Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. März 2018 - 22 Ws_Reha 1/18

bei uns veröffentlicht am05.03.2018

Tenor

1. Dem Betroffenen wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 17.10.2017 gewährt.

2. Dem Betroffenen wird auf seinen Antrag für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. J. in Berlin gewährt.

3. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 17.10.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29.11.2017 mit den Feststellungen aufgehoben.

4. Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung, auch über die notwendigen Auslagen des Betroffenen im Beschwerdeverfahren (§ 14 Abs. 4 StrRehaG), an das Landgericht Schwerin zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das Landgericht Schwerin hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landgericht M. mit Beschluss vom 17.10.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29.11.2017 den Wiederaufnahmeantrag des Betroffenen vom 21.12.2016 als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Wiederaufnahmeverfahren unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zurückgewiesen.

2

Der Beschluss vom 17.10.2017 wurde dem Bevollmächtigten am 06.11.2017 mit der Rechtsmittelbelehrung zugestellt, wonach gegen die Entscheidung über die Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages binnen eines Monats und gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages binnen einer Notfrist von einem Monat Beschwerde eingelegt werden könne. Der Berichtigungsbeschluss vom 29.11.2017 wurde lediglich formlos mitgeteilt.

3

Mit am 06.12.2017 beim Landgericht eingegangenen Schreiben seines Bevollmächtigten vom selben Tag hat der Betroffene „Beschwerde“ gegen den Beschluss vom 17.10.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29.11.2017 eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Bevollmächtigten beantragt.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 31.01.2018 beantragt, dem Betroffenen von Amts Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der sofortigen Beschwerde zu gewähren, das danach zulässige Rechtsmittel jedoch als unbegründet zu verwerfen und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Bevollmächtigten zurückzuweisen.

5

Der Bevollmächtigte hat dazu für den Betroffenen unter dem 16.02.2018 eine Gegenerklärung abgegeben.

II.

6

Die nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige sofortige Beschwerde des Betroffenen (1) hat zumindest vorläufigen Erfolg (2) und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Schwerin (3).

7

1. Gegen den die Wiederaufnahme des Rehabilitierungsverfahrens ablehnenden Beschluss ist gemäß § 15 StrRehaG i.V.m. § 372 Satz 1 StPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, die nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung binnen der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO einzulegen gewesen wäre. Die Monatsfrist des § 13 Abs. 1 StrRehaG gilt insoweit nicht (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 28. September 1999 – 2 Ws-Reha 19/99 –, Rdz. 11 in juris; offengelassen durch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 13. Januar 2004 – 2 Ws (Reha) 14/03 –, juris). Sie betrifft aufgrund ihrer Stellung im Gesetz offensichtlich nur Entscheidungen nach § 12 StrRehaG und über den Verweis in § 25 Abs. 1 Satz 4 StrRehaG noch solche im Rehabilitierungsfolgeverfahren nach den §§ 16 ff. StrRehaG.

8

Nachdem die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Rehabilitierungsverfahrens im StrRehaG überhaupt nicht vorgesehen ist, sondern nur über die Verweisung im dortigen § 15 auf die Vorschriften der StPO ermöglicht wird, müssen innerhalb dieses Verfahrensabschnitts auch hinsichtlich Form und Frist eines Wiederaufnahmeantrags, der möglichen Wiederaufnahmegründe und den im Wiederaufnahmeverfahren statthaften Rechtsmitteln die Vorschriften der StPO (entsprechend) zur Anwendung gelangen.

9

Die gegen die Ablehnung seines Wiederaufnahmeantrags gerichtete Beschwerde des Betroffenen ist deshalb gem. § 15 StrRehaG, § 300 StPO als sofortige Beschwerde zu behandeln. Weil die Frist des § 311 Abs. 2 StPO nicht gewahrt wurde, dies jedoch auf der insoweit fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung durch das Landgericht Schwerin beruht, war dem Betroffenen von Amts wegen Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist zu gewähren.

10

Eine Kostengrundentscheidung nach § 473 Abs. 7 StPO war nicht zu treffen, weil auch insoweit § 14 Abs. 1 StrRehaG vorgeht (vgl. für das Anhörungsrügeverfahren BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 02. Mai 2016 – 2 BvR 1267/15 –, juris).

11

2. Die danach zulässige sofortige Beschwerde hat auch - zumindest vorläufig - Erfolg.

12

An der den Wiederaufnahmeantrag ablehnenden Entscheidung hat mit der Vorsitzenden Richterin am Landgericht M. eine Richterin mitgewirkt, die bereits an der angefochtenen Entscheidung vom 09.12.2011 - 41 Rh 115/10 - beteiligt war und die deshalb gemäß § 15 StrRehaG, § 23 Abs. 2 Satz 1 StPO kraft Gesetzes ausgeschlossen war. Der Betroffene ist dadurch seinem gesetzlichen Richter entzogen worden (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), was zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwingt. Davon betroffen sind auch die mit dem angefochtenen Beschluss getroffenen Annexentscheidungen bezüglich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Wiederaufnahmeverfahren und der Beiordnung des Bevollmächtigten.

13

3. Nachdem es sich bei dem genannten Verfahrensfehler um einen solchen mit Grundrechtsrelevanz handelt, der deshalb besonders schwer wiegt, war die Sache entgegen § 15 StrRehaG, § 309 Abs. 2 StPO zu neuer Prüfung und Entscheidung an das Landgericht Schwerin zurückzuverweisen (vgl. für Fälle der Mitwirkung eines nach § 22 StPO ausgeschlossenen Richters Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 309 Rdz. 8 m.w.N.).

III.

14

Dem Beschwerdeführer war für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Lasse Jacobsen in Berlin zu gewähren (§ 7 Abs. 4 Satz 4 StrRehaG, § 114 Abs. 1 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2, 1. Alt. ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. März 2018 - 22 Ws_Reha 1/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. März 2018 - 22 Ws_Reha 1/18

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. März 2018 - 22 Ws_Reha 1/18 zitiert 17 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 300 Falschbezeichnung eines zulässigen Rechtsmittels


Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Strafprozeßordnung - StPO | § 311 Sofortige Beschwerde


(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften. (2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung. (3) Das Gericht ist zu einer

Strafprozeßordnung - StPO | § 309 Entscheidung


(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft. (2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erfor

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 14 Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen


(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben. (2) Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragsteller

Strafprozeßordnung - StPO | § 22 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, 1. wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;2. wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;3.

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 25 Zuständigkeiten


(1) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 17, 17a und 19 und zur Prüfung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ist die Landesjustizverwaltung zuständig, in deren Geschäftsbereich die Rehabilitierungsentscheidung ergangen ist. Die Landesregierung

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 13 Beschwerde


(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden. (2) Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit 1. einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligt

Strafprozeßordnung - StPO | § 23 Ausschließung eines Richters wegen Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung


(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen. (2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag

Strafprozeßordnung - StPO | § 372 Sofortige Beschwerde


Alle Entscheidungen, die aus Anlaß eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens von dem Gericht im ersten Rechtszug erlassen werden, können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Der Beschluß, durch den das Gericht die Wiederaufnahme des Ve

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 15 Anwendbarkeit des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung


Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 7 Antrag


(1) Der Antrag nach § 1 kann 1. von dem durch die Entscheidung unmittelbar in seinen Rechten Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter,2. nach dem Tode des Betroffenen von seinem Ehegatten, seinen Verwandten in gerader Linie, seinen Geschwistern

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 12 Rehabilitierungsentscheidung


(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren, wenn nicht die Voraussetzungen einer Verkündung nach § 35 Abs. 1 der Strafprozessordnung vorliegen. (2) In den Beschluss sind die Namen der Richter,

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. März 2018 - 22 Ws_Reha 1/18 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. März 2018 - 22 Ws_Reha 1/18 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 02. Mai 2016 - 2 BvR 1267/15

bei uns veröffentlicht am 02.05.2016

Tenor 1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 29. Mai 2015 - 22 Ws_Reha 22/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Ab

Referenzen

(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

(2) Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragstellers ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn es unbillig wäre, den Antragsteller damit zu belasten.

(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 Satz 2 ist unanfechtbar.

(4) Für die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gilt § 473 Abs. 1 bis 4 der Strafprozessordnung entsprechend.

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.

Alle Entscheidungen, die aus Anlaß eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens von dem Gericht im ersten Rechtszug erlassen werden, können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Der Beschluß, durch den das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung anordnet, kann von der Staatsanwaltschaft nicht angefochten werden.

(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.

(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.

(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden.

(2) Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit

1.
einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligter dem Antrag widersprochen hat,
2.
das Gericht einstimmig und auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist,
a)
entschieden hat, dass die Rechtsfolgen der angegriffenen Entscheidung nicht in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen, oder
b)
einen Antrag nach § 1 Abs. 6 als unzulässig verworfen hat.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht, soweit die erfolgreiche Anfechtung zur Verkürzung einer noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe führen würde.

(3) Über die Beschwerde entscheidet das Bezirksgericht oder das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat, in Berlin das Kammergericht. Das Beschwerdegericht entscheidet durch besondere Beschwerdesenate für Rehabilitierungssachen. § 9 gilt entsprechend.

(4) Will der Beschwerdesenat bei der Entscheidung einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Bezirksgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen, hat er die Sache dem Bundesgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 121 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorzulegen.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren, wenn nicht die Voraussetzungen einer Verkündung nach § 35 Abs. 1 der Strafprozessordnung vorliegen.

(2) In den Beschluss sind die Namen der Richter, der Verfahrensbeteiligten und ihrer Bevollmächtigten aufzunehmen. Der Beschluss enthält weiterhin

1.
die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung,
2.
die Feststellung, hinsichtlich welchen Vorwurfs und welcher Rechtsfolge die angegriffene Entscheidung aufgehoben wird,
3.
die Dauer der zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung,
4.
den Betrag einer nach § 6 zu erstattenden Geldstrafe sowie die Feststellung, ob sonst ein Anspruch nach § 6 dem Grunde nach besteht.

(3) Der Beschluss ist zu begründen, soweit er mit der Beschwerde anfechtbar ist.

(4) Der Beschluss ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und den Verfahrensbeteiligten zuzustellen.

(1) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 17, 17a und 19 und zur Prüfung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ist die Landesjustizverwaltung zuständig, in deren Geschäftsbereich die Rehabilitierungsentscheidung ergangen ist. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung andere Zuständigkeiten begründen. Über Streitigkeiten bei der Anwendung des § 16 Abs. 2 sowie der §§ 17, 17a und 19 entscheidet das nach § 8 zuständige Gericht. Die Vorschriften des Abschnitts 2 dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist innerhalb eines Monats seit Zustellung der Entscheidung nach Satz 1 zu stellen.

(2) Die Leistungen nach den §§ 17 bis 19 werden auch Personen gewährt, die eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes erhalten haben

1.
für einen Gewahrsam, der auf einer Verurteilung durch ein deutsches Gericht oder auf einer der in § 1 Abs. 5 genannten strafrechtlichen Maßnahmen beruht, wenn diese Bescheinigung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragt worden ist, oder
2.
weil sie im Zusammenhang mit der Errichtung oder Aufrechterhaltung der kommunistischen Gewaltherrschaft im Beitrittsgebiet dort ohne Verurteilung durch ein deutsches Gericht oder ohne eine der in § 1 Abs. 5 genannten strafrechtlichen Maßnahmen in Gewahrsam genommen oder in Gewahrsam gehalten wurden.
Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 17, 17a und 19 an Berechtigte nach Satz 1 sind ausschließlich die in § 10 Abs. 2 des Häftlingshilfegesetzes bestimmten Stellen zuständig. Über Streitigkeiten bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 entscheidet das Verwaltungsgericht.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Zeitpunkt und die Reihenfolge der Gewährung der Leistung, auf die nach Absatz 2 ein Anspruch besteht, nach den Gesichtspunkten der sozialen Dringlichkeit zu bestimmen.

(4) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 21 und 22 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes obliegt. Soweit die Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(5) Soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird, entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Für diese Verfahren sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt.

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.

(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

(2) Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragstellers ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn es unbillig wäre, den Antragsteller damit zu belasten.

(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 Satz 2 ist unanfechtbar.

(4) Für die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gilt § 473 Abs. 1 bis 4 der Strafprozessordnung entsprechend.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 29. Mai 2015 - 22 Ws_Reha 22/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes, soweit er die Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zum Gegenstand hat; insoweit wird er aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Oberlandesgericht Rostock zurückverwiesen.

2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 22. Juni 2015 - 22 Ws_Reha 22/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er die Kostenentscheidung betrifft; insoweit wird er aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Oberlandesgericht Rostock zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu 1/5 zu ersetzen.

5. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 Euro (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung seiner Rehabilitierung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), die Zurückweisung eines Prozesskostenhilfeantrages und die Erhebung einer Gerichtsgebühr im Rahmen der Verbescheidung einer Anhörungsrüge.

2

1. Der im Jahr 1979 geborene Beschwerdeführer befand sich aufgrund eines Einweisungsbeschlusses des Jugendhilfeausschusses des Rates der Stadt Neubrandenburg in der Zeit vom 24. Oktober 1987 bis 1. Juli 1989 im Spezialkinderheim "Blücherhof".

3

2. Diesbezüglich begehrt der Beschwerdeführer seine Rehabilitierung. Seinen hierauf gerichteten Antrag wies das Landgericht Neubrandenburg mit Beschluss vom 11. November 2014 zurück.

4

3. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Beschwerdeführer mit der Beschwerde, welche das Oberlandesgericht Rostock mit Beschluss vom 29. Mai 2015 zurückwies. Zugleich versagte das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Das Oberlandesgericht führte hierzu aus, nachdem das Landgericht mit im Wesentlichen gleichen - zutreffenden - Erwägungen, die zudem der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprächen, den Rehabilitierungsantrag des Betroffenen zurückgewiesen habe, habe die dagegen eingelegte Beschwerde, die auch kein grundsätzlich neues Tatsachenvorbringen, sondern lediglich eine abweichende rechtliche Bewertung enthalte, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 4 StrRehaG, § 114 Satz 1 ZPO. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen sei deshalb zurückzuweisen.

5

4. Die gegen die Beschwerdeentscheidung gerichtete Anhörungsrüge wies das Oberlandesgericht Rostock mit Beschluss vom 22. Juni 2015 auf Kosten des Beschwerdeführers zurück. Das Landgericht führte zur Kostenentscheidung aus, die Zurückweisung der Anhörungsrüge löse die Gerichtsgebühr nach Nr. 3920 KV GKG in Höhe von 60 Euro aus. Die Kostenregelung des § 14 Abs. 1 StrRehaG gelte insoweit nicht, weil es sich bei dem Anhörungsrügeverfahren nicht mehr um einen Teil des Rehabilitierungsverfahrens, sondern um ein selbständiges Nachverfahren handele.

6

5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG geltend.

7

6. Das Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern hatte Gelegenheit zur Äußerung. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

8

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an und gibt ihr insoweit statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Kammerentscheidung sind gegeben.

9

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 29. Mai 2015 richtet, ist sie offensichtlich begründet und verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

10

a) Das Grundgesetz gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>; stRspr). Verfassungsrechtlich ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfe-Verfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dies bedeutet zugleich, dass Prozesskostenhilfe nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber lediglich eine entfernte ist (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>; stRspr).

11

Die Auslegung und Anwendung des § 114 Satz 1 ZPO obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht kann daher nur eingreifen, wenn die Entscheidungen der Fachgerichte Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen (BVerfGE 81, 347 <357 f.>; BVerfGK 2, 279 <281>). Die Fachgerichte unterschreiten ihren Ermessensspielraum, wenn sie einen Auslegungsmaßstab anwenden, der einer unbemittelten Partei die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschwert; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Anforderungen an die Erfolgsaussicht derart überspannt werden, dass dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird (BVerfGE 81, 347 <358>). Wäre nämlich Maßstab des Tatbestandsmerkmals "Aussicht auf Erfolg" (§ 114 ZPO) der tatsächliche Erfolg der Prozessführung in der Hauptsache, so könnte Prozesskostenhilfe regelmäßig nur bewilligt werden, wenn der Unbemittelte ihrer gar nicht bedarf. Folgerichtig soll die Prozesskostenhilfe nicht den Erfolg in der Hauptsache prämieren, sondern den Rechtsschutz nur ermöglichen (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2003 - 1 BvR 1152/02 -, juris, Rn. 11).

12

b) Diesen Anforderungen hat das Oberlandesgericht unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG in seiner Entscheidung vom 29. Mai 2015 nicht genügt. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung der Versagung der Prozesskostenhilfe darauf abgestellt, dass das Landgericht den Rehabilitierungsantrag des Beschwerdeführers mit zutreffender Begründung abgelehnt habe. Die dagegen eingelegte Beschwerde, die kein grundsätzlich neues Tatsachenvorbringen, sondern lediglich eine abweichende rechtliche Bewertung enthalte, böte keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 4 StrRehaG, § 114 Satz 1 ZPO. Diese Begründung wird dem Zweck der Prozesskostenhilfe, auch Unbemittelten den Zugang zum Rechtsschutz zu ermöglichen, nicht gerecht.

13

Bei objektiver Betrachtung sind dem Vortrag des Beschwerdeführers gewichtige Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Heimeinweisung in einem groben Missverhältnis zu ihrem Anlass stehen könnte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG). So wurde die Einweisung des Beschwerdeführers lediglich mit - nicht näher spezifizierten - "groben Disziplinarverstößen", einer "unzureichenden Lernbereitschaft", einem "unbeherrschten Auftreten" und einer Außenseiterstellung im "Klassenkollektiv" begründet. Die Ursachen hierfür wurden insbesondere in einem nicht immer genügend abgestimmten "einheitlichen Erziehungsverhalten" und "fehlender pädagogischer Konsequenz" der Eltern gesehen.

14

Darüber hinaus enthält der Vortrag des Beschwerdeführers auch Anhaltspunkte, die geeignet sind, bei entsprechender Würdigung das Vorliegen "sachfremder Zwecke" zu begründen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG). So hat der Beschwerdeführer eine eidesstattliche Versicherung seiner Mutter vorgelegt, in der diese bestätigt, bereits vor der Entscheidung über die Einweisung des Beschwerdeführers in das Spezialkinderheim "Blücherhof" in den Besprechungen mit der Jugendhilfe öffentlich die Stellung eines Ausreiseantrages angekündigt zu haben.

15

Das Oberlandesgericht hat das Vorliegen eines groben Missverhältnisses im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG und das Vorliegen "sachfremder Zwecke" (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG) im Rahmen seiner Beschwerdeentscheidung im Ergebnis zwar mit vertretbarer und damit mit verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung in der Hauptsache verneint. Die Entscheidung in der Hauptsache setzte insoweit eine umfangreiche Würdigung der Sach- und Rechtslage voraus.

16

Die vom Oberlandesgericht im Rahmen der Bescheidung des spruchreifen Prozesskostenhilfeantrags gewählte Formulierung lässt indes nicht erkennen, dass es seiner Entscheidung, die zusammen mit der Hauptsache erging, einen hiervon abweichenden, den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt hat. Damit hat das Oberlandesgericht eine unzulässige Betrachtung im Nachhinein vorgenommen und die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Beschwerde überspannt.

17

c) Die Entscheidung beruht auf diesem Grundrechtsverstoß, da nicht auszuschließen ist, dass das Oberlandesgericht unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

18

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Erhebung einer Gerichtsgebühr im Rahmen der Verbescheidung der Anhörungsrüge richtet, ist sie ebenfalls offensichtlich begründet und verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

19

a) Bei der Anhörungsrüge gemäß § 15 StrRehaG in Verbindung mit § 33a StPO handelt es sich zwar um einen eigenständigen Rechtsbehelf (vgl. BTDrucks 15/3706, S. 1, 14). Gleichwohl ist die Anhörungsrüge dem Rehabilitierungsverfahren zuzurechnen und unterfällt daher § 14 Abs. 1 StrRehaG, wonach Kosten des Verfahrens nicht erhoben werden.

20

Die gegenläufige Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar. Der vom Oberlandesgericht für das Anhörungsrügeverfahren erhobenen Gerichtsgebühr fehlt es bereits an einer rechtlichen Grundlage. Der Gebührentatbestand Nr. 3920 KV GKG sieht eine Gebühr für "Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§§ 33a, 311a Abs. 1 Satz 1, § 356a StPO, auch i.V.m. § 55 Abs. 4, § 92 JGG und § 120 StVollzG)" vor. Die Vorschrift des § 15 StrRehaG, wonach die Vorschriften der Strafprozessordnung entsprechend anwendbar sind, ist in Nr. 3920 KV GKG gerade nicht aufgeführt. Der Gesetzgeber hat in Nr. 3920 KV GKG zum Ausdruck gebracht, dass für Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur in bestimmten Fällen Gebühren zu erheben sind. Der Gebührentatbestand enthält insoweit eine abschließende Regelung. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung in § 14 Abs. 1 StrRehaG ersichtlich das gerichtliche Verfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz von Kosten freihalten (vgl. BTDrucks 12/1608, S. 14, 23). Gründe dafür, gerade die Anhörungsrüge, die es erlaubt, Verstöße einer Entscheidung gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend zu machen, von diesem Grundsatz auszunehmen, sind nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Gesetzgeber das Anhörungsrügeverfahren nicht im Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz selbst geregelt hat, sondern dieses über die Verweisung in § 15 StrRehaG zur Anwendung gelangt, führt zu keiner hiervon abweichenden Beurteilung. Es handelt sich um eine bloße Regelungstechnik des Gesetzgebers, die auch in anderen Rechtsnormen zu erkennen ist, wie etwa in § 55 Abs. 4, § 92 JGG und § 120 StVollzG, wobei diese Bestimmungen - anders als § 15 StrRehaG - in Nr. 3920 KV GKG ausdrücklich Erwähnung finden.

21

b) Die Entscheidung beruht auf diesem Grundrechtsverstoß, da nicht auszuschließen ist, dass das Oberlandesgericht unter Beachtung dieser verfassungsrechtlichen Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

22

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (vgl. § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

23

4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen und beträgt mindestens 5.000 Euro. Im Hinblick auf die objektive Bedeutung der Sache und das verhältnismäßig geringfügige Teilobsiegen ist ein Gegenstandswert von 8.000 Euro angemessen.

24

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.

(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen.

(2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen. Ist die angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszug ergangen, so ist auch der Richter ausgeschlossen, der an der ihr zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Mitwirkung bei Entscheidungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen,

1.
wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;
2.
wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;
3.
wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist;
5.
wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.

(1) Der Antrag nach § 1 kann

1.
von dem durch die Entscheidung unmittelbar in seinen Rechten Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter,
2.
nach dem Tode des Betroffenen von seinem Ehegatten, seinen Verwandten in gerader Linie, seinen Geschwistern oder von Personen, die ein berechtigtes Interesse an der Rehabilitierung des von der rechtsstaatswidrigen Entscheidung Betroffenen haben, oder
3.
von der Staatsanwaltschaft, jedoch nicht, soweit der unmittelbar in seinen Rechten Betroffene widersprochen hat,
gestellt werden.

(2) Der Antrag kann bei jedem Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Der Antrag ist zu begründen.

(3) Der Antrag kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden.

(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Verfahrensbeteiligten können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Zu Bevollmächtigten können die im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Rechtsanwälte sowie Rechtslehrer an deutschen Hochschulen gewählt werden. Andere Personen können mit Zustimmung des Gerichts zu Bevollmächtigten gewählt werden. Für die Prozesskostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(5) Verstirbt der Betroffene nach Antragstellung, können die nach Absatz 1 Nr. 2 oder 3 Antragsberechtigten binnen sechs Monaten die Fortsetzung des Verfahrens beantragen.