Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 31. August 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – Az.: 16 O 372/01 – dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

2. Die Kosten des Rechtsstreits – einschließlich der Kosten der Nebenintervention – trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten und der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin beträgt 136.823,93 EUR.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Beklagte ist Facharzt für Gynäkologie und war in der Klinik W. als Belegarzt tätig. Er betreute die bei der Klägerin kranken- und pflegeversicherte Frau B. H. während deren Schwangerschaft. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz wegen eines Behandlungsfehlers in Anspruch.

Am 16. September 1989 begab sich Frau H. in ihrer 34. Schwangerschaftswoche wegen eines vorzeitigen Blasensprungs in die Klinik W.. Am 17. September um 16.35 Uhr kam mittels Spontangeburt ihr Sohn S. H. zur Welt, der unter einer deutlichen Entwicklungsverzögerung leidet und pflegebedürftig ist.

Frau H. wurde in der Klinik vom Beklagten und der Hebamme M. W. aufgenommen. Frau W. führte die Überwachung der Patientin bis zur Geburt durch. Im Berufungsverfahren hat ihr der Beklagte den Streit verkündet, sie ist daraufhin auf Seiten des Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten. Für den Zeitraum von der Aufnahme von Frau H. bis zur Geburt liegen drei CTG-Aufzeichnungen vor, die keine Hinweise auf einen kindlichen Sauerstoffmangel zeigen. Eine Aufzeichnung wurde nach der Aufnahme gefertigt, eine weitere in der Nacht, nachdem sich Frau H. um 2 Uhr mit Wehentätigkeit gemeldet hatte. Die dritte Aufzeichnung betrifft nach dem Vortrag der Klägerin entsprechend dem Computerausdruck den Zeitraum ab 0 Uhr und nach dem Vortrag des Beklagten entsprechend dem handschriftlichen Zusatz den Zeitraum ab 15.10 Uhr.

Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Erstattung von ihr für das Kind erbrachter Leistungen in der Zeit von 1992 bis 2001 in Höhe von insgesamt 72.021,35 DM (36.823,93 EUR) in Anspruch (siehe im einzelnen ihre Mahnschreiben vom 2. Februar 2001, Bl. 10, 11 d. A.). Außerdem begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die in Zukunft entstehenden Kosten aus fortlaufenden Leistungen aus der Kranken- und Pflegeversicherung für die Heilbehandlung des Kindes S. H. zu ersetzen, soweit diese auf seine Behandlung vom 16. bis 17. September 1989 zurückzuführen sind. Sie macht geltend, dass sich aus der fehlenden entsprechenden Dokumentation ergebe, dass das Kind nicht ausreichend auf eine Sauerstoffmangelversorgung überwacht worden sei und dass sein Gesundheitsschaden auf einen längerfristigen Sauerstoffmangel unter der Geburt zurückgeführt werden könne. Die Streithelferin behauptet, dass sie am 17. September 1989 in der Zeit von 5.34 Uhr bis 15.10 Uhr – also zwischen den CTG-Aufzeichnungen – in regelmäßigen Abständen die kindliche Herzfrequenz mittels eines Hörrohrs kontrolliert, sich dabei aber kein auffälliger Befund ergeben habe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, den Beklagten also zur Zahlung von 36.823,93 EUR nebst 8,42 % Zinsen seit dem 2. März 2001 verurteilt und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Aufgrund der fehlenden Dokumentation sei davon auszugehen, dass die Herzfrequenz des Kindes am 17. September 1989 zwischen 5.34 Uhr und 15.10 Uhr nicht überwacht worden sei. Das stelle einen groben Behandlungsfehler dar. Dass der Gesundheitsschaden des Kindes auf einen Sauerstoffmangel bei der Geburt zurückzuführen sei, liege zwar nicht nahe, sei aber auch nicht äußerst unwahrscheinlich.

Gegen das ihm am 13. September 2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 13. Oktober 2005 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Frist zu ihrer Begründung bis zum 14. Dezember 2005 mit Schriftsatz vom 24. November 2005 am 25. November 2005 begründet hat.

Der Beklagte und seine Streithelferin beantragen,

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 16 O 372/01 – vom 31. August 2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie auf die Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist gem. §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der gem. § 10 SGB V und § 25 SGB XI über seine Mutter bei ihr versicherte S. H. hat keinen Anspruch auf Ersatz der durch die Entwicklungsverzögerung und die Pflegebedürftigkeit entstandenen Schäden gegen den Beklagten; infolgedessen kann ein solcher Anspruch auch nicht gem. § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen sein. Die Ansprüche des Kindes ergeben sich weder wegen eines Behandlungsfehlers aus einer Verletzung des Behandlungsvertrages zwischen seiner Mutter und dem Beklagten – in dessen Schutzumfang das Kind einbezogen ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004, VI ZR 212/03, BGHZ 161, 255 = NJW 2005, 888, unter II. 1. d m. Nachw.) – noch wegen einer auf einer fehlerhaften Behandlung beruhenden Körper- und Gesundheitsverletzung aus § 823 Abs. 1 BGB (auf den Fall ist gem. Art. 229 §§ 5 und 8 EGBGB das BGB in der Fassung vor den Änderungen durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz und das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften anzuwenden). Zwar ist aufgrund unzureichender Dokumentation davon auszugehen, dass die Herzfrequenz des Kindes am 17. September 1989 zwischen 5.35 Uhr und 15.10 Uhr nicht überwacht wurde (I.). Der Senat unterstellt auch zugunsten der Klägerin, dass die unterbliebene Überwachung einen groben Fehler in der Befunderhebung darstellt (II.). Gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesundheitsschaden des Kindes, aus dem die Klägerin ihre Ansprüche herleitet, auf den Fehler zurückzuführen ist (III.).

I.

1. Aus der vorliegenden Dokumentation folgt, dass die Herzfrequenz des Kindes von der Aufnahme bis zur Geburt dreimal mittels CTG überwacht wurde, nämlich unmittelbar nach der Aufnahme ab 21.15 Uhr für 38 Minuten, von 3.01 Uhr bis 3.23 Uhr und von 5.24 Uhr bis 5.35 Uhr und ab 15.10 Uhr bis zur Geburt. Zu Unrecht will die Klägerin der Dokumentation demgegenüber entnehmen, dass die vom Beklagten dem Zeitraum unmittelbar vor der Geburt zugeordnete Aufzeichnung tatsächlich ab 0.00 Uhr gefertigt worden sei. Die zeitliche Zuordnung ergibt sich insoweit aus dem handschriftlichen Eintrag der Streithelferin. Anhaltspunkte dafür, dass die Dokumentation insoweit nachträglich verändert oder gar gefälscht wurde, gibt es nicht. Zwar beginnt die Aufzeichnung dem Computerausdruck zufolge um 0 Uhr. Dies hat der Beklagte indes damit erklärt, dass die Stromzufuhr zum Gerät beim Verbringen in den Kreißsaal unterbrochen worden sei und dass sich das Gerät bei Unterbrechung der Stromzufuhr automatisch auf 0 Uhr stelle und dann manuell die richtige Uhrzeit eingestellt werden müsse, was hier unterblieben sei. Dem CTG-Streifen lässt sich entnehmen, dass die Aufzeichnung gut eine Stunde und 25 Minuten dauerte und nicht eine Stunde und 30 Minuten, wie der Beklagte zunächst vorgetragen hatte; danach erfolgte die Messung also keineswegs über den Zeitpunkt der Geburt hinaus. Zwar findet sich in der Krankenakte zum Geburtsverlauf für 2 Uhr der Eintrag „CTG o. B.“. Daraus folgt aber nicht, dass es vor oder um 2 Uhr eine weitere Aufzeichnung gegeben haben muss. Vielmehr bezieht sich der Eintrag ersichtlich auf die ab 3.01 Uhr vorgenommene Aufzeichnung, ohne dass insoweit eine genaue zeitliche Zuordnung erfolgte. Der zeitlich nächste Eintrag findet sich nach 2 Uhr nämlich erst wieder für 9 Uhr. Dass der Klägerin vorprozessual eine Ablichtung des CTG-Streifens ohne den handschriftlichen Zusatz übermittelt wurde, lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass bei der Anfertigung der Kopie der sich am Rand befindende Zusatz nicht mit abgelichtet wurde. Das ist auch bei einer der sich bei den Gerichtsakten befindlichen Ablichtungen der Fall.

2. Das Landgericht hat festgestellt, dass aus medizinischen Gründen eine Dokumentation des Geburtsfortschritts und der einzelnen Überwachungsmaßnahmen, namentlich der Überwachung der Herzfrequenz auch in der Zeit von 5.34 Uhr bis 15.10 Uhr, geboten war (S. 8 des Urteils, Bl. 199 d. A.). Die Richtigkeit dieser Feststellung unterliegt keinen Zweifeln. Schon im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. T. vom 27. Dezember 2002 ist von einer fehlenden Dokumentation die Rede, die den betreuenden Geburtshelfern vorzuhalten sei und einen Fehler darstelle (S. 13, 14, 16, Bl. 57, 58, 60 d. A.). Im Ergänzungsgutachten heißt es, dass die Unterlassung der Dokumentation einen einfachen Behandlungsfehler begründe (S. 3, Bl. 163 d. A.). Bei seiner Anhörung im Termin vom 22. Juli 2005 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Schwangere und das Kind im fraglichen Zeitraum zu überwachen und die erhobenen Befunde „selbstverständlich“ nach medizinischen Regeln auch zu dokumentieren waren (S. 2 des Protokolls, Bl. 185 d. A.). Aus diesen Ausführungen hat das Landgericht zu Recht die Überzeugung gewonnen, dass die Dokumentation der Überwachung der Herzfrequenz des Kindes medizinisch geboten war. Soweit der Sachverständige auf S. 11 des Gutachtens vom 27. Dezember 2002 (Bl. 55 d. A.) auf eine „eben noch ausreichende Dokumentation“ Bezug nimmt, ist das im Hinblick auf seine folgenden Ausführungen dahingehend zu verstehen, dass die Dokumentation insoweit noch ausreichend ist, als sie ihm seine dort abgegeben Einschätzung erlaubt, dass die Geburtsleitung insgesamt nicht zu beanstanden sei.

3. Das Unterlassen einer medizinisch gebotenen Dokumentation begründet zwar keine Haftpflicht des Arztes, es indiziert aber, dass die nicht dokumentierte Maßnahme unterblieben ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1999, VI ZR 290/98, NJW 1999, 3408, unter II. 2. b; BGH, Urteil vom 14. Februar 1995, VI ZR 272/93, BGHZ 129, 6 = NJW 1995, 1611, unter II. 2. a; BGH, Urteil vom 23. März 1993, VI ZR 26/92, NJW 1993, 2375 = VersR 1993, 836, unter II. 1. a und d; BGH, Urteil vom 24. Januar 1989, VI ZR 179/88, NJW 1989, 2330, unter II. 1.). Nach diesem Grundsatz ist hier davon auszugehen, dass die Herzfrequenz des Kindes in der Zeit von 5.35 Uhr und 15.10 Uhr nicht überwacht wurde. Allerdings steht der Behandlungsseite der Beweis, dass eine aus medizinischer Sicht zu dokumentierende Maßnahme trotz fehlender Dokumentation ergriffen wurde, offen (BGH, Urteil vom 14. Februar 1995, a. a. O., unter II. 2. a bb). Die Streithelferin hat insoweit vorgetragen, dass sie die Herzfrequenz zwischen 5.34 Uhr und 15.10 Uhr in regelmäßigen Abständen unter Einsatz eines Hörrohrs kontrolliert habe, und zwar ohne Befund; zum Beweis für die Richtigkeit dieses Vortrags hat sie ihre Vernehmung beantragt. Dieser Vortrag und Beweisantritt hatte indes unberücksichtigt zu bleiben, weil er im Berufungsverfahren neu ist und ein Grund für seine Zulassung (§ 531 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegt. Richtig ist zwar, dass die Streithelferin dazu im erstinstanzlichen Verfahren nicht vortragen und Beweis antreten konnte, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht am Verfahren beteiligt war. Darauf kommt es aber nicht an. Der Streithelfer hat den Rechtsstreit in der Lage anzunehmen, in der er sich befindet (§ 67 ZPO). Er muss deshalb für die von ihm unterstützte Partei eingetretene Präklusionslagen – etwa gem. §§ 529, 531 ZPO – hinnehmen (Zöller/Vollkommer, Rdnr. 8 zu § 67 ZPO; KG, KGR 2004, 220, unter 3.). Maßgeblich ist mithin, ob hinsichtlich des Beklagten ein Grund für die Zulassung des neuen Vortrags und Beweisantritts gegeben ist. Ein solcher Grund ist indes weder ersichtlich noch vom Beklagten oder der Streithelferin aufgezeigt worden.

II.

Das Landgericht hat das Unterlassen der Überwachung der Herzfrequenz in der Zeit von 5.34 Uhr bis 15.10 Uhr als grob fehlerhaft erachtet. Diese Beurteilung legt auch der Senat seiner Entscheidung zugrunde, auch wenn er insoweit Zweifel hegt, die eigene Feststellungen erforderten, wenn die Frage entscheidungserheblich wäre. Der Sachverständige Prof. Dr. T. hat sich mit der Bewertung des Fehlers ersichtlich schwer getan. Er hat sie zunächst von der Stärke der Wehentätigkeit abhängig gemacht (S. 3 f. des Ergänzungsgutachtens, Bl. 163 f. d. A.). Im Termin vom 22. Juli 2005 hat er schließlich die Einschätzung abgegeben, dass aus der Summe der Unterlassungen zu schlussfolgern sei, dass ein schwerer Behandlungsfehler vorliege (S. 3 des Protokolls, Bl. 186 d. A.). Für den Senat ist nach den protokollierten Angaben des Sachverständigen nicht klar erkennbar, ob diese Einschätzung von der Stärke der Wehentätigkeit unabhängig sein sollte oder ob der Sachverständige – ggf. aufgrund des Fehlens einer entsprechenden medizinisch gebotenen Dokumentation – von einer mehr als nur moderaten Wehentätigkeit ausgehen und deshalb einen groben Fehler annehmen wollte. Außerdem ist nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ganz auszuschließen, dass in seine Bewertung mit eingeflossen ist, dass er die Dokumentation für grob mangelhaft erachtete (vgl. S. 3 des Ergänzungsgutachtens und S. 3 des Terminsprotokolls, Bl. 163, 186 d. A.). Die Dokumentation ist indes keine Behandlung. Dokumentationsfehler begründen deshalb ungeachtet ihres Ausmaßes keinen Behandlungsfehler, sondern können einen solchen nur indizieren, dessen Schwere sodann unabhängig von der Dokumentation zu beurteilen ist. Diesen aus Sicht des Senats verbleibenden Unklarheiten wäre durch eine ergänzende Befragung des Sachverständigen nachzugehen gewesen, wenn es auf die Schwere des Befunderhebungsfehlers ankäme.

III .

Selbst wenn indes der Entscheidung zugrunde gelegt wird, dass dem Beklagten durch das Unterlassen zu erhebender Befunde ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesundheitsschaden des Kindes auf den Behandlungsfehler zurückzuführen ist.

1. Dass der Fehler des Beklagten ursächlich für den Gesundheitsschaden des Kindes ist, lässt sich nicht feststellen. Worauf der Schaden beruht, ist unklar. Nach den unangegriffenen und keinen Zweifeln unterliegenden Feststellungen des Landgerichts sind behandlungsunabhängige Schadensursachen wahrscheinlicher als die Kausalität einer fehlerhaften Behandlung (S. 9, 10 des Urteils, Bl. 200, 201 d. A.).

2. Beweiserleichterungen kommen der Klägerin im Ergebnis nicht zugute.

a) Allerdings kehrt sich bei einem groben Behandlungsfehler die Beweislast zwischen Fehler und geklagtem Gesundheitsschaden um, beweisbelastet ist also der Arzt, wenn der Fehler grundsätzlich geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen, es sei denn, dass ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist, was der Arzt zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 27. April 2004, VI ZR 34/03, BGHZ 159, 48 = NJW 2004, 2011, unter II. 2.; BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, NJW 2005, 427, unter II. 3. a, jew. m. Nachw.). Hier steht freilich (zunächst) kein eigentlicher Behandlungsfehler in Frage, sondern ein Fehler in der Befunderhebung. Dem Beklagten ist vorzuwerfen, dass er die Überwachung der Herzfrequenz unterlassen hat, es also unterlassen hat, zur Herzfrequenz einen Befund zu erheben, der ihm möglicherweise Anlass zu Behandlungsmaßnahmen, namentlich einer früheren Entbindung, gegeben hätte. Der einfache Befunderhebungsfehler führt zunächst nur zu der Beweiserleichterung, dass von einem reaktionspflichtigem Befund auszugehen ist, wenn dessen Auffinden durch die gebotene, aber unterlassene Befunderhebung hinreichend wahrscheinlich ist; zur Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität zwischen Fehler und Gesundheitsschaden kommt es nur, wenn sich die unterlassene Reaktion auf den hinreichend wahrscheinlich festzustellenden Befund als grob fehlerhaft darstellt (BGH, Urteil vom 27. April 2004, a. a. O., unter II. 2. f; BGH, Urteil vom 23. März 2004, VI ZR 428/02, NJW 2004, 1871, unter II. 2. b; BGH, Urteil vom 6. Juli 1999, a. a. O., unter II. 3. b aa; BGH, Urteil vom 13. Januar 1998, VI ZR 242/96, BGHZ 138, 1 = NJW 1998, 1780, unter II. 2. und 3.). Hier ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass eine Überwachung der Herzfrequenz auch zwischen 5.35 Uhr und 15.10 Uhr zu einem reaktionspflichtigem Befund geführt hätte, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass gerade in diesem Zeitraum die Herzfrequenz abnahm und sich sodann bis vor der Geburt wieder normalisierte. Ein einfacher Befunderhebungsfehler hätte hier mithin im Ergebnis keine Beweiserleichterungen für die Klägerin zur Folge. Allerdings legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde, dass dem Beklagten ein grober Fehler in der Befunderhebung unterlaufen ist. Bei einem groben Befunderhebungsfehler gelten aber die gleichen Beweiserleichterungen wie bei einem groben Behandlungsfehler (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1998, a. a. O., unter II. 1. b; BGH, Urteil vom 27. Januar 1998, VI ZR 339/96, NJW 1998, 1782, unter II. 2.; BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994, VI ZR 205/93, NJW 1995, 778, unter II. 1. a; BGH, Urteil vom 28. Juni 1988, VI ZR 217/87, NJW 1988, 2949, unter II. 2. und 3.). Das bedeutet nach den oben aufgeführten Grundsätzen, dass von einem reaktionspflichtigen Ergebnis der Befunderhebung nicht erst dann auszugehen ist, wenn dies hinreichend wahrscheinlich ist, sondern bereits dann, wenn die Befunderhebung grundsätzlich geeignet war, einen Befund aufzudecken, der ein Eingreifen ermöglicht und den Gesundheitsschaden dadurch vermieden hätte, soweit ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang nicht äußerst unwahrscheinlich ist.

b) Zwar war die unterlassene Befunderhebung – Überwachung der Herzfrequenz – grundsätzlich geeignet, einen Befund aufzudecken, der ein Eingreifen ermöglicht und den Gesundheitsschaden des Kindes womöglich vermieden hätte. Über die Herzfrequenz lässt sich eine Sauerstoffunterversorgung des Kindes feststellen, die zu Entwicklungsverzögerungen führen und der durch eine sofortige Entbindung begegnet werden kann.

c) Der Senat ist aber aufgrund des Ergebnisses der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass der Gesundheitsschaden des Kindes auf einer Sauerstoffunterversorgung kurz vor der Geburt, und damit auf dem Behandlungsfehler, der dem Beklagten anzulasten ist, beruht. Schon der Sachverständige Prof. Dr. T. hat ausgeführt, dass es zwar nicht gänzlich ausgeschlossen sei, dass es während der Überwachungslücke zu einer Sauerstoffminderversorgung des Kindes gekommen ist, die sich bis zur Geburt wieder normalisiert hat, dass es für ein solches Geschehen aber keine Hinweise gebe (S. 12 des Gutachtens vom 27. Dezember 2002, Bl. 56 d. A.). Dem hat sich der Sachverständige Prof. Dr. G. angeschlossen (S. 4 der Gutachtenergänzung vom 16. August 2004, Bl. 146 d. A.). Prof. Dr. G. hat außerdem ausgeführt, dass das beim Kind vorhandene Schädigungsbild keine Charakteristika einer geburtsassoziierten Hirnschädigung aufweise und dass sich auch aus der postpartalen Entwicklung keine Hinweise für eine Sauerstoffmangelsituation im Zuge der Geburt ergäben (S. 15 des Gutachtens vom 1. Dezember 2003 und S. 3 der Gutachtenergänzung vom 16. August 2004, Bl. 107, 145 d. A.). Bei dieser Sachlage hält er es zwar aus akademisch-theoretischer bzw. logischer Sicht für möglich, dass der Gesundheitsschaden auf einer Sauerstoffmangelsituation unter der Geburt beruht, aber für sehr unwahrscheinlich (S. 16 des Gutachtens vom 1. Dezember 2003 und S. 2, 4 der Gutachtenergänzung vom 16. August 2004, Bl. 109, 144, 146 d. A.). Unter der Vielzahl der möglichen Ursachen komme die Sauerstoffmangelsituation unter der Geburt ebenso in Betracht wie beispielsweise eine niedrige Blutdruckphase der Mutter drei Wochen vor der Geburt während des Schlafs (vgl. S. 15 f. des Gutachtens vom 1. Dezember 2003 und S. 3 f. der Gutachtenergänzung vom 16. August 2004, Bl. 108 f., 145 f. d. A.).

Danach hat der Senat keine Zweifel daran, dass hier ein Fall vorliegt, in dem die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers – nämlich der Unterlassung der Überwachung der Herzfrequenz, die geeignet gewesen wäre, eine Sauerstoffunterversorgung aufzudecken – für den Gesundheitsschaden als äußerst unwahrscheinlich zu bewerten ist. Eine Sauerstoffunterversorgung unter der Geburt ist nur eine von vielen möglichen Ursachen für den Gesundheitsschaden. Irgendwelche Anhaltspunkte, die die Annahme begründen könnten, dass ein Sauerstoffmangel eine wahrscheinlichere Ursache ist als andere in Betracht kommende Ursachen, gibt es nicht. Damit hat aber der Behandlungsfehler das Spektrum der für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allenfalls in unerheblicher Weise verbreitert oder verschoben. Diese Verbreiterung oder Verschiebung ist indes der Grund für die Beweislastumkehr (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994, a. a. O., unter II. 2. c; BGH, Urteil vom 28. Juni 1988, a. a. O., unter II. 2. d). Der Senat hält im vorliegenden Fall die Umkehr der Beweislast nicht für gerechtfertigt, weil es zu unwahrscheinlich ist, dass der Gesundheitsschaden des Kindes, mit dem die Klägerin ihre Ansprüche begründet, auf dem Behandlungsfehler beruht.

d) Eine weitere Beweisaufnahme war nicht veranlasst. Die Ausführungen des Sach-verständigen Prof. Dr. G. sind ohne weiteres nachvollziehbar und eindeutig. Der Senat sieht nicht, dass von einer erneuten Nachfrage oder einer Anhörung des Sachverständigen irgendeine weitere Aufklärung zu erwarten ist. Die Frage, ob die Kausalität so unwahrscheinlich ist, dass keine Beweislastumkehr gerechtfertigt ist, ist nicht vom Sachverständigen zu beantworten, sondern vom Senat zu entscheiden. Die mündliche Erläuterung des Gutachtens hat die Klägerin nicht beantragt (§§ 397, 402 ZPO), sondern lediglich die erneute Anhörung des Sachverständigen angeregt. Ein Antrag auf mündliche Erläuterung des Sachverständigen Prof. Dr. G. wäre auch gem. § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen gewesen. Der Antrag ist ein Angriffs- und Verteidigungsmittel (BGH, Urteil vom 8. Juni 2004, VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254 = NJW 2004, 2828, unter II. 2. c bb m. Nachw.). Ein erstmals im Termin vor dem Senat gestellter Antrag wäre im Berufungsverfahren neu gewesen. Zwar hat die Klägerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 19. März 2004 (Bl. 134 f. d. A.) die Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. G. zur Erläuterung des Gutachtens beantragt. Dieser Antrag erfolgte indes im Hinblick auf die (erste) kurze Gutachtenergänzung vom 24. Februar 2004 (Bl. 124 f. d. A.). Das Landgericht hat den Antrag zum Anlass genommen, den Sachverständigen um ergänzende Stellungnahme zu bitten (Beschluss vom 22. Juli 2004, Bl. 137 d. A.). Daraufhin legte der Sachverständige die Gutachtenergänzung vom 16. August 2004 (Bl. 143 ff. d. A.) vor. Danach forderte das Landgericht die Parteien mit Beschluss vom 18. August 2004 (Bl. 148 d. A.) unter Fristsetzung auf, etwaige Einwendungen gegen das Gutachten vorzubringen und ggf. die mündliche Erläuterung des Gutachtens zu beantragen. Die Klägerin hat in der Folge weder das Gutachten oder dessen Ergänzungen angegriffen, noch ist sie auf ihren Antrag auf Ladung des Sach-verständigen Prof. Dr. G. zur mündlichen Erläuterung zurückgekommen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass sich aus Sicht der Klägerin ihr früherer Antrag auf Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. G. durch die Gutachtenergänzung vom 16. August 2004 erledigt hatte. Ein Grund für die Zulassung eines mithin im Berufungsverfahren neuen Antrags der Klägerin auf mündliche Erläuterung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G. ist weder ersichtlich noch von der Klägerin aufgezeigt worden. Bedurfte das Gutachten aus Sicht der Klägerin auch nach der zweiten Ergänzung noch der mündlichen Erläuterung, so hätte sie die Ladung des Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren beantragen können und müssen. Wie bereits ausgeführt sieht der Senat einen Erläuterungsbedarf jedenfalls nicht.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Ausspruch zur durch die Entscheidung begründeten Beschwer erfolgt im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen (vgl. § 543 ZPO) nicht zuzulassen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 67 Rechtsstellung des Nebenintervenienten


Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 25 Familienversicherung


(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,2. nicht nach § 20 Abs

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 08. Nov. 2006 - 1 U 582/05 - 203 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 08. Nov. 2006 - 1 U 582/05 - 203 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2004 - VI ZR 212/03

bei uns veröffentlicht am 07.12.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 212/03 Verkündet am: 7. Dezember 2004 Böhringer-Mangold Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2004 - VI ZR 230/03

bei uns veröffentlicht am 08.06.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 230/03 Verkündet am: 8. Juni 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 23. März 2004 - VI ZR 428/02

bei uns veröffentlicht am 23.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 428/02 Verkündet am: 23. März 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Apr. 2004 - VI ZR 34/03

bei uns veröffentlicht am 27.04.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 34/03 Verkündet am: 27. April 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Nov. 2004 - VI ZR 328/03

bei uns veröffentlicht am 16.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 328/03 Verkündet am: 16. November 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen

1.
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2.
nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 oder nicht freiwillig versichert sind,
3.
nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht,
4.
nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und
5.
kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen), die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, wird das zuletzt erzielte monatliche Arbeitsentgelt für die der Auszahlung der Entlassungsentschädigung folgenden Monate bis zu dem Monat berücksichtigt, in dem im Fall der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Höhe der gezahlten Entlassungsentschädigung erreicht worden wäre; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des Vierten Buches in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
Eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 ist nicht deshalb anzunehmen, weil eine Versicherung nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890, 1891) besteht. Ehegatten und Lebenspartner sind für die Dauer der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nicht versichert, wenn sie zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren.

(2) Kinder sind versichert

1.
bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres,
2.
bis zur Vollendung des dreiundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind,
3.
bis zur Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das fünfundzwanzigste Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten; wird als Berufsausbildung ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossen, besteht die Versicherung bis zum Ablauf des Semesters fort, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend,
4.
ohne Altersgrenze, wenn sie als Menschen mit Behinderungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind innerhalb der Altersgrenzen nach den Nummern 1, 2 oder 3 familienversichert war oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen war.

(3) Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

(4) Als Kinder im Sinne der Absätze 1 bis 3 gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches). Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder im Sinne des Satzes 1 sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

(5) Sind die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 4 mehrfach erfüllt, wählt das Mitglied die Krankenkasse.

(6) Das Mitglied hat die nach den Absätzen 1 bis 4 Versicherten mit den für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben sowie die Änderung dieser Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldung nach Satz 1 ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke fest.

(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen

1.
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2.
nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 oder 11 oder nach § 20 Abs. 3 versicherungspflichtig sind,
3.
nicht nach § 22 von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 23 in der privaten Pflegeversicherung pflichtversichert sind,
4.
nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und
5.
kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches, überschreitet; bei Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen), die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, wird das zuletzt erzielte monatliche Arbeitsentgelt für die der Auszahlung der Entlassungsentschädigung folgenden Monate bis zu dem Monat berücksichtigt, in dem im Fall der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Höhe der gezahlten Entlassungsentschädigung erreicht worden wäre; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des Vierten Buches in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
§ 7 Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte sowie § 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gelten entsprechend.

(2) Kinder sind versichert:

1.
bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres,
2.
bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind,
3.
bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten; wird als Berufsausbildung ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossen, besteht die Versicherung bis zum Ablauf des Semesters fort, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gilt entsprechend,
4.
ohne Altersgrenze, wenn sie wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung (§ 2 Abs. 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung (§ 2 Abs. 1 des Neunten Buches) zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind innerhalb der Altersgrenzen nach den Nummern 1, 2 oder 3 familienversichert war oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen war.
§ 10 Abs. 4 und 5 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(3) Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nach § 22 von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 23 in der privaten Pflegeversicherung pflichtversichert ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach dem Fünften Buch übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

(4) Die Versicherung nach Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 bleibt bei Personen, die auf Grund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst oder die Dienstleistungen oder Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes leisten, für die Dauer des Dienstes bestehen. Dies gilt auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 212/03 Verkündet am:
7. Dezember 2004
Böhringer-Mangold
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Haftung des Betreibers eines Geburtshauses, in dessen Prospekt neben der
Betreuung durch Hebammen auch ärztliche Leistungen in Aussicht gestellt werden.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 212/03 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 2 zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der am 5. Januar 1997 geborene Kläger begehrt u.a. von der Beklagten zu 2 (nachfolgend: die Beklagte) Schadensersatz wegen fehlerhafter Geburtshilfe. Die Beklagte ist Hebamme und betreibt ein Geburtshaus.
Die Schwangerschaft der Mutter des Klägers war zunächst von dem niedergelassenen Gynäkologen Dr. P., dem früheren Beklagten zu 1, betreut worden. Am 26. November 1996 stellte dieser einen Einweisungsschein "zur Verordnung von Krankenhausbehandlungen" aus, mit dem die Mutter des Klägers sich am selben Tage in dem Geburtshaus der Beklagten anmeldete. In dem Prospekt, den die Beklagte den Eltern des Klägers aushändigte, heißt es u.a.: "... Schwangere, die eine unkomplizierte Geburt erwarten, haben alle Freiheiten zur Selbstbestimmung des Geburtsvorganges. Andererseits haben sie aber auch die Gewißheit, daß alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen für eventuelle Risikofälle bereitgehalten werden. ... ... Auch bei allen Alternativen werden keinesfalls die Sicherheit oder ärztliche Betreuung außer acht gelassen: ein Team von erfahrenen Hebammen ... wird ergänzt durch ortsansässige und schnell verfügbare Gynäkologen, Anästhesisten und Kinderärzte. Unmittelbare Notfälle (Kaiserschnitt, Nachgeburtsretension, Dammrisse) können in hauseigenen OP-Räumen behandelt werden." In dem von der Mutter des Klägers unterzeichneten Anmeldeformular zur ambulanten Geburt sind als betreuende Hebamme die Beklagte und als die Geburt betreuender Arzt der frühere Beklagte zu 1 eingetragen. Am 5. Januar 1997 begab sich die Mutter des Klägers nach vorheriger Ankündigung seitens des früheren Beklagten zu 1 um 12.30 Uhr in das Geburtshaus der Beklagten und wurde dort von dieser betreut. Nach dem Abgang von grünem Fruchtwasser gab der telefonisch verständigte Dr. P. der Beklagten um 13.40 Uhr die Anweisung, die Patientin nicht zu verlegen. Um 15.00 Uhr erschien er im Geburtshaus und untersuchte sie. Um 17.45 Uhr ordnete er an,
den Kläger vaginal-operativ mit Vakuumextraktion zu entwickeln und begann um 18.05 Uhr mit der Extraktion. Nach 65 Minuten wurde der Kläger geboren. Er ist körperlich und geistig schwerstbehindert. Dr. P. hatte für eine Tätigkeit als Geburtshelfer keine Haftpflichtversicherung. Während des Rechtsstreits ist über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger, der seine Schädigung auch der Beklagen anlastet, verlangt von dieser als Gesamtschuldnerin mit Dr. P. die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 255.646 € nebst Zinsen sowie die Feststellung ihrer gesamtschuldnerischen Ersatzpflicht für alle in der Vergangenheit entstandenen und künftig entstehenden materiellen sowie für alle künftigen immateriellen Schäden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Das Landgericht hat der gegenüber dem früheren Beklagten zu 1 auf Feststellung zur Insolvenztabelle umgestellten Klage durch inzwischen rechtskräftiges Teilversäumnisurteil unter Bemessung des Schmerzensgeldes auf 260.000 € nebst Zinsen stattgegeben, aber die Klage gegen die Beklagte, deren als Anästhesist im Geburtshaus tätigen Ehemann – den früheren Beklagten zu 3 – und eine weitere Hebamme – frühere Beklagte zu 4 – abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat lediglich hinsichtlich der früheren Beklagten zu 2 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dem Kläger stehe gegen die Beklagte weder aus §§ 823 Abs. 1, 847 BGB (a.F.) noch aus Schlechterfüllung des Behandlungsvertrags ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Zwar sei die ärztliche Geburtsleitung grob fehlerhaft gewesen. Das Fehlverhalten von Dr. P. sei der Beklagten jedoch nicht zuzurechnen. Einer Hebamme obliege im Geburtshaus ebenso wie in einem Krankenhaus die selbständige Betreuung und Leitung nur einer komplikationslosen Geburt. Das Behandeln regelwidriger Vorgänge sei einem Arzt vorbehalten. Damit sei die Hebamme dem Arzt grundsätzlich untergeordnet und dessen Gehilfin, sobald der Arzt die Behandlung übernommen habe. Von diesem Zeitpunkt an treffe ihn die vertragliche und deliktische Verantwortung, während für die Hebamme eine solche Verantwortlichkeit grundsätzlich entfalle, solange sie sich weisungsgemäß verhalte. Dr. P. habe spätestens mit seinem Erscheinen im Geburtshaus die Geburtsleitung übernommen. Die Hebamme müsse und dürfe allenfalls in ganz außergewöhnlichen Situationen in die ärztliche Geburtsleitung eingreifen. Auch wenn der grob fehlerhafte Einsatz der Saugglocke durch den früheren Beklagten zu 1 von dem gerichtlichen Sachverständigen als das "Reißen eines Verrückten über 65 Minuten" bezeichnet worden sei, sei nicht festzustellen, daß die Beklagte die fundamentale Falschplanung der Geburt durch Dr. P. erkannt habe. Die Beklagte treffe ferner kein Aufklärungsversäumnis. Selbst wenn sie gewußt haben sollte, daß Dr. P. keine Berufshaftpflichtversicherung für die Ent-
bindung gehabt habe, sei es nicht ihre Pflicht gewesen, der Patientin die Vermögens - und Haftpflichtsituation des geburtsleitenden Arztes mitzuteilen.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht ausgeschlossen werden. 1. Das Berufungsgericht verneint Ansprüche der Mutter des Klägers aus Schlechterfüllung des Behandlungsvertrags, geht also ersichtlich vom Abschluß eines solchen Vertrags zwischen der Patientin und der Beklagten aus. Über dessen Inhalt hat es jedoch keinerlei Feststellungen getroffen und auch in rechtlicher Hinsicht nicht ausgeführt, weshalb eine Vertragsverletzung nicht vorliege. Vielmehr hat es sich auf eine deliktische Würdigung der Tätigkeit der Beklagten als Hebamme beschränkt, obwohl auf der Hand liegt, daß sie als Betreiberin des Geburtshauses auch vertragliche Pflichten gegenüber der von ihr aufgenommenen Patientin treffen können. Der Umfang dieser Pflichten kann vom Revisionsgericht mangels tatsächlicher Feststellungen über den Inhalt des Behandlungsvertrags nicht abschließend beurteilt werden. Diese Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen und dabei neben dem Inhalt des Prospekts auch den Text des Anmeldeformulars und eventuelle mündliche Absprachen zwischen der Beklagten und der Mutter des Klägers zu berücksichtigen haben. Der von der Revision in Bezug genommene Prospekt weist jedenfalls darauf hin, daß der Beklagten als Betreiberin des Geburtshauses eigene Pflichten zur Organisation oblagen, die über die Pflichten einer bei der Geburt tätigen Hebamme hinausgehen und möglicherweise dazu führen könnten, das
Fehlverhalten des Dr. P. bei der Entbindung der Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen. Dafür sprechen im vorliegenden Fall mehrere Anhaltspunkte, die das Berufungsgericht bisher nicht berücksichtigt hat. So hat es nicht geprüft, ob bei einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. Senatsurteil BGHZ 109, 19, 22; ebenso BGHZ 131, 136, 138; 152, 153, 156; Urteil vom 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02 - z.V.b.), die auch den Vertragszweck gebührend berücksichtigt, der zwischen der Mutter des Klägers und der Beklagten abgeschlossene Vertrag alle medizinisch erforderlichen Maßnahmen der Geburtshilfe einschließlich des ärztlichen Beistandes und gegebenenfalls einer erforderlichen Verlegung der Patientin in eine Klinik umfaßte. Die Angaben im Prospekt legen die Annahme nahe, daß die Patientin bei Aufnahme in ein Geburtshaus ähnlich wie bei der Aufnahme in ein Krankenhaus eine umfassende Unterstützung bei der Geburt unter Berücksichtigung aller nach dem medizinischen Standard gebotenen Maßnahmen erwarten und davon ausgehen durfte, der Betreiber des Geburtshauses treffe die hierfür erforderlichen organisatorischen Maßnahmen und werde insbesondere die erforderlichen Räume, Instrumente und Apparate vorhalten sowie das benötigte Personal bereitstellen. Im Prospekt heißt es nämlich, daß das Team der Hebammen durch rasch verfügbare Ärzte ergänzt und unmittelbare Notfälle in hausei genen Operationsräumen behandelt werden könnten. Sind diese Angaben Vertragsinhalt geworden, was das Revisionsgericht nicht selbst feststellen kann, könnte die Mutter des Klägers sie dahin verstanden haben, daß auch eine etwa erforderliche Tätigkeit von Ärzten von Seiten des Geburtshauses gewährleistet w erde. Bei einem solchen Verständnis des Behandlungsvertrags könnte Dr. P. als Erfüllungsgehilfe der Beklagten - in ihrer Eigenschaft als Betreiberin des Geburtshauses - anzusehen sein (§ 278 BGB).

a) Dem stünde nicht entgegen, daß die Mutter des Klägers bereits vor Aufnahme in das Geburtshaus von Dr. P. behandelt worden war. Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist jeder, der nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles und mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Es kommt nicht darauf an, welche rechtliche Beziehung zwischen dem Schuldner und seiner Hilfsperson besteht und ob die Hilfsperson einem Weisungsrecht des Schuldners unterliegt; maßgebend ist allein das rein tatsächliche Moment, daß der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient (vgl. Senat BGHZ 13, 111, 113 f.; ebenso BGHZ 62, 119, 124 f.; BGH Urteil vom 13. Januar 1984 - V ZR 205/82 - NJW 1984, 1748, 1749). Sollte der Erfüllungsgehilfe auf Grund einer eigenen Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger oder als Erfüllungsgehilfe von zwei Schuldnern in Bezug auf ein und dieselbe Leistungspflicht tätig werden, stünde dies seiner Erfüllungsgehilfeneigenschaft nicht entgegen (vgl. Senatsurteile BGHZ 13, 111, 114; 89, 263, 271 ff.; und vom 22. Oktober 1957 - VI ZR 231/56 - LM Nr. 24 zu § 278 BGB; ebenso BGH, Urteil vom 18. Oktober 1951 - III ZR 138/50 - NJW 1952, 217, 218).
b) Bei der rechtlichen Beurteilung der vertraglichen Abmachungen zwischen der Mutter des Klägers und der Beklagten wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, daß die Interessenlage nicht ohne weiteres mit der eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags wie etwa bei einem Belegkrankenhaus (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 13 f.; vom 14. Juli 1992 - VI ZR 214/91 - VersR 1992, 1263, 1264) vergleichbar ist. Kennzeichnend für solche gespaltene Vertragsverhältnisse ist, daß der Patient die medizinischen Leistungen allein vom Belegarzt erwartet, was eine Leistungspflicht des Krankenhausträgers insoweit ausschließt. Demgegenüber liegt es nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nahe, daß die Mutter des Klägers sich des-
gen tatsächlichen Feststellungen nahe, daß die Mutter des Klägers sich deshalb in ein Geburtshaus begab, weil sie grundsätzlich eine Entbindung ohne ärztlichen Beistand anstrebte. Andererseits weist der Prospekt darauf hin, daß sie erwarten konnte, daß die Leiterin des Geburtshauses bei Auftreten von Komplikationen einen Arzt hinzuziehen werde, so daß diese Pflicht zum Organisationsbereich der Beklagten als Betreiberin des Geburtshauses gehören kann. Denn nach dem ausgehändigten Prospekt entsprach es dem Leistungsangebot der Beklagten, das "Team von erfahrenen Hebammen ... durch ortsansässige und schnell verfügbare Gynäkologen" zu ergänzen. Darin kam nicht zum Ausdruck, die betriebliche Organisation und Erbringung der ärztlichen Leistungen werde in einer einem Belegkrankenhaus vergleichbaren Weise von den übrigen Leistungen des Geburtshauses abgetrennt und etwa von dem hinzuzuziehenden Arzt selbst geschuldet.
c) Der Annahme einer umfassenden Organisations- und Leistungspflicht der Beklagten als Trägerin des Geburtshauses stünde schließlich auch nicht entgegen, daß bei der geburtshilflichen Tätigkeit von Hebamme und Arzt eine Aufgabenverteilung mit Weisungskompetenz besteht. Mit der Einengung seines Blickwinkels auf diese Funktion der Beklagten bei der Entbindung nach Einschaltung eines Arztes hat sich das Berufungsgericht eine interessengerechte Betrachtungsweise verstellt und die Doppelfunktion nicht hinreichend berücksichtigt, die der Beklagten aus dem Betreiben des Geburtshauses einerseits und ihrer geburtshilflichen Tätigkeit als Hebamme andererseits zukam. Im Rahmen ihrer Organisationspflichten hatte die Beklagte eine selbständige und von den Weisungen zugezogener Ärzte unabhängige Stellung , für die sie allein verantwortlich ist. Daraus kann sich eine Haftung für Fehler des Arztes ergeben (§ 278 BGB), wenn dieser zur Erfüllung der Vertragspflichten des Geburtshauses aus einem umfassenden Aufnahmevertrag eingeschaltet worden ist.
Auch wenn eine geburtshilflich tätige Hebamme ab der Übernahme der Behandlung durch den Arzt dessen Weisungen unterworfen und insoweit von einer eigenen Verantwortung grundsätzlich befreit ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 89, 263, 272; BGHZ 129, 6, 11; BGHZ 144, 296, 302; vom 22. Februar 1966 - VI ZR 202/64 - VersR 1966, 580; OLG Koblenz, VersR 2001, 897, 898 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 13. März 2001 - VI ZR 298/00 -; a.A. für den Fall einer normalen Geburt: Horschitz/Kurtenbach, Hebammengesetz , 3. Aufl., § 4 HebammenG, Anm. 4) und sie verpflichtet ist, bei Auftreten von Regelwidrigkeiten einen Arzt hinzuziehen (vgl. OLG Bremen, VersR 1979, 1060, 1062; OLG Hamm, VersR 1991, 228, 229 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 25. September 1990 - VI ZR 315/89; OLG Stuttgart, VersR 1994, 1114; Hiersche, Die rechtliche Position der Hebamme bei der Geburt, 2002, S. 80), wird doch mit dieser Aufgabenverteilung zwischen Arzt und Hebamme lediglich bestimmt, welche Personen bei der Geburtshilfe wann handeln müssen und welche Weisungs- und Leitungsrechte für einen hinzugezogenen Arzt gegenüber der Hebamme in der konkreten geburtshilflichen Situation bestehen. Davon zu trennen ist die Frage, wer sich in welchem Umfang zur Bereitstellung geburtshilflicher Leistungen verpflichten kann. Insoweit konnte sich die Beklagte als Betreiberin des Geburtshauses ebenso wie ein Krankenhausträger vertraglich gegenüber der Patientin verpflichten, die in Aussicht gestellten ärztlichen Leistungen durch einen weisungsfreien und ihr gegenüber fachlich weisungsberechtigten Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zu erbringen und im übrigen organisatorisch für einen fachgerechten Ablauf der Geburtshilfe zu sorgen und einzustehen.
d) Sollte die nach alldem erforderliche Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien durch das Berufungsgericht - eventuell nach weiterem Vortrag der Parteien - ergeben, daß das unter den Parteien unstreitige und
vom Berufungsgericht festgestellte grobe Fehlverhalten des Dr. P. der Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen ist, wird dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens zuzusprechen sein. Der Kläger ist in den Schutzumfang des Behandlungsvertrags zwischen seiner Mutter und der Beklagten einbezogen. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß dem Kind bei einer Verletzung im Mutterleib, sofern auch die weiteren Haftungsvoraussetzungen vorliegen, mit der Vollendung der Geburt ein Schadenersatzanspruch wegen Gesundheitsverletzung zusteht. Das gilt in gleicher Weise für eine Schädigung in der Geburt (vgl. Senatsurteile BGHZ 58, 48, 49 ff.; 89, 263, 266; 106, 153, 162 und vom 14. Juli 1992 - VI ZR 214/91 - VersR 1992, 1263). Ein Ersatz des immateriellen Schadens ist hiervon jedoch nicht umfaßt; § 253 Abs. 2 BGB n.F. findet noch keine Anwendung (vgl. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). 2. Soweit die Revision beanstandet, daß das Berufungsgericht lediglich eine Pflicht der Beklagten zum Hinweis auf das Fehlen eines Versicherungsschutzes für Schäden aus der geburtshilflichen Tätigkeit des hinzugezogenen Arztes geprüft und verneint hat, ist jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen zweifelhaft, ob sich eine solche Pflicht - etwa als Nebenpflicht - aus dem Behandlungsvertrag zwischen der Mutter des Klägers und der Beklagten ergeben kann und ob dies zu einem Anspruch des Klägers auf Schadloshaltung wegen der Insolvenz des Dr. P. führen kann, der gegebenenfalls auch den Ersatz immateriellen Schadens umfassen würde. Sollte es hierauf ankommen, wird das Berufungsgericht auch insoweit seine tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Überlegungen zu ergänzen haben.
3. Die Revision rügt ferner zu Recht, daß nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts deliktsrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte nicht ausgeschlossen werden können.
a) Allerdings ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision aus dem Gesichtspunkt einer mangelhaften Aufklärung der Mutter des Klägers über das Fehlen einer Haftpflichtversicherung für die Geburtshilfe kein Anspruch (§ 823 Abs. 1 BGB). Die ärztliche Aufklärungspflicht betrifft lediglich die Risiken, die sich aus einem ordnungsgemäßen Vorgehen ergeben können. Über einen Organisationsfehler , wie ihn der Einsatz eines Arztes ohne ausreichende Haftpflichtversicherung darstellen könnte, ist dagegen nicht aufzuklären (vgl. Senatsurteile vom 19. März 1985 - VI ZR 227/83 - VersR 1985, 736 und vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 48/91 - VersR 1992, 358, 359).
b) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte die Mutter des Klägers nicht schon beim Abgang grünen Fruchtwassers in eine Klinik habe überweisen müssen. Das Berufungsgericht wird bei erneuter Beurteilung der Sache zu prüfen haben, ob die Beklagte als Betreiberin des Geburtshauses insoweit ein Organisationsverschulden (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 88, 248, 257; vom 30. Mai 1989 - VI ZR 200/88 - VersR 1989, 851 f.; vom 10. März 1992 - VI ZR 64/91 - VersR 1992, 742, jeweils m.w.N.) trifft. Soweit sie geltend macht, daß sie der Mutter des Klägers zur Verlegung geraten, diese sich jedoch geweigert habe, ist nach den bisherigen Feststellungen hierzu nichts dokumentiert; das könnte dafür sprechen, daß von einem solchen Rat nicht ausgegangen werden kann. Auch wenn bislang nicht festgestellt ist, daß das Auftreten von grünem Fruchtwasser die Kompetenz des Geburtshauses überstieg, hat doch der Kläger in
den Tatsacheninstanzen unter Hinweis auf die von ihm vorgelegten Privatgutachten vorgetragen, daß die Beklagte die Patientin in diesem Fall hätte verlegen müssen. Das Berufungsgericht ist bei seiner abweichenden Auffassung dem gerichtlichen Sachverständigen gefolgt, der sich jedoch auch insoweit in erster Linie mit dem Weisungsverhältnis zwischen Arzt und Hebamme befaßt hat. Ob er mit seiner Bemerkung, die Verlegung sei beim Auftreten von grünem Fruchtwasser ratsam, aber nicht notwendig gewesen, die Kompetenz des Geburtshauses angesprochen hat, hätte das Berufungsgericht klären müssen, zumal der Privatsachverständige O. sich eindeutig für die Notwendigkeit einer Verlegung ausgesprochen hat und unter diesem Blickpunkt ein - möglicherweise grober - Organisationsfehler der Beklagten als Betreiberin des Geburtshauses nicht ausgeschlossen werden kann. Ein solcher könnte auch darin bestehen, daß sie in dieser Eigenschaft nicht gegen das Verhalten des Dr. P. eingeschritten ist, das der gerichtliche Sachverständige als "Reißen eines Verrückten über 65 Minuten" bezeichnet hat. Insoweit könnte der Beklagten durch die Aufnahme der Mutter des Klägers in ihr Geburtshaus eine Garantenstellung erwachsen sein mit der Folge, daß sie ein derart unsachgemäßes Vorgehen im Interesse der in ihrer Obhut befindlichen Patientin nicht dulden durfte. Auch insoweit hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht Widersprüche zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen und den vom Kläger vorgelegten Privatgutachten nicht hinreichend aufgeklärt, obwohl gerade im Arzthaftungsprozeß die Äuß erungen medizinischer Sachverständiger kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu prüfen und auch von der Partei vorgelegte Privatgutachten zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Januar 1996 - VI ZR 70/95 - VersR 1996, 647 und vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - VersR 2004, 790, 791). Deshalb hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen dazu befragen
müssen, ob die Beklagte nicht schon angesichts der Absicht des ärztlichen Geburtshelfers, die Vakuumextraktion nach dem ersten Abreißen der Saugglocke fortzusetzen, von einem grob fehlerhaften Geburtsmanagement ausgehen mußte. Die Privatsachverständige R.-L. hatte hierzu ausgeführt, die Beklagte habe ihre Mitwirkung bei der Wiederholung des Saugglockenversuchs verweigern müssen. Unter diesem Blickpunkt hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen befragen müssen, ob die Fehler des Arztes bei der Vakuumextraktion der Beklagten nicht Anlaß zum Einschreiten als Betreiberin des Geburtshauses , möglicherweise aber auch im Sinn einer Remonstrationspflicht als bei der Entbindung mitwirkende Hebamme (hierzu unten c)) geben mußten. Dem steht nicht entgegen, daß der Sachverständige der Beklagten geglaubt hat, daß sie den Höhenstand des Kopfes nicht wußte und somit eine grobe Fehlplanung nicht erkannt habe. Seine dahingehenden Erwägungen beziehen sich sämtlich auf die Situation vor dem ersten Extraktionsversuch und sind deshalb für den späteren Zeitraum keine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Tatrichters (§ 286 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 2001 - VI ZR 272/99 - VersR 2001, 722, 723). Von daher erscheint es beim gegenwärtigen Sachstand nicht ausgeschlossen, daß die gebotene weitere Sachaufklärung Pflichtverletzungen der Beklagten ergibt, die - wenn sie als grob zu beurteilen wären - zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität ihres Unterlassens für die Schädigung des Klägers führen könnten.
c) Soweit das Berufungsgericht auch in deliktischer Hinsicht allein das Verhalten der Beklagten als Hebamme nach Übernahme der Geburtsleitung durch den Arzt geprüft hat, macht die Revision mit Recht geltend, daß eine "Remonstrationspflicht" der Hebamme nicht von vornherein ausgeschlossen ist, auch wenn sie im Hinblick auf die übergeordnete Kompetenz des Arztes nur dann in Betracht kommen kann, wenn die beabsichtigte Behandlung grob feh-
lerhaft ist und die damit einhergehenden Gefahren vermeidbar und gravierend sind (vgl. Wilhelm, Verantwortung und Vertrauen in der Arbeitsteilung in der Medizin, 1984, S. 125 f.). Insofern ist die Würdigung des Berufungsgerichts, es sei nicht nachgewiesen , daß die Beklagte die Befunde rechtzeitig gekannt habe oder habe kennen müssen, aus denen sie eine grobe Fehlplanung des ärztlichen Geburtshelfers bei der Vakuumextraktion hätte folgern müssen, nicht frei von Rechtsfehlern. Zwar ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht im Anschluß an die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu dem Ergebnis kommt, es seien keine Umstände dafür ersichtlich , daß die Beklagte den Höhenstand des kindlichen Kopfes im Becken der Mutter gekannt habe, was für das Erkennen einer Fehlplanung erforderlich gewesen sei. Hinsichtlich der weitergehenden Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den kindlichen Höhenstand als Voraussetzung für eine Vakuumextraktion nicht in Erfahrung bringen müssen, fehlt es aber bisher an einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage (§ 286 ZPO). Das Berufungsgericht hätte angesichts der Darlegungen des Sachverständigen, üblicherweise informiere die Hebamme sich über den kindlichen Höhenstand, prüfen müssen, ob diese Übung nicht auch einen zur Sorgfalt verpflichtenden medizinischen Standard (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1954 - VI ZR 123/52 - LM Nr. 2 zu § 286 (D) ZPO) beschreibt und deshalb möglicherweise ein Widerspruch in den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen vorliegt, dem das Berufungsgericht hätte nachgehen müssen.

III.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerde, zurückzuverweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/03 Verkündet am:
27. April 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen
Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast
für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und
dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, daß der grobe Behandlungsfehler geeignet
ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich
machen muß der Fehler den Schaden hingegen nicht.
BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Januar 2003 im Kostenpunkt , soweit nicht über die Kosten des Beklagten zu 2 entschieden worden ist, und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zu den Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler. Nach einem Motorradunfall am 10. Mai 1998 wurde die Klägerin in das von der Beklagten zu 1 betriebene Krankenhaus, in dem die Beklagten zu 3 bis 5 als Ärzte tätig waren, eingeliefert. Es wurde festgest ellt, daß sie sich einige Rippen, den dritten Lendenwirbelkörper und das Schulterblatt gebrochen hatte. Nicht bemerkt wurde, daß sie darüber hinaus eine Beckenringfraktur mit einem Sakrumkompressionsbruch rechts davongetragen hatte. Zunächst wurde ihr Bettruhe verordnet. Ab 11. Juni 1998 wurde die Klägerin mobilisiert. Eine Entlastung durch Unterarmgehstützen erfolgte dabei nicht. Einen Tag nach Beginn der Mobilisierung verspürte sie Schmerzen beim Gehen, worauf sie die Schwestern und die behandelnden Ärzte hinwies. Die Beklagten zu 3 bis 5 untersuchten die Klägerin zwar, veranlaßten jedoch keine Röntgenaufnahmen, so daß die Beckenringfraktur weiterhin nicht festgestellt wurde. Sie verordneten auch bei der weiteren Mobilisierung keine (Teil)entlastung durch Unterarmgehstützen. Am 17. Juni 1998 wurde die Klägerin entlassen. Wegen fortdauernder Beschwerden begab sie sich anderweitig in ärztliche Behandlung. Im Rahmen dieser Behandlung wurde am 3. Juli 1998 mit Hilfe einer Beckenübersichtsaufnahme der Beckenringbruch diagnostiziert. Dieser Bruch ist mit einer leichten Verschiebung zusammengewachsen. In einem Gutachten des ärztlichen Dienstes vom 17. Februar 1999 wurde eine nicht korrekte Ausheilung der Fraktur mit verbliebener Pseudarthrose festgestellt. Die Klägerin behauptet, es sei behandlungsfehlerhaft gewesen, daß die Beckenringfraktur nicht schon im Krankenhaus erkannt und mit der Mobilisierung nicht zugleich eine Teilentlastung angeordnet worden sei. Auf diese Be-
handlungsfehler sei die bei ihr festgestellte Pseudarthrose zurückzuführen. Als Folge der Fehlbehandlung leide sie außerdem unter ständigen Schmerzen u.a. in der rechten Leiste, der rechten Gesäßhälfte, beim Liegen und beim Geschlechtsverkehr sowie unter einem Dranggefühl. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 20.451,68 € sowie die Feststellung , daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr sämtliche nach dem 1. April 2000 entstehenden materiellen Schäden aus ihrer stationären Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 1 zu erstatten, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2 richtete. Auf die Berufung der Klägerin hat es die Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 zur Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 3.000 € nebst Zinsen verurteilt. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese den vollen Klageantrag gegen die Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin könne von der Beklagten zu 1 und von den Beklagten zu 3 bis 5 die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 € verlangen. Den Beklagten sei als Behandlungsfeh-
ler anzulasten, daß sie keine Röntgenaufnahme des Beckens anfertigen ließen, obwohl die Klägerin im Anschluß an die Mobilisierung über Schmerzen geklagt habe. Mit Hilfe dieser - medizinisch gebotenen - diagnostischen Maßnahme wäre die Beckenringfraktur nämlich festgestellt worden. Alsdann wäre es schlechthin unverständlich und grob fehlerhaft gewesen, die Mobilisierung ohne Teilentlastung durch Unterarmgehstützen fortzusetzen. Als Folgen des Behandlungsfehlers habe die Klägerin vom Abend des zweiten Tages nach Beginn der Mobilisierung bis zur Feststellung des Beckenringbruchs am 3. Juli 1998 unter vermeidbaren Schmerzen gelitten. Dazu habe sich der Heilungsprozeß entsprechend verzögert. Zwar könne die Klägerin nicht den Vollbeweis dafür führen , daß diese Schadensfolgen auf den Behandlungsfehler zurückzuführen seien. Ihr kämen jedoch hinsichtlich der Ursächlichkeit Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen zur Verletzung der Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde zugute, weshalb insoweit die Wahrscheinlichkeit der Verursachung für den Kausalitätsnachweis ausreiche. Hingegen könne nicht festgestellt werden, daß das Nichterkennen der Beckenringfraktur nach Beginn der Mobilisierung zu weitergehenden negativen Folgen für die Klägerin geführt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß es weder während der Bettlägerigkeit der Klägerin noch bei ihrer anschließenden Mobilisierung zu einer Verschiebung des Bruches gekommen sei. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte sich am Heilungsverlauf nichts verändert, wenn die Beckenringfraktur bereits früher festgestellt und dementsprechend eine Teilentlastung durch Unterarmgehstützen bei Beginn der Mobilisierung angeordnet worden wäre. Zwar sei nicht völlig auszuschließen , daß der festgestellte Behandlungsfehler gewisse Auswirkungen auf den Heilungsverlauf und das Heilungsergebnis gehabt habe. Dies sei im Ergebnis aber so unwahrscheinlich, daß auch unter Berücksichtigung der grundsätzlich möglichen Beweiserleichterungen nicht von einer Mitursächlichkeit des Behand-
lungsfehlers für die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Folgen ausgegangen werden könne. Allerdings scheide nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum groben Behandlungsfehler eine mögliche Beweislastumkehr nur dann aus, wenn es gänzlich unwahrscheinlich sei, daß der grobe Behandlungsfehler zu dem eingetretenen Körperschaden des Patienten geführt habe. Ein derartiger Grad an Unwahrscheinlichkeit werde hier nicht anzunehmen sein, weil der Sachverständige einen Wahrscheinlichkeitsgrad von bis 90% dafür genannt habe, daß sich am Heilungsverlauf nichts verändert habe. Jedoch müßten dem Patienten Beweiserleichterungen zur Kausalität auch dann, wenn die Voraussetzungen dafür grundsätzlich vorlägen, nicht notwendigerweise zugebilligt werden. Außerdem müsse nicht stets die sehr weitgehende Form der Umkehr der (subjektiven) Beweislast zum Tragen kommen. Vielmehr gebe es auch Beweiserleichterungen unterhalb der Schwelle der Beweislastumkehr. Es liege in der Verantwortung des Tatrichters, im Einzelfall über die Zubilligung von Beweiserleichterungen sowie über deren Umfang, Qualität und jeweilige Reichweite zu entscheiden. Nach diesen Grundsätzen komme vorliegend eine Beweislastumkehr in der Kausalitätsfrage jedenfalls nicht für denjenigen Körperschaden in Betracht, der über vermeidbare Schmerzen und eine verzögerte Heilung in dem Zeitraum zwischen Beginn der Mobilisierung und Feststellung des Beckenringbruchs hinausgehe. Dafür sei neben der vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit, daß sich das verzögerte Erkennen des Beckenringbruchs auf den weiteren Heilungsverlauf nicht ausgewirkt habe, der Umstand maßgeblich, daß die versäumte Befunderhebung für die Aufklärung des Sachverhalts keine wesentlichen Schwierigkeiten herbeigeführt habe. Daß eine Beckenringfraktur des später festgestellten Typs schon beim Unfall entstanden sei, lasse sich auch aus den nachträglich angefertigten Röntgenaufnahmen feststellen. Unabhängig vom Zeitpunkt der Feststellung der Fraktur stehe fest, daß die konservative Behand-
lung mit der tatsächlich erfolgten vierwöchigen Bettruhe eine zumindest gut vertretbare Behandlungsmethode gewesen sei. Schließlich komme es bei derartigen Frakturen in einer größeren Zahl der Fälle auch bei fehlerfreier Behandlung zur Ausbildung einer Pseudarthrose und zu einem für den Patienten unbefriedigenden Heilungsergebnis. Die Klägerin sei daher beweisfällig geblieben. Beweiserleichterungen unterhalb der Beweislastumkehr würden ihr angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, daß sich bei früherem Erkennen der Fraktur und Mobilisierung unter Teilentlastung durch Unterarmgehstützen am späteren Heilungsverlauf nichts geändert hätte, nicht weiterhelfen. Die Berufung habe auch hinsichtlich des Feststellungsantrags keinen Erfolg. Da Folgen des Behandlungsfehlers ausschließlich für die Zeit bis zum 3. Juli 1998 hätten festgestellt werden können, bestünden keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit künftiger materieller Schäden als Folge des Behandlungsfehlers.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß eine Abklärung der von der Klägerin nach Beginn der Mobilisierung geklagten Schmerzen durch eine Röntgenaufnahme hätte veranlaßt werden müssen, daß die Beckenringfraktur bei dieser Untersuchung erkannt worden wäre und daß eine Fehlreaktion auf diesen Befund, insbesondere eine Fortsetzung der Mobilisierung ohne gleichzeitige (Teil)Entlastung durch Unterarmgehstützen schlechthin unver-
ständlich und grob fehlerhaft gewesen wäre. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, es sei zwar nicht auszuschließen , daß der festgestellte Behandlungsfehler die Pseudarthrose und die weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin mitverursacht habe, dies sei jedoch unwahrscheinlich, wenn auch nicht gänzlich unwahrscheinlich. 2. Auf dieser Grundlage beanstandet die Revision jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht eine Beweislastumkehr hinsichtlich der ursächlichen Auswirkungen des Behandlungsfehlers verneint hat.
a) Das Berufungsgericht meint, aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats ergebe sich, daß es in der Verantwortung des Tatrichters im Einzelfall liege, über die Zubilligung von Beweiserleichterungen sowie über Umfang und Qualität der eintretenden Beweiserleichterungen zu entscheiden. Das trifft jedoch in dieser Form nicht zu.
b) Zwar hat der erkennende Senat verschiedentlich die Formulierung verwendet, daß ein grober Behandlungsfehler, der geeignet sei, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, für den Patienten „zu Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast“ führen könne (vgl. Senatsurteile BGHZ 72, 132, 133 f.; 85, 212, 215 f.; vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955; vom 7. Juni 1983 - VI ZR 284/81 - VersR 1983, 983, 984; vom 29. März 1988 - VI ZR 185/87 - VersR 1988, 721, 722; vom 18. April 1989 - VI ZR 221/88 - VersR 1989, 701 f.; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363). Insofern kommt jedoch dem Begriff "Beweiserleichterungen" gegenüber der Beweislastumkehr keine eigenständige Bedeutung bei. Soweit es in einigen Entscheidungen heißt (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 217/87 – VersR 1989, 80, 81; vom 26. Oktober 1993 - VI ZR 155/92 - VersR 1994, 52, 53; vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 205/93 -
VersR 1995, 46, 47), daß das Ausmaß der dem Patienten zuzubilligenden Beweiserleichterungen im Einzelfall danach abzustufen sei, in welchem Maße wegen der besonderen Schadensneigung des Fehlers das Spektrum der für den Mißerfolg in Betracht kommenden Ursachen verbreitert oder verschoben worden sei, betrifft dies die Schadensneigung des groben Behandlungsfehlers, also die Frage seiner Eignung, den Gesundheitsschaden des Patienten herbeizuführen. Insoweit geht es um die Bewertung und beweisrechtlichen Konsequenzen eines groben Behandlungsfehlers im konkreten Einzelfall.
c) Das hat der erkennende Senat in zahlreichen neueren Entscheidungen verdeutlicht und dabei klargestellt, daß es der Sache nach um die Umkehr der Beweislast geht und daß deren Verlagerung auf die Behandlungsseite im Hinblick auf die geringe Schadensneigung des Fehlers nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen ist, wenn der Ursachenzusammenhang zwischen grobem Behandlungsfehler und Schaden gänzlich bzw. äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1536; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 364; vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - VersR 1998, 585, 586; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282, 1283).
d) Bei dieser Betrachtungsweise kann der Formulierung „Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr“ nicht die Bedeutung zukommen, die das Berufungsgericht ihr beilegen will. Vielmehr führt ein grober Behandlungsfehler , der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen , grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, daß der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden hingegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ
85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - aaO - jeweils m.w.N.; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; Nichtannahmebeschluß vom 3. Mai 1994 - VI ZR 340/93 - VersR 1994, 1067). Deshalb ist eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - aaO; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - aaO; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - aaO) oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. KG, VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig, VersR 1998, 459 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer derartigen Ausnahmekonstellation hat allerdings der Arzt zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - aaO; vom 28. Juni 1988 - VI ZR 217/87 - aaO; Groß, Festschrift für Geiß, S. 429, 431).
e) Liegen die oben dargestellten Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr vor, so darf sich der Tatrichter nicht darauf beschränken, dem Patienten statt der vollen Beweislastumkehr lediglich abgestufte Beweiserleichterungen zu gewähren, die im übrigen - wie das Berufungsgericht erkennt - der durch den Behandlungsfehler geschaffenen Beweisnot nicht abhelfen könnten. Diese Betrachtungsweise trägt auch den im Schrifttum geäußerten Bedenken Rechnung, daß ein "Ermessen" des Tatrichters bei der Anwendung von Beweislastregeln
dem Gebot der Rechtssicherheit zuwiderlaufen würde. Nach diesem müssen der Rechtssuchende bzw. sein Anwalt in der Lage sein, das Prozeßrisiko in tatsächlicher Hinsicht abzuschätzen. Des weiteren würde die Gleichheit der Rechtsanwendung infolge richterlicher Willkür gefährdet sein (vgl. Laumen, NJW 2002, 3739, 3741 m.w.N.; Leipold, Beweismaß und Beweislast im Zivilprozeß S. 21, 26; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 468 f.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., § 823 Anhang C II Rdn. 3; Laufs-Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 110 Rdn. 3). Deshalb erfolgt die Zuweisung des Risikos der Klärung eines entscheidungserheblichen Tatbestandsmerkmals und damit die Verteilung der objektiven Beweislast in abstrakt-genereller Form. Sie muß vor dem Prozeß grundsätzlich feststehen und kann auch während des Prozesses nicht ohne weiteres vom Gericht nach seinem Ermessen verändert werden (vgl. BVerfG, NJW 1979, 1925; Laumen, NJW 2002, aaO). Eine flexible und angemessene Lösung wird im Arzthaftungsprozeß im Einzelfall dadurch gewährleistet , daß dem Tatrichter die Wertung des Behandlungsgeschehens als grob fehlerhaft vorbehalten ist, wobei er freilich die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen zugrundezulegen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 138, 1, 6 f.; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116 f. und vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030 f. jeweils m.w.N.).
f) Diese dargestellten Grundsätze gelten nicht nur für den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen einem groben Behandlungsfehler und dem eingetretenen Gesundheitsschaden, sie gelten entsprechend für den Nachweis des Kausalzusammenhangs bei einem einfachen Befunderhebungsfehler, wenn - wie im vorliegenden Fall - zugleich auf einen groben Behandlungsfehler zu schließen ist, weil sich bei der unterlassenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, daß sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde, d.h. für die zweite Stufe der vom Senat ent-
wickelten Beweiserleichterungen nach einem einfachen Befunderhebungsfehler (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98 – VersR 1999, 1282, 1283; vom 29. Mai 2001 – VI ZR 120/00 – aaO; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 394/02 – VersR 2003, 1256, 1257; vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen - jeweils m.w.N.; Groß, aaO, S. 429, 432 ff.; Steffen, Festschrift für Hans Erich Brandner, S. 327, 334 ff.). Ist das Verkennen des gravierenden Befundes oder die Nichtreaktion auf ihn generell geeignet, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen , tritt also - wenn nicht ein Ursachenzusammenhang zwischen dem ärztlichen Fehler und dem Schaden äußerst unwahrscheinlich ist - grundsätzlich eine Beweislastumkehr ein. In einem derartigen Fall führt nämlich bereits das - nicht grob fehlerhafte - Unterlassen der gebotenen Befunderhebung wie ein grober Behandlungsfehler zu erheblichen Aufklärungsschwierigkeiten hinsichtlich des Kausalverlaufs. Es verhindert die Entdeckung des wahrscheinlich gravierenden Befundes und eine entsprechende Reaktion darauf mit der Folge, daß hierdurch das Spektrum der für die Schädigung des Patienten in Betracht kommenden Ursachen besonders verbreitert oder verschoben wird (Groß, aaO, S. 435).

g) So verhält es sich entgegen der Auffassung des Beru fungsgerichts auch im vorliegenden Fall. Der (einfache) Befunderhebungsfehler der Beklagten hat die gebotene und zur Vermeidung des eingetretenen Schadens geeignete Reaktion auf die Beckenringfraktur verhindert und damit die Aufklärung des hypothetischen weiteren Krankheitsverlaufs, der für die Klägerin erheblich günstiger hätte sein können, erschwert. Mithin hätte sich ohne das Fehlverhalten der Beklagten gezeigt, ob bei der Klägerin auch bei fehlerfreier Behandlung des Beckenringbruchs Dauerfolgen in Form einer Pseudarthrose und von andauernden Schmerzen aufgetreten wären.

III.


Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben . Es ist aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 328/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung
(Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regelmäßig
zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang
zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie
geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für
ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich
(Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909,
zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 10. Oktober 2002 abgeändert. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Ersatz des bezifferten materiellen Schadens des Klägers ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der am 6. Januar 2000 abends Lichtblitze in seinem linken Auge bemerkt hatte, begab sich noch am selben Tag in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst, den die Beklagte wahrnahm. Gesichtsfeldmessungen und Messungen des Augeninnendrucks ergaben keinen auffälligen Befund. Auch bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes nach Erweiterung der Pupille stellte die Beklagte keine pathologischen Veränderungen fest. Am 11. Januar 2000 trat beim Kläger eine massive Ablösung der Netzhaut im linken Auge auf. Trotz zweier Operationen in der Universitätsklinik, bei denen die Netzhaut angelegt und stabilisiert wurde, ist die Sehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt. Der Kläger hält die Untersuchung durch die Beklagte für fehlerhaft; auch habe sie ihn nicht in gehöriger Weise darauf hingewiesen, daß er alsbald Kontrolluntersuchungen durchführen lassen müsse. Er begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche nach Schluß der mündlichen Verhandlung aus dem Behandlungsfehler der Beklagten vom 6. Januar 2000 entstehenden materiellen
und immateriellen Schäden zu ersetzen. Seine Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, es sei an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, die Beklagte habe den Kläger nicht auf die Gefährdung der Netzhaut durch eine fortschreitende Glaskörper-Abhebung hingewiesen und ihn auch nicht aufgefordert , diesen Vorgang unbedingt weiter überwachen zu lassen. Da beim Kläger eine beginnende Glaskörper-Abhebung vorgelegen und die Beklagte das auch erkannt habe, habe sie den Kläger über diese mögliche Diagnose und das dabei bestehende vergleichsweise geringe Risiko einer Netzhautablösung unterrichten müssen. Sie habe den Kläger auffordern müssen, sich auch ohne Zunahme der Symptome zu einer Kontrolluntersuchung beim Augenarzt vorzustellen. Diese Unterlassungen seien als "einfache" Behandlungsfehler zu werten. Daß die Beklagte den Kläger nicht zusätzlich darauf hingewiesen habe, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen, sei als ein grober Behandlungsfehler zu werten. Der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem Körperschaden des Klägers sei zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen , weil der Kläger nach eigenen Angaben keine sich ausweitende oder verschlimmernde Symptomatik bemerkt habe. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen , daß der Kläger bei zutreffender Information auch ohne Verschlech-
terung seines Zustandes zu einer augenärztlichen Kontrolle gegangen wäre und ein Augenarzt dann Anzeichen für eine beginnende Netzhautablösung festgestellt hätte. Möglicherweise hätte dann erfolgreich Vorsorge gegen die spätere Netzhautablösung getroffen werden können. Ein Ursachenzusammenhang könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Kontrolluntersuchung gegangen wäre. Es sei aber vorstellbar, daß die Glaskörper-Abhebung, die der Netzhautablösung vorangehe , sehr plötzlich und sehr massiv eingesetzt und dann sehr schnell eine erst am 11. Januar 2000 erkennbare Netzhautablösung nach sich gezogen habe. Daher sei völlig offen, ob es zuvor Anzeichen für eine solche Ablösung gegeben habe, die bei einer Kontrolluntersuchung erkennbar gewesen wären. Dem Kläger sei keine Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang zuzubilligen. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, daß bei einer augenärztlichen Kontrolle Anzeichen für die Netzhautablösung erkennbar gewesen wären. Daß eine solche Kontrolle Aufschluß darüber gegeben hätte, ob sich zu jenem Zeitpunkt Anzeichen für eine Netzhautablösung gezeigt hätten , sei keine ausreichende Grundlage für eine Beweislastumkehr. Zwar liege es nicht fern, das Gesamtverhalten der Beklagten ohne Differenzierung zu den einzelnen Unterlassungen als grob fehlerhaft anzusehen. Selbst dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder die andere Richtung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Auftretens von Gefährdungsanzeichen bei der hypothetischen Kontrolluntersuchung zuzubilligen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht wertet im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen und im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats als grob fehlerhaft, daß die Beklagte den Kläger nach Abschluß der Notfalluntersuchung nicht darauf hingewiesen hat, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026 - jeweils m.w.N.). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin; auch die Revisionserwiderung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Beim Kläger lag eine beginnende Glaskörper-Abhebung als Vorstufe einer Netzhautablösung nahe und die Beklagte hatte dies erkannt. Sie war infolgedessen verpflichtet, dem Kläger ihre Erkenntnisse ebenso wie ihren Verdacht bekannt zu geben (Diagnoseaufklärung; vgl. Senatsurteil BGHZ 29, 176, 183 f.; OLG Nürnberg AHRS 3130/108). Dementsprechend hatte sie den Kläger im Rahmen der ihr obliegenden therapeutischen Aufklärungspflicht darauf hinzuweisen , er müsse bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt einschalten und im übrigen alsbald den Befund überprüfen lassen, damit der Kläger mögliche Heilungschancen wahrnehmen konnte. Das hat die Beklagte versäumt. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser unterlassenen therapeutischen Aufklärung einen Behandlungsfehler gesehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - VI ZR 32/94 - VersR 1995, 1099, 1100) und ihn als grob bewertet.
2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch darin, daß der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem entstandenen Körperschaden des Klägers nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger keine sich ausweitende oder verschlechternde Symptomatik bemerkt hat. Das Oberlandesgericht stellt ohne Rechtsfehler fest, daß nicht auszuschließen ist, ein zur Kontrolluntersuchung eingeschalteter Augenarzt hätte vom Kläger selbst noch nicht bemerkte, aber für den Facharzt erkennbare Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung entdecken und daraufhin eine erfolgreiche Therapie durchführen können. 3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem Schaden des Klägers, weil eine solche Beweislastumkehr dem Kläger nicht "ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung" zugebilligt werden könne. Damit zieht das Berufungsgericht nicht die gebotenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers.
a) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt ein grober Behandlungsfehler grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. aa) Eine Umkehr der Beweislast ist schon dann anzunehmen, wenn der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen ; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden dagegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1537; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909, 911).
Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955), oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1028; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO; KG VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig VersR 1998, 459, 461 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer solchen Ausnahme hat allerdings die Behandlungsseite zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). bb) Hiernach war es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, daß ein ordnungsgemäßer Hinweis an den Kläger, er solle bei Befundverschlechterung umgehend eine Kontrolluntersuchung durchführen lassen, eine Netzhautablösung mit den eingetretenen Folgen weder verhindert noch abgemildert hätte. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war ein solcher Hinweis geeignet, den Kläger zu einer kurzfristigen Kontrolluntersuchung zu veranlassen; eine solche wäre geeignet gewesen, Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung erkennbar zu machen und frühzeitiger Behandlungsmaßnahmen durchzuführen, die ihrerseits die später eingetretene Netzhautablösung verhindern oder feststellbar hätten vermindern können.
cc) Daß ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich wäre, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Solches ergibt sich nicht aus den gutachtlichen Äußerungen d es Sachverständigen ; das wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Soweit diese darauf abstellt, das Berufungsgericht habe keine Wahrscheinlichkeit für Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung feststellen können, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung des Patienten und der Netzhautablösung äußerst unwahrscheinlich war. dd) Einer Umkehr der Beweislast steht auch nicht entgegen, daß der Kläger weitergehende Anzeichen als die bis dahin aufgetretenen Lichtblitze nicht bemerkt hat. Die Beklagte hätte den Kläger durch einen Hinweis auf die Gefahr einer Netzhautablösung, die infolge der Glaskörperabhebung drohte, zu einer baldigen Kontrolle des Augenhintergrundes veranlassen müssen, um das eingetretene Risiko möglichst gering zu halten. Das hat sie versäumt. Die Netzhautablösung ist eingetreten und hat zu einer Verringerung des Sehvermögens auf dem Auge geführt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger auch ohne Fortschreiten der Symptome alsbald eine Kontrolluntersuchung hätte durchführen lassen, wäre er ordnungsgemäß über die Diagnose und die Gefahr für sein Sehvermögen aufgeklärt und auf die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolluntersuchung bei Verschlechterung hingewiesen worden. Das hätte, wie bereits ausgeführt, zur Vermeidung des Gesundheitsschadens führen können. Ohnehin ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in eine "einfache" und eine "grobe" Pflichtwidrigkeit verfehlt, weil insoweit eine Gesamtbetrachtung der geschuldeten therapeutischen Aufklärung geboten ist, die sich als insgesamt grob fehlerhaft erweist, ohne daß es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

b) Das Berufungsgericht hat den Ursachenverlauf in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten und dann Anzeichen für eine Netzhautablösung vor dem 11. Januar 2000 sowie für den Erfolg einer vorbeugenden Behandlung vermißt. Eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers hat es verneint, weil zu den genannten Umständen auch keine Wahrscheinlichkeiten feststellbar seien. Das widerspricht den Grundsätzen des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen eines groben Behandlungsfehlers. aa) Eine Unterteilung des Ursachenzusammenhangs in unmittelbare und mittelbare Ursachen ist dem Haftungsrecht fremd (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96 - VersR 1998, 200 f.; vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862; vom 27. Juni 2000 – VI ZR 201/99 – VersR 2000, 1282, 1283). Beim groben Behandlungsfehler umfaßt die in Betracht stehende Umkehr der Beweislast den Beweis der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den haftungsbegründenden Primärschaden, der ohne die Beweislastumkehr dem Patienten nach § 286 ZPO obläge. Auf die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Kausalzusammenhang zwischen körperlicher oder gesundheitlicher Primärschädigung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten wird die Beweislastumkehr nicht ausgedehnt, es sei denn, der sekundäre Gesundheitsschaden wäre typisch mit dem Primärschaden verbunden und die als grob zu bewertende Mißachtung der ärztlichen Verhaltensregel sollte gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68 - VersR 1969, 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - VI ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765). Eine Zerlegung des Kausalzusammenhangs in seine einzelnen logischen Bestandteile im übrigen kommt nicht in Betracht. bb) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht hier eine Umkehr der Beweislast nicht verneinen. Die Parteien streiten nicht um einen Sekundärschaden des Klägers. Vielmehr beruht die Schädigung des Sehvermö-
gens auf dem Primärschaden der Netzhautablösung, die der Kläger als Schädigung geltend macht (vgl. zur Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärschaden Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 210/87 - VersR 1989, 145; vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154). 4. Nach allem ist die Klage zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.; 304 Abs. 1, 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags ebenfalls Erfolg. Sie ist zulässig. Die Beklagte hat ihre haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - aaO). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - NJW 2004, 1243, 1244).
Zum Betrag der Zahlungsklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. Insoweit ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 428/02 Verkündet am:
23. März 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine fehlerhafte Unterlassung der medizinisch gebotenen Befunderhebung führt
zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers
für den eingetretenen Schaden, wenn sich bei der gebotenen Befunderhebung
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis
gezeigt hätte und wenn sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental
oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde. In
diesem Rahmen ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen
Befundergebnisses unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen und
darf insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, der
Gesundheitsschaden könne auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs
eingetreten sein.
BGH, Urteil vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - OLG Bamberg
LG Aschaffenburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 11. November 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler. Am 26. Oktober 1989 wurde ihr ein Herzschrittmacher eingesetzt. Am 7. Oktober 1996 entnahm der Beklagte, der den Schrittmacher betreute, einem
vom Hausarzt der Klägerin am selben Tag erstellten EKG, daß die Indikation zum Austausch bestand. In Absprache mit der Klägerin vereinbarte er einen Austauschtermin im Cardiologischen Centrum B. (CCB) für den 9. Oktober 1996. Beim Warten auf die Operation brach die Klägerin im CCB zusammen und mußte reanimiert werden. Infolge des Zusammenbruchs erlitt sie ein apallisches Syndrom. Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob der Beklagte zu einem sofortigen Austauschtermin hätte raten oder jedenfalls eine Schrittmacherkontrolle hätte vornehmen müssen, um den Zustand des Aggregats festzustellen, und ob der Zusammenbruch der Klägerin auf ein Versagen des Schrittmachers oder auf ein unabhängig hiervon aufgetretenes Kammerflimmern zurückzuführen ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat als nicht erwiesen erachtet, daß der Schaden der Klägerin auf ein fehlerhaftes Verhalten des Beklagten zurückzuführen sei. Für den Beklagten habe keine Veranlassung bestanden, von einem Notfall auszugehen und die sofortige Einweisung der Klägerin in das CCB zu veranlassen oder sie über mögliche Risiken aufzuklären, die bei einem Austausch des Herz-
schrittmachers erst am 9. Oktober 1996 entstehen könnten. Vielmehr habe er nach dem damaligen technischen Kenntnisstand davon ausgehen können, daß der Schrittmacher noch eine Funktionsdauer von 1,08 Jahren habe. Erst Erkenntnisse , die seit Januar 2000 veröffentlicht seien, ließen den Schluß zu, daß es auch Fälle geben könne, in denen nach Erreichen des Punktes EOS (end of service) nur noch eine ganz geringe Zeit bis zum Ausfall des Schrittmachers bleibe. Deshalb habe am 7. Oktober 1996 auch das Unterlassen einer Schrittmacherkontrolle keinen schuldhaften Behandlungsfehler dargestellt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme müsse offen bleiben, ob der Zusammenbruch der Klägerin auf einen Ausfall des Herzschrittmachers oder ein unabhängig davon aufgetretenes Kammerflimmern zurückzuführen sei. Die Klägerin habe nicht bewiesen, daß das Unterlassen der Kontrolle für ihren Zusammenbruch ursächlich gewesen sei. Ihr kämen keine Beweiserleichterungen zugute. Ein Verstoß des Arztes gegen die Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde lasse nämlich nur dann auf ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis schließen, wenn ein solches hinreichend wahrscheinlich sei. Das sei nicht der Fall, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch ein Kammerflimmern allein den Zusammenbruch der Klägerin verursacht haben könne. Das Landgericht habe kein weiteres Gutachten einholen müssen. Weder seien die eingeholten Gutachten widersprüchlich oder gingen von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus noch fehle den Sachverständigen die notwendige Sachkunde oder verfüge ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrung.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Die Revision beanstandet mit Erfolg Verfahrensfehler, soweit das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen eines Behandlungsfehlers verneint hat.
a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht gegen die Verpflichtung des Tatrichters verstoßen hat, sich mit von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergibt. Das Berufungsgericht hat seine Überzeugung, der Beklagte habe weder auf einen sofortigen Austausch des Schrittmachers – sei es durch unmittelbare Einweisung der Klägerin in das CCB, sei es durch Aufklärung auf die mit einer Verzögerung des Austauschs verbundenen Risiken – hinwirken noch den Zustand des Schrittmacheraggregats kontrollieren müssen, auf die Ausführungen des Sachverständigen La. vom 9. März und 24. Oktober 2000 sowie die Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. vom 19. März und 1. August 2001 gestützt. Der Sachverständige La. hatte angegeben, daß nach den Erkenntnissen im Jahre 1996 nach erstmaliger Dokumentation der Austauschindikation von einer verbleibenden Funktionsdauer des Herzschrittmachers von 1,08 Jahren habe ausgegangen werden können. Von diesen Angaben ist der Sachverständige Prof. Dr. L. in seinem Gutachten ausgegangen und hat daraus geschlossen , daß am 7. Oktober 1996 keine Indikation zu einem sofortigen Ersatz des Schrittmacheraggregats bestanden habe. Diese Darlegungen der Sachverständigen La. und Prof. Dr. L. durfte das Berufungsgericht seiner Überzeugungsbildung jedoch nicht ohne weitere Sachaufklärung zugrunde legen. Die Klägerin hatte nämlich mit Schriftsatz vom 1. November 2001 eine Stellungnahme des Oberarztes Dr. N. vorgelegt, wonach der bei ihr verwendete Herzschrittmachertyp nach den Angaben des Herstellers eine nominelle Laufzeit von sechs Jahren besitze. Diese Stellungnahme
stand in Widerspruch zu den Gerichtsgutachten, worauf die Klägerin ausdrücklich hingewiesen hatte. Der Schrittmacher der Klägerin war nämlich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 7. Oktober 1996 fast sieben Jahre in Betrieb und Umstände, nach denen seine Laufzeit im konkreten Fall anders zu bemessen gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Über diesen Widerspruch durfte sich das Berufungsgericht nicht mit der Begründung hinwegsetzen, die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO lägen nicht vor, insbesondere verfüge Dr. N. nicht über eine höhere Qualifikation oder bessere Erkenntnismöglichkeiten als die eingeschalteten Sachverständigen. Der erkennende Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß gerade in Arzthaftungsprozessen Äußerungen medizinischer Sachverständi ger nachzuvollziehen und kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu prüfen sind. Dies gilt sowohl für Widersprüche zwischen einzelnen Erklärungen desselben Sachverständigen als auch für Widersprüche zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger, selbst wenn es dabei um Privatgutachten geht. Erkennbaren Unklarheiten und Widersprüchen hat der Tatrichter nachzugehen, sie dem Sachverständigen vorzuhalten und im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung erforderlichenfalls ein weiteres Gutachten einzuholen (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 1993 – VI ZR 67/93 – VersR 1994, 480, 482; vom 9. Januar 1996 – VI ZR 70/95 – VersR 1996, 647, 648; vom 10. Oktober 2000 – VI ZR 10/00 – VersR 2001, 525, 526; vom 13. Februar 2001 – VI ZR 272/99 – VersR 2001, 722, 723).
b) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts war im Streitfall um so mehr geboten, als die Beurteilung der gerichtlichen Sachverständigen auch im Widerspruch zu der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Mai 2000 vorgelegten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (Dr. H.) stand. Danach sei in der konkreten Situation nicht vorhersehbar gewesen , wie lange der Schrittmacher noch arbeiten werde, weshalb der Beklagte
die Klägerin auf ihre vitale Gefährdung hätte hinweisen und einen sofortigen Aufnahmetermin im Krankenhaus hätte anbieten müssen. Zwar hat der Sachverständige La. zu diesen Ausführungen in seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht am 24. Oktober 2000 Stellung genommen und sie – jedenfalls nach den Erkenntnissen im Jahre 1996 – für unzutreffend gehalten. Nachdem die Klägerin die Beurteilung des Dr. N. zu den Akten gereicht hatte, konnten jedoch die Ausführungen des Dr. H. in neuem Licht erscheinen. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht es unterlassen hat, die Ausführungen des Dr. H. in seine Beurteilung einzubeziehen und die unterschiedlichen Stellungnahmen in einer Gesamtbetrachtung zu würdigen (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1996 – VI ZR 70/95 – aaO, S. 648 a.E.).
c) Die Revision rügt darüber hinaus mit Erfolg, daß das Berufungsgericht das Vorliegen eines Behandlungsfehlers unter dem Gesichtspunkt des Unterlassens einer Schrittmacherkontrolle verneint hat, ohne das von der Klägerin zu dieser Frage beantragte Sachverständigengutachten einzuholen. Es hat insoweit verfahrensfehlerhaft eigene Sachkunde in Anspruch genommen, ohne diese darzulegen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 125, 127; Senatsurteile vom 14. Februar 1995 – VI ZR 106/94 – VersR 1995, 681, 682 und vom 27. März 2001 – VI ZR 18/00 – VersR 2001, 859, 860). Die Klägerin hatte geltend gemacht, daß der Beklagte, dem nicht bekannt war, seit wann der von ihm festgestellte Zustand der Batterieerschöpfung schon andauerte, eine sofortige Herzschrittmacherkontrolle habe vornehmen müssen, da er nur so den Zustand des Aggregats zuverlässig habe beurteilen können. Zum Beweis ihrer Behauptung hatte sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Über diesen Antrag durfte das Berufungsgericht nicht unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen La. hinweggehen , wonach der Schrittmacher noch eine voraussichtliche Funktions-
dauer von 1,08 Jahren gehabt habe. Dieser technische Sachverständige hatte sich nämlich mit der Frage, ob im Streitfall aufgrund der von der Klägerin aufgezeigten Umstände eine sofortige Schrittmacherkontrolle geboten war, überhaupt nicht befaßt. Eigene Sachkunde für die Beurteilung dieses Gesichtspunktes hat das Berufungsgericht nicht dargelegt. 2. Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht bewiesen, daß eine Schrittmacherkontrolle oder ein früherer Austausch des Schrittmachers nach unverzüglicher Einweisung der Klägerin in das CCB ihren Zusammenbruch und den daraus resultierenden Gesundheitsschaden vermieden hätten.
a) Ohne Rechtsfehler und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß die vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze, wonach ein Verstoß des Arztes gegen die Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde Beweiserleichterungen für den Patienten zur Folge haben kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Juli 1999 – VI ZR 290/98 – VersR 1999, 1282, 1284; vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 – VersR 2001, 1030, 1031 m.w.N.), auch im Streitfall herangezogen werden können. Die Batteriekapazität eines Herzschrittmachers kann unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten haben. Das rechtfertigt es, nach dem Vortrag der Klägerin mögliche Feststellungen hierzu der Erhebung medizinischer Befunde in rechtlicher Hinsicht gleichzustellen. Die Verpflichtung, die verbliebene Kapazität festzustellen, hat – ebenso wie die Pflicht zur Erhebung des Krankheitsstatus eines Patienten im engeren Sinne – den Zweck, Aufschluß über ein behandlungsbedürftiges Geschehen zu gewinnen, um dann die für die Gesundheit des Patienten nötigen Maßnahmen zu treffen. Verletzt der Arzt diese Pflicht, so erschwert oder vereitelt er dem Patienten wegen des Fehlens des sonst als Beweismittel zur
Verfügung stehenden Untersuchungsergebnisses die Beweisführung in einem späteren Haftpflichtprozeß. Dies rechtfertigt es, dem Patienten in einem solchen Fall Beweiserleichterungen zu gewähren (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 47, 52).
b) Das Berufungsgericht hat auch die Voraussetzungen, die an das Eingreifen derartiger Beweiserleichterungen zu stellen sind, nicht verkannt. Es hat im Ansatz zutreffend angenommen, daß auch eine - nicht grob - fehlerhafte Unterlassung der gebotenen Befunderhebung dann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führt, wenn sich bei Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Juli 1999 – VI ZR 290/98 – VersR 1999, 1282, 1283; vom 29. Mai 2001 – VI ZR 120/00 – aaO; vom 8. Juli 2003 – VI ZR 394/02 – VersR 2003, 1256, 1257 - jeweils m.w.N.; vgl. zum groben Befunderhebungsfehler BGHZ 138, 1, 5 f.).
c) Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht im Streitfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen positiven Ergebnisses unter Hinweis darauf verneint hat, daß auch ein Kammerflimmern allein den Zusammenbruch der Klägerin habe verursachen können. Bei dieser Argumentation hat das Berufungsgericht in unzulässiger Weise die Frage, ob die unterlassene Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis erbracht hätte, mit der Frage vermengt, ob der Befunderhebungsfehler den eingetretenen Gesundheitsschaden verursacht hat. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen Befundergebnisses ist unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen. Sie darf insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, der Gesundheitsschaden
könne im Ergebnis auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs eingetreten sein (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - VersR 1998, 585, 586 a.E.). In den Fällen, in denen der Arzt gegen seine Pflicht zur Befunderhebung verstoßen hat, kommen nämlich wegen des Fehlens der sonst als Beweismittel zur Verfügung stehenden Untersuchungsergebnisse typischerweise verschiedene Schadensursachen in Betracht (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 47, 52). Von welcher dieser möglichen Ursachen auszugehen ist, ist Gegenstand des Kausalitätsbeweises, der bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen der Behandlungsseite auferlegt wird. Das Berufungsgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob der Umstand, daß die Indikation zum Austausch des Herzschrittmachers seit unbekannter Zeit gegeben war, bei sofortiger Kontrolle mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Unzuverlässigkeit des Schrittmachers ergeben hätte, deshalb ein sofortiger Austausch dringend angezeigt gewesen wäre und sich eine unterbliebene Reaktion auf diesen Umstand nach dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft als grob fehlerhaft dargestellt hätte.

III.

Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann. Es wird dabei auch den weiteren von der Revision geltend gemachten Einwänden nachzugehen haben, auf die es für die Revisionsentscheidung nicht ankommt. Bei der ergänzenden Sachaufklärung wird das Berufungsgericht insbesondere zu berücksichtigen haben, daß die Ausführungen des Sachverständi-
gen La., von denen auch der Sachverständige Prof. Dr. L. ausgegangen ist, nicht nur im Widerspruch zu den von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten stehen, sondern auch nicht nachvollziehbar sind. Seine Berechnung und die von ihm hierbei zugrundegelegten Werte sind zum einen nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt, vom Berufungsgericht auch bisher nicht ersichtlich nachvollzogen worden und möglicherweise nicht frei von Widersprüchen. Insbesondere lassen die Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 9. März 2000 Zweifel an der Richtigkeit seiner Berechnungen aufkommen. Diesen Zweifeln wird das Berufungsgericht bei der erforderlichen neuen Verhandlung und Entscheidung – gegebenenfalls durch Beauftragung eines weiteren technischen Sachverständigen – nachzugehen haben. Müller Greiner Diederichsen Pauge Stöhr

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 230/03 Verkündet am:
8. Juni 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 1 Nr. 1

a) Befaßt sich ein vom erstinstanzlichen Gericht eingeholtes Gutachten eines Sachverständigen
nicht mit allen entscheidungserheblichen Punkten, hat das Berufungsgericht
von Amts wegen auf eine Vervollständigung des Gutachtens hinzuwirken.

b) Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der
Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich aus einer
fehlerhaften Rechtsanwendung ergeben.

c) Einem erstmals in zweiter Instanz gestellten Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen
gemäß §§ 402, 397 ZPO hat das Berufungsgericht stattzugeben, wenn
er entscheidungserhebliche Gesichtspunkte betrifft, die das Gericht des ersten
Rechtszugs aufgrund einer fehlerhaften Beurteilung der Rechtslage übersehen
hat.
BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 31. Oktober 1991 geltend, bei dem der Beklagte zu 1 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten PKW auf den von der Klägerin gesteuerten PKW aufgefahren ist. Die volle Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Klägerin erlitt ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Die Beklagte zu 2 zahlte deshalb vorprozessual ein Schmerzensgeld von 2.800 DM.
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagten auch für die von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden einzustehen haben, soweit diese über den 31. Dezember 1991 hinaus andauerten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Beschwerden seien insgesamt unfallbedingt. Sie hat ein angemessenes Schmerzensgeld, Ersatz ihres materiellen Schadens in Höhe von 46.826,09 DM sowie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten hinsichtlich aller weiteren Schäden aus dem Unfall gefordert. Das Landgericht hat der Klägerin über den vorprozessual bezahlten Betrag hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 613,55 € nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin unter Beibehaltung der Anträge im übrigen über die gezahlten und erstinstanzlich zuerkannten Beträge hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 16.000 DM begehrt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus der Berufungsinstanz weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Klägerin durch den Unfall verletzt wurde und ihre Beschwerden bis Dezember 1991 unfallbedingt waren. Sie habe jedoch nicht bewiesen, daß der Unfall auch Ursache ihrer Beschwerden nach Dezember 1991 sei. Das Landgericht habe zwar nicht berücksichtigt, daß diese Frage nach § 287 Abs. 1 ZPO zu beurteilen sei. Auch nach diesem Beweismaß lasse sich aber eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß
der Unfall ursächlich für die Beschwerden gewesen sei, nicht feststellen. Als Ursache der Beschwerden komme auch eine degenerative Veränderung der Wirbelsäule in Betracht. Die unspezifischen Beschwerden der Klägerin könnten im Zusammenhang mit einer Halswirbelsäulenverletzung auftreten, ließen jedoch nicht hinreichend sicher auf eine solche Verletzung schließen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Unfall ursächlich für die Beschwerden gewesen sei, ergebe sich aus dem Gutachten nicht. Die erstmals mit der Berufungsbegründung beantragte Ladung des Sachverständigen sei nicht geboten gewesen. Das Gutachten sei widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend. Das Landgericht habe daher zu einer Ladung des Sachverständigen von Amts wegen keinen Anlaß gehabt. Unterlasse eine Partei es, in erster Instanz die Anhörung des Sachverständigen zu beantragen, könne sie das wegen § 531 Abs. 2 ZPO nicht in der Berufung nachholen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Allerdings beanstandet die Revision ohne Erfolg, das Berufungsurteil genüge nicht den Anforderungen an die Sachverhaltsdarstellung im Berufungsurteil nach neuem Recht (§ 26 Nr. 5 EGZPO; § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
a) Hiernach bedarf es keines förmlichen Tatbestandes. An dessen Stelle muß das Berufungsurteil jedoch auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug nehmen und eine Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen enthalten. Ohne solche ausreichenden tatbestandlichen Darstellungen fehlt dem Berufungsurteil die für die revisionsrechtliche Nachprüfung
nach den §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche Beurteilungsgrundlage. Gleiches gilt für tatbestandliche Darstellungen, die derart widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sind, daß sie die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. BGHZ 156, 97, 99; BGH, Urteile vom 7. November 2003 - V ZR 141/03 - WM 2004, 894, 895 und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291). In diesen Fällen ist das Berufungsurteil grundsätzlich von Amts wegen aufzuheben (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - NJW 2004, 1389, 1390 m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; BGH, Urteil vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - BGHReport 2004, 474, 475; vgl. zum früheren Recht Senatsurteil BGHZ 73, 248). Von einer Aufhebung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich die notwendigen tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung hinreichend deutlich aus den Urteilsgründen ergeben. Diese Grundätze gelten auch für ein Berufungsurteil, das - wie im Streitfall - die Revision nicht zuläßt, aber der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - VersR 2004, 259, 260).
b) Das angefochtene Urteil genügt diesen Anforderungen. Es enthält zwar keine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil. Eine solche war aber entbehrlich, weil die tatsächlichen Feststellungen erster Instanz neben den Änderungen und Ergänzu ngen im Berufungsurteil ausreichend wiedergegeben werden. Eine ausdrückliche Bezugnahme ist nicht zwingend erforderlich. § 540 ZPO soll die Berufungsgerichte von Schreibarbeit entlasten und erlaubt dazu eine Bezugnahme ohne eine eigene Darstellung zu verbieten (vgl. Begründung der Beschlüsse des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124; wie hier Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 540 Rdn. 1; a.A. Meyer-Seitz in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform, 2002, § 540 Rdn. 6). Die Möglichkeit revisionsrechtlicher Überprüfung wird im Streitfall nicht beeinträchtigt.
2. Die Revision beanstandet aber mit Erfolg, daß das Berufungsgericht gegen §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO verstoßen hat. Das Landgericht hatte seiner Entscheidung wie schon seinem Beweisbeschluß § 286 ZPO statt § 287 ZPO und damit das falsche Beweismaß zugrunde gelegt. Das vom Landgericht eingeholte Gutachten enthält zu der entscheidungserheblichen Frage, ob der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den andauernden Beschwerden der Klägerin überwiegend wahrscheinlich ist, keine Angaben. Es war daher unvollständig. Das Berufungsgericht hat das erkannt, hat aber das Gutachten dennoch seiner Entscheidung zugrunde gelegt (s.u. zu a)). Eine Ergänzung durch weitere Begutachtung oder durch eine Anhörung des Sachverständigen war bei fehlerfreier Rechtsanwendung bereits in erster Instanz erforderlich, ist aber unterblieben. Der Verstoß des Landgerichts gegen § 287 ZPO begründete Zweifel an der Richtigkeit seiner Feststellungen zur Kausalität gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die eine Vervollständigung des Gutachtens durch das Berufungsgericht von Amts wegen erforderten (§ 411 Abs. 3 ZPO; s.u. zu b)). Der entsprechende Antrag der Klägerin in der Berufungsbegründung war nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen (s.u. zu c)). Im einzelnen:
a) Das Berufungsgericht geht im Ansatzpunkt ohne Rechtsfehler davon aus, daß die Frage, ob die nach Dezember 1991 noch vorhandenen Beschwerden der Klägerin auf dem Unfall oder dem unfallbedingten HWSSchleudertrauma beruhten, unter Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO zu beantworten ist. Diese Frage nach dem Umfang des eingetretenen Schadens ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Der Tatrichter unterliegt insoweit nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, sondern ist nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st.Rspr., vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00 - VersR 2002, 200, 201; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474,
476; vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - VersR 2004, 118, 119). Zwar kann er auch die haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von dem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. An das zur Überzeugungsbildung erforderliche Beweismaß werden aber geringere Anforderungen gestellt. Es genügt je nach Lage des Einzelfalles eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit (vgl. Senatsurteile BGHZ 149, 63, 66; vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - aaO; vom 22. September 1992 - VI ZR 293/91 - VersR 1993, 55, 56; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO). Gleichwohl konnte das Berufungsgericht auf der Grundlage des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens die haftungsausfüllende Kausalität nicht ohne weitere Sachaufklärung verneinen. Das interdisziplinäre Gutachten der Sachverständigen befaßt sich nicht mit der Frage, ob eine nach § 287 ZPO ausreichende (überwiegende) Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs besteht , sondern ausschließlich mit der naturwissenschaftlichen Nachweisbarkeit des Ursachenzusammenhangs. Die Sachverständigen waren, worauf die Revision zutreffend hinweist, im Beweisbeschluß des Landgerichts auch nur hierzu befragt worden. Die hierdurch bedingte Unvollständigkeit des Gutachtens kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen, weil sie auf der fehlerhaften Anwendung des Beweismaßes durch das Landgericht beruht.
b) Unter diesen Umständen beanstandet die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO verstoßen hat, weil es keine Vervollständigung des Gutachtens veranlaßt hat. aa) Das interdisziplinäre Gutachten der Sachverständigen befaßt sich - wie bereits erwähnt - nicht mit der für § 287 ZPO ausreichenden (überwiegenden ) Wahrscheinlichkeit, sondern mit der naturwissenschaftlichen Beweisbarkeit des Ursachenzusammenhangs.
bb) Das Berufungsgericht durfte die auf Grund dieses Gutachtens getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen. Zwar ist ein Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 ZPO grundsätzlich an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden. Diese Bindung entfällt aber, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO). (1) Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. Meyer-Seitz aaO, § 529 Rdn. 20; MünchKomm-ZPO/Aktualisierungsband -Rimmelspacher, 2. Auflage, § 529 Rdn. 11 f.; Musielak/Ball, ZPO, 3. Auflage, § 529 Rdn. 9 f.; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 529 Rdn. 3; Rimmelspacher , NJW-Sonderheft zum 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, 11, 15; derselbe, NJW 2002, 1897, 1900 f.). Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen, aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann , ZPO, 62. Aufl., § 529 Rdn. 4; Meyer-Seitz, aaO, Rdn. 20 f., 26; Musielak /Ball, aaO, Rdn. 9 f.; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, Rdn. 2; Begründung der Beschlüsse des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 123), aber auch aus Fehlern, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 -; BGH, Urteile vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - WM 2004, 845, 846; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - je zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 14/4722, S. 100; MünchKommZPO/Aktualisierungsband -Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 12; Rimmelspacher, NJW-
Sonderheft aaO, 11, 15; derselbe, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Wurden Tatsachenfeststellungen auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen, kann auch die Unvollständigkeit des Gutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen wecken (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - NJW 2003, 3480, 3481; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 18; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 9). Hiernach begründeten im Streitfall konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Vollständigkeit der Feststellungen: Das angefochtene Urteil zeigt die Verkennung der Rechtslage durch das Landgericht und die darauf beruhende Verkürzung der Beweiserhebung auf. Das Berufungsgericht führt dazu ohne Rechtsfehler aus, das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, daß § 287 ZPO geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung stelle. Die Unvollständigkeit der Begutachtung ergibt sich hieraus unmittelbar. (2) Das hätte beim Berufungsgericht Zweifel an der Vollständigkeit und an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts zur Kausalität wecken müssen. Solche Zweifel sind bereits dann begründet , wenn aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - aaO und vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - zum Abdruck in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Auflage, § 529 Rdn. 3; Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 29; vgl. Begründung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124; geringere Anforderungen : MünchKommZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher, aaO, § 529
Rdn. 21; derselbe, NJW 2002, 1897, 1902 f. und NJW-Sonderheft aaO, 11, 16; vgl. auch BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluß vom 12. Juni 2003 - 1 BvR 2285/02 - NJW 2003, 2524; kritisch Greger NJW 2003, 2882, 2883). Die Anforderungen dürfen nicht überspannt werden. Es genügt, wenn das Berufungsgericht aufgrund konkreter Anhaltspunkte in einer rational nachvollziehbaren Weise zu "vernünftigen“ Zweifeln kommt, das heißt, zu Bedenken, die so gewichtig sind, daß sie nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden können (vgl. Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 29; Begründung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124). Diese Voraussetzungen sind hier zu bejahen. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Landgericht bei Anwendung des § 287 ZPO zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die zahlreich vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen wie auch das Gutachten halten nämlich zum Teil einen Ursachenzusammenhang mit dem Unfall für möglich oder wahrscheinlich. (3) Eine ergänzende Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht war nach allem erforderlich. Eine erneute Prüfung und Entscheidung ist immer geboten , wenn - wie im Streitfall - die konkrete Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses besteht (so auch BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - aaO 847, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 28; Begründung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124). Die Verpflichtung zu ergänzenden Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO) ergibt sich hier aus dem Umstand, daß ein unvollständiges Gutachten keine Entscheidungsgrundlage sein kann (st.Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 2001 - VI ZR 408/99 - VersR 2001, 783 und vom 27. März 2001 - VI ZR 18/00 - VersR 2001, 859, 860 - jeweils m.w.N.). Ein Antrag der Klägerin war daher nicht erforderlich. Zudem lag hier ein solcher Antrag auf Anhörung des Sachverständigen vor.

c) Unter diesen Umständen rügt die Revision auch mit Erfolg, daß die beantragte Anhörung des Sachverständigen unterblieben ist. Die Zurückweisung dieses Antrags beruht auf einer fehlerhaften Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Verweigerung der Zulassung neuen Vortrags kann vom Revisionsgericht überprüft werden (vgl. BGHZ 12, 49, 52; BGH, Urteil vom 9. März 1981 - VIII ZR 38/80 - NJW 1981, 2255; Meyer-Seitz, aaO, § 531 Rdn. 26; MünchKommZPO /Aktualisierungsband-Rimmelspacher, aaO, § 530 Rdn. 34; Musielak /Ball, aaO, § 531 Rdn. 23, 25; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 531 Rdn. 37). Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel u.a. dann zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. aa) Wie ausgeführt hat das Eingangsgericht den hier anzuwendenden Beweismaßstab verkannt. Das Berufungsgericht hat zwar erkannt, daß die haftungsausfüllende Kausalität nach § 287 ZPO zu beurteilen war. Es mußte aber auch neue Angriffsmittel, die auf eine Abklärung nach dem bisher nicht berücksichtigten Beweismaßstab für die Kausalität abzielten, zulassen. bb) Angriffs- und Verteidigungsmittel sind alle zur Begründung des Sachantrages oder zur Verteidigung dagegen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen und Einreden, sämtliches Bestreiten und alle Beweisanträge (vgl. Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 14, § 530 Rdn. 11; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 531 Rdn. 22; Drossart, Bauprozessrecht 2004, 4, 6; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428). Hierzu zählt auch der Antrag einer Partei auf Anhörung eines Sachverständigen (§§ 402, 397 ZPO).
Der Antrag der Klägerin auf Anhörung des Sachverständigen wurde erstmals in zweiter Instanz gestellt, war mithin neu. In der Berufungsbegründung hatte die Klägerin zu der von ihr behaupteten überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Kausalität des Unfalls für die geltend gemachten Beschwerden die Anhörung des Sachverständigen beantragt. Dies genügte den Anforderungen an einen Antrag gemäß den §§ 402, 397 ZPO. Eine Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, muß nicht die Fragen, die sie an den Sachverständigen richten will, im voraus konkret formulieren. Ausreichend ist, wenn sie angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926, 927 m.w.N.). cc) Die objektiv fehlerhafte Rechtsansicht des Landgerichts hat den erstinstanzlichen Sachvortrag der Klägerin beeinflußt und ist (mit-)ursächlich dafür geworden, daß sich hier Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert hat (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03 -, z.V.b.; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - Umdr. S. 9, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Die fehlerhafte Rechtsauffassung des Landgerichts zum Beweismaß (§ 286 ZPO statt § 287 ZPO) hat dazu beigetragen, daß der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen erst in der Berufungsinstanz gestellt wurde. Zudem macht die Revision mit Recht geltend, die Klägerin sei dem gleichen Rechtsirrtum unterlegen wie das Landgericht; dieser habe sich in der eingeschränkten Begutachtung ausgewirkt und sei objektiv geeignet gewesen, die Klägerin im ersten Rechtszug von einem Antrag auf Anhörung zur Frage der überwiegenden Wahrscheinlichkeit abzuhalten. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin den Antrag aus anderen, von der rechtlichen Fehleinschätzung unabhängigen Gründen zurückgehalten hätte, liegen nicht vor.
3. Das Berufungsurteil stellt sich schließlich nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht in eigener Würdigung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis gekommen ist, auch nach den gemäß § 287 ZPO geringeren Anforderungen an die Überzeugungsbildung habe die Klägerin im Ergebnis den ihr obliegenden Nachweis nicht geführt. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht. Diese Feststellung ist auf der Grundlage des Gutachtens rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Das Gutachten enthält, wie ausgeführt, zur Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs keine Aussage. Zu Feststellungen hierzu hätte es daher eigener Sachkunde des Gerichts bedurft, die es im Urteil hätte darlegen müssen. Auch im Rahmen der freien Überzeugungsbildung nach § 287 ZPO darf der Tatrichter nämlich, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er eine entsprechende Sachkunde ausweist (vgl. Senatsurteile vom 22. Dezember 1987 - VI ZR 6/87 - VersR 1988, 466, 467; vom 14. Februar 1995 - VI ZR 106/94 - VersR 1995, 681, 682; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - VersR 2001, 1547, 1548). Unter demselben Mangel leiden die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts, in denen es dem zeitlichen Ablauf des Auftretens der Beschwerden maßgebliche Bedeutung für die Prüfung der haftungsausfüllenden Kausalität beimißt. Die
Revision beanstandet zu Recht, das Berufungsgericht habe ohne sachverständige Beratung keine medizinischen Rückschlüsse aus dem Krankheitsverlauf ziehen dürfen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.