Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 01. Apr. 2015 - 2 So 120/14

bei uns veröffentlicht am01.04.2015

Tenor

Auf die Beschwerde des Erinnerungsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. November 2014 abgeändert:

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Erinnerungsführerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Erstattungsfähigkeit einer außergerichtlich entstandenen Terminsgebühr.

2

Das Verwaltungsgericht setzte mit Beschluss der zuständigen Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 7. Juli 2014 auf Antrag der Erinnerungsführerin nach einem Baunachbarstreit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vom Erinnerungsgegner an die Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten fest, berücksichtigte jedoch die dabei beantragte Terminsgebühr in Höhe von 547,20 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer nicht. Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin änderte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. November 2014 den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 7. Juli 2014 ab und setzte die zu erstattenden Kosten unter Berücksichtigung der beantragten Terminsgebühr fest. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, es sei für die erforderliche Mitwirkung an einem außergerichtlichen Vergleichsgespräch, das die Terminsgebühr auslöse, ausreichend, dass die Erinnerungsführerin glaubhaft gemacht habe, der Bevollmächtigte des Erinnerungsgegners habe zugesagt, das Vergleichsangebot zur Prüfung an seinen Mandanten weiterzuleiten.

II.

3

Die gegen den erstinstanzlichen Beschluss des Verwaltungsgerichts gerichtete, nach §§ 165, 151 VwGO statthafte und gemäß §§ 146 Abs. 1 und 3, 147 VwGO zulässige Beschwerde des Erinnerungsgegners hat Erfolg.

4

Nach dem unanfechtbaren Beschluss des Beschwerdegerichts vom 16. Dezember 2013 hat der Erinnerungsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsführerin zu tragen. Stets erstattungsfähig sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen gemäß § 162 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 VwGO die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts. Ihre Höhe bemisst sich nach der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, dem Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG. Nach Ziffer 3104 VV RVG i.V.m. Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr unter anderem auch für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.

5

Für den Nachweis der Mitwirkung an einem außergerichtlichen Vergleichsgespräch trägt derjenige, der die Terminsgebühr zur Erstattung geltend macht, die Beweislast (OLG Naumburg, Beschl. v. 19.12.2006, AnwBl 2007, 725, 726 m.w.N.; FG Dessau, Beschl. v. 14.1.2014, 3 KO 986/13, juris Rn. 36). Erleichtert wird die Nachweispflicht dadurch, dass gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen ausreicht (vgl. BGH in st. Rspr., Beschl. v. 10.5.2007, NJW 2007, 2859; Beschl. v. 4.4.2007, NJW 2007, 2493; Beschl. v. 27.2.2007, NJW-RR 2007, 1578; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.1.2011, a.a.O. m.w.N.; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 23.12.2010, 9 W 243/10, juris). Die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, wobei zur Glaubhaftmachung gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden können (BGH, Beschl. v. 4.4.2007, a.a.O. m.w.N.). Die Erinnerungsführerin hat jedoch auch unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung vom 11. November 2014 nicht glaubhaft gemacht, dass die beantragte Terminsgebühr für die mit dem Vertreter des Erinnerungsgegners am 25. September und am 21. Oktober 2013 geführten Telefonate mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstanden ist. Auf das am 30. Oktober 2013 geführte Telefongespräch kann für die Festsetzung der Terminsgebühr nicht abgestellt werden, da diese im Rahmen der erstinstanzlichen Kosten geltend gemacht wurde, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag.

6

Für die Entstehung dieser Variante der Terminsgebühr muss das geführte Gespräch zwar nicht zwingend auf eine Einigung, aber zumindest auf eine Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen sein. Eine einseitige Absicht, das Verfahren zu erledigen oder zu vermeiden, genügt hierfür im Unterschied zum Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG nicht (OVG Hamburg, Beschl. v. 10.1.2006, 1 So 177/05; OLG Naumburg, Beschl. v. 19.12.2006, a.a.O.). Ausreichend ist jedoch bezogen auf die Gesprächsbereitschaft der Gegenseite, dass diese Zielrichtung zunächst nur von einem Gesprächsteilnehmer verfolgt wird, und dass sich der Angesprochene im weiteren Gesprächsverlauf an einer außergerichtlichen Einigung interessiert zeigt und sich auf ein Vergleichsgespräch einlässt (BGH, Beschl. v. 27.2.2007, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschl. v. 10.1.2006, a.a.O.).

7

Inhaltlich muss ein Vermeidungs- oder Erledigungsgespräch geführt worden sein, in dem bestimmte Rahmenbedingungen für eine mögliche Einigung abgeklärt oder unterschiedliche Vorstellungen der Verfahrensbeteiligten über die Erledigung des Verfahrens ausgetauscht worden sind. Ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung, ein Informationsgespräch oder ein Gespräch zu reinen Verfahrensfragen sind nicht ausreichend (vgl. BGH, Beschl. v. 27.2.2007, NJW 2007, 2858 f.; BGH, Beschl. v. 20.11.2006 , NJW-RR 2007, 286, 287; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.1.2011, NJW 2011, 1619; OVG Münster, Beschl. v. 8.7.2009, NJW 2009, 2840; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Vorb. 3 VV Rn. 171 ff. m.w.N.). Hat hiernach ein Vermeidungs- oder Erledigungsgespräch stattgefunden, ist es für das Entstehen der Terminsgebühr unerheblich, ob das Verfahren tatsächlich vermieden oder erledigt worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2006, a.a.O.; VGH München, Beschl. v. 14.7.2010, 2 M 08.1906, juris Rn. 6; Müller-Rabe, a.a.O., Vorb. 3 VV Rn. 181 jeweils m.w.N.).

8

Soweit der Erinnerungsführer auf die erklärte Bereitschaft des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsgegners abstellt, Vergleichsangebote zur Prüfung an den Mandanten weiterzuleiten, hat er dessen Gesprächsbereitschaft nicht glaubhaft gemacht (ebenso OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.2.2006, AnwBl 2006, 495). Denn die Pflicht zur Weiterleitung eines Vergleichsangebotes und zur Beratung des Mandanten über die Vorteile und Risiken eines Vergleichs resultiert bereits aus der allgemeinen Vertragspflicht des Rechtsanwalts, diesen vor voraussehbaren Schäden zu bewahren (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2013, MDR 2013, 843; OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.5.2013, WM 2013, 1759; OLG Schleswig, Urt. v. 18.7.2006, 3 U 162/05, juris). Verletzt der Rechtsanwalt diese Pflicht, macht er sich schadenersatzpflichtig (OLG Hamburg, Urt. v. 2.7.1998, MDR 1999, 122; LG Bonn, Urt. v. 10.1.2014, 15 O 189/13, juris). Insofern kann die Zusage des Prozessbevollmächtigten, dieser Pflicht nachzukommen, noch keinen Einfluss auf den tatsächlichen Eintritt in Vergleichsgespräche haben, da es noch an einer freiwillige Entscheidung des Verfahrensbeteiligten oder seines Prozessbevollmächtigten über die Mitwirkung an einem Vergleichsgespräch fehlt. Auch unter Würdigung der gesetzgeberischen Intention, die außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern, darf die Vorschrift der Ziffer 3104 VV RVG i.V.m. Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG, die eine freiwillige Mitwirkung beider Seiten voraussetzt, nicht dazu führen, Verfahrensbeteiligte mit Kosten zu belasten, derer sie sich nicht erwehren können. Denn die gegenteilige Auslegung (BGH, Beschl. v. 20.11.2006, NJW-RR 2007, 286; Müller-Rabe, a.a.O. Rn. 175) hätte zur Folge, dass eine Terminsgebühr durch ein einseitig „aufgedrängtes“ Vergleichsgespräch für einen pflichtgemäß handelnden Rechtsanwalt auch dann nicht zu vermeiden ist, wenn keine Bereitschaft seines Mandanten zum Führen eines Vergleichsgesprächs besteht. Vor dem Hintergrund der anwaltlichen Beratungspflicht kann auch nicht gefordert werden, dass der Prozessbevollmächtigte einen ihm von der Gegenseite unterbreiteten Vergleichsvorschlag ohne Rücksprache mit seinem Mandanten sofort abzulehnen hat, um die Terminsgebühr des gegnerischen Anwalts für ein außergerichtliches Vergleichsgespräch zu vermeiden. Auch insoweit würde ein pflichtwidriges Verhalten gefordert werden. Eine Terminsgebühr kann vor diesem Hintergrund allein dann anfallen, wenn der Verfahrensbeteiligte selbst die Prüfung des Vergleichsvorschlags zugesagt oder sich der Prozessbevollmächtigte inhaltlich in das Vergleichsgespräch eingelassen hat. Dies hat die Erinnerungsführerin im vorliegenden Fall jedoch nicht glaubhaft gemacht. Im vorliegenden Fall hat sich der Vertreter des Erinnerungsgegners auf die Vergleichsangebote des Vertreters der Erinnerungsführerin gerade nicht zurückgemeldet.

9

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin eidesstattlich versichert hat, das Angebot, das Grundstück des Erinnerungsgegners anzukaufen, ausdrücklich auf der Basis konkreter Bodenrichtwerte von 400 – 600 Euro/m² abgegeben zu haben, führt dies ebenfalls nicht dazu, dass er das Führen eines beiderseitigen Vergleichsgesprächs glaubhaft gemacht hat. Denn schon nach seinem eigenen Vortrag hat der Vertreter des Erinnerungsführers allein zugesagt, diese Angaben seinem Mandanten weiterzuleiten und ist gerade noch nicht auf der Grundlage einer grundsätzlich vorhandenen Verkaufsbereitschaft seines Mandanten in eine Diskussion über den Wert des Grundstücks eingestiegen. Auf die Zahl und Art der von der Erinnerungsführerin abgegebenen Vergleichsangebote oder deren Berechnungsgrundlagen kommt es allein nicht an.

10

Allein die Dauer der Telefongespräche von 13 und 16 Minuten kann ohne eine glaubhaft gemachte Vergleichsbereitschaft der Gegenseite nicht zur Festsetzung der Terminsgebühr führen, da ein „höfliches“ Schweigen des Gegners für die erforderliche Mitwirkung an einem Vergleichsgespräch nicht ausreicht (a.A. OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.1.2011, NJW 2011, 1619). Nicht der Angesprochene trägt die Protestlast, sondern der Ansprechende hat das Entstehen der Terminsgebühr glaubhaft zu machen (vgl. Bischof in: Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curcovic/Mathias/Uher, RVG, 5. Aufl. 2013, Vorb. 3 VV Rn. 72).

11

Auch der Einwand des Vertreters der Erinnerungsführerin, der Vertreter des Erinnerungsgegners habe ihn auf den zweiten Anruf hin zu den Möglichkeiten einer Änderung des geplanten und genehmigten Baukörpers befragt, führt nicht zum Erfolg. Unerheblich ist, ob dieses Thema mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von dem Vertreter des Erinnerungsgegners angesprochen wurde, denn insoweit trägt die Erinnerungsführerin vor, es habe ihrerseits schon keine Bereitschaft bestanden, das Bauvorhaben zu verkleinern. Im Übrigen wäre mehr als die abstrakte Vergleichsbereitschaft mit einer solchen Frage nicht abgeklärt worden.

12

Soweit die Erinnerungsführerin angibt, der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsgegners habe in den Telefonaten auch Fragen gestellt und Vorhalte gemacht, hat sie ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass letzterer seine Bereitschaft, sich außergerichtlich zu einigen, kundgetan hat. Vielmehr hat er die Position seines Mandanten verteidigt und dessen Ziele erläutert.

III.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Beschwerdeverfahren für die erfolgreiche „sonstige“ Beschwerde im Sinne des Teils 5, Hauptabschnitt 5 der Anlage 1 zum GKG (Kostenverzeichnis) ist gerichtskostenfrei.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Zivilprozessordnung - ZPO | § 104 Kostenfestsetzungsverfahren


(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Proz

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

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Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Erinnerungsführerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Erinnerungsführerin hatte am 28. August 2012 bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, dessen Ziel die Aussetzung der Änderungsbescheide vom 21. März 2011 über Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 963,05 €, Umsatzsteuer 2005 in Höhe von 6.585,60 €, Umsatzsteuer 2006 in Höhe von 6.365,38 €, Umsatzsteuer 2007 in Höhe von 4.772,04 €, Umsatzsteuer 2008 in Höhe von 14.759,77 €, Körperschaftsteuer 2004 in Höhe von 2.500,00 €, Körperschaftsteuer 2005 in Höhe von 10.290,00 €, Körperschaftsteuer 2006 in Höhe von 9.946,00 €, Körperschaftsteuer 2007 in Höhe von 6.279,00 €, Körperschaftsteuer 2008 in Höhe von 8.936,00 € sowie über die Gewerbesteuermessbeträge 2004 bis 2008 waren, ohne jedoch insoweit konkrete Beträge zu nennen. Mit dem Antrag, der unter dem Aktenzeichen 3 V 885/12 geführt wurde, trat die Erinnerungsführerin der Auffassung des Erinnerungsgegners entgegen, dass die durch einen ihrer Mitarbeiter im Zusammenwirken mit einem Angestellten eines Vertragspartners der Erinnerungsführerin veruntreuten Gelder bei ihr in dem Streitjahren als zusätzliche (den Gewinn erhöhende) Forderungen bzw. Umsätze zu berücksichtigen seien (vgl. hierzu Bericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts ... vom 08. Februar 2011, Auftragsbuch Nr. ...).

2

Nach einem an den Erinnerungsgegner gerichteten gerichtlichen Hinweis (Schreiben des Berichterstatters vom 26. Oktober 2012), erklärte dieser mit Schriftsatz vom 30. November 2012, dass er aufgrund des Hinweises vom 26. Oktober 2012 die angefochtenen Bescheide von der Vollziehung ausgesetzt habe. Dem Schriftsatz des Erinnerungsgegners war eine Abschrift seiner Aussetzungsverfügung vom 30. November 2012 beigefügt, die die Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer nebst Folgefestsetzungen (Solidaritätszuschlag, Zinsen) betraf. Hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge reichte der Erinnerungsgegner mit Schriftsatz vom 07. Dezember 2012 die Aussetzungsverfügungen vom selben Tag für die Gewerbesteuermessbeträge nach. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aussetzungsverfügungen Bezug genommen.

3

Die Beteiligten erklärten das Verfahren anschließend übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt (Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin vom 10. Dezember 2012 und des Erinnerungsgegners vom 20. Dezember 2012). Mit Beschluss des Berichterstatters vom 07. Januar 2013 wurden dem Erinnerungsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt.

4

Das Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) war unter dem Aktenzeichen 3 K 1508/11 anhängig. In diesem Verfahren wurden übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin vom 07. März 2013 und Schriftsatz des Erinnerungsgegners vom 13. Februar 2013), nachdem der Erinnerungsgegner mit Änderungsbescheiden vom 13. Februar 2013 die angefochtenen Bescheide antragsgemäß geändert hatte. Die Kosten des Klageverfahrens wurden dem Erinnerungsgegner auferlegt (Beschluss des Berichterstatters vom 11. März 2013).

5

Am 27. März 2013 hat die Erinnerungsführerin durch ihre Prozessbevollmächtigten für das Verfahren 3 V 885/12 Kostenfestsetzung beantragt. Die gegen den Erinnerungsgegner festzusetzenden Kosten hat sie von einem Streitwert von 9.749,98 € ausgehend wie folgt ermittelt:

6

– 1,3 Verfahrensgebühr

631,80 €

– 1,2 Terminsgebühr

583,20 €

– Post- und Telekommunikationspauschale

20,00 €

                 

Endsumme

1.235,00 €

7

Ebenfalls am 27. März 2013 hat die Erinnerungsführerin für das Klageverfahren Kostenfestsetzung beantragt. Auch für dieses Verfahren beantragte sie u.a. den Ansatz einer Terminsgebühr.

8

Der Erinnerungsgegner hat in seiner Stellungnahme zu den Kostenfestsetzungsanträgen die Auffassung vertreten, dass eine Terminsgebühr nicht zu berücksichtigen sei (vgl. wegen der weiteren Ausführungen den Schriftsatz vom 16. April 2013).

9

Die Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin erwiderten hierauf, dass eine Terminsgebühr auch im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung entstehen könne. Richtig sei, dass ein gerichtlicher Termin nicht stattgefunden habe. Im Streitfall habe einer der Prozessbevollmächtigten an einer „auf die Vermeidung des Verfahrens gerichteten Besprechung“ teilgenommen. Darunter seien auch Telefongespräche zu verstehen. Es habe zahlreiche Telefonate in dieser Sache mit Mitarbeitern des Erinnerungsgegners gegeben. Exemplarisch seien die Telefonate mit Frau S. vom 26. Oktober 2012 und vom 23. November 2012 anzuführen. Weiter habe es diverse Telefonate mit Frau M. gegeben, zum Beispiel am 08. August 2012.

10

Hinsichtlich des Gebührensatzes führten die Prozessbevollmächtigten nunmehr aus, dass sie in dem ursprünglichen Antrag die Verfahrensgebühr mit einem Satz von 1,3 in Ansatz gebracht hätten. Unter Hinweis auf den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 18. Januar 2010 7 KO 5/08, EFG 2010, 752, werde nunmehr einheitlich der höhere Satz von 1,6 beantragt.

11

Außerdem sei eine Erledigungsgebühr entstanden. Nummer 1002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetzt (RVG) – VV RVG – sehe die Entstehung einer Erledigungsgebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledige. Dabei sei Voraussetzung für die Entstehung einer Erledigungsgebühr eine Tätigkeit, die über die allgemeine Prozessführung hinausgehe. In der vorliegenden Streitsache habe die der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt A. im Rahmen intensiver Besprechungen mit verschiedenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Erinnerungsgegners bemüht, eine Erledigung ohne streitige Sachentscheidung zu erwirken. Selbst nach dem eindeutigen Hinweis des Gerichts habe es Telefongespräche gegeben. Dabei habe sich herausgestellt, dass der gerichtliche Hinweis nicht verstanden worden sei. Entsprechend seien zwischenzeitlich die Bescheide für das Jahr 2009 unter Einbeziehung des vollständigen streitigen Sachverhalts geändert worden. Hier sei mit einem weiteren Klageverfahren zu rechnen. Für das Verfahren hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 sei von der Entstehung einer Erledigungsgebühr auszugehen.

12

Der Erinnerungsgegner hielt an seiner Auffassung fest. Hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge sah er nach Vorlage entsprechender Unterlagen seitens der Erinnerungsführerin einen Streitwert von 2.624,44 € für das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung als zutreffend an (vgl. Schriftsatz des Erinnerungsgegners vom 19. Juli 2013).

13

Die Kostenbeamtin setzte mit Beschluss vom 25. Juli 2013 die von dem Erinnerungsgegner an die Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten auf 797,60 € fest. Hierbei rechnete sie wie folgt:

14

– Streitwert im gerichtlichen Verfahren

bis 10.000,00 €

                 

1. gerichtliches Verfahren

        

– Verfahrensgebühr, § 13 RVG, Nr. 3200, 3201, 3500 VV RVG

777,60 €

– Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7001, 7002 VV RVG

20,00 €

                 

Zwischensumme

797,60 €

Umsatzsteuer, § 13 RVG, Nr. 7008 VV RVG

0,00 €

                 

Gesamtbetrag gerichtliches Verfahren

797,60 €

2. Summe

– Zusammen         

        797,60 €

– davon zu Lasten des Erinnerungsgegners (100 v.H.)

797,60 €

15

Hinsichtlich der Erläuterungen zur Kostenfestsetzung wird auf die Ausführungen der Kostenbeamtin im Beschluss vom 25. Juli 2013 verwiesen.

16

Der Beschluss vom 25. Juli 2013 ist den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin am 05. August 2013 zugestellt worden.

17

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2013, der per Telefax am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, hat die Erinnerungsführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Erinnerung eingelegt, die sich gegen die Ablehnung der beantragten Terminsgebühr richtet.

18

Die Erinnerungsführerin trägt vor, dass nach Absatz 3 der Vorbemerkung 3 zu Teil 3 VV RVG eine Terminsgebühr für die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung entstehe, auch ohne Beteiligung des Gerichts. Der Entstehung der Gebühr stehe es nicht entgegen, dass ein gerichtlicher Einigungsvorschlag vorausgegangen sei, über diesen gesprochen wurde und die Entlastung des Gerichts durch die Verfahrenserledigung insoweit geringer gewesen sei als bei einer nur durch die beteiligten initiierten und abgestimmten Einigung. Im vorliegenden Fall habe es unstrittig diverse telefonische Besprechungen zwischen den Beteiligten gegeben. Die Terminsgebühr sei dadurch entstanden. Wegen der von der Erinnerungsführerin zitierten Rechtsprechung wird auf den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2013 Bezug genommen.

19

Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Darlegungs- und Beweislast für die konkreten Umstände, die zum Entstehen einer Terminsgebühr führen, derjenige trage, der die Terminsgebühr zur Erstattung geltend mache, hat die Klägerin (Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. Oktober 2013) wiederholt, dass es umfängliche telefonische Besprechungen mit Mitarbeitern des Erinnerungsgegners gegeben habe; exemplarisch seien die Telefonate mit Frau S. und Frau M. genannt worden. Die Gespräche seien darauf gerichtet gewesen, eine Erledigung oder zumindest eine Teilerledigung des Verfahrens ohne streitige Sachentscheidung des Gerichts zu erwirken. Insbesondere habe sich Rechtsanwalt A. bemüht, eine teilweise Erledigung in Gesprächen mit Frau M. zu erwirken. Nach Auffassung der Erinnerungsführerin seien die vom Erinnerungsgegner nachträglich aktivierten Forderungen im Jahr 2011 für die Zeiträume 2004 bis 2007 zivilrechtlich verjährt gewesen. Frau M. sei offensichtlich davon ausgegangen, dass man zivilrechtliche Verjährungsfristen auf Steuerbescheide anwenden wolle. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Durch Klärung dieses Missverständnisses sollten die nachträglichen Aktivierungen der Forderungen aus den Jahren 2004 bis 2007 rückgängig gemacht werden und sich eine gerichtliche Entscheidung insoweit erübrigen. Bisher sei der Vortrag nicht bestritten. Höchst vorsorglich werde die Zeugeneinvernahme der Mitarbeiterinnen des Erinnerungsgegners Frau M., Frau S., Frau T. und der Sachgebietsleiterin Frau W. angeboten.

20

Die Erinnerungsführerin führt weiter aus, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 02. November 2006 entschieden habe, dass an telefonische Besprechungen, die eine Terminsgebühr auslösen, keine hohen Anforderungen zu stellen seien. Ausreichend sei, wenn der Gesprächspartner die unterbreiteten Vorschläge zur Kenntnis nehme. Mitnichten sei dabei erforderlich, dass die Gegenseite die Bereitschaft habe, das Verfahren einer einvernehmlichen Beendigung zuzuführen. Er liege vielmehr in der Natur der Sache, dass zu Beginn eines Gesprächs völlig unterschiedliche Auffassungen bestünden. Anderenfalls wäre es nicht zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen.

21

Aufgrund der Vielzahl der Telefonate, die täglich geführt werden, sei es nachvollziehbar, dass Frau S. die Gespräche nicht mehr in Erinnerung habe. Aus einer Aktennotiz des Rechtsanwalts A. ergebe sich jedoch insbesondere zum Telefonat am 23. November 2012, dass inhaltliche Gespräche geführt worden seien, dann aber unter Verweis auf die Entscheidungskompetenz der Sachgebietsleitung das Gespräch beendet worden sei. Auch die Telefonate mit Frau M. hinsichtlich der zivilrechtlichen Verjährung, die der nachträglichen Aktivierung der angeblichen Forderungen im Wege gestanden habe, seien inhaltliche Besprechungen mit dem eindeutigen Ziel gewesen, die Angelegenheit zu beenden und das Verfahren ohne Urteil zu einem Abschluss zu bringen. Durchführung und Inhalt dieser Telefongespräche seien nicht bestritten. Die Terminsgebühr sei angefallen.

22

Der Erinnerungsgegner hält an seiner Auffassung fest, dass eine Terminsgebühr nicht entstanden sei. Es sei Aussetzung der Vollziehung nach Ergehen des richterlichen Hinweises vom 26. Oktober 2012 gewährt worden. Die in den Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten vom 25. April 2013 und vom 21. Oktober 2013 angesprochenen Telefonate, hätten in keinen Zusammenhang mit der gewährten Aussetzung der Vollziehung und der im Klageverfahren erfolgten Änderung der angefochtenen Bescheide gestanden. Es habe sich hierbei nicht um Besprechungen gehandelt, die einer Erledigung des Verfahrens gedient hätten; hierfür sei allein der richterliche Hinweis vom 26. Oktober 2012 ursächlich gewesen.

23

Die Telefonate – so der Erinnerungsgegner weiter –, die geführt worden seien, so z.B. das vom 08. August 2012, hätten sich darauf bezogen, dass die Erinnerungsführerin ihrem an das Finanzamt gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht den angeforderten Vordruck über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt hatte. Diesbezüglich habe es eine telefonische Rückfrage gegeben. Frau S. selbst seien Telefonate mit „dem Erinnerungsführer“ (Anmerkung des Gerichts: gemeint sein dürfte Rechtsanwalt A.) nicht bekannt. Sie habe mit einer Frau B. telefoniert; hierbei sei es jedoch um laufende Vorgänge gegangen wie z.B. Umsatzsteuer 2011 bzw. 2012. Es werde daher weiter an der Auffassung festgehalten, dass keine Terminsgebühr angefallen sei.

24

Die im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 17. Dezember 2013 angesprochene Aktennotiz ist dem Gericht nicht vorgelegt worden.

25

Parallel zu dem vorliegenden Erinnerungsverfahren begehrt die Erinnerungsführerin mit  gleichem Vortrag hinsichtlich des unter dem Aktenzeichen 3 K 1508/11 anhängig gewesenen Klageverfahrens ebenfalls den Ansatz einer Terminsgebühr (Aktenzeichen der Erinnerung zur Kostenfestsetzung im Verfahren 3 K 1508/11: 3 KO 987/13).

26

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Entscheidungsgründe

27

II. 1. Für die Entscheidung über die Erinnerung nach § 149 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist der Berichterstatter gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 FGO zuständig. Der Senat in der Besetzung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 FGO wäre nur dann zuständig, wenn die Kostengrundentscheidung nicht im vorbereitenden Verfahren ergangen wäre, d.h. insbesondere dann, wenn bereits die Kostenentscheidung in einer Senatsentscheidung enthalten gewesen wäre (Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Dezember 2011 3 KO 965/10, EFG 2012, 1312; Finanzgericht Münster, Beschluss vom 10. Juli 2012 11 Ko 3705/11 KFB, EFG 2012, 1962; Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01. Juni 2010 2 Ko 4/10, EFG 2010, 1447; Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. August 2007 8 KO 1/07, EFG 2007, 1972).

28

2. Die Erinnerung hat keinen Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juli 2013 ist nicht zu beanstanden.

29

a) Eine Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. lfd. Nr. 3202 VV RVG wurde zu Recht nicht angesetzt.

30

aa) Nach Maßgabe von Absatz 3 der Vorbemerkung 3 zu Teil 3 VV RVG, die als allgemeine Vorschrift auch im finanzgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, entsteht eine Terminsgebühr nach lfd. Nr. 3202 VV RVG a) für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin, b) für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termins oder c) für die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung, und zwar auch ohne Beteiligung des Gerichts. Darüber hinaus bestimmt die Anmerkung zur lfd. Nr. 3202 in Abs. 2 VV RVG speziell für das finanzgerichtliche Verfahren, dass eine Terminsgebühr auch dann entsteht, wenn das Gericht nach §§ 79a Abs. 2, 90a FGO durch Gerichtsbescheid oder nach § 94a FGO nach billigem Ermessen ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet. Gleiches gilt bei einer einvernehmlichen schriftlichen Entscheidung des Gerichts nach § 90 Abs. 2 FGO (Anmerkung zur lfd. Nr. 3202 in Abs. 1 VV RVG i.V.m. Anmerkung zur lfd. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG). Den in der Anmerkung zur lfd. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV RVG genannten Fall des Anerkenntnisses gibt es im finanzgerichtlichen Verfahren nicht (Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. November 2007 4 KO 1391/07, EFG 2008, 641). Ob eine Terminsgebühr auch in einem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung entstehen kann, wird die Frage gestellt (vgl. Anm. Rosenke zu Finanzgericht Köln, Beschluss vom 02. September 2013 10 Ko 2594/13, EFG 2013, 2042). Nach einer Auffassung setzt ihr Entstehen kein Verfahren voraus, in dem zwingend eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. April 2011 13 KO 13326/10, EFG 2011, 1551; Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 18. Januar 2010 7 KO 5/08, EFG 2010, 752).

31

bb) Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass einer der vorgenannten Sachverhalte, die zum Entstehen einer Terminsgebühr führen können, vorliegt. Damit brauchte über die Frage, ob im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung überhaupt eine Terminsgebühr entstehen kann, im Streitfall nicht entschieden werden.

32

(1) Eine Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin fand nicht statt. Auch wurde kein von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumter Termin wahrgenommen. Solche Termine gab es im Verfahren 3 V 885/12 nicht.

33

(2) Eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid oder Urteil auf der Grundlage der §§ 79a Abs. 2, 90a, 94a oder 90 Abs. 2 FGO gab es im Verfahren 3 V 885/12 auch nicht. Das Verfahren wurde vielmehr durch übereinstimmende Hauptsachenerledigungserklärungen beendet.

34

(3) Ebenso ist der Tatbestand der „Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung, und zwar auch ohne Beteiligung des Gerichts“ nicht gegeben. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass ein Prozessbevollmächtigter an einer Besprechung mit dem Erinnerungsgegner teilgenommen hat, die auf Erledigung oder Vermeidung des unter dem Aktenzeichen 3 V 885/12 anhängigen Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung gerichtet war.

35

(a) Die zu einer Terminsgebühr führende Notwendigkeit einer „Besprechung“ setzt voraus, dass mündlich Erklärungen ausgetauscht werden, was auch telefonisch geschehen kann; hierbei kann das Gericht beteiligt sein, muss es aber nicht (vgl. Finanzgericht Münster, Beschluss vom 10. September 2012 4 Ko 2422/12, EFG 2012, 2239; Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 11. Juli 2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157; Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 29. Mai 2012 9 KO 1/12, EFG 2012, 678; Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 10. Mai 2011 13 KO 276/11, 13 KO 580/11, juris;).

36

(b) Die konkreten Umstände des Austauschs der mündlichen Erklärungen, die eine Terminsgebühr entstehen lassen, hat derjenige substantiiert vorzutragen und ggf. zu beweisen, der die Terminsgebühr zur Erstattung geltend macht; er trägt die Darlegungs- und Beweislast (OLG Naumburg, Beschluss vom 19. Dezember 2006 6 W 78/06, JurBüro 2007, 483; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 12. Februar 2008 6 W 153/07, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 08. Juni 2005 14 W 366/05, NJW 2005, 2162; OLG Koblenz, Beschluss vom 14. September 2010 14 W 510/10, JurBüro 2011, 589). Dabei gelten im Kostenfestsetzungsverfahren die Grundsätze des Freibeweises i.S.d. § 294 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (vgl. BGH-Beschluss vom 27. Februar 2007 XI ZB 38/05, NJW 2007, 2858; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. Juni 2003 16 WF 72/03, JurBüro 2004, 134; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29. August 2000 8 C 99.2099, NVwZ-RR2001, 413).

37

(c) Die Erinnerungsführerin hat einen Sachverhalt, der zum Entstehen einer Terminsgebühr führt, weder hinreichend substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen.

38

Sie hat zwar Daten genannt, an denen Telefongespräche stattgefunden haben sollen und Mitarbeiter des Erinnerungsgegners, mit denen Rechtsanwalt A. gesprochen haben soll. Erforderlich wäre ein substantiierter Vortrag gewesen, aus sich das Datum des Gesprächs, die konkreten Gesprächspartner an diesem Datum und der konkrete Inhalt des einzelnen Gesprächs entnehmen lassen. Dies ist im Streitfall umso mehr erforderlich, als die Klägerin zur selben Zeit sowohl das Hauptsacheverfahren als auch das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung betrieben hatte und im Rahmen der Kostenfestsetzung für beide Verfahren eine Terminsgebühr geltend macht. Es kann zwar sein, muss es aber nicht, dass beide Verfahren Gesprächsgegenstand der Telefonate waren. Das heißt, dass nicht zwingend zwei Terminsgebühren angefallen sein müssen. Für die Prüfung der für das jeweilige Verfahren entstandenen Kosten ist es daher geboten, den genauen Inhalt der Gespräche darzustellen, um das einzelne Gespräch dem einen oder anderen oder beiden Verfahren zuordnen zu können. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Erinnerungsführerin nicht. Es hätte ihr insbesondere auch deshalb oblegen detaillierter vorzutragen, nachdem der Erinnerungsgegner eingewandt hat, dass die Gespräche nicht die beiden Verfahren betroffen hätten, sondern andere steuerliche Angelegenheiten der Erinnerungsführerin.

39

Auch hat die Erinnerungsführerin die konkreten Umstände der einzelnen Gespräche nicht nachgewiesen. Ein solcher Nachweis hätte ggf. durch Vorlage von zeitnah erstellten Gesprächsvermerken geführt werden können, aus denen sich die konkreten Umstände des Gesprächs entnehmen lassen (insbesondere Zeitpunkt, Beteiligte und Inhalt des Telefongesprächs). Zwar ist im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 17. Dezember 2013 eine Aktennotiz zu einem Telefonat am 23. November 2012 erwähnt. Vorgelegt wurde sie jedoch nicht, obwohl das Gericht auf die die Erinnerungsführerin treffende Darlegungs- und Beweislast hingewiesen und der Erinnerungsgegner bestritten hatte, dass die Telefongespräche im Zusammenhang mit den Verfahren 3 V 885/12 bzw. 3 K 1508/11 standen. Weshalb die Prozessbevollmächtigten meinen, dass die Durchführung und der Inhalt der Telefongespräche nicht bestritten seien, ist nicht nachvollziehbar. Auf den angebotenen Zeugenbeweis war nicht einzugehen, weil es bereits am substantiierten Vortrag zu den Telefongesprächen fehlt; die Anhörung der als Zeugen benannten Personen würde auf eine Ausforschung hinauslaufen (vgl. BFH-Beschluss vom 27. April 2010 X B 163/08. BFH/NV 2010, 1639, m.w.N.).

40

b) Die Erinnerungsführerin hat im Übrigen gegen die Höhe der festgesetzten Kosten im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juli 2013 im Einzelnen keine weiteren Einwendungen erhoben. Insoweit ergeben sich auch nach Aktenlage keine Beanstandungen.

41

3. Die Kosten der erfolglosen Erinnerung hat die Erinnerungsführerin zu tragen (§ 135 Abs. 1 FG). Gerichtskosten werden mangels eines entsprechenden Gebührentatbestandes im GKG nicht erhoben.


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. November 2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen entstandener Schäden bei der Befüllung eines Heizungstankes in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Lübeck vom 4. Februar 2005 zu dem Az.: 5 O 165/02 ist ihr ein dort nur geltend gemachter Teilschaden zugesprochen worden. Die vorliegende Klage betrifft einen weiteren Teilschaden. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien I. Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

2

Das Landgericht hat die Klage wegen der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede abgewiesen. Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin.

3

Die Klägerin macht geltend:

4

Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge allein davon ab, wie lange der Lauf der Verjährung durch Verhandlungen gehemmt gewesen sei. Das Landgericht habe den Begriff der Hemmung durch Verhandlungen verkannt. Dieser Begriff sei weit auszulegen. Es genüge jeder Meinungsaustausch, wenn nicht sofort erkennbar die Gespräche über eine Ersatzpflicht abgelehnt würden.

5

Dem fraglichen Termin beim Landgericht im Vorprozess am 24. Oktober 2003 sei ein Gütetermin vom 30. August 2002 vorausgegangen. Die Güteverhandlung habe kein Ergebnis gehabt, da beide Parteien der Auffassung gewesen seien, dass es ohne sachverständige Klärung der Schadensursache keinen Sinn mache, sich zu vergleichen. Es sei dann nach streitiger Verhandlung Beweis durch Sachverständigengutachten erhoben worden. Nach Vorlage des Gutachtens sei der 24. Oktober 2003 der nächste Termin gewesen. Der Vorsitzende Richter der 5. Zivilkammer habe die Verhandlung mit der Feststellung eröffnet, dass er von einer Haftung der Beklagten ausgehe und nur streitig sein könne, wie hoch die Haftungsquote anzusetzen sei. Der geltend gemachte 20 %ige Teilanspruch sei in jedem Fall gerechtfertigt. Der Rechtsstreit wäre also für den Erlass einer Grundentscheidung entscheidungsreif gewesen. Nur weil das Bestreiten der Beklagten zur Höhe nicht ernst genommen worden sei und der Vorsitzende diesen Punkt ausdrücklich erörtert habe, sei Gelegenheit gewesen, die Gesamtangelegenheit noch einmal unter Vergleichsgesichtspunkten zu erörtern. Dabei habe der Vorsitzende den zu Protokoll gegangenen Vorschlag unterbreitet, sich auf der Basis eines hälftigen Mitverschuldens zu einigen bei Zahlung einer Vergleichssumme von 20.000 bis 25.000,00 €.

6

Aus Anlass dieses Vergleichsvorschlags sei zwischen den Parteivertretern im Termin ausgiebig erörtert worden, mit welcher Summe die Angelegenheit erledigt werden könne. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe keineswegs jegliche über den geltend gemachten Klagbetrag hinausgehende Zahlung abgelehnt, sondern vielmehr einen Betrag von 15.000,00 € als denkbar in den Raum gestellt. Das sei von Seiten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als zu gering erachtet und der Vorschlag des Gerichts aufgegriffen worden, wonach ein Betrag zwischen 20.000,00 und 25.000,00 € in Frage kommen könne. Aus dieser wechselseitigen Diskussion zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien habe sich dann die erste Ziffer des Beschlusses am Ende der Sitzung vom 24. März 2003 ergeben, nämlich die Auflage an die Parteien, sich binnen 3 Wochen zum Vergleichsvorschlag des Gerichts zu äußern. Wenn von den Erörterungen zwischen den Parteien - Angebot der Beklagten bei 15.000,00 € und Gegenvorstellung der Klägerin zwischen 20.000,00 und 25.000,00 € - nichts im Protokoll stehe, heiße dies nicht, dass eine solche Erörterung nicht stattgefunden habe.

7

Es sei deshalb Sache des Prozessvertreters der Beklagten gewesen, klar und deutlich zu erklären, dass sich seine Mandanten nicht zu vergleichen wünschten. Die Abfassung eines Vergleichsvorschlags hätte aus Sicht des Vorsitzenden Richters keinen Sinn gemacht, wenn ihm nicht beide Parteien signalisiert hätten, dass sie bereit seien, über den Vorschlag nachzudenken. Auf Grund dieses unstreitigen Sachverhalts sei erster Instanz davon abgesehen worden, für den Gang der Verhandlung Zeugenbeweis anzubieten, dieser werde nun aber vorsorglich angeboten (Vernehmung des Vorsitzenden Richters und der beteiligten Rechtsanwälte).

8

Das auf die Sitzung folgende Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Oktober 2003 sei das Ergebnis der bei der Klägerin eingeholten Stellungnahme und nur weil innerhalb der laufenden 3-Wochenfrist von Seiten des Vertreters der Beklagten noch keine Stellungnahme abgegeben worden sei, habe sich dann der weitere Verhandlungsablauf wie dargestellt ergeben. Nach Auffassung der Klägerin beginne die Hemmung mithin im Termin am 24. Oktober 2003 und ende frühestens am 29. Januar 2004 (mithin nach 3 Monaten und 5 Tagen), sodass der am 5. April 2005 eingereichte Mahnbescheid in jedem Fall die Verjährung unterbrochen habe.

9

Die Klägerin beantragt,

10

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 16.818,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.02.2001 zu zahlen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Die Beklagte erwidert:

14

Die Verjährung von Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung wäre ohne Unterbrechungs- oder Hemmungstatbestände am 31. Dezember 2004 abgelaufen. Als Hemmungstatbestand kämen allenfalls die zwischen den Parteien geführten Vergleichsgespräche in Betracht. Diese hätten aber erst am 25. November 2003 begonnen, nicht bereits am 24. Oktober 2003. An diesem Tag habe lediglich das Gericht in der Sitzung den Parteien eine gütliche Einigung vorgeschlagen. Es sei in dem Protokoll nicht davon die Rede, dass irgendwelche Vergleichsverhandlungen geführt worden seien. Die Klägerin selbst habe mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 wörtlich ausgeführt, sie habe "mit außergerichtlichen Schreiben vom 31. Oktober 2003 ... dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mitgeteilt, dass sich die Klägerin ... auf Basis von etwa 27.000,00 €" vergleichen würde. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin erster Instanz hätten die Bevollmächtigten der Parteien in der Sitzung vom 24. Oktober 2003 den Vergleichsvorschlag des Gerichts lediglich zur Kenntnis genommen.

15

Die von diesem Sachverhalt abweichende Darstellung der Klägerin erstmalig zweiter Instanz, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe in der Verhandlung die Zahlung eines Betrages von 15.000,00 DM als denkbar in den Raum gestellt und damit Vergleichsverhandlungen geführt, sei unzutreffend und im Übrigen auch verspätet. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe sich vielmehr mit Schreiben vom 28. Oktober 2003 an den Haftpflichtversicherer gewendet und über den Termin vor dem Landgericht Lübeck am 24. Oktober 2003 berichtet. Darin heiße es wörtlich:

16

" Streitig ist jedoch weiterhin der Schaden der Höhe nach. Insoweit hat die Gegenseite nach Auffassung des Gerichts noch nicht abschließend vorgetragen. Das Gericht empfahl, bei Meidung weiteren Aufwands den Vorgang durch einen Vergleich zu beenden, etwa auf Zahlung des hälftigen Schadensbetrages, rund 25.000,00 €.

17

Ich habe mich dazu nicht geäußert, weil das Gutachten ja durchaus anders gewürdigt werden kann und der Schaden weiterhin der Höhe nach streitig ist."

18

Wenn tatsächlich Vergleichsverhandlungen am 24. Oktober 2003 geführt worden wären, hätte für den Prozessbevollmächtigten keine Veranlassung bestanden, dem Haftpflichtversicherer hierüber nichts zu berichten. Das dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 3. November 2003 zugegangene außergerichtliche Schreiben der Klägerin vom 31. Oktober 2003 stelle lediglich ein Angebot zur Aufnahme von Vergleichsverhandlungen dar, die aber erst am 25. November 2003 aufgenommen worden seien, indem die Bevollmächtigten der Parteien eine vergleichsweise Beilegung fernmündlich erörtert hätten. Der Hemmungstatbestand sei also mit dem 25. November 2003 begonnen und am 29. Januar 2004 beendet worden. Die Verjährung sei mithin nur für die Dauer von 2 Monaten und 5 Tagen gehemmt gewesen.

19

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

20

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage zu Recht wegen eingetretener Verjährung abgewiesen.

21

Es steht nicht im Streit, dass die im Vorprozess erhobene Teilklage nicht zur Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung für den von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch auf Ersatz eines weiteren Teilschadens geführt hat. Eine Teilklage unterbrach nach altem Recht (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.) die Verjährung nur in Höhe des eingeklagten Betrages, selbst wenn der Kläger den Anspruch insgesamt begründet hatte und sich die Geltendmachung des Restes vorbehielt. Dasselbe gilt nach neuem Recht für die durch eine Teilklage ausgelöste Verjährungshemmung gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB (BGH VersR 1984,391; KG VersR 2004, 482; Palandt/Heinrichs, 61. A. 2002, § 209 Rn. 14 mwN und 65. A. 2006, § 204 Rn. 16).

22

Das Landgericht hat zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ausgeführt, dass ein etwaiger deliktischer Anspruch verjährt wäre. Soweit im Verhältnis der Parteien auch ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung (Schadensereignis Februar 2001) in Betracht kommen würde, der nach früherem Verjährungsrecht der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. unterlag, greift die Verjährungseinrede der Beklagten aber ebenfalls durch.

23

Nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB gilt für den Fall, dass die Verjährungsfrist gemäß der Neufassung des BGB kürzer ist als diejenige nach der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, die kürzere Frist, die aber erst von dem 1. Januar 2002 an gerechnet wird. Das neue Recht sieht in § 195 BGB eine kurze regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren vor. Die Verjährung aus positiver Forderungsverletzung lief mithin am 31. Dezember 2004 ab. Im Übrigen ergibt sich aus Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 und 2 EGBGB, dass für Umstände nach dem 1. Januar 2002, die unter Berücksichtigung der Neufassung des Gesetzes eine Hemmung hervorrufen, eben diese Neufassung anzuwenden ist. Mithin ist hier für die zwischen den Parteien diskutierte Hemmung im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2003 in dem Vorprozess § 203 BGB n. F. heranzuziehen, der § 852 Abs. 2 BGB a. F. inhaltlich entspricht, diese frühere Norm aus dem Deliktsrecht allerdings zu einem allgemeinen Hemmungstatbestand erweitert. Schweben danach zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder über die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.

24

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH und allgemeiner Meinung in der Literatur bereits zu § 852 Abs. 2 BGB a. F., dass der Begriff der Verhandlungen weit auszulegen ist. Es genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, wenn nicht sofort erkennbar die Verhandlungen abgelehnt werden. Ausreichend sind Erklärungen, die den Gläubiger zu der Annahme berechtigen, der Schuldner lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein. In Abgrenzung dazu genügt allerdings nicht, wenn der Schuldner nur formularmäßig den Empfang der Anmeldung einer Forderung oder eines Regresses bestätigt (zu Letzterem OLG Stuttgart VersR 1971, 1178; MüKo zum BGB/Stein, 3. Aufl. 1997, § 852 Rn. 68; Palandt/ Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 203 Rn. 2).

25

Die Beklagte hat erstinstanzlich in der Klagerwiderung Verjährung eingewandt. Die Klägerin ist dem in der Replik mit ausführlicher Darstellung der Vorgänge seit der mündlichen Verhandlung im Vorprozess vom 24. Oktober 2003 entgegengetreten. Sie hat zunächst den Inhalt des Sitzungsprotokolls dieser mündlichen Verhandlung wiedergegeben. Sie hat dann vorgebracht, mit außergerichtlichem Schreiben vom 31. Oktober 2003 dem Bevollmächtigten der Beklagten mitgeteilt zu haben, dass die Klägerin sich auf Basis auf 50 % der Klagforderung vergleichen würde. Einen Tag vor Ablauf der gerichtlich gesetzten Frist zur Rückäußerung zum Vergleichsvorschlag am 20. November 2003 habe um 15.30 Uhr der Prozessbevollmächtigte der Beklagten angerufen, um über Vergleichsmodalitäten weiter zu verhandeln. Ausweislich eines Aktenvermerks der Mitarbeiterin des Bevollmächtigten der Klägerin sei dies dort schriftlich mit der Bitte um Rückruf festgehalten worden. Dieser Rückruf sei wegen eines Wochenendes erst am 25. November 2003 erfolgt. Dort habe der Bevollmächtigte der Klägerin dem Bevollmächtigten der Beklagten eine Erledigung auf der Basis von 25.000,00 € Zahlung angeboten. Es sei in diesem Telefonat über Vergleichsmöglichkeiten gesprochen worden und der Bevollmächtigte der Beklagten habe ausweislich des Aktenvermerks zurückrufen wollen. Nach einem weiteren Telefonat zwischen den Bevollmächtigten habe der Bevollmächtigte der Klägerin dann dem Gericht am 12. Dezember 2003 im Einverständnis mit dem Gegner mitgeteilt, dass über den Vergleich noch verhandelt werde.

26

In diesem Schreiben heißt es aber:

27

" In dem Rechtsstreit ... verhandeln die Parteien seit Zugang des Vergleichsvorschlags des Gerichts am 31. Oktober 2003 miteinander über die konkrete Höhe des zu leistenden Schadensersatzes."

28

Der Beklagtenvertreter habe sich dann seinerseits mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2003 an das Landgericht gewandt.

29

In diesem Schreiben heißt es:

30

" In Sachen ... wird Bezug genommen auf die bisherigen Erörterungen zur Frage der Haftung. Die Parteien haben zwischenzeitlich außergerichtlich Vergleichsgespräche aufgenommen, die jedoch noch nicht zu einem Abschluss gekommen sind. ..."

31

Unter Berücksichtigung dieses erstinstanzlichen Vortrags der Klägerin zur Frage des Vergleichs und den zitierten Anlagen aus dem Vorprozess (Protokoll vom 24. Oktober 2003 und Schriftsätze der Parteien vom 12. Dezember und 15. Dezember 2003) ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass Verjährung eingetreten ist, weil die Verhandlungen erst Ende November 2003 begonnen worden sind.

32

Weder aus dem Protokoll, noch aus den zitierten Schriftsätzen nach dem fraglichen Verhandlungstermin vor dem Landgericht Lübeck, noch aus dem Schreiben vom 11. März 2005 an den Haftpflichtversicherer, mit dem der Bevollmächtigte der Klägerin dem Verjährungseinwand des Versicherers entgegentritt (Bl. 13 f d.A.) und auch nicht aus dem erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin im vorliegenden Verfahren lässt sich nämlich entnehmen, dass die Parteivertreter tatsächlich bereits in der Sitzung vom 24. Oktober 2003 über die Vergleichsanregung des Landgerichts in dem o. g. Sinn verhandelt haben. Insoweit muss die Abgrenzung des Begriffs "Verhandlungen" von der bloßen Eingangsbestätigung bedacht werden, wie sie etwa eine Haftpflichtversicherung auf die Schadensanmeldung des Geschädigten abgibt, aber auch gelegentlich Rechtsanwälte, wenn von der Gegenseite erstmals ein Vorschlag zur vergleichsweisen Einigung gemacht und darauf in der Weise reagiert wird, dass der Eingang dieses Schreibens bestätigt und auf die Notwendigkeit der Rücksprache mit dem Mandanten verwiesen wird.

33

Liegt nur eine solche Eingangsbestätigung vor, dann kann aber noch nicht von einem Verhandeln zwischen den Parteien ausgegangen werden. Insoweit sind die Besonderheiten bei Einschaltung eines Rechtsanwalts zu beachten. Ist dem Rechtsanwalt eine Prozessvollmacht erteilt worden, hat er nach außen hin zwar das Recht, für die Partei auch über einen Vergleich zu verhandeln und einen solchen ggf. abzuschließen, § 78 ZPO. Andererseits ist er im Innenverhältnis stets gehalten, sich bei seinem Mandanten über die Frage, ob ein Vergleich abgeschlossen werden soll, aber auch ob Vergleichsgespräche geführt werden sollen, rückzuversichern. Schlägt das Gericht - das in jeder Lage des Verfahrens gehalten ist, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken, § 278 Abs.1 ZPO - einen Vergleich vor, so hat dies der Anwalt pflichtgemäß in seine Überlegungen einzubeziehen, muss aber bei etwaigen Vergleichsgesprächen stets in Absprache und mit Zustimmung des Mandanten handeln (Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl. 2003, Rn. 278 f. insbesondere 281; Borgmann u. a., Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, Rn. 116).

34

Vor diesem Hintergrund kann sich in einem Verhandlungstermin auch nach der Güteverhandlung durchaus die Situation ergeben, dass das Gericht von sich aus einen Vergleichsvorschlag oder wie hier eine noch nicht vollständig ausformulierte und noch nicht abschließend ziffernmäßig festgelegte Vergleichsanregung macht, der Anwalt diese aber nicht sofort umgehend ablehnt, sondern lediglich kommentarlos entgegennimmt, weil er bisher keine Gelegenheit gehabt hat, mit seinem Mandanten eine solche Vergleichsmöglichkeit vor dem Hintergrund der sonstigen Rechtsausführungen des Gerichts zu erörtern. Schweigt er also auf einen solchen Hinweis des Gerichts und verhandelt - wie hier - vielmehr streitig, liegt lediglich ein Fall vor, der der Situation vergleichbar ist, dass der Rechtsanwalt oder der Haftpflichtversicherer den Eingang einer Forderung oder eines Vergleichsvorschlags der Gegenseite formell bestätigt.

35

Im vorliegenden Fall war die Güteverhandlung im Termin vor dem 24. Oktober 2003 ausdrücklich gescheitert. Zwischenzeitlich war zwar ein Sachverständigengutachten eingeholt worden. Die dortigen Beklagten hatten dieses Gutachten aber in ihrer Stellungnahme dahin interpretiert, dass es an jedwedem Verschulden ihrerseits für den eingetretenen Schaden fehle, weil dort festgestellt werde, dass die vorhandene Verschraubung bereits unzulänglich montiert gewesen sei. Die Beklagten hatten zuvor darüber hinaus auch stets vorgetragen, dass ein Haftungsausschluss durch die AGB greife. Das Protokoll vom 24. Oktober 2003 lässt nicht erkennen, dass der Beklagtenvertreter von dieser Position dort abgewichen ist. Er hat vielmehr streitig verhandelt. Dazu bestand von seiner Seite auch deshalb Anlass, weil der Klägervertreter nach dem Protokollinhalt trotz der Vergleichsanregung des Gerichts darauf hingewiesen worden war, dass die Beklagtenseite Grund und Höhe des Anspruchs bestreite und insoweit noch nicht genügend Beweis angeboten sei. Das Protokoll lässt mithin in keiner Weise erkennen, dass seitens des Beklagtenvertreters mehr gemacht worden wäre, als die Vergleichsanregung kommentarlos entgegenzunehmen.

36

Insoweit ist auch zu bedenken, dass der Inhaber der Beklagten zu 1. (Beklagte auch des vorliegenden Verfahrens) und der dortige Beklagte zu 2. zwar persönlich in dem Termin anwesend waren, es jedoch in ihrem Innenverhältnis zu dem Haftpflichtversicherer maßgeblich auf dessen Einstellung zu einem Vergleich ankam, worauf gerade auch der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Rücksicht zu nehmen hatte, um die Mandanten nicht einer Obliegenheitsverletzung in ihrem Versicherungsverhältnis auszusetzen und den Versicherungsschutz in Frage zu stellen. Das Protokoll lässt aber auch nicht erkennen, dass sich der Vertreter der Klägerin zu der Vergleichsanregung in irgendeiner Weise geäußert hätte. Dieser hatte zu bedenken, dass zwar der Geschäftsführer der Klägerin anwesend war, diese sich aber in Liquidation befand und es deshalb maßgeblich für einen Vergleich auf den nicht anwesenden Liquidator ankam.

37

Gegenüber dem erstinstanzlichen Vortrag (und auch den vorprozessualen Ausführungen des Klägervertreters in seinem Schreiben an die A. vom 11. März 2005, Bl. 13 f d.A.) sind die Behauptungen der Berufungsbegründung zum Ablauf der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2003 gänzlich neu. Angesichts des Umstandes, dass die Verjährungsfrage und damit der Begriff der "Verhandlungen" anknüpfend an den Ablauf des Termins vom 24. Oktober 2003 zentraler Gegenstand der Erörterungen erster Instanz gewesen sind, hätte aller Anlass bestanden, seitens der Klägerin dort bereits das vorzutragen, was nunmehr in der Berufungsbegründung ausgeführt wird. Danach soll der Beklagtenvertreter nach der Vergleichsanregung des Landgerichts die Zahlung eines Betrages von 15.000,00 € als denkbar in den Raum gestellt haben und der Vertreter der Klägerin dies aufgegriffen und erklärt haben, es käme ein Betrag von 20.000,00 bis 25.000,00 € zur vergleichsweisen Erledigung der Gesamtangelegenheit in Frage, woraus sich eine wechselseitige Diskussion zwischen den Bevollmächtigten der Parteien ergeben habe.

38

Die auf diese Weise nunmehr behaupteten Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2003 sind von der Berufungserwiderung ausdrücklich streitig gestellt worden. Sie erscheinen in dieser Form nicht nur deshalb wenig plausibel, weil sich aus den Schriftsätzen der Parteivertreter des Vorprozesses vom 12. Dezember und 15. Dezember 2003 ausdrücklich ergibt, dass die Verhandlungen erst im Anschluss an den Zugang des Vergleichsvorschlags des Gerichts (nämlich des Protokolls vom 24. Oktober 2003) am 31. Oktober 2003 begonnen haben sollen, Bl. 58 f d.A. (entsprechend auch dargestellt in dem schon mehrfach zitierten Schriftsatz der Klägerin an die A.). Zudem zitiert der Beklagtenvertreter in der Berufungserwiderung seinen als solchen nicht streitigen Bericht über den Termin vom 24. Oktober 2003 an den für ihn maßgeblichen Haftpflichtversicherer vom 28. Oktober 2003, worin es ausdrücklich aber heißt, er - der Beklagtenvertreter - habe sich nicht zu dem Vergleichsvorschlag geäußert, "weil das Gutachten ja durchaus anders gewürdigt werden kann und der Schaden weiterhin der Höhe nach streitig ist".

39

Der genannte streitige Vortrag zweiter Instanz ist im übrigen verspätet und kann nach den §§ 529 Abs. 1 Ziff. 2, 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

40

Der Anspruch der Klägerin scheitert dann an der Verjährungseinrede. Die Verhandlungen sind frühestens am 20. November 2003 begonnen worden, denn auf das schriftliche Vergleichsangebot des Klägervertreters vom 31. Oktober 2003 hat der Beklagtenanwalt telefonisch erst am 20. November 2003 reagiert (Gesprächsnotiz der Kanzleimitarbeiterin des Klägeranwalts Bl. 57 d.A.), wobei das Gespräch zwischen den Anwälten erst am 25. November 2003 aufgenommen worden ist. Es kann offen bleiben, ob die Hemmung nun am 20. oder 25. November 2003 begann und ob sie mit Eingang des Schriftsatzes des Beklagten vom 29. Januar 2004 im Vorprozess am 30. Januar 2004 endete, oder erst mit Zustellung dieses Schriftsatzes am 3. Februar 2004. Es liegt jedenfalls eine Hemmung von weniger als drei Monaten vor, so dass angesichts des regulären Verjährungsablaufs am 31. Dezember 2004 der Mahnantrag am 5. April 2005 nicht mehr rechtzeitig eingereicht worden ist.

41

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO bestehen nicht.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.