgabenbescheid des Amtsvorstehers des Amtes Waren-Land vom 02.09.2004, Az.: ..., und dessen Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vorher Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsgebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer mehrerer Grundstücke in der Gemarkung K. in einer Gesamtgröße von ca. 284 ha, wovon 272,60 ha als Waldflächen, 0,7 ha als Wegeflächen und 3,1 ha als sonstige Flächen im Liegenschaftskataster erfasst sind. Zu den Grundstücken des Klägers gehört auch das G 1., mit einer Größe von 14.116 m². Auf diesem - ein eigenes Buchgrundstück bildenden - Grundstück befindet sich ein Entwässerungsgraben, bei dem es sich um ein Gewässer zweiter Ordnung handelt, das nach dem Schreiben des Landkreises Müritz vom 20.02.2006 in der Unterhaltungslast des Wasser- und Bodenverbandes Müritz steht.

3

Das Finanzamt Waren bestätigte mit Schreiben vom 04.08.2006, dass es sich bei dem Grundstück "Gemarkung K., diverse Flurstücke mit Teilflächen entsprechend Nachweis vom 24.04.2006, insgesamt 8.879,5 m² groß" um grundsteuerbefreiten Grundbesitz i.S.d. § 4 Nr. 3 c und Nr. 4 GrStG handelt. Mit Schreiben vom 25.07.2006 bestätigte der Wasser- und Bodenverband Müritz gegenüber dem Kläger, dass dieser mit dem Grundstück Gemarkung K., G 1, Mitglied im Wasser- und Bodenverband sei.

4

Mit Bescheid vom 02.09.2004 setzte der Rechtsvorgänger des Beklagten, der Amtsvorsteher des Amtes Waren-Land, gegenüber dem Kläger für das Kalenderjahr 2004 Wasser- und Bodenverbandsgebühren in Höhe von 2.525,40 EUR fest. Er legte dabei Gebührensätze für die Waldflächen und sonstigen Flächen von 9,- EUR/ha und für die Wegeflächen von 18,- EUR/ha zugrunde. Dem Bescheid beigefügt war eine Auflistung der veranlagten Grundstücke mit Größenangabe und Nutzungsart.

5

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 29.09.2004 wies der Amtsvorsteher des Amtes Waren-Land mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, da sich der Widerspruch dem Grunde nach nicht gegen die erlassende Behörde, sondern gegen den zuständigen Wasser- und Bodenverband Müritz richte, sei der Einspruch nur bei diesem möglich.

6

Der Widerspruchsbescheid soll am 06.01.2005 zugestellt worden sein. Ein Beleg dazu liegt nicht vor.

7

Am 03.02.2005 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Gemeinde K. sei hinsichtlich der forstwirtschaftlich genutzten Flächen des Klägers nicht Mitglied im Wasser- und Bodenverband, weshalb sie für diese Flächen keine Beiträge leisten und keine Gebührenumlage erheben dürfe. Die Grundstücke des Klägers unterlägen nicht der Grundsteuer, Steuergegenstand sei vielmehr der forstwirtschaftliche Betrieb als Ganzes. Deshalb sei der Kläger selbst originäres Mitglied im Wasser- und Bodenverband. Das folge auch daraus, dass der Kläger jedenfalls Eigentümer grundsteuerbefreiter Teilflächen im Erhebungsgebiet sei. Dabei handele es sich um Waldwege, fließende Gewässer und Entwässerungsgräben, die nach § 4 Nr. 3 Buchst. a, c und Nr. 4 GrStG von der Grundsteuer befreit seien. Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man für eine eigene Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband die Steuerbefreiung ganzer Buchgrundstücke verlange. Denn der Graben auf dem G 1 mit einer Größe von 1,4116 ha sei im Grundbuch als ein Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne eingetragen.

8

Außerdem verstießen die §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Satz 3 GUVG gegen Verfassungsrecht. Das Land Mecklenburg-Vorpommern habe mit der Errichtung von 31 Wasser- und Bodenverbänden Sonderverbände geschaffen, was mit dem Zweck des Wasserverbandsgesetzes und dem Grundgesetz nicht im Einklang stehe. Außerdem liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, das Demokratieprinzip und die Finanzverfassung der Art. 105 ff. GG vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 23.03.2005 Bezug genommen.

9

Ungeachtet dessen sei die Gebührensatzung der Gemeinde K. unwirksam. Die der Gebührenpflicht unterworfenen Grundstückseigentümer seien nicht bevorteilt. Der Wasser- und Bodenverband nehme den Grundstückseigentümern keine Unterhaltungslasten ab. Der Landesgesetzgeber habe die Unterhaltungslast ausdrücklich den Wasser- und Bodenverbänden und nicht den Grundstückseigentümern auferlegt. Der in § 3 Abs. 1 geregelte Gebührenmaßstab sei unklar, wenn sowohl der Flächen- als auch der Vorteilsmaßstab gelten solle. Noch unklarer werde die Regelung durch die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 7 und 8 sowie die Regelung von sogenannten Beitragsklassen nach der Gewässerdichte in der Gemeinde. Außerdem fehle in § 3 Abs. 3 die Regelung von Erschwerniszuschlägen, was gegen § 65 Landeswassergesetz verstoße. Fehlerhaft sei die Gleichbehandlung von landwirtschaftlich mit forstwirtschaftlich genutzten Flächen, obwohl letztere aus der Entwässerung keinen Vorteil, nur einen Nachteil hätten. Dem Wald werde das Wasser abgegraben, was zu erheblichen Schäden führe. Auch die Abschläge für Naturschutzflächen seien nicht gerechtfertigt. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb ein in einem Naturschutzgebiet liegender Maisacker gegenüber einer außerhalb des Naturschutzgebietes liegenden Waldfläche bessergestellt werde. Gleiches gelte für die Ungleichbehandlung von Waldflächen innerhalb bzw. außerhalb von Naturschutzgebieten. Ungerecht sei die nicht quadratmetergenaue Abrechnung je angefangene 0,1 ha, obwohl der Gemeinde die Flächen quadratmetergenau bekannt seien. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sei eine sogenannte antizipierte Gebührenerhebung unzulässig, wonach die Gebührenpflicht bereits am 1. Januar des Kalenderjahres entstehe.

10

Die Gebührenberechnung der Höhe nach sei zu beanstanden. Rechtswidrig sei auch, dass der Kläger näher bezeichnete Unterlagen zur Gebühren- und Beitragssatzung trotz Anforderung weder vom Wasser- und Bodenverband noch von der Gemeinde erhalten habe.

11

Sämtliche Beschlussfassungen des Wasser- und Bodenverbandes seien fehlerhaft und damit unwirksam, weil nicht alle Mitglieder ordnungsgemäß geladen worden seien. Dies betreffe sowohl den Kläger als auch andere Eigentümer grundsteuerbefreiter Grundstücke. Dazu gehöre beispielsweise die BVVG, die bis 2004 mindestens ein grundsteuerbefreites Grundstück im Verbandsgebiet hatte, nämlich das G 2, bei dem es sich um einen Friedhof handele. Des Weiteren seien die örtlichen Kirchengemeinden nicht zu den Verbandsversammlungen eingeladen worden, obwohl sie in allen Gemeinden über grundsteuerbefreiten Grundbesitz verfügten. Der Verband habe die Kirchen nur als "Kirchenverwaltung gesamt" erfasst und mit einer einzigen Stimme ausgestattet, obwohl die einzelnen Kirchengemeinden als Mitglieder je eine Stimme in der Verbandsversammlung haben müssten. Danach sei nicht nur die Beitragserhebung durch den Verband, sondern auch die Gebührenumlage durch die Gemeinde rechtswidrig (Einwendungsdurchgriff).

12

Weiter sei die Beitragslast der Gemeinde K. überhöht, weil sie vom Verband in die falsche Beitragsklasse eingruppiert worden sei. Die Anzahl der berücksichtigten Verbandsgewässer sei zu hoch, weil die nach § 1 Abs. 2 Landeswassergesetz vom Anwendungsbereich ausgenommenen Gewässer untergeordneter Bedeutung (sogenannte Gewässer dritter Ordnung) zu Unrecht berücksichtigt worden seien. Die Kosten der Unterhaltung dieser Meliorationsgräben und Gewässeransammlungen müssten die Grundstückseigentümer selbst tragen. Sie dürften nicht durch den Verband sozialisiert und auf andere Grundstückseigentümer umgelegt werden.

13

Schließlich habe der Wasser- und Bodenverband zu Unrecht Aufwand für diverse freiwillige Aufgaben berücksichtigt, wie insbesondere Bau und Unterhaltung von Deichen, Ausbau und Rückbau von Gewässern sowie Rohrleitungsreparaturen. Im Kalenderjahr 2004 seien Reparaturen an 65 Rohrleitungen angefallen, die Kosten jedoch nicht gesondert ausgewiesen, sondern unter die allgemeinen Gewässerunterhaltungskosten gemischt worden. Die im Verbandsgebiet auf einer Länge von rund 250 km vorhandenen Rohrleitungen gehörten nicht zu den vom Verband pflichtig unterhaltenen Gewässern zweiter Ordnung.

14

Der Kläger beantragt,

15

1. den Abgabenbescheid des Amtsvorstehers des Amtes Waren-Land vom 02.09.2004, Aktenzeichen ..., und dessen Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004 aufzuheben,

16

2. festzustellen, dass die Gemeinde K. weder für die im angefochtenen Bescheid vom 02.09.2004 genannten Flächen noch für die beim Amtsgericht Waren im Bestandsverzeichnis des Grundbuches von K., Bl. ... gebuchten Grundstücke im Eigentum des Klägers Mitglied im Sonderverband Wasser- und Bodenverband Müritz ist.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er führt aus, die Klage sei unbegründet. Keiner der klägerischen Einwände greife durch. Die Gemeinde K. sei gesetzliches Mitglied im Wasser- und Bodenverband. Ein Wahlrecht stehe ihr hierbei nicht zu. Der Wasser- und Bodenverband Müritz unterhalte nur Gewässer zweiter Ordnung, in der Gemeinde K. ausschließlich solche Gewässer, die als Vorfluter den Grundstücken von mindestens zwei Eigentümern dienten. Die vom Wasser- und Bodenverband unterhaltenen Gewässer seien im Anlagenverzeichnis zur Verbandssatzung dokumentiert. Der Anlagenbestand sei erstmalig zur Gründungsversammlung des Wasser- und Bodenverbandes erstellt worden auf Grundlage der Bestandsdokumentation der ehemaligen Meliorationsgenossenschaften W. und R. und der Wasserwirtschaftsdirektion Küste, Flussbereich P.. Veränderungen des Anlagenbestandes könnten auf Antrag und nach Durchführung einer Gewässerschau erfolgen. Im Streitfall entscheide die Untere Wasseraufsichtsbehörde. Solche Veränderungen würden je nach Erfordernis auch vorgenommen. Der Unteren Wasserbehörde werde der Anlagenbestand alle drei bis fünf Jahre zur Bestätigung vorgelegt. Ein Widerspruch gegen das Anlagenverzeichnis sei nicht erhoben worden. Allen nachfolgenden Beschlüssen zur Ergänzung des Anlagenbestandes sei mehrheitlich zugestimmt worden. Die durch den Wasser- und Bodenverband für die Gemeinde K. ermittelte Gewässerdichte liege deutlich über der Wechselgrenze zwischen erster und zweiter Beitragsklasse.

20

Der Kläger sei nicht selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband. Er könne die nötigen Nachweise dafür nicht erbringen, dass seine Grundstücke von der Grundsteuer befreit seien. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, könne eine Mitgliedschaft privater Grundstückseigentümer im Wasser- und Bodenverband nur in Betracht kommen, wenn diese Personen sich beim Verband selbst meldeten. Denn die Grundsteuerbefreiung werde weder dem Verband noch der Gemeinde von Amts wegen mitgeteilt. Insofern seien die praktischen Probleme bei der Erfassung der Mitglieder zu berücksichtigen, insbesondere der Umstand, dass die Finanzämter hierzu grundsätzlich keine Auskünfte erteilten.

21

Die Satzungsanwendung sei ebenfalls fehlerfrei. Insbesondere habe der Beklagte die Gebührenhöhe satzungsgemäß ermittelt. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 4 bis 5 des Schriftsatzes vom 08.06.2005 Bezug genommen.

22

Mit Beschluss vom 17.09.2007 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

1. Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

25

Abgaben dürfen nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V). Daran fehlt es hier. Die allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommende Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes Müritz vom 14.01.2000 i.d.F. der 2. Änderungssatzung vom 27.05.2002 (GS) ist unwirksam. Fehlerfrei ist entgegen der Auffassung des Klägers allerdings, dass nach § 5 Abs. 1 GS die Gebührenschuld bereits am 1. Januar des Kalenderjahres entsteht (sogenannte antizipierte Gebührenerhebung). Eine solche Regelung ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 23.02.2000, 1 L 50/98, S. 11 des Umdrucks), der das Gericht folgt, zulässig (a.A. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22.11.2006, 9 B 13.05, S. 17 ff. des Umdrucks).

26

Nicht zu beanstanden ist weiter, dass die Gebührensätze seit 2002 nicht verändert worden sind. Weil es sich hier um eine Umlage handelt, ist die Gemeinde verpflichtet, die Richtigkeit der Gebührensätze jährlich anhand der Abrechnung durch den Wasser- und Bodenverband zu überprüfen. Soweit die Beitragshöhe unverändert bleibt, muss weder jährlich eine neue Gebührensatzung beschlossen noch jährlich ein neuer Gebührenbescheid erlassen werden. Verändert sich allerdings die Beitragshöhe, so muss eine Überprüfung der Gebührenkalkulation und gegebenenfalls eine Anpassung der Gebührensätze erfolgen (VG Greifswald, Urt. v. 07.02.2007, 3 A 77/04, S. 9 des Umdrucks). Dazu hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung plausibel ausgeführt, dass in der Gemeinde K. jährlich, und so auch in den Kalenderjahren 2002 bis 2004, die Kalkulation überprüft und insbesondere im Jahr 2003 kein Anlass zur Erhöhung der Gebührensätze gesehen wurde. Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, weil die Beitragslast von 2002 auf 2003 um ca. 500,00 EUR angestiegen ist. Wenn die Gemeinde bei einer solchen Sachlage auf eine Erhöhung der Gebührensätze verzichtet, ist dies unbedenklich, weil die Gefahr einer Gebührenüberdeckung nicht besteht. Anders dürfte es sich im - hier nicht streitgegenständlichen - Kalenderjahr 2005 verhalten, denn von 2003 auf 2004 ist die Beitragslast um ca. 1.500,00 EUR gesunken. Unter diesen Umständen die Gebührensätze nicht anzupassen, erscheint bedenklich, weil die Gefahr einer nicht nur ganz geringfügigen Gebührenüberdeckung besteht.

27

Die in § 3 Abs. 3 GS geregelten Gebührensätze sind aber deshalb unwirksam, weil die ihnen zugrunde liegende Beitragserhebung des Wasser- und Bodenverbandes Müritz gegenüber der Gemeinde K. für das Kalenderjahr 2003 rechtswidrig ist. Der Fehler der Beitragserhebung schlägt auf die Gebührenerhebung durch.

28

Im Streit ist eine Gebührenerhebung für das Kalenderjahr 2004. Dem liegt eine Beitragserhebung für 2003 zugrunde. Für dieses Kalenderjahr hat der Wasser- und Bodenverband die Höhe der Verbandsbeiträge, insbesondere der auf die Gemeinde K. entfallenden, fehlerhaft ermittelt, weil nicht sämtliche Mitglieder des Verbandes erfasst und zu den Verbandsversammlungen geladen worden sind. Damit war eine ordnungsgemäße Beschlussfassung nicht möglich.

29

Zu Recht macht der Kläger geltend, dass er selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband ist. Diese Auffassung vertritt mittlerweile auch der Wasser- und Bodenverband selbst in seinem Schreiben vom 25.07.2006. Gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) sind Mitglieder der Verbände die Gemeinden für die der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen sowie die Eigentümer von Grundstücken, die der Grundsteuerpflicht nicht unterliegen. Dies bedeutet, da der von der Grundsteuer befreite Grundbesitz keiner Grundsteuerpflicht unterliegt, dass dessen Eigentümer selbst Mitglieder der Gewässerunterhaltungsverbände sind, die von diesen selbst zu Verbandsbeiträgen herangezogen werden müssen. Eine Belastung der Gemeinden mit den auf diese Grundstücke entfallenden Verbandslasten ist nicht zulässig. Somit können die auf diese Grundstücke entfallenden Verbandsbeiträge auch nicht Gegenstand der Abwälzung in Form von Gebühren sein (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 6 Anm. 13.1.5).

30

Allerdings unterliegen die forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke des Klägers der Grundsteuer und fallen daher unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 GUVG. Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass Steuergegenstand nicht das einzelne Grundstück, sondern der Betrieb mit allen seinen Bestandteilen ist (§ 2 Satz 1 Ziff. 1 GrStG). Denn die forstwirtschaftlichen Grundstücke sind Bestandteile des Betriebes und unterliegen als solche der Grundsteuer (VG Greifswald, Urt. v. 08.02.2006, 3 A 1943/02, S. 14 des Umdrucks). Weiter vertritt das Gericht die Auffassung, dass die Grundsteuerbefreiung von Teilflächen eines Buchgrundstücks nicht ausreicht, um selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband zu sein. Deshalb ist die im Schriftsatz vom 23.03.2005 dargelegte Grundsteuerbefreiung u.a. der Waldwege und Gewässer nicht ausreichend. Wenn § 2 Abs. 1 Nr. 2 GUVG an "Grundstücke" anknüpft, sprechen Gesetzeswortlaut sowie Sinn und Zweck der Norm dafür, dass Grundstücke im zivilrechtlichen (grundbuchrechtlichen) Sinne gemeint sind (VG Greifswald, Urt. v. 27.07.2005 - 3 A 1090/01, S. 14 d. Umdrucks, und vom 11.12.2006, 3 A 908/02, S. 21 des Umdrucks).

31

Der Kläger ist Mitglied des Verbandes als Eigentümer des Grundstücks Gemarkung K., G 1, das unstreitig nicht der Grundsteuerpflicht unterliegt und ein eigenständiges Buchgrundstück ist. Es handelt sich um den in der Unterhaltungslast des Verbandes stehenden Graben, der in Anlage K 6 blau markiert ist. Unerheblich ist es, zu welchem Zeitpunkt der Kläger diesen Umstand geltend gemacht bzw. seine Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband durch diesen bestätigt worden ist. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung für den Wasser- und Bodenverband Müritz vom 19.12.2000 "sind" Mitglieder des Verbandes die Eigentümer von Grundstücken, die der Grundsteuerpflicht nicht unterliegen. Diese dem § 2 Abs. 1 GUVG nachgebildete Regelung ist dahingehend auszulegen, dass die Mitgliedschaft im Verband bei Erfüllung dieser Voraussetzungen automatisch eintritt. Nach Absatz 2 der Bestimmung sind die Mitglieder in ein Verzeichnis eingetragen, welches vom Verband aufgestellt und auf dem Laufenden gehalten wird. Dieses Verzeichnis ist für die Mitgliedschaft jedoch nur deklaratorisch, nicht etwa konstitutiv. Vor diesem Hintergrund vermag das Gericht der Auffassung des Beklagten nicht zu folgen, eine Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband könne nur berücksichtigt werden, wenn der jeweilige Grundstückseigentümer sich beim Verband melde. Das Gericht verkennt nicht die vom Beklagten plausibel vorgetragenen praktischen Probleme bei der Erfassung der (privaten) Verbandsmitglieder, sieht aber dennoch keinen Raum für eine abweichende Auslegung des § 2 Abs. 1 GUVG und des § 3 der Verbandssatzung. Allenfalls könnte sich aus den angesprochenen Problemen Handlungsbedarf für eine Gesetzesänderung ergeben.

32

Ausweislich der Grundbucheintragung vom 18.12.2003 ist der Kläger jedenfalls seit diesem Zeitpunkt Mitglied im Wasser- und Bodenverband und hätte daher von diesem bereits für das Kalenderjahr 2004 zur Verbandsversammlung geladen werden müssen. Dies ist nicht erfolgt. Für die Beitragsermittlung 2003 hätte in Bezug auf das G 1 der Rechtsvorgänger des Klägers, die BVVG, als Mitglied berücksichtigt werden müssen, was ebenfalls unterblieben ist.

33

Es kommt noch hinzu, dass nach dem plausiblen Sachvortrag des Klägers weitere Mitglieder des Verbandes nicht bzw. nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind. Dies betrifft zum einen die BVVG (bis 2004) hinsichtlich des genannten Friedhofsgrundstücks, zum anderen die örtlichen Kirchengemeinden als Eigentümer grundsteuerbefreiter Grundstücke, die vom Wasser- und Bodenverband lediglich als "Kirchenverwaltung" mit einer Stimme erfasst sind. Dies dürfte fehlerhaft sein, weil - wie aus einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren bekannt ist - die örtlichen Kirchengemeinden selbst Grundstückseigentümer sind.

34

Nach Auffassung des Gerichts führt die unterbliebene bzw. fehlerhafte Erfassung aller Mitglieder des Wasser- und Bodenverbandes dazu, dass - mangels ordnungsgemäßer Ladung - die Beschlussfassungen des Verbandes in Bezug auf die Beitragserhebung fehlerhaft und damit unwirksam sind. Gemäß § 48 Abs. 2 Wasserverbandsgesetz (WVG) gelten für die Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung der Verbandsversammlung, soweit dieses Gesetz oder die Satzung nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder über die Ausschüsse; für die Beschlussfähigkeit genügt jedoch die Anwesenheit von einem Zehntel der Mitglieder. Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V sind Ausschüsse beschlussfähig, wenn alle Mitglieder geladen und mehr als die Hälfte, mindestens aber drei der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind. Nach § 8 Abs. 4 der Verbandssatzung ist die Verbandsversammlung beschlussfähig, wenn mindestens ein Zehntel aller Mitglieder anwesend und alle rechtzeitig geladen sind. An letzterem fehlt es. Allerdings sind die Rechtsfolgen fehlender Ladung bzw. fälschlich angenommener Beschlussfähigkeit im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nicht jeder Verfahrensfehler führt zur Nichtigkeit der Beschlussfassung, vielmehr ist nach der Art und dem Gewicht des Fehlers zu differenzieren (vgl. OVG M-V, Urt. v. 05.06.2002, 4 K 18/00, S. 7 des Umdrucks, für die Bekanntmachungsfrist zur Sitzung der Verbandsversammlung als bloße Ordnungsvorschrift). Der Fehler führt deshalb zur Unwirksamkeit der Beschlussfassung, weil es sich bei der rechtzeitigen Ladung aller Verbandsmitglieder nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, auf deren Einhaltung es für die Beschlussfassung nicht entscheidend ankommt. Vielmehr soll die Ladung gerade eine demokratische Willensbildung des Verbandes ermöglichen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass hier ein strukturelles Problem bei der Erfassung der Verbandsmitglieder vorliegt. Es handelt sich nach den obigen Ausführungen nicht um den bloßen Einzelfall eines übersehenen und deshalb nicht geladenen Verbandsmitgliedes, sondern es ist - zumindest potentiell - eine ganze Reihe von Mitgliedern betroffen. Daher kann nicht angenommen werden, dass die unterbliebene Ladung von vornherein auf das Abstimmungsergebnis ohne jeden Einfluss gewesen ist. Dabei wird nicht verkannt, dass die privaten Grundstückseigentümer im Verhältnis zu den Gemeinden in der Verbandsversammlung ein eher geringes Stimmengewicht haben. Dies ändert aber nichts daran, dass private Verbandsmitglieder wie der Kläger über einen längeren Zeitraum zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden. Fehler im Beitragsverhältnis können auch vom Gebührenschuldner der Gemeinde gegenüber geltend gemacht werden (VG Greifswald, Urt. v. 30.03.2005 - 3 A 438/01, S. 12 d. Umdrucks; so auch OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., S. 16; BVerwG, Urt. v. 11.07.2007 - 9 C1.07, DVBl. 2007, S. 1318).

35

Auf alle weiteren von Klägerseite angesprochenen Fragen kommt es entscheidungserheblich für die Anfechtungsklage nicht mehr an. Es sei aber darauf hingewiesen, dass das Gericht - anders als der Kläger - von der Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Satz 3 GUVG ausgeht. Weiter vertritt das Gericht in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Waldflächen weder grundsätzlich von der Heranziehung zur Gebührenzahlung für Verbandslasten ausgeschlossen sind, noch die Gemeinde gezwungen ist, in ihrer Maßstabsregelung Waldflächen gegenüber anderen Grundstücksflächen gesondert - als weniger bevorteilt - zu berücksichtigen (zuletzt Urt. v. 07.02.2007, 3 A 77/04, S. 13-14 des Umdrucks).

36

2. Die Feststellungsklage ist unzulässig, da subsidiär. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Das ist hier der Fall. Insbesondere kann der Kläger, wie die vorstehenden Ausführungen zur Anfechtungsklage zeigen, seine Rechte auch in Bezug auf die Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband durch die Anfechtungsklage verfolgen. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte den Kläger für künftige Veranlagungsjahre für die betroffenen Grundstücke erneut zur Gebührenumlage heranziehen könnte. Sollte dies der Fall sein, kann der Kläger seine Rechte in zumutbarer Weise durch eine erneute Anfechtungsklage verfolgen.

37

3. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Beklagten, den Wasser- und Bodenverband Müritz notwendig beizuladen, war abzulehnen. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO). Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn die Sachentscheidung des Gerichts nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar Rechte des Beizuladenen betroffen, das heißt gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden und deshalb aus Rechtsgründen die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 65 Rdn. 14 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, weil durch die gerichtliche Entscheidung die Rechte des Wasser- und Bodenverbandes nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar betroffen werden. Wenn das Gericht die Beschlussfassungen des Wasser- und Bodenverbandes für fehlerhaft erklärt, ist dies nur inzident insofern rechtlich relevant, als der Kläger diesen Fehler im Gebührenverhältnis geltend machen kann. Eine Aufhebung oder Änderung der vom Verband gegenüber der Gemeinde erlassenen Beitragsbescheide folgt daraus nicht.

38

Zwar liegen die Voraussetzungen einer einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO vor. Diese steht aber im Ermessen des Gerichts, das in vergleichbaren Verfahren von einer Beiladung regelmäßig absieht.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Dabei hat das Gericht der Feststellungsklage gleiches Gewicht wie der Anfechtungsklage beigemessen.

40

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41

Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage der Mitgliedschaft privater Grundstückseigentümer im Wasser- und Bodenverband und die Rechtsfolgen fehlerhafter Erfassung der Mitglieder für die Gebührenerhebung durch die Gemeinde.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Juni 2005 - 5 A 3720/03 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 528.919,50 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt vom beklagten Land zum Ausgleich der ihr aus der Aufgabenübertragung nach § 3 des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes vom 17. Dezember 2001 (GVOBl. M-V, S. 612, 614; AG-BSHG) entstandenen Kosten im Jahr 2002 die Zahlung eines weiteren Betrages von 528.919,50 EUR; nach ihrem Vortrag glichen die ihr in Anwendung des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes vom 17. Dezember 2001 (GVOBl. M-V, S. 612, 616; SozhfinanzG M-V) nach Maßgabe des Erlasses des Sozialministeriums M-V vom 11. November 2002 bereits zugeflossenen Finanzzuweisungen in Höhe von 5.738.464,29 EUR im Umfang der Klageforderung ihre aus der Aufgabenübertragung folgende Mehrbelastung nicht aus. Die Klägerin beruft sich für ihren Anspruch unmittelbar auf das landesverfassungsrechtlich in Art. 72 Abs. 3 Verf M-V und einfachgesetzlich in den §§ 4 Abs. 2, 91 Abs. 2 KV M-V normierte Konnexitätsprinzip.

2

Der nach Zustellung des angefochtenen klageabweisenden Urteils am 07. Juli 2005 fristgemäß (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) am 05. August 2005 gestellte und mit dem am 22. August 2005 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz ebenso fristgerecht begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

3

Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt.

4

Dies gilt zunächst für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

5

Bezogen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wären Darlegungen dazu erforderlich gewesen, dass die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist (OVG Greifwald, Beschluss vom 12.02.1998 - 1 M 17/98 -, NVwZ-RR 1998, 597 = NordÖR 1998, 113 = SächsVBl. 1998, 274, m.w.N.). Erforderlich ist, dass die klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage bezeichnet und dargestellt wird, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung dieser speziellen Rechtsfrage ergibt (vgl. OVG Greifswald, a.a.O.). Der Antragsbegründung muss entnommen werden können, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer bestimmten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen und es deshalb erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht noch einmal klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 12.11.2002 - 3 L 16/02 -). Dazu bedarf es einer substanziierten Darlegung, aus welchen Gründen ein von dem Verwaltungsgericht eingenommener Rechtsstandpunkt bzw. die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen zweifelhaft geworden sind (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.2007 - 1 L 195/07).

6

Nach diesem Maßstab rechtfertigt die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,

7

ob Gemeinden, die auf der Grundlage von Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Verf M-V zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet worden sind, ohne dass eine Regelung in einer Rechtsvorschrift über den finanziellen Ausgleich der Mehrbelastung getroffen wurde, die den aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V sich ergebenden Anforderungen entspricht, ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich zur Deckung der zusätzlichen Kosten gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern zusteht,

8

und ihr weiteres Vorbringen hierzu nicht die Zulassung der Berufung.

9

Diese konkret formulierte Fragestellung würde ohne Berücksichtigung des weiteren Vorbringens zur Begründung des Zulassungsantrages schon deshalb nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügen, weil - "ein Anspruch" - die Anspruchsgrundlage, auf die die Klägerin ihren etwaigen Zahlungsanspruch stützen will, nicht bezeichnet wird. Es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, im Zulassungsverfahren nach irgendeiner Rechtsnorm zu suchen, aus der sich der geltend gemachte Anspruch ergeben könnte. Da jedoch die Anforderungen aus dem Darlegungserfordernis von Verfassungs wegen - Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - nicht überspannt werden dürfen, ist vom Senat das weitere Vorbringen zum Vorliegen des Zulassungsgrundes des §124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in den Blick zu nehmen. Aus diesem ergibt sich mit noch hinreichender Deutlichkeit, dass die Klägerin die in der von ihr aufgeworfenen Fragestellung angesprochene Anspruchsgrundlage unmittelbar in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V erblicken will. Die Klägerin macht insoweit nämlich geltend, obwohl Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LVerf M-V sowie § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 91 Abs. 2 Satz 2 KV M-V die Vorstellung zugrunde liege, dass der erforderliche Ausgleich von Mehrbelastungen in einer Rechtsvorschrift zu regeln sei, schließe dies nicht aus, dass bei Fehlen einer hinreichenden Ausgleichsregelung in einer anderweitigen Rechtsvorschrift ein Ausgleichsanspruch unmittelbar aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V bestehen könne. Hierfür sprächen die besseren Gründe; insoweit verweist die Klägerin dann auf ihren Vortrag zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wo sie ausdrücklich einen solchen Anspruch formuliert. Folglich ist die aufgeworfene Grundsatzfrage entsprechend - "ein Anspruch aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V" - zu ergänzen.

10

Ungeachtet dessen genügt jedoch das Zulassungsvorbringen zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Grundsatzfrage unter anderen Blickwinkeln nicht dem Darlegungserfordernis des §124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

11

Die Klägerin legt - einen verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V unterstellt - nicht hinreichend dar, dass die insoweit anspruchsbegründende Voraussetzung einer ausgleichspflichtigen Mehrbelastung vorliegt.

12

Gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Verf M-V können die Gemeinden und Kreise durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Kreise, so ist dafür nach Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.

13

Dabei liegt es auf der Hand, dass ein entsprechender Ausgleich nur dann zu schaffen wäre, wenn die geltend gemachte Mehrbelastung - "führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung" - kausal bzw. unvermeidbar aus der Aufgabenerfüllung folgt. Zu einer solchen Ursächlichkeit fehlt hinreichender Vortrag der Klägerin (vgl. zur - im Ergebnis vergleichbaren - Darlegungslast diesbezüglich bei einer behaupteten Verletzung des strikten Konnexitätsprinzips nach Art. 72 Abs. 3 Verf M-V das Urt. des LVerfG M-V v. 26.01.2006 - LVerfG 15/04 -, NordÖR 2006, 240 = DÖV 2006, 340 = LKV 2006, 217 - zitiert nach juris). Sie beschränkt sich auf die Aussage, "die ungedeckten Mehrbelastungen belaufen sich für das Jahr 2001 (gemeint ist das Jahr 2002) auf den im Klageantrag bezeichneten Betrag" und behauptet allenfalls unausgesprochen die notwendige Kausalität zwischen Aufgabenerfüllung und Mehrbelastung. Auch der anschließend in einem Klammerzusatz enthaltene Verweis - "vgl. dazu die Darlegungen in der Klageschrift vom 07.11.2003 sowie auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 26.03.2004" - ist unter der Geltung des Darlegungsgrundsatzes zu pauschal, um das Begründungsdefizit der Antragsbegründung auszugleichen.

14

Zum einen ist das Rechtsmittelgericht schon grundsätzlich nicht gehalten, einen insgesamt in Bezug genommenen, hier mehrseitigen Schriftsatz in Gestalt der Klageschrift daraufhin durchzusehen, ob sich - zu einer nicht einmal ausdrücklich benannten Anspruchsvoraussetzung - in ihm "passende" Ausführungen finden.

15

Zum anderen beschränkt sich die Klagebegründung im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Gesamtnettobelastung der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2002 bzw. Schilderung der Kostenentwicklung in verschiedenen Leistungsbereichen in dieser Zeit unter jeweiliger Angabe - lediglich - eines Gesamtbetrages. Demgegenüber fehlen darin ebenfalls Ausführungen dazu, dass die von der Klägerin dargestellten Mehrbelastungen ursächlich auf die in Rede stehende Aufgabenerfüllung zurückzuführen wären. Ohne dass der Senat der Klägerin derartiges unterstellen wollte, wäre zumindest in Grundzügen eine Darstellung dazu zu erwarten gewesen, dass die Aufgabenerfüllung durch die Klägerin finanziell nicht besonders aufwändig oder gar verschwenderisch gewesen ist bzw. - anders gewendet - dem Gebot sparsamer und wirtschaftlicher Aufgabenerfüllung entsprach. Das Land ist nämlich nicht verpflichtet, eine diesem Gebot zuwider laufende Aufgabenerfüllung zu "erstatten" (vgl. Meyer, in: Litten/Wallerath, Verf M-V, Art. 72 Rn. 55); insoweit handelte es sich bei wertender Betrachtung erkennbar nicht um "Mehrbelastungen" im Sinne von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V. Entsprechend hat auch der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Anhörung zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern unter dem Blickwinkel effizienter Aufgabenwahrnehmung die Auffassung vertreten, dass Gebietskörperschaften, "die nachlässiger an die Aufgabenerfüllung herangingen, dafür mit eigenen finanziellen Mitteln in Haftung genommen werden sollten" (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drs. 3/293 -, LTDrs. 3/1156, S. 7).

16

Zu entsprechendem Vorbringen bestand unabhängig davon jedenfalls deshalb Anlass, weil nach dem eigenen Vortrag der Klägerin anderen örtlichen Trägern der Sozialhilfe mit den Finanzzuweisungen nach dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz gemäß Erlass vom 11. November 2002 eine auskömmliche Aufgabenerfüllung möglich war bzw. teilweise sogar Überschüsse zu verzeichnen gewesen sein sollen. Zusätzlich hat das beklagte Land mit Schriftsatz vom 23. August 2004 den Gesichtspunkt der kausalen Mehrbelastung angesprochen und einen entsprechend unsubstantiierten Vortrag der Klägerin zurecht gerügt: Es hat ausdrücklich geltend gemacht, dass "ohne konkrete Ausführungen über das jeweilige kommunale Tätigwerden z.B. zur Vermeidung von Ausgaben der überörtlichen Sozialhilfe, zu möglichen Ursachen für Ausgabensteigerungen, zur Veränderung der kleinräumigen Sozialstruktur, zur Verbesserung der eigenen Ämterstruktur, der Bearbeitungsqualität der Sozialhilfevorgänge bzw. des Engagements der jeweiligen Vertreter in der KSV-Verbandsversammlung ... die allgemeinen Ausführungen des Klägers zu seinen angeblich nur sehr begrenzten Einflussmöglichkeiten auf die Höhe der Ausgaben für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 3 AG BSHG M-V als unsubstantiierter Vortrag unberücksichtigt bleiben" müssten. Spätestens im Zulassungsvorbringen hätte folglich auch vor diesem Hintergrund Anlass bestanden, die behauptete Mehrbelastung im erforderlichen Umfang darzulegen. Solche Darlegungen lassen sich auch "Seite 2 des Schriftsatzes vom 26.03.2004" nicht entnehmen.

17

Mit Blick darauf, dass die Klägerin erstinstanzlich nach Maßgabe ihres Antrages Finanzzuweisungen in Höhe von zusätzlich 528.919,50 EUR bzw. die Zahlung eines entsprechenden Betrages begehrt und auch der von ihr vorliegend weiter verfolgte "Anspruch auf finanziellen Ausgleich" in diesem Sinne verstanden werden muss, fehlen entgegen dem Darlegungserfordernis zudem jegliche Ausführungen dazu, dass - wiederum unterstellt, Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V kommt als eine unmittelbare Anspruchsgrundlage überhaupt in Betracht - die von Verfassungs wegen vorgesehene Schaffung eines finanziellen Ausgleichs zwangsläufig in der Verpflichtung des beklagten Landes bestehen muss, eine Finanzzuweisung bzw. Zahlung in der begehrten Höhe zu gewähren. Auch wenn derartige Geldzahlungen die Regel sein mögen, um den erforderlichen Ausgleich zu schaffen, ist nicht ersichtlich, dass das beklagte Land durch Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V ausschließlich auf dieses Instrument festgelegt würde; vielmehr ist denkbar, dass den Kommunen in Ausübung eines entsprechenden gesetzgeberischen Ermessens erweiterte oder neue Einnahmequellen zur Verfügung gestellt werden oder eine Kompensation durch eine Abschaffung oder eine Beschränkung bisheriger Aufgaben erfolgt (vgl. Meyer, in: Litten/Wallerath, Verf M-V, Art. 72 Rn. 56; vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern, LTDrs. 3/1133, S. 7 f., sowie die Stellungnahme des Landkreistages M-V, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drs. 3/293 -, LTDrs. 3/1156, S. 7).

18

Hinsichtlich des Inhalts des geltend gemachten Anspruchs auf finanziellen Ausgleich lässt das Zulassungsvorbringen es schließlich in nicht mit § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zu vereinbarender Weise offen, ob dieser Anspruch auf Verpflichtung des beklagten Landes bzw. des Sozialministeriums M-V zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes über die Gewährung einer Finanzzuweisung in der geltend gemachten Höhe oder unmittelbar auf eine Zahlungsverpflichtung gerichtet sein soll; dem korrespondiert das Fehlen von Ausführungen zur vorliegend statthaften Klageart - einerseits Verpflichtungsklage, andererseits allgemeine Leistungsklage -, zu der sich auch das Verwaltungsgericht bedeckt gehalten hat. Der erstinstanzlich formulierte Klageantrag - "unter Aufhebung seines Runderlasses Nr. 15/2002 ... zu verpflichten, der Klägerin Finanzzuweisungen ... zu gewähren" - deutet insbesondere unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Schriftsatzes der Klägerin vom 13. Januar 2005 - Ankündigung einer ggfs. für erforderlich gehaltenen Antragsumstellung - darauf hin, dass die Klägerin die Verpflichtung des beklagten Landes zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes begehrt. Hiervon ausgehend legt das Zulassungsvorbringen in keiner Weise dar, wie sich ein solcher Anspruch auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes unmittelbar aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V ergeben können soll; ebenso bleibt offen, wer für den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes zuständig und vorliegend passiv legitimiert sein sollte.

19

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO im Hinblick auf die aufgeworfene Rechtsfrage aber auch in der Sache nicht vor. Da sich diese Frage - die sich, so wie sie auch formuliert ist, nur im Falle einer Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes stellen kann, was vorliegend unterstellt wird - unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lässt, bedarf es zu ihrer Klärung keiner Durchführung eines Berufungsverfahrens.

20

Die in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V, § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 91 Abs. 2 Satz 2 KV M-V enthaltenen Regelungen zum Konnexitätsprinzip sind eindeutig dahin zu verstehen, dass sie den Kommunen wegen der aus der Erfüllung übertragener Aufgaben entstandenen Mehrbelastungen nicht unmittelbar Ausgleichsansprüche einräumen.

21

Hinsichtlich der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 2 KV M-V bzw. der übereinstimmenden Regelung des § 91 Abs. 2 Satz 2 KV M-V folgt dies aus den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Insbesondere § 4 Abs. 2 KV M-V stellt - wie auch § 91 Abs. 2 KV M-V - ohne Weiteres erkennbar eine Angleichung der Kommunalverfassung an die Einführung der strikten Konnexitätsregelung in Art. 72 Abs. 3 Verf M-V dar (vgl. Begründung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern, LTDrs. 3/1133, S. 6). § 4 Abs. 2 Satz 2 KV M-V wiederholt - deklaratorisch - den Wortlaut von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V. Die weiteren Regelungen in § 4 Abs. 2 KV M-V - wie auch in § 91 Abs. 2 KV M-V - stellen sich gesetzessystematisch als einfachgesetzliche Konkretisierung des in der Landesverfassung M-V verankerten Konnexitätsprinzips dar (vgl. Meyer, in: Litten/Wallerath, Verf M-V, Art. 72 Rn. 59), die ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 72 Abs. 5 Verf M-V findet, wonach das Nähere das Gesetz regelt. § 4 Abs. 2 Satz 5 KV M-V bestimmt - ebenso wie § 91 Abs. 2 Satz 5 KV M-V -, dass der finanzielle Ausgleich für Mehrbelastungen ("dieser", anknüpfend an Satz 4) in der Rechtsvorschrift, die die Aufgabenübertragung anordnet, oder zeitnah im Finanzausgleichsgesetz zu regeln ist. Diese Bestimmung, durch die sich der Gesetzgeber selbst bindet, lässt keinen Zweifel daran, dass sich der finanzielle Ausgleich bzw. der konkrete Ausgleichsanspruch erst nach Maßgabe der Rechtsvorschrift, die die Aufgabenübertragung anordnet, oder des Finanzausgleichsgesetzes ergibt. Ebensowenig kann zweifelhaft sein, dass diese Konkretisierung in Einklang mit dem verfassungsrechtlich normierten Konnexitätsprinzip steht; dass dies nicht der Fall wäre, trägt die Klägerin auch nicht vor.

22

Diese Notwendigkeit einer einfach- bzw. spezialgesetzlichen Regelung ist im Übrigen zwingende Konsequenz aus dem Budgetrecht des Landtages (vgl. Art. 61 Verf M-V). Im Verständnis des Zulassungsvorbringens würde sich Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V im Widerspruch zu den Vorgaben des Art. 61 Verf M-V als Blankettermächtigung zur Befriedigung kommunaler Ausgleichsansprüche durch die Landesregierung erweisen.

23

Ebenso wie bei § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 91 Abs. 2 Satz 2 KV M-V bezieht sich die in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V normierte Pflicht zur "Schaffung" eines finanziellen Ausgleichs schon dem Wortlaut nach eindeutig auf einen zukünftigen und außerhalb des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V liegenden Ausgleich, nicht auf einen in dieser Bestimmung selbst bereits geschaffenen Ausgleich. Adressat dieser Regelungsverpflichtung kann im systematischen Kontext zu Art. 72 Abs. 3 Satz 1 und Art. 61 Verf M-V grundsätzlich nur der Landesgesetzgeber sein, der auch im Falle einer Aufgabenübertragung durch Rechtsverordnung jedenfalls eine entsprechende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage schaffen muss. Unmissverständlich folgt auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 72 Abs. 3 Verf M-V, dass das Konnexitätsprinzip als wichtiger Grundsatz gesetzgeberischen Handelns festgeschrieben werden sollte und als Handlungsanweisung bzw. Regelungsauftrag an den Gesetzgeber anzusehen ist (vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, LTDrs. 3/293, S. 1, 4). Die verfassungsrechtliche Verankerung des Konnexitätsprinzips wurde für notwendig erachtet, weil die Verfassung nur mit qualifizierter Mehrheit (vgl. Art. 56 Abs. 2 Verf M-V) geändert werden kann. Damit wird das Konnexitätsprinzip - anders als bei einer ausschließlich einfachgesetzlichen Normierung etwa auf der Ebene der Kommunalverfassung M-V - davor geschützt, durch spätere Aufgabenübertragungsgesetze ohne Kostendeckungs- und Ausgleichsregelungen mit einfacher Mehrheit des Landtages zumindest partiell ausgehöhlt zu werden (vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, LTDrs. 3/293, S. 1, und die Stellungnahme des Städte- und Gemeindetages M-V e. V., Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drs. 3/293 -, LTDrs. 3/1156, S. 6).

24

Das Landesverfassungsgericht M-V interpretiert das Konnexitätsprinzip des Art. 72 Abs. 3 Verf M-V ebenfalls als Verpflichtung des Gesetzgebers, insbesondere die tatsächliche Kostenentwicklung bei der Erfüllung einer übertragenen öffentlichen Aufgabe zu beobachten und auf eine nachträglich entstandene Mehrbelastung zu reagieren (vgl. LVerfG M-V, Urt. v. 26.01.2006 - LVerfG 15/04 -, a.a.O.).

25

Schließlich bestätigt auch § 2a Finanzausgleichsgesetz i.d.F. des Haushaltsrechtsanpassungsgesetzes 2003 vom 14. April 2003 (GVOBl. M-V, S. 234, 236; FAG) dieses Normverständnis: Nach § 2a Abs. 1 Satz 1 FAG werden finanzielle Ausgleichsleistungen in Anwendung des Konnexitätsgrundsatzes nach Art. 72 Abs. 3 Verf M-V in Verbindung mit § 4 Abs.2 und 3 und § 91 Abs. 2 und 3 KV M-V sowie deren Aufteilung grundsätzlich im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens bestimmt, mit dem kommunale Körperschaften zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden sollen. Nachdem durch § 4 Abs. 2 Satz 5 und § 91 Abs.2 Satz 5 KV M-V die Möglichkeit eröffnet wurde, erforderliche Kostenregelungen entweder in dem die Aufgabenübertragung anordnenden Gesetz (bzw. einer entsprechenden Rechtsverordnung) oder aber im Finanzausgleichsgesetz zu treffen, bezieht sich die Formulierung "grundsätzlich" darauf, dass die erste Variante der Regelfall sein soll, ausnahmsweise die Kostenregelung aber auch im Finanzausgleichsgesetz erfolgen darf (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2002/2003, zur Änderung anderer Rechtsvorschriften sowie über die Errichtung eines Sondervermögens "Sanierung ökologischer Altlasten in Mecklenburg-Vorpommern" , LTDrs. 4/200, S. 29).

26

Letztlich räumt auch das Zulassungsvorbringen ein, dass sowohl Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verf M-V als auch der Regelung des § 91 Abs. 2 Satz 2 KV M-V die Vorstellung zugrunde liege, dass der Ausgleich in einer Rechtsvorschrift zu regeln sei. Diese Handlungsanweisung bzw. dieser Regelungsauftrag an den Gesetzgeber kann aber nicht - wie die Klägerin meint - zu einem verfassungsunmittelbaren Erstattungs- bzw. Zahlungsanspruch mutieren, wenn der Gesetzgeber/Verordnungsgeber im Einzelfall seiner aus dem Konnexitätsprinzip folgenden Verpflichtung insbesondere zum Ausgleich von Mehrbelastungen nicht nachgekommen sein sollte. Hierfür besteht etwa konkret mit Blick auf das Sozialhilfefinanzierungsgesetz im Falle seiner von der Klägerin behaupteten Verfassungswidrigkeit auch kein Bedürfnis: Unterstellt, das Landesverfassungsgericht gelangte im Ergebnis eines Verfahrens nach Art. 53 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 8 Verf M-V wegen Unvereinbarkeit mit Art. 72 Abs. 3 Verf M-V zur Feststellung der Nichtigkeit des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes oder einzelner seiner Bestimmungen, weil dieses bzw. diese keinen hinreichenden Ausgleich für Mehrbelastungen infolge der Aufgabenerfüllung nach Maßgabe von § 3 AG-BSHG regelten, so wäre der Landesgesetzgeber verpflichtet, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den erforderlichen Mehrbelastungsausgleich verfassungskonform bewirken. Entgegen dem Zulassungsvorbringen unter 2. Buchst a) im Schriftsatz vom 19. August 2005 hätte eine entsprechende Anrufung des Landesverfassungsgerichts auch nicht deshalb als ineffektiv betrachtet werden können, weil dem Landesgesetzgeber - unterschwellig - unterstellt werden könnte, er werde trotz einer im vorstehenden Sinne unterstellten Entscheidung des Landesverfassungsgerichts seiner Verpflichtung zur Normierung eines verfassungskonformen Mehrbelastungsausgleichs nicht nachkommen. Auch die Gesetzgebung ist an die Landesverfassung gebunden (Art. 4 Verf M-V). Enthielte im Übrigen eine Rechtsverordnung keine ausreichende Ausgleichsregelung, könnte die Ursache hierfür in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage liegen, die ihrerseits mit der Kommunalverfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte. Gegen die Rechtsverordnung selbst könnte nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG ein Antrag auf Normenkontrolle beim Oberverwaltungsgericht gestellt werden.

27

Auch der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor bzw. ist nicht hinreichend dargelegt.

28

Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des §124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes - vorbehaltlich späterer Erkenntnisse - eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein .

29

In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift - gegebenenfalls i.V.m. einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz - Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (ebenfalls ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zum Ganzen zuletzt etwa Beschl. v. 15.10.2008 - 1 L 104/05 -).

30

Nach diesem Maßstab sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht hinreichend dargelegt bzw. bestehen solche jedenfalls in der Sache nicht.

31

Soweit sich die Klägerin auch in ihrem Zulassungsvorbringen unter Ziffer 2. Buchst. a) im Schriftsatz vom 19. August 2005 bei behaupteter Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Regelungen des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes auf einen unmittelbar aus Art. 72 Abs. 3 Verf

32

M-V bzw. § 4 Abs. 2 Satz 2 KV M-V folgenden Ausgleichsanspruch in der geltend gemachten Höhe beruft und insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, kann - bei unterstellter entsprechender Verfassungswidrigkeit - auf die vorstehenden Ausführungen dazu, dass ein solcher Anspruch nicht bestünde bzw. nicht hinreichend dargelegt ist, verwiesen werden.

33

Das auf einen Anspruch der Klägerin aus § 5 Abs. 2 Satz 1 AG-BSHG M-V 1992 (GVOBl. M-V, S. 60) zielende, gleichfalls von einer Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Regelungen des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes ausgehende Zulassungsvorbingen vermag die hierauf bezogenen (vgl. S. 8 und 9 f. des Urteilsumdrucks) und zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, denen sich der Senat anschließt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO; vgl. dazu, dass eine unterstellte Verfassungswidrigkeit der Kostenausgleichsregelung nicht auf die Aufgabenübertragung durchschlägt, das Urt. des Senats v. 22.11.2005 - 1 L 496/04 -, juris) nicht zu erschüttern und folglich keine ernstlichen Richtigkeitszweifel zu wecken. Der Gesetzgeber wäre - wie gesagt - im Falle einer unterstellten Verfassungswidrigkeit im vorstehenden Sinne zudem von Verfassungs wegen und einfachgesetzlich zur Schaffung einer - neuen - Ausgleichsregelung verpflichtet; eine dann bloß übergangsweise Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AG BSHG M-V 1992 stünde damit nicht in Einklang. Im Übrigen gelten die vorstehenden Ausführungen dazu, dass die Klägerin die Unvermeidbarkeit der behaupteten Mehrbelastungen nicht hinreichend dargelegt hat (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), für den Aufwendungserstattungsanspruch aus § 5 Abs. 2 Satz 1 AG BSHG M-V 1992 entsprechend.

34

Auch der abschließend geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen nicht vor: Die von der Klägerin aufgeworfene Grundsatzfrage beantwortet sich unmittelbar und eindeutig aus den maßgeblichen gesetzlichen bzw. verfassungsrechtlichen Bestimmungen; zudem kann sie schon deshalb keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten begründen, weil sie sich schon mangels hinreichender Darlegung aus formell-rechtlichen Gründen nicht stellt. Hinsichtlich § 5 Abs. 2 Satz 1 AG BSHG M-V 1992 als Anspruchsgrundlage genügt das Vorbringen der Klägerin nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen ebenfalls schon nicht dem Darlegungserfordernis. Zudem legt die Klägerin insoweit nicht hinreichend dar, warum die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch besteht, besondere rechtliche Schwierigkeiten begründen soll. Folglich stellen sich die von der Klägerin angesprochenen weiteren Fragen nicht und können deshalb ebensowenig die besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache begründen.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist aus den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht gerichtskostenfrei nach § 188 Satz 2 VwGO.

36

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§52 Abs. 3, 47 GKG.

37

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz3 GKG).

38

Hinweis:

39

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Oktober 2008 (3 B 1158/08) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsbeiträgen.

2

Der Antragsgegner zog die Antragstellerin auf der Grundlage der Satzung des Wasser- und Bodenverbandes Rügen (WBVS) vom 6. Dezember 2006 mit Bescheid vom 25. Januar 2008 für das Jahr 2008 zu Beiträgen in Höhe von 95.507,65 Euro heran. Darin enthalten sind Kosten in Höhe von mehr als 40.000,- Euro für die Unterhaltung von acht Schöpfwerken. Die Antragstellerin erhob dagegen Widerspruch und beantragte bei dem Antragsgegner mit Schreiben vom 1. Juli 2008, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen. Zur Begründung ist ausgeführt, das Verwaltungsgericht Greifswald habe mit Urteil vom 14. Dezember 2007 in einem anderen Verfahren (3 A 587/05) festgestellt, dass sämtliche Abgabenbescheide des Antragsgegners rechtswidrig seien, da die Verbandsversammlung die für die Ladung ihrer Mitglieder geltenden Bestimmungen nicht beachtet habe. Dieser Mangel wirke sich auch auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 25. Januar 2008 aus.

3

Die Antragstellerin beantragte am 4. August 2008 bei dem Verwaltungsgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, soweit der Bescheid einen Betrag von über 55.000,- Euro, die bereits vom Amt # abgerufen worden seien, festsetzt. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27. Oktober 2008 ab. Zur Begründung ist ausgeführt, es werde zwar an den Kriterien, die das Gericht in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2007 (3 A 587/05) bezüglich der Ordnungsgemäßheit von Ladungen zu den Sitzungen der Verbandsversammlung aufgestellt habe, festgehalten. Hier sei jedoch nicht klar, ob ein Fehler auch bei den Ladungen zu den Verbandsversammlungen des Wasser- und Bodenverbandes Rügen aufgetreten sei. Der Vortrag der Antragstellerin erschöpfe sich in Mutmaßungen und Spekulationen. Anlass zu weiteren gerichtlichen Ermittlungen bestehe nicht.

4

Die Antragstellerin hat gegen den am 1. November 2008 zugestellten Beschluss am 12. November 2008 Beschwerde erhoben und diese mit am 26. November 2008 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Man habe bereits im Antragsschriftsatz vorgetragen, dass der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig sei, weil er die Kosten für die in Landesdeichen integrierten Schöpfwerke mitberechne, obwohl diese Kosten bei zutreffender Betrachtung vom Land zu tragen seien. Mit dieser Rechtsauffassung sei die Antragstellerin erstinstanzlich im Klageverfahren unterlegen (3 A 680/03), über den dazu gestellten Berufungszulassungsantrag (1 L 113/05) sei jedoch noch nicht entschieden. Auf die in diesem Berufungszulassungsverfahren (von einem anderen Prozessbevollmächtigten ) gemachten Ausführungen zur Schöpfwerksproblematik, die schriftsätzlich beigefügt seien, werde zur Begründung der Beschwerde Bezug genommen. Außerdem halte man die Beitragssatzung des Wasser- und Bodenverbandes "Rügen" weiter wegen der angesprochenen Ladungsmängel für rechtswidrig. Die Antragstellerin hat zu dem im Laufe des Beschwerdeverfahrens erlassenen Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden vom 17. Dezember 2008 (GVOBl 2008, Seite 499), wonach Fehler bei der Ladung zur Verbandsversammlung und der Beschlussfassung für die Wirksamkeit der bis zum 31. Dezember 2008 erfolgten Wahlen und Beschlüsse der Verbandsversammlung unbeachtlich seien, geltend gemacht, diese Regelung sei u.a. wegen Verstoßes gegen das  und die Rechtsweggarantie verfassungswidrig. Es werde daher beantragt, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit von § 3 a des zuvor genannten Gesetzes einzuholen.

5

Der Antragsgegner tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen und verteidigt insbesondere die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes vom 17. Dezember 2008.

II.

6

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zwar frist- und formgerecht erhoben und begründet worden (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 2, 147 Abs. 1 VwGO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

7

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

8

Das Beschwerdevorbringen führt nicht zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bzw. an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Dies gilt zunächst für die Argumentation der Antragstellerin, der angefochtene Bescheid enthalte zu Unrecht Kosten für die in Landesdeichen integrierten Schöpfwerke. Diese Kosten müssten vielmehr vom Land getragen werden. Dieses trage die Unterhaltungslast, nicht aber der Wasser- und Bodenverband. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 2. Mai 2005 (3 A 680/03) zu diesem Punkt im Wesentlichen den Standpunkt eingenommen, die Gewässerunterhaltungslast der Verbände nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 Landeswassergesetz (LWaG) erstrecke sich nach § 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG auch darauf, Anlagen, die der Abführung des Wassers dienten, zu unterhalten und zu betreiben. Damit seien auch Schöpfwerke umfasst, insbesondere auch solche, die in Küstendeiche integriert seien. Sie dienten nicht dem Küstenschutz, sondern der Abführung des Wassers in den Bodden. Eine historische Betrachtung von Deich- und Schöpfwerksbau führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Landesgesetzgeber sei rechtlich nicht gezwungen, die Kosten von Schöpfwerken an Küstenschutzdeichen nach einem etwaigen ("historischen") Verursacherprinzip dem Küstenschutz zuzuordnen.

9

Soweit sich die Antragstellerin gegen diesen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts wendet und sich die im Verfahren 1 L 113/05 erhobenen Einwendungen gegen die Einbeziehung von Unterhaltungskosten für in Küstenschutzdeiche integrierte Schöpfwerke für das vorliegende Verfahren zu eigen macht, folgt ihr der Senat nicht. Die von Antragstellerseite als bedeutsam bezeichnete Frage, ob das Land Mecklenburg-Vorpommern oder sie selbst als Vertreterin ihrer Bürger und Zwangsmitglied des Wasser- und Bodenverbandes Rügen die Kosten für die in den Küstendeichen integrierten Schöpfwerke zu tragen hat, ist in dem von dem Verwaltungsgericht im Urteil vom 2. Mai 2005 vertretenen Sinne ohne Weiteres aus dem Gesetz heraus zu beantworten. Denn zum Umfang der öffentlich-rechtlichen Pflicht der Gewässerunterhaltung gehört neben den in § 62 Abs. 1 LWaG normierten Aufgaben, Anlagen, die der Abführung des Wassers dienen, zu unterhalten und zu betreiben (§ 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG). Solche Anlagen sind nach unumstrittener Auffassung auch Schöpfwerke (vgl. Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, § 28, Rn. 43; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Auflage, Rn. 931, 947; Haupt/Reffken/Rhode, Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, Stand Mai 2008, § 98, Rn. 6; OVG Magdeburg, 18.01.2001 - 1 L 25/00 -, ZfW 2002, 113; OVG Lüneburg, 10.12.2008 - 13 LC 171/06 -, juris). Eine abweichende Betrachtung für solche Schöpfwerke, die in Küstendeiche integriert sind, ist nicht gerechtfertigt. Die in § 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG geregelte Eingrenzung der zu der Gewässerunterhaltung gehörenden Anlagen auf diejenigen, die der Abführung des Wassers dienen, zielt darauf ab, dass die Zweckbestimmung der Anlage in der Abführung von Wasser liegen muss. Weitere Anforderungen an Anlagen, die der Abführung von Wasser dienen, stellt das Gesetz nicht auf. Daher fallen in die Unterhaltungslast der Verbände nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 LWaG gleichermaßen Anlagen, die neben diesem Zweck zugleich weiteren Zwecken dienen mögen. Deshalb ist es nicht entscheidend, ob die Existenz der hier angesprochenen Schöpfwerke auch zur Erfüllung der Aufgabe beiträgt, als integrierte Bestandteile der Deiche die Bevölkerung vor dem unerwünschten Eindringen von Hochwasser zu schützen. Jedenfalls solange die Anlage nicht ganz oder überwiegend anderen Zwecken als dem der Abführung des Wassers dient, fällt sie in die Unterhaltungslast des Verbandes. Auch das in eine Deichanlage integrierte Schöpfwerk dient nicht dem (Küsten-)Schutz vor Hochwasser (vgl. hierzu § 72 Abs. 1 LWaG), sondern zuallererst der Abführung des Wassers. Der Schutz vor Hochwasser in Gestalt der Deichanlage ist nur Ursache für Notwendigkeit, Existenz und Betrieb des Schöpfwerkes, ändert aber nichts an dessen andersartiger Zweckbestimmung.

10

Der von der Antragstellerin geltend gemachte Umstand, dass § 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG nicht den Begriff "Schöpfwerk" enthält, dieser Begriff jedoch als örtliche Bezeichnung in den Anlagen zum Landeswassergesetz verwendet wird, führt zu nichts anderem. Daraus kann nicht gefolgert werden, der Gesetzgeber habe diese wasserwirtschaftlichen Anlagen in § 67 Abs. 1 Nr. 7 LWaG nicht ansprechen wollen. Es entspricht nichts weiter als gesetzlicher Regelungstechnik, allgemeine Rechtsbegriffe zu verwenden, um verschiedenartige Sachverhalte zu erfassen. Hier hat der Gesetzgeber den Begriff der Anlage, die der Abführung des Wassers dient, verwendet. Damit ist das Schöpfwerk als sogar wesentlicher Anwendungsfall der Bestimmung (vgl. OVG Lüneburg, 10.08.1972 - III OVG A 55/71 -, OVGE 29, 378, 382) erfasst.

11

Wenn die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf die Verpflichtung zur Durchführung des Küstenschutzes nach § 83 LWaG hinweist, führt dies nach den vorstehenden Ausführungen schon im Ansatz nicht weiter, da Schöpfwerke nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Küstenschutz dienen, auch wenn sie in die Deichanlagen integriert sind.

12

Auch wenn die Antragstellerin die Pflicht zur Tragung der Unterhaltungskosten für die Schöpfwerke durch die Unterhaltungsverbände unter Bezug auf das in Art. 72 Abs. 3 Verf M-V geregelte Konnexitätsprinzip (vgl. dazu ausführlich Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26.01.2006 - 15/04 -, NordÖR 2006, 240 ff; Senat, 23.02.2009 - 1 L 276/05 -, NordÖR 2009, 163 ff) in Frage zu stellen versucht, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Gemeinden können die ihnen als Verbandsmitgliedern (§ 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden - GUVG -) auferlegte Kostenbelastung in Form von Beiträgen für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung gem. § 3 Satz 3 GUVG auf die grundsteuerpflichtigen Eigentümer der im Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke abwälzen (vgl. dazu Siemers in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: April 2009, § 6, Erl. 13.1.4) und auf diesem Wege refinanzieren. Zu einer Mehrbelastung der Gemeinden (Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV M-V) aufgrund der Zuweisung der Unterhaltungslast für die Gewässer zweiter Ordnung an die Wasser- und Bodenverbände (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 LWaG) kommt es daher nur dann, wenn die Gemeinde selbst Eigentümer von Grundstücken im Verbandsgebiet ist. Dann wird sie aber nicht anders behandelt als jeder andere Grundstückseigentümer, der zulässigerweise einen Beitrag für die Verbandstätigkeit zu erbringen hat (vgl. BVerwG, 11.07.2007 - 9 C 1/07, 9 C 1/07 (10 C 11/05) -, juris, Rn. 35). Ob das Land den Wasser- und Bodenverbänden einen weiteren finanziellen Ausgleich zur Unterhaltung der Schöpfwerke gewährt, wie es etwa nach § 51 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Wassergesetzes oder nach § 104 Abs. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes geschieht, ist keine Frage der Wahrung des verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips.

13

Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Ladungen zu den Verbandsversammlungen des Wasser- und Bodenverbandes seien nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden, da insbesondere die BVVG und die Kirchengemeinde Ummanz als der Grundsteuerpflicht nicht unterliegende Grundstückseigentümer und Verbandsmitglieder entgegen § 8 Abs. 1 WBVS nicht berücksichtigt worden seien, führt auch dieser Einwand nicht zu einem Erfolg der Beschwerde. Nach § 3a der nunmehrigen Fassung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden sind Fehler bei der Ladung zur Verbandsversammlung und der Beschlussfassung für die Wirksamkeit der bis zum 31. Dezember 2008 erfolgten Wahlen und Beschlüsse der Verbandsversammlung unbeachtlich, sofern diese Entscheidungen nicht durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben worden sind. Daher sind für den Beitragsanspruch des Antragsgegners grundsätzlich erhebliche Satzungsfehler, etwa ein Beschluss einer nicht ordnungsgemäß geladenen Verbandsversammlung über die Ausgestaltung der zu erhebenden Beiträge (vgl. die Anlage 1 - Veranlagungsregel - zur WBVS), seit Inkrafttreten des zuvor genannten Gesetzes vom 17. Dezember 2008 geheilt. Zunächst vorliegende Verstöße gegen die Verpflichtung zur Ladung sämtlicher Mitglieder (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG M-V) i.V.m. § 48 Abs. 2 Wasserverbandsgesetz (WVG) sowie § 8 Abs. 4 WBVS) führen damit nicht mehr zur Rechtswidrigkeit einer von der nicht ordnungsgemäß geladenen Verbandsversammlung beschlossenen satzungsmäßigen Beitragsregelung und der danach erlassenen Beitragsbescheide. Selbst wenn die von der Antragstellerin mit Blick auf die Mitgliedschaft der BVVG, der Kirchengemeinde Ummanz sowie des Eigentümers der Lieschower Wiek erhobenen Einwendungen berechtigt wären, könnten sie der Beschwerde daher nicht mehr zum Erfolg verhelfen. Ebenso wie das Verwaltungsgericht den dahinlautenden Einwendungen der Antragstellerin aus Gründen fehlender Darlegung nicht weiter nachgegangen ist, muss sie der Senat wegen mittlerweile jedenfalls entfallener Entscheidungserheblichkeit nicht näher untersuchen.

14

Der Senat folgt den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht, die die Antragstellerin gegen den mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden neu in das zuletzt genannte Gesetz eingefügten § 3a erhoben hat. Dem Antrag der Antragstellerin, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des neu eingefügten § 3a einzuholen, kann der Senat deshalb nicht entsprechen. Voraussetzung für die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG ist, dass das vorlegende Gericht - hier also der Senat - von der Nichtigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift überzeugt ist (vgl. BVerfG, 06.03.1990 - 2 BvL 10/89 -, BVerfGE 81, 276). Das ist vorliegend nicht der Fall. Der Senat vermag aber auch im Rahmen der ihm im Beschwerdeverfahren obliegenden rechtlichen Prüfung des angefochtenen Heranziehungsbescheides nicht von der Verfassungswidrigkeit und Nichtigkeit der fraglichen Bestimmung auszugehen. Die Fachgerichte sind durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, schon vor einer im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird (BVerfG, 24.06.1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382). Die fragliche Norm im Eilrechtsschutzverfahren nicht anzuwenden, ist aber nur unter strengen Anforderungen an die Beurteilung des voraussichtlichen Erfolges in der Hauptsache möglich. Denn auch hier wird in der Sache ein formelles Gesetz von dem nach Art. 97 Abs. 1 GG dem Gesetz unterworfenen und nach Art. 20 Abs. 3 GG an das Gesetz gebundenen Richter nicht angewandt. Voraussetzung ist daher, dass das Gericht, wenn es schon nicht von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht überzeugt ist, doch erhebliche Zweifel daran hegt und nach seiner Auffassung damit zu rechnen ist, dass im Hauptsacheverfahren nach einem entsprechenden Vorlagebeschluss der Antragsteller obsiegen wird (vgl. die im Beschluss des OVG NW, 10.04.1992 - 12 B 2298/90 -, NVwZ 1992, 1226 f wiedergegebene Rechtsauffassung des BVerfG; BayVGH, 19.05.1994 - 25 CE 94.1596 -, BayVBl 1995, 56; OVG Schleswig, 28.06.1995 - 3 M 43/95 -, NVwZ-RR 1995, 664 ff; OVG NW, 27.04.2009 - 16 B 539/09 -, juris, Rn. 36). Solche Zweifel hat der Senat hier nicht. Es ist nicht zu erkennen, dass § 3a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden gegen das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Rückwirkungsverbot verstößt.

15

Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Eine echte, verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt jedoch zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (BVerfG, 27.02.2007 - 1 BvR 3140/06 -, juris, Rn. 29 ff).

16

§ 3a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden bewirkt eine echte Rückwirkung, indem es die Unbeachtlichkeit von Fehlern bei der Ladung zur Verbandsversammlung und der Beschlussfassung für die Wirksamkeit der bis zum 31. Dezember 2008 erfolgten Wahlen und Beschlüsse der Verbandsversammlung anordnet und somit auch das Zustandekommen (Ladung und Beschlussfassung) der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Satzung des Wasser- und Bodenverbandes Rügen vom 6. Dezember 2006 erfasst. Damit regelt es nachträglich die Rechtsfolgen von vollständig der Vergangenheit angehörenden Tatbeständen. Diese Rückwirkung von Rechtsfolgen bedingt im vorliegenden Zusammenhang jedoch keine Verletzung entgegenstehenden geschützten Vertrauens. Die Antragstellerin hat in ihrem Beschwerdevorbringen keine Sachverhalte aufgezeigt, wonach von den Verfahrensbestimmungen über die Ladung zur Verbandsversammlung und die Beschlussfassung (§§ 7, 8 WBVS, § 48 WVG) betroffene Verbandsmitglieder schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand dieser Regelungen gebildet hätten, das durch die Regelung über die Unbeachtlichkeit von Fehlern nach § 3a des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden missachtet würde. Derartiges ist für den Senat auch nicht aufgrund sonstiger Umstände ersichtlich.

17

Das Verbot echter Rückwirkung findet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Schutzwürdig ist von Verfassungs wegen nur das betätigte Vertrauen, die "Vertrauensinvestition", die zur Erlangung einer Rechtsposition geführt hat. Um Vertrauensschutz zu begründen, muss die rückwirkend geänderte gesetzliche Regelung generell geeignet sein, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei der Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen. Der Betroffene soll in seinem Vertrauen darauf geschützt sein, dass der Gesetzgeber nicht nachträglich eine Regelung trifft, auf die er nicht mehr durch eine Verhaltensänderung reagieren kann. Er bedarf eines solchen Schutzes nicht, wenn ihn auch die rechtzeitige Kenntnis der geänderten Rechtslage nicht zu einem alternativen Verhalten veranlasst hätte (BVerwG, 03.07.2003 - 2 C 36/02 -, juris). Der Betroffene muss mit anderen Worten darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen von der Rechtsordnung anerkannt bleibt (Finanzgericht Baden-Württemberg, 12.02.2009 - 3 K 1217/07 -, juris).

18

Hier scheidet zunächst die Antragstellerin als von der rückwirkenden Regelung des § 3a des oben genannten Gesetzes in einer Vertrauensposition nachteilig Betroffene aus. Die Antragstellerin ist als Mitglied nach § 2 Nr. 1 GUVG offenbar zu den Verbandssitzungen geladen worden und konnte an den Verbandsbeschlüssen ordnungsgemäß mitwirken. Anderes ist weder vorgetragen noch bekannt. Soweit geltend gemacht wird, die BVVG, einzelne Kirchengemeinden oder der Eigentümer der Flächen der Lieschower Wiek hätten als von der Grundsteuer befreite Eigentümer geladen werden müssen, dies sei jedoch nicht geschehen, ist - ungeachtet der Frage der Richtigkeit dieses Vortrages, die der Senat im vorliegenden Verfahren nicht nachzuprüfen gezwungen ist - nicht zu erkennen, inwieweit diese Grundstückseigentümer ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand der von § 3a erfassten Verfahrensbestimmungen gebildet haben könnten. Weder dem Vortrag der Antragstellerin noch den Akten ist irgendein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass eines der hier angesprochenen Verbandsmitglieder versucht hätte, seine Teilnahmerechte zu wahren oder durchzusetzen. Erst recht ist nichts dafür erkennbar, dass diese Mitglieder im Vertrauen auf die genannten Verfahrensrechte irgendwelche Entscheidungen getroffen hätten, deren Folgen nunmehr als geschützte Vertrauenspositionen einer rückwirkenden Änderung des Rechts entgegenstünden, weil sie sich nunmehr als nachteilig erwiesen. Vielmehr scheint davon ausgegangen werden zu dürfen, dass die von der Antragstellerin aufgezählten natürlichen und juristischen Personen von ihrer Rechtsstellung als zu beteiligende Verbandsmitglieder überhaupt keine Kenntnis besaßen und infolgedessen ihre Entscheidungen und Dispositionen auch nicht an diesen ihnen nicht bewussten Beteiligungsrechten ausgerichtet haben.

19

Auch dem Einwand der Antragstellerseite, in der rückwirkenden Heilung von Verfahrensfehlern nach § 3a des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden liege zugleich eine Missachtung der Rechtsweggarantie, die Auswirkungen der Gesetzesänderung auf anhängige Gerichtsverfahren seien nicht bedacht worden, ist nicht zu folgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG nicht den sachlichen Bestand oder den Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung; diese richtet sich vielmehr nach der Rechtsordnung im Übrigen. Die Grenzen eines solchen Entzugs bilden die materiellen Grundrechte und das Rückwirkungsverbot (BVerfG - 2 BvL 14/98 -, juris). Der von einer rückwirkenden Rechtsänderung betroffene Kläger ist im Übrigen dadurch hinreichend geschützt, dass er - hätten ohne die Rechtsänderung die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abgabenbescheides vorgelegen - die Kostenlast durch eine Erledigungserklärung abwenden kann (vgl. dazu ausführlich BVerwG, 27.04.1990 - 8 C 87/88 -, juris, Rn. 14).

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 3, 47 GKG, wobei der im Streit stehende Abgabenbetrag nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Eilverfahren zu vierteln ist.

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Der Verbandsvorsteher beruft die Verbandsversammlung nach Bedarf, mindestens einmal im Jahr, ein; die Sitzungen der Verbandsversammlung sind nicht öffentlich. Die Satzung kann eine abweichende Regelung vorsehen.

(2) Für die Beschlußfähigkeit und die Beschlußfassung der Verbandsversammlung gelten, soweit dieses Gesetz oder die Satzung nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder über die Ausschüsse; für die Beschlußfähigkeit genügt jedoch die Anwesenheit von einem Zehntel der Mitglieder.

(3) Für das Stimmrecht der Mitglieder gelten § 13 Abs. 1 Satz 3 sowie Abs. 2, § 14 Abs. 6 zweiter Halbsatz und § 15 Abs. 2 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 3 Satz 1 entsprechend, soweit die Satzung keine andere Regelung enthält.

(4) Der Verbandsvorsteher oder bei seiner Verhinderung sein Vertreter leitet die Verbandsversammlung. Wenn er selbst Verbandsmitglied ist, hat er Stimmrecht.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Besteuerung von zwei privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des sog. „Steuerentlastungsgesetzes“ (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.
Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 26. Januar 1998 u.a. die Eigentumswohnungen (ETW) Nr. 2 und Nr. 46 in einem Gebäude in X, (X). Die Anschaffungskosten für die Wohnung Nr. 2 betrugen (umgerechnet) 35.301 EUR, für die Wohnung Nr. 46 (umgerechnet) 39.332 EUR. Diese Wohnungen vermietete er anschließend. Mit Verträgen vom 24. Januar 2004 veräußerte der Kläger die ETW Nr. 46 für 55.000 EUR. Mit Vertrag vom 21. Oktober 2005 veräußerte er die ETW Nr. 2 für 52.000 EUR. Zwischenzeitlich hatte der Gesetzgeber mit dem StEntlG 1999/2000/2002 im März 1999 die Spekulationsfrist bei der Veräußerung von Grundstücken von zuvor zwei auf zehn Jahre verlängert und mit der neu gefassten Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG (jetzt: § 52a Abs. 11 Satz 1 EStG 2009) angeordnet, dass diese Neuregelung auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden ist, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 31. Dezember 1998 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht.
In ihrer beim Finanzamt X  (FA X) eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärten die Kläger einen privaten Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Wohnung Nr. 46 in (unstreitiger) Höhe von 19.177 EUR, den das FA X im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 20. Mai 2005 erklärungsgemäß berücksichtigte.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger beim FA X Einspruch ein, trugen vor, dass die rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist (früher: Spekulationsfrist) von zwei auf zehn Jahre verfassungswidrig sei, und beantragten, das Verfahren zu lassen. Dem Ruhensantrag entsprach das FA X mit Schreiben vom 31. Mai 2005.
In ihrer beim FA X eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 erklärten die Kläger einen Gewinn aus der Veräußerung der Wohnung Nr. 2 in Höhe von 20.840 EUR. Gleichzeitig gaben sie an, in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (des Finanzamts --FA--) verzogen zu sein. Das FA X gab daraufhin die Akten an das FA ab, das im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 19. Oktober 2006 den Veräußerungsgewinn auf --unstreitige-- 18.790 EUR reduzierte.
Auch gegen diesen Bescheid legten die Kläger mit gleicher Begründung wie für das Jahr 2004 Einspruch beim FA ein und beantragten, das Verfahren ruhen zu lassen. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 teilte das FA den Klägern mit, dass die Einsprüche für die Jahre 2004 und 2005 aus Sicht des FA keine Aussicht auf Erfolg hätten und das Verfahren wegen Einkommensteuer 2004 fälschlich ruhe, weil im Streitfall zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung die frühere Spekulationsfrist von zwei Jahren noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Nachdem die Kläger, vertreten durch den Klägervertreter, nochmals Stellung genommen und erläutert hatten, warum auch in ihrem Fall von einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung auszugehen sei, wies das FA die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2007 als unbegründet zurück. Die Besteuerung der --in der Höhe unstreitigen-- Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sei nicht verfassungswidrig. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02 (BStBl II 2004, 284, Aktenzeichen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--: 2 BvL 2/04) dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgewinne mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar ist, als auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem 31. Dezember 1998, bei denen zu diesem Stichtag die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren bereits abgelaufen war, übergangslos der Einkommensteuer unterworfen werden. Dem Beschluss könne allerdings — entgegen der Auffassung der Kläger — nicht entnommen werden, dass der BFH auch eine Verfassungswidrigkeit in Fällen annehme, bei denen --wie hier-- die frühere Spekulationsfrist von zwei Jahren noch nicht abgelaufen war. Der BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 15.07.2004 IX X 116/03, BStBl II 2004, 1000) messe dieser Rechtsfrage auch keine grundsätzliche Bedeutung mehr bei. Auch im Hinblick auf das vor dem BVerfG anhängige Verfahren 2 BvL 14/02 ergebe sich keine andere Beurteilung. Dort gehe es um die Frage, ob die rückwirkende Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte innerhalb der von zwei auf zehn Jahre verlängerten Veräußerungsfrist verfassungswidrig sei, wenn die Veräußerung zwischen dem 1. Januar 1999 und dem Gesetzesbeschluss am 4. März 1999 erfolgt sei. Auch dieser Sachverhalt liege hier nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Klage, die bei den damals zuständigen Außensenaten des Finanzgerichts in Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 1 K 1217/07 erfasst wurde. Aufgrund des Geschäftsverteilungsplans des Gerichts für das Jahr 2008 ist zum 1. Januar 2008 der 3. Senat bei den Außensenaten Freiburg für den Streitfall zuständig geworden; die Klage wird seither unter dem Aktenzeichen 3 K 1217/07 geführt.
Die Kläger tragen vor, die nachträgliche Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre durch das StEntlG 1999/2000/2002 sei verfassungswidrig. Wegen dieser Verlängerung seien zum Az. 2 BvL 2/04 und 2 BvL 14/02 Verfahren beim BVerfG anhängig. Darüber sei noch nicht entschieden. Dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens sei stattzugeben gewesen.
10 
Wegen durchgreifender verfassungsrechtlicher Bedenken habe der BFH mit Beschluss vom 16. Dezember 2003 unter dem o.g. Az. BvL 2/04 dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgewinne mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar sei, als private Grundstücksgeschäfte nach dem 31. Dezember 1998, bei denen die Spekulationsfrist von zwei Jahren abgelaufen war, übergangslos der Einkommensteuer unterworfen werden dürfen. Die Regelung entfalte echte Rückwirkung, die nur zulässig sei, wenn sie vorhersehbar sei oder anders ein Notstand nicht zu beseitigen wäre. Dagegen werde verstoßen, wenn ein Gesetz rückwirkend Eingriffe in Rechte des Bürgers bzw. steuerliche Belastungen vorsieht, mit denen dieser zum Zeitpunkt, auf den die Regelung zurückwirkt, nicht rechnen konnte und die er bei verständiger Vorschau nicht zu berücksichtigen brauchte. Der maßgebliche Zeitpunkt für einen Vertrauenstatbestand sei aus der Sicht des Klägers nicht das Ende des Fristablaufs, sondern viel mehr der Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs. Zum Zeitpunkt des Erwerbs (Anfang 1998) sei mit der Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre weder zu rechnen gewesen, noch hätte diese bei verständiger Vorausschau berücksichtigt werden müssen. Die verfassungswidrige Rückwirkung werde auch nicht dadurch zulässig, dass ein Notstand anders nicht zu beheben sei. Dem Gesetzgeber ständen hierzu nach Auffassung von Steuerfachleuten geeignetere Maßnahmen wie z.B. der überfällige Abbau von Steuersubventionen oder die Haushaltskonsolidierung im Wege der Ausgabendisziplin zur Verfügung. Die nachträgliche Verlängerung der Spekulationsfrist sei daher verfassungswidrig, unabhängig davon, ob die alte Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits abgelaufen war oder nicht. Der vom FA zitierten Auffassung des BFH könne insoweit nicht zugestimmt werden. Alle vom BFH für einen Vertrauensschutz genannten Gründe gälten auch im vorliegenden Fall. Ergänzend bringen sie vor, das jüngste Urteil des BVerfG zur Pendlerpauschale bestätige, dass es dem Staat verwehrt sei, aus Fiskalnotwendigkeiten die Bürger durch Beschneidung von steuerlichen Vergünstigungen weiter zu belasten.
11 
Die Kläger beantragen, die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 26. Juli 2007 aufzuheben und den Einsprüchen stattzugeben. Außerdem beantragen sie, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in den Verfahren 2 BvL 14/02 und 2 BvL 2/04 auszusetzen und das Verfahren bis dahin ruhen zu lassen.
12 
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
13 
Es stimmt einem Ruhen des Verfahrens nach wie vor nicht zu und verteidigt die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung.
14 
Der Berichterstatter hat die Beteiligten am 21. November 2008 auf den BFH-Beschluss vom 18. April 2008 IX B 6/08 (BFH/NV 2008, 1239) hingewiesen.
15 
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 und 9. Januar 2009 auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
16 
Dem Senat lagen bei seiner Entscheidung neben der Gerichtsakte 1 Band Einkommensteuerakten, 1 Band Rechtsbehelfsakten und 1 allgemeine Akte vor.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der erkennende Senat legt das Klagebegehren und den Antrag der Kläger unter Berücksichtigung der Einspruchsschreiben vom 23. Mai 2005 und 20. Oktober 2006 dahin gehend aus, dass die Kläger sinngemäß beantragen, die in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden angesetzten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 19.177 EUR für 2004 und 18.790 EUR für 2005 außer Betracht zu lassen und die Einkommensteuer der Streitjahre entsprechend niedriger festzusetzen.
18 
Die so verstandene Klage ist unbegründet. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahren in der vorliegenden Konstellation verfassungsgemäß ist. Die beantragte Aussetzung des Verfahrens kommt nicht in Betracht, weil die von den Klägern angeführten Verfahren des BVerfG andere Sachverhalte betreffen. Das beantragte Ruhen des Verfahrens scheidet aus, weil das FA nicht zugestimmt hat.
19 
I. Das Verfahren ist nicht auszusetzen.
20 
1. Gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreits aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand des anderen Rechtsstreits bildet. Davon kann auch dann auszugehen sein, wenn beim BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91, BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408). Die Entscheidung in dem anderen Rechtsstreit muss nicht bindend für das auszusetzende Verfahren sein; es genügt, wenn die in dem anderen Verfahren zu erwartende Entscheidung einen rechtlich erheblichen Einfluss auf die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren hat, z.B. weil dasselbe Rechtsverhältnis betroffen ist und die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren kraft Gesetzes oder rechtslogisch vom Bestehen/Nichtbestehen des in dem anderen Verfahren anhängigen Rechtsverhältnisses abhängt (BFH-Urteil vom 18. Juli 1990 I R 12/90, BFHE 161, 409, BStBl II 1990, 986; BFH-Beschluss vom 21. November 1996 IX B 86/96, BFH/NV 1997, 365).
21 
2. Gemessen daran ist das Verfahren nicht auszusetzen. Beim BVerfG ist derzeit kein Musterverfahren anhängig, von dem die Entscheidung im Streitfall abhängt. Die Frage, ob die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre verfassungswidrig ist, ist zwar Gegenstand dreier Verfahren beim BVerfG (Az.: 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04 und 2 BvL 13/05). Diese sind jedoch anders gelagert und für den Streitfall nicht entscheidungserheblich; denn sie betreffen nicht die Verfassungswidrigkeit der § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG insgesamt, sondern lediglich ihre Verfassungswidrigkeit in Fallkonstellationen, in denen --anders als im Streitfall-- das Grundstück zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung entweder bereits veräußert oder "steuerentstrickt" war. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch die Entscheidungen des BVerfG über die Vorlagefragen keinen rechtlichen Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit haben; denn das BVerfG hat bei Verstößen gegen das Rückwirkungsverbot den Rechtsfolgenausspruch auf die als verfassungswidrig beurteilten Fälle begrenzt (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 2004 IX B 116/03, BFHE 206, 358, BStBl II 2004, 1000, .m.w.N.).
22 
II. Auch ein Ruhen des Verfahrens (§ 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung --ZPO--) kommt nicht in Betracht; denn das FA hat nicht --was erforderlich wäre-- einem Ruhen des Verfahrens zugestimmt. Das Ruhen wäre außerdem wegen der Ausführungen unter I. nicht zweckmäßig, zumal das BVerfG mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 den Klägern gegenüber erklärt hat, dass „ frühestens “(Hervorhebung durch den Senat) im Laufe dieses Jahres mit einer Entscheidung in den Verfahren 2 BvL 14/02 und 2 BvL 2/04 gerechnet werden könne.
23 
III. Die Klage ist unbegründet.
24 
1. Im Streitfall liegen --was unstreitig ist-- die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich der Wohnungen Nr. 2 und Nr. 46 vor. Auch § 23 Abs. 3 EStG hat das FA zutreffend angewendet und dabei den Gewinn für ein Streitjahr niedriger als erklärt angesetzt. All dies ist einhellige Auffassung der Beteiligten und bedarf keiner weiteren Erörterung. Die vom Kläger in den Streitjahren erzielten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sind in der vom FA angesetzten Höhe steuerpflichtig.
25 
2. Die vom FA dabei angewandten Vorschriften des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG a.F. (jetzt: § 52a Abs. 11 Satz 1 EStG 2009) sind unter Umständen wie denen des Streitfalls nicht verfassungswidrig.
26 
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--) einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht und in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 10. März 1971 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 1042/75, BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 257 f.; vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78). Der Staatsbürger muss vielmehr die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 271; BVerfG-Beschluss vom 26. Februar 1969 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 290).
27 
aa) Dies gilt auch und besonders im Steuerrecht. Das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG ist zwar auf Steuergesetze nicht (entsprechend) anwendbar (BVerfG-Beschluss vom 24. Juli 1957 1 BvL 23/52, BVerfGE 7, 89, 95); da jedoch Abgabengesetze vom Staatsbürger Geldleistungen fordern, wenn er bestimmte Tatbestände verwirklicht, orientiert er sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen an den jeweils geltenden Steuergesetzen. Er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. Soweit Steuertatbestände an Handlungen anknüpfen, muss also die Rechtsfolge bereits im Augenblick des Handelns gesetzlich vorgesehen sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 261, 271).
28 
bb) Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen jedoch in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979 2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, 396).
29 
cc) In diesem Zusammenhang unterscheidet das BVerfG seit 1960 zwischen echter (retroaktiver) Rückwirkung und unechter (retrospektiver) Rückwirkung. Echte Rückwirkung eines Gesetzes liegt danach vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift; wo es nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, liegt eine unechte Rückwirkung vor (BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 1960  2 BvL 4/59, BVerfGE 11, 139, 145 f.). Der 2. Senat des BVerfG unterscheidet seit 1986 zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 241 ff.): Danach entfaltet eine Rechtsnorm dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm mit ihrer Verkündung gültig geworden ist. Gefragt wird danach, ob diese Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten sollen (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine tatbestandliche Rückanknüpfung ist hingegen einer Norm insoweit eigen, als sie den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht. Der 2. Senat des BVerfG macht durch synonyme Verwendung der Begriffe (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 105, 17, 36 f.; in BVerfGE 97, 67, 78 f.) deutlich, dass sachliche Differenzen zum 1. Senat des BVerfG nicht beabsichtigt sind.
30 
dd) Bei der Abgrenzung der Rückbewirkung von Rechtsfolgen von der tatbestandlichen Rückanknüpfung führt allein der Umstand, dass eine oder mehrere Dispositionen des Klägers in der Vergangenheit liegen, nicht zur Annahme einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, wenn das Geschehen noch nicht abgeschlossen ist (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 135, 143; in BVerfGE 105, 17, 37 f.). Die gilt ungeachtet eines in der Vergangenheit liegenden Anknüpfungspunkts auch bei (erstmaliger) Begründung einer Steuerpflicht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, 328 f.). Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist nur gegeben, wenn ein neues Gesetz in Sachverhalte eingreift, die vor der Gesetzesverkündung abgeschlossen waren und die die Voraussetzungen eines bisher geltenden Tatbestands erfüllten (BVerfG-Beschluss vom 23. März 1971 2 BvL 2/66, 2 BvR 168, 196, 197, 210, 472/66, BVerfGE 30, 367, 386 f.). Bei einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ist in jedem Einzelfall ist zu prüfen, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 37).
31 
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist auch nach Auffassung des erkennenden Senats die rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke insoweit verfassungsgemäß, als der Gesetzgeber Anschaffungsvorgänge in die Regelung einbezogen hat, für die die "Spekulationsfrist" des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in der vor dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung noch nicht abgelaufen war.
32 
aa) Bei der Neuregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG a.F. handelt es sich um eine tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung; vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.3.).
33 
bb) Der Kläger hat mit dem Erwerb der Eigentumswohnungen im Januar 1998 eine wirtschaftlich motivierte Disposition getroffen und hierbei das Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG a.F. war als im Zeitpunkt der Anlagedisposition geltendes Parlamentsgesetz auch Grundlage des vom Kläger betätigten Vertrauens: Wenn ein Sachverhalt durch die Rechtsordnung geregelt ist, so bezieht der Einzelne in seine Überlegungen auch die Erwartung ein, dass diese Regelung für die Zukunft verbindlich bleibt (BVerfG-Urteil vom 5. Dezember 2002 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17 unter C. II. 3. b bb m.w.N.). Die Enttäuschung des betätigten Vertrauens des Klägers, er könne seine beiden Eigentumswohnungen nach Ablauf von zwei Jahren nicht steuerbar veräußern, bedarf daher grundsätzlich der Rechtfertigung.
34 
cc) Andererseits darf der Kläger grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrecht erhält; dies gilt nicht nur für die Abschaffung von Steuervergünstigungen, sondern auch für die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschluss vom 9. März 1971 2 BvR 326/69, BVerfGE 30, 250 unter C.II.3.) und die Aufhebung von "Freiräumen" (BVerfG-Beschluss vom 8. März 1983 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, BVerfGE 63, 312 zu C.III.2.bbb). Es muss dem Gesetzgeber möglich sein, Normen, die an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen, zu erlassen und unter Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten mit einer Änderung seines Normenwerks zu reagieren oder durch eine solche Änderung erst bestimmte Gegebenheiten in einem gewissen Sinn zu beeinflussen, da die Gewährung eines vollständigen Schutzes gegenüber Gesetzesänderungen den Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen würde (BVerfG-Beschluss vom 30. September 1987 2 BvR 933/82 BVerfGE 76, 256, 348).
35 
dd) Im Rahmen der danach gebotenen Abwägung schließt sich der erkennende Senat der Auffassung des BFH an, dass in Situationen wie im Streitfall das Interesse des Gesetzgebers an der Änderung der Steuerrechtslage das schutzwürdige Vertrauen der Steuerpflichtigen überwiegt  (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B. III. 3. c bb und cc; vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650, unter II.3.; vom 15. Juli 2004 IX B 116/03, BFHE 206, 358, BStBl II 2004, 1000, unter II.1.; vom 18. April 2008 IX B 6/08, BFH/NV 2008, 1329; vgl. auch BFH-Beschluss vom 18. September 2006 IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31, zur Verlängerung der Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG von sechs Monaten auf ein Jahr).
36 
Zum Zeitpunkt der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 hatte der Kläger die Eigentumswohnungen vor weniger als zwei Jahren angeschafft. Sein Vertrauen war noch nicht durch den Ablauf der Spekulationsfrist zu einem Vertrauen in die "Steuerentstrickung" und die Systematik des EStG erstarkt, demgegenüber das allgemeine Interesse an einem alsbaldigen Wirksamwerden der Neuregelung zurücktreten müsste. Innerhalb der zeitlichen Grenzen des früheren Tatbestandes unterlag ein eventuell bereits eingetretener Wertzuwachs der Eigentumswohnungen im Veräußerungsfall noch der Besteuerung. Der Kläger konnte bis zur Gesetzesänderung zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, er könne seine Eigentumswohnungen nunmehr veräußern, ohne dass der Gewinn steuerpflichtig sei. Verlängert der Gesetzgeber für solche Fälle die Spekulationsfrist, so nimmt er lediglich seine Befugnis, Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens auch zeitlich unbefristet zu besteuern (BVerfG-Urteil in BVerfGE 26, 302 unter C. II. 3. d aa), ex nunc für längere Zeit als bisher in Anspruch; der Steuerzugriff erstreckt sich nur auf noch steuerverstrickte Wertzuwächse. Das Vertrauen des Klägers reduziert sich damit im Ergebnis auf die bloße Hoffnung, der Gesetzgeber werde die Regelung des § 23 EStG unverändert bis zu einer späteren Veräußerung beibehalten und seine Wohnungen würden zukünftig nach zwei Jahren steuerentstrickt werden. Die Enttäuschung dieses Vertrauens ist hinzunehmen, denn der Kläger verdient in der bloßen Erwartung, ein Umstand werde -bei Fortgeltung des bisherigen Rechts- in einem Zeitpunkt eintreten, nicht den gleichen Vertrauensschutz wie derjenige, bei dem dieser Umstand nach bisherigem Recht bereits gegeben war (vgl. BVerfG-Beschluss vom 14. Oktober 1970 1 BvR 753/68 und 695, 696/70, BVerfGE 29, 245, 259).
37 
Der Hinweis auf das Urteil des BVerfG zur sog. „Pendlerpauschale“ (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., BFH/NV 2009, 338, unter C.II.2.) führt zu keiner anderen Beurteilung; denn der Gesetzgeber verfolgte mit der Gesetzesänderung nicht nur fiskalische Zwecke. Er war nämlich weiter der Auffassung, dass die Verlängerung der Spekulationsfrist dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Steuergerechtigkeit entspreche (BT-Drucks. 14/23, S. 179, zu Nr. 27).
38 
4. Die Klage hat auch nicht insoweit Erfolg, als die Kläger eventuell rügen wollen, dass das FA gegen § 363 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) verstoßen hat. Die Klageschrift kann zwar möglicherweise so verstanden werden, dass die Kläger (auch) einen Verstoß gegen § 363 Abs. 2 Satz 2 und 4 AO rügen. Allerdings greift diese Rüge in der Sache nicht durch, so dass dem zusätzlichen Umstand, dass die Kläger nunmehr einen Sachantrag gestellt und nicht die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung beantragt haben, keine entscheidende Bedeutung (mehr) zukommt.
39 
a) Das FA muss sich einen Verstoß gegen § 363 Abs. 2 Satz 2 AO schon deshalb nicht vorhalten lassen, weil die Verfahren 2 BvL 14/02 und 2 BvL 2/04 insoweit nicht die gleiche, sondern eine andere Rechtsfrage betreffen (vgl. dazu schon unter I.2.), die für den Streitfall nicht --was erforderlich wäre (vgl. Pahlke in Pahlke/König, AO, § 363 Rz. 46 m.w.N.; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 363 AO Rz 18; BFH-Beschluss vom 6. April 2006 IV B 160/04, juris)-- entscheidungserheblich ist.
40 
b) Die Klage hat auch hinsichtlich des Jahres 2004 nicht deshalb Erfolg, weil das FA B mit Schreiben vom 31. Mai 2005 einem Ruhen des Verfahrens zugestimmt hatte. Das Schreiben des FA vom 25. Oktober 2006 (dort Seite 2, drittletzter Absatz) kann als Widerruf der Zustimmung des FA B zum Ruhen des Verfahrens (vgl. dazu Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 363 AO Rz 151) und als Mitteilung nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO verstanden werden, mit dem den Einspruchsführern mitteilt wurde, dass das FA das Verfahren fortsetzt. Das FA hat dabei auch --was notwendig ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 2006 X R 39/05, BFHE 215, 1, BStBl II 2007, 222, dort zur Fortsetzung bei Zwangsruhe)-- die Gründe mitgeteilt, warum es das Verfahren fortsetzen will, indem es ausgeführt hat, dass aus seiner Sicht das Verfahren aus den im Schreiben genannten Gründen fälschlich ruht. Die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens war im Hinblick auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit der von den Klägern herangezogenen Verfahren auch ermessensgerecht. Der Einspruch ist nämlich grundsätzlich kein Instrument zum bloßen Offenhalten des Steuerfalles wegen möglicher zukünftiger Entwicklungen der Rechtsprechung in Verfahren anderer Steuerpflichtiger (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Juli 1999 IV B 14/99, BFH/NV 1999, 1587).
41 
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
42 
V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Revisionsgründe nicht vorliegen. Insbesondere geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage zur Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Spekulationsfrist in Fällen der hier vorliegenden Art keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) hat und eine Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) ebenfalls nicht erforderlich ist (zuletzt BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1329).

Gründe

 
17 
Der erkennende Senat legt das Klagebegehren und den Antrag der Kläger unter Berücksichtigung der Einspruchsschreiben vom 23. Mai 2005 und 20. Oktober 2006 dahin gehend aus, dass die Kläger sinngemäß beantragen, die in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden angesetzten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 19.177 EUR für 2004 und 18.790 EUR für 2005 außer Betracht zu lassen und die Einkommensteuer der Streitjahre entsprechend niedriger festzusetzen.
18 
Die so verstandene Klage ist unbegründet. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahren in der vorliegenden Konstellation verfassungsgemäß ist. Die beantragte Aussetzung des Verfahrens kommt nicht in Betracht, weil die von den Klägern angeführten Verfahren des BVerfG andere Sachverhalte betreffen. Das beantragte Ruhen des Verfahrens scheidet aus, weil das FA nicht zugestimmt hat.
19 
I. Das Verfahren ist nicht auszusetzen.
20 
1. Gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreits aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand des anderen Rechtsstreits bildet. Davon kann auch dann auszugehen sein, wenn beim BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91, BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408). Die Entscheidung in dem anderen Rechtsstreit muss nicht bindend für das auszusetzende Verfahren sein; es genügt, wenn die in dem anderen Verfahren zu erwartende Entscheidung einen rechtlich erheblichen Einfluss auf die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren hat, z.B. weil dasselbe Rechtsverhältnis betroffen ist und die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren kraft Gesetzes oder rechtslogisch vom Bestehen/Nichtbestehen des in dem anderen Verfahren anhängigen Rechtsverhältnisses abhängt (BFH-Urteil vom 18. Juli 1990 I R 12/90, BFHE 161, 409, BStBl II 1990, 986; BFH-Beschluss vom 21. November 1996 IX B 86/96, BFH/NV 1997, 365).
21 
2. Gemessen daran ist das Verfahren nicht auszusetzen. Beim BVerfG ist derzeit kein Musterverfahren anhängig, von dem die Entscheidung im Streitfall abhängt. Die Frage, ob die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre verfassungswidrig ist, ist zwar Gegenstand dreier Verfahren beim BVerfG (Az.: 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04 und 2 BvL 13/05). Diese sind jedoch anders gelagert und für den Streitfall nicht entscheidungserheblich; denn sie betreffen nicht die Verfassungswidrigkeit der § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG insgesamt, sondern lediglich ihre Verfassungswidrigkeit in Fallkonstellationen, in denen --anders als im Streitfall-- das Grundstück zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung entweder bereits veräußert oder "steuerentstrickt" war. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch die Entscheidungen des BVerfG über die Vorlagefragen keinen rechtlichen Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit haben; denn das BVerfG hat bei Verstößen gegen das Rückwirkungsverbot den Rechtsfolgenausspruch auf die als verfassungswidrig beurteilten Fälle begrenzt (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 2004 IX B 116/03, BFHE 206, 358, BStBl II 2004, 1000, .m.w.N.).
22 
II. Auch ein Ruhen des Verfahrens (§ 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung --ZPO--) kommt nicht in Betracht; denn das FA hat nicht --was erforderlich wäre-- einem Ruhen des Verfahrens zugestimmt. Das Ruhen wäre außerdem wegen der Ausführungen unter I. nicht zweckmäßig, zumal das BVerfG mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 den Klägern gegenüber erklärt hat, dass „ frühestens “(Hervorhebung durch den Senat) im Laufe dieses Jahres mit einer Entscheidung in den Verfahren 2 BvL 14/02 und 2 BvL 2/04 gerechnet werden könne.
23 
III. Die Klage ist unbegründet.
24 
1. Im Streitfall liegen --was unstreitig ist-- die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich der Wohnungen Nr. 2 und Nr. 46 vor. Auch § 23 Abs. 3 EStG hat das FA zutreffend angewendet und dabei den Gewinn für ein Streitjahr niedriger als erklärt angesetzt. All dies ist einhellige Auffassung der Beteiligten und bedarf keiner weiteren Erörterung. Die vom Kläger in den Streitjahren erzielten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sind in der vom FA angesetzten Höhe steuerpflichtig.
25 
2. Die vom FA dabei angewandten Vorschriften des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG a.F. (jetzt: § 52a Abs. 11 Satz 1 EStG 2009) sind unter Umständen wie denen des Streitfalls nicht verfassungswidrig.
26 
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--) einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht und in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 10. März 1971 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 1042/75, BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 257 f.; vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78). Der Staatsbürger muss vielmehr die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 271; BVerfG-Beschluss vom 26. Februar 1969 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 290).
27 
aa) Dies gilt auch und besonders im Steuerrecht. Das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG ist zwar auf Steuergesetze nicht (entsprechend) anwendbar (BVerfG-Beschluss vom 24. Juli 1957 1 BvL 23/52, BVerfGE 7, 89, 95); da jedoch Abgabengesetze vom Staatsbürger Geldleistungen fordern, wenn er bestimmte Tatbestände verwirklicht, orientiert er sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen an den jeweils geltenden Steuergesetzen. Er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. Soweit Steuertatbestände an Handlungen anknüpfen, muss also die Rechtsfolge bereits im Augenblick des Handelns gesetzlich vorgesehen sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 261, 271).
28 
bb) Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen jedoch in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979 2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, 396).
29 
cc) In diesem Zusammenhang unterscheidet das BVerfG seit 1960 zwischen echter (retroaktiver) Rückwirkung und unechter (retrospektiver) Rückwirkung. Echte Rückwirkung eines Gesetzes liegt danach vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift; wo es nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, liegt eine unechte Rückwirkung vor (BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 1960  2 BvL 4/59, BVerfGE 11, 139, 145 f.). Der 2. Senat des BVerfG unterscheidet seit 1986 zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 241 ff.): Danach entfaltet eine Rechtsnorm dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm mit ihrer Verkündung gültig geworden ist. Gefragt wird danach, ob diese Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten sollen (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine tatbestandliche Rückanknüpfung ist hingegen einer Norm insoweit eigen, als sie den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht. Der 2. Senat des BVerfG macht durch synonyme Verwendung der Begriffe (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 105, 17, 36 f.; in BVerfGE 97, 67, 78 f.) deutlich, dass sachliche Differenzen zum 1. Senat des BVerfG nicht beabsichtigt sind.
30 
dd) Bei der Abgrenzung der Rückbewirkung von Rechtsfolgen von der tatbestandlichen Rückanknüpfung führt allein der Umstand, dass eine oder mehrere Dispositionen des Klägers in der Vergangenheit liegen, nicht zur Annahme einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, wenn das Geschehen noch nicht abgeschlossen ist (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 135, 143; in BVerfGE 105, 17, 37 f.). Die gilt ungeachtet eines in der Vergangenheit liegenden Anknüpfungspunkts auch bei (erstmaliger) Begründung einer Steuerpflicht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, 328 f.). Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist nur gegeben, wenn ein neues Gesetz in Sachverhalte eingreift, die vor der Gesetzesverkündung abgeschlossen waren und die die Voraussetzungen eines bisher geltenden Tatbestands erfüllten (BVerfG-Beschluss vom 23. März 1971 2 BvL 2/66, 2 BvR 168, 196, 197, 210, 472/66, BVerfGE 30, 367, 386 f.). Bei einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ist in jedem Einzelfall ist zu prüfen, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 37).
31 
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist auch nach Auffassung des erkennenden Senats die rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke insoweit verfassungsgemäß, als der Gesetzgeber Anschaffungsvorgänge in die Regelung einbezogen hat, für die die "Spekulationsfrist" des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in der vor dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung noch nicht abgelaufen war.
32 
aa) Bei der Neuregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG a.F. handelt es sich um eine tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung; vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.3.).
33 
bb) Der Kläger hat mit dem Erwerb der Eigentumswohnungen im Januar 1998 eine wirtschaftlich motivierte Disposition getroffen und hierbei das Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG a.F. war als im Zeitpunkt der Anlagedisposition geltendes Parlamentsgesetz auch Grundlage des vom Kläger betätigten Vertrauens: Wenn ein Sachverhalt durch die Rechtsordnung geregelt ist, so bezieht der Einzelne in seine Überlegungen auch die Erwartung ein, dass diese Regelung für die Zukunft verbindlich bleibt (BVerfG-Urteil vom 5. Dezember 2002 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17 unter C. II. 3. b bb m.w.N.). Die Enttäuschung des betätigten Vertrauens des Klägers, er könne seine beiden Eigentumswohnungen nach Ablauf von zwei Jahren nicht steuerbar veräußern, bedarf daher grundsätzlich der Rechtfertigung.
34 
cc) Andererseits darf der Kläger grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrecht erhält; dies gilt nicht nur für die Abschaffung von Steuervergünstigungen, sondern auch für die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschluss vom 9. März 1971 2 BvR 326/69, BVerfGE 30, 250 unter C.II.3.) und die Aufhebung von "Freiräumen" (BVerfG-Beschluss vom 8. März 1983 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, BVerfGE 63, 312 zu C.III.2.bbb). Es muss dem Gesetzgeber möglich sein, Normen, die an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen, zu erlassen und unter Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten mit einer Änderung seines Normenwerks zu reagieren oder durch eine solche Änderung erst bestimmte Gegebenheiten in einem gewissen Sinn zu beeinflussen, da die Gewährung eines vollständigen Schutzes gegenüber Gesetzesänderungen den Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen würde (BVerfG-Beschluss vom 30. September 1987 2 BvR 933/82 BVerfGE 76, 256, 348).
35 
dd) Im Rahmen der danach gebotenen Abwägung schließt sich der erkennende Senat der Auffassung des BFH an, dass in Situationen wie im Streitfall das Interesse des Gesetzgebers an der Änderung der Steuerrechtslage das schutzwürdige Vertrauen der Steuerpflichtigen überwiegt  (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B. III. 3. c bb und cc; vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650, unter II.3.; vom 15. Juli 2004 IX B 116/03, BFHE 206, 358, BStBl II 2004, 1000, unter II.1.; vom 18. April 2008 IX B 6/08, BFH/NV 2008, 1329; vgl. auch BFH-Beschluss vom 18. September 2006 IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31, zur Verlängerung der Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG von sechs Monaten auf ein Jahr).
36 
Zum Zeitpunkt der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 hatte der Kläger die Eigentumswohnungen vor weniger als zwei Jahren angeschafft. Sein Vertrauen war noch nicht durch den Ablauf der Spekulationsfrist zu einem Vertrauen in die "Steuerentstrickung" und die Systematik des EStG erstarkt, demgegenüber das allgemeine Interesse an einem alsbaldigen Wirksamwerden der Neuregelung zurücktreten müsste. Innerhalb der zeitlichen Grenzen des früheren Tatbestandes unterlag ein eventuell bereits eingetretener Wertzuwachs der Eigentumswohnungen im Veräußerungsfall noch der Besteuerung. Der Kläger konnte bis zur Gesetzesänderung zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, er könne seine Eigentumswohnungen nunmehr veräußern, ohne dass der Gewinn steuerpflichtig sei. Verlängert der Gesetzgeber für solche Fälle die Spekulationsfrist, so nimmt er lediglich seine Befugnis, Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens auch zeitlich unbefristet zu besteuern (BVerfG-Urteil in BVerfGE 26, 302 unter C. II. 3. d aa), ex nunc für längere Zeit als bisher in Anspruch; der Steuerzugriff erstreckt sich nur auf noch steuerverstrickte Wertzuwächse. Das Vertrauen des Klägers reduziert sich damit im Ergebnis auf die bloße Hoffnung, der Gesetzgeber werde die Regelung des § 23 EStG unverändert bis zu einer späteren Veräußerung beibehalten und seine Wohnungen würden zukünftig nach zwei Jahren steuerentstrickt werden. Die Enttäuschung dieses Vertrauens ist hinzunehmen, denn der Kläger verdient in der bloßen Erwartung, ein Umstand werde -bei Fortgeltung des bisherigen Rechts- in einem Zeitpunkt eintreten, nicht den gleichen Vertrauensschutz wie derjenige, bei dem dieser Umstand nach bisherigem Recht bereits gegeben war (vgl. BVerfG-Beschluss vom 14. Oktober 1970 1 BvR 753/68 und 695, 696/70, BVerfGE 29, 245, 259).
37 
Der Hinweis auf das Urteil des BVerfG zur sog. „Pendlerpauschale“ (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., BFH/NV 2009, 338, unter C.II.2.) führt zu keiner anderen Beurteilung; denn der Gesetzgeber verfolgte mit der Gesetzesänderung nicht nur fiskalische Zwecke. Er war nämlich weiter der Auffassung, dass die Verlängerung der Spekulationsfrist dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Steuergerechtigkeit entspreche (BT-Drucks. 14/23, S. 179, zu Nr. 27).
38 
4. Die Klage hat auch nicht insoweit Erfolg, als die Kläger eventuell rügen wollen, dass das FA gegen § 363 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) verstoßen hat. Die Klageschrift kann zwar möglicherweise so verstanden werden, dass die Kläger (auch) einen Verstoß gegen § 363 Abs. 2 Satz 2 und 4 AO rügen. Allerdings greift diese Rüge in der Sache nicht durch, so dass dem zusätzlichen Umstand, dass die Kläger nunmehr einen Sachantrag gestellt und nicht die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung beantragt haben, keine entscheidende Bedeutung (mehr) zukommt.
39 
a) Das FA muss sich einen Verstoß gegen § 363 Abs. 2 Satz 2 AO schon deshalb nicht vorhalten lassen, weil die Verfahren 2 BvL 14/02 und 2 BvL 2/04 insoweit nicht die gleiche, sondern eine andere Rechtsfrage betreffen (vgl. dazu schon unter I.2.), die für den Streitfall nicht --was erforderlich wäre (vgl. Pahlke in Pahlke/König, AO, § 363 Rz. 46 m.w.N.; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 363 AO Rz 18; BFH-Beschluss vom 6. April 2006 IV B 160/04, juris)-- entscheidungserheblich ist.
40 
b) Die Klage hat auch hinsichtlich des Jahres 2004 nicht deshalb Erfolg, weil das FA B mit Schreiben vom 31. Mai 2005 einem Ruhen des Verfahrens zugestimmt hatte. Das Schreiben des FA vom 25. Oktober 2006 (dort Seite 2, drittletzter Absatz) kann als Widerruf der Zustimmung des FA B zum Ruhen des Verfahrens (vgl. dazu Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 363 AO Rz 151) und als Mitteilung nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO verstanden werden, mit dem den Einspruchsführern mitteilt wurde, dass das FA das Verfahren fortsetzt. Das FA hat dabei auch --was notwendig ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 2006 X R 39/05, BFHE 215, 1, BStBl II 2007, 222, dort zur Fortsetzung bei Zwangsruhe)-- die Gründe mitgeteilt, warum es das Verfahren fortsetzen will, indem es ausgeführt hat, dass aus seiner Sicht das Verfahren aus den im Schreiben genannten Gründen fälschlich ruht. Die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens war im Hinblick auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit der von den Klägern herangezogenen Verfahren auch ermessensgerecht. Der Einspruch ist nämlich grundsätzlich kein Instrument zum bloßen Offenhalten des Steuerfalles wegen möglicher zukünftiger Entwicklungen der Rechtsprechung in Verfahren anderer Steuerpflichtiger (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Juli 1999 IV B 14/99, BFH/NV 1999, 1587).
41 
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
42 
V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Revisionsgründe nicht vorliegen. Insbesondere geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage zur Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Spekulationsfrist in Fällen der hier vorliegenden Art keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) hat und eine Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) ebenfalls nicht erforderlich ist (zuletzt BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1329).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Der Abgabenbescheid des Amtsvorstehers des Amtes Waren-Land vom 02.09.2004, Az.: ..., und dessen Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vorher Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsgebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer mehrerer Grundstücke in der Gemarkung K. in einer Gesamtgröße von ca. 284 ha, wovon 272,60 ha als Waldflächen, 0,7 ha als Wegeflächen und 3,1 ha als sonstige Flächen im Liegenschaftskataster erfasst sind. Zu den Grundstücken des Klägers gehört auch das G 1., mit einer Größe von 14.116 m². Auf diesem - ein eigenes Buchgrundstück bildenden - Grundstück befindet sich ein Entwässerungsgraben, bei dem es sich um ein Gewässer zweiter Ordnung handelt, das nach dem Schreiben des Landkreises Müritz vom 20.02.2006 in der Unterhaltungslast des Wasser- und Bodenverbandes Müritz steht.

3

Das Finanzamt Waren bestätigte mit Schreiben vom 04.08.2006, dass es sich bei dem Grundstück "Gemarkung K., diverse Flurstücke mit Teilflächen entsprechend Nachweis vom 24.04.2006, insgesamt 8.879,5 m² groß" um grundsteuerbefreiten Grundbesitz i.S.d. § 4 Nr. 3 c und Nr. 4 GrStG handelt. Mit Schreiben vom 25.07.2006 bestätigte der Wasser- und Bodenverband Müritz gegenüber dem Kläger, dass dieser mit dem Grundstück Gemarkung K., G 1, Mitglied im Wasser- und Bodenverband sei.

4

Mit Bescheid vom 02.09.2004 setzte der Rechtsvorgänger des Beklagten, der Amtsvorsteher des Amtes Waren-Land, gegenüber dem Kläger für das Kalenderjahr 2004 Wasser- und Bodenverbandsgebühren in Höhe von 2.525,40 EUR fest. Er legte dabei Gebührensätze für die Waldflächen und sonstigen Flächen von 9,- EUR/ha und für die Wegeflächen von 18,- EUR/ha zugrunde. Dem Bescheid beigefügt war eine Auflistung der veranlagten Grundstücke mit Größenangabe und Nutzungsart.

5

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 29.09.2004 wies der Amtsvorsteher des Amtes Waren-Land mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, da sich der Widerspruch dem Grunde nach nicht gegen die erlassende Behörde, sondern gegen den zuständigen Wasser- und Bodenverband Müritz richte, sei der Einspruch nur bei diesem möglich.

6

Der Widerspruchsbescheid soll am 06.01.2005 zugestellt worden sein. Ein Beleg dazu liegt nicht vor.

7

Am 03.02.2005 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Gemeinde K. sei hinsichtlich der forstwirtschaftlich genutzten Flächen des Klägers nicht Mitglied im Wasser- und Bodenverband, weshalb sie für diese Flächen keine Beiträge leisten und keine Gebührenumlage erheben dürfe. Die Grundstücke des Klägers unterlägen nicht der Grundsteuer, Steuergegenstand sei vielmehr der forstwirtschaftliche Betrieb als Ganzes. Deshalb sei der Kläger selbst originäres Mitglied im Wasser- und Bodenverband. Das folge auch daraus, dass der Kläger jedenfalls Eigentümer grundsteuerbefreiter Teilflächen im Erhebungsgebiet sei. Dabei handele es sich um Waldwege, fließende Gewässer und Entwässerungsgräben, die nach § 4 Nr. 3 Buchst. a, c und Nr. 4 GrStG von der Grundsteuer befreit seien. Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man für eine eigene Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband die Steuerbefreiung ganzer Buchgrundstücke verlange. Denn der Graben auf dem G 1 mit einer Größe von 1,4116 ha sei im Grundbuch als ein Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne eingetragen.

8

Außerdem verstießen die §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Satz 3 GUVG gegen Verfassungsrecht. Das Land Mecklenburg-Vorpommern habe mit der Errichtung von 31 Wasser- und Bodenverbänden Sonderverbände geschaffen, was mit dem Zweck des Wasserverbandsgesetzes und dem Grundgesetz nicht im Einklang stehe. Außerdem liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, das Demokratieprinzip und die Finanzverfassung der Art. 105 ff. GG vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 23.03.2005 Bezug genommen.

9

Ungeachtet dessen sei die Gebührensatzung der Gemeinde K. unwirksam. Die der Gebührenpflicht unterworfenen Grundstückseigentümer seien nicht bevorteilt. Der Wasser- und Bodenverband nehme den Grundstückseigentümern keine Unterhaltungslasten ab. Der Landesgesetzgeber habe die Unterhaltungslast ausdrücklich den Wasser- und Bodenverbänden und nicht den Grundstückseigentümern auferlegt. Der in § 3 Abs. 1 geregelte Gebührenmaßstab sei unklar, wenn sowohl der Flächen- als auch der Vorteilsmaßstab gelten solle. Noch unklarer werde die Regelung durch die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 7 und 8 sowie die Regelung von sogenannten Beitragsklassen nach der Gewässerdichte in der Gemeinde. Außerdem fehle in § 3 Abs. 3 die Regelung von Erschwerniszuschlägen, was gegen § 65 Landeswassergesetz verstoße. Fehlerhaft sei die Gleichbehandlung von landwirtschaftlich mit forstwirtschaftlich genutzten Flächen, obwohl letztere aus der Entwässerung keinen Vorteil, nur einen Nachteil hätten. Dem Wald werde das Wasser abgegraben, was zu erheblichen Schäden führe. Auch die Abschläge für Naturschutzflächen seien nicht gerechtfertigt. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb ein in einem Naturschutzgebiet liegender Maisacker gegenüber einer außerhalb des Naturschutzgebietes liegenden Waldfläche bessergestellt werde. Gleiches gelte für die Ungleichbehandlung von Waldflächen innerhalb bzw. außerhalb von Naturschutzgebieten. Ungerecht sei die nicht quadratmetergenaue Abrechnung je angefangene 0,1 ha, obwohl der Gemeinde die Flächen quadratmetergenau bekannt seien. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sei eine sogenannte antizipierte Gebührenerhebung unzulässig, wonach die Gebührenpflicht bereits am 1. Januar des Kalenderjahres entstehe.

10

Die Gebührenberechnung der Höhe nach sei zu beanstanden. Rechtswidrig sei auch, dass der Kläger näher bezeichnete Unterlagen zur Gebühren- und Beitragssatzung trotz Anforderung weder vom Wasser- und Bodenverband noch von der Gemeinde erhalten habe.

11

Sämtliche Beschlussfassungen des Wasser- und Bodenverbandes seien fehlerhaft und damit unwirksam, weil nicht alle Mitglieder ordnungsgemäß geladen worden seien. Dies betreffe sowohl den Kläger als auch andere Eigentümer grundsteuerbefreiter Grundstücke. Dazu gehöre beispielsweise die BVVG, die bis 2004 mindestens ein grundsteuerbefreites Grundstück im Verbandsgebiet hatte, nämlich das G 2, bei dem es sich um einen Friedhof handele. Des Weiteren seien die örtlichen Kirchengemeinden nicht zu den Verbandsversammlungen eingeladen worden, obwohl sie in allen Gemeinden über grundsteuerbefreiten Grundbesitz verfügten. Der Verband habe die Kirchen nur als "Kirchenverwaltung gesamt" erfasst und mit einer einzigen Stimme ausgestattet, obwohl die einzelnen Kirchengemeinden als Mitglieder je eine Stimme in der Verbandsversammlung haben müssten. Danach sei nicht nur die Beitragserhebung durch den Verband, sondern auch die Gebührenumlage durch die Gemeinde rechtswidrig (Einwendungsdurchgriff).

12

Weiter sei die Beitragslast der Gemeinde K. überhöht, weil sie vom Verband in die falsche Beitragsklasse eingruppiert worden sei. Die Anzahl der berücksichtigten Verbandsgewässer sei zu hoch, weil die nach § 1 Abs. 2 Landeswassergesetz vom Anwendungsbereich ausgenommenen Gewässer untergeordneter Bedeutung (sogenannte Gewässer dritter Ordnung) zu Unrecht berücksichtigt worden seien. Die Kosten der Unterhaltung dieser Meliorationsgräben und Gewässeransammlungen müssten die Grundstückseigentümer selbst tragen. Sie dürften nicht durch den Verband sozialisiert und auf andere Grundstückseigentümer umgelegt werden.

13

Schließlich habe der Wasser- und Bodenverband zu Unrecht Aufwand für diverse freiwillige Aufgaben berücksichtigt, wie insbesondere Bau und Unterhaltung von Deichen, Ausbau und Rückbau von Gewässern sowie Rohrleitungsreparaturen. Im Kalenderjahr 2004 seien Reparaturen an 65 Rohrleitungen angefallen, die Kosten jedoch nicht gesondert ausgewiesen, sondern unter die allgemeinen Gewässerunterhaltungskosten gemischt worden. Die im Verbandsgebiet auf einer Länge von rund 250 km vorhandenen Rohrleitungen gehörten nicht zu den vom Verband pflichtig unterhaltenen Gewässern zweiter Ordnung.

14

Der Kläger beantragt,

15

1. den Abgabenbescheid des Amtsvorstehers des Amtes Waren-Land vom 02.09.2004, Aktenzeichen ..., und dessen Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004 aufzuheben,

16

2. festzustellen, dass die Gemeinde K. weder für die im angefochtenen Bescheid vom 02.09.2004 genannten Flächen noch für die beim Amtsgericht Waren im Bestandsverzeichnis des Grundbuches von K., Bl. ... gebuchten Grundstücke im Eigentum des Klägers Mitglied im Sonderverband Wasser- und Bodenverband Müritz ist.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er führt aus, die Klage sei unbegründet. Keiner der klägerischen Einwände greife durch. Die Gemeinde K. sei gesetzliches Mitglied im Wasser- und Bodenverband. Ein Wahlrecht stehe ihr hierbei nicht zu. Der Wasser- und Bodenverband Müritz unterhalte nur Gewässer zweiter Ordnung, in der Gemeinde K. ausschließlich solche Gewässer, die als Vorfluter den Grundstücken von mindestens zwei Eigentümern dienten. Die vom Wasser- und Bodenverband unterhaltenen Gewässer seien im Anlagenverzeichnis zur Verbandssatzung dokumentiert. Der Anlagenbestand sei erstmalig zur Gründungsversammlung des Wasser- und Bodenverbandes erstellt worden auf Grundlage der Bestandsdokumentation der ehemaligen Meliorationsgenossenschaften W. und R. und der Wasserwirtschaftsdirektion Küste, Flussbereich P.. Veränderungen des Anlagenbestandes könnten auf Antrag und nach Durchführung einer Gewässerschau erfolgen. Im Streitfall entscheide die Untere Wasseraufsichtsbehörde. Solche Veränderungen würden je nach Erfordernis auch vorgenommen. Der Unteren Wasserbehörde werde der Anlagenbestand alle drei bis fünf Jahre zur Bestätigung vorgelegt. Ein Widerspruch gegen das Anlagenverzeichnis sei nicht erhoben worden. Allen nachfolgenden Beschlüssen zur Ergänzung des Anlagenbestandes sei mehrheitlich zugestimmt worden. Die durch den Wasser- und Bodenverband für die Gemeinde K. ermittelte Gewässerdichte liege deutlich über der Wechselgrenze zwischen erster und zweiter Beitragsklasse.

20

Der Kläger sei nicht selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband. Er könne die nötigen Nachweise dafür nicht erbringen, dass seine Grundstücke von der Grundsteuer befreit seien. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, könne eine Mitgliedschaft privater Grundstückseigentümer im Wasser- und Bodenverband nur in Betracht kommen, wenn diese Personen sich beim Verband selbst meldeten. Denn die Grundsteuerbefreiung werde weder dem Verband noch der Gemeinde von Amts wegen mitgeteilt. Insofern seien die praktischen Probleme bei der Erfassung der Mitglieder zu berücksichtigen, insbesondere der Umstand, dass die Finanzämter hierzu grundsätzlich keine Auskünfte erteilten.

21

Die Satzungsanwendung sei ebenfalls fehlerfrei. Insbesondere habe der Beklagte die Gebührenhöhe satzungsgemäß ermittelt. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 4 bis 5 des Schriftsatzes vom 08.06.2005 Bezug genommen.

22

Mit Beschluss vom 17.09.2007 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

1. Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

25

Abgaben dürfen nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V). Daran fehlt es hier. Die allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommende Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes Müritz vom 14.01.2000 i.d.F. der 2. Änderungssatzung vom 27.05.2002 (GS) ist unwirksam. Fehlerfrei ist entgegen der Auffassung des Klägers allerdings, dass nach § 5 Abs. 1 GS die Gebührenschuld bereits am 1. Januar des Kalenderjahres entsteht (sogenannte antizipierte Gebührenerhebung). Eine solche Regelung ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 23.02.2000, 1 L 50/98, S. 11 des Umdrucks), der das Gericht folgt, zulässig (a.A. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22.11.2006, 9 B 13.05, S. 17 ff. des Umdrucks).

26

Nicht zu beanstanden ist weiter, dass die Gebührensätze seit 2002 nicht verändert worden sind. Weil es sich hier um eine Umlage handelt, ist die Gemeinde verpflichtet, die Richtigkeit der Gebührensätze jährlich anhand der Abrechnung durch den Wasser- und Bodenverband zu überprüfen. Soweit die Beitragshöhe unverändert bleibt, muss weder jährlich eine neue Gebührensatzung beschlossen noch jährlich ein neuer Gebührenbescheid erlassen werden. Verändert sich allerdings die Beitragshöhe, so muss eine Überprüfung der Gebührenkalkulation und gegebenenfalls eine Anpassung der Gebührensätze erfolgen (VG Greifswald, Urt. v. 07.02.2007, 3 A 77/04, S. 9 des Umdrucks). Dazu hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung plausibel ausgeführt, dass in der Gemeinde K. jährlich, und so auch in den Kalenderjahren 2002 bis 2004, die Kalkulation überprüft und insbesondere im Jahr 2003 kein Anlass zur Erhöhung der Gebührensätze gesehen wurde. Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, weil die Beitragslast von 2002 auf 2003 um ca. 500,00 EUR angestiegen ist. Wenn die Gemeinde bei einer solchen Sachlage auf eine Erhöhung der Gebührensätze verzichtet, ist dies unbedenklich, weil die Gefahr einer Gebührenüberdeckung nicht besteht. Anders dürfte es sich im - hier nicht streitgegenständlichen - Kalenderjahr 2005 verhalten, denn von 2003 auf 2004 ist die Beitragslast um ca. 1.500,00 EUR gesunken. Unter diesen Umständen die Gebührensätze nicht anzupassen, erscheint bedenklich, weil die Gefahr einer nicht nur ganz geringfügigen Gebührenüberdeckung besteht.

27

Die in § 3 Abs. 3 GS geregelten Gebührensätze sind aber deshalb unwirksam, weil die ihnen zugrunde liegende Beitragserhebung des Wasser- und Bodenverbandes Müritz gegenüber der Gemeinde K. für das Kalenderjahr 2003 rechtswidrig ist. Der Fehler der Beitragserhebung schlägt auf die Gebührenerhebung durch.

28

Im Streit ist eine Gebührenerhebung für das Kalenderjahr 2004. Dem liegt eine Beitragserhebung für 2003 zugrunde. Für dieses Kalenderjahr hat der Wasser- und Bodenverband die Höhe der Verbandsbeiträge, insbesondere der auf die Gemeinde K. entfallenden, fehlerhaft ermittelt, weil nicht sämtliche Mitglieder des Verbandes erfasst und zu den Verbandsversammlungen geladen worden sind. Damit war eine ordnungsgemäße Beschlussfassung nicht möglich.

29

Zu Recht macht der Kläger geltend, dass er selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband ist. Diese Auffassung vertritt mittlerweile auch der Wasser- und Bodenverband selbst in seinem Schreiben vom 25.07.2006. Gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) sind Mitglieder der Verbände die Gemeinden für die der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen sowie die Eigentümer von Grundstücken, die der Grundsteuerpflicht nicht unterliegen. Dies bedeutet, da der von der Grundsteuer befreite Grundbesitz keiner Grundsteuerpflicht unterliegt, dass dessen Eigentümer selbst Mitglieder der Gewässerunterhaltungsverbände sind, die von diesen selbst zu Verbandsbeiträgen herangezogen werden müssen. Eine Belastung der Gemeinden mit den auf diese Grundstücke entfallenden Verbandslasten ist nicht zulässig. Somit können die auf diese Grundstücke entfallenden Verbandsbeiträge auch nicht Gegenstand der Abwälzung in Form von Gebühren sein (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 6 Anm. 13.1.5).

30

Allerdings unterliegen die forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke des Klägers der Grundsteuer und fallen daher unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 GUVG. Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass Steuergegenstand nicht das einzelne Grundstück, sondern der Betrieb mit allen seinen Bestandteilen ist (§ 2 Satz 1 Ziff. 1 GrStG). Denn die forstwirtschaftlichen Grundstücke sind Bestandteile des Betriebes und unterliegen als solche der Grundsteuer (VG Greifswald, Urt. v. 08.02.2006, 3 A 1943/02, S. 14 des Umdrucks). Weiter vertritt das Gericht die Auffassung, dass die Grundsteuerbefreiung von Teilflächen eines Buchgrundstücks nicht ausreicht, um selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband zu sein. Deshalb ist die im Schriftsatz vom 23.03.2005 dargelegte Grundsteuerbefreiung u.a. der Waldwege und Gewässer nicht ausreichend. Wenn § 2 Abs. 1 Nr. 2 GUVG an "Grundstücke" anknüpft, sprechen Gesetzeswortlaut sowie Sinn und Zweck der Norm dafür, dass Grundstücke im zivilrechtlichen (grundbuchrechtlichen) Sinne gemeint sind (VG Greifswald, Urt. v. 27.07.2005 - 3 A 1090/01, S. 14 d. Umdrucks, und vom 11.12.2006, 3 A 908/02, S. 21 des Umdrucks).

31

Der Kläger ist Mitglied des Verbandes als Eigentümer des Grundstücks Gemarkung K., G 1, das unstreitig nicht der Grundsteuerpflicht unterliegt und ein eigenständiges Buchgrundstück ist. Es handelt sich um den in der Unterhaltungslast des Verbandes stehenden Graben, der in Anlage K 6 blau markiert ist. Unerheblich ist es, zu welchem Zeitpunkt der Kläger diesen Umstand geltend gemacht bzw. seine Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband durch diesen bestätigt worden ist. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung für den Wasser- und Bodenverband Müritz vom 19.12.2000 "sind" Mitglieder des Verbandes die Eigentümer von Grundstücken, die der Grundsteuerpflicht nicht unterliegen. Diese dem § 2 Abs. 1 GUVG nachgebildete Regelung ist dahingehend auszulegen, dass die Mitgliedschaft im Verband bei Erfüllung dieser Voraussetzungen automatisch eintritt. Nach Absatz 2 der Bestimmung sind die Mitglieder in ein Verzeichnis eingetragen, welches vom Verband aufgestellt und auf dem Laufenden gehalten wird. Dieses Verzeichnis ist für die Mitgliedschaft jedoch nur deklaratorisch, nicht etwa konstitutiv. Vor diesem Hintergrund vermag das Gericht der Auffassung des Beklagten nicht zu folgen, eine Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband könne nur berücksichtigt werden, wenn der jeweilige Grundstückseigentümer sich beim Verband melde. Das Gericht verkennt nicht die vom Beklagten plausibel vorgetragenen praktischen Probleme bei der Erfassung der (privaten) Verbandsmitglieder, sieht aber dennoch keinen Raum für eine abweichende Auslegung des § 2 Abs. 1 GUVG und des § 3 der Verbandssatzung. Allenfalls könnte sich aus den angesprochenen Problemen Handlungsbedarf für eine Gesetzesänderung ergeben.

32

Ausweislich der Grundbucheintragung vom 18.12.2003 ist der Kläger jedenfalls seit diesem Zeitpunkt Mitglied im Wasser- und Bodenverband und hätte daher von diesem bereits für das Kalenderjahr 2004 zur Verbandsversammlung geladen werden müssen. Dies ist nicht erfolgt. Für die Beitragsermittlung 2003 hätte in Bezug auf das G 1 der Rechtsvorgänger des Klägers, die BVVG, als Mitglied berücksichtigt werden müssen, was ebenfalls unterblieben ist.

33

Es kommt noch hinzu, dass nach dem plausiblen Sachvortrag des Klägers weitere Mitglieder des Verbandes nicht bzw. nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind. Dies betrifft zum einen die BVVG (bis 2004) hinsichtlich des genannten Friedhofsgrundstücks, zum anderen die örtlichen Kirchengemeinden als Eigentümer grundsteuerbefreiter Grundstücke, die vom Wasser- und Bodenverband lediglich als "Kirchenverwaltung" mit einer Stimme erfasst sind. Dies dürfte fehlerhaft sein, weil - wie aus einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren bekannt ist - die örtlichen Kirchengemeinden selbst Grundstückseigentümer sind.

34

Nach Auffassung des Gerichts führt die unterbliebene bzw. fehlerhafte Erfassung aller Mitglieder des Wasser- und Bodenverbandes dazu, dass - mangels ordnungsgemäßer Ladung - die Beschlussfassungen des Verbandes in Bezug auf die Beitragserhebung fehlerhaft und damit unwirksam sind. Gemäß § 48 Abs. 2 Wasserverbandsgesetz (WVG) gelten für die Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung der Verbandsversammlung, soweit dieses Gesetz oder die Satzung nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder über die Ausschüsse; für die Beschlussfähigkeit genügt jedoch die Anwesenheit von einem Zehntel der Mitglieder. Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V sind Ausschüsse beschlussfähig, wenn alle Mitglieder geladen und mehr als die Hälfte, mindestens aber drei der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind. Nach § 8 Abs. 4 der Verbandssatzung ist die Verbandsversammlung beschlussfähig, wenn mindestens ein Zehntel aller Mitglieder anwesend und alle rechtzeitig geladen sind. An letzterem fehlt es. Allerdings sind die Rechtsfolgen fehlender Ladung bzw. fälschlich angenommener Beschlussfähigkeit im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nicht jeder Verfahrensfehler führt zur Nichtigkeit der Beschlussfassung, vielmehr ist nach der Art und dem Gewicht des Fehlers zu differenzieren (vgl. OVG M-V, Urt. v. 05.06.2002, 4 K 18/00, S. 7 des Umdrucks, für die Bekanntmachungsfrist zur Sitzung der Verbandsversammlung als bloße Ordnungsvorschrift). Der Fehler führt deshalb zur Unwirksamkeit der Beschlussfassung, weil es sich bei der rechtzeitigen Ladung aller Verbandsmitglieder nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, auf deren Einhaltung es für die Beschlussfassung nicht entscheidend ankommt. Vielmehr soll die Ladung gerade eine demokratische Willensbildung des Verbandes ermöglichen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass hier ein strukturelles Problem bei der Erfassung der Verbandsmitglieder vorliegt. Es handelt sich nach den obigen Ausführungen nicht um den bloßen Einzelfall eines übersehenen und deshalb nicht geladenen Verbandsmitgliedes, sondern es ist - zumindest potentiell - eine ganze Reihe von Mitgliedern betroffen. Daher kann nicht angenommen werden, dass die unterbliebene Ladung von vornherein auf das Abstimmungsergebnis ohne jeden Einfluss gewesen ist. Dabei wird nicht verkannt, dass die privaten Grundstückseigentümer im Verhältnis zu den Gemeinden in der Verbandsversammlung ein eher geringes Stimmengewicht haben. Dies ändert aber nichts daran, dass private Verbandsmitglieder wie der Kläger über einen längeren Zeitraum zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden. Fehler im Beitragsverhältnis können auch vom Gebührenschuldner der Gemeinde gegenüber geltend gemacht werden (VG Greifswald, Urt. v. 30.03.2005 - 3 A 438/01, S. 12 d. Umdrucks; so auch OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., S. 16; BVerwG, Urt. v. 11.07.2007 - 9 C1.07, DVBl. 2007, S. 1318).

35

Auf alle weiteren von Klägerseite angesprochenen Fragen kommt es entscheidungserheblich für die Anfechtungsklage nicht mehr an. Es sei aber darauf hingewiesen, dass das Gericht - anders als der Kläger - von der Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Satz 3 GUVG ausgeht. Weiter vertritt das Gericht in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Waldflächen weder grundsätzlich von der Heranziehung zur Gebührenzahlung für Verbandslasten ausgeschlossen sind, noch die Gemeinde gezwungen ist, in ihrer Maßstabsregelung Waldflächen gegenüber anderen Grundstücksflächen gesondert - als weniger bevorteilt - zu berücksichtigen (zuletzt Urt. v. 07.02.2007, 3 A 77/04, S. 13-14 des Umdrucks).

36

2. Die Feststellungsklage ist unzulässig, da subsidiär. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Das ist hier der Fall. Insbesondere kann der Kläger, wie die vorstehenden Ausführungen zur Anfechtungsklage zeigen, seine Rechte auch in Bezug auf die Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband durch die Anfechtungsklage verfolgen. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte den Kläger für künftige Veranlagungsjahre für die betroffenen Grundstücke erneut zur Gebührenumlage heranziehen könnte. Sollte dies der Fall sein, kann der Kläger seine Rechte in zumutbarer Weise durch eine erneute Anfechtungsklage verfolgen.

37

3. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Beklagten, den Wasser- und Bodenverband Müritz notwendig beizuladen, war abzulehnen. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO). Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn die Sachentscheidung des Gerichts nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar Rechte des Beizuladenen betroffen, das heißt gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden und deshalb aus Rechtsgründen die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 65 Rdn. 14 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, weil durch die gerichtliche Entscheidung die Rechte des Wasser- und Bodenverbandes nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar betroffen werden. Wenn das Gericht die Beschlussfassungen des Wasser- und Bodenverbandes für fehlerhaft erklärt, ist dies nur inzident insofern rechtlich relevant, als der Kläger diesen Fehler im Gebührenverhältnis geltend machen kann. Eine Aufhebung oder Änderung der vom Verband gegenüber der Gemeinde erlassenen Beitragsbescheide folgt daraus nicht.

38

Zwar liegen die Voraussetzungen einer einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO vor. Diese steht aber im Ermessen des Gerichts, das in vergleichbaren Verfahren von einer Beiladung regelmäßig absieht.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Dabei hat das Gericht der Feststellungsklage gleiches Gewicht wie der Anfechtungsklage beigemessen.

40

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41

Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage der Mitgliedschaft privater Grundstückseigentümer im Wasser- und Bodenverband und die Rechtsfolgen fehlerhafter Erfassung der Mitglieder für die Gebührenerhebung durch die Gemeinde.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.