Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 06. Aug. 2014 - 3 UF 130/14
Gericht
Tenor
1. Die Beschwerde der Kindesmutter/Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 12. März 2014, Az.: 5 F 41/13 SO, wird zurückgewiesen.
2. Die Kindesmutter/Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
4. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Kindesmutter/Antragsgegnerin für die Beschwerdeinstanz wird zurückgewiesen.
5. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidungen wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der Kindesmutter/Antragsgegnerin (im Folgenden nur noch: Kindesmutter) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gardelegen vom 12. März 2014, aufgrund dessen dem Antragsteller/Kindesvater (im Folgenden nur noch: Kindesvater) unter Abänderung des vorangegangenen Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 21. Juni 2011 vollumfänglich die gemeinschaftliche elterliche Sorge für das am 06.02.2008 nichtehelich geborene Kind G. S. übertragen worden ist, ist in der Sache unbegründet.
- 2
Denn zu Recht hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf - richtigerweise - § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BGB die Voraussetzungen für die Übertragung der elterlichen Mitsorge auf den Kindesvaters betreffend seiner minderjährigen Tochter G. bejaht.
- 3
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die insoweit zutreffenden und detaillierten Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens anschließt.
- 4
Lediglich ergänzend sei noch Folgendes bemerkt:
- 5
Nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB steht nicht verheirateten Eltern eines Kindes die gemeinschaftliche elterliche Sorge zu, soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt. Dabei bestimmt § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB weiter, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam überträgt, wenn die Übertragungdem Kindeswohl nicht widerspricht. Ferner bestimmt § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB, dass, wenn der andere Elternteil keine Gründe vorträgt, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegen stehen können, und falls solche auch nicht ersichtlich sind, grundsätzlich vermutet wird, dass dann die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
- 6
Die Kindesmutter hat der Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater widersprochen. So hat sie vorgetragen, dass es beiden Elternteilen an einer Kooperationsfähigkeit fehle, da nicht einmal von Seiten des Kindesvaters bei der Kindesübergabe zu Umgangskontakten, sie, die Kindesmutter, von ihm gehörig gegrüßt werde. Auch habe es im Hinblick auf den Ferienumgang wiederholt Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Urlaubsterminen gegeben. Dies habe bereits auf Seiten von G. dazu geführt, dass diese zeitweise den Umgang mit dem Kindesvater verweigert habe, obgleich sie, die Kindesmutter, auf ihre Tochter positiv eingewirkt habe. Bereits hieran zeige sich, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater das Wohl von G. gefährde.
- 7
Dieser Widerspruch der Kindesmutter hatte zur Folge, dass somit das Amtsgericht nicht kraft Gesetzes vermuten konnte, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen Sorge auf den Kindesvater dem Wohle G. diene.
- 8
Indes hat das Amtsgericht nach dem Ergebnis seiner umfänglichen Ermittlungen - folgerichtig - zu Recht detailliert ausgeführt, dass aber die Übertragung der gemeinschaftlichen Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).
- 9
So sind nämlich die Kommunikationsprobleme zwischen den Kindeseltern nicht in Streitigkeiten über einzelne Fragen der elterlichen Sorge begründet, sondern darin, dass sie sich zeitweise außer Stande sahen, sich hinlänglich über den Umgang mit der Tochter zu einigen. In übrigen Sorgerechtsfragen indes vermag der Senat, ebenso wie das Amtsgericht, keine nachhaltigen Meinungsverschiedenheiten zu erkennen, zumal mittlerweile wieder Umgang zwischen Vater und Tochter stattfindet. Auch ist erkennbar, dass der Umgang positive Auswirkungen auf G. hat. So hat der Verfahrensbeistand A. B. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.01.2014 mitgeteilt, dass er beobachten konnte, dass G. während des Umgangs zunächst eine Aufwärmungsphase benötigte, dann aber erkennbar wurde, dass zwischen dem Mädchen und seinem Vater ein herzlicher und inniger Kontakt besteht. Auch habe sich der Kindesvater - so der Verfahrensbeistand weiter - gut auf die Bedürfnisse von G. eingelassen, und G. habe diese Zuwendungen ihres Vaters gerne angenommen. Aus Sicht des Verfahrensbeistandes, so dessen schriftlicher Bericht vom 02.01.2014 und auch dessen mündliche Stellungnahme im Termin vor dem Amtsgericht vom 26.02.2014, spreche die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge sogar am ehesten dem Kindeswohl. Auch die Jugendamtsmitarbeiterin K. teilt diese Ansicht. Zwar hat diese in ihrem Jugendamtsbericht vom 11.03.2013 die Kommunikationsschwierigkeiten der Kindeseltern ausdrücklich erwähnt und daraus zunächst noch die Schlussfolgerung gezogen, dass die Übertragung des Sorgerechts auf beide Elternteile nicht dem Wohl des Kindes entspreche. In ihrem Folgebericht vom 04.02.2014 teilt indes die Jugendamtsmitarbeiterin K. mit, nachdem die Kindeseltern zwischenzeitlich an einer familientherapeutischen Therapie teilgenommen hatten, dass aus ihrer Sicht keine das Kindeswohl gefährdenden Aspekte vorlägen, welche einer Übertragung des Mitsorgerechts auf den Kindesvater entgegenstünden, wenngleich zu bedenken sei, dass die Eltern kaum in der Lage seien, miteinander zu kommunizieren, wenn es um die Umgangsregelung gehe. Im Termin vor dem Amtsgericht am 26.02.2014 hat die Vertreterin des Jugendamtes K. sich sodann gemeinsam mit dem Verfahrensbeistand A. B. ausdrücklich und abschließend dafür ausgesprochen, beiden Eltern die gemeinsame elterliche Sorge zu übertragen. Nach Einschätzung und aufgrund von Rückfragen bei der Familienberatungsstelle und eigener Wahrnehmung aus Sicht des Jugendamtes bestünden derzeit - so die Jugendamtsvertreterin - keine unüberbrückbaren Hindernisse in der Kommunikation der Beteiligten, die dem Kindeswohl widersprächen. Hinzu kommt nach den Beobachtungen des entscheidenden Richters am Amtsgericht, dass die Anhörung der Kindeseltern deutlich gemacht hat, dass diese, wenngleich unterschiedlichster Auffassungen, sich stets im Termin vor dem Amtsgericht bemüht hätten, in einer sachlichen, von Respekt gekennzeichneten Art und Weise ihre jeweiligen Argumente hierfür auszutauschen.
- 10
Die vorstehenden Feststellungen lassen erkennen, dass die Kindeseltern zwar Kommunikationsschwierigkeiten haben, sich diese aber vordergründig auf die Umgangsregelung beziehen. Nach der negativen Kindeswohlprüfung, und nur um diese geht es im Falle der hier zur Entscheidung anstehenden gemeinschaftlichen elterlichen Sorge nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 BGB, ist die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge schon dann vorgesehen, wenn dies nicht dem Kindeswohl widerspricht. Demzufolge sind also die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zu hoch anzusetzen (vgl. Götz, in: Palandt, BGB, 75. Aufl., 2014, § 1626 a BGB Rdnr. 12; BVerfG, NJW 2010, 3008, Teilziffer 75, zitiert nach juris). Danach setzt zwar die gemeinsame Ausübung des elterlichen Sorgerechtes eine tragfähige Beziehung zwischen den Eltern voraus, allerdings im Übrigen lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung (Götz, a. a. O., § 1626 a BGB, Rdnr. 12 m.w.N.). Zudem müssen den Kindeseltern, wenn die Kommunikationsstörungen zwischen ihnen die Entscheidungsfindung behindern und das Kind hierdurch erheblich belastet wird, auch nach dem Willen des Gesetzgebers Bemühungen um eine gelingende Kommunikation abverlangt werden, z. B. unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe (BT-Drucks. 17/11048, S. 17; Götz, a.a.O., § 1626 a BGB Rdnr. 12).
- 11
Nach alledem bestehen auch unter Beachtung des letztgenannten Gesetzgeberwillens keine Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohle hier widerspricht.
- 12
Mithin ist die amtsgerichtliche Entscheidung, mit welcher dem Kindesvater die gemeinschaftliche elterliche Sorge für seine minderjährige Tochter G. übertragen worden ist, nicht zu beanstanden, sodass die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter ohne Erfolg bleiben muss.
II.
- 13
Da die Kindesmutter mit ihrem Rechtsmittel unterlegen war, hat sie nach § 84 FamFG nach dem Willen des Gesetzgebers die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
- 14
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren war gemäß §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG auf 3.000,00 € festzusetzen.
IV.
- 15
Das Gesuch der Kindesmutter, ihr für die Beschwerde gegen die Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 12. März 2014 Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, war zurückzuweisen, da ihre zweitinstanzliche Rechtsverfolgung, wie aus der vorstehenden Ziffer I der Gründe erhellt, nicht die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in objektiver Hinsicht erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 76 FamFG, 114 ZPO bietet.
V.
- 16
Die Rechtsbeschwerde gegen die Senatsentscheidungen war nicht zuzulassen, liegen doch die Voraussetzungen hierfür weder nach § 574 ZPO noch nach § 70 FamFG vor.
moreResultsText
Annotations
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
- 1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), - 2.
wenn sie einander heiraten oder - 3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.