Oberlandesgericht Köln Beschluss, 06. Jan. 2016 - 10 UF 162/15
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt I, B, bewilligt.
Der Senat weist gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG darauf hin, dass er beabsichtigt, die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 10.09.2015 – 233 F 274/14 – als unbegründet zurückzuweisen.
Die Antragstellerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang des Beschlusses.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten sind die Eltern der Kinder B2, geboren am 26.02.1998, L, geboren am 20.07.2000 und B3, geboren am 24.11.2003. Die Eltern trennten sich im Oktober 2012, wobei die Kinder – auf eigenen Wunsch – in beiden Haushalten lebten. In einem vorangegangenen Verfahren 233 F 82/13, welches auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin gerichtet war, einigten sich die Eltern im Termin am 24.04.2013 entsprechend der Vorschläge von Gericht und Jugendamt auf ein Wechselmodell, welches seither praktiziert wird.
4Die Antragstellerin hat eine Abänderung des Modells und die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge beantragt und hierzu gemeint, das Wechselmodell sei gescheitert, da – so hat sie behauptet – der Antragsgegner (der nur schriftlich mit ihr verkehrt) kaum zu Absprachen und Kooperation in der Lage sei und die Kinder verstärkte Verhaltensaufälligkeiten zeigten, die, so hat sie weiter gemeint, ihren Grund im Wechselmodell und der väterlichen Einflussnahme hätten. Dem ist der Antragsgegner entgegen getreten, der insbesondere gemeint hat, der rein schriftliche Kontakt der Eltern untereinander stehe dem praktizierten Wechselmodell nicht entgegen.
5Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Kinder den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, das nunmehr schon jahrelang ausgeübte Wechselmodell entspreche dem Kindeswohl am besten. Nicht nur der Kontinuitätsgrundsatz, sondern auch die Bedürfnisse der Kinder entsprechend ihrer Anhörung sprächen für die Beibehaltung des Wechselmodells. Die Kinder, die aufgrund ihres Alters bereits hinreichend einsichtsfähig seien, hätten sich einhellig für das bisherige Modell ausgesprochen, so dass zu besorgen sei, dass der Erziehungsprozess bei alleiniger Sorge der Antragstellerin – welche dann von ihren Kindern für die Veränderung „verantwortlich gemacht“ zu werden drohe – durch eine Änderung noch erschwert werde.
6Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit welcher diese ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt und für deren Durchführung Verfahrenskostenhilfe beantragt wird. Sie behauptet, sie sei zum damaligen familiengerichtlichen Vergleich genötigt worden und habe schon damals das Wechselmodell nicht gewünscht. Weder die (von ihr behaupteten) Verhaltensauffälligkeiten der Kinder noch die tiefgreifenden Schwierigkeiten der elterlichen Kommunikation seien richtig gewürdigt worden; tatsächlich seien die Kinder emotional und sozial stark belastet, was sie aber in der Anhörung und der dortigen Kürze der Zeit nicht hätten kommunizieren können und wollen.
7II.
8Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kommt nicht in Betracht, weil die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Amtsgericht hat zu Recht den Antrag zurückgewiesen.
9Maßstab der Entscheidung ist nach § 1671 Abs. 1 BGB das Kindeswohl. Bei der hiernach gebotenen zweistufigen Prüfung hat das Amtsgericht zu Recht auf der ersten Stufe angenommen, dass bereits die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht dem Kindeswohl entspräche. Zwar können, worauf die Beschwerde im Grundsatz zu Recht hinweist, die Eltern das gemeinsame Sorgerecht nur dann weiterhin ausüben, wenn sie – als unverzichtbare Voraussetzung hierfür – auch Kooperationsbereitschaft zeigen, also den Willen, die Verantwortung für das Kind auch nach der Trennung zusammen zu tragen (BVerfG, Urt. v. 03.11.1982 – 1 BvL 25/80, FamRZ 1982, 1179; BVerfG, Beschl. v. 18.12.2003 - 1 BvR 1140/03, FamRZ 2004, 354).
10Die Notwendigkeit ausreichender Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft bedeutet jedoch nicht, dass die gemeinsame elterliche Sorge bereits dann abzulehnen wäre, wenn die Gefahr von Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen der Eltern besteht oder sich bereits in der Vergangenheit an dem einen oder anderen Punkt Konflikte entzündet haben und streitig ausgetragen wurden (OLG Naumburg, Beschl. v. 06.08.2014 – 3 UF 130/14, FamRZ 2015, 763). Zur Normalität in Eltern-Kind-Beziehungen gehört vielmehr, dass Eltern über Einzelfragen der Erziehung unterschiedliche Auffassungen haben (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.03.2015 – 18 UF 304/14, n.v.). Die Zerstrittenheit der Eltern kann nur dann zum Anlass der Aufhebung eines gemeinsamen Sorgerechts gemacht werden, wenn die begründete Annahme besteht, dass die Kindeseltern eine dem Kindeswohl dienende gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge nicht gewährleisten können; eine (selbst heillose) Zerstrittenheit der Eltern als solche allein genügt hierfür nicht (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 11.03.2008 – 4 UF 119/07, NJW-RR 2008, 1319). Daher setzt eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige, soziale Beziehung zwischen den Eltern sowie eine Orientierung der Eltern am Kindeswohl voraus (BVerfG, Beschl. v. 18.12.2003 - 1 BvR 1140/03, FamRZ 2004, 354; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.03.2015 – 18 UF 304/14, n.v.).
11Auch unter Berücksichtigung des streitigen Vorbringens der Antragstellerin hat der Senat keinen Anlass, am Vorliegen jedenfalls dieses Mindestmaßes an Kooperation zu zweifeln. Die vorgelegten Unterlagen – mehrheitlich handschriftlich verfasste Mitteilungen des Antragsgegners, der seine Urheberschaft nicht bestritten hat und auch dem Inhalt nicht entgegen getreten ist – belegen zwar auch aus Sicht des Senats nachdrücklich, dass es maßgebend der Antragsgegner ist, der durch Art und Inhalt der von ihm gewählten Kommunikation ein – soweit möglich – „normales“ Miteinander der Beteiligten verhindert. Schon sein – nur exemplarisch hervorgehobenes – Verhalten anlässlich der Bewusstlosigkeit des Kindes B2 im Schwimmbad, welches der Antragsgegner zum Anlass nahm, die Antragstellerin an ihre „Aufsichtszeiten“ zu erinnern (Bl. 94 d.A.) ist erkennbar wenig zielführend. Hier müssen die Elternteile – worauf indes ebenfalls das Amtsgericht bereits hingewiesen hat – an ihrer Kommunikationsfähigkeit arbeiten und im Interesse der gemeinsamen Kinder aufeinander zugehen.
12Das Amtsgericht hat indes ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Kommunikationsschwächen allein – die auch der Senat nicht verkennt, deren ungeachtet aber gleichwohl die Betreuung der drei gemeinsamen Kinder nunmehr schon seit Jahren wenngleich nicht störungsfrei, aber doch: funktioniert – nicht hinreichen, um mit Blick auf das maßgebliche Kindeswohl eine abweichende Sorgerechtsentscheidung zu treffen.
13Der Senat nimmt hierfür Bezug auf die Ausführungen des Amtsgerichts zur Frage des Kindeswillens und seiner Maßgeblichkeit gerade mit Blick auf das Alter der Kinder, zur Kontinuität eines seit Jahren gelebten Modells und zur durchaus berechtigten Sorge, eine Änderung dieses – von den Kindern favorisierten – Modells könne der Mutter als „Verursacherin“ zur „Last gelegt“ werden. Gerade dem Grundsatz der Kontinuität eines Sorgerechtsmodells kommt hierbei, wie auch die Stellungnahme des Verfahrensbeistandes in der Beschwerdeinstanz erkennen lässt, erhebliches, für das Kindeswohl relevantes Gewicht zu. Die Kinder leben nicht nur seit einem langen Zeitraum trotz aller Schwierigkeiten in dem Wechselmodell, sie befürworten es auch und gerade deshalb ausdrücklich. Sind aber die Kinder an beide Elternteile sicher gebunden, sind also beide – für sich betrachtet – in der Lage, auf die körperlichen, psychischen und sozialen Bedürfnisse der Kinder zu reagieren und diese in angemessener Weise zu befriedigen, spricht dies ebenso wie der Aspekt der Kontinuität und die Eignung beider Elternteile unter dem Gesichtspunkt der Förderung der Kinder für eine Beibehaltung des Wechselmodells.
14Hierbei weist der Senat darauf hin, dass er die geschilderten Verhaltensauffälligkeiten der Kinder durchaus ernst nimmt, ihre etwaigen Ursachen indes – wie auch der Verfahrensbeistand ausgeführt hat – eher in der gestörten Beziehung der Eltern zu suchen sein dürften als in der konkreten Ausgestaltung des elterlichen Sorgerechts, und jedwede Form elterlicher Sorge am „Grundproblem“ einer elterlichen Kommunikation, die offenbar durch ein Fortdauern der Beziehungsproblematik weiterhin belastet ist, nichts ändern würde. Die Kinder erleben immer wieder, wie ihre beiden von ihnen geliebten Eltern sich verletzen, was gerade die Jüngste, B3, belastet und dem Kindeswohl abträglich ist. Beide Beteiligte sollten sich daher bewusst sein, dass sie die Verantwortung für ihre Kinder haben und dafür sorgen müssen, dass es ihnen gut geht.
15Der Senat kann aber nicht feststellen, dass sich an dieser Situation zugunsten der Kinder durch die Übertragung der Alleinsorge auf die Antragstellerin etwas ändern würde. Dies wäre erst dann denkbar, wenn sich die Situation der Kinder spürbar verbessert, weil Auseinandersetzungen der Eltern vermieden werden und diese erwartete Entwicklung dem Kindeswohl dient (KG, Beschl. v. 21.02.2006 – 13 UF 115/05, FamRZ 2006, 1626). Die Spannungen der Eltern wurzeln indes nicht in Differenzen bei Fragen elterlicher Sorge, sondern resultieren aus dem Ende der Paarbeziehung. Die Auflösung gemeinsamer elterlicher Sorge kann aber nicht damit gerechtfertigt werden, Konfliktpotential aus der Elternbeziehung zu nehmen und die Position der Kindesmutter durch Übertragung der Alleinsorge zu stärken (OLG Hamm, Beschl. v. 23.07.2013 – 2 UF 39/13, FamRZ 2014, 573).
16Umgekehrt ist es vielmehr gerade so, dass die elterliche Sorge in der Vergangenheit ohne tiefgreifende Störungen und die Inanspruchnahme weiterer gerichtlicher Hilfe ausgeübt werden konnte, auch und gerade dann, wenn der Antragsgegner – wie die Antragstellerin behauptet – in vielen kleineren Punkten (Betreuungszeiten, Zahnarztkosten etc.) den „Streit um des Streits willen“ sucht, aber eben doch die wesentlichen Rahmenbedingungen des Wechselmodells weitgehend störungsfrei feststehen und gelebt werden können.
17III.
18Für den Fall, dass die Beschwerde auch ohne Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durchgeführt werden soll, beabsichtigt der Senat eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 68 Abs. 3 FamFG), weil von einer mündlichen Verhandlung keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind.
19Der Senat verkennt nicht, dass die Verpflichtung zur persönlichen Anhörung des Kindes grundsätzlich auch für das Beschwerdegericht gilt, die nochmalige persönliche Anhörung also die Regel ist. Von diesem Grundsatz kann indes eine Ausnahme gemacht werden, wenn neue entscheidungserhebliche Tatsachen nicht vorgetragen sind, eine Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts nicht eingetreten ist und weder der Zeitablauf noch sonstige Gründe die nochmalige Anhörung des Kindes geboten erscheinen lassen. Vorliegend sind die Kinder im erstinstanzlichen Verfahren ordnungsgemäß angehört worden; auch der Verfahrensbeistand hat in beiden Instanzen Stellungnahmen zu der Haltung der Kinder abgegeben. Die dort vermittelte Sicht der Kinder weist eine klare und konsistente Haltung auf, die – soweit es um die Ermittlung des Kindeswillens geht – der Senat bereits den aktenkundigen Erkenntnissen hinreichend zu entnehmen vermag.
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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
Tenor
1. Die Beschwerde der Kindesmutter/Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 12. März 2014, Az.: 5 F 41/13 SO, wird zurückgewiesen.
2. Die Kindesmutter/Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
4. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Kindesmutter/Antragsgegnerin für die Beschwerdeinstanz wird zurückgewiesen.
5. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidungen wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der Kindesmutter/Antragsgegnerin (im Folgenden nur noch: Kindesmutter) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gardelegen vom 12. März 2014, aufgrund dessen dem Antragsteller/Kindesvater (im Folgenden nur noch: Kindesvater) unter Abänderung des vorangegangenen Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 21. Juni 2011 vollumfänglich die gemeinschaftliche elterliche Sorge für das am 06.02.2008 nichtehelich geborene Kind G. S. übertragen worden ist, ist in der Sache unbegründet.
- 2
Denn zu Recht hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf - richtigerweise - § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BGB die Voraussetzungen für die Übertragung der elterlichen Mitsorge auf den Kindesvaters betreffend seiner minderjährigen Tochter G. bejaht.
- 3
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die insoweit zutreffenden und detaillierten Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens anschließt.
- 4
Lediglich ergänzend sei noch Folgendes bemerkt:
- 5
Nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB steht nicht verheirateten Eltern eines Kindes die gemeinschaftliche elterliche Sorge zu, soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt. Dabei bestimmt § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB weiter, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam überträgt, wenn die Übertragungdem Kindeswohl nicht widerspricht. Ferner bestimmt § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB, dass, wenn der andere Elternteil keine Gründe vorträgt, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegen stehen können, und falls solche auch nicht ersichtlich sind, grundsätzlich vermutet wird, dass dann die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
- 6
Die Kindesmutter hat der Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater widersprochen. So hat sie vorgetragen, dass es beiden Elternteilen an einer Kooperationsfähigkeit fehle, da nicht einmal von Seiten des Kindesvaters bei der Kindesübergabe zu Umgangskontakten, sie, die Kindesmutter, von ihm gehörig gegrüßt werde. Auch habe es im Hinblick auf den Ferienumgang wiederholt Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Urlaubsterminen gegeben. Dies habe bereits auf Seiten von G. dazu geführt, dass diese zeitweise den Umgang mit dem Kindesvater verweigert habe, obgleich sie, die Kindesmutter, auf ihre Tochter positiv eingewirkt habe. Bereits hieran zeige sich, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater das Wohl von G. gefährde.
- 7
Dieser Widerspruch der Kindesmutter hatte zur Folge, dass somit das Amtsgericht nicht kraft Gesetzes vermuten konnte, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen Sorge auf den Kindesvater dem Wohle G. diene.
- 8
Indes hat das Amtsgericht nach dem Ergebnis seiner umfänglichen Ermittlungen - folgerichtig - zu Recht detailliert ausgeführt, dass aber die Übertragung der gemeinschaftlichen Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).
- 9
So sind nämlich die Kommunikationsprobleme zwischen den Kindeseltern nicht in Streitigkeiten über einzelne Fragen der elterlichen Sorge begründet, sondern darin, dass sie sich zeitweise außer Stande sahen, sich hinlänglich über den Umgang mit der Tochter zu einigen. In übrigen Sorgerechtsfragen indes vermag der Senat, ebenso wie das Amtsgericht, keine nachhaltigen Meinungsverschiedenheiten zu erkennen, zumal mittlerweile wieder Umgang zwischen Vater und Tochter stattfindet. Auch ist erkennbar, dass der Umgang positive Auswirkungen auf G. hat. So hat der Verfahrensbeistand A. B. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.01.2014 mitgeteilt, dass er beobachten konnte, dass G. während des Umgangs zunächst eine Aufwärmungsphase benötigte, dann aber erkennbar wurde, dass zwischen dem Mädchen und seinem Vater ein herzlicher und inniger Kontakt besteht. Auch habe sich der Kindesvater - so der Verfahrensbeistand weiter - gut auf die Bedürfnisse von G. eingelassen, und G. habe diese Zuwendungen ihres Vaters gerne angenommen. Aus Sicht des Verfahrensbeistandes, so dessen schriftlicher Bericht vom 02.01.2014 und auch dessen mündliche Stellungnahme im Termin vor dem Amtsgericht vom 26.02.2014, spreche die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge sogar am ehesten dem Kindeswohl. Auch die Jugendamtsmitarbeiterin K. teilt diese Ansicht. Zwar hat diese in ihrem Jugendamtsbericht vom 11.03.2013 die Kommunikationsschwierigkeiten der Kindeseltern ausdrücklich erwähnt und daraus zunächst noch die Schlussfolgerung gezogen, dass die Übertragung des Sorgerechts auf beide Elternteile nicht dem Wohl des Kindes entspreche. In ihrem Folgebericht vom 04.02.2014 teilt indes die Jugendamtsmitarbeiterin K. mit, nachdem die Kindeseltern zwischenzeitlich an einer familientherapeutischen Therapie teilgenommen hatten, dass aus ihrer Sicht keine das Kindeswohl gefährdenden Aspekte vorlägen, welche einer Übertragung des Mitsorgerechts auf den Kindesvater entgegenstünden, wenngleich zu bedenken sei, dass die Eltern kaum in der Lage seien, miteinander zu kommunizieren, wenn es um die Umgangsregelung gehe. Im Termin vor dem Amtsgericht am 26.02.2014 hat die Vertreterin des Jugendamtes K. sich sodann gemeinsam mit dem Verfahrensbeistand A. B. ausdrücklich und abschließend dafür ausgesprochen, beiden Eltern die gemeinsame elterliche Sorge zu übertragen. Nach Einschätzung und aufgrund von Rückfragen bei der Familienberatungsstelle und eigener Wahrnehmung aus Sicht des Jugendamtes bestünden derzeit - so die Jugendamtsvertreterin - keine unüberbrückbaren Hindernisse in der Kommunikation der Beteiligten, die dem Kindeswohl widersprächen. Hinzu kommt nach den Beobachtungen des entscheidenden Richters am Amtsgericht, dass die Anhörung der Kindeseltern deutlich gemacht hat, dass diese, wenngleich unterschiedlichster Auffassungen, sich stets im Termin vor dem Amtsgericht bemüht hätten, in einer sachlichen, von Respekt gekennzeichneten Art und Weise ihre jeweiligen Argumente hierfür auszutauschen.
- 10
Die vorstehenden Feststellungen lassen erkennen, dass die Kindeseltern zwar Kommunikationsschwierigkeiten haben, sich diese aber vordergründig auf die Umgangsregelung beziehen. Nach der negativen Kindeswohlprüfung, und nur um diese geht es im Falle der hier zur Entscheidung anstehenden gemeinschaftlichen elterlichen Sorge nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 BGB, ist die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge schon dann vorgesehen, wenn dies nicht dem Kindeswohl widerspricht. Demzufolge sind also die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zu hoch anzusetzen (vgl. Götz, in: Palandt, BGB, 75. Aufl., 2014, § 1626 a BGB Rdnr. 12; BVerfG, NJW 2010, 3008, Teilziffer 75, zitiert nach juris). Danach setzt zwar die gemeinsame Ausübung des elterlichen Sorgerechtes eine tragfähige Beziehung zwischen den Eltern voraus, allerdings im Übrigen lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung (Götz, a. a. O., § 1626 a BGB, Rdnr. 12 m.w.N.). Zudem müssen den Kindeseltern, wenn die Kommunikationsstörungen zwischen ihnen die Entscheidungsfindung behindern und das Kind hierdurch erheblich belastet wird, auch nach dem Willen des Gesetzgebers Bemühungen um eine gelingende Kommunikation abverlangt werden, z. B. unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe (BT-Drucks. 17/11048, S. 17; Götz, a.a.O., § 1626 a BGB Rdnr. 12).
- 11
Nach alledem bestehen auch unter Beachtung des letztgenannten Gesetzgeberwillens keine Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohle hier widerspricht.
- 12
Mithin ist die amtsgerichtliche Entscheidung, mit welcher dem Kindesvater die gemeinschaftliche elterliche Sorge für seine minderjährige Tochter G. übertragen worden ist, nicht zu beanstanden, sodass die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter ohne Erfolg bleiben muss.
II.
- 13
Da die Kindesmutter mit ihrem Rechtsmittel unterlegen war, hat sie nach § 84 FamFG nach dem Willen des Gesetzgebers die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
- 14
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren war gemäß §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG auf 3.000,00 € festzusetzen.
IV.
- 15
Das Gesuch der Kindesmutter, ihr für die Beschwerde gegen die Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 12. März 2014 Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, war zurückzuweisen, da ihre zweitinstanzliche Rechtsverfolgung, wie aus der vorstehenden Ziffer I der Gründe erhellt, nicht die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in objektiver Hinsicht erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 76 FamFG, 114 ZPO bietet.
V.
- 16
Die Rechtsbeschwerde gegen die Senatsentscheidungen war nicht zuzulassen, liegen doch die Voraussetzungen hierfür weder nach § 574 ZPO noch nach § 70 FamFG vor.
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.