Oberlandesgericht München Endurteil, 23. März 2017 - 6 U 3385/16

bei uns veröffentlicht am23.03.2017

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 16.06.2016, Az.: 17 HK O 1614/16, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte verurteilt wird, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an einem Mitglied des Vorstands der S.Handel AG, gemäß § 890 ZPO zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Verbrauchern Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhangs I. zur Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L 272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2016 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, wenn dies geschieht wie folgt:

(Ablichtungen Bl. 82, 83 d. A.)

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die nicht festsetzbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 522,20 (netto) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.02.2016 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Revision wird hinsichtlich Ziff.

III. zugelassen, soweit die Klageabweisung sich auf den Klageantrag zu Ziff. II. bezieht.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung nach Ziffer 1.

I. (Unterlassung) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- € und nach Ziffer 1.

II. (Abmahnkostenerstattung) sowie wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klagepartei macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten wegen behaupteter Verletzung der Textiltextilkennzeichnungsvorschriften geltend.

Die Beklagte hatte über die Verkaufsplattform Amazon im Januar 2016 an einen Verbraucher Hosen verkauft und ausgeliefert, wobei auf der Verpackung bzw. deren Etiketten u. a. die Faserbezeichnungen „52% Cotton“ sowie „8% Acrylic“ angegeben waren (vgl. Anlagen SNP 2, SNP 3). Hierauf mahnte die Klagepartei, eine große deutsche Bekleidungsherstellerin, die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 22.01.2016 (Anlage SNP 4) ab, worauf seitens der Beklagten keine Reaktion erfolgte.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 16.06.2016, Az. 17 HKO 1614/16 (Blatt 38/45 der Akte), in den dort zuletzt gestellten Anträgen vollumfänglich stattgegeben und die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Verbrauchern Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn die in diesen Hosen jeweils enthaltenen Textilfasern nicht leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar durch Etiketten oder eine Kennzeichnung anhand der in der deutschen Fassung des Anhangs I. zur Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführten Textilfaserbezeichnungen gekennzeichnet werden.

Weiterhin hat das Landgericht der Klägerin die geltend gemachte Abmahnkostenerstattung in Höhe von 1.044,40 € (netto) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 08.02.2016 zugesprochen.

Zur Begründung wird im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:

Die Klage sei zulässig, insbesondere sei der zuletzt gestellte Unterlassungsantrag nicht zu weitgehend, weil dieser beschränkt sei auf Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufwiesen, welche unter den Anwendungsbereich der TextilKennzVO fielen. Der Unterlassungsantrag sei auch nicht deshalb unzulässig, weil er sich nicht an die konkrete Verletzungsform halte, denn das Charakteristische der Verletzungshandlung sei nicht lediglich auf die Bereitstellung von Hosen beschränkt, die nur mit den Begriffen „Cotton“ oder „Acrylic“ gekennzeichnet seien, sondern umfasse grundsätzlich allgemein die Bereitstellung von Hosen, bei denen die jeweils enthaltenen Textilfasern nicht anhand der in der deutschen Fassung des Anhangs l. zur Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführten Textilfaserbezeichnungen gekennzeichnet würden.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei begründet nach Art. 4, 5 Abs. 1, 14, 16 Abs. 3 TextilKennzVO i. V. m. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 a UWG.

Anhang I der TextilKennzVO enthalte in der deutschen Fassung keine Textilfaserbezeichnungen „Cotton“ bzw. „Acrylic“. Damit seien die von der Beklagten bereitgestellten Hosen mit Etiketten versehen, die nicht den Anforderungen von Art. 14 Abs. 1, 16 Abs. 3 TextilkennzVO entsprächen.

Bei den Etikettierungsvorschriften der TextilkennzVO handele es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 a UWG. Der gegenständliche Verstoß sei auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Der Gesetzgeber habe aus Gründen des Europäischen Verbraucherschutzes gerade und bewusst die Entscheidung getroffen, dass die Textilkennzeichnung bei der Etikettierung oder Kennzeichnung in der jeweiligen Amtssprache im jeweiligen Land der Bereitstellung an den Verbraucher zu erfolgen habe und die Ware auch zum Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer mit einer entsprechenden Etikettierung versehen sein müsse. Dabei sei der Gesetzgeber gerade nicht der Auffassung, dass eine Etikettierung oder Kennzeichnung der bereitgestellten Bekleidungsgegenstände beispielsweise in Englisch oder einer sonst allgemein verständlichen Sprache oder in einer anderen Amtssprache ausreichend sei. Vielmehr habe die Faserbezeichnung bei der Etikettierung oder Kennzeichnung nach dem Willen des Gesetzgebers zwingend in der Sprache zu erfolgen, in dessen Hoheitsgebiet die Bekleidungsgegenstände dem Verbraucher vom Händler bereitgestellt würden. Etwas anderes sei in der deutschen Fassung auch nicht vorgesehen. Die Interessen der Verbraucher würden durch die Angabe der Faserzusammensetzung in einer anderen als der deutschen Sprache spürbar beeinträchtigt. Der Umstand, dass möglicherweise der Begriff „Cotton“ von den angesprochenen Verkehrskreisen als Baumwolle verstanden werde, ändere hieran nichts, weil diese Bezeichnung gerade nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche. Im Übrigen sei es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht für sämtliche angesprochenen Verkehrskreise ersichtlich, dass es sich bei dem Begriff „Acrylic“ um Polyacryl handele. Den Verbrauchern würden wesentliche Informationen vorenthalten, nämlich diejenige, welche Faserzusammensetzung die Textilien konkret aufwiesen. Dieser Umstand sei für die angesprochenen Verbraucher aber gerade dafür entscheidend, sich für den Kauf eines Kleidungsstücks zu entscheiden oder nicht.

Demzufolge sei auch die klägerische Abmahnung vom 22.01.2016 berechtigt i. S. v. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, so dass die Klagepartei auch Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Aufwendungen in Höhe der geltend gemachten 1.044,40 € zuzüglich der geforderten Verzugszinsen (§§ 288, 291 BGB) habe.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.07.2016 zugestellte erstinstanzliche Urteil mit Schriftsatz vom 15.08.2016, eingegangen bei Gericht am Montag den 15.08.2016 (Blatt 56/57 der Akte), Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 14.09.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Blatt 60/68 der Akte), begründet hat.

Die Beklagte hält an ihrer Verteidigung gegen die klägerischen Ansprüche vollumfänglich fest und führt hierzu unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen aus:

Dem gesetzeswiederholenden Klageantrag fehle es an der notwendigen Bestimmtheit. Die Entscheidung, welches Verhalten genau der Beklagten verboten werden solle, lasse sich dem Antrag nicht entnehmen und obliege im Ergebnis - in unzulässiger Weise - dem Vollstreckungsorgan. Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung könne regelmäßig durch Aufnahme neuer Fasern ergänzt oder die Bezeichnung bereits aufgenommene Fasern könne geändert werden. Auf diese Weise würde der Beklagten im Ergebnis ein Verhalten verboten, das zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht einmal näher bestimmt sei. Zudem fehle dem Antrag aufgrund der Wiederholung des Gesetzeswortlauts die konkrete Verletzungsform, welche entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gleichbedeutend mit der sich aus dem Gesetzeswortlaut ergebenden Verbotsnorm sei. Das Charakteristische der behaupteten Verletzungshandlung sei hier jeweils der behauptete Verstoß durch die Kennzeichnung eines bestimmten Textilerzeugnisses mit „Cotton“ anstelle von „Baumwolle“ und/oder „Acrylic“ anstelle von „Polyacryl“. Das Charakteristische der hier behaupteten Verletzungshandlung sei umgekehrt gerade nicht der Verstoß gegen Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011. Würde man der Auffassung des Landgerichts folgen, könne zukünftig jeder Antragsteller sein Begehren unzulässig ausweiten und gegenüber Dritten allgemein das Unterlassen von Verstößen gegen bestimmte Verbotsnormen verbieten lassen.

Darüber hinaus habe das Landgericht verkannt, dass es an der Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr fehle, welche sich auf die Verletzungsform der konkreten Verletzungshandlung beschränke. Diese habe in dem Bereitstellen von mit „Cotton“ bzw. „Acrylic“ gekennzeichneten Hosen bestanden, nicht jedoch in dem Bereitstellen von entgegen Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 gekennzeichneten Hosen.

Das Landgericht habe ferner zu Unrecht einen spürbaren Verstoß im Sinne des § 3 a UWG angenommen. Ließe sich allein mit dem Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel - der Auffassung des Landgerichts entsprechend - die Spürbarkeit begründen, wäre das Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit im Ergebnis überflüssig. Die Spürbarkeit werde gerade nicht bereits durch den Gesetzesverstoß indiziert, sondern bedürfe der besonderen Feststellung und Begründung aufgrund aller Umstände des Einzelfalls. Dies gelte insbesondere angesichts der Neufassung des § 3 a UWG, bei der das Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit ausdrücklich in den Wortlaut mit aufgenommen worden sei. Dass der Verstoß die Spürbarkeit nicht indiziere, ergebe sich aus Art. 5 Abs. 2b der Richtlinie 2005/29/EG, wonach eine Geschäftspraxis nur unlauter sei, wenn sie das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich beeinflusse oder dazu geeignet sei, es wesentlich zu beeinflussen. Der EU-Gesetzgeber sei folglich davon ausgegangen, dass es durchaus Verstöße gegen Marktverhaltensregeln gebe, die nicht automatisch unlauter seien. Der Verstoß gegen die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 stelle somit nicht automatisch einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 3 a UWG da. Verstöße gegen gesetzliche Informationspflichten durch geschäftliche Handlungen, die zugleich im Anwendungsfeld der Richtlinie 2005/29/EG lägen, seien vielmehr nur dann als unlauter und unzulässig anzusehen, wenn diese Bewertung mit der Richtlinie in Einklang stehe. Nur wenn auch das sich aus der Richtlinie 2005/29/EG ergebende Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorgaben der Richtlinie erfüllt sei - wie vorliegend nicht - liege ein Wettbewerbsverstoß vor.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BGH, wonach das Erfordernis der Spürbarkeit erfüllt sei, wenn dem Verbraucher Informationen vorenthalten würden, die das Unionsrecht als wesentlich einstufe. Zum einen stufe das Unionsrecht die Kennzeichnung in der Landessprache nicht als wesentlich ein, wie sich aus Art. 16 Abs. 3 der TextilKennzVO (EU Nr. 1007/2011) ergebe, wonach die Wahl der Sprache ausdrücklich den Mitgliedstaaten überlassen werde. Überlasse das Unionsrecht eine Regelung einer Informationspflicht ausdrücklich den Mitgliedstaaten, könne diese nicht zugleich „wesentlich“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH sein. Zum anderen werde die Information vorliegend nicht vorenthalten, sondern erfolge lediglich in anderer als der vom deutschen Gesetzgeber vorgeschriebenen Art und Weise. Nationales Recht eines Mitgliedstaats könne nicht die unionsrechtlichen Vorgaben zum Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit einschränken.

Da die Wettbewerbswidrigkeit nicht durch den Verstoß gegen die TextilKennzVO indiziert werde, hätte sich das Landgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob ein Verstoß gegen die - nicht zwingende - Vorgabe der TextilKennzVO, die Kennzeichnung auf Deutsch vorzunehmen, vorliegend geeignet sei, eine spürbare Beeinträchtigung im Sinne der Richtlinie 2005/29/EG darzustellen. Dies sei nicht der Fall. Der Bundesgerichtshof habe bereits 1995 festgestellt, dass Verbraucher den Begriff „Cotton“ ohne weiteres verstünden und wüssten, dass es sich um Baumwolle handele (Urteil vom 27.09.1995 - I ZR 199/93). Das Landgericht habe sich mit dieser Entscheidung jedoch nicht auseinandergesetzt. Anderenfalls wäre es zu dem Schluss gelangt, dass die Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ keinen Wettbewerbsverstoß darstelle. Diese Feststellung gelte unabhängig vom konkreten Rechtsgebiet. Es sei nicht etwa so, dass der Verbraucher je nach Rechtsgebiet einen Begriff das eine Mal verstünde, ein anderes Mal nicht. Im Übrigen sei der Begriff „Cotton“ auch im Duden als Begriff der deutschen Sprache aufgeführt. Schließlich habe das Landgericht auch selbst ausgeführt, dass die Bezeichnung „Cotton“ von den angesprochenen Verkehrskreise verstanden werden könne, es habe dies aber aus den oben genannten Gründen in rechtsfehlerhafte Weise nicht eingehender geprüft bzw. für nicht relevant gehalten. Entgegen der Einschätzung des Landgerichts sei auch nicht alleine entscheidend, ob der Durchschnittsverbraucher wisse, dass „Acrylic“ gleichbedeutend mit „Polyacryl“ sei - auch wenn eine Spürbarkeit selbstverständlich ausscheide, wenn der Verbraucher wie bei „Cotton“ genau wissen, welche Bedeutung ein Begriff habe. Entscheidend sei vielmehr, ob die Verwendung der Bezeichnung „Acrylic“ eine wesentliche Beeinträchtigung darstelle, die geeignet sei, die Entscheidung des Verbrauchers zu ändern. Eine solche wesentliche Beeinträchtigung sei vorliegend nicht gegeben. Die Verwendung der Bezeichnung „Polyacryl“ habe gegenüber der Verwendung der Bezeichnung „Acrylic“ für den Verbraucher keinen Mehrwert, wodurch seine Entscheidung - positiv oder negativ - beeinflusst werden könne. Für den Verbraucher bezeichneten beide Begriffe eine künstliche beziehungsweise chemische Faser in Abgrenzung zur natürlichen Baumwolle, ohne dass er im Einzelnen genau wisse, was sie bedeuteten. Für den Durchschnittsverbraucher mache es folglich keine Unterschied, welche der beiden Begriffe verwendet würden.

Im Übrigen verstoße Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 gegen höherrangiges Unionsrecht, nämlich gegen die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV. Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 stelle die Regelung der Sprache der Textilkennzeichnung den Mitgliedstaaten frei. Der Europäische Gesetzgeber habe also gerade die Kennzeichnung in der Landessprache nicht als zwingendes Allgemeinwohlinteresse angesehen. Anderenfalls hätte er dies ausdrücklich im Sinne einer Vollharmonisierung vorgeschrieben. Es sei nicht unionsrechtskonform, einerseits die Kennzeichnung in der Landessprache nicht als zwingend erforderlich anzusehen, andererseits den Mitgliedstaaten die Möglichkeiten der Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit durch Festlegung bestimmter Sprachvorgaben einzuräumen. Da bei Unionsrechtswidrigkeit von Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß unabhängig von der fehlenden Spürbarkeit ausscheide, werde beantragt, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH auszusetzen und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung über die Vereinbarkeit des Art. 16 Abs. 3 Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 mit Art. 34 AEUV vorzulegen.

Die Beklagte beantragt,

Das Urteil des Landgerichts München - 17 HKO 1614/16 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

Das Urteil des Landgerichts München I vom 16.06.2016, Az. 17 HKO 1614/16, wie folgt zu bestätigen:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an einem Mitglied des Vorstands der S. Handel AG, gemäß § 890 ZPO zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Verbrauchern Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhang I. zur Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L 272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2016 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, insbesondere wenn dies geschieht wie folgt:

„(einkopieren Ablichtungen Bl. 82, 83 d. A.).“

II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin die nicht festsetzbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.044,40 € (netto) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.02.2016 zu bezahlen.

Die Klägerin führt aus, zumindest mit dem konkretisierten Antrag sei der Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar abgegrenzt. Die Beklagte könne sich gegen die beantragte Tenorierung erschöpfend verteidigen und die Entscheidung darüber, was der Beklagten letztlich verboten sei, werde gerade nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen. Es solle der Beklagten gerade nicht abstrakt und generell verboten werden, alle von der TextilKennzVO erfassten Bekleidungsgegenstände zu vertreiben, bei denen enthaltene Textilfasern nicht anhand der in der deutschen Fassung des Anhangs I. zur TextilKennzVO aufgezählten Textilfaserbezeichnungen benannt würden. Vielmehr gehe es konkret um Hosen, bei denen die enthaltenen Textilfasern mit den Begriffen „Cotton“ oder „Acrylic“ und somit nicht anhand der Begriffe gemäß des Anhangs I zur TextilKennzVO gekennzeichnet worden seien. Ferner sei hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags auch zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien gerade kein Streit darüber bestehe, dass bei den beanstandeten Hosen die enthaltenen Textilfasern nicht anhand der Textilfaserbezeichnungen gemäß der deutschen Fassung des Anhangs I. zur TextilKennzVO bezeichnet worden seien.

Das Landgericht habe mit zutreffender Begründung in der Verwendung der Bezeichnungen „Cotton“ und „Acrylic“ in zweifacher Hinsicht einen Verstoß gegen die TextilKennzVO erkannt, nämlich zum einen gegen Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Anhang I. TextilkennzVO und zum anderen auch gegen die sich aus Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO ergebende Verpflichtung der Beklagten zur Verwendung der in dem Vertriebsgebiet Deutschland verwendeten Amtssprache. Die sprachliche Fassung in Art. 5 Abs. 1 TextilVO sei eindeutig, wonach für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten von Textilerzeugnissen „nur die Textilfaserbezeichnung nach Anhang I“ verwendet werden dürften. Auch wenn zunehmend umgangssprachliche Mischungen der Amtssprachen der europäischen Mitgliedsstaaten erfolgten, ändere dies unter Berücksichtigung der Zielsetzungen der Verordnung, dem Verbraucher eine gut informierte Wahl von Textilerzeugnisse zu ermöglichen (Erwägungsgrund Nr. 8), nichts an der Verbindlichkeit der jeweils in der amtlichen Fassung der Verordnung im Anhang aufgeführten Bezeichnungen.

Auch das Erfordernis der Spürbarkeit sei erfüllt. Bei der TextilKennzVO handele es sich gemäß deren Erwägungsgrund Nr. 10 sowie Art. 1 um eine Vorschrift des Unionsrechts, die wesentlich Informationspflichten zum Schutz von Verbrauchern im Sinne von Artikel 7 der UGP-Richtlinie begründe. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Spürbarkeitsschwelle bei Verstößen gegen Vorschriften des Unionsrechts, die wesentliche Informationspflichten zu Gunsten von Verbrauchern begründeten, stets überschritten. Ergänzend werde darauf verwiesen, dass auch das Oberlandesgericht München mit Entscheidung vom 18.02.2016 (Az. 29 U 2899/15) die Verwendung von Begriffen, die so nicht im Anhang I der TextilKennzVO aufgeführt würden, als Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der TextilKennzVO angesehen und in diesen Fällen auch eine spürbare Beeinträchtigung angenommen habe.

Art. 16 Abs. 3 der TextilKennzVO verstoße auch nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit. Nach Sinn und Zweck der TextilKennzVO komme es gerade darauf an, dass für alle Verbraucher in der Union gewährleistet sei, dass sie korrekte und einheitlich Informationen erhielten (vgl. Erwägungsgrund Nr. 10). Ein weiterer Erwägungsgrund der TextilKennzVO sei, dass durch sie Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes beseitigt werden sollten, die sich aus abweichenden Vorschriften der Mitgliedstaaten für die Bezeichnungen von Textilfasern und der damit zusammenhängenden Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen ergeben könnten. Auch deswegen sei es erforderlich, die Bezeichnung von Textilfasern zu vereinheitlichen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 3). Selbst wenn einem Teil der Verbraucher möglicherweise noch englische Begriffe geläufig sein könnten, sehe die TextilKennzVO im Sinne der Gewährleistung einer korrekten und einheitlichen Information für alle Verbraucher in der Europäischen Union zwingend vor, dass die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache oder den Amtssprachen des Mitgliedstaates zu erfolgen habe, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse vom Verbraucher bereitgestellt würden. Deutlich werde die Notwendigkeit einer entsprechenden Faserkennzeichnung nach Anhang I der deutschen Fassung der TextilKennzVO, wenn man beispielsweise Begriffe aus der tschechischen oder ungarischen Sprache betrachte, mit denen die angesprochenen Verkehrskreise in Deutschland nichts anfangen könnten. Die Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 der TextilKennzVO bezwecke keine Handelsbeschränkungen sondern - neben dem Schutz der Verbraucher - genau das Gegenteil. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union sei nicht veranlasst.

Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 09.03.2016 und sämtliche sonstigen Aktenteile Bezug genommen.

II.

Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg.

Der von der Klagepartei in der Berufungsinstanz nunmehr gestellte Unterlassungsantrag ist nur teilweise in eingeschränkter Form zulässig. Im Rahmen seiner Zulässigkeit ist der Unterlassungsantrag begründet, da die angegriffene Kennzeichnung auf Verpackungen und Etiketten der von der Beklagten vertriebenen Hosen mit der Faserbezeichnung „Acrylic“ - wie im Urteilstenor und Klageantrag abgebildet - eine Verletzung der Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27.09.2011 (im Folgenden: TextilKennzVO) darstellt, wodurch der Tatbestand des wettbewerbswidrigen Rechtsbruchs gemäß §§ 3, 3 a UWG erfüllt ist. Die ebenfalls gegen die TextilKennzVO verstoßende Verwendung der Faserbezeichnung „Cotton“ stellt demgegenüber keine spürbare Interessenbeeinträchtigung im Sinne von § 3 a UWG dar. Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten steht der Klägerin daher nur teilweise zu.

Im Einzelnen:

A.

Die Klage ist in dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag mangels hinreichender Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur eingeschränkt ohne Aufnahme des Wortes „insbesondere“ zulässig.

1. Der erstinstanzlich gestellte Unterlassungsantrag, bezogen auf das begehrte Verbot, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Verbrauchern Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn die in diesen Hosen jeweils enthaltenen Textilfasern nicht leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar durch Etiketten oder eine Kennzeichnung anhand der in der deutschen Fassung des Anhang I zur Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführten Textilfaserbezeichnungen gekennzeichnet werden, war entgegen dem Dafürhalten des Landgerichts nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da er sich im Wesentlichen in der allgemeinen Wiedergabe der Vorgaben der TextilKennzVO erschöpfte. Die Wiederholung des Wortlauts eines gesetzlichen Verbotstatbestands genügt aber grundsätzlich nicht für die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags, denn das Gesetz stellt nur eine abstrakte Regelung auf und kann daher eine unübersehbare Vielzahl von Fällen erfassen, so dass ein entsprechender Unterlassungstitel, dessen Reichweite erst durch Auslegung ermittelt werden müsste, keine geeignete Vollstreckungsgrundlage darstellt (vgl. Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 35. Aufl. 2017, § 12 Rn. 2.40 m.w.N.). Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit als unzulässig anzusehen (vgl. BGH GRUR 2000, 438, 440 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; BGH GRUR 2002, 77, 78 - Rechenzentrum; BGH GRUR 2007, 607 Rn. 16 - Telefonwerbung für „Individualverträge“). Abweichendes kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten, wenn der gesetzliche Verbotstatbestand eindeutig und konkret gefasst ist, sein Anwendungsbereich durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Die Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands in der Antragsformulierung ist auch unschädlich, wenn sich das mit dem nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage steht, sondern sich deren Streit auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann im Übrigen hinzunehmen sein, wenn eine weitergehende Konkretisierung nicht möglich und die gewählte Antragsformulierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH Urteil vom 26.01.2017, Az. I ZR 207/14 Rn. 18 - ARD-Buffet; BGH GRUR 2015, 1235 Rn. 10 - Rückkehrpflicht V; BGH GRUR 2015, 1237 Rn. 13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung; BGH GRUR 2016, 213 Rn. 26 - Zuweisung von Verschreibungen, jeweils m. w. N.). Eine derartige Ausnahme liegt hier allerdings nicht vor. Die gesetzlichen Verbotstatbestände der TextilKennzVO sind nicht eindeutig und konkret gefasst, sondern erfassen abstrakt eine Vielzahl unterschiedlichster Anwendungsfälle. Auch hat die Klägerin sowohl in ihrer Antragsfassung, als auch in ihren hierzu ergangenen Ausführungen zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr Unterlassungsbegehren gerade nicht an der konkreten Verletzung orientiert. Auch eine Auslegung vermag die Unbestimmtheit des Antrags vorliegend nicht zu heilen.

2. Soweit die Klagepartei im Zuge des Berufungsverfahrens den Unterlassungsantrag durch den Zusatz „…insbesondere wenn dies geschieht wie folgt:[…]“, dahingehend angepasst hat, dass eine Bezugnahme auf die konkret angegriffene Verletzungsform erfolgt, ist eine hinreichende Bestimmtheit dieses Antrags im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nach wie vor nicht gegeben. Zwar sind „insbesondere“-Zusätze - im Sinne von „zum Beispiel“ - durch die der Kläger im Rahmen eines weitergehend (abstrakt) formulierten Antrags am Beispiel der konkreten Verletzungsform das Charakteristische der Verletzung erläutert und verdeutlicht, grundsätzlich zulässig und unbedenklich (Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 35. Aufl. 2017, § 12 Rn. 2.46). Ein solcher Zusatz ist jedoch nicht geeignet, dem - aus oben unter A.1. genannten Gründen - unbestimmten Klageantrag die nötige Bestimmtheit zu verleihen, da mit dem „insbesondere-Zusatz“ lediglich ein Beispielsfall angeführt wird, ohne dass damit die Merkmale des begehrten Verbots hinreichend bestimmt benannt würden (BGH GRUR 1993, 565, 566 - Faltenglätter; Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 35. Aufl. 2017, § 12 Rn. 2.46, BGH GRUR 2012, 945 Rn. 22 - Tribenuronmethyl). Vor diesem Hintergrund hat der Senat im Urteilsausspruch eine Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform ohne den Zusatz „insbesondere“ vorgenommen, da das Begehren der Klägerin so aufzufassen ist, dass sie jedenfalls diese Verhaltensweise verboten haben möchte (vgl. BGH GRUR 2012, 945 Rn. 22 m.w.N. - Tribenuronmethyl).

B.

Die Klage ist im Unterlassungsantrag - soweit dieser zulässig ist - begründet. Der Antrag auf Abmahnkostenerstattung hat nur teilweise Erfolg.

1. Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist - im Rahmen seiner oben festgestellten Zulässigkeit - gemäß §§ 3 Abs. 1, Abs. 2, 3 a, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. Art. 5 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO begründet, da die streitgegenständliche Kennzeichnung der von der Beklagten vertriebenen Hosen mit dem Begriff „Acrylic“ - wie vom Landgericht zu Recht festgestellt - einen spürbaren Verstoß gegen die vorgenannten Regelungen der TextilKennzVO darstellt. Hinsichtlich des weiterhin zutreffend vom Landgericht angenommenen Verstoßes gegen die TextilKennzVO wegen der Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ ist eine spürbare Interessenbeeinträchtigung im Sinne § 3 a UWG zu verneinen, was an der Unzulässigkeit der insgesamt angegriffenen Kennzeichnung allerdings nichts ändert.

a) Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

b) Bei den Regelungen in Art. 5 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO handelt es sich um Vorschriften, die dem Schutz der Verbraucher dienen (vgl. insbes. Erwägungsgründe 8 und 10 zur TextilKennzVO), und damit Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 a UWG darstellen (BGH WRP 2016, 1219 Rn. 14 - Textilkennzeichnung).

c) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, verstößt die streitgegenständliche Kennzeichnung der von der Beklagten vertriebenen Hosen gegen die Vorschriften der TextilKennzVO, nämlich gegen Art. 5 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO.

aa) Gemäß 15 Abs. 3 TextilKennzVO richten sich die Kennzeichnungspflichten nach dieser Verordnung auch an den Händler von Textilerzeugnissen (BGH WRP 2016, 1219 Rn. 16 - Textilkennzeichnung).

bb) Nach Art. 5 Abs. 1 TextilKennzVO dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung verwendet werden. Art. 14 und 15 TextilKennzVO regeln die Verpflichtung zur Etikettierung oder Kennzeichnung und gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO hat die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedsstaates zu erfolgen, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Die hier verwendeten Bezeichnungen „Acrylic“ bzw. „Cotton“ sind im Anhang I der TextilKennzVO nicht aufgeführt, vielmehr wären nach Nr. 26 des Anhangs I zur nachträglich berichtigten Fassung der TextilKennzVO die Bezeichnung „Polyacryl“ bzw. nach Nr. 5 des Anhangs I die Bezeichnung „Baumwolle“ zu verwenden gewesen. Ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1, 15 Abs. 3 TextilKennzVO liegt somit vor. Gleichzeitig wird nicht den Anforderungen des Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO entsprochen, wonach die Etikettierung oder Kennzeichnung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland in deutscher Sprache zu erfolgen hat.

cc) Der Anregung der Beklagten, dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung die Frage der Vereinbarkeit des Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO mit Art. 34 AEUV vorzulegen, folgt der Senat nicht, da er die behauptete Europarechtswidrigkeit der beanstandeten Sprachenvorgabe in Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO nicht erkennen kann. Die Sprachenvorgabe dient der Sicherstellung von Erwägungsgrund 3 der TextilKennzVO, nämlich der Vereinheitlichung der Textilfaserbezeichnungen, um Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu beseitigen sowie des Erwägungsgrunds 10 der TextilKennzVO, nämlich der Gewährleistung von korrekten und einheitlichen Informationen, und ist damit letztlich aus Erwägungen des Allgemeinwohls zwingend erforderlich. Die Argumentation der Beklagten, vor dem Hintergrund der Ausnahmeklausel in Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO („…es sei denn der betreffende Mitgliedsstaat schreibt etwas anderes vor“), werde die Regelung der Sprache der Textilkennzeichnung den Mitgliedsstaaten freigestellt, so dass der europäische Gesetzgeber die Kennzeichnungen der Landessprache gerade nicht als zwingendes Allgemeinwohlinteresse angesehen habe, kann nicht gefolgt werden. Denn die vorgenannte Ausnahme entbindet die Mitgliedsstaaten selbstverständlich nicht davon, die Schutzzwecke der TextilKennzVO sicherzustellen, so dass nur solche Ausnahmeregelungen verordnungskonform wären, die diese Schutzzwecke hinreichend berücksichtigen (vgl. bereits OLG München, GRUR-RR 2017, 11 Rn. 62 - „Acryl“ und „Cotton“ als Textilkennzeichnung).

d) In Bezug auf die Verwendung der Bezeichnung „Acrylic“ hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass der Verstoß gegen die Vorschriften der TextilKennzVO geeignet ist, eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher im Sinne von § 3 a UWG hervorzurufen (ebenso bereits OLG München, GRUR-RR 2017, 11 - „Acryl“ und „Cotton“ als Textilkennzeichnung Rn. 54 sowie OLG München, Urteil vom 18.02.2016, Az. 29 U 2899/15, Anlage B 1).

Die nach § 3 a UWG erforderliche Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen anderer Marktteilnehmer liegt vor, wenn eine objektive Wahrscheinlichkeit besteht, dass die konkrete geschäftliche Handlung solche Interessen spürbar beeinträchtigt (Köhler/Bornkamm, Komm. zum UWG, 35. Aufl. 2017, § 3 a Rn. 1.97). Ob eine Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung besteht, beurteilt sich nach dem jeweiligen Schutzzweck der verletzten Marktverhaltensregelung (BGH GRUR 2008,186 Rn. 25 - Telefonaktion; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 3 a Rn. 1.97). Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 3 a Rn. 1.112).

Vorliegend erschließt sich aus Sicht der angesprochenen Verbraucher nicht ohne weiteres, was sich hinter dem Begriff „Acrylic“ verbirgt bzw. dass es sich dabei um die Textilfaser Polyacryl (im Sinne von Nr. 26 des Anhang I zur nachträglich berichtigten Fassung der TextilKennzVO) handeln soll. Die bloße Anlehnung des Begriffs „Acrylic“ an die Bezeichnung „Polyacryl“ lässt keineswegs den einfachen Schluss zu, es handele sich dabei um dieselbe Faser. So ist im Anhang I zur TextilKennzVO in Nr. 29 auch die Faserbezeichnung „Modacryl“ aufgeführt, was deutlich macht, dass für den Verbraucher die zusätzliche Unsicherheit entstehen kann, ob der Begriff „Acrylic“ nicht auch für „Modacryl“ steht (vgl. OLG München, GRUR-RR 2017, 11 Rn. 54 - „Acryl“ und „Cotton“ als Textilkennzeichnung). Damit können sich die angesprochenen Verbraucher vor dem Kauf der so gekennzeichneten Hosen entgegen dem Schutzzweck der TextilKennzVO (vgl. insbes. Erwägungsgründe 8 und 10 zur TextilKennzVO) gerade nicht umfassend und ausreichend über die in den Textilien enthaltenen Fasern informieren und eine entsprechend aufgeklärte Entscheidung für oder gegen deren Kauf treffen. Die Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und die damit verbundenen unterschiedlichen Eigenschaften des Textilerzeugnisses, wie Pflegeanforderungen, Tragekomfort etc., kann für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verbraucher von maßgeblicher Bedeutung seien, so dass eine unzureichende oder irreführende Kennzeichnung geeignet ist, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 35. Aufl. 2017, § 3 a Rn. 1.103). Dabei spielt es auch keine Rolle, ob sich ein Verbraucher über den Begriff „Acrylic“ gegebenenfalls - zum Beispiel im Wege einer Internetrecherche - informieren könnte, denn durch die vorgeschriebene einheitliche Kennzeichnung der in den angebotenen Textilien enthaltenen Fasern soll der Verbraucher gerade klar und unproblematisch Informationen über die Faserzusammensetzung bekommen, um eine geschäftliche Entscheidung - häufig vor Ort im Bekleidungsgeschäft - treffen zu können (OLG München, GRUR-RR 2017, 11 Rn. 55 - „Acryl“ und „Cotton“ als Textilkennzeichnung).

e) Nicht gefolgt werden kann demgegenüber der Beurteilung des Landgerichts, wonach die Faserbezeichnung „Cotton“ ebenfalls das Spürbarkeitserfordernis des § 3 a UWG erfüllt (vgl. hierzu bereits OLG München, Az. 6 U 2046/16, GRUR-RR 2017, 11 Rn. 65 ff. - „Acryl“ und „Cotton“ als Textilkennzeichnung; anderer Ansicht: OLG München, Urteil vom 18.02.2016, Az.: 29 U 2899/15).

Der Begriff „Cotton“ hat sich in der deutschen Umgangssprache als beschreibende Angabe für „Baumwolle“ eingebürgert (vgl. BGH GRUR 1996, 68, 69 - COTTON LINE; ebenso BPatG, Beschluss vom 02.03.2004, 27 W (pat) 254/03, Juris - Rn. 10). Wie der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 27.09.1995 (BGH GRUR 1996, 68, 69 - COTTON LINE) festgestellt hat, gehört das Wort „Cotton“ als beschreibende Angabe inzwischen der deutschen Umgangssprache an. Dass diese Feststellung im Rahmen eines kennzeichenrechtlichen Sachverhalts getroffene wurde, ist unerheblich, denn allein maßgeblich ist die Tatsache der allgemein verständlichen Bedeutung des in Rede stehenden Begriffs. Im Übrigen sind der Begriff „Cotton“ und daneben auch weitere aus „Cotton“ gebildete Begriffe wie „Cottonmaschine“, „Cottonöl“ etc. auch im Duden aufgeführt (siehe unter www.duden.de).

Nachdem der angesprochene Durchschnittsverbraucher den verwendeten Begriff „Cotton“ ohne weiteres als „Baumwolle“ versteht, ist der mit der Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ einhergehende Verstoß gegen die Vorschriften der TextilKennzVO nicht dazu geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Verbrauchern im Sinne von § 3 a UWG ist daher zu verneinen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 3 UWG a.F., wonach in Fällen, in denen Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, zugleich davon auszugehen ist, dass das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG a.F. erfüllt ist (vgl. BGH GRUR 2010, 851 Rn. 21 - Gallardo Spyder; BGH GRUR 2010, 1142 Rn. 24 - Holzhocker; BGH GRUR 2011, 82 Rn. 33 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; BGH GRUR 2012, 842 Rn. 25 - Neue Personenkraftwagen; BGH GRUR 2013, 1169 Rn. 19 - Brandneu von der IFA). Denn mit der Verwendung der Faserbezeichnung „Cotton“ werden dem angesprochenen Verbraucher keine wesentlichen Informationen vorenthalten, da er diese Bezeichnung ohne weiteres im Sinne von „Baumwolle“ versteht (vgl. bereits OLG München, Az. 6 U 2046/16, GRUR-RR 2017, 11 Rn. 69 - „Acryl“ und „Cotton“ als Textilkennzeichnung; anderer Ansicht: OLG München, Urteil vom 18.02.2016, Az.: 29 U 2899/15).

Der Umstand, dass die Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ keinen Verstoß gegen § 3 a UWG darstellt, ändert an der Begründetheit des Unterlassungsanspruchs allerdings nichts, da die beanstandete Kennzeichnung auf den im Klageantrag eingeblendeten Etiketten bzw. Verpackungen jeweils zugleich die - aus oben genannten Gründen wettbewerbsrechtlich zu beanstandende - Faserbezeichnung „Acrylic“ aufweist und daher als solche zu untersagen sind.

2. Der Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 € steht der Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG allerdings nur in Höhe von 522, 20 € zu, da die Abmahnung vom 22.01.2016 (Anlage SNP 4) insoweit unberechtigt war, als darin auch die Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ beanstandet wurde, während diese - wie oben unter B.1.c) dargelegt - keinen spürbaren Rechtsverstoß im Sinne von § 3 a UWG darstellt. Unschädlich ist demgegenüber, dass die mit der Abmahnung der Beklagten übersandte vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst war, denn die Formulierung der Unterwerfungserklärung ist grundsätzlich Sache des Unterlassungsschuldners (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.120).

Der Zinsanspruch gem. § 288 BGB besteht entgegen dem Landgerichtsurteil nicht bereits ab Rechtshängigkeit (08.02.2016), sondern erst ab dem 23.02.2016. Denn die Beklagte hatte die geltend gemachten Ansprüche vorgerichtlich nicht endgültig und ernsthaft zurückgewiesen, sondern auf die klägerische Abmahnung unstreitig nicht reagiert. Damit hatte sich im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Freistellungsanspruch der Klägerin noch nicht in einen zu verzinsenden Zahlungsanspruch umgewandelt im Sinne des § 250 S. 2 BGB analog (vgl. BGH GRUR 2013, 925 Rdnr. 59 - VOODOO), vielmehr erfolgte dies erst mit dem Klageabweisungsantrag vom 22.03.2016 (Bl. 13 d. A.).

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz, Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.

3. Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, soweit der Senat in Abweichung zu der Entscheidung des 29. Senats des OLG München vom 18.02.2016 (Az.: 29 U 2899/15, Anlage B 1) einen spürbaren Verstoß im Sinne von § 3 a UWG hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ verneint. Das vorliegende Urteil beruht auf dieser Abweichung allerdings nur im Hinblick auf den teilweise für unbegründet erachteten Abmahnkostenerstattungsanspruch (Ziffer II. der Klage), so dass sich die Zulassung der Revision nur auf diesen Teil beschränkt (MüKo ZPO/Krüger, 5. Aufl. 2016, § 543 Rn. 15, 16). Denn der Unterlassungsantrag (Ziffer I. der Klage) war - soweit zulässig - wegen der gleichzeitigen Verwendung der Bezeichnung „Acrylic“ auf den im Klageantrag eingeblendeten Etiketten bzw. Verpackungen unabhängig von der Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ begründet.

Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

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Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen


(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem

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Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn ni

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Oberlandesgericht München Endurteil, 23. März 2017 - 6 U 3385/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

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2. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge , die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit als unzulässig anzusehen. Abweichendes kann gelten, wenn der gesetzliche Verbotstatbestand eindeutig und konkret gefasst ist, sein Anwendungsbereich durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Die Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands in der Antragsformulierung ist auch unschädlich, wenn sich das mit dem nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage steht, sondern sich deren Streit auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann im Übrigen hinzunehmen sein, wenn eine weitergehende Konkretisierung nicht möglich und die gewählte Antragsformulierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2015, 1461Rn. 10 - Rückkehrpflicht V; BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - I ZR 183/13, GRUR 2015, 1237 Rn. 13 = WRP 2016, 41 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung; Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 26/14, GRUR 2016, 213 Rn. 26 = WRP 2016, 193 - Zuweisung von Verschreibungen, jeweils mwN).

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 20.04.2015 in Ziffer 2. aufgehoben soweit die Beklagte über die Zahlung von 919,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 05.12.2014 an die Klägerin hinaus verurteilt worden ist.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 10.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und vorgerichtliche Abmahnkosten geltend.

Die Klägerin vertreibt Bekleidungsgegenstände, u.a. unter den Marken „B...“, „J...“ und „P... O...“.

Die Beklagte hat Bekleidungsstücke mit Etiketten mit den Faserkennzeichnungen „100 % Cotton“, „60 % Cotton, 40 % Polyester“, „65 % Poly, 35 % Cotton“ und „42 % Cotton, 56 % Mischfasern und 2 % Elastodien“ vertrieben (Anlagen SNP 1 bis SNP 11).

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Verwendung dieser Faserkennzeichnungen mit Schreiben vom 22.04.2014 ab.

Sie ist der Auffassung, die von der Beklagten verwendeten Kennzeichnungen „Cotton“, „Polyester“, „Poly“ „Mischfasern“ und „Elastodien“ seien in der Anlage 1 zur Textilkennzeichenverordnung nicht aufgeführt, weshalb ihr gemäß § 3, § 4 Nr. 11, § 8 UWG ein Unterlassungsanspruch zustehe.

Die Beklagte ist der Meinung, bei den Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung handele es sich nicht um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Abgesehen davon dürfe die Bezeichnung „Mischfasern gemäß Nr. 48 des Anhangs 1 zur Textilkennzeichnungsverordnung verwendet werden, weil es sich insoweit um „Fasern aus verschiedenen Stoffen“ handele, „die vorstehend nicht aufgeführt sind“. Der Begriff „Cotton“ dürfe zur Kennzeichnung verwendet werden, weil es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 1996, 230) um eine beschreibende Angabe für Baumwolle handele, die inzwischen der deutschen Umgangssprache angehöre.

Soweit überhaupt Verstöße vorlägen, hätten diese jedenfalls keine Relevanz im Sinne von § 3 UWG.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 20.04.2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, gemäß §§ 890 ZPO zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Polo-Shirts, T-Shirts, Pullover, Hemden und Socken jeweils mit Etiketten, die keine deutsche Faserkennzeichnung enthalten, anzubieten und/oder in den Verkehr zu setzen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben erfolgt und die Bezeichnungen „Cotton“, „Poly“ und/oder „Mischfasern“ enthält:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger [sic!] 1.141,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2014 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/5, die Beklagte 3/5.

5. [vorläufige Vollstreckbarkeit]

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages mit ihrer Berufung.

Die Beklagte beantragt, wie folgt zu erkennen:

Urteil des Landgerichts München I vom 20. April 2015 wird abgeändert, soweit mit ihm zu Lasten der Beklagten erkannt wurde. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2016 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines geringen Teils der Abmahnkosten begründet.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG a.F., § 3, § 3 a, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27.09.2011 (im Folgenden: TextilkennzVO) zu.

a) Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

b) Bei Art. 5 Abs. 1, Art. 15, Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO handelt es sich um Vorschriften, die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F., § 3 a UWG n.F. dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gemäß Art. 5 Abs. 1 TextilkennzVO dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung verwendet werden. Art. 15 TextilkennzVO regelt die Verpflichtung zur Etikettierung oder Kennzeichnung und gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO erfolgt die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Die Angaben sollen, wie sich aus dem 20. Erwägungsgrund für die Vorschrift ergibt, den Verbrauchern ermöglichen, sich umfassend über den Ursprung der Erzeugnisse, die sie kaufen, zu informieren, damit sie vor betrügerischen, unzutreffenden oder irreführenden Ursprungsangaben geschützt sind. Art. 5 Abs. 1, Art. 15, Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO dienen daher, wie alle Vorschriften, die eine bestimmte Kennzeichnung von Produkten vorsehen, dem Schutz von Verbrauchern und stellen somit Marktverhaltensregeln dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 11.118 und 11.130).

c) Die Bezeichnung „Poly“ ist Anhang I der TextilkennzVO nicht aufgeführt und darf daher nach Art. 5 Abs. 1 TextilkennzVO nicht verwendet werden.

d) Auch die Bezeichnung „Mischfasern“ ist im Anhang I zur TextilkennzVO nicht aufgeführt. Gemäß Nummer 48 des Anhangs I der TextilkennzVO sind Fasern aus verschiedenen oder neuartigen Stoffen, die nicht aufgeführt sind, entsprechend dem Stoff zu bezeichnen, aus dem sich die Fasern zusammensetzen, z.B. Metall (metallisch, metallisiert), Asbest, Papier, mit oder ohne Zusatz „Faser“ oder „Garn“. Mischfasern sind somit nicht als „Mischfasern“ zu bezeichnen, sondern es sind die Stoffe aufzuführen, aus denen sich die Fasern zusammensetzen. Aus dem Umstand, dass in Nummer 48 des Anhangs I zur TextilkennzVO grammatikalisch nicht vollständig korrekt in der Spalte „Bezeichnung“ im Singular von „Stoff“ und in der Spalte „Beschreibung der Fasern“ im Plural von „Stoffen“ die Rede ist, ergibt sich nicht, dass bei Fasern aus verschiedenen Stoffen diese schlicht als „Mischfasern“ bezeichnet werden dürften, ohne dass deren Zusammensetzung angegeben wird.

e) Auch die Bezeichnung „Cotton“ ist in der deutschsprachigen Version des Anhangs I zur TextilkennzVO nicht aufgeführt. Dass der Begriff sich in der englischsprachigen Version der TextilKennzVO befindet, ist unerheblich, da gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO die Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedsstaats zu erfolgen hat, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Für in der Bundesrepublik Deutschland vertriebene Produkte ist somit die deutschsprachige Version des Anhangs I zur TextilkennzVO maßgeblich. Hieran ändert auch nichts, dass im Duden das Wort „Cotton“ als englische Bezeichnung für Baumwolle aufgeführt ist und der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass das Wort „Cotton“ eine beschreibende Angabe für Baumwolle ist und der deutschen Umgangssprache angehört (BGH NJW-RR 1996, 230 - COTTON LINE). Auch wenn Anglizismen in die deutsche Umgangssprache eindringen, ist an der deutschen Sprache in allen Bereichen, in denen die Amtssprache zu verwenden ist, konsequent festzuhalten.

f) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin auch substantiiert dargelegt, dass die Bekleidungsstücke mit den streitgegenständlichen Kennzeichnungen nach dem 08.05.2012 und somit seit Geltung der TextilkennzVO in den Verkehr gebracht wurden. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich, nämlich, mit Schriftsatz vom 09.03.2015 vorgetragen, die streitgegenständlichen Textilien seien ausweislich der Rechnung SNP 3 am 03.06.2014 in Deutschland in den Verkehr gesetzt worden (vgl. S. 7 des Schriftsatzes vom 09.03.2015).

g) Die Verstöße sind auch gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG a.F., § 3 a HS. 2 UWG n.F. von geschäftlicher Relevanz. Dies schon deshalb, weil es sich bei der Kennzeichnungspflicht nach der TextilkennzVO um Informationspflichten im Sinne von Art. 7 der UGP-Richtlinie handelt. Eine Verletzung der nach europäischem Recht zum Schutz des Verbrauchers vorgeschriebenen Informationspflichten ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

2. Hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten ist die Berufung teilweise erfolgreich. Die Klägerin kann gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur Abmahnkosten in Höhe von 919,14 € verlangen.

Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH GRUR 2010, 744, Tz. 52 - Sondernewsletter). Der Gegenstandswert der Abmahnung wurde seitens der Klägerin mit 50.000,00 € beziffert. Weiter hat die Klägerin in der Klageschrift ausgeführt, dass sie in der Abmahnung vom 22.07.2014 die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Handlungen abgemahnt habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz am 20.04.2015 hat der Klägervertreter zu Protokoll erklärt, dass jede der angegriffenen Bezeichnungen mit 10.000,00 € bewertet werde. Damit orientiert sich auch hinsichtlich der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche der Streitwert an den angegriffenen Bezeichnungen und nicht, wie die Klägerin nunmehr in der Berufungsinstanz ohne Begründung meint, an den verschiedenen Kleidungsstücken. Da die Abmahnung hinsichtlich 2 von 5 Bezeichnungen nicht berechtigt war, hat die Klägerin nur Anspruch auf 3/5 der Abmahnkosten von insgesamt 1.531,90 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz I Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

Gründe

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 6 U 2046/16

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

v. 20.10.2016

Verkündet am 20.10.2016

4 HK O 2387/16 LG München I

(rechtskräftige Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren)

Die Urkundsbeamtin: ...

Leitsätze:

In dem Rechtsstreit

W. KG,

- Antragstellerin und Berufungsbeklagte Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S.

gegen

N. KG,

- Antragsgegnerin und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. R.

Nebenintervenientin: S. AG,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B.

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2016 folgendes

ENDURTEIL:

I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, abgeändert und in den Ziffern I. und II. wie folgt neu gefasst:

„I. Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an einem Mitglied des Vorstandes der Komplementärin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin, gem. § 890 ZPO verboten,

a) Jacken oder Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein), die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 2 und SNP 3 ersichtlich ist;

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b) Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgeführt sind, wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung „Acryl“ verwendet wird;

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c) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, wenn dies geschieht wie folgt: Bild

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II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 12.02.2016 wird im Übrigen zurückgewiesen.“

Im Übrigen wird die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Antragstellerin 68,75% und die Antragsgegnerin 31,25% zu tragen. Die Antragstellerin trägt zu 68,75% die durch die Nebenintervention verursachten Kosten erster Instanz. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten erster Instanz selbst. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Antragstellerin 58,3% und die Antragsgegnerin 41,7% zu tragen. Die Antragstellerin trägt zu 58,3% die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zweiter Instanz. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zweiter Instanz selbst.

sowie folgenden

Beschluss:

1. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird unter Abänderung von Ziff. III. des Tenors des Endurteils des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, bis zum 14.03.2016 auf € 50.000,- und für die Zeit danach auf € 37.500,- festgesetzt.

2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 37.500,- festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen des Anbietens von Bekleidungsgegenständen ohne bzw. mit behaupteter falscher Textilfaserbezeichnung geltend.

Die Antragstellerin ist ein großer deutscher Bekleidungshersteller, die Antragsgegnerin ein Lebensmittel-Discounter, welche auch Textilerzeugnisse zum Verkauf anbietet.

Die Antragsgegnerin bot am 18.01.2016 auf ihrer Homepage Arbeitsjacken und Shorties (= Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein) ohne Faserkennzeichnung an (vgl. Internetausdrucke in Anlagen SNP 2 und SNP 3). Ausweislich des als Anlage SNP 4 vorgelegten Internetausdrucks vom 27.01.2016 wurden Fitnesshosen angeboten, die als Faserkennzeichnung den Begriff „Neopren“ trugen, sowie am 29.01.2016 ausweislich des als Anlage SNP 5 vorgelegten Ausdrucks Jogging-Hosen der Marke „R. ... 6“ mit der Faserkennzeichnung „Acryl“. Die Produkte konnten online bestellt werden.

Darüber hinaus bot die Antragsgegnerin am 30.01.2016 in ihren Filialen Hosen und Sweatshirts/Pullover jeweils der Marke „R. ... 6“ an, bei denen auf der Verpackung und den Innenetiketten die Faserbezeichnung „Acryl“ verwendet wurde (vgl. Quittung in Anlage SNP 6 sowie Abbildungen in Anlagen SNP 7 und SNP 8).

Seit dem 13.02.2016 wurden ausweislich der als Anlage SNP 11 vorgelegten Quittung und der als Anlagen SNP 12 vorgelegten Abbildungen in den Filialen der Antragsgegnerin Socken der Marke „um.“ angeboten, bei denen eine Banderole lediglich folgende Kennzeichnung aufweist:

„GB 68% Cotton 30% Polyester 2% Elastane FR 68% Coton 30% Polyester 2% Elasthanne ES 68% Algodon 30% Poliester 2% Elastano PT 68% Algodäo 30% Poliester 2% Elastano“

Weiterhin wurden ausweislich der als Anlagen SNP 13 und SNP 14 vorgelegten Abbildungen am 13.02.2016 Sweatshirts/Pullover/Hoodies der Marke „um.“ angeboten, bei denen auf der geschlossenen Verpackung die Faserbezeichnung „Cotton“ aufgebracht ist.

Schließlich trug die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.03.2016 vor, dass die Antragsgegnerin am 16.02.2016 in ihrem Online-Shop Hosen der Marke „R. ... 6“ angeboten habe, die sowohl auf der Verpackung als auch auf dem innenliegenden Etikett mit der Textilkennzeichnung „52% Cotton“, „8% Acrylic“ versehen gewesen seien, und bot zur Glaubhaftmachung die Rechnung in Anlage SNP 19 sowie Ablichtungen von Hose samt Verpackung in Anlage SNP 20 an. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass sich der auf den Ablichtungen ersichtliche Preis i. H. v. 6,99 € nicht auf der Rechnung in Anlage SNP 19 finden lasse.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 11.04.2016 dem zuletzt gestellten Antrag der Antragstellerin vollumfänglich stattgegeben und der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

Verbrauchern im geschäftlichen Verkehr in Deutschland

„a) Jacken, Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein) oder Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind und/oder wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs I. der Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführt sind;

b) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, mit Etiketten oder einer Kennzeichnung bereitzustellen, wenn hierbei nicht alle in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfasern leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhangs I zur Textilkennzeichnungsverordnung aufgezählt werden.

Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, u. a. ausgeführt:

Der Antragstellerin stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gem. §§ 8, 3, 3a UWG i. V. m. Art. 9 der Textilkennzeichnungsverordnung zu.

Die Klageanträge seien hinreichend bestimmt, auch wenn im vorliegenden Falle im Wesentlichen der Gesetzeswortlaut wiedergegeben werde. Es sei nach dem zweigliedrigen Gegenstandsbegriff ausreichend, dass die Antragstellerin im Einzelnen vorgetragen habe, was gerügt werde.

Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Bestimmungen habe die Antragsgegnerin gegen die Textilkennzeichnungsverordnung verstoßen. Der Einwand, die Antragsgegnerin sei lediglich Händlerin und nicht Herstellerin und deshalb nicht zur Überprüfung der Zusammensetzung der von ihr angebotenen Produkten verpflichtet, verfange nicht, da es in Art. 15 Abs. 3 Textilkennzeichnungsverordnung, der sich an den Händler wende, nicht darum gehe, die Richtigkeit der Angaben durch eine Faseranalyse oder dergleichen zu überprüfen, sondern allein darum, sicherzustellen, dass der angebotene Artikel die entsprechende Etikettierung oder Kennzeichnung nach der Textilkennzeichnungsverordnung trage. Dieser Verpflichtung sei die Antragsgegnerin nicht nachgekommen, da die von ihr im Internet angebotenen Arbeitsjacken und Shorties gemäß Anlagen SNP 2 und SNP 3 gar keine Faserkennzeichnung getragen hätten und die gemäß Anlage SNP 5 angebotenen Jogginghosen die Faserkennzeichnung „Acryl“ trügen; Gleiches gelte für die gemäß Anlagen SNP 7 und SNP 8 angebotenen Hosen und Sweatshirts/Pullover. Letztendlich seien ausweislich Anlagen SNP 11 und SNP 12 am 13.02.2016 auch Socken angeboten worden, die mit der Bezeichnung „Cotton“ anstatt „Baumwolle“ gekennzeichnet seien. Sowohl „Cotton“ als auch „Acryl“ seien Begriffe, die nicht im Anhang 1 zur Textilkennzeichnungsverordnung angeführt seien. Der Gesetzgeber habe bewusst die Entscheidung getroffen, dass die Textilkennzeichnung in der jeweiligen Ansprache im jeweiligen Land des Angebotes zu erfolgen habe, vgl. Art. 16 Abs. 3 Textilkennzeichnungsverordnung, und sei gerade nicht der Auffassung gewesen, dass eine Bezeichnung von Textilfasern anhand von Begriffen, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs 1 der Textilkennzeichnungsverordnung enthalten sind, für den deutschen Verbraucher ausreichend sei. Die Faserbezeichnung habe daher aufgrund der Entscheidung des deutschen Gesetzgebers zwingend in deutscher Sprache anhand der in Anhang 1 enthaltenen Begriffe zu erfolgen. Die Textilkennzeichnungsverordnung stelle daher eine Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG dar. Der Einwand der Antragsgegnerin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Bezeichnung „Cotton“ ein Teil der deutschen Umgangssprache geworden sei, verfange deshalb nicht, zumal es sich hierbei um eine Entscheidung aus dem Markenrecht handele. Aufgrund des Hinweises der Antragstellerin, dass „Acryl“ auch für die Faser „Modiacryl“ (richtig: „Modacryl“) stehen könnte, sei es auch nicht ausreichend, die Faser „Polyacryl“ mit „Acryl“ zu kennzeichnen. Hierin liege auch ein spürbarer Wettbewerbsverstoß i. S. v. § 3 UWG.

Der Einwand der Antragsgegnerin hinsichtlich des gem. § 12 Abs. 2 UWG vermuteten Verfügungsgrundes, dass die Nebenintervenientin wegen der „nachgeschobenen“ Jogginghosen bereits vor Ablauf der Monatsfrist abgemahnt worden sei, verfange schon deshalb nicht, weil die Verstöße, auf die die Antragstellerin bereits in der Antragsschrift und in ihrem Schriftsatz vom 18.02.2016 abgestellt habe, das beantragte Verbot bereits in vollem Umfang deckten. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin von dem Verkauf der „nachgeschobenen“ Hosen bereits mehr als einen Monat vor Beantragung der einstweiligen Verfügung bzw. vor einem „Nachschieben“ der Hosen Kenntnis gehabt habe oder nicht.

In der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Konkretisierung, dass lediglich Erzeugnisse erfasst seien, die 80% Textilanteil enthalten, sei keine teilweise Klagerücknahme zu sehen: Aufgrund der Tatsache, dass die Klageanträge nicht auf die angegriffenen einzelnen Bezeichnungen konkret Bezug nähmen, führe auch der Umstand, dass zunächst auch die Bezeichnung „Neopren“ angegriffen wurde, obwohl die damit bezeichneten Erzeugnisse gar keine Textilerzeugnisse gewesen seien, die der Textilkennzeichnungsverordnung unterlagen, so dass es sich hierbei tatsächlich nicht um die Textilkennzeichnungsverordnung verletzende Gegenstände handele, nicht zu einer Kostenaufteilung.

Gegen diese Entscheidung, dem Vertreter der Antragsgegnerin am 18.04.2016 zugestellt, richtet sich die am 10.05.2016 bei Gericht eingegangene und, nach antragsgemäßer (Bl. 106 f. d. A.) Fristverlängerung (Bl. 108 d. A.) mit Schriftsatz vom 18.07.2016 (Bl. 109 ff. d. A.) begründete Berufung der Antragsgegnerin, mit welcher diese die vollumfängliche Antragszurückweisung begehrt.

Unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen macht die Antragsgegnerin folgendes geltend:

Die Entscheidung des Landgerichts sei fehlerhaft, da es in seiner rechtlichen Beurteilung die beiden von der Antragstellerin angegriffenen, unterschiedlichen Verletzungsformen - gänzliches Unterlassen einer Textilkennzeichnung im Angebot und Verwendung von nicht von der deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung genannten Begriffen im Rahmen der Textilkennzeichnung im Angebot - auch hätte unterscheiden müssen und nicht - trotz insofern teilweise fehlender Erstbegehungsgefahr - sämtliche der genannten Bekleidungsgegenstände beiden Verletzungsformen kumulativ und alternativ zuordnen dürfen.

Darüber hinaus sei der Urteilstenor zu weit gefasst, da er die konkrete Verletzungsform in Bezug auf die Verwendung von Begriffen, die in Anhang I zur deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung nicht genannt seien, nicht benenne. Das Verbot wiederhole in seiner jetzigen Fassung lediglich den Gesetzeswortlaut, ohne dass klar werde, an welche konkrete Verletzungsform angeknüpft werden solle. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben, da ein unbestimmter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht geeignet sei, die Verjährung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs zu hemmen. Vorliegend seien auch die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände hinsichtlich der angegriffenen Textilien in Anlagen SNP 2 bis SNP 8 und SNP 12 bis SNP 14 unstreitig. Eine Änderung der bisher unbestimmten Anträge durch die Antragstellerin wäre dringlichkeitsschädlich.

Ferner sei die Verwendung des Begriffs „Acryl“ anstelle von „Polyacryl“ nicht geeignet gewesen, die Spürbarkeitsschwelle von § 3a UWG zu überschreiten. Es sei nicht ersichtlich, dass das Angebot eines Bekleidungsstücks mit einer solchen Kennzeichnung geeignet wäre, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktbeteiligten oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen: Die Verbraucher setzten regelmäßig die beiden genannten Begriffe gleich, während es äußerst zweifelhaft erscheine, ob den Verbrauchern regelmäßig die Existenz der Textilfaser „Modacryl“ bekannt sei; es sei nicht davon auszugehen, dass die Kunden bei Betrachtung des Begriffs „Acryl“ eine andere Textfaser als „Polyacryl“ erwarteten. Die Verwendung des Begriffs „Acryl“ dürfe sich, wenn überhaupt, allenfalls positiv auf die übrigen Marktteilnehmer und Mitbewerber der Antragsgegnerin auswirken, da diese Verwendung für die Verbraucher keinen zusätzlichen Kaufanreiz biete, sondern sie im ungünstigsten Fall von dem Kauf der Ware abhalten werde.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Hoodies habe das Landgericht einen Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung zu Unrecht bejaht. Zum einen habe es sich mit der Produktgruppe in den Entscheidungsgründen nicht auseinandergesetzt, zum anderen fehle es an einem Verstoß, weil die Ware unstreitig in einem durchsichtigen Plastikbeutel mit einem selbstklebenden Verschluss verpackt worden sei, so dass die Kunden die Ware ohne Weiteres aus der Verpackung mit der Kennzeichnung „Cotton“ hätten entnehmen und die Etikettierung, welche in Übereinstimmung mit der deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung die Bezeichnung „Baumwolle“ trage, zur Kenntnis nehmen können. Überdies sei die Verpackung mit der Kennzeichnung „Cotton“ weder Teil der Etikettierung i. S. v. Art. 3 Abs. 1 lit. g) der Textilkennzeichnungsverordnung noch der Kennzeichnung i. S. v. Art. 3 Abs. 1 lit. h) der Verordnung.

Auch die Bezeichnung „Cotton“ führe außerdem zu keiner spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer und der Mitbewerber der Antragsgegnerin: Wie der Bundesgerichtshof und das Bundespatentgericht festgestellt hätten, stelle das Wort „Cotton“ eine beschreibende Angabe für Baumwolle dar und gehöre inzwischen der deutschen Umgangssprache an. Diese Feststellung einer allgemeinen Verkehrserwartung im Hinblick auf den Begriff „Cotton“ sei auch auf das Wettbewerbsrecht übertragbar, da es dort wie im Markenrecht bei der Beurteilung der maßgeblichen Begriffe auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf die Irreführung ankomme.

Die Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung sei zudem europarechtswidrig, da sie gegen die Warenverkehrsfreiheit gem. Art. 34 AEUV verstoße. Die streitgegenständlichen Socken mit einer Faserkennzeichnung in den Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch würden in Großbritannien, Frankreich, Spanien und Portugal rechtmäßig in Verkehr gebracht werden. In ihrer Wirkung komme die genannte Vorschrift daher einer Handelsbeschränkung gleich, da sie den Vertrieb von Textilerzeugnissen verbiete, deren Kennzeichnung nicht in der Amtssprache des Mitgliedsstaats, in welchem das Textilerzeugnis gebracht werden solle, sondern in der Amtssprache eines anderen Mitgliedstaats erfolgte, selbst wenn die Ware in jenem anderen Mitgliedstaat in rechtmäßiger Weise in den Verkehr gebracht werden dürfe. Zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls, die diese Handelsbeschränkung gleichwohl zulässig machten, seien nicht ersichtlich, da es Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung den Mitgliedstaaten ermögliche, eine Textilkennzeichnung in einer ausschließlich fremden Sprache in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen. Dies zeige, dass der europäische Verordnungsgeber hier keine zwingende Notwendigkeit einer Harmonisierung und damit auch kein zwingendes entgegenstehendes Allgemeinwohlinteresse auf europäischer Ebene gesehen habe.

Zu Unrecht habe das Landgericht des Weiteren den Umstand, dass die Antragstellerin erst mit Schriftsatz vom 10.03.2016 die R. ... 6-Jogginghosen gem. Anlagen SNP 19 und SNP 20 beanstandet habe, als nicht entscheidungserheblich angesehen. Mit der späteren Einführung weiterer behaupteter Verletzungshandlungen in einen Unterlassungsprozess ohne Änderung des Klageantrags sei eine Änderung des Streitgegenstands verbunden, selbst wenn sich aus den nachgeschobenen Verletzungsfällen dieselbe Verletzungsform ergebe. Das Landgericht hätte daher zu dem Schluss gelangen müssen, dass die Antragstellerin den Verstoß nicht glaubhaft gemacht habe und den Antrag insoweit zurückweisen, zumindest aber die fehlende Glaubhaftmachung im Rahmen der Kostenentscheidung zulasten der Antragstellerin berücksichtigen müssen. Hinsichtlich der fehlenden Glaubhaftmachung werde auf die erstinstanzlichen Schriftsätze der Antragsgegnerin und der Nebenintervenientin vom 29.03.206 verwiesen.

Im Rahmen der Frage der Dringlichkeit sei unberücksichtigt geblieben, dass der Antragstellerin der Vertrieb der Jogginghosen und Hoodies der Marke Um. bereits seit Juni (richtig: Juli) 2015 bekannt gewesen sei. Die Antragstellerin sei außerdem bezogen auf den Vertrieb der „nachgeschobenen Hosen“ lediglich gegen die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung vorgegangen, nicht jedoch gegen die Nebenintervenientin als Lieferantin der Antragsgegnerin, obwohl die Antragstellerin bereits seit Dezember 2015 Kenntnis von dem Vertrieb gehabt habe. Zudem habe sie die beanstandeten Verstöße trotz Kenntnis erst sukzessive in das Verfahren eingeführt und somit Verzögerungen verursacht bzw. in Kauf genommen.

Vorsorglich sei hinsichtlich der Kostenentscheidung des Landgerichts auszuführen, dass der Antragstellerin zumindest ein Teil der Kosten hätte auferlegt werden müssen, da diese in ihrer Antragsschrift vom 12.02.2016 auch das Angebot von Fitness-Hosen mit der Faserkennzeichnung Neopren gerügt habe, es sich hierbei um einen eigenständigen Lebenssachverhalt und damit um einen eigenen Streitgegenstand gehandelt habe und dieser auch nach Ansicht des Landgerichts München I unbegründet gewesen sei. Auch die in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2016 von der Antragstellerin vorgenommene Einschränkung ihrer ursprünglich zu weit gehenden Anträge, wonach lediglich Erzeugnisse erfasst sein sollen, die „einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen', hätte sich kostenmäßig zu ihren Lasten auswirken müssen, weil hierdurch nicht eine bloße Konkretisierung, sondern eine Einschränkung der jeweiligen Streitgegenstände erfolgt sei.

Die Nebenintervenientin führt über den Vortrag der Antragsgegnerin hinaus aus, dass das Landgericht bei richtiger Anwendung des Rechts zu der Entscheidung hätte gelangen müssen, dass die Anträge schon unzulässig sind, da die Antragstellerin nicht klargestellt habe, in welchem Verhältnis die einzelnen Streitgegenstände stünden, die sie durch die jeweilige Beanstandung der Kennzeichnung unterschiedlicher Textilien mit jeweils unterschiedlichen Kennzeichnungen in das Verfahren eingeführt habe und über die gesondert entschieden werden müsse.

Unberücksichtigt geblieben sei außerdem, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung nicht automatisch einen Wettbewerbsverstoß darstelle, da zusätzlich das Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit erfüllt sein müsse. Der Verweis des Landgerichts auf den Inhalt einer Marktverhaltensregel und den möglichen Willen des Gesetzgebers ersetze nicht die Auseinandersetzung mit diesem Tatbestandsmerkmal. Die Vorgabe, dass die Textilkennzeichnung auf Deutsch zu erfolgen habe, ergebe sich im Übrigen zwingend „nur“ aus § 4 des deutschen Textilkennzeichnungsgesetzes, während die Textilkennzeichnungsverordnung die Wahl der Sprache den Mitgliedstaaten freistelle. Eine spürbare Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers bedeute, dass eine Geschäftspraktik die Fähigkeit eines Durchschnittsverbrauchers beeinträchtigt, eine informierte Entscheidung zu treffen, und diese Beeinträchtigung zudem wesentlich genug ist, um die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers zu ändern. Diese Voraussetzung sei weder durch die Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ an Stelle des Begriffs „Baumwolle“ noch durch die Verwendung der Bezeichnung „Acryl“ an Stelle von „Polyacryl“ gegeben. Es sei mehr als lebensfremd, dass ein Durchschnittsverbraucher bei dem Begriff „Acryl“ an „Modacryl“ denke. Er wisse zwar auch nicht im Einzelnen, was genau „Acryl“ und „Polyacryl“ bedeuteten, ihm seien aber beide Begriffe im Unterschied zu „Modacryl“ zumindest insofern bekannt, als er darunter allgemein die Bezeichnung einer chemischen Faser als Gegenstück zur natürlichen Baumwolle verstehe, ohne jedoch zwischen den beiden Begriffen „Acryl“ und „Polyacryl“ zu differenzieren.

Hinsichtlich des Verstoßes von Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung gegen höherrangiges Recht hätte das Landgericht dem EuGH die entsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorlegen müssen, was nun durch das Berufungsgericht zu erfolgen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH auszusetzen und dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

„Ist Art. 16 Abs. 3 Verordnung (EU) 1007/2011 und die darin enthaltene Verpflichtung, nach der die Kennzeichnung in der jeweiligen Amtssprache des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse auf dem Markt dem Verbraucher bereitgestellt werden, erfolgen muss, sofern der betreffende Mitgliedstaat nicht etwas anderes vorschreibt, mit Art. 34 AEUV vereinbar?“

Die Antragstellerin hat zuletzt beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das angefochtene Urteil mit folgendem Tenor aufrechterhalten wird:

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, Verbrauchern im geschäftlichen Verkehr in Deutschland

a) Jacken oder Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein), die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 2 und SNP 3 ersichtlich ist;

b) Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhang I. der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgeführt sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung „Acryl“ verwendet wird;

c) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhang I. der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 -L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, insbesondere wenn dies geschieht wie folgt:

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[31] Die Antragstellerin verteidigt das Ersturteil und führt hierzu ergänzend aus:

Die Verwendung der irreführenden und unklaren Faserbezeichnung „Acryl“ ebenso wie die Verwendung anderer fremdsprachiger Faserbezeichnungen sei geeignet, die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Die angesprochenen Verbraucher wüssten bei der Verwendung von nicht in Anhang I der deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung enthaltenen Faserbezeichnungen nicht genau, welche Textilfasern die derart gekennzeichneten streitgegenständlichen Textilerzeugnisse jeweils enthalten. Unabhängig davon, dass Verbraucher wegen der flächendeckenden Verwendung der unionsrechtlich vorgegebenen Faserbezeichnungen „Polyacryl“ und „Modacryl“ oder „Baumwolle“ im Bekleidungshandel hinter den unüblichen Bezeichnungen „Acryl“, „Acrylic“ oder „Cotton“ etwas Höherwertiges sähen und die derart gekennzeichneten Textilerzeugnisse möglicherweise bereits deswegen kauften, wäre die Spürbarkeit selbst im Falle des Absehens vom Kauf gegeben, da das Fehlen der unionsrechtlich vorgegebenen Informationspflicht auch in diesem Fall geeignet sei, die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen. Sinn und Zweck der Textilkennzeichnungsverordnung sei es, den Verbraucher darüber aufzuklären, aus welchen Bestandteilen das von ihm zum Erwerb ins Auge gefasste Textilerzeugnis zusammengesetzt ist. Gerade im Hinblick auf die vielzähligen Unverträglichkeiten sei es von erheblicher Bedeutung, dass der einzelne Verbraucher die jeweilige Zusammensetzung seiner Textilerzeugnisse schnell und sicher erkennen könne.

Auch bei den am 13.02.2016 erworbenen Hoodies liege ein Kennzeichenverstoß vor, da in der Verkaufssituation keine zutreffende deutsche Faserbezeichnung enthalten gewesen sei. Soweit die Antragsgegnerin vorgetragen habe, dass ihre Kunden die Verpackung der Bekleidungsgegenstände angeblich in der Filiale öffnen könnten, um die darin enthaltene Ware genauer zu betrachten und dies von der Antragsgegnerin toleriert werde, werde dieser höchst unwahrscheinliche und in der Realität zu chaotischen Zuständen am Wühltisch führende Vortrag mit Nichtwissen bestritten. Die von der Antragsgegnerin benannten Artt. 3 Abs. 1 lit. g) und h) der Textilkennzeichnungsverordnung seien im Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 1 zu lesen, in dem die Verpackung ausdrücklich benannt sei und der gerade auch die Anbringung der Angaben zur Faserzusammensetzung auf der Verpackung fordere, wenn die Textilkennzeichnungserzeugnisse dem Verbraucher in Verpackungen angeboten würden.

Die Argumentation der Antragsgegnerin bezüglich der fehlenden Europarechtskonformität des Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung verkenne, dass es nach deren Sinn und Zweck und ausweislich Erwägungsgrund (10) gerade darauf ankomme, dass für alle Verbraucher in der Union gewährleistet sei, dass sie korrekte und einheitliche Informationen erhalten. Überdies führe Erwägungsgrund (3) den Umstand an, dass durch die Verordnung Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes beseitigt werden sollten, die sich aus abweichenden Vorschriften der Mitgliedstaaten für die Bezeichnung von Textilfasern und der damit zusammenhängenden Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen ergeben könnten, weshalb es erforderlich sei, die Bezeichnung von Textilfasern zu vereinheitlichen. Deutlich werde die Notwendigkeit einer entsprechenden Faserkennzeichnung, wenn man die verschiedenen Begriffe in den europäischen Sprachen für „Wolle“ gem. Nr. 1 des Anhangs der Textilkennzeichnungsverordnung betrachte. Die Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung bezwecke keine Handelsbeschränkung, sondern - neben dem Schutz der Verbraucher -genau das Gegenteil.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2016 (Bl. 156 ff. d. A.) Bezug genommen.

II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte, gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sowie gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 ZPO mit einer ordnungsgemäßen Begründung versehene und damit zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist - nach der von der Antragstellerin im Berufungstermin vorgenommenen Korrektur der Antragsfassungen, die zu einer teilweise hinreichenden Bestimmtheit der Verfügungsanträge i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zu deren teilweisen Zulässigkeit führt - nur teilweise begründet: Soweit der Verfügungsantrag lit. c) Verletzungsformen mit der Faserbezeichnung „Cotton“ beanstandet (und die Verletzungsformen darüber hinaus keine weiteren, unzulässigen Faserbezeichnungen enthalten), ist eine spürbare Interessenbeeinträchtigung für Verbraucher i. S. v. § 3a UWG zu verneinen, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG i. V. m. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinien 73/44/EWG, 96/73/EG und 2008/121/EG (Textilkennzeichnungsverordnung - TextilKennzVO) insoweit ausscheidet. Dagegen verstößt eine fehlende Kennzeichnung von Textilerzeugnissen (Verfügungsantrag lit. a)) bzw. deren Kennzeichnung mit der Faserbezeichnung „Acryl“ (Verfügungsantrag lit. b)) gegen die genannten Vorschriften der TextilKennzVO, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegeben ist. Die hiergegen von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände verhelfen ihrer Berufung nicht zum Erfolg. Im Einzelnen:

A. Verfügungsantrag lit. a)

Der zuletzt gestellte Verfügungsantrag lit. a) hinsichtlich der beanstandeten, von der Antragsgegnerin im Internet angebotenen Jacken und Shorties ohne jegliche Textilfaserkennzeichnung ist hinreichend bestimmt und damit zulässig. Wegen Verstoßes gegen die sich aus den Normen der TextilkennzeichnungsVO ergebende Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der in den Bekleidungsstücken enthaltenen Textilfasern steht der Antragstellerin als Verfügungsanspruch auch der genannte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zu, ohne dass sich die Antragsgegnerin erfolgreich auf dessen Verjährung berufen könnte. Da auch die Dringlichkeit der Rechtsdurchsetzung als Verfügungsgrund i. S. v. §§ 940, 936, 920 Abs. 2 ZPO vorliegend zu bejahen ist, erweist sich die Berufung der Antragsgegnerin in Bezug auf den Verfügungsantrag lit. a) als unbegründet.

1. Der erstinstanzlich gestellte Verfügungsantrag in lit. a) ist in seiner zuletzt gestellten Fassung hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und somit zulässig.

a. Soweit sich der erstinstanzlich gestellte Antrag in lit. a) auf das begehrte Verbot von Jacken und Shorties ohne Textilfaserkennzeichnung bezog („Jacken, Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein) [...], die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind [...]“), war er nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit unzulässig, da er lediglich die Verbotstatbestände der Art. 16 Abs. 1, 9 Abs. 1 TextilKennzVO wiederholte und somit auch die in Art. 16 Abs. 1 TextilKennzVO genannten unbestimmten Rechtsbegriffe „leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar“ enthielt. Ein entsprechender Unterlassungstitel wäre daher keine geeignete Vollstreckungsgrundlage gewesen (vgl. hierzu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.36 ff.).

b. Mit der (gem. § 264 S. 2 ZPO zulässigen) Antragsanpassung im Berufungstermin wurden die genannten unbestimmten Rechtsbegriffe eliminiert. Zwar gibt der aktuelle Verfügungsantrag in lit. a) somit weiterhin lediglich den Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 1 TextilKennzVO wieder, was grundsätzlich ebenfalls nicht für die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags genügt (vgl. BGH GRUR 2015, 1237 Rn. 13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung m. w. N.); wird jedoch wie vorliegend eine komplett fehlende Textilfaserkennzeichnung bei Bekleidungsgegenständen angegriffen, ist eine weitere Konkretisierung etwa durch Aufnahme der konkret angegriffenen Verletzungshandlung nicht mehr notwendig und damit die Wiederholung des Gesetzeswortlauts unschädlich, da für diese spezielle Konstellation das Gesetz hinreichend eindeutig und konkret gefasst ist (vgl. zu den Ausnahmen BGH a. a. O.).

c. Entsprechend bleibt es (jedenfalls für den Verfügungsantrag lit. a)) ohne negative Auswirkungen, dass im Antrag auf die konkret beanstandeten Verletzungsformen in Anlagen SNP 2 und SNP 3 lediglich mit dem (einen unbestimmten Antrag nicht zu retten vermögenden, vgl. BGH GRUR 1993, 565, 566 - Faltenglätter) Zusatz „insbesondere wenn ...“ Bezug genommen wird.

2. Da das von der Antragsgegnerin auf ihrer Webseite enthaltene Angebot von Jacken und Shorties als geschäftliche Handlung i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG keine Angaben zu den darin enthaltenen Textilfasern enthielt, steht der Antragstellerin als Mitbewerberin i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 TextilKennzVO als Verfügungsanspruch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zu.

a. Bestimmungen, die - wie der vorliegend in Rede stehende Art. 9 Abs. 1 Textil-KennzVO - die Kennzeichnung von Textilprodukten regeln, dienen dem Schutz der Verbraucher und stellen damit Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 3a UWG dar (vgl. BGH WRP 2016, 1219 Rn. 14 - Textilkennzeichnung).

b. Wie das Landgericht ferner zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ausgeführt hat, trifft die Verpflichtung aus Art. 9 Abs. 1 TextilKennzVO nicht nur den Hersteller, sondern gem. Art. 15 Abs. 3 TextilKennzVO auch die Antragsgegnerin als Händlerin (vgl. auch die am 24.02.2016 in Kraft getretene parallele Vorschrift des § 3 TextilKennzG sowie BGH WRP 2016, 1219 Rn. 16 a. E. - Textilkennzeichnung).

c. Unstreitig wiesen die Angebote von Jacken und Shorties auf der Webseite der Antragsgegnerin (vgl. Screenshots in Anlagen SNP 2 und SNP 3) keinerlei Beschreibungen der Textilfaserzusammensetzung auf. Zu entsprechenden Informationen ist die Antragsgegnerin gem. Art. 16 Abs. 1 S. 2 TextilKennzVO auch im Rahmen ihres Internetangebots verpflichtet gewesen, da auf der Webseite für den Kunden eine Bestellmöglichkeit gegeben war und damit die Textilerzeugnisse auch „auf dem Markt bereitgestellt“ i. S. v. Art. 16 Abs. 1 S. 1 TextilKennzVO wurden (vgl. BGH WRP 2016, 1219 Rn. 16 ff. - Textilkennzeichnung).

d. Das Unterlassen von Informationen über die Textilfaserzusammensetzung bei den angebotenen Bekleidungsstücken ist auch geeignet, die Interessen des Verbrauchers spürbar zu beeinträchtigen, § 3a UWG. Die Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung beurteilt sich nach dem jeweiligen Schutzzweck der verletzten Marktverhaltensregelung (vgl. BGH GRUR 2008, 186 Rn. 25 - Telefonaktion), vorliegend also gem. Erwägungsgrund (10) der TextilKennzVO die Gewährleistung, dass alle Verbraucher in der Union korrekte und einheitliche Informationen erhalten. Fehlen solche Informationen, ist es dem Verbraucher nicht möglich, eine informierte und freie geschäftliche Entscheidung i. S. v. §§ 2 Abs. 1 Nr. 9, 3 Abs. 2 UWG zu treffen (vgl. OLG Köln WRP 2016, 90 Rn. 17 - Grundpreisangabe bei Amazon II; OLG Hamm, Beschl. v. 20.02.2014 - 4 W 19/14, juris-Rn. 14 f. = BeckRS 2015, 02899 Rn. 14 f.).

e. Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin schließlich auf die Verjährung des geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs wegen Ablaufs der sechsmonatigen Verjährungsfrist gem. § 11 Abs. 1 UWG, da mit Zustellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB gehemmt wurde. Zwar trifft es zu, dass der ursprünglich gestellte Unterlassungsantrag in lit. a) nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO war (s. o. A. 1. a.) und daher grundsätzlich erst mit der Rechtshängigkeit des konkretisierten Antrags dessen Hemmungswirkung eintreten konnte (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl., § 204 Rn. 4; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 24.05.2016 - 6 U 171/14, juris-Rn. 50 = BeckRS 2016, 15323 Rn. 24). Jedoch bestand trotz des zunächst unbestimmten Antrags kein Zweifel daran, auf welchen Sachverhalt sich der Antrag im Kern bezog, bzw. daran, dass mit der Unterlassungsklage - auch wenn der zunächst gestellte Antrag den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO noch nicht entsprach - jedenfalls die Unterlassung der konkreten Verletzungsform begehrt wurde, so dass auch der noch nicht hinreichend bestimmte Klageantrag die Verjährung hemmen konnte (vgl. BGH GRUR 1998, 481, 483 - Auto 94; BGH GRUR 2004, 517, 519 - E-Mail-Werbung; Bornkamm in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 34 Rn. 36; Toussaint in GK-UWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 84; Fritzsche in MünchKommUWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 189; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 37).

3. Schließlich liegt als Verfügungsgrund i. S. v. §§ §§ 940, 936, 920 Abs. 2 ZPO auch Dringlichkeit vor. Diese wird vorliegend gem. § 12 Abs. 2 UWG vermutet und wurde durch die Antragstellerin auch nicht durch eigenes zögerliches prozessuales Verhalten widerlegt, da sie binnen eines Monats nach Kenntniserlangung von Verletzungshandlung und Person des Verpflichteten das einstweilige Verfügungsverfahren einleitete. Dass sie zunächst einen unbestimmten Verfügungsantrag in lit. a) einreichte, ist unschädlich, weil dieser Umstand nichts daran ändert, dass die Antragstellerin innerhalb der Monatsfrist hinsichtlich eines zumindest in der Antragsbegründung benannten konkreten Verletzungsgegenstands um Rechtsschutz nachsuchte, so dass mit der erstmaligen Geltendmachung eines hinreichend bestimmten Verfügungsantrags im Berufungstermin nicht (verspätet) ein neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt wurde, sondern der zugrunde liegende Sachverhalt gleich blieb.

B. Verfügungsantrag lit. b)

Der Verfügungantrag in lit. b) ist, soweit er auf die in der Anlage SNP 5 abgebildeten Verletzungsgegenstände konkret Bezug nimmt, (nur) ohne Aufnahme des Worts „insbesondere“ zulässig. In der Verwendung der Textilfaserkennzeichnung „Acryl“ liegt auch ein Verstoß gegen Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 Textil-KennzVO, der die Interessen der Verbraucher spürbar beeinträchtigen kann. Da als Verfügungsgrund zudem Dringlichkeit gegeben ist (s. o. A. 3.), ist die Berufung der Antragsgegnerin auch in Bezug auf den modifizierten Verfügungsantrag lit. b) unbegründet.

1. Auch der zweite Teil des ursprünglich gestellten Verfügungsantrags lit. a) („[...] Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs I. der Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführt sind“) war aufgrund seines lediglich verbotsnormwiederholenden Inhalts (vgl. hierzu oben A. 1. b. sowie Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.40 ff. m. w. N.) unbestimmt und damit unzulässig. Durch die im Berufungstermin vorgenommene Antragsanpassung im aktuellen Verfügungsantrag lit. b) erfolgte zwar eine Bezugnahme auf die konkret angegriffene Verletzungsform („[...] wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung,Acryl' verwendet wird“); diese Anpassung führt jedoch nur insoweit zur hinreichenden Bestimmtheit des Antrags, als die Bezugnahme ohne Aufnahme des vorangehenden Zusatzes „insbesondere“ erfolgt (s. o. A. 1. c.), so dass im Urteilstenor eine entsprechende Einschränkung auf die konkrete Verletzungsform vorzunehmen war, da davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin jedenfalls diese Verhaltensweise verboten haben möchte (vgl. BGH GRUR 2012, 945 Rn. 22 m. w. N. - Tribenuronmethyl).

2. Das Landgericht hat zu Recht als Verfügungsanspruch einen (unverjährten, s. o. A. 2. e.) Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zugunsten der Antragstellerin angenommen, da das auf der Webseite der Antragsgegnerin zu findende Angebot der in Anlage SNP 5 abgebildeten Hosen, das als Textilfaserbezeichnung u. a. den Begriff „Acryl“ aufweist, gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO verstößt und hierin auch eine potentiell spürbare Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen zu sehen ist.

a. Gem. Art. 5 Abs. 1 TextilKennzVO dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der TextilKennzVO verwendet werden. Für die in den beanstandeten Hosen enthaltenen Fasern sieht Anhang I Nr. 26 (in der nachträglich berichtigten Fassung) die Bezeichnung „Polyacryl' vor. Die Verwendung der Bezeichnung „Acryl' ist im Anhang I nicht vorgesehen, so dass ein Verstoß gegen die genannte Norm gegeben ist.

b. Dieser Verstoß ist auch geeignet, eine spürbare Beeinträchtigung für die Interessen der Verbraucher i. S. v. § 3a UWG hervorzurufen. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Verbraucher nicht ohne Weiteres Kenntnis darüber hat, was sich hinter dem von der Antragsgegnerin verwendeten Begriff „Acryl“ verbirgt und dieser Begriff im Textilbereich möglicherweise als Synonym zu „Polyacryl“ benutzt wird. Es ist durchaus denkbar, dass er aufgrund der fehlenden Verwendung des Präfixes „Poly-“ (mit der Bedeutung „viel“, „mehr“ oder „verschieden“) davon ausgeht, dass „Acryl“ eine andere Faserart (mit für den Verbraucher im Einzelfall aus seiner Sicht ggf. günstigeren oder auch ungünstigeren Eigenschaften) beschreibt als „Polyacryl“. Zu Recht verweist das Landgericht außerdem auf den Umstand, dass Anhang I in Nr. 29 auch die Faserbezeichnung „Modacryl“ aufführt, so dass für den Verbraucher die zusätzliche Unsicherheit entstehen kann, ob der Begriff „Acryl“ nicht auch für „Modacryl“ steht. Der vorliegende Verstoß ist also geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. Köhler, a. a. O., § 3a Rn. 1.103), da er z. B. aufgrund eines bestimmten (fehlerhaften) Verständnisses der Faserbezeichnung „Acryl“ wegen vermeintlich besserer Fasereigenschaften im Vergleich zu „Polyacryl“ eine positive Kaufentscheidung treffen könnte.

c. Dass sich ein Verbraucher über den Begriff „Acryl“ ggf. auch im Wege einer Internetrecherche informieren könnte, ändert nichts an der gerade dargelegten Spürbarkeit des Verstoßes (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 20.02.2014 - 4 W 19/14, juris-Rn. 14 f. = BeckRS 2015, 02899 Rn. 14 f.): Durch die vorgeschriebene einheitliche Kennzeichnung der in den angebotenen Textilien enthaltenen Fasern soll der Verbraucher gerade klar und unproblematisch Informationen über die Faserzusammensetzung bekommen, um eine geschäftliche Entscheidung - häufig vor Ort im Bekleidungsgeschäft - treffen zu können; mit diesem Schutzzweck wäre es aber unvereinbar, den Verbraucher auf (ergänzende oder alternative) Informationseinholung zur Textilfasereigenschaft aus weiteren und im Zweifel nicht unmittelbar verfügbaren sowie möglicherweise unzuverlässigen Quellen zu verweisen.

C. Verfügungsantrag lit. c)

Dagegen ist hinsichtlich des Verfügungsantrags lit. c) - welcher in seiner zuletzt gestellten Fassung ohne den Zusatz „insbesondere“ hinreichend bestimmt ist - die Berufung der Antragsgegnerin teilweise begründet, da der vorliegende Verstoß gegen die (europarechtskonforme) Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO, soweit von der Antragstellerin die Verwendung der Faserbezeichnung „Cotton“ beanstandet wurde, nicht das Spürbarkeitserfordernis des § 3a UWG erfüllt und damit der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht gegeben ist. Dies gilt allerdings nicht für diejenigen konkret mit dem Verfügungsantrag lit. c) angegriffenen Verletzungsgegenstände, die (ggf. neben der Faserbezeichnung „Cotton“) die Faserbezeichnung „Acryl“ bzw. „Acrylic“ enthalten, da insofern ein Verstoß gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO zu bejahen ist, der die Verbraucherinteressen spürbar beeinträchtigt und daher zu einem Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG führt.

1. In Bezug auf die Bestimmtheit und damit die Zulässigkeit des Verfügungsantrags lit. c) gilt das zu den neu gefassten Verfügungsanträgen lit. a) und lit. b) unter A. 1. bzw. B. 1. Ausgeführte entsprechend: Der erstinstanzlich gestellte Verfügungsantrag in lit. b) - welcher inhaltlich bzw. von der Anspruchsbegründung her dem zuletzt gestellten Verfügungsantrag lit. c) entspricht - war aufgrund der darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe sowie aufgrund seines lediglich verbotsnormwiederholenden Inhalts unbestimmt und damit unzulässig. Die Antragsanpassung beseitigte durch die Aufnahme der konkreten Verletzungsgegenstände die Unbestimmtheit, allerdings nur in Bezug auf die konkreten Verletzungsformen, so dass eine entsprechende Einschränkung im Urteilstenor zu erfolgen hatte.

2. Soweit die Antragstellerin die drei im Antrag u. a. abgebildeten Verletzungsgegenstände „Jogginghose Herren grau Size M“ der Marke „um.“ mit der Textilfaserkennzeichnung „65% Polyester 35% Cotton“ (entspricht Anlage SNP 13 bzw. SNP 1. 21), „3/4 Sport Socks“ der Marke „um.“ mit der Textilfaserkennzeichnung u. a. „GB 68% Cotton 30% Polyester 2% Elastane“ (entspricht Anlage SNP 12) sowie „Hoodie Herren schwarz“ der Marke „um.“ mit der Textilfaserkennzeichnung „65% Polyester 35% Cotton“ (entspricht Anlage SNP 14 bzw. SNP 22) konkret angreift, scheidet der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Verfügungsanspruch mangels Spürbarkeit i. S. v. § 3a UWG des formalen Verstoßes aus.

a. Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO ordnet an, dass die (gem. Artt. 9 Abs. 1, 5 Abs. 1 TextilKennzVO notwendige) Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache oder den Amtssprachen des Mitgliedstaats erfolgt, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat schreibt etwas anderes vor. Maßgeblich sind daher die in Anhang I der TextilKennzVO aufgeführten deutschen Begriffe; der deutsche Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1 TextilKennzG (Geltung ab 24.02.2016) keine abweichende Regelung getroffen und ordnet ebenfalls die Kennzeichnung „in deutscher Sprache“ an. In der Konsequenz sind gem. Anhang I Nr. 5 die Fasern aus den Samen der Baumwollpflanze mit dem Begriff „Baumwolle“ zu kennzeichnen. Gegen diese Verpflichtung verstieß die Antragsgegnerin, indem sie auf den Verpackungen der oben genannten Bekleidungsstücke nicht die deutsche Faserbezeichnung „Baumwolle“, sondern die englische Bezeichnung „Cotton“ verwendete.

b. Ohne Erfolg hält die Antragsgegnerin diesem formalen Verstoß die vermeintliche Europarechtswidrigkeit der Regelung in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 Textil-KennzVO entgegen:

aa. Die von der Nebenintervenientin beantragte Aussetzung des einstweiligen Verfügungsverfahrens und Vorlage an den EuGH zwecks Vorabentscheidung gem. Art. 267 AEUV kommt bereits nach allgemeiner Auffassung im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfügungsverfahrens nicht in Betracht (vgl. Retzer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 445 m. w. N.); denkbar wäre insofern lediglich ggf., die hinreichende Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs abzulehnen.

bb. Der Senat kann die behauptete Europarechtswidrigkeit der genannten Vorschrift nicht erkennen, da die beanstandete Sprachenvorgabe in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO der Sicherstellung von Erwägungsgrund (3) der TextilKennzVO (Vereinheitlichung der Textilfaserbezeichnungen, um Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu beseitigen) und Erwägungsgrund (10) der Textil-KennzVO (Gewährleistung von korrekten und einheitlichen Informationen) dient und damit letztlich aus Erwägungen des Allgemeinwohls zwingend erforderlich ist: Würden andernfalls nämlich Textilfaserbeschreibungen in einer Landessprache der Europäischen Union, die in diesem Land daher rechtmäßig in Verkehr gebracht werden, für das Inverkehrbringen von Textilerzeugnissen im gesamten Unionsgebiet genügen, wäre der Schutzzweck der TextilKennzVO in keiner Weise sichergestellt. Dies lässt sich zwanglos an den Beispielen von bulgarischen Textilfaserbeschreibungen in kyrillischer Schrift, griechischen Beschreibungen in griechischem Alphabet oder aber ungarischen oder finnischen Kennzeichnungen verdeutlichen, die für den größten Teil der Bevölkerung der anderen EU-Mitgliedstaaten komplett unverständlich bleiben. Das Argument der Antragsgegnerin, Art. 16 Abs. 3 der TextilKennzVO ermögliche es den Mitgliedstaaten, eine Textilkennzeichnung in einer ausschließlich fremden Sprache in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen, weshalb zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls, die diese Handelsbeschränkung gleichwohl zulässig machten, nicht ersichtlich seien, verfängt demgegenüber nicht: Die Ausnahme in der genannten Vorschrift („. es sei denn der betreffende Mitgliedstaat schreibt etwas anderes vor“) kann die Mitgliedstaaten nämlich nicht davon entbinden, die Schutzzwecke der Textil-KennzVO sicherzustellen, so dass nur solche Ausnahmeregelungen verordnungskonform wären, die diese Schutzzwecke hinreichend berücksichtigen (z. B. dadurch, dass lediglich solche fremdsprachigen Textilfaserbeschreibungen als zulässig erklärt werden, die für die Bevölkerung des Mitgliedstaats unproblematisch verständlich sind). Keineswegs ist es daher den Mitgliedstaaten möglich, ohne Weiteres eine Textilkennzeichnung in einer ausschließlich fremden Sprache in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen.

cc. Nur ergänzend sei außerdem darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Textilkennzeichnung (BGH WRP 2016, 1219) festgestellt hat, dass - freilich „im Streitfall“, d. h. in Bezug auf die dort in Frage stehende Regelung in Art. 16 Abs. 1 S. 1, S. 2 TextilKennz-VO - keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts bestünden, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 267 AEUV nicht veranlasst sei (BGH a. a. O., Rn. 21).

c. Letztlich kann die Frage der Europarechtskonformität der Regelung in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO aber sogar offenbleiben, da es in der hier streitgegenständlichen Konstellation bei Verwendung des Begriffs „Cotton“ jedenfalls an der notwendigen Spürbarkeit i. S. v. § 3a UWG fehlt.

aa. Zu berücksichtigen ist hier nämlich, dass sich mittlerweile in der deutschen Umgangssprache der englische Begriff „Cotton“ als beschreibende Angabe für „Baumwolle“ eingebürgert hat (vgl. BGH GRUR 1996, 68, 69 - Cotton Line; ebenso BPatG, Beschl. v. 02.03.2004 - 27 W (pat) 254/03, juris-Rn. 10, wonach diese Bedeutung auch breitesten Bevölkerungskreisen ohne Weiteres bekannt ist) und konsequenterweise „Cotton“ bereits im Duden aufgeführt ist. Nicht zu folgen ist in diesem Zusammenhang der Ansicht des Landgerichts, dass die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht Beachtung finden könne, weil sie aus dem Markenrecht stamme: Der Bundesgerichtshof hat hier Feststellungen zum allgemeinen Verkehrsverständnis im Hinblick auf den Begriff „Cotton“ getroffen, ohne dass sich der maßgebliche Verkehr für die hier relevante wettbewerbsrechtliche Problematik von demjenigen Verkehr, der für die markenrechtliche Beurteilung relevant war, unterscheiden würde.

bb. Versteht aber der angesprochene Verkehr (also der Durchschnittsverbraucher) den verwendeten Begriff „Cotton“ ohne Weiteres als „Baumwolle“, da dieser Begriff in den deutschen Wortschatz (ob als Umgangssprache oder als Hochsprache, ist insofern ohne Bedeutung) Eingang gefunden hat, ist der vorliegende formale Verstoß denknotwendig nicht dazu geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte; der Kunde, der das Angebot der Antragstellerin wahrnimmt, versteht „Cotton“ als „Baumwolle“ und wird daher in keiner Weise durch diesen Begriff in seiner Entscheidungsfindung beeinflusst, so dass der Formalverstoß unter keinen Umständen geeignet sein kann, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen.

cc. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Spürbarkeitserfordernis i. S. v. § 3 Abs. 2 S. 1 UWG a. F., da ein danach erforderliches Informationsdefizit zulasten des Verbrauchers vorliegend nicht gegeben ist.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 3 UWG a. F. ist in Fällen, in denen Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, zugleich davon auszugehen, dass das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 S. 1 UWG a. F. erfüllt ist (vgl. BGH GRUR 2010, 852 Rn. 21 - Gallardo Spyder, GRUR 2010, 1142 Rn. 24 - Holzhocker, GRUR 2011, 82 Rn. 33 -Preiswerbung ohne Umsatzsteuer, GRUR 2012, 842 Rn. 25 - Neue Personenkraftwagen; GRUR 2013, 1169 Rn. 19 - Brandneu von der IFA).

(2) Soweit nach der Neufassung des Rechtsbruchtatbestands in der Literatur eine anderweitige Abgrenzung zu den Informationspflichten für erforderlich gehalten wird (vgl. z. B. Köhler, NJW 2016, 593, 595; ders., a. a. O., § 3a Rn. 1.18 f.; ders., WRP 2014, 259 Rn. 42 ff.; Ohly, GRUR 2016, 3, 5 f.) bedarf dies hier keiner weiteren Erörterung. Denn vorliegend steht nach den obigen Ausführungen keine Verhaltensweise in Rede, bei der dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wurde, da ihm die Materialzusammensetzung „Cotton“ in für ihn verständlicher Weise mitgeteilt wird.

dd. Dass durch diese Verhaltensweise Interessen der Mitbewerber der Antragsgegnerin oder sonstiger Marktbeteiligter spürbar beeinträchtigt werden, macht auch die Antragsgegnerin nicht geltend (vgl. den im Berufungstermin übergebenen Schriftsatz, S. 2 f.).

ee. Soweit im Urteil des 29. Zivilsenats des OLG München vom 18.02.2016 -29 U 2899/15 (nicht rechtskräftig; Nichtzulassungsbeschwerde Az. I ZR 70/16) demgegenüber der formale Verstoß als spürbar i. S. v. § 3a UWG qualifiziert wird, kann dem aus den gerade ausgeführten Gründen nicht gefolgt werden.

d. Im Ergebnis muss daher nicht mehr entschieden werden, ob sich eine andere Bewertung aus dem Umstand ergibt, dass die beanstandeten Jogginghosen und Hoodies der Marke „um.“ (Anlagen SNP 14 bzw. SNP 22 sowie SNP 13 bzw. SNP 21) lediglich auf einer sichtbaren Kartonage innerhalb eines verschlossenen Polybeutels als Verpackung, nicht jedoch auf dem (in der Verpackungssituation nicht einsehbaren) innenliegenden Etikett die Faserkennzeichnung „Cotton“ aufweisen.

e. Ebenso ist es nicht mehr entscheidungsrelevant, ob die von der Antragsgegnerin behauptete und als dringlichkeitsschädlich eingestufte Kenntnis der Antragstellerin vom Vertrieb von Jogginghosen und Hoodies der Marke „um.“ bereits seit Juli 2015 überhaupt tatsächlich vorlag und ob außerdem die im Juli 2015 erworbenen Jogginghosen und Hoodies überhaupt dieselbe beanstandete Faserkennzeichnung wie die oben bezeichneten Jogginghosen und Hoodies gemäß Anlagen SNP 14 bzw. SNP 22 sowie SNP 13 bzw. SNP 21 aufwiesen; beide Umstände wurden von der Antragstellerin bestritten, ohne dass die Antragsgegnerin näher hierzu vortrug.

3. Dagegen ist die Berufung der Antragsgegnerin unbegründet, soweit in den modifizierten Verfügungsantrag lit. c) über entsprechende Abbildungen die drei weiteren Textilerzeugnisse „Jogginghose L“ der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Baumwolle, 40% Polyester, 8% Acryl“ (entspricht Anlage SNP 7), „Sweatshirt“ der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Baumwolle/cotton, 40% Polyester, 8% Acryl/acrylic“ (entspricht Anlage SNP 8) sowie „Jogginghose“ der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Cotton 40% Polyester 8% Acrylic“ (entspricht Anlage SNP 20) aufgenommen wurden.

a. Unabhängig davon, dass bei dem zweiten und dem dritten beanstandeten Bekleidungsstück auch der Begriff „Cotton“ aufscheint (beim zweiten freilich neben der daneben stehenden deutschen Bezeichnung „Baumwolle“, so dass insofern ein Verstoß gegen die TextilKennzVO ausscheidet), liegt wegen der Verwendung der Kennzeichnung „Acryl“ aus den unter B. 2. ausgeführten Gründen ein Verstoß gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO vor, der geeignet ist, die Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen, so dass ein (unverjährter, s. o. A. 2. e.) Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zu bejahen ist.

b. An diesem Ergebnis ändert naturgemäß die Tatsache nichts, dass bei der Jogginghose gemäß Anlage SNP 20 statt „Acryl“ (sowie bei dem Sweatshirt gemäß Anlage SNP 8 neben „Acryl“) die (englische) Bezeichnung „Acrylic“ aufgeführt wurde, da insoweit aufgrund der weit überwiegenden Übereinstimmung der beiden Begriffe und des weiterhin bestehenden Unterschieds gegenüber der deutschen Bezeichnung gem. Anhang I Nr. 26 „Polyacryl“ die gleichen Erwägungen wie unter B. 2. dargestellt gelten. Aufgrund der beiden Buchstaben am Ende“...-ic“ bei dem englischen Begriff wäre es im Übrigen sogar nicht fernliegend, dass der Verbraucher erst recht (wegen der - fälschlichen - Annahme, es handele sich bei dieser Endung um den Hinweis auf eine andere chemische Zusammensetzung) davon ausgehen könnte, dass es sich hierbei um eine andere Kunstfaser als „Polyacryl“ handelt.

c. Soweit von der Antragsgegnerin und der Nebenintervenientin außerdem die Ansicht vertreten wird, dass es hinsichtlich der schwarzen Jogginghosen der Marke „R. ... 6“ gemäß Anlage SNP 20 angesichts der unterschiedlich aufscheinenden Preise (6,99 € auf dem vierten Bild der Anlage SNP 20, dagegen kein entsprechender Preis, sondern 7,99 € auf der Rechnung in Anlage SNP 19) sowie vor dem Hintergrund der Behauptung der Antragsgegnerin, zuletzt Anfang des Jahres 2015 in ihren Filialen Jogginghosen zu einem Preis von 6,99 € verkauft zu haben, an einer hinreichenden Glaubhaftmachung fehle, folgt dem der Senat nicht: Die Antragstellerin hat in ihren Schriftsätzen vom 05.04.2016, S. 2 f. (Bl. 68 d. A.) und vom 07.04.2016, S. 3 f. (= Bl. 74 f. d. A.) mit nachvollziehbarer Begründung und unter anwaltlicher Versicherung ihres (zuvor bereits durch Vorlage der Anlagen SNP 19 und SNP 20 hinreichend glaubhaft gemachten) Vortrags weiter glaubhaft gemacht, die streitgegenständlichen Jogginghosen am 29.01.2016 zu einem Preis von 7,99 € über den Online-Shop der Antragsgegnerin (Rechnungsstellung am 16.02.2016, Lieferung am 17.02.2016) gekauft zu haben; vernünftige Zweifel an dem Wahrheitsgehalt dieses Vortrags sind nicht ersichtlich.

d. Die Rügen der Antragsgegnerin hinsichtlich der fehlenden Dringlichkeit in Bezug auf die mit Verfügungsantrag lit. c) geltend gemachte Rechtsverletzung durch den erst mit Schriftsatz vom 10.03.2016, S. 1 f. = Bl. 34 f. d. A. in das Verfügungsverfahren eingeführten Verletzungsgegenstand gem. Anlage SNP 20 („nachgeschobene“ Jogginghose der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Cotton 40% Polyester 8% Acrylic“) bleiben schließlich erfolglos.

aa. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es sich hinsichtlich der (hier relevanten) Faserkennzeichnung „Acrylic“ nicht um einen mit Anlage SNP 20 neu eingeführten Streitgegenstand handelt, sondern um ergänzende tatsächliche Angaben, die den Kern des in der Antragsschrift angeführten Sachverhalts unverändert lassen (vgl. BGH GRUR 2008, 186 Rn. 15 - Telefonaktion; Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.29), so dass eine hierdurch verursachte Dringlichkeitsschädlichkeit von vornherein nicht in Betracht kommt. Insofern ist der Einwand, die schriftsätzliche Geltendmachung des am 17.02.2016 festgestellten Verstoßes erst am 10.03.2016 stelle ein dringlichkeitsschädliches und eine Verfahrensverzögerung verursachendes Zuwarten dar, unbegründet.

bb. Darüber hinaus greift auch nicht das Argument von Antragsgegnerin und Nebenintervenientin, aufgrund selektiven Vorgehens der Antragstellerin im Weg der einstweiligen Verfügung (nur) gegen ein Mitglied der Vertriebskette fehle es ebenfalls an der Dringlichkeit. Zum einen ist zu bemerken, dass die diesbezüglich als Beleg zitierte Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 04.12.2014 - 6 U 141/14, juris-Rn. 26 = WRP 2015, 233 Rn. 10 sowie Beschl. v. 23.04.2013 - 6 W 41/13, juris-Rn. 14 = BeckRS 2015, 13387 Rn. 14) sich nicht auf eine Rechtsverfolgung lediglich im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens bezog, sondern auf ein generelles Unterlassen des Vorgehens auch gegen den Hersteller (also auch im Wege des Hauptsacheverfahrens); vorliegend ist die Antragstellerin jedoch auch gegen die Nebenintervenientin als Herstellerin der angegriffenen Ware vorgegangen, wenn auch nicht im Wege der einstweiligen Verfügung, sondern mit einer Hauptsacheklage. Zum anderen weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt des von ihr angegriffenen Angebots der Jogginghosen durch die Nebenintervenientin im Dezember 2015 ein entsprechendes Angebot auch durch die Antragsgegnerin noch nicht bestand und insofern der Vorwurf eines selektiven Vorgehens nicht bestehen kann, da die Antragstellerin eine zukünftige parallele Rechtsverletzung der Antragsgegnerin nicht vorhersehen konnte.

III. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Alt. 2, S. 2, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

a. Da sich der Gebührenstreitwert in erster und zweiter Instanz unterscheidet (vgl. sogleich unten 2. b.), war für jede Instanz eine gesonderte Kostenentscheidung auszuwerfen. Diesbezüglich wurden die mit den Verfügungsanträgen in der ersten Instanz (zunächst) geltend gemachten vier Streitgegenstände (Angebot von Textilerzeugnissen im elektronischen Fernabsatz mit Faserkennzeichnung „Neopren“; Angebot von Textilerzeugnissen im elektronischen Fernabsatz ohne jegliche Faserkennzeichnung; Angebot von Textilerzeugnissen im elektronischen Fernabsatz mit Faserkennzeichnung „Acryl“; Bereitstellen von Textilerzeugnissen mit Faserkennzeichnung „Cotton“ und/oder „Acryl' bzw. „Acrylic“) bzw. die in der zweiten Instanz verbliebenen drei Streitgegenstände jeweils zu gleichen Teilen bewertet.

b. Mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 11.04.2016 vorgenommenen Beschränkung der Verfügungsanträge durch die Antragstellerin auf Bekleidungsgegenstände, „die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen“, ging eine teilweise Antragsrücknahme einher, durch die die ursprünglich angegriffene Faserkennzeichnung von Fitnesshosen mit dem Begriff „Neopren“ (Anlage SNP 4) als weiterer (vierter) Streitgegenstand nicht mehr weiter verfolgt wurde. Insoweit waren der Antragstellerin die Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen.

c. Darüber hinaus war im Rahmen der Kostenentscheidung zulasten der Antragstellerin auch die im Berufungstermin durch sie vorgenommene weitere Beschränkung aller drei zunächst unbestimmten Verfügungsanträge auf teilweise zulässige Antragsfassungen - in den Verfügungsanträgen lit. b) und c) außerdem auf die Berufung der Antragsgegnerin hin weiter beschränkt auf Antragsfassungen ohne den Zusatz „insbesondere“ - zu berücksichtigen. Der Senat setzt das einhergehende Teilunterliegen der Antragstellerin insgesamt auf 1/2 pro Verfügungsantrag an.

d. Soweit die Antragstellerin hinsichtlich des Verfügungsantrags lit. c) - der sich im Unterschied zu Verfügungsantrag lit. b), der das Anbieten im Wege des elektronischen Fernabsatzes betrifft, auf das Bereitstellen der konkret aufgeführten Kleidungsgegenstände bezieht, so dass zwei verschiedene Streitgegenstände vorliegen - jedenfalls in Bezug auf die dort enthaltenen Verletzungsformen mit den Faserbezeichnungen „Acryl“ bzw. „Acrylic“ obsiegte, wirkte sich dies kostenmäßig bei diesem Antrag (unter Berücksichtigung des hälftigen Unterliegens aufgrund der Antragsbeschränkung, vgl. lit. c.) als Obsiegen zu 1/4 aus.

e. Auf dieser Berechnungsgrundlage ergeben sich für die beiden Instanzen die aus dem Urteilstenor Ziff. III. ersichtlichen Kostenquoten.

2. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 39 Abs. 1, 40, 47 Abs. 1, 51 Abs. 2, Abs. 4 GKG, § 3 ZPO, die Abänderung der Streitwertfestsetzung in erster Instanz auf § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

a. Der Senat legt die Angaben der Antragstellerin in ihren beiden Abmahnungen vom 01.02.2016 (Anlage SNP 9) und 15.02.2016 (Anlage SNP 15) zugrunde, die sämtliche später vom einstweiligen Verfügungsverfahren erfassten Streitgegenstände betrafen, auf die Erledigung des gesamten Rechtsstreits gerichtet waren und in denen die Antragstellerin einen Gegenstandswert von insgesamt € 75.000,- angesetzt hatte. Da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nur auf die vorläufige Sicherung des Anspruchs gerichtet ist, nicht auf dessen Durchsetzung bzw. Verwirklichung (vgl. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 5.12), war beim Streitwert gem. § 51 Abs. 4 GKG ein angemessener Abschlag von 1/3 vorzunehmen und der Streitwert entsprechend niedriger auf € 50.000,- festzusetzen.

b. Vor dem Hintergrund der gerade unter III. 1. b. dargelegten teilweisen Antragsrücknahme im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 11.04.2016 war der Streitwert erster Instanz ab diesem Zeitpunkt sowie für die zweite Instanz auf € 37.500,- festzusetzen.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 20.04.2015 in Ziffer 2. aufgehoben soweit die Beklagte über die Zahlung von 919,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 05.12.2014 an die Klägerin hinaus verurteilt worden ist.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 10.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und vorgerichtliche Abmahnkosten geltend.

Die Klägerin vertreibt Bekleidungsgegenstände, u.a. unter den Marken „B...“, „J...“ und „P... O...“.

Die Beklagte hat Bekleidungsstücke mit Etiketten mit den Faserkennzeichnungen „100 % Cotton“, „60 % Cotton, 40 % Polyester“, „65 % Poly, 35 % Cotton“ und „42 % Cotton, 56 % Mischfasern und 2 % Elastodien“ vertrieben (Anlagen SNP 1 bis SNP 11).

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Verwendung dieser Faserkennzeichnungen mit Schreiben vom 22.04.2014 ab.

Sie ist der Auffassung, die von der Beklagten verwendeten Kennzeichnungen „Cotton“, „Polyester“, „Poly“ „Mischfasern“ und „Elastodien“ seien in der Anlage 1 zur Textilkennzeichenverordnung nicht aufgeführt, weshalb ihr gemäß § 3, § 4 Nr. 11, § 8 UWG ein Unterlassungsanspruch zustehe.

Die Beklagte ist der Meinung, bei den Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung handele es sich nicht um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Abgesehen davon dürfe die Bezeichnung „Mischfasern gemäß Nr. 48 des Anhangs 1 zur Textilkennzeichnungsverordnung verwendet werden, weil es sich insoweit um „Fasern aus verschiedenen Stoffen“ handele, „die vorstehend nicht aufgeführt sind“. Der Begriff „Cotton“ dürfe zur Kennzeichnung verwendet werden, weil es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 1996, 230) um eine beschreibende Angabe für Baumwolle handele, die inzwischen der deutschen Umgangssprache angehöre.

Soweit überhaupt Verstöße vorlägen, hätten diese jedenfalls keine Relevanz im Sinne von § 3 UWG.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 20.04.2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, gemäß §§ 890 ZPO zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Polo-Shirts, T-Shirts, Pullover, Hemden und Socken jeweils mit Etiketten, die keine deutsche Faserkennzeichnung enthalten, anzubieten und/oder in den Verkehr zu setzen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben erfolgt und die Bezeichnungen „Cotton“, „Poly“ und/oder „Mischfasern“ enthält:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger [sic!] 1.141,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2014 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/5, die Beklagte 3/5.

5. [vorläufige Vollstreckbarkeit]

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages mit ihrer Berufung.

Die Beklagte beantragt, wie folgt zu erkennen:

Urteil des Landgerichts München I vom 20. April 2015 wird abgeändert, soweit mit ihm zu Lasten der Beklagten erkannt wurde. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2016 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines geringen Teils der Abmahnkosten begründet.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG a.F., § 3, § 3 a, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27.09.2011 (im Folgenden: TextilkennzVO) zu.

a) Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

b) Bei Art. 5 Abs. 1, Art. 15, Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO handelt es sich um Vorschriften, die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F., § 3 a UWG n.F. dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gemäß Art. 5 Abs. 1 TextilkennzVO dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung verwendet werden. Art. 15 TextilkennzVO regelt die Verpflichtung zur Etikettierung oder Kennzeichnung und gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO erfolgt die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Die Angaben sollen, wie sich aus dem 20. Erwägungsgrund für die Vorschrift ergibt, den Verbrauchern ermöglichen, sich umfassend über den Ursprung der Erzeugnisse, die sie kaufen, zu informieren, damit sie vor betrügerischen, unzutreffenden oder irreführenden Ursprungsangaben geschützt sind. Art. 5 Abs. 1, Art. 15, Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO dienen daher, wie alle Vorschriften, die eine bestimmte Kennzeichnung von Produkten vorsehen, dem Schutz von Verbrauchern und stellen somit Marktverhaltensregeln dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 11.118 und 11.130).

c) Die Bezeichnung „Poly“ ist Anhang I der TextilkennzVO nicht aufgeführt und darf daher nach Art. 5 Abs. 1 TextilkennzVO nicht verwendet werden.

d) Auch die Bezeichnung „Mischfasern“ ist im Anhang I zur TextilkennzVO nicht aufgeführt. Gemäß Nummer 48 des Anhangs I der TextilkennzVO sind Fasern aus verschiedenen oder neuartigen Stoffen, die nicht aufgeführt sind, entsprechend dem Stoff zu bezeichnen, aus dem sich die Fasern zusammensetzen, z.B. Metall (metallisch, metallisiert), Asbest, Papier, mit oder ohne Zusatz „Faser“ oder „Garn“. Mischfasern sind somit nicht als „Mischfasern“ zu bezeichnen, sondern es sind die Stoffe aufzuführen, aus denen sich die Fasern zusammensetzen. Aus dem Umstand, dass in Nummer 48 des Anhangs I zur TextilkennzVO grammatikalisch nicht vollständig korrekt in der Spalte „Bezeichnung“ im Singular von „Stoff“ und in der Spalte „Beschreibung der Fasern“ im Plural von „Stoffen“ die Rede ist, ergibt sich nicht, dass bei Fasern aus verschiedenen Stoffen diese schlicht als „Mischfasern“ bezeichnet werden dürften, ohne dass deren Zusammensetzung angegeben wird.

e) Auch die Bezeichnung „Cotton“ ist in der deutschsprachigen Version des Anhangs I zur TextilkennzVO nicht aufgeführt. Dass der Begriff sich in der englischsprachigen Version der TextilKennzVO befindet, ist unerheblich, da gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO die Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedsstaats zu erfolgen hat, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Für in der Bundesrepublik Deutschland vertriebene Produkte ist somit die deutschsprachige Version des Anhangs I zur TextilkennzVO maßgeblich. Hieran ändert auch nichts, dass im Duden das Wort „Cotton“ als englische Bezeichnung für Baumwolle aufgeführt ist und der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass das Wort „Cotton“ eine beschreibende Angabe für Baumwolle ist und der deutschen Umgangssprache angehört (BGH NJW-RR 1996, 230 - COTTON LINE). Auch wenn Anglizismen in die deutsche Umgangssprache eindringen, ist an der deutschen Sprache in allen Bereichen, in denen die Amtssprache zu verwenden ist, konsequent festzuhalten.

f) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin auch substantiiert dargelegt, dass die Bekleidungsstücke mit den streitgegenständlichen Kennzeichnungen nach dem 08.05.2012 und somit seit Geltung der TextilkennzVO in den Verkehr gebracht wurden. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich, nämlich, mit Schriftsatz vom 09.03.2015 vorgetragen, die streitgegenständlichen Textilien seien ausweislich der Rechnung SNP 3 am 03.06.2014 in Deutschland in den Verkehr gesetzt worden (vgl. S. 7 des Schriftsatzes vom 09.03.2015).

g) Die Verstöße sind auch gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG a.F., § 3 a HS. 2 UWG n.F. von geschäftlicher Relevanz. Dies schon deshalb, weil es sich bei der Kennzeichnungspflicht nach der TextilkennzVO um Informationspflichten im Sinne von Art. 7 der UGP-Richtlinie handelt. Eine Verletzung der nach europäischem Recht zum Schutz des Verbrauchers vorgeschriebenen Informationspflichten ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

2. Hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten ist die Berufung teilweise erfolgreich. Die Klägerin kann gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur Abmahnkosten in Höhe von 919,14 € verlangen.

Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH GRUR 2010, 744, Tz. 52 - Sondernewsletter). Der Gegenstandswert der Abmahnung wurde seitens der Klägerin mit 50.000,00 € beziffert. Weiter hat die Klägerin in der Klageschrift ausgeführt, dass sie in der Abmahnung vom 22.07.2014 die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Handlungen abgemahnt habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz am 20.04.2015 hat der Klägervertreter zu Protokoll erklärt, dass jede der angegriffenen Bezeichnungen mit 10.000,00 € bewertet werde. Damit orientiert sich auch hinsichtlich der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche der Streitwert an den angegriffenen Bezeichnungen und nicht, wie die Klägerin nunmehr in der Berufungsinstanz ohne Begründung meint, an den verschiedenen Kleidungsstücken. Da die Abmahnung hinsichtlich 2 von 5 Bezeichnungen nicht berechtigt war, hat die Klägerin nur Anspruch auf 3/5 der Abmahnkosten von insgesamt 1.531,90 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz I Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Gründe

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 6 U 2046/16

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

v. 20.10.2016

Verkündet am 20.10.2016

4 HK O 2387/16 LG München I

(rechtskräftige Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren)

Die Urkundsbeamtin: ...

Leitsätze:

In dem Rechtsstreit

W. KG,

- Antragstellerin und Berufungsbeklagte Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S.

gegen

N. KG,

- Antragsgegnerin und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. R.

Nebenintervenientin: S. AG,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B.

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2016 folgendes

ENDURTEIL:

I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, abgeändert und in den Ziffern I. und II. wie folgt neu gefasst:

„I. Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an einem Mitglied des Vorstandes der Komplementärin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin, gem. § 890 ZPO verboten,

a) Jacken oder Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein), die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 2 und SNP 3 ersichtlich ist;

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b) Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgeführt sind, wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung „Acryl“ verwendet wird;

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c) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, wenn dies geschieht wie folgt: Bild

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II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 12.02.2016 wird im Übrigen zurückgewiesen.“

Im Übrigen wird die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Antragstellerin 68,75% und die Antragsgegnerin 31,25% zu tragen. Die Antragstellerin trägt zu 68,75% die durch die Nebenintervention verursachten Kosten erster Instanz. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten erster Instanz selbst. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Antragstellerin 58,3% und die Antragsgegnerin 41,7% zu tragen. Die Antragstellerin trägt zu 58,3% die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zweiter Instanz. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zweiter Instanz selbst.

sowie folgenden

Beschluss:

1. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird unter Abänderung von Ziff. III. des Tenors des Endurteils des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, bis zum 14.03.2016 auf € 50.000,- und für die Zeit danach auf € 37.500,- festgesetzt.

2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 37.500,- festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen des Anbietens von Bekleidungsgegenständen ohne bzw. mit behaupteter falscher Textilfaserbezeichnung geltend.

Die Antragstellerin ist ein großer deutscher Bekleidungshersteller, die Antragsgegnerin ein Lebensmittel-Discounter, welche auch Textilerzeugnisse zum Verkauf anbietet.

Die Antragsgegnerin bot am 18.01.2016 auf ihrer Homepage Arbeitsjacken und Shorties (= Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein) ohne Faserkennzeichnung an (vgl. Internetausdrucke in Anlagen SNP 2 und SNP 3). Ausweislich des als Anlage SNP 4 vorgelegten Internetausdrucks vom 27.01.2016 wurden Fitnesshosen angeboten, die als Faserkennzeichnung den Begriff „Neopren“ trugen, sowie am 29.01.2016 ausweislich des als Anlage SNP 5 vorgelegten Ausdrucks Jogging-Hosen der Marke „R. ... 6“ mit der Faserkennzeichnung „Acryl“. Die Produkte konnten online bestellt werden.

Darüber hinaus bot die Antragsgegnerin am 30.01.2016 in ihren Filialen Hosen und Sweatshirts/Pullover jeweils der Marke „R. ... 6“ an, bei denen auf der Verpackung und den Innenetiketten die Faserbezeichnung „Acryl“ verwendet wurde (vgl. Quittung in Anlage SNP 6 sowie Abbildungen in Anlagen SNP 7 und SNP 8).

Seit dem 13.02.2016 wurden ausweislich der als Anlage SNP 11 vorgelegten Quittung und der als Anlagen SNP 12 vorgelegten Abbildungen in den Filialen der Antragsgegnerin Socken der Marke „um.“ angeboten, bei denen eine Banderole lediglich folgende Kennzeichnung aufweist:

„GB 68% Cotton 30% Polyester 2% Elastane FR 68% Coton 30% Polyester 2% Elasthanne ES 68% Algodon 30% Poliester 2% Elastano PT 68% Algodäo 30% Poliester 2% Elastano“

Weiterhin wurden ausweislich der als Anlagen SNP 13 und SNP 14 vorgelegten Abbildungen am 13.02.2016 Sweatshirts/Pullover/Hoodies der Marke „um.“ angeboten, bei denen auf der geschlossenen Verpackung die Faserbezeichnung „Cotton“ aufgebracht ist.

Schließlich trug die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.03.2016 vor, dass die Antragsgegnerin am 16.02.2016 in ihrem Online-Shop Hosen der Marke „R. ... 6“ angeboten habe, die sowohl auf der Verpackung als auch auf dem innenliegenden Etikett mit der Textilkennzeichnung „52% Cotton“, „8% Acrylic“ versehen gewesen seien, und bot zur Glaubhaftmachung die Rechnung in Anlage SNP 19 sowie Ablichtungen von Hose samt Verpackung in Anlage SNP 20 an. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass sich der auf den Ablichtungen ersichtliche Preis i. H. v. 6,99 € nicht auf der Rechnung in Anlage SNP 19 finden lasse.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 11.04.2016 dem zuletzt gestellten Antrag der Antragstellerin vollumfänglich stattgegeben und der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

Verbrauchern im geschäftlichen Verkehr in Deutschland

„a) Jacken, Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein) oder Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind und/oder wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs I. der Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführt sind;

b) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, mit Etiketten oder einer Kennzeichnung bereitzustellen, wenn hierbei nicht alle in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfasern leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhangs I zur Textilkennzeichnungsverordnung aufgezählt werden.

Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, u. a. ausgeführt:

Der Antragstellerin stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gem. §§ 8, 3, 3a UWG i. V. m. Art. 9 der Textilkennzeichnungsverordnung zu.

Die Klageanträge seien hinreichend bestimmt, auch wenn im vorliegenden Falle im Wesentlichen der Gesetzeswortlaut wiedergegeben werde. Es sei nach dem zweigliedrigen Gegenstandsbegriff ausreichend, dass die Antragstellerin im Einzelnen vorgetragen habe, was gerügt werde.

Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Bestimmungen habe die Antragsgegnerin gegen die Textilkennzeichnungsverordnung verstoßen. Der Einwand, die Antragsgegnerin sei lediglich Händlerin und nicht Herstellerin und deshalb nicht zur Überprüfung der Zusammensetzung der von ihr angebotenen Produkten verpflichtet, verfange nicht, da es in Art. 15 Abs. 3 Textilkennzeichnungsverordnung, der sich an den Händler wende, nicht darum gehe, die Richtigkeit der Angaben durch eine Faseranalyse oder dergleichen zu überprüfen, sondern allein darum, sicherzustellen, dass der angebotene Artikel die entsprechende Etikettierung oder Kennzeichnung nach der Textilkennzeichnungsverordnung trage. Dieser Verpflichtung sei die Antragsgegnerin nicht nachgekommen, da die von ihr im Internet angebotenen Arbeitsjacken und Shorties gemäß Anlagen SNP 2 und SNP 3 gar keine Faserkennzeichnung getragen hätten und die gemäß Anlage SNP 5 angebotenen Jogginghosen die Faserkennzeichnung „Acryl“ trügen; Gleiches gelte für die gemäß Anlagen SNP 7 und SNP 8 angebotenen Hosen und Sweatshirts/Pullover. Letztendlich seien ausweislich Anlagen SNP 11 und SNP 12 am 13.02.2016 auch Socken angeboten worden, die mit der Bezeichnung „Cotton“ anstatt „Baumwolle“ gekennzeichnet seien. Sowohl „Cotton“ als auch „Acryl“ seien Begriffe, die nicht im Anhang 1 zur Textilkennzeichnungsverordnung angeführt seien. Der Gesetzgeber habe bewusst die Entscheidung getroffen, dass die Textilkennzeichnung in der jeweiligen Ansprache im jeweiligen Land des Angebotes zu erfolgen habe, vgl. Art. 16 Abs. 3 Textilkennzeichnungsverordnung, und sei gerade nicht der Auffassung gewesen, dass eine Bezeichnung von Textilfasern anhand von Begriffen, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs 1 der Textilkennzeichnungsverordnung enthalten sind, für den deutschen Verbraucher ausreichend sei. Die Faserbezeichnung habe daher aufgrund der Entscheidung des deutschen Gesetzgebers zwingend in deutscher Sprache anhand der in Anhang 1 enthaltenen Begriffe zu erfolgen. Die Textilkennzeichnungsverordnung stelle daher eine Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG dar. Der Einwand der Antragsgegnerin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Bezeichnung „Cotton“ ein Teil der deutschen Umgangssprache geworden sei, verfange deshalb nicht, zumal es sich hierbei um eine Entscheidung aus dem Markenrecht handele. Aufgrund des Hinweises der Antragstellerin, dass „Acryl“ auch für die Faser „Modiacryl“ (richtig: „Modacryl“) stehen könnte, sei es auch nicht ausreichend, die Faser „Polyacryl“ mit „Acryl“ zu kennzeichnen. Hierin liege auch ein spürbarer Wettbewerbsverstoß i. S. v. § 3 UWG.

Der Einwand der Antragsgegnerin hinsichtlich des gem. § 12 Abs. 2 UWG vermuteten Verfügungsgrundes, dass die Nebenintervenientin wegen der „nachgeschobenen“ Jogginghosen bereits vor Ablauf der Monatsfrist abgemahnt worden sei, verfange schon deshalb nicht, weil die Verstöße, auf die die Antragstellerin bereits in der Antragsschrift und in ihrem Schriftsatz vom 18.02.2016 abgestellt habe, das beantragte Verbot bereits in vollem Umfang deckten. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin von dem Verkauf der „nachgeschobenen“ Hosen bereits mehr als einen Monat vor Beantragung der einstweiligen Verfügung bzw. vor einem „Nachschieben“ der Hosen Kenntnis gehabt habe oder nicht.

In der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Konkretisierung, dass lediglich Erzeugnisse erfasst seien, die 80% Textilanteil enthalten, sei keine teilweise Klagerücknahme zu sehen: Aufgrund der Tatsache, dass die Klageanträge nicht auf die angegriffenen einzelnen Bezeichnungen konkret Bezug nähmen, führe auch der Umstand, dass zunächst auch die Bezeichnung „Neopren“ angegriffen wurde, obwohl die damit bezeichneten Erzeugnisse gar keine Textilerzeugnisse gewesen seien, die der Textilkennzeichnungsverordnung unterlagen, so dass es sich hierbei tatsächlich nicht um die Textilkennzeichnungsverordnung verletzende Gegenstände handele, nicht zu einer Kostenaufteilung.

Gegen diese Entscheidung, dem Vertreter der Antragsgegnerin am 18.04.2016 zugestellt, richtet sich die am 10.05.2016 bei Gericht eingegangene und, nach antragsgemäßer (Bl. 106 f. d. A.) Fristverlängerung (Bl. 108 d. A.) mit Schriftsatz vom 18.07.2016 (Bl. 109 ff. d. A.) begründete Berufung der Antragsgegnerin, mit welcher diese die vollumfängliche Antragszurückweisung begehrt.

Unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen macht die Antragsgegnerin folgendes geltend:

Die Entscheidung des Landgerichts sei fehlerhaft, da es in seiner rechtlichen Beurteilung die beiden von der Antragstellerin angegriffenen, unterschiedlichen Verletzungsformen - gänzliches Unterlassen einer Textilkennzeichnung im Angebot und Verwendung von nicht von der deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung genannten Begriffen im Rahmen der Textilkennzeichnung im Angebot - auch hätte unterscheiden müssen und nicht - trotz insofern teilweise fehlender Erstbegehungsgefahr - sämtliche der genannten Bekleidungsgegenstände beiden Verletzungsformen kumulativ und alternativ zuordnen dürfen.

Darüber hinaus sei der Urteilstenor zu weit gefasst, da er die konkrete Verletzungsform in Bezug auf die Verwendung von Begriffen, die in Anhang I zur deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung nicht genannt seien, nicht benenne. Das Verbot wiederhole in seiner jetzigen Fassung lediglich den Gesetzeswortlaut, ohne dass klar werde, an welche konkrete Verletzungsform angeknüpft werden solle. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben, da ein unbestimmter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht geeignet sei, die Verjährung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs zu hemmen. Vorliegend seien auch die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände hinsichtlich der angegriffenen Textilien in Anlagen SNP 2 bis SNP 8 und SNP 12 bis SNP 14 unstreitig. Eine Änderung der bisher unbestimmten Anträge durch die Antragstellerin wäre dringlichkeitsschädlich.

Ferner sei die Verwendung des Begriffs „Acryl“ anstelle von „Polyacryl“ nicht geeignet gewesen, die Spürbarkeitsschwelle von § 3a UWG zu überschreiten. Es sei nicht ersichtlich, dass das Angebot eines Bekleidungsstücks mit einer solchen Kennzeichnung geeignet wäre, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktbeteiligten oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen: Die Verbraucher setzten regelmäßig die beiden genannten Begriffe gleich, während es äußerst zweifelhaft erscheine, ob den Verbrauchern regelmäßig die Existenz der Textilfaser „Modacryl“ bekannt sei; es sei nicht davon auszugehen, dass die Kunden bei Betrachtung des Begriffs „Acryl“ eine andere Textfaser als „Polyacryl“ erwarteten. Die Verwendung des Begriffs „Acryl“ dürfe sich, wenn überhaupt, allenfalls positiv auf die übrigen Marktteilnehmer und Mitbewerber der Antragsgegnerin auswirken, da diese Verwendung für die Verbraucher keinen zusätzlichen Kaufanreiz biete, sondern sie im ungünstigsten Fall von dem Kauf der Ware abhalten werde.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Hoodies habe das Landgericht einen Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung zu Unrecht bejaht. Zum einen habe es sich mit der Produktgruppe in den Entscheidungsgründen nicht auseinandergesetzt, zum anderen fehle es an einem Verstoß, weil die Ware unstreitig in einem durchsichtigen Plastikbeutel mit einem selbstklebenden Verschluss verpackt worden sei, so dass die Kunden die Ware ohne Weiteres aus der Verpackung mit der Kennzeichnung „Cotton“ hätten entnehmen und die Etikettierung, welche in Übereinstimmung mit der deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung die Bezeichnung „Baumwolle“ trage, zur Kenntnis nehmen können. Überdies sei die Verpackung mit der Kennzeichnung „Cotton“ weder Teil der Etikettierung i. S. v. Art. 3 Abs. 1 lit. g) der Textilkennzeichnungsverordnung noch der Kennzeichnung i. S. v. Art. 3 Abs. 1 lit. h) der Verordnung.

Auch die Bezeichnung „Cotton“ führe außerdem zu keiner spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer und der Mitbewerber der Antragsgegnerin: Wie der Bundesgerichtshof und das Bundespatentgericht festgestellt hätten, stelle das Wort „Cotton“ eine beschreibende Angabe für Baumwolle dar und gehöre inzwischen der deutschen Umgangssprache an. Diese Feststellung einer allgemeinen Verkehrserwartung im Hinblick auf den Begriff „Cotton“ sei auch auf das Wettbewerbsrecht übertragbar, da es dort wie im Markenrecht bei der Beurteilung der maßgeblichen Begriffe auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf die Irreführung ankomme.

Die Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung sei zudem europarechtswidrig, da sie gegen die Warenverkehrsfreiheit gem. Art. 34 AEUV verstoße. Die streitgegenständlichen Socken mit einer Faserkennzeichnung in den Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch würden in Großbritannien, Frankreich, Spanien und Portugal rechtmäßig in Verkehr gebracht werden. In ihrer Wirkung komme die genannte Vorschrift daher einer Handelsbeschränkung gleich, da sie den Vertrieb von Textilerzeugnissen verbiete, deren Kennzeichnung nicht in der Amtssprache des Mitgliedsstaats, in welchem das Textilerzeugnis gebracht werden solle, sondern in der Amtssprache eines anderen Mitgliedstaats erfolgte, selbst wenn die Ware in jenem anderen Mitgliedstaat in rechtmäßiger Weise in den Verkehr gebracht werden dürfe. Zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls, die diese Handelsbeschränkung gleichwohl zulässig machten, seien nicht ersichtlich, da es Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung den Mitgliedstaaten ermögliche, eine Textilkennzeichnung in einer ausschließlich fremden Sprache in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen. Dies zeige, dass der europäische Verordnungsgeber hier keine zwingende Notwendigkeit einer Harmonisierung und damit auch kein zwingendes entgegenstehendes Allgemeinwohlinteresse auf europäischer Ebene gesehen habe.

Zu Unrecht habe das Landgericht des Weiteren den Umstand, dass die Antragstellerin erst mit Schriftsatz vom 10.03.2016 die R. ... 6-Jogginghosen gem. Anlagen SNP 19 und SNP 20 beanstandet habe, als nicht entscheidungserheblich angesehen. Mit der späteren Einführung weiterer behaupteter Verletzungshandlungen in einen Unterlassungsprozess ohne Änderung des Klageantrags sei eine Änderung des Streitgegenstands verbunden, selbst wenn sich aus den nachgeschobenen Verletzungsfällen dieselbe Verletzungsform ergebe. Das Landgericht hätte daher zu dem Schluss gelangen müssen, dass die Antragstellerin den Verstoß nicht glaubhaft gemacht habe und den Antrag insoweit zurückweisen, zumindest aber die fehlende Glaubhaftmachung im Rahmen der Kostenentscheidung zulasten der Antragstellerin berücksichtigen müssen. Hinsichtlich der fehlenden Glaubhaftmachung werde auf die erstinstanzlichen Schriftsätze der Antragsgegnerin und der Nebenintervenientin vom 29.03.206 verwiesen.

Im Rahmen der Frage der Dringlichkeit sei unberücksichtigt geblieben, dass der Antragstellerin der Vertrieb der Jogginghosen und Hoodies der Marke Um. bereits seit Juni (richtig: Juli) 2015 bekannt gewesen sei. Die Antragstellerin sei außerdem bezogen auf den Vertrieb der „nachgeschobenen Hosen“ lediglich gegen die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung vorgegangen, nicht jedoch gegen die Nebenintervenientin als Lieferantin der Antragsgegnerin, obwohl die Antragstellerin bereits seit Dezember 2015 Kenntnis von dem Vertrieb gehabt habe. Zudem habe sie die beanstandeten Verstöße trotz Kenntnis erst sukzessive in das Verfahren eingeführt und somit Verzögerungen verursacht bzw. in Kauf genommen.

Vorsorglich sei hinsichtlich der Kostenentscheidung des Landgerichts auszuführen, dass der Antragstellerin zumindest ein Teil der Kosten hätte auferlegt werden müssen, da diese in ihrer Antragsschrift vom 12.02.2016 auch das Angebot von Fitness-Hosen mit der Faserkennzeichnung Neopren gerügt habe, es sich hierbei um einen eigenständigen Lebenssachverhalt und damit um einen eigenen Streitgegenstand gehandelt habe und dieser auch nach Ansicht des Landgerichts München I unbegründet gewesen sei. Auch die in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2016 von der Antragstellerin vorgenommene Einschränkung ihrer ursprünglich zu weit gehenden Anträge, wonach lediglich Erzeugnisse erfasst sein sollen, die „einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen', hätte sich kostenmäßig zu ihren Lasten auswirken müssen, weil hierdurch nicht eine bloße Konkretisierung, sondern eine Einschränkung der jeweiligen Streitgegenstände erfolgt sei.

Die Nebenintervenientin führt über den Vortrag der Antragsgegnerin hinaus aus, dass das Landgericht bei richtiger Anwendung des Rechts zu der Entscheidung hätte gelangen müssen, dass die Anträge schon unzulässig sind, da die Antragstellerin nicht klargestellt habe, in welchem Verhältnis die einzelnen Streitgegenstände stünden, die sie durch die jeweilige Beanstandung der Kennzeichnung unterschiedlicher Textilien mit jeweils unterschiedlichen Kennzeichnungen in das Verfahren eingeführt habe und über die gesondert entschieden werden müsse.

Unberücksichtigt geblieben sei außerdem, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung nicht automatisch einen Wettbewerbsverstoß darstelle, da zusätzlich das Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit erfüllt sein müsse. Der Verweis des Landgerichts auf den Inhalt einer Marktverhaltensregel und den möglichen Willen des Gesetzgebers ersetze nicht die Auseinandersetzung mit diesem Tatbestandsmerkmal. Die Vorgabe, dass die Textilkennzeichnung auf Deutsch zu erfolgen habe, ergebe sich im Übrigen zwingend „nur“ aus § 4 des deutschen Textilkennzeichnungsgesetzes, während die Textilkennzeichnungsverordnung die Wahl der Sprache den Mitgliedstaaten freistelle. Eine spürbare Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers bedeute, dass eine Geschäftspraktik die Fähigkeit eines Durchschnittsverbrauchers beeinträchtigt, eine informierte Entscheidung zu treffen, und diese Beeinträchtigung zudem wesentlich genug ist, um die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers zu ändern. Diese Voraussetzung sei weder durch die Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ an Stelle des Begriffs „Baumwolle“ noch durch die Verwendung der Bezeichnung „Acryl“ an Stelle von „Polyacryl“ gegeben. Es sei mehr als lebensfremd, dass ein Durchschnittsverbraucher bei dem Begriff „Acryl“ an „Modacryl“ denke. Er wisse zwar auch nicht im Einzelnen, was genau „Acryl“ und „Polyacryl“ bedeuteten, ihm seien aber beide Begriffe im Unterschied zu „Modacryl“ zumindest insofern bekannt, als er darunter allgemein die Bezeichnung einer chemischen Faser als Gegenstück zur natürlichen Baumwolle verstehe, ohne jedoch zwischen den beiden Begriffen „Acryl“ und „Polyacryl“ zu differenzieren.

Hinsichtlich des Verstoßes von Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung gegen höherrangiges Recht hätte das Landgericht dem EuGH die entsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorlegen müssen, was nun durch das Berufungsgericht zu erfolgen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 2387/16, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH auszusetzen und dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

„Ist Art. 16 Abs. 3 Verordnung (EU) 1007/2011 und die darin enthaltene Verpflichtung, nach der die Kennzeichnung in der jeweiligen Amtssprache des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse auf dem Markt dem Verbraucher bereitgestellt werden, erfolgen muss, sofern der betreffende Mitgliedstaat nicht etwas anderes vorschreibt, mit Art. 34 AEUV vereinbar?“

Die Antragstellerin hat zuletzt beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das angefochtene Urteil mit folgendem Tenor aufrechterhalten wird:

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, Verbrauchern im geschäftlichen Verkehr in Deutschland

a) Jacken oder Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein), die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 2 und SNP 3 ersichtlich ist;

b) Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhang I. der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 - L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgeführt sind, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung „Acryl“ verwendet wird;

c) Hosen, Sweatshirts/Pullover/Hoodies oder Socken, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, bereitzustellen, wenn hierbei nicht die in diesen Bekleidungsgegenständen jeweils enthaltenen Textilfaser(n) anhand der Textilfaserbezeichnungen benannt werden, welche in der deutschen Fassung des Anhang I. der Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 18.10.2011 -L272/1 unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 120/16 vom 05.05.2012 veröffentlicht wurde) aufgezählt werden, insbesondere wenn dies geschieht wie folgt:

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[31] Die Antragstellerin verteidigt das Ersturteil und führt hierzu ergänzend aus:

Die Verwendung der irreführenden und unklaren Faserbezeichnung „Acryl“ ebenso wie die Verwendung anderer fremdsprachiger Faserbezeichnungen sei geeignet, die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Die angesprochenen Verbraucher wüssten bei der Verwendung von nicht in Anhang I der deutschen Fassung der Textilkennzeichnungsverordnung enthaltenen Faserbezeichnungen nicht genau, welche Textilfasern die derart gekennzeichneten streitgegenständlichen Textilerzeugnisse jeweils enthalten. Unabhängig davon, dass Verbraucher wegen der flächendeckenden Verwendung der unionsrechtlich vorgegebenen Faserbezeichnungen „Polyacryl“ und „Modacryl“ oder „Baumwolle“ im Bekleidungshandel hinter den unüblichen Bezeichnungen „Acryl“, „Acrylic“ oder „Cotton“ etwas Höherwertiges sähen und die derart gekennzeichneten Textilerzeugnisse möglicherweise bereits deswegen kauften, wäre die Spürbarkeit selbst im Falle des Absehens vom Kauf gegeben, da das Fehlen der unionsrechtlich vorgegebenen Informationspflicht auch in diesem Fall geeignet sei, die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen. Sinn und Zweck der Textilkennzeichnungsverordnung sei es, den Verbraucher darüber aufzuklären, aus welchen Bestandteilen das von ihm zum Erwerb ins Auge gefasste Textilerzeugnis zusammengesetzt ist. Gerade im Hinblick auf die vielzähligen Unverträglichkeiten sei es von erheblicher Bedeutung, dass der einzelne Verbraucher die jeweilige Zusammensetzung seiner Textilerzeugnisse schnell und sicher erkennen könne.

Auch bei den am 13.02.2016 erworbenen Hoodies liege ein Kennzeichenverstoß vor, da in der Verkaufssituation keine zutreffende deutsche Faserbezeichnung enthalten gewesen sei. Soweit die Antragsgegnerin vorgetragen habe, dass ihre Kunden die Verpackung der Bekleidungsgegenstände angeblich in der Filiale öffnen könnten, um die darin enthaltene Ware genauer zu betrachten und dies von der Antragsgegnerin toleriert werde, werde dieser höchst unwahrscheinliche und in der Realität zu chaotischen Zuständen am Wühltisch führende Vortrag mit Nichtwissen bestritten. Die von der Antragsgegnerin benannten Artt. 3 Abs. 1 lit. g) und h) der Textilkennzeichnungsverordnung seien im Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 1 zu lesen, in dem die Verpackung ausdrücklich benannt sei und der gerade auch die Anbringung der Angaben zur Faserzusammensetzung auf der Verpackung fordere, wenn die Textilkennzeichnungserzeugnisse dem Verbraucher in Verpackungen angeboten würden.

Die Argumentation der Antragsgegnerin bezüglich der fehlenden Europarechtskonformität des Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung verkenne, dass es nach deren Sinn und Zweck und ausweislich Erwägungsgrund (10) gerade darauf ankomme, dass für alle Verbraucher in der Union gewährleistet sei, dass sie korrekte und einheitliche Informationen erhalten. Überdies führe Erwägungsgrund (3) den Umstand an, dass durch die Verordnung Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes beseitigt werden sollten, die sich aus abweichenden Vorschriften der Mitgliedstaaten für die Bezeichnung von Textilfasern und der damit zusammenhängenden Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen ergeben könnten, weshalb es erforderlich sei, die Bezeichnung von Textilfasern zu vereinheitlichen. Deutlich werde die Notwendigkeit einer entsprechenden Faserkennzeichnung, wenn man die verschiedenen Begriffe in den europäischen Sprachen für „Wolle“ gem. Nr. 1 des Anhangs der Textilkennzeichnungsverordnung betrachte. Die Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 der Textilkennzeichnungsverordnung bezwecke keine Handelsbeschränkung, sondern - neben dem Schutz der Verbraucher -genau das Gegenteil.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2016 (Bl. 156 ff. d. A.) Bezug genommen.

II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte, gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sowie gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 ZPO mit einer ordnungsgemäßen Begründung versehene und damit zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist - nach der von der Antragstellerin im Berufungstermin vorgenommenen Korrektur der Antragsfassungen, die zu einer teilweise hinreichenden Bestimmtheit der Verfügungsanträge i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zu deren teilweisen Zulässigkeit führt - nur teilweise begründet: Soweit der Verfügungsantrag lit. c) Verletzungsformen mit der Faserbezeichnung „Cotton“ beanstandet (und die Verletzungsformen darüber hinaus keine weiteren, unzulässigen Faserbezeichnungen enthalten), ist eine spürbare Interessenbeeinträchtigung für Verbraucher i. S. v. § 3a UWG zu verneinen, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG i. V. m. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinien 73/44/EWG, 96/73/EG und 2008/121/EG (Textilkennzeichnungsverordnung - TextilKennzVO) insoweit ausscheidet. Dagegen verstößt eine fehlende Kennzeichnung von Textilerzeugnissen (Verfügungsantrag lit. a)) bzw. deren Kennzeichnung mit der Faserbezeichnung „Acryl“ (Verfügungsantrag lit. b)) gegen die genannten Vorschriften der TextilKennzVO, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegeben ist. Die hiergegen von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände verhelfen ihrer Berufung nicht zum Erfolg. Im Einzelnen:

A. Verfügungsantrag lit. a)

Der zuletzt gestellte Verfügungsantrag lit. a) hinsichtlich der beanstandeten, von der Antragsgegnerin im Internet angebotenen Jacken und Shorties ohne jegliche Textilfaserkennzeichnung ist hinreichend bestimmt und damit zulässig. Wegen Verstoßes gegen die sich aus den Normen der TextilkennzeichnungsVO ergebende Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der in den Bekleidungsstücken enthaltenen Textilfasern steht der Antragstellerin als Verfügungsanspruch auch der genannte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zu, ohne dass sich die Antragsgegnerin erfolgreich auf dessen Verjährung berufen könnte. Da auch die Dringlichkeit der Rechtsdurchsetzung als Verfügungsgrund i. S. v. §§ 940, 936, 920 Abs. 2 ZPO vorliegend zu bejahen ist, erweist sich die Berufung der Antragsgegnerin in Bezug auf den Verfügungsantrag lit. a) als unbegründet.

1. Der erstinstanzlich gestellte Verfügungsantrag in lit. a) ist in seiner zuletzt gestellten Fassung hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und somit zulässig.

a. Soweit sich der erstinstanzlich gestellte Antrag in lit. a) auf das begehrte Verbot von Jacken und Shorties ohne Textilfaserkennzeichnung bezog („Jacken, Shorties (Schlafanzüge mit kurzem Arm und kurzem Bein) [...], die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn diese jeweiligen Bekleidungsgegenstände nicht vor dem Kauf leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der jeweils enthaltenen Textilfasern gekennzeichnet sind [...]“), war er nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit unzulässig, da er lediglich die Verbotstatbestände der Art. 16 Abs. 1, 9 Abs. 1 TextilKennzVO wiederholte und somit auch die in Art. 16 Abs. 1 TextilKennzVO genannten unbestimmten Rechtsbegriffe „leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar“ enthielt. Ein entsprechender Unterlassungstitel wäre daher keine geeignete Vollstreckungsgrundlage gewesen (vgl. hierzu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.36 ff.).

b. Mit der (gem. § 264 S. 2 ZPO zulässigen) Antragsanpassung im Berufungstermin wurden die genannten unbestimmten Rechtsbegriffe eliminiert. Zwar gibt der aktuelle Verfügungsantrag in lit. a) somit weiterhin lediglich den Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 1 TextilKennzVO wieder, was grundsätzlich ebenfalls nicht für die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags genügt (vgl. BGH GRUR 2015, 1237 Rn. 13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung m. w. N.); wird jedoch wie vorliegend eine komplett fehlende Textilfaserkennzeichnung bei Bekleidungsgegenständen angegriffen, ist eine weitere Konkretisierung etwa durch Aufnahme der konkret angegriffenen Verletzungshandlung nicht mehr notwendig und damit die Wiederholung des Gesetzeswortlauts unschädlich, da für diese spezielle Konstellation das Gesetz hinreichend eindeutig und konkret gefasst ist (vgl. zu den Ausnahmen BGH a. a. O.).

c. Entsprechend bleibt es (jedenfalls für den Verfügungsantrag lit. a)) ohne negative Auswirkungen, dass im Antrag auf die konkret beanstandeten Verletzungsformen in Anlagen SNP 2 und SNP 3 lediglich mit dem (einen unbestimmten Antrag nicht zu retten vermögenden, vgl. BGH GRUR 1993, 565, 566 - Faltenglätter) Zusatz „insbesondere wenn ...“ Bezug genommen wird.

2. Da das von der Antragsgegnerin auf ihrer Webseite enthaltene Angebot von Jacken und Shorties als geschäftliche Handlung i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG keine Angaben zu den darin enthaltenen Textilfasern enthielt, steht der Antragstellerin als Mitbewerberin i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 TextilKennzVO als Verfügungsanspruch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zu.

a. Bestimmungen, die - wie der vorliegend in Rede stehende Art. 9 Abs. 1 Textil-KennzVO - die Kennzeichnung von Textilprodukten regeln, dienen dem Schutz der Verbraucher und stellen damit Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 3a UWG dar (vgl. BGH WRP 2016, 1219 Rn. 14 - Textilkennzeichnung).

b. Wie das Landgericht ferner zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ausgeführt hat, trifft die Verpflichtung aus Art. 9 Abs. 1 TextilKennzVO nicht nur den Hersteller, sondern gem. Art. 15 Abs. 3 TextilKennzVO auch die Antragsgegnerin als Händlerin (vgl. auch die am 24.02.2016 in Kraft getretene parallele Vorschrift des § 3 TextilKennzG sowie BGH WRP 2016, 1219 Rn. 16 a. E. - Textilkennzeichnung).

c. Unstreitig wiesen die Angebote von Jacken und Shorties auf der Webseite der Antragsgegnerin (vgl. Screenshots in Anlagen SNP 2 und SNP 3) keinerlei Beschreibungen der Textilfaserzusammensetzung auf. Zu entsprechenden Informationen ist die Antragsgegnerin gem. Art. 16 Abs. 1 S. 2 TextilKennzVO auch im Rahmen ihres Internetangebots verpflichtet gewesen, da auf der Webseite für den Kunden eine Bestellmöglichkeit gegeben war und damit die Textilerzeugnisse auch „auf dem Markt bereitgestellt“ i. S. v. Art. 16 Abs. 1 S. 1 TextilKennzVO wurden (vgl. BGH WRP 2016, 1219 Rn. 16 ff. - Textilkennzeichnung).

d. Das Unterlassen von Informationen über die Textilfaserzusammensetzung bei den angebotenen Bekleidungsstücken ist auch geeignet, die Interessen des Verbrauchers spürbar zu beeinträchtigen, § 3a UWG. Die Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung beurteilt sich nach dem jeweiligen Schutzzweck der verletzten Marktverhaltensregelung (vgl. BGH GRUR 2008, 186 Rn. 25 - Telefonaktion), vorliegend also gem. Erwägungsgrund (10) der TextilKennzVO die Gewährleistung, dass alle Verbraucher in der Union korrekte und einheitliche Informationen erhalten. Fehlen solche Informationen, ist es dem Verbraucher nicht möglich, eine informierte und freie geschäftliche Entscheidung i. S. v. §§ 2 Abs. 1 Nr. 9, 3 Abs. 2 UWG zu treffen (vgl. OLG Köln WRP 2016, 90 Rn. 17 - Grundpreisangabe bei Amazon II; OLG Hamm, Beschl. v. 20.02.2014 - 4 W 19/14, juris-Rn. 14 f. = BeckRS 2015, 02899 Rn. 14 f.).

e. Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin schließlich auf die Verjährung des geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs wegen Ablaufs der sechsmonatigen Verjährungsfrist gem. § 11 Abs. 1 UWG, da mit Zustellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB gehemmt wurde. Zwar trifft es zu, dass der ursprünglich gestellte Unterlassungsantrag in lit. a) nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO war (s. o. A. 1. a.) und daher grundsätzlich erst mit der Rechtshängigkeit des konkretisierten Antrags dessen Hemmungswirkung eintreten konnte (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl., § 204 Rn. 4; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 24.05.2016 - 6 U 171/14, juris-Rn. 50 = BeckRS 2016, 15323 Rn. 24). Jedoch bestand trotz des zunächst unbestimmten Antrags kein Zweifel daran, auf welchen Sachverhalt sich der Antrag im Kern bezog, bzw. daran, dass mit der Unterlassungsklage - auch wenn der zunächst gestellte Antrag den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO noch nicht entsprach - jedenfalls die Unterlassung der konkreten Verletzungsform begehrt wurde, so dass auch der noch nicht hinreichend bestimmte Klageantrag die Verjährung hemmen konnte (vgl. BGH GRUR 1998, 481, 483 - Auto 94; BGH GRUR 2004, 517, 519 - E-Mail-Werbung; Bornkamm in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 34 Rn. 36; Toussaint in GK-UWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 84; Fritzsche in MünchKommUWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 189; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 37).

3. Schließlich liegt als Verfügungsgrund i. S. v. §§ §§ 940, 936, 920 Abs. 2 ZPO auch Dringlichkeit vor. Diese wird vorliegend gem. § 12 Abs. 2 UWG vermutet und wurde durch die Antragstellerin auch nicht durch eigenes zögerliches prozessuales Verhalten widerlegt, da sie binnen eines Monats nach Kenntniserlangung von Verletzungshandlung und Person des Verpflichteten das einstweilige Verfügungsverfahren einleitete. Dass sie zunächst einen unbestimmten Verfügungsantrag in lit. a) einreichte, ist unschädlich, weil dieser Umstand nichts daran ändert, dass die Antragstellerin innerhalb der Monatsfrist hinsichtlich eines zumindest in der Antragsbegründung benannten konkreten Verletzungsgegenstands um Rechtsschutz nachsuchte, so dass mit der erstmaligen Geltendmachung eines hinreichend bestimmten Verfügungsantrags im Berufungstermin nicht (verspätet) ein neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt wurde, sondern der zugrunde liegende Sachverhalt gleich blieb.

B. Verfügungsantrag lit. b)

Der Verfügungantrag in lit. b) ist, soweit er auf die in der Anlage SNP 5 abgebildeten Verletzungsgegenstände konkret Bezug nimmt, (nur) ohne Aufnahme des Worts „insbesondere“ zulässig. In der Verwendung der Textilfaserkennzeichnung „Acryl“ liegt auch ein Verstoß gegen Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 Textil-KennzVO, der die Interessen der Verbraucher spürbar beeinträchtigen kann. Da als Verfügungsgrund zudem Dringlichkeit gegeben ist (s. o. A. 3.), ist die Berufung der Antragsgegnerin auch in Bezug auf den modifizierten Verfügungsantrag lit. b) unbegründet.

1. Auch der zweite Teil des ursprünglich gestellten Verfügungsantrags lit. a) („[...] Hosen, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen, im Wege des elektronischen Fernabsatzes anzubieten, wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs I. der Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführt sind“) war aufgrund seines lediglich verbotsnormwiederholenden Inhalts (vgl. hierzu oben A. 1. b. sowie Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.40 ff. m. w. N.) unbestimmt und damit unzulässig. Durch die im Berufungstermin vorgenommene Antragsanpassung im aktuellen Verfügungsantrag lit. b) erfolgte zwar eine Bezugnahme auf die konkret angegriffene Verletzungsform („[...] wenn dies geschieht wie aus den erstinstanzlichen Anlagen SNP 5 ersichtlich ist und bei Hosen die Bezeichnung,Acryl' verwendet wird“); diese Anpassung führt jedoch nur insoweit zur hinreichenden Bestimmtheit des Antrags, als die Bezugnahme ohne Aufnahme des vorangehenden Zusatzes „insbesondere“ erfolgt (s. o. A. 1. c.), so dass im Urteilstenor eine entsprechende Einschränkung auf die konkrete Verletzungsform vorzunehmen war, da davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin jedenfalls diese Verhaltensweise verboten haben möchte (vgl. BGH GRUR 2012, 945 Rn. 22 m. w. N. - Tribenuronmethyl).

2. Das Landgericht hat zu Recht als Verfügungsanspruch einen (unverjährten, s. o. A. 2. e.) Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zugunsten der Antragstellerin angenommen, da das auf der Webseite der Antragsgegnerin zu findende Angebot der in Anlage SNP 5 abgebildeten Hosen, das als Textilfaserbezeichnung u. a. den Begriff „Acryl“ aufweist, gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO verstößt und hierin auch eine potentiell spürbare Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen zu sehen ist.

a. Gem. Art. 5 Abs. 1 TextilKennzVO dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der TextilKennzVO verwendet werden. Für die in den beanstandeten Hosen enthaltenen Fasern sieht Anhang I Nr. 26 (in der nachträglich berichtigten Fassung) die Bezeichnung „Polyacryl' vor. Die Verwendung der Bezeichnung „Acryl' ist im Anhang I nicht vorgesehen, so dass ein Verstoß gegen die genannte Norm gegeben ist.

b. Dieser Verstoß ist auch geeignet, eine spürbare Beeinträchtigung für die Interessen der Verbraucher i. S. v. § 3a UWG hervorzurufen. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Verbraucher nicht ohne Weiteres Kenntnis darüber hat, was sich hinter dem von der Antragsgegnerin verwendeten Begriff „Acryl“ verbirgt und dieser Begriff im Textilbereich möglicherweise als Synonym zu „Polyacryl“ benutzt wird. Es ist durchaus denkbar, dass er aufgrund der fehlenden Verwendung des Präfixes „Poly-“ (mit der Bedeutung „viel“, „mehr“ oder „verschieden“) davon ausgeht, dass „Acryl“ eine andere Faserart (mit für den Verbraucher im Einzelfall aus seiner Sicht ggf. günstigeren oder auch ungünstigeren Eigenschaften) beschreibt als „Polyacryl“. Zu Recht verweist das Landgericht außerdem auf den Umstand, dass Anhang I in Nr. 29 auch die Faserbezeichnung „Modacryl“ aufführt, so dass für den Verbraucher die zusätzliche Unsicherheit entstehen kann, ob der Begriff „Acryl“ nicht auch für „Modacryl“ steht. Der vorliegende Verstoß ist also geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. Köhler, a. a. O., § 3a Rn. 1.103), da er z. B. aufgrund eines bestimmten (fehlerhaften) Verständnisses der Faserbezeichnung „Acryl“ wegen vermeintlich besserer Fasereigenschaften im Vergleich zu „Polyacryl“ eine positive Kaufentscheidung treffen könnte.

c. Dass sich ein Verbraucher über den Begriff „Acryl“ ggf. auch im Wege einer Internetrecherche informieren könnte, ändert nichts an der gerade dargelegten Spürbarkeit des Verstoßes (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 20.02.2014 - 4 W 19/14, juris-Rn. 14 f. = BeckRS 2015, 02899 Rn. 14 f.): Durch die vorgeschriebene einheitliche Kennzeichnung der in den angebotenen Textilien enthaltenen Fasern soll der Verbraucher gerade klar und unproblematisch Informationen über die Faserzusammensetzung bekommen, um eine geschäftliche Entscheidung - häufig vor Ort im Bekleidungsgeschäft - treffen zu können; mit diesem Schutzzweck wäre es aber unvereinbar, den Verbraucher auf (ergänzende oder alternative) Informationseinholung zur Textilfasereigenschaft aus weiteren und im Zweifel nicht unmittelbar verfügbaren sowie möglicherweise unzuverlässigen Quellen zu verweisen.

C. Verfügungsantrag lit. c)

Dagegen ist hinsichtlich des Verfügungsantrags lit. c) - welcher in seiner zuletzt gestellten Fassung ohne den Zusatz „insbesondere“ hinreichend bestimmt ist - die Berufung der Antragsgegnerin teilweise begründet, da der vorliegende Verstoß gegen die (europarechtskonforme) Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO, soweit von der Antragstellerin die Verwendung der Faserbezeichnung „Cotton“ beanstandet wurde, nicht das Spürbarkeitserfordernis des § 3a UWG erfüllt und damit der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht gegeben ist. Dies gilt allerdings nicht für diejenigen konkret mit dem Verfügungsantrag lit. c) angegriffenen Verletzungsgegenstände, die (ggf. neben der Faserbezeichnung „Cotton“) die Faserbezeichnung „Acryl“ bzw. „Acrylic“ enthalten, da insofern ein Verstoß gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO zu bejahen ist, der die Verbraucherinteressen spürbar beeinträchtigt und daher zu einem Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG führt.

1. In Bezug auf die Bestimmtheit und damit die Zulässigkeit des Verfügungsantrags lit. c) gilt das zu den neu gefassten Verfügungsanträgen lit. a) und lit. b) unter A. 1. bzw. B. 1. Ausgeführte entsprechend: Der erstinstanzlich gestellte Verfügungsantrag in lit. b) - welcher inhaltlich bzw. von der Anspruchsbegründung her dem zuletzt gestellten Verfügungsantrag lit. c) entspricht - war aufgrund der darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe sowie aufgrund seines lediglich verbotsnormwiederholenden Inhalts unbestimmt und damit unzulässig. Die Antragsanpassung beseitigte durch die Aufnahme der konkreten Verletzungsgegenstände die Unbestimmtheit, allerdings nur in Bezug auf die konkreten Verletzungsformen, so dass eine entsprechende Einschränkung im Urteilstenor zu erfolgen hatte.

2. Soweit die Antragstellerin die drei im Antrag u. a. abgebildeten Verletzungsgegenstände „Jogginghose Herren grau Size M“ der Marke „um.“ mit der Textilfaserkennzeichnung „65% Polyester 35% Cotton“ (entspricht Anlage SNP 13 bzw. SNP 1. 21), „3/4 Sport Socks“ der Marke „um.“ mit der Textilfaserkennzeichnung u. a. „GB 68% Cotton 30% Polyester 2% Elastane“ (entspricht Anlage SNP 12) sowie „Hoodie Herren schwarz“ der Marke „um.“ mit der Textilfaserkennzeichnung „65% Polyester 35% Cotton“ (entspricht Anlage SNP 14 bzw. SNP 22) konkret angreift, scheidet der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Verfügungsanspruch mangels Spürbarkeit i. S. v. § 3a UWG des formalen Verstoßes aus.

a. Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO ordnet an, dass die (gem. Artt. 9 Abs. 1, 5 Abs. 1 TextilKennzVO notwendige) Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache oder den Amtssprachen des Mitgliedstaats erfolgt, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat schreibt etwas anderes vor. Maßgeblich sind daher die in Anhang I der TextilKennzVO aufgeführten deutschen Begriffe; der deutsche Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1 TextilKennzG (Geltung ab 24.02.2016) keine abweichende Regelung getroffen und ordnet ebenfalls die Kennzeichnung „in deutscher Sprache“ an. In der Konsequenz sind gem. Anhang I Nr. 5 die Fasern aus den Samen der Baumwollpflanze mit dem Begriff „Baumwolle“ zu kennzeichnen. Gegen diese Verpflichtung verstieß die Antragsgegnerin, indem sie auf den Verpackungen der oben genannten Bekleidungsstücke nicht die deutsche Faserbezeichnung „Baumwolle“, sondern die englische Bezeichnung „Cotton“ verwendete.

b. Ohne Erfolg hält die Antragsgegnerin diesem formalen Verstoß die vermeintliche Europarechtswidrigkeit der Regelung in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 Textil-KennzVO entgegen:

aa. Die von der Nebenintervenientin beantragte Aussetzung des einstweiligen Verfügungsverfahrens und Vorlage an den EuGH zwecks Vorabentscheidung gem. Art. 267 AEUV kommt bereits nach allgemeiner Auffassung im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfügungsverfahrens nicht in Betracht (vgl. Retzer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 445 m. w. N.); denkbar wäre insofern lediglich ggf., die hinreichende Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs abzulehnen.

bb. Der Senat kann die behauptete Europarechtswidrigkeit der genannten Vorschrift nicht erkennen, da die beanstandete Sprachenvorgabe in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO der Sicherstellung von Erwägungsgrund (3) der TextilKennzVO (Vereinheitlichung der Textilfaserbezeichnungen, um Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu beseitigen) und Erwägungsgrund (10) der Textil-KennzVO (Gewährleistung von korrekten und einheitlichen Informationen) dient und damit letztlich aus Erwägungen des Allgemeinwohls zwingend erforderlich ist: Würden andernfalls nämlich Textilfaserbeschreibungen in einer Landessprache der Europäischen Union, die in diesem Land daher rechtmäßig in Verkehr gebracht werden, für das Inverkehrbringen von Textilerzeugnissen im gesamten Unionsgebiet genügen, wäre der Schutzzweck der TextilKennzVO in keiner Weise sichergestellt. Dies lässt sich zwanglos an den Beispielen von bulgarischen Textilfaserbeschreibungen in kyrillischer Schrift, griechischen Beschreibungen in griechischem Alphabet oder aber ungarischen oder finnischen Kennzeichnungen verdeutlichen, die für den größten Teil der Bevölkerung der anderen EU-Mitgliedstaaten komplett unverständlich bleiben. Das Argument der Antragsgegnerin, Art. 16 Abs. 3 der TextilKennzVO ermögliche es den Mitgliedstaaten, eine Textilkennzeichnung in einer ausschließlich fremden Sprache in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen, weshalb zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls, die diese Handelsbeschränkung gleichwohl zulässig machten, nicht ersichtlich seien, verfängt demgegenüber nicht: Die Ausnahme in der genannten Vorschrift („. es sei denn der betreffende Mitgliedstaat schreibt etwas anderes vor“) kann die Mitgliedstaaten nämlich nicht davon entbinden, die Schutzzwecke der Textil-KennzVO sicherzustellen, so dass nur solche Ausnahmeregelungen verordnungskonform wären, die diese Schutzzwecke hinreichend berücksichtigen (z. B. dadurch, dass lediglich solche fremdsprachigen Textilfaserbeschreibungen als zulässig erklärt werden, die für die Bevölkerung des Mitgliedstaats unproblematisch verständlich sind). Keineswegs ist es daher den Mitgliedstaaten möglich, ohne Weiteres eine Textilkennzeichnung in einer ausschließlich fremden Sprache in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen.

cc. Nur ergänzend sei außerdem darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Textilkennzeichnung (BGH WRP 2016, 1219) festgestellt hat, dass - freilich „im Streitfall“, d. h. in Bezug auf die dort in Frage stehende Regelung in Art. 16 Abs. 1 S. 1, S. 2 TextilKennz-VO - keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts bestünden, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 267 AEUV nicht veranlasst sei (BGH a. a. O., Rn. 21).

c. Letztlich kann die Frage der Europarechtskonformität der Regelung in Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 TextilKennzVO aber sogar offenbleiben, da es in der hier streitgegenständlichen Konstellation bei Verwendung des Begriffs „Cotton“ jedenfalls an der notwendigen Spürbarkeit i. S. v. § 3a UWG fehlt.

aa. Zu berücksichtigen ist hier nämlich, dass sich mittlerweile in der deutschen Umgangssprache der englische Begriff „Cotton“ als beschreibende Angabe für „Baumwolle“ eingebürgert hat (vgl. BGH GRUR 1996, 68, 69 - Cotton Line; ebenso BPatG, Beschl. v. 02.03.2004 - 27 W (pat) 254/03, juris-Rn. 10, wonach diese Bedeutung auch breitesten Bevölkerungskreisen ohne Weiteres bekannt ist) und konsequenterweise „Cotton“ bereits im Duden aufgeführt ist. Nicht zu folgen ist in diesem Zusammenhang der Ansicht des Landgerichts, dass die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht Beachtung finden könne, weil sie aus dem Markenrecht stamme: Der Bundesgerichtshof hat hier Feststellungen zum allgemeinen Verkehrsverständnis im Hinblick auf den Begriff „Cotton“ getroffen, ohne dass sich der maßgebliche Verkehr für die hier relevante wettbewerbsrechtliche Problematik von demjenigen Verkehr, der für die markenrechtliche Beurteilung relevant war, unterscheiden würde.

bb. Versteht aber der angesprochene Verkehr (also der Durchschnittsverbraucher) den verwendeten Begriff „Cotton“ ohne Weiteres als „Baumwolle“, da dieser Begriff in den deutschen Wortschatz (ob als Umgangssprache oder als Hochsprache, ist insofern ohne Bedeutung) Eingang gefunden hat, ist der vorliegende formale Verstoß denknotwendig nicht dazu geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte; der Kunde, der das Angebot der Antragstellerin wahrnimmt, versteht „Cotton“ als „Baumwolle“ und wird daher in keiner Weise durch diesen Begriff in seiner Entscheidungsfindung beeinflusst, so dass der Formalverstoß unter keinen Umständen geeignet sein kann, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen.

cc. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Spürbarkeitserfordernis i. S. v. § 3 Abs. 2 S. 1 UWG a. F., da ein danach erforderliches Informationsdefizit zulasten des Verbrauchers vorliegend nicht gegeben ist.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 3 UWG a. F. ist in Fällen, in denen Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, zugleich davon auszugehen, dass das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 S. 1 UWG a. F. erfüllt ist (vgl. BGH GRUR 2010, 852 Rn. 21 - Gallardo Spyder, GRUR 2010, 1142 Rn. 24 - Holzhocker, GRUR 2011, 82 Rn. 33 -Preiswerbung ohne Umsatzsteuer, GRUR 2012, 842 Rn. 25 - Neue Personenkraftwagen; GRUR 2013, 1169 Rn. 19 - Brandneu von der IFA).

(2) Soweit nach der Neufassung des Rechtsbruchtatbestands in der Literatur eine anderweitige Abgrenzung zu den Informationspflichten für erforderlich gehalten wird (vgl. z. B. Köhler, NJW 2016, 593, 595; ders., a. a. O., § 3a Rn. 1.18 f.; ders., WRP 2014, 259 Rn. 42 ff.; Ohly, GRUR 2016, 3, 5 f.) bedarf dies hier keiner weiteren Erörterung. Denn vorliegend steht nach den obigen Ausführungen keine Verhaltensweise in Rede, bei der dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wurde, da ihm die Materialzusammensetzung „Cotton“ in für ihn verständlicher Weise mitgeteilt wird.

dd. Dass durch diese Verhaltensweise Interessen der Mitbewerber der Antragsgegnerin oder sonstiger Marktbeteiligter spürbar beeinträchtigt werden, macht auch die Antragsgegnerin nicht geltend (vgl. den im Berufungstermin übergebenen Schriftsatz, S. 2 f.).

ee. Soweit im Urteil des 29. Zivilsenats des OLG München vom 18.02.2016 -29 U 2899/15 (nicht rechtskräftig; Nichtzulassungsbeschwerde Az. I ZR 70/16) demgegenüber der formale Verstoß als spürbar i. S. v. § 3a UWG qualifiziert wird, kann dem aus den gerade ausgeführten Gründen nicht gefolgt werden.

d. Im Ergebnis muss daher nicht mehr entschieden werden, ob sich eine andere Bewertung aus dem Umstand ergibt, dass die beanstandeten Jogginghosen und Hoodies der Marke „um.“ (Anlagen SNP 14 bzw. SNP 22 sowie SNP 13 bzw. SNP 21) lediglich auf einer sichtbaren Kartonage innerhalb eines verschlossenen Polybeutels als Verpackung, nicht jedoch auf dem (in der Verpackungssituation nicht einsehbaren) innenliegenden Etikett die Faserkennzeichnung „Cotton“ aufweisen.

e. Ebenso ist es nicht mehr entscheidungsrelevant, ob die von der Antragsgegnerin behauptete und als dringlichkeitsschädlich eingestufte Kenntnis der Antragstellerin vom Vertrieb von Jogginghosen und Hoodies der Marke „um.“ bereits seit Juli 2015 überhaupt tatsächlich vorlag und ob außerdem die im Juli 2015 erworbenen Jogginghosen und Hoodies überhaupt dieselbe beanstandete Faserkennzeichnung wie die oben bezeichneten Jogginghosen und Hoodies gemäß Anlagen SNP 14 bzw. SNP 22 sowie SNP 13 bzw. SNP 21 aufwiesen; beide Umstände wurden von der Antragstellerin bestritten, ohne dass die Antragsgegnerin näher hierzu vortrug.

3. Dagegen ist die Berufung der Antragsgegnerin unbegründet, soweit in den modifizierten Verfügungsantrag lit. c) über entsprechende Abbildungen die drei weiteren Textilerzeugnisse „Jogginghose L“ der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Baumwolle, 40% Polyester, 8% Acryl“ (entspricht Anlage SNP 7), „Sweatshirt“ der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Baumwolle/cotton, 40% Polyester, 8% Acryl/acrylic“ (entspricht Anlage SNP 8) sowie „Jogginghose“ der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Cotton 40% Polyester 8% Acrylic“ (entspricht Anlage SNP 20) aufgenommen wurden.

a. Unabhängig davon, dass bei dem zweiten und dem dritten beanstandeten Bekleidungsstück auch der Begriff „Cotton“ aufscheint (beim zweiten freilich neben der daneben stehenden deutschen Bezeichnung „Baumwolle“, so dass insofern ein Verstoß gegen die TextilKennzVO ausscheidet), liegt wegen der Verwendung der Kennzeichnung „Acryl“ aus den unter B. 2. ausgeführten Gründen ein Verstoß gegen das Kennzeichnungsgebot gem. Artt. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO vor, der geeignet ist, die Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen, so dass ein (unverjährter, s. o. A. 2. e.) Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 3, 3a UWG zu bejahen ist.

b. An diesem Ergebnis ändert naturgemäß die Tatsache nichts, dass bei der Jogginghose gemäß Anlage SNP 20 statt „Acryl“ (sowie bei dem Sweatshirt gemäß Anlage SNP 8 neben „Acryl“) die (englische) Bezeichnung „Acrylic“ aufgeführt wurde, da insoweit aufgrund der weit überwiegenden Übereinstimmung der beiden Begriffe und des weiterhin bestehenden Unterschieds gegenüber der deutschen Bezeichnung gem. Anhang I Nr. 26 „Polyacryl“ die gleichen Erwägungen wie unter B. 2. dargestellt gelten. Aufgrund der beiden Buchstaben am Ende“...-ic“ bei dem englischen Begriff wäre es im Übrigen sogar nicht fernliegend, dass der Verbraucher erst recht (wegen der - fälschlichen - Annahme, es handele sich bei dieser Endung um den Hinweis auf eine andere chemische Zusammensetzung) davon ausgehen könnte, dass es sich hierbei um eine andere Kunstfaser als „Polyacryl“ handelt.

c. Soweit von der Antragsgegnerin und der Nebenintervenientin außerdem die Ansicht vertreten wird, dass es hinsichtlich der schwarzen Jogginghosen der Marke „R. ... 6“ gemäß Anlage SNP 20 angesichts der unterschiedlich aufscheinenden Preise (6,99 € auf dem vierten Bild der Anlage SNP 20, dagegen kein entsprechender Preis, sondern 7,99 € auf der Rechnung in Anlage SNP 19) sowie vor dem Hintergrund der Behauptung der Antragsgegnerin, zuletzt Anfang des Jahres 2015 in ihren Filialen Jogginghosen zu einem Preis von 6,99 € verkauft zu haben, an einer hinreichenden Glaubhaftmachung fehle, folgt dem der Senat nicht: Die Antragstellerin hat in ihren Schriftsätzen vom 05.04.2016, S. 2 f. (Bl. 68 d. A.) und vom 07.04.2016, S. 3 f. (= Bl. 74 f. d. A.) mit nachvollziehbarer Begründung und unter anwaltlicher Versicherung ihres (zuvor bereits durch Vorlage der Anlagen SNP 19 und SNP 20 hinreichend glaubhaft gemachten) Vortrags weiter glaubhaft gemacht, die streitgegenständlichen Jogginghosen am 29.01.2016 zu einem Preis von 7,99 € über den Online-Shop der Antragsgegnerin (Rechnungsstellung am 16.02.2016, Lieferung am 17.02.2016) gekauft zu haben; vernünftige Zweifel an dem Wahrheitsgehalt dieses Vortrags sind nicht ersichtlich.

d. Die Rügen der Antragsgegnerin hinsichtlich der fehlenden Dringlichkeit in Bezug auf die mit Verfügungsantrag lit. c) geltend gemachte Rechtsverletzung durch den erst mit Schriftsatz vom 10.03.2016, S. 1 f. = Bl. 34 f. d. A. in das Verfügungsverfahren eingeführten Verletzungsgegenstand gem. Anlage SNP 20 („nachgeschobene“ Jogginghose der Marke „R. ... 6“ mit der Textilfaserkennzeichnung „52% Cotton 40% Polyester 8% Acrylic“) bleiben schließlich erfolglos.

aa. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es sich hinsichtlich der (hier relevanten) Faserkennzeichnung „Acrylic“ nicht um einen mit Anlage SNP 20 neu eingeführten Streitgegenstand handelt, sondern um ergänzende tatsächliche Angaben, die den Kern des in der Antragsschrift angeführten Sachverhalts unverändert lassen (vgl. BGH GRUR 2008, 186 Rn. 15 - Telefonaktion; Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.29), so dass eine hierdurch verursachte Dringlichkeitsschädlichkeit von vornherein nicht in Betracht kommt. Insofern ist der Einwand, die schriftsätzliche Geltendmachung des am 17.02.2016 festgestellten Verstoßes erst am 10.03.2016 stelle ein dringlichkeitsschädliches und eine Verfahrensverzögerung verursachendes Zuwarten dar, unbegründet.

bb. Darüber hinaus greift auch nicht das Argument von Antragsgegnerin und Nebenintervenientin, aufgrund selektiven Vorgehens der Antragstellerin im Weg der einstweiligen Verfügung (nur) gegen ein Mitglied der Vertriebskette fehle es ebenfalls an der Dringlichkeit. Zum einen ist zu bemerken, dass die diesbezüglich als Beleg zitierte Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 04.12.2014 - 6 U 141/14, juris-Rn. 26 = WRP 2015, 233 Rn. 10 sowie Beschl. v. 23.04.2013 - 6 W 41/13, juris-Rn. 14 = BeckRS 2015, 13387 Rn. 14) sich nicht auf eine Rechtsverfolgung lediglich im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens bezog, sondern auf ein generelles Unterlassen des Vorgehens auch gegen den Hersteller (also auch im Wege des Hauptsacheverfahrens); vorliegend ist die Antragstellerin jedoch auch gegen die Nebenintervenientin als Herstellerin der angegriffenen Ware vorgegangen, wenn auch nicht im Wege der einstweiligen Verfügung, sondern mit einer Hauptsacheklage. Zum anderen weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt des von ihr angegriffenen Angebots der Jogginghosen durch die Nebenintervenientin im Dezember 2015 ein entsprechendes Angebot auch durch die Antragsgegnerin noch nicht bestand und insofern der Vorwurf eines selektiven Vorgehens nicht bestehen kann, da die Antragstellerin eine zukünftige parallele Rechtsverletzung der Antragsgegnerin nicht vorhersehen konnte.

III. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Alt. 2, S. 2, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

a. Da sich der Gebührenstreitwert in erster und zweiter Instanz unterscheidet (vgl. sogleich unten 2. b.), war für jede Instanz eine gesonderte Kostenentscheidung auszuwerfen. Diesbezüglich wurden die mit den Verfügungsanträgen in der ersten Instanz (zunächst) geltend gemachten vier Streitgegenstände (Angebot von Textilerzeugnissen im elektronischen Fernabsatz mit Faserkennzeichnung „Neopren“; Angebot von Textilerzeugnissen im elektronischen Fernabsatz ohne jegliche Faserkennzeichnung; Angebot von Textilerzeugnissen im elektronischen Fernabsatz mit Faserkennzeichnung „Acryl“; Bereitstellen von Textilerzeugnissen mit Faserkennzeichnung „Cotton“ und/oder „Acryl' bzw. „Acrylic“) bzw. die in der zweiten Instanz verbliebenen drei Streitgegenstände jeweils zu gleichen Teilen bewertet.

b. Mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 11.04.2016 vorgenommenen Beschränkung der Verfügungsanträge durch die Antragstellerin auf Bekleidungsgegenstände, „die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von jeweils mindestens 80% aufweisen“, ging eine teilweise Antragsrücknahme einher, durch die die ursprünglich angegriffene Faserkennzeichnung von Fitnesshosen mit dem Begriff „Neopren“ (Anlage SNP 4) als weiterer (vierter) Streitgegenstand nicht mehr weiter verfolgt wurde. Insoweit waren der Antragstellerin die Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen.

c. Darüber hinaus war im Rahmen der Kostenentscheidung zulasten der Antragstellerin auch die im Berufungstermin durch sie vorgenommene weitere Beschränkung aller drei zunächst unbestimmten Verfügungsanträge auf teilweise zulässige Antragsfassungen - in den Verfügungsanträgen lit. b) und c) außerdem auf die Berufung der Antragsgegnerin hin weiter beschränkt auf Antragsfassungen ohne den Zusatz „insbesondere“ - zu berücksichtigen. Der Senat setzt das einhergehende Teilunterliegen der Antragstellerin insgesamt auf 1/2 pro Verfügungsantrag an.

d. Soweit die Antragstellerin hinsichtlich des Verfügungsantrags lit. c) - der sich im Unterschied zu Verfügungsantrag lit. b), der das Anbieten im Wege des elektronischen Fernabsatzes betrifft, auf das Bereitstellen der konkret aufgeführten Kleidungsgegenstände bezieht, so dass zwei verschiedene Streitgegenstände vorliegen - jedenfalls in Bezug auf die dort enthaltenen Verletzungsformen mit den Faserbezeichnungen „Acryl“ bzw. „Acrylic“ obsiegte, wirkte sich dies kostenmäßig bei diesem Antrag (unter Berücksichtigung des hälftigen Unterliegens aufgrund der Antragsbeschränkung, vgl. lit. c.) als Obsiegen zu 1/4 aus.

e. Auf dieser Berechnungsgrundlage ergeben sich für die beiden Instanzen die aus dem Urteilstenor Ziff. III. ersichtlichen Kostenquoten.

2. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 39 Abs. 1, 40, 47 Abs. 1, 51 Abs. 2, Abs. 4 GKG, § 3 ZPO, die Abänderung der Streitwertfestsetzung in erster Instanz auf § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

a. Der Senat legt die Angaben der Antragstellerin in ihren beiden Abmahnungen vom 01.02.2016 (Anlage SNP 9) und 15.02.2016 (Anlage SNP 15) zugrunde, die sämtliche später vom einstweiligen Verfügungsverfahren erfassten Streitgegenstände betrafen, auf die Erledigung des gesamten Rechtsstreits gerichtet waren und in denen die Antragstellerin einen Gegenstandswert von insgesamt € 75.000,- angesetzt hatte. Da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nur auf die vorläufige Sicherung des Anspruchs gerichtet ist, nicht auf dessen Durchsetzung bzw. Verwirklichung (vgl. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 5.12), war beim Streitwert gem. § 51 Abs. 4 GKG ein angemessener Abschlag von 1/3 vorzunehmen und der Streitwert entsprechend niedriger auf € 50.000,- festzusetzen.

b. Vor dem Hintergrund der gerade unter III. 1. b. dargelegten teilweisen Antragsrücknahme im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 11.04.2016 war der Streitwert erster Instanz ab diesem Zeitpunkt sowie für die zweite Instanz auf € 37.500,- festzusetzen.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 20.04.2015 in Ziffer 2. aufgehoben soweit die Beklagte über die Zahlung von 919,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 05.12.2014 an die Klägerin hinaus verurteilt worden ist.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 10.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und vorgerichtliche Abmahnkosten geltend.

Die Klägerin vertreibt Bekleidungsgegenstände, u.a. unter den Marken „B...“, „J...“ und „P... O...“.

Die Beklagte hat Bekleidungsstücke mit Etiketten mit den Faserkennzeichnungen „100 % Cotton“, „60 % Cotton, 40 % Polyester“, „65 % Poly, 35 % Cotton“ und „42 % Cotton, 56 % Mischfasern und 2 % Elastodien“ vertrieben (Anlagen SNP 1 bis SNP 11).

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Verwendung dieser Faserkennzeichnungen mit Schreiben vom 22.04.2014 ab.

Sie ist der Auffassung, die von der Beklagten verwendeten Kennzeichnungen „Cotton“, „Polyester“, „Poly“ „Mischfasern“ und „Elastodien“ seien in der Anlage 1 zur Textilkennzeichenverordnung nicht aufgeführt, weshalb ihr gemäß § 3, § 4 Nr. 11, § 8 UWG ein Unterlassungsanspruch zustehe.

Die Beklagte ist der Meinung, bei den Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung handele es sich nicht um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Abgesehen davon dürfe die Bezeichnung „Mischfasern gemäß Nr. 48 des Anhangs 1 zur Textilkennzeichnungsverordnung verwendet werden, weil es sich insoweit um „Fasern aus verschiedenen Stoffen“ handele, „die vorstehend nicht aufgeführt sind“. Der Begriff „Cotton“ dürfe zur Kennzeichnung verwendet werden, weil es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 1996, 230) um eine beschreibende Angabe für Baumwolle handele, die inzwischen der deutschen Umgangssprache angehöre.

Soweit überhaupt Verstöße vorlägen, hätten diese jedenfalls keine Relevanz im Sinne von § 3 UWG.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 20.04.2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, gemäß §§ 890 ZPO zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Polo-Shirts, T-Shirts, Pullover, Hemden und Socken jeweils mit Etiketten, die keine deutsche Faserkennzeichnung enthalten, anzubieten und/oder in den Verkehr zu setzen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben erfolgt und die Bezeichnungen „Cotton“, „Poly“ und/oder „Mischfasern“ enthält:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger [sic!] 1.141,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2014 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/5, die Beklagte 3/5.

5. [vorläufige Vollstreckbarkeit]

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages mit ihrer Berufung.

Die Beklagte beantragt, wie folgt zu erkennen:

Urteil des Landgerichts München I vom 20. April 2015 wird abgeändert, soweit mit ihm zu Lasten der Beklagten erkannt wurde. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2016 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines geringen Teils der Abmahnkosten begründet.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG a.F., § 3, § 3 a, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27.09.2011 (im Folgenden: TextilkennzVO) zu.

a) Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

b) Bei Art. 5 Abs. 1, Art. 15, Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO handelt es sich um Vorschriften, die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F., § 3 a UWG n.F. dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gemäß Art. 5 Abs. 1 TextilkennzVO dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung verwendet werden. Art. 15 TextilkennzVO regelt die Verpflichtung zur Etikettierung oder Kennzeichnung und gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO erfolgt die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Die Angaben sollen, wie sich aus dem 20. Erwägungsgrund für die Vorschrift ergibt, den Verbrauchern ermöglichen, sich umfassend über den Ursprung der Erzeugnisse, die sie kaufen, zu informieren, damit sie vor betrügerischen, unzutreffenden oder irreführenden Ursprungsangaben geschützt sind. Art. 5 Abs. 1, Art. 15, Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO dienen daher, wie alle Vorschriften, die eine bestimmte Kennzeichnung von Produkten vorsehen, dem Schutz von Verbrauchern und stellen somit Marktverhaltensregeln dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 11.118 und 11.130).

c) Die Bezeichnung „Poly“ ist Anhang I der TextilkennzVO nicht aufgeführt und darf daher nach Art. 5 Abs. 1 TextilkennzVO nicht verwendet werden.

d) Auch die Bezeichnung „Mischfasern“ ist im Anhang I zur TextilkennzVO nicht aufgeführt. Gemäß Nummer 48 des Anhangs I der TextilkennzVO sind Fasern aus verschiedenen oder neuartigen Stoffen, die nicht aufgeführt sind, entsprechend dem Stoff zu bezeichnen, aus dem sich die Fasern zusammensetzen, z.B. Metall (metallisch, metallisiert), Asbest, Papier, mit oder ohne Zusatz „Faser“ oder „Garn“. Mischfasern sind somit nicht als „Mischfasern“ zu bezeichnen, sondern es sind die Stoffe aufzuführen, aus denen sich die Fasern zusammensetzen. Aus dem Umstand, dass in Nummer 48 des Anhangs I zur TextilkennzVO grammatikalisch nicht vollständig korrekt in der Spalte „Bezeichnung“ im Singular von „Stoff“ und in der Spalte „Beschreibung der Fasern“ im Plural von „Stoffen“ die Rede ist, ergibt sich nicht, dass bei Fasern aus verschiedenen Stoffen diese schlicht als „Mischfasern“ bezeichnet werden dürften, ohne dass deren Zusammensetzung angegeben wird.

e) Auch die Bezeichnung „Cotton“ ist in der deutschsprachigen Version des Anhangs I zur TextilkennzVO nicht aufgeführt. Dass der Begriff sich in der englischsprachigen Version der TextilKennzVO befindet, ist unerheblich, da gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilkennzVO die Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedsstaats zu erfolgen hat, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Für in der Bundesrepublik Deutschland vertriebene Produkte ist somit die deutschsprachige Version des Anhangs I zur TextilkennzVO maßgeblich. Hieran ändert auch nichts, dass im Duden das Wort „Cotton“ als englische Bezeichnung für Baumwolle aufgeführt ist und der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass das Wort „Cotton“ eine beschreibende Angabe für Baumwolle ist und der deutschen Umgangssprache angehört (BGH NJW-RR 1996, 230 - COTTON LINE). Auch wenn Anglizismen in die deutsche Umgangssprache eindringen, ist an der deutschen Sprache in allen Bereichen, in denen die Amtssprache zu verwenden ist, konsequent festzuhalten.

f) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin auch substantiiert dargelegt, dass die Bekleidungsstücke mit den streitgegenständlichen Kennzeichnungen nach dem 08.05.2012 und somit seit Geltung der TextilkennzVO in den Verkehr gebracht wurden. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich, nämlich, mit Schriftsatz vom 09.03.2015 vorgetragen, die streitgegenständlichen Textilien seien ausweislich der Rechnung SNP 3 am 03.06.2014 in Deutschland in den Verkehr gesetzt worden (vgl. S. 7 des Schriftsatzes vom 09.03.2015).

g) Die Verstöße sind auch gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG a.F., § 3 a HS. 2 UWG n.F. von geschäftlicher Relevanz. Dies schon deshalb, weil es sich bei der Kennzeichnungspflicht nach der TextilkennzVO um Informationspflichten im Sinne von Art. 7 der UGP-Richtlinie handelt. Eine Verletzung der nach europäischem Recht zum Schutz des Verbrauchers vorgeschriebenen Informationspflichten ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

2. Hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten ist die Berufung teilweise erfolgreich. Die Klägerin kann gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur Abmahnkosten in Höhe von 919,14 € verlangen.

Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH GRUR 2010, 744, Tz. 52 - Sondernewsletter). Der Gegenstandswert der Abmahnung wurde seitens der Klägerin mit 50.000,00 € beziffert. Weiter hat die Klägerin in der Klageschrift ausgeführt, dass sie in der Abmahnung vom 22.07.2014 die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Handlungen abgemahnt habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz am 20.04.2015 hat der Klägervertreter zu Protokoll erklärt, dass jede der angegriffenen Bezeichnungen mit 10.000,00 € bewertet werde. Damit orientiert sich auch hinsichtlich der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche der Streitwert an den angegriffenen Bezeichnungen und nicht, wie die Klägerin nunmehr in der Berufungsinstanz ohne Begründung meint, an den verschiedenen Kleidungsstücken. Da die Abmahnung hinsichtlich 2 von 5 Bezeichnungen nicht berechtigt war, hat die Klägerin nur Anspruch auf 3/5 der Abmahnkosten von insgesamt 1.531,90 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz I Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.