Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 08. Nov. 2018 - 4 W 27/18

bei uns veröffentlicht am08.11.2018

Tenor

1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 12.07.2018, Az. 10 O 628/17 (1), in der Fassung des Beschlusses vom 08.08.2018 wird zurückgewiesen.

2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht.

Gründe

I.

1

Die aus eigenem Recht erhobene Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers richtet sich gegen die angeblich zu niedrige Bemessung des Mehrwerts eines Vergleichs über Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung.

2

Der von den Beschwerdeführern vertretene Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenversicherung. Eingeschlossen waren u.a. eine Pflege- und eine Krankenhaustagegeldversicherung sowie - für einen monatlichen Beitrag von 41,97 Euro - eine Krankentagegeldversicherung. Aus dieser hatte der Kläger seit November 2015 bis zum 05.10.2016 Leistungen erhalten. Mit seiner im August 2017 erhobenen Klage hatte er beantragt, die Beklagte zur Zahlung rückständigen Krankentagegeldes i.H.v. 50,00 Euro pro Tag seit dem 06.10.2016 bis zum 30.08.2017, insgesamt 16.400,00 Euro nebst Zinsen zu verurteilen (Antrag zu 1. auf Leistung) sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ab dem 31.08.2017 ein tägliches Krankengeld i.H.v. 50,00 Euro zu zahlen, solange der Kläger arbeitsunfähig sei (Antrag zu 2. auf Feststellung). Die Beklagte hatte eine Leistungspflicht in Abrede genommen, da Berufsunfähigkeit vorliege.

3

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben die Parteien einen verfahrensabschließenden Vergleich geschlossen. Darin heißt es neben einer - nicht in Anspruch genommenen - Widerrufsmöglichkeit sowie einer Kostenregelung:

4

„1. Die Beklagte zahlt an den Kläger einen Betrag von 8.000,00 EUR.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die streitgegenständliche Krankentagegeldversicherung beendet ist und hieraus mit Erfüllung von Ziff. 1 dieses Vergleichs keinerlei wechselseitige Ansprüche mehr bestehen“.

5

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.07.2018 hat das Landgericht den Streitwert ohne nähere Begründung auf 23.600,00 Euro festgesetzt und festgestellt, dass ein überschießender Vergleichswert nicht bestehe. Gegen diese ihnen am 12.07.2018 formlos übersandte Entscheidung richtet sich die am 16.07.2018 beim Landgericht eingegangene Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der sie die Festsetzung eines Mehrwertes für den Vergleich i.H.v. 13.127,55 Euro begehren. Zur Begründung tragen sie vor, der Vergleich sehe auch die Aufhebung der streitgegenständlichen Versicherung vor. Dies sei nach ständiger Rechtsprechung mit 20 % des nach § 9 ZPO ermittelten, für die Leistungen maßgeblichen Betrages zu berücksichtigen, der sich aus der Summe der Versicherungsleistung (50,00 Euro pro Tag) und dem monatlichen Beitrag von 41,97 Euro ergebe.

6

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 08.08.2018 teilweise abgeholfen und einen Mehrwert des Vergleichs von 1.825,00 Euro festgesetzt. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Mehrwert mit 20 % des vereinbarten Krankentagegeldes für eine sechsmonatige Bezugsdauer zu bestimmen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sei § 9 ZPO hier nicht anwendbar.

7

Die Beschwerdeführer halten demgegenüber an ihrem Antrag fest. Im vorliegenden Verfahren habe der Kläger deutlich länger als sechs Monate Krankentagegeld bezogen, so dass nicht auf diesen begrenzten Zeitraum abgestellt werden könne. Entsprechend der Streitwertbemessung für einen auf Feststellung des Fortbestehens einer Krankentagegeldversicherung gerichteten Antrag müsse hier ebenfalls der dreieinhalbfache Jahresbetrag zu Grunde gelegt werden. Es gehe hier nicht um die - womöglich kürzere - Bezugsdauer von Krankentagegeld, sondern um den Bestand des Versicherungsverhältnisses.

8

Die Beklagte hat zu der Beschwerde Stellung genommen und meint, ein Mehrwert könne sich allenfalls auf den 3,5-fachen Jahresbetrag der Prämie belaufen.

9

Der zur Entscheidung berufene Einzelrichter hat das Verfahren nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 2 GKG wegen der grundsätzlichen Bedeutung dem Senat übertragen.

II.

10

Die zulässige (§§ 68 Abs. 1 Satz 1, Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) Beschwerde ist nicht begründet. Mit Recht und zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, hat das Landgericht den Streitwert - insoweit unangefochten - auf bis 25.000,00 Euro und den Mehrwert des Vergleichs auf 1.825,00 Euro festgesetzt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1.

11

Der Streitwert für das Verfahren bestimmt sich nach dem Streitgegenstand, hier also den behaupteten Ansprüchen aus der Krankentagegeldversicherung. Er errechnet sich aus der Summe (§ 39 Abs. 1 GKG) des für den Leistungsantrag anzunehmenden Betrages (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO: 16.400,00 Euro) und dem Wert für den Feststellungsantrag.

12

Dieser ist, da die Verpflichtung zur Zahlung für einen nicht feststehenden Zeitraum begehrt wird, durch Zugrundelegung einer halbjährlichen Bezugsdauer des vereinbarten Krankentagegeldes abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20% zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 14.12.2016 - IV ZR 477/15, MDR 2017, 293, juris Leitsatz 1 und Rn. 5 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.2018 - 20 W 41/17, juris Rn. 12, 16; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.03.2006 - 12 W 18/06, VersR 2007, 416, juris Leitsatz und Rn. 3). Das ergibt hier einen Betrag von (50,00 Euro x 365 : 2 ./. 20% =) 7.300,00 Euro.

13

Eine nur eingeschränkte Wertaddition (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 13 f.; BGH, Beschluss vom 06.10.2011 – IV ZR 183/10, VersR 2012, 76, juris Rn. 2; OLG Hamm, a.a.O., juris Rn. 16) ist hier nicht vorzunehmen. Der Kläger hat rückständige (bis Klageerhebung) und künftige (ab Klageerhebung) Leistungen aus dem selben Versicherungsfall (Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Hüftgelenkproblemen und einer deswegen durchgeführten Operation) geltend gemacht. Nach seinem Vortrag soll dem Feststellungsantrag somit keine zusätzliche wirtschaftliche Bedeutung für eventuelle andere, zukünftige Versicherungsfälle zukommen. Beide Anträge betreffen daher unterschiedliche Sachverhalte und damit unterschiedliche wirtschaftliche Interessen (Leistungen für die Vergangenheit und für die Zukunft), auch wenn sie auf dem selben Grund (Anspruch auf Bezug von Krankentagegeld, also - u.a. - der Ausschluss der Berufsunfähigkeit) beruhen. Anders als bei einem neben einem Leistungsantrag zusätzlich ausdrücklich auf die Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsverhältnisses (so der der Entscheidung des BGH vom 14.12.2016 zugrunde liegende Sachverhalt) bzw. auf die Feststellung, dass keine Berufsunfähigkeit vorliege (so OLG Hamm, a.a.O.) gerichteten Antrag besteht deshalb weder eine wirtschaftliche Teilidentität der beiden Klagebegehren noch ein für die Wertfestsetzung allein maßgebliches überschießendes Interesse des Feststellungsantrages. Er ist vielmehr mit seinem - um den allgemeinen Feststellungsabschlag verminderten - vollständigen Wert anzusetzen.

14

Dass der Kläger den Weg der Feststellungsklage wählte, spielt für die hier allein zur Entscheidung anstehende Festsetzung des Streitwerts ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob eine solcher Antrag zulässig ist.

15

Die außerdem geltend gemachten Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten erhöhen den Streitwert als Nebenforderungen nicht, § 43 Abs. 1 GKG.

16

Danach errechnet sich ein Gesamtstreitwert von (16.400,00 + 7.300,00 =) 23.700,00 Euro. Unschädlich ist, dass das Landgericht - wohl den Ausführungen in der Klageschrift folgend - offenbar die „halbjährliche Bezugsdauer“ mit 180 Tagen bemessen hat und daher zu einem geringfügig abweichenden Ergebnis ([50,00 Euro x 180 Tage ./. 20% =] 7.200,00 + 16.400,00 = 23.600,00 Euro) gekommen ist. Ein Gebührensprung ist damit nicht verbunden.

17

Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts ist daher richtig. Dagegen wendet sich die Beschwerde auch nicht. Eine Änderung durch den Senat ist damit nicht veranlasst, auch nicht nach § 63 Abs. 3 GKG.

2.

18

Zutreffend ist das Landgericht in seiner Teilabhilfeentscheidung außerdem von einem Vergleichsmehrwert von 1.825,00 Euro ausgegangen.

a)

19

Der Vergleich hat einen überschießenden Mehrwert, weil die Parteien auch die Beendigung des Vertrages vereinbart und damit eine über den ursprünglichen Streitgegenstand hinaus gehende gütliche Einigung getroffen haben (OLG Hamm, a.a.O., juris Rn. 20; OLG Köln, Beschluss vom 29.04.2015 - 20 W 75/14, juris Rn. 2; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.08.2014 - 8 W 1409/14, AGS 2015, 79, juris Rn. 55; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Vergleich“, jeweils m.w.N.). Darauf hat die Beschwerde zu Recht abgestellt; das Landgericht hat seine zunächst abweichende Auffassung entsprechend korrigiert.

b)

20

Entgegen der Ansicht der Beschwerde kann der Berechnung dieses Mehrwerts jedoch nicht die Summe von vereinbarter Leistung und Beitrag zugrunde gelegt werden (aa). Vielmehr ist lediglich das Krankentagegeld (bb) zu berücksichtigen, und zwar nur für eine Bezugsdauer von sechs Monaten (cc). Der sich daraus ergebende Wert ist mit einem Anteil von 20 % anzusetzen (dd).

aa)

21

Zutreffend verweisen die Beschwerdeführer allerdings darauf, dass nach gefestigter Rechtsprechung der überschießende Vergleichswert aus einem Anteil von 20 % des dreieinhalbfachen Jahresbetrags der Summe von (Renten-)Leistung und Prämien(freistellung) zu ermitteln ist (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.08.2014 - 8 W 1409/14, AGS 2015, 79, juris Rn. 54 ff.; KG, Beschluss vom 17.09.2014 - 6 W 127/14, VersR 2015, 128, juris Leitsatz und Rn. 2 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2015 - 12 W 7/15, VersR 2015, 1530, juris Leitsatz 2 und Rn. 9; OLG Hamm, Beschluss vom 19.04.2017 - 20 U 117/16, VersR 2017, 1545, juris Leitsatz und Rn. 8, Beschluss vom 16.01.2013 – 20 W 47/12, juris Leitsatz und Rn. 2, Beschluss vom 27.04.2012 – 20 W 13/12, VersR 2013, 920, juris Leitsatz 2 und Rn. 15; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14.12.2016, a.a.O., juris Rn. 9 und Beschluss vom 06.10.2011, a.a.O., juris Rn. 1). Diese Rechtsprechung, der insoweit auch der Senat folgt (Beschluss vom 25.04.2018 – 4 U 39/14, n.v., und Beschluss vom 05.09.2018 – 4 U 46/17, n.v.) betrifft jedoch allein den Fall der Berufsunfähigkeits- bzw. Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ). Dort ist als Versicherungsleistung neben der monatlichen Rente regelmäßig auch die Befreiung von der Beitragszahlungspflicht vereinbart. Für das den Streitwert bestimmende wirtschaftliche Interesse des klagenden Versicherungsnehmers an dem Fortbestand des Vertrages sind daher dort Rente und Prämie (Beitragsbefreiung) zusammenzurechnen.

22

Bei der hier streitgegenständliche Krankentagegeldversicherung verhält es sich jedoch anders. Versicherungsleistung ist lediglich das bedingungsgemäße Krankentagegeld. Dass die Parteien vorliegend eine Beitragsbefreiung für die Dauer der Krankentagegeldzahlungen vereinbart haben, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die oben dargestellte Rechtsprechung ist daher nicht einschlägig, eine Addition der beiden Beträge kommt nicht in Betracht.

bb)

23

Maßstab der Berechnung ist vielmehr allein das Krankentagegeld, auf die zu zahlende Prämie kommt es nicht an.

24

Das im Rahmen des § 3 ZPO zu bewertende wirtschaftliche Interesse des Versicherungsnehmers am Fortbestand des Vertrages ist darauf gerichtet, auch künftig im Versicherungsfall die geschuldete Leistung zu erhalten. Bei der Krankentagegeldversicherung geht es dabei um das Krankentagegeld als eine von vornherein summenmäßig festgelegte, wiederkehrende Leistung. Es ist deshalb sachgerecht, als Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts für eine (isolierte) Klage auf Feststellung des Fortbestandes einer solchen Versicherung das vereinbarte Krankengeld heranzuziehen (BGH, Beschluss vom 14.12.2016, a.a.O., juris Rn. 10), abzüglich des bei positiven Feststellungsklagen üblichen Abschlags von 20 %.

25

Dem steht nicht entgegen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Festsetzung des Wertes eines Streits über das Bestehen eines privaten Krankenversicherungsvertrages auf die - monatliche bzw. jährliche - Prämie abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 14.12.2016, a.a.O., juris Rn. 8, Beschluss vom 09.11.2011 - IV ZR 37/11, VersR 2012, 336, juris Leitsatz 1 und Rn. 3, Beschluss vom 10.10.2001 - IV ZR 171/01, NVersZ 2002, 21, juris Leitsatz 1 und Rn. 2, Beschluss vom 15.05.1996 - IV ZR 337/95, r+s 1996, 332, juris Rn. 4; OLG Schleswig, Beschluss vom 14.01.2008 - 16 W 14/08, OLGR Schleswig 2008, 458, juris Leitsatz 1 und Rn. 1 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.2018, a.a.O., juris Rn. 13). Bei einem solchen Vertrag ist eine Bezifferung der künftig geschuldeten Versicherungsleistungen grundsätzlich nicht möglich, weshalb das Fortbestandsinteresse des Versicherungsnehmers danach nicht bestimmt werden kann. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass im Einzelfall eine pauschalierte Erhöhung des Wertes zugelassen wird, wenn Leistungs- oder Tagegeldansprüche geltend gemacht, aber noch nicht eingeklagt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10.10.2001, a.a.O., juris LS 2 und Rn. 3; Beschluss vom 09.11.2011, a.a.O., juris Rn. 4). Solches ist vorliegend nicht der Fall. Es handelt sich hier vielmehr um eine Krankentagegeldversicherung, bei der die im Versicherungsfall geschuldete Leistung feststeht. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Bestehen oder Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses lässt sich daher aufgrund der vereinbarten Leistungen, also dem im Versicherungsfall zu zahlenden Krankengeld bemessen.

26

Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch in einem Fall (Beschluss vom 03.05.2000 - IV ZR 258/99, VersR 2000, 1430), dem eine Krankentagegeldversicherung zugrunde lag, die Beschwer der im Rechtsstreit um den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses unterlegenen Partei nach der Prämie bemessen. Dabei ist er zwar von seiner Rechtsprechung zum Krankenversicherungsvertrag ausgegangen (a.a.O., juris Rn. 5 mit Verweis auf den Beschluss vom 15.05.1996, a.a.O.). Er hat diesen Fall jedoch nicht zum Anlass genommen, die dort entwickelten Grundsätze ausdrücklich auch auf die Krankentagegeldversicherung anzuwenden. Vielmehr hat er lediglich die im Beschluss vom 15.05.1996 offen gebliebene Frage geklärt, ob und in welchem Umfang vom Versicherungsnehmer behauptete, aber nicht eingeklagte Ansprüche zu berücksichtigen sind (Beschluss vom 03.05.2000, a.a.O., juris Rn. 7). Diese Frage stellt sich sowohl beim Krankenversicherungs- wie auch beim Krankentagegeldvertrag und war daher einheitlich zu entscheiden. Damit hat der Bundesgerichtshof aber nicht bindend festgestellt, dass auch der Streitwert für eine Klage auf Fortbestand des Vertrages für beide Versicherungen gleich zu berechnen ist.

27

Im Übrigen ist der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.12.2016 (a.a.O., juris Rn. 8, 10) - wenn auch ohne ausdrückliche Auseinandersetzung - von der im Beschluss vom 03.05.2000 vertretenen Auffassung abgerückt. Daher hilft den Beschwerdeführern hier auch nicht der Verweis auf die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 10.02.2015 (8 W 189/15, AGS 2015, 223, juris Leitsatz und Rn. 22 f.). Dieses hatte unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 03.05.2000 die monatliche Prämie als Bemessungsgrundlage herangezogen, was jedoch durch die spätere Entscheidung vom 14.12.2016 überholt ist.

cc)

28

Anzusetzen ist das Krankentagegeld für die Dauer von sechs Monaten, § 9 ZPO findet keine Anwendung.

29

Zwar weist die Beschwerde auch insoweit zu Recht darauf hin, dass eine verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung - nur - dann auf eine halbjährige Bezugsdauer abstellt, wenn Streitgegenstand die Feststellung der künftigen Leistungspflicht auf unbestimmte Zeit ist (OLG Hamm, Beschluss vom 28.11.2016 - 6 W 28/16, VersR 2017, 643, juris Rn. 8 f., Beschluss vom 01.04.2011 - 20 W 6/11, VersR 2011, 1329, juris Leitsatz 2 und Rn. 9; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.03.2006, a.a.O., juris Leitsatz und Rn. 3), während das Feststellungsinteresse in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO zu schätzen sei, wenn es abstrakt um den Bestand des Vertrages gehe (OLG Hamm, Beschluss vom 28.11.2016, a.a.O., juris Rn. 7; Beschluss vom 02.03.2018, a.a.O., juris Rn. 21; OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O., juris Rn. 21 ff.).

30

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 14.12.2016, a.a.O., juris Rn. 11 i.V.m. Rn. 6) hat nunmehr jedoch überzeugend dargelegt, dass § 9 ZPO auch auf diesen Fall nicht anwendbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass im Einzelfall - wie offenbar auch vorliegend - die Dauer des Bezugs von Krankengeld auch deutlich länger als sechs Monate sein kann. Sie wird gleichwohl in der Regel deutlich kürzer als dreieinhalb Jahre liegen. Da es um den Fortbestand des Vertrages für die Zukunft geht, kann nur auf eine Prognose für mögliche künftige Versicherungsfälle abgestellt werden. Daher erscheint es auch dem Senat angemessen, an dem Maßstab von sechs Monaten festzuhalten.

31

Die andere Ansicht des OLG Hamm (Beschluss vom 02.03.2018, a.a.O., juris Leitsatz 3 und Rn. 21) vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Dieses hat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidungen des OLG Nürnberg und des OLG Schleswig (jeweils a.a.O.) den Streitwert eines auf Feststellung gerichteten Antrages, der ausschließlich das Fortbestehen eines Krankentagegeldversicherungsvertrages zum Gegenstand hatte, nicht aber eine in die Zukunft gerichtete Leistungspflicht des Versicherers, nach dem Dreieinhalbfachen der Jahresprämie abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % bemessen. Das erscheint für den Rechtsstreit um das Fortbestehen eines Krankenversicherungsvertrages zutreffend (vgl. oben bb sowie das vom OLG Hamm in Bezug genommene OLG Schleswig, a.a.O., und die vom OLG Nürnberg in Bezug genommenen Kammergericht [Beschluss vom 12.08.2014 - 6 W 105/14, VersR 2015, 123, juris Rn. 8] angeführte Rechtsprechung). Für die hier streitgegenständliche Krankentagegeldversicherung ist jedoch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.12.2016 (a.a.O., juris Rn. 10) ein anderer Maßstab heranzuziehen. Aus den selben Gründen kommt § 9 ZPO im Bereich der Krankentagegeldversicherung nicht zur Anwendung.

dd)

32

Der so ermittelte Wert kann allerdings nicht in voller Höhe, sondern nur mit einem Anteil von 20 % angesetzt werden, da eine eingeschränkte Wertaddition zu berücksichtigen ist.

33

Das entspricht der zur BUZ entwickelten Rechtsprechung (vgl. oben aa), nach der eine nur eingeschränkte Zusammenrechnung der Einzelstreitwerte vorzunehmen ist, wenn ein Leistungsbegehren mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestand des Versicherungsverhältnisses zusammen trifft. Dies gilt auch für die Krankentagegeldversicherung (BGH, Beschluss vom 14.12.2016, a.a.O., juris Leitsatz 2 und Rn. 14). Dem schließt sich der Senat an.

34

Soweit das OLG Hamm (a.a.O.) auch insoweit eine abweichende Auffassung vertritt und - von dem Dreieinhalbfachen der Jahresprämie, s.o. - lediglich einen allgemeinen Feststellungsabschlag von 20 % abziehen will, überzeugt dies ebenfalls nicht. Ein solcher Abzug ist bei einer „isolierten“ Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsvertrages gerechtfertigt. Eine solche liegt hier jedoch nicht vor und ist auch für die Bestimmung des überschießenden Vergleichswertes nicht anzusetzen. Dieser ergibt sich vielmehr daraus, dass die Parteien mit dem Vergleich nicht nur ihren ursprünglichen Streit um Leistungen aus dem Vertrag (für die Vergangenheit und für die Zukunft) beigelegt, sondern sich darüber hinaus auch über die Beendigung des Vertrages geeinigt haben. Das wirtschaftliche Interesse ist deshalb teilweise identisch, weil das Bestehen des Vertrages, über dessen Beendigung die zusätzliche Einigung erfolgte, auch Voraussetzung für den Leistungs- und den Feststellungsanspruch war. Der Mehrwert des Vergleichs betrifft daher nur eventuelle zukünftige Versicherungsfälle und ist deshalb geringer als bei einer Klage, die ausschließlich die Feststellung des Vertragsfortbestandes zum Gegenstand hat.

d)

35

Der Mehrwert des Vergleichs berechnet sich damit aus 20 % von (50,00 Euro x 365 Tage : 2), also auf den vom Landgericht festgesetzten Betrag von 1.825,00 Euro. Die einen höheren Betrag anstrebende Beschwerde bleibt deshalb ohne Erfolg.

III.

36

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden, § 68 Abs. 3 GKG.

37

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

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Oberlandesgericht München Beschluss, 15. März 2019 - 24 W 278/19

bei uns veröffentlicht am 15.03.2019

Tenor 1. Auf die Streitwertbeschwerde des Klägers vom 18.01.2019 wird Nr. II des Beschlusses des Landgerichts Memmingen vom 02.01.2019, Az. 33 O 1435/12, dahingehend abgeändert, dass der Vergleichsmehrwert auf 226.041,00 € fest

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Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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Insoweit hat schon das Berufungsgericht - das lediglich rechnerisch zu einem geringfügig abweichenden Ergebnis gelangt ist - zu Recht angenommen, dass der Wert durch Zugrundelegung einer halbjährigen Bezugsdauer des vereinbarten Krankentagegelds (hier also 102,40 € x 365 : 2 = 18.688 €) abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20% zu ermitteln ist.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Mannheim vom 20.9.2005 - 8 O 146/05 - wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 40.800 EUR festgesetzt (Klagantrag Ziff. 1: 16.200 EUR, Klagantrag Ziff. 2: 14.600 EUR, Vergleichsmehrwert: 10.000 EUR).

Gründe

 
Der Kläger hat bei Klageerhebung zunächst rückständiges Krankentagegeld für die Zeit vom 8.2.2005 bis zum 27.4.2005 verlangt und im Übrigen beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, über den 27.4.2005 hinaus bis zur Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Krankentagegeld zu bezahlen. Während des Rechtsstreits hat der Kläger seinen Anspruch sukzessive für die Zeit bis zum 19.7.2005 beziffert und die Leistungsklage auf insgesamt 16.200 EUR erweitert; den Feststellungsantrag hat der Kläger entsprechend angepasst. Erfolgt während des Rechtsstreits ein Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage sind die bis dahin fällig gewordenen Beträge jeweils zu addieren (Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 9 Rz. 11). Der Streitwert war danach auf 16.200 EUR festzusetzen.
Für die Streitwertberechnung bleiben dagegen die geltend gemachten Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (301,85 EUR) außer Acht. Soweit die dem späteren Prozessbevollmächtigten entstandene Geschäftsgebühr (RVG-VV 2400) nicht auf die Verfahrensgebühr (RVG-VV 3100) angerechnet wird, handelt es sich um Kosten als Nebenforderung, die den Streitwert nicht erhöhen (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 14 Rz. 14).
Der Streitwert des Feststellungsantrags war gem. § 3 ZPO auf 14.600 EUR festzusetzen, was unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % einem Bezug des Krankentagegeldes für die Dauer eines halben Jahres entspricht. Entgegen der Auffassung des LG war nicht in entsprechender Anwendung von §§ 3, 9 ZPO das Dreieinhalbfache des Jahresbezugs zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Streitwert, wenn es um die Feststellung des Fortbestands einer Krankentagegeldversicherung geht, in entsprechender Anwendung von §§ 3, 9 ZPO anhand der vereinbarten Versicherungsprämie zu schätzen. Da es sich bei dieser Prämie um eine wiederkehrende Leistung handelt, ist bei der Schätzung die zeitbezogene Bewertungsvorgabe zu beachten, die der Gesetzgeber gem. § 9 ZPO mit dreieinhalb Jahren gemacht hat (BGH RuS 1996, 332). Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch nicht beantragt, den Fortbestand des Vertrages auf unbestimmte Zeit festzustellen; Gegenstand der Feststellungsklage war vielmehr die Verpflichtung der Beklagten, Leistungen aus diesem Vertrag für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit zu erbringen. Auf Fälle dieser Art ist § 9 ZPO nicht entsprechend anwendbar. Die Vorschrift setzt bei unmittelbarer Anwendung voraus, dass das geltend gemachte Recht seiner Natur nach erfahrungsgemäß eine Dauer von wenigstens dreieinhalb Jahren hat oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunkts, zu dem das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben kann. Für Rechte von typischerweise wesentlich kürzerer Laufzeit wäre der gesetzlich vorgegebene Wert, der dreieinhalbfache Jahresbezug, unangemessen hoch (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 9 Rz. 1; Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 9 Rz. 4). Während ein Versicherungsvertrag regelmäßig auf unbestimmte Zeit geschlossen wird und deshalb - wenn sein Fortbestand festgestellt werden soll - die entsprechende Anwendung der Bewertungsvorgaben des § 9 ZPO gerechtfertigt ist, liegt die regelmäßige Bezugsdauer von Krankentagegeld deutlich unter dreieinhalb Jahren, mag eine solcher Zeitraum in Einzelfällen auch nicht ausgeschlossen sein. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung erscheint dem Senat die Ermittlung des Streitwerts unter Zugrundelegung einer halbjährigen Bezugsdauer angemessen. Anhaltspunkte dafür, dass im konkreten Fall diese Bezugsdauer nicht ausreichend gewesen wäre, liegen nicht vor.
Soweit das LG den Vergleichsmehrwert hinsichtlich der einvernehmlichen Aufhebung des Versicherungsvertrages gem. § 3 ZPO auf 10.000 EUR festgesetzt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
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Wird allerdings neben der Feststellungsklage auch eine Leistungsklage rechtshängig gemacht, mit der der Versicherungsnehmer Zahlungen aufgrund eines behaupteten Versicherungsfalles begehrt, ist für die Wertaddition gemäß §§ 5 ZPO, 39 GKG zu berücksichtigen, dass eine wirtschaftliche Teil-Identität beider Klaganträge gegeben ist, die eine Zusammenrechnung insoweit verbietet. Denn das Bestehen eines wirksamen, durch die Anfechtung des Versicherers nicht berührten Versicherungsverhältnisses ist zugleich notwendige Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Versicherungsleistung. Ein über den Leistungsantrag hinausgehendes wirtschaftliches Interesse an der begehrten Feststellung kann deshalb nur im Hinblick auf künftige weitere Versicherungsfälle gegeben sein. Diesen überschießenden und für die Wertaddition allein maßgeblichen Teil des Feststellungsbegehrens bewertet der Senat mit jeweils 20% der 3,5-fachen Jahresbeträge der begehrten monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; anders noch Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2004 - IV ZR 150/04, VersR 2005, 959, 960).

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Tenor

Auf die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12. Januar 2015 wird die Beschwerdeentscheidung des Senats vom 29. Dezember 2014 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30.10.2014 – 26 O 442/13 - teilweise abgeändert, indem für den im landgerichtlichen Verfahren geschlossenen Vergleich zusätzlich ein Mehrwert nicht rechtshängiger Ansprüche in Höhe von 20.818,14 € festgesetzt wird.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.


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Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Regensburg vom 21.05.2014 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Wertfestsetzung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.

I.

Mit ihrer unter dem 25.02.2013 erhobenen Klage hat die Klägerin Ansprüche aus einer bei der Beklagten gehaltenen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend gemacht.

Mit der Behauptung, seit dem 21.02.2011 bedingungsgemäß berufsunfähig zu sein, hat die Klägerin folgende Klageanträge zur Entscheidung gestellt (jeweils in verkürzter Fassung wiedergegeben):

I.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum 01.06.2012 bis 28.02.2013 eine BU-Rente von insgesamt 9.071,10 € zuzüglich etwaiger Überschussanteile nebst Zinsen zu zahlen.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 01.03.2013 eine monatliche BU-Rente von 1.007,90 € zuzüglich etwaiger Überschussanteile zu zahlen, längstens bis zum 01.12.2020.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die für den Zeitraum vom 01.06.2012 bis 28.02.2013 gezahlten Beiträge in Höhe von 1.152,72 € nebst Zinsen zu erstatten.

IV.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab dem 01.03.2013 von der Beitragszahlung freizustellen, längstens bis zum 01.12.2020.

V.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.028,36 € nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und sich damit verteidigt, dass keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege.

Im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 14.01.2014 haben die Parteien einen für die Beklagte widerruflichen Vergleich abgeschlossen. Es wurde zudem der Streitwert des Verfahrens auf 57.934,98 € festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 05.02.2014 hat die Beklagte den Vergleichswiderruf erklärt, aber gleichzeitig eine Einigungsbereitschaft bei abgeänderter Formulierung signalisiert.

Nach Schriftsatzwechsel hat das Landgericht unter dem 11.03.2014 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zustande gekommen ist:

1. Die Beklagte verpflichtet sich, überobligatorisch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne damit eine Berufsunfähigkeit anzuerkennen, eine einmalige Kapitalleistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Höhe von 55.000,00 € an die Klägerin zu erbringen.

2. Mit Zahlung dieses Betrages sind alle etwaigen Leistungsverpflichtungen der Beklagten und alle etwaigen wechselseitigen Verpflichtungen der Parteien - sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft, seien sie bekannt oder unbekannt, in den Vorstellungen der Parteien einbezogen oder nicht - aus dem genannten Vertrag in Bezug auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgegolten. Dies gilt insbesondere für alle von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus den Gesundheitsstörungen, die den Meldungen vom 21.07.2011 sowie 01.06.2012 zugrunde liegen. Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung können nicht mehr geltend gemacht werden. Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist beendet.

3. Die Hauptversicherung wird bedingungsgemäß und beitragspflichtig fortgesetzt.

...(Prämienzahlungsregelung)

4. ... (Kostenregelung)

5. ... (Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten)

Auf Anfrage des Prozessgerichts zur Festsetzung eines etwaigen überschießenden Vergleichsstreitwertes hat die Beklagte im Schriftsatz vom 07.04.2014 unter Hinweis auf BGH-Rechtsprechung ausgeführt, dass ein überschießender Vergleichsstreitwert nicht in Betracht kommen dürfte, da durch den Vergleich nur die Ansprüche erledigt worden seien, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren. Die Klägerin hingegen hat mit Schriftsatz vom 09.04.2014 unter Verweis auf anderweitige obergerichtliche Rechtsprechung ausgeführt, dass wegen der im Vergleichswege vereinbarten Beendigung der BUZ-Versicherung ein Vergleichsmehrwert von 20% der 3,5fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie anzusetzen sei.

Mit Schriftsatz vom 29.04.2014 hat die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.

Mit Beschluss vom 21.05.2014 hat der zuständige Einzelrichter des Landgerichts den Streitwert für den Vergleich auf 67.477,21 € festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass zu dem Verfahrensstreitwert von 57.934,98 € noch ein Mehrwert des Vergleiches von 9.542,23 € (20% der 3,5fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie) zu addieren sei. Denn der vorliegende Vergleich regele nicht nur die von der Klägerin geltend gemachten Klageansprüche, sondern umfasse darüber hinaus zusätzlich auch eine Vereinbarung über die Beendigung des Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrages, dessen Wirksamkeit nicht bereits Streitgegenstand der Klage gewesen sei. Hierin liege ein eigenständiger, über den Verfahrensstreitwert hinausgehender wirtschaftlicher Wert, da der Versicherungsnehmer auch auf weitere Ansprüche aus künftigen Versicherungsfällen verzichtet habe.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerdeschrift vom 05.06.2014 mit dem Ziel, einen Mehrwert für den Vergleich nicht festzusetzen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20.06.2014 beantragt, die Streitwertbeschwerde zurückzuweisen.

Unter dem 23.06.2014 hat das Landgericht eine Abhilfe abgelehnt und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Beschluss vom 01.07.2014 hat der Einzelrichter des Beschwerdegerichts das Verfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II.

1. Gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 21.05.2014 ist die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 GKG statthaft.

Die Festsetzung eines „Streitwertes für den Vergleich“ ist eine „Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren“ im Sinne von § 68 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 2 GKG, da gemäß Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (KV-Nr. 1900) ein Gebührensatz von 0,25 einer Wertgebühr nach § 34 GKG anfällt bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, „soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird“.

Das Landgericht hat einen Vergleichsmehrwert von 9.542,23 € festgesetzt.

Dafür ergibt sich eine Wertgebühr gemäß Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 S. 3 GKG in Höhe von 241,00 €. Davon 0,25 ergibt 60,25 € Gerichtsgebührenmehrbetrag, wovon die Beschwerdeführerin bei Kostenaufhebung die Hälfte, mithin 30,12 € zu tragen hat (denn das GKG kennt keine Auf- oder Abrundung mehr, im Gegensatz zu § 2 Abs. 2 S. 2 RVG, vgl. Hartmann, KostenG, 43. Aufl. 2013, GKG § 34 Rn. 5).

Hinzu zu rechnen ist die von ihr zu tragende Einigungsgebühr gemäß Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV-Nr. 1003) des eigenen Prozessbevollmächtigten in Höhe eines Gebührensatzes von 1,0 einer Wertgebühr nach § 13 RVG, die hier mit 558,00 € gemäß der Tabelle in Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 S. 3 RVG zu Buche schlägt. Die Bestimmung des Gegenstandswertes des Vergleichs als Bemessungsgrundlage für die anwaltliche Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000, 1003 VV-RVG richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 22 ff. RVG. Soweit der Gegenstand des Vergleichs auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist, bestimmt sich der Wert des Prozessvergleichs gemäß § 23 Abs.1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften.

Daraus ergibt sich eine Beschwer der Beklagten im Sinne des § 68 Abs. 1 S. 1 GKG von mehr als 200,00 €, so dass die Beschwerde statthaft ist.

Das Rechtsmittel wurde auch form- und fristgerecht erhoben, ist mithin zulässig.

Im Hinblick auf den Umstand, dass die Frage eines Vergleichsmehrwertes in der Gerichtspraxis für eine Vielzahl von Streitigkeiten aus einem Berufsunfähigkeitsversicherungsverhältnis von Bedeutung sein kann, sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der angefochtene Beschluss ausdrücklich auf die Senatsrechtsprechung des Beschwerdegerichts bezieht, die Beschwerdeführerin hingegen sich auf eine ausdrücklich davon abweichende Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichts stützt und die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Klärung im Beschwerderechtszug nicht besteht (§ 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 3 GKG), hat der zuständige Einzelrichter (§ 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 6 S. 1 GKG) von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache dem Senat zur Entscheidung zu übertragen (§ 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 6 S. 2 GKG).

2. Vor Befassung mit der eigentlichen Streitfrage, ob im vorliegenden Fall ein überschießender, d. h. über den rechtshängigen Streitgegenstand hinausgehender, Vergleichswert gegeben ist, ist die konkrete Prozesslage als Entscheidungsgrundlage herauszustellen wie folgt:

Gegenstand der Klage in der Hauptsache waren ein Zahlungsantrag betreffend rückständige BU- Rentenleistungen aus der Zeit vor Rechtshängigkeit (Klageantrag I.), ein Zahlungsantrag betreffend zukünftige BU-Rentenleistungen längstens bis zum Ende der Vertragslaufzeit (Klageantrag II.), ein Zahlungsantrag betreffend Beitragserstattungen aus der Zeit vor Rechtshängigkeit (Klageantrag III.) sowie ein Leistungsantrag auf Freistellung von der künftigen Beitragspflicht längstens bis zum Ende der Vertragslaufzeit (Klageantrag IV.).

Gegenstand des Prozessvergleichs war eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten (Ziffer 1. des Vergleichs) und damit verbunden einerseits die Abgeltung jeglicher Ansprüche der Klägerin aus der streitgegenständlichen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Ziffer 2. des Vergleichs) und andererseits die einvernehmliche Beendigung dieser Zusatzversicherung (Ziffer 2. des Vergleichs) bei gleichzeitiger bedingungsgemäßer Weiterführung der Hauptversicherung (Ziffer 3. des Vergleichs).

3. Die Frage, ob in der vorstehend beschriebenen Prozesssituation dem verfahrensbeendenden Vergleich ein gebührenrechtlich relevanter Mehrwert zukommt, ist umstritten.

a) Das Landgericht Regensburg hat in dem angefochtenen Beschluss diese Frage bejaht und sich hierbei auf die Entscheidung des Senats vom 22.03.2012 im Verfahren 8 W 390/12 (veröffentlicht in juris) bezogen.

In dieser Entscheidung hatte der Senat (Einzelrichterin) seine bisherige Rechtsauffassung, wonach er in Fällen, in denen in einem Vergleich bei Klagen auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung (ohne dass die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages Streitgegenstand war) neben der Abgeltung der zukünftigen Leistungen auch die Versicherung beendet wurde, keinen überschießenden Streitwert für gegeben erachtet, ausdrücklich aufgegeben. Es heißt dann weiter in der vorgenannten Beschwerdeentscheidung:

„Nunmehr schließt sich der Senat der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Karlsruhe, Stuttgart und Hamm an, die in solchen Fällen der Beendigung des Versicherungsverhältnisses einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert sehen; denn sie hat Bedeutung für die Einstandspflicht der Versicherung für zukünftige Versicherungsfälle. Der Versicherungsnehmer verzichtet auf weitere Ansprüche auch aus künftigen Versicherungsfällen (vgl. OLG Karlsruhe Beschluss vom 6.5.2011 12 W 29/11; OLG Stuttgart Beschluss vom 7.12.2010 7 W 75/10; OLG Hamm Beschluss vom 15.2.2012 I-20 U 165/11- alle Entscheidungen unveröffentlicht).

Für die Bemessung des überschießenden Vergleichswertes über die Aufhebung einer Berufsunfähigkeitsversicherung hat entsprechend dem gleichen Interesse der Beteiligten an der Frage des wirksamen Fortbestandes einer Versicherung das zu gelten, was für die Bewertung einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer derartigen Versicherung gilt. Hierzu hat der BGH in seiner Entscheidung vom 06.10.2011 (IV ZR 183/10, VersR 2012, 76) ausgeführt, dass wenn eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages kombiniert wird, bei der Ermittlung des Streitwertes eine eingeschränkte Wertaddition stattfindet. Insoweit ist für den Feststellungsantrag ein Betrag von 20% der 3,5fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie zusätzlich zu berücksichtigen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass insoweit eine wirtschaftliche Teil-Identität beider Klageanträge besteht. Er hat ein über den Leistungsantrag hinausgehendes wirtschaftliches Interesse nur im Hinblick auf künftige weitere Versicherungsfälle gesehen und dieses Interesse mit 20% der 3,5fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie (bewertet).

Ein Unterschied in der Interessenlage beim Abschluss eines sog. Abfindungsvergleiches mit Beendigung des Versicherungsverhältnisses kann nicht gesehen werden.“

Auch auf Gegenvorstellung hin hat der Senat (Einzelrichterin) inhaltlich an seiner Entscheidung festgehalten (Beschluss vom 18.04.2012 über die Zurückweisung der Gegenvorstellung, veröffentlicht in juris, RuS 2014, 207, AGS 2013, 416).

b) Das Oberlandesgericht Hamm hat sich gleich mehrfach mit dieser Problematik befasst.

In der Entscheidung vom 15.02.2012 (20 U 165/11, juris) hat es „nach den Grundsätzen der aktuellen Rechtsprechung des BGH zur Streitwertberechnung bei Kombination einer Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages (Beschluss vom 06.10.2011, IV ZR 183/10)“ ausgeführt, dass „im Falle des Zusammentreffens einer Feststellungsklage (auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages) und einer Leistungsklage eine wirtschaftliche Teil-Identität beider Klageanträge gegeben ist (BGH a. a. O., juris Tz. 2). Den über den Leistungsantrag hinausgehenden und für die Addition allein maßgeblichen Teil des Feststellungsbegehrens hat der BGH mit 20% der 3,5-fachen Jahresbeträge der begehrten Rentenleistung und der 3,5-fachen Jahresprämie für die eingeschlossene Lebensversicherung bewertet (BGH, a. a. O., Tz. 2). Diese wirtschaftliche Teil-Identität gilt nach Auffassung des Senates nicht nur für einen Rechtsstreit, sondern auch für einen Vergleich, denn die beiden Regelungskomplexe überschneiden sich in gleicher Weise wie bei einer Zusammenfassung in einem anhängigen Verfahren.“

In der nachfolgenden Entscheidung vom 27.04.2012 (20 W 13/12, juris, VersR 2013, 920) hat das Oberlandesgericht Hamm vertiefend ausgeführt:

„Ausgangspunkt für die Berechnung des Vergleichswerts ist der Streitwert des durch ihn erledigten Verfahrens. Der nach der kapitalisierten Rente errechnete Vergleichsbetrag führt auch dann, wenn er höher als der Streitwert ist, nicht zu einer Erhöhung des Vergleichswertes (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.08.2009, 7 W 48/09, r+s 2011, 228). Maßgeblich für die Berechnung des Vergleichswertes ist nämlich nicht, worauf sich die Parteien geeinigt haben, sondern worüber sie den Vergleich geschlossen haben (so OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1697).

Wird jedoch über den Streitgegenstand hinaus eine weitere Regelung zwischen den Parteien getroffen, so ist diese bei der Berechnung des Vergleichswertes zu berücksichtigen. Für den Fall, dass eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages kombiniert wird, findet eine eingeschränkte Wertaddition statt. Zu dem Wert des Leistungsantrags ist in einem solchen Fall für den Feststellungsantrag ein Betrag von 20% des 3,5fachen Jahresrentenwertes hinzuzurechnen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 06.10.2011, IV ZR 183/10, juris Tz. 1, 2), da in wirtschaftlicher Hinsicht eine Teilidentität besteht. Nichts Anderes gilt dann, wenn ein Feststellungsantrag bezüglich des Fortbestehens zwar nicht rechtshängig ist, aber die Parteien im Wege des Vergleiches eine Einigung über die Beendigung des Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages treffen (Senatsbeschluss vom 15.02.2012, 20 U 165/11).“

Schließlich hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Beschluss vom 16.01.2013 (20 W 47/12, juris) diese Rechtsauffassung bekräftigt und ausgeführt:

„Die Wertfestsetzung des Landgerichts ist hinsichtlich des Vergleichswertes insofern nicht zutreffend, als darin die von den Parteien im Vergleich vereinbarte Beendigung der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht berücksichtigt worden ist. Auch dann, wenn ein Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages nicht anhängig ist, die Parteien jedoch im Vergleichswege eine Einigung über die Beendigung des Versicherungsvertrages treffen, ist nämlich eine Erhöhung um 20% des 3,5 fachen Wertes der Summe von Rentenleistung und Versicherungsprämie vorzunehmen, weil die Parteien eine über den Streitwert des Verfahrens hinausgehende Regelung getroffen haben, die - wegen teilweiser Identität - mit 20% des 3,5-fachen Wertes von Rente und Beitragsbefreiung zu bewerten ist. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 27.04.2012 (OLG Hamm 20 W 13/12, mit Verweis auf BGH IV ZR 183/10, veröffentlicht unter anderem bei juris) entschieden, auf den wegen der Begründung im Einzelnen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.“

c) Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss vom 09.04.2014 (20 W 13/14 - soweit ersichtlich, noch nicht veröffentlicht, vorgelegt vom Beklagtenvertreter als Anlage zur Beschwerdeschrift vom 05.06.2014) ausgeführt, dass bei einer vergleichbaren Fallkonstellation kein Mehrwert des Abfindungsvergleichs gegeben sei. Der entgegenstehenden Ansicht der Oberlandesgerichte Nürnberg und Hamm vermöge man sich nicht anzuschließen. Im Vergleich geregelt hätten die Parteien die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche des Klägers auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung für die gesamte Vertragsdauer. Weitergehende Ansprüche seien in die vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits nicht einbezogen worden. Da der Vergleich nur die Ansprüche erledigt habe, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, sei sein Wert mit demjenigen des Rechtsstreits identisch und nicht etwa höher anzusetzen.

d) Die von den vorgenannten Obergerichten mehrfach zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2011 (IV ZR 183/10, VersR 2012, 76) hat unter ausdrücklicher „Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung“ (bezogen auf BGH, 1. Dezember 2004, IV ZR 150/04, VersR 2005, 959) postuliert:

„Begehrt der Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung die Feststellung, dass der Versicherungsvertrag trotz einer Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung fortbestehe, konkretisiert sich seine Beschwer in der Rentenleistungsverpflichtung und der Pflicht zur Beitragsfreistellung. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats von den 3,5-fachen Jahresbeträgen der begehrten monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie (§§ 3, 9 ZPO) ein Abschlag von 50% vorzunehmen, wenn der Eintritt des Versicherungsfalles, mithin der Berufsunfähigkeit im Sinne der vereinbarten Bedingungen, noch ungeklärt ist, während sich bei bereits geklärter Berufsunfähigkeit der Feststellungsabschlag auf 20% beläuft. Wird allerdings neben der Feststellungsklage auch eine Leistungsklage rechtshängig gemacht, mit der der Versicherungsnehmer Zahlungen aufgrund eines behaupteten Versicherungsfalles begehrt, ist für die Wertaddition gemäß § 5 ZPO, § 39 GKG zu berücksichtigen, dass eine wirtschaftliche Teil-Identität beider Klaganträge gegeben ist, die eine Zusammenrechnung insoweit verbietet. Denn das Bestehen eines wirksamen, durch die Anfechtung des Versicherers nicht berührten Versicherungsverhältnisses ist zugleich notwendige Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Versicherungsleistung. Ein über den Leistungsantrag hinausgehendes wirtschaftliches Interesse an der begehrten Feststellung kann deshalb nur im Hinblick auf künftige weitere Versicherungsfälle gegeben sein. Diesen überschießenden und für die Wertaddition allein maßgeblichen Teil des Feststellungsbegehrens bewertet der Senat mit jeweils 20% der 3,5-fachen Jahresbeträge der begehrten monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; anders noch Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2004 IV ZR 150/04, VersR 2005, 959, 960).“

4. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Es ist im vorliegenden Fall ein überschießender Vergleichswert festzustellen, und zwar in der vom Landgericht zutreffend berechneten (und insoweit von den Parteien auch nicht beanstandeten) Höhe.

Ein Mehrwert ergibt sich daraus, dass durch den Vergleich auch andere Ansprüche erledigt worden sind, die zuvor nicht auch Gegenstand des Rechtsstreits waren.

a) Der für die Wertfestsetzung maßgebende Gegenstand des Rechtsstreits ist hier nicht deckungsgleich mit dem durch den Vergleich erledigten Gegenstand. Wird ein Anspruch auf Rentenzahlung mit einer Klage auf künftige Leistung gemäß § 258 ZPO verfolgt, ist Gegenstand des Rechtsstreits zwar nicht nur das Stammrecht, sondern alle daraus künftig erwachsenden Forderungsrechte, ungeachtet dessen, dass sie zum Zeitpunkt der Klage noch nicht fällig sind (vgl. OLG Stuttgart, 03.08.2009, 7 W 48/09, VersR 2010, 366). Abgesehen von der Erledigung der bereits fälligen Rente, der eingeklagten Beitragsrückerstattung, der künftigen monatlichen Berufsunfähigkeitsrente, der Pflicht zur künftigen Beitragsfreistellung und den für die Streitwertbemessung unbeachtlichen Nebenforderungen wurde in dem Vergleich aber auch bestimmt, dass der Vertrag beendet ist und deshalb in Zukunft keinerlei Leistungsansprüche gegen die Beklagte aus diesem Rechtsgrund mehr geltend gemacht werden können. Dies ist wirtschaftlich betrachtet für den klagenden Versicherungsnehmer gerade nicht unerheblich.

Es gilt, den Besonderheiten der Berufsunfähigkeitsversicherung Rechnung zu tragen.

Denn bei einem in Rechtskraft erwachsenden Klageerfolg muss der Versicherer zwar die Vertragsleistungen Rente und Beitragsfreistellung zunächst erbringen, aber nur längstens bis zum Ende der Versicherungslaufzeit.

Für den Versicherungsnehmer besteht das zum Ende des Leistungsbezugs führende sogenannte „Gesundungsrisiko“, nämlich der Wegfall der infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise bestehenden Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Berufsausübung (vgl. § 172 Abs. 2 VVG).

Zudem ist der Versicherungsnehmer während des Leistungsbezugs auf Dauer den Unwägbarkeiten des bedingungsgemäßen Nachprüfungsverfahrens (vgl. § 174 VVG) ausgesetzt, mit dem zusätzlichen (weil über die Frage der Verbesserung des Gesundheitszustandes hinausgehenden) Risiko, allein wegen einer vom Versicherer behaupteten Verletzung von Mitwirkungs- und Auskunftsobliegenheiten mit einer Unterbrechung des Leistungsbezugs konfrontiert zu werden.

Deshalb muss dem in einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung liegenden Verzicht des Versicherungsnehmers auf weitere Ansprüche auch aus künftigen Versicherungsfällen ein eigenständiger Wert beigemessen werden.

Diese Einschätzung spiegelt auch die senatsbekannte Gerichtspraxis in derartigen Fällen wider:

Bei der Diskussion um eine gütliche Beendigung des Rechtsstreits stehen vielfach zwei Alternativen (vereinfacht) zur Wahl: entweder bedingungsgemäße Weiterführung des Vertrages und Abfindung des (behaupteten) konkreten Versicherungsfalles durch Zahlung eines Betrages X, oder aber Abgeltung des Versicherungsfalles bei gleichzeitiger vollständiger Beendigung des Berufsunfähigkeitsversicherungsschutzes gegen Zahlung eines aus dem Betrag X und einem Zuschlag Y zusammengesetzten erhöhten Gesamtbetrages. Daraus ist ersichtlich, dass auch die maßgeblichen Prozessparteien der Frage der Vertragsbeendigung einen eigenständigen, bezifferbaren wirtschaftlichen Wert beimessen.

b) Dieser rechtlichen Bewertung steht die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.03.2004 (IV ZB 21/02, VersR 2004, 1578, NJW-RR 2004, 1219) nicht entgegen.

Zentraler Gegenstand dieser Entscheidung im Rahmen eines Rechtsbeschwerdeverfahrens nach Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO war im Hinblick auf die Streitwertfestsetzung (vgl. juris Rz. 13-15) die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des Verfahrensstreitwertes für das Berufungsverfahren, namentlich die Anwendung des § 9 ZPO. Hierzu hat der Bundesgerichtshof Ausführungen gemacht und das Berufungsgericht korrigiert.

Die beiden Schlusssätze des Bundesgerichtshofs, da „durch den Vergleich (nur) die Ansprüche erledigt wurden, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, beträgt der Streitwert unverändert x DM = y €. Das ist auch der Wert des Vergleichs“, sind eine nicht näher problematisierte und nicht näher begründete Feststellung zu einer Fragestellung, die dort nicht Gegenstand der Rechtsbeschwerde war; ging es doch nicht um einen etwaigen Vergleichsmehrwert, sondern um die Frage des zutreffend berechneten Verfahrenswertes, wenn das Klageverfahren durch Prozessvergleich endet. Zudem erscheint fraglich, ob der 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auch nach Erlass seiner Senatsentscheidung vom 06.10.2011 (IV ZR 183/10) noch an der Formulierung in den letzten Zeilen der Entscheidung vom 17.03.2004 festhalten würde.

c) Die oben zitierte abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 09.04.2014 (20 W 13/14) überzeugt nicht und wird, soweit nach Datenbankrecherchen des Senats ersichtlich, auch von keinem anderen Gericht geteilt.

Zwar ist deren Ausgangspunkt richtig, wonach „Maßstab für die Bestimmung des Vergleichswerts ist der Wert aller (rechtshängigen und nicht rechtshängigen) Ansprüche, die durch den Vergleich geregelt worden sind; der Gegenstandswert erfasst alle streitigen, in den Vergleich einbezogenen Ansprüche“.

Aber die nachfolgende Subsumtion, „da aber der Vergleich nur die Ansprüche erledigt hat, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, ist sein Wert mit demjenigen des Rechtsstreits identisch und nicht etwa höher anzusetzen“, ist nach dem oben unter Punkt 4 a) Ausgeführten nicht zutreffend. Die hierzu vom Oberlandesgericht Köln angeführten „Belegstellen“ führen nicht weiter:

Zur BGH-Entscheidung vom 17.03.2004 wird auf die Ausführungen oben unter Punkt 4 b) verwiesen.

Die angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 03.08.2009 (7 W 48/09, VersR 2010, 366) betrifft eine nicht vergleichbare Fallgestaltung, nämlich den Streitgegenstand „lebenslange Rente aus einer Unfallversicherung“. Belastbare Argumente für die Frage nach einem Vergleichsmehrwert in Berufsunfähigkeitssachen, die wie oben dargelegt versicherungsspartenspezifische Besonderheiten aufweisen, können hieraus nicht abgeleitet werden.

d) Die von der oben angeführten obergerichtlichen Rechtsprechung vielfach zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2011 (IV ZR 183/10, VersR 2012, 76) betrifft eine andere Fragestellung und ist in ihrer inhaltlichen Aussage auch nicht auf die im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Frage nach dem Mehrwert eines Prozessvergleichs entsprechend anzuwenden.

Die BGH-Entscheidung klärt die Streitwertberechnungsfrage für den Fall des Nebeneinanders von Leistungs- und Feststellungsklage in einem Fall, in dem der Versicherer die ex tunc wirkende Anfechtung des Vertrages erklärt hatte und der Versicherungsnehmer neben den eingeklagten Berufsunfähigkeitsleistungen noch zusätzlich festgestellt haben wollte, dass die Vertragsanfechtung unwirksam sei und das Versicherungsverhältnis unverändert fortbestehe.

Die wirtschaftliche (bezifferbare) Bewertung dieses zusätzlichen Feststellungsinteresses sagt noch nichts darüber aus, ob ein etwaiger Abfindungsvergleich vom Regelungsgehalt her über dasjenige hinausgeht, was zuvor schon Streitgegenstand des Prozesses war.

Deshalb kann diese BGH-Entscheidung auch nur zur Beantwortung der Frage nach der Höhe des Vergleichsmehrwertes herangezogen werden, nicht aber zur Klärung dessen, ob überhaupt ein Mehrwert dem Grunde nach gegeben ist.

Unter Zugrundelegung der vorzitierten BGH-Entscheidung zum Umfang der „wirtschaftlichen Teil-Identität“ hält es der Senat in Übereinstimmung mit dem Erstgericht für angebracht, hier einen Mehrwert von 20% der 3,5-fachen Jahresbeträge der begehrten monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie anzunehmen.

Somit ist die gegen die landgerichtliche Wertfestsetzung gerichtete Beschwerde der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

5. Eine Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist ebenso wie eine Kostenentscheidung nicht veranlasst: das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 17. Februar 2015 - 10 O 369/14 - dahin abgeändert, dass der Mehrwert des mit Beschluss vom 30. Januar 2015 festgestellten Prozessvergleichs auf EUR 3.868,96 festgesetzt wird.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um den Mehrwert eines in einem Versicherungsrechtsstreit abgeschlossenen Prozessvergleichs.
Die Klägerin hat den beklagten Versicherer auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung in Anspruch genommen; sie hat auf rückständige Leistungen, Zahlung einer Rente und Beitragsfreistellung geklagt . Der Bestand des Versicherungsvertrages war zwischen den Parteien nicht streitig; die Beklagte hat die Berufsunfähigkeit der Klägerin bestritten und deren Verweisbarkeit auf einen anderen Beruf behauptet .
Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien hat das Landgericht einen Vergleich festgestellt, in dem die Beklagte zur Abgeltung aller gegenseitigen Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung die Zahlung von EUR 92.000 zusagt . Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Gebührenstreitwert des Rechtsstreits auf EUR 38.689,56 festgesetzt, wobei es - neben dem bezifferten Zahlungsantrag - den 42-fachen Monatsbetrag der Rente und der Beitragsbefreiung angesetzt hat (§ 9 ZPO).
Dagegen richtet sich die von den Klägervertretern aus eigenem Recht erhobene Beschwerde, mit der sie die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts von EUR 53.310,44 begehren. Sie sind der Auffassung, dass bei der Festsetzung des Mehrwerts zu berücksichtigen sei, dass die Versicherungsnehmerin auf die Geltendmachung von Leistungen aus etwaigen künftigen Versicherungsfällen verzichtet habe und der Versicherer umgekehrt auf sein Nachprüfungsrecht.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegen getreten; das Landgericht hat ihr nicht abgeholfen .
II.
Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus eigenem Recht eingelegte Beschwerde ist nach § 32 Absatz 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 68 Absatz 1 Satz 1 GKG zulässig; sie hat in der Sache teilweise Erfolg und führt zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts von EUR 3.868,96.
1. Die Vorstellung der Beschwerdeführer geht dahin , als Mehrwert des Vergleichs die Differenz zwischen dem Streitwert des Rechtsstreits und dem vergleichsweise zugesagten Betrag anzusetzen. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage; welchen Wert ein Vergleich hat, richtet sich nicht nach dem zugesagten Betrag, sondern nach der Bewertung der Gegenstände, über die die Parteien sich verglichen haben (vgl. etwa OLG Nürnberg r+s 2014, 207, juris-Rn. 4).
2. Das Rechtsmittel hat gleichwohl teilweisen Erfolg.
a) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden (VersR 2012, 78), dass eine eingeschränkte Wertaddition stattfinden, wenn eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages kombiniert wird. In diesen Fällen hat er für den Feststellungsantrag 20% des 3-5-fachen Jahresbetrags von Rentenleistung und Versicherungsprämie zusätzlich berücksichtigt. Die dem zugrunde liegenden Erwägungen lassen sich auf den Fall des Vergleichsabschlusses übertragen (im Ergebnis ebenso Senat, Beschluss vom 6. Mai 2011 - 12 W 29/11, unveröffentl.; ausführlich OLG Nürnberg AGS 2015, 79; OLG Hamm, Beschluss vom 16. Januar 2013 - 20 W 47/12, juris) . Selbst wenn - wie hier - die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages zum Zeitpunkt des Vergleichs zwischen den Parteien nicht streitig war, werden doch durch den Vergleich über die Beendigung des Vertrages ähnliche Unsicherheiten beseitigt wie diejenigen, auf deren Ausräumung die Feststellungsklage auf Bestehen eines Versicherungsvertrags abzielt; namentlich wird dem Versicherer das Risiko künftiger Versicherungsfälle während der Laufzeit des Vertrages abgenommen, dem Versicherungsnehmer das Risiko, dass der Versicherer von seinem Nachprüfungsrecht Gebrauch macht.
10 
b) Der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln (Beschluss vom 13. Januar 2012 - 20 W 75/11, juris; fortgeführt im Beschluss vom 9. April 2014 - 20 W 13/14, unveröffentl., zitiert nach OLG Nürnberg AGS 2015, 79, juris-Rn. 50), die vergleichsweise Aufhebung einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung habe keinen Mehrwert, wenn der Kläger von vornherein Leistungen für die gesamte Restlaufzeit des Versicherungsvertrages beansprucht habe, vermag nicht zu überzeugen. Sie lässt unberücksichtigt, dass eine stattgebende Entscheidung über die Klage weder für den Versicherer - dem ein Nachprüfungsrecht zustünde - noch für den Versicherungsnehmer - der auch künftige Versicherungsfälle geltend machen könnte - der vergleichsweise getroffenen Regelung gleichkäme.
11 
c) Soweit Neuhaus (Berufsunfähigkeitsversicherung, 3. Auflage, Rn. R 189) abweichend vorschlägt, als Vergleichsmehrwert 50% der Abfindung anzusetzen und dies mit der nicht ratierlichen, sondern sofortigen Zahlung an den Versicherungsnehmer und dem Nachprüfungs- und Todesfallrisiko begründet, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Es besteht insoweit kein Anlass, von der Systematik des § 9 ZPO und dem Grundsatz abzuweichen, dass sich der Streitwert nicht nach den vereinbarten Zahlungen, sondern den verglichenen Ansprüchen richtet. § 9 ZPO schreibt im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung eine normative Streitwertbemessung vor, um eine am konkreten wirtschaftlichen Klägerinteresse ausgerichtete Bewertung zu vermeiden, die wegen der typischen Zukunftsgerichtsbarkeit der unter die Vorschrift fallenden Rechte mit erheblichen Unsicherheiten belastet wäre (Münchener Kommentar/Wöstmann, ZPO, 4. Auflage, § 9, Rn. 1).
12 
d) Ausgehend von einer monatlichen Rente von EUR 400,55 und Beiträgen von EUR 60,04 ergibt sich für 3,5 Jahre ein Betrag von EUR 19.344,78; 20% hiervon entsprechen dem festgesetzten Mehrwert.
III.
13 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 68 Absatz 3 GKG.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 171/01
vom
10. Oktober 2001
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den
Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf
am 10. Oktober 2001

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, ihre Beschwer durch das Berufungsurteil auf über 60.000 DM festzusetzen, wird abgelehnt.

Gründe:


1. Die Festsetzung der Beschwer durch das Berufungsgericht, das sie mit 28.620,60 DM, nämlich dem 60-fachen Betrag einer monatlichen Versicherungsprämie von 477,01 DM, bemessen hat, ist zwar zu niedrig ausgefallen. Die Beschwer erreicht jedoch nicht die Revisionssumme von 60.000 DM.
In einem Rechtsstreit, in dem es um die Feststellung des Fortbestandes eines Krankenversicherungsvertrages geht, ist die Beschwer der unterlegenen Partei im Regelfall entsprechend §§ 3, 9 ZPO auf das 3 1/2-fache der Jahresprämie festzusetzen.

Jedoch kann sich eine Erhöhung der Beschwer im Einzelfall daraus ergeben, daß Ansprüche auf die Versicherungsleistung geltend gemacht oder zumindest angekündigt sind. Für das im Rahmen des § 3 ZPO zu bewertende wirtschaftliche Interesse am Bestehen oder Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses ist es von erheblicher Bedeutung , ob behauptet wird, wegen Eintritt des Versicherungsfalls seien bereits Ansprüche entstanden. Im Interesse der Rechtsklarheit ist ungeachtet der konkreten Erfolgsaussicht solcher lediglich angekündigter Ansprüche , die von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein kann, die zweitinstanzliche Beschwer einheitlich mit 50% der behaupteten, aber nicht rechtshängigen Ansprüche zu bemessen (BGH, Beschluß vom 3. Mai 2000 - IV ZR 258/99 - VersR 2000, 1430 unter 2 m.w.N.).
Der für die Festsetzung der Beschwer gemäß § 546 Abs. 2 ZPO maßgebliche Zeitpunkt ist die letzte mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH aaO).
Ausgehend von einer monatlichen Prämie in Höhe von 503,11 DM (nicht 477,01 DM), nachgewiesenen Heilbehandlungskosten in der Zeit bis April 2001 in Höhe von 7.462,98 DM und weiteren 60.695,64 DM sowie von glaubhaft geschätzten Behandlungskosten der Ärzte A. /Dr. D. (zu unterscheiden von der Dialyse durch die P., deren Kosten bis April 2001 belegt sind) in der Zeit von Januar 2001 bis 2. Mai 2001 (Datum der letzten Berufungsverhandlung) in Höhe von 4.529,70 DM ergibt sich folgende Berechnung:

42 x 503,11 DM 21.130,62 DM 50% der Gesamtsumme der nachgewiesenen Heilbehandlungskosten bis 2. Mai 2001 34.079,26 DM 50% der geschätzten Arztkosten vom 1. Januar bis zum 2. Mai 2001 2.264,85 DM 57.474,73 DM

Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf

Tenor

Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 29. Juni 2006 auf € 13.121,24 festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere nach §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG fristgerecht erhobene Beschwerde ist teilweise begründet.

2

1. Bei einem auf den Fortbestand eines Krankenversicherungsvertrags gerichteten Feststellungsantrag ist der Streitwert in der Regel in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO und unter Berücksichtigung des § 9 ZPO auf den 3 1/2-fachen Jahresbetrag der vereinbarten Versicherungsprämie zu schätzen, vgl. BGH, RuS 1996, 332; ebenso BGH, NVersZ 2002, 21 und OLG Köln, RuS 1996, 332 (Leitsatz).

3

Dieser ganz herrschenden Auffassung schließt sich der Senat an. Entgegen der Berechnung des Klägers kann - bei Einigkeit über die Anwendung der §§ 3, 9 ZPO im Ausgangspunkt - nicht der 3 1/2-fache Jahresbetrag der Versicherungsleistung maßgeblich sein. Die Funktion des § 9 ZPO besteht darin, bei wiederkehrenden Leistungen im Interesse der Prozessparteien den Wert auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Stellt man für den hier zu bestimmenden Wert der Leistung aus der Krankentagegeldversicherung auf das tägliche Krankentagegeld ab, wird diese gesetzgeberische Absicht in ihr Gegenteil verkehrt, nämlich der Kläger so behandelt, als werde er während des Versicherungszeitraums Krankentagegeld für 3 1/2 Jahre in Anspruch nehmen. Das wird im Allgemeinen der Fall nicht sein; auch in Betreffs des Klägers im Besonderen spricht, soweit ersichtlich, nichts dafür, dass er, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Streitigwerdens der Leistungspflicht der Beklagten (dem Mai 2005), die Versicherungsleistung noch für einen solchen Zeitraum in Anspruch nehmen wollte oder müsste.

4

Auch wenn im Rahmen des § 3 ZPO primär auf das klägerische Interesse abzustellen ist und dies, wie das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 17. Januar 2008 zutreffend bemerkt, nicht darin besteht, die Versicherungsprämie zu zahlen, so gibt doch die Höhe der Prämie einen tragfähigen Anknüpfungspunkt für die Streitwertbemessung; denn die Prämie wird nach dem jeweiligen Risiko der Inanspruchnahme der Leistung kalkuliert (so auch schon OLG Köln, JurBüro 1977, 1131; OLG Saarbrücken, JurBüro 1993, 738). Ein solcher Ansatz erscheint überdies auch unter dem Gesichtspunkt verlässlicher Handhabung und einfacher Bestimmbarkeit geboten. Die Alternative bestünde allein in einer Schätzung anhand einer Prognose über die mutmaßliche zukünftige Versicherungsleistung unter Berücksichtigung des jeweiligen Lebensalters des Versicherungsnehmers und seiner spezifischen Krankheitswahrscheinlichkeit; eine solche Schätzung setzte aber nicht nur einen erheblichen Aufwand voraus, sondern wäre zudem mit großen Unsicherheiten behaftetet, wäre entsprechend streitträchtig und würde zu einer Verlagerung oder Zweitbehandlung von Hauptsachefragen in die Streitwertfestsetzung führen, deren Ort all dies nicht ist.

5

2. Der damit gegebene Regelwert - in diesem Fall € 61,63 x 12 x 3,5 = € 2.588,46 - bedarf allerdings der Ergänzung in den Fällen, in denen - wie hier - im Rahmen der Feststellung eine bestimmte Versicherungsleistung zwar noch nicht im Klageverfahren geltend gemacht worden ist, aber die Inanspruchnahme nach der Darstellung des Versicherers absehbar ist. Für das - maßgebliche - wirtschaftliche Interesse am Bestehen oder Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses ist es von erheblicher Bedeutung, ob behauptet wird, wegen Eintritt des Versicherungsfalls seien bereits Ansprüche entstanden. Im Interesse der Rechtsklarheit ist ungeachtet der konkreten Erfolgsaussichten der Wert um 50% des Betrages der behaupteten Versicherungsleistung zu erhöhen (vgl. BGH, NVersZ 2002, 21).

6

Vorliegend hat die Beklagte ihre weitere Inanspruchnahme für den Zeitraum vom 28. Juni bis Ende Oktober 2006 behauptet (Schriftsatz vom 21. November 2007, S. 3, Bl. 155). Es ergeben sich hieraus - 162 Tage à € 102,26 - weitere € 16.566,12; von diesen sind anzusetzen 50%, das sind € 8.283,06.

7

3. Wird mit der Klage neben der Feststellung der Eintritt des Versicherungsfalls geltend gemacht, ist der Wert des damit verbundenen Leistungsantrags dem Wert des Feststellungsantrags hinzu zu rechnen, vgl. OLG Köln, RuS 1996, 332. Das entspricht der Berechnung aller Beteiligten. Hinzu zu setzen sind füglich weitere € 2.249,72.

8

Dieser Betrag ist, worauf vorsorglich hingewiesen wird, in der ergänzenden Bemessung zu 2. nicht zu berücksichtigen gewesen, weil er bereits rechtshängig war.

9

4. Gerichtsgebührenfreiheit und Ausschluss der Kostenerstattung ergeben sich aus § 68 Abs. 3 GKG.


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.