Oberlandesgericht München Endurteil, 18. Mai 2017 - 6 U 3039/16

published on 18/05/2017 00:00
Oberlandesgericht München Endurteil, 18. Mai 2017 - 6 U 3039/16
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Tenor

I. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2016, Az. 21 O 5583/16, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin macht im einstweiligen Verfügungsverfahren gegenüber der Antragsgegnerin einen patentrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Die Antragstellerin ist ein in I. in den Vereinigten Staaten ansässiges forschendes Arzneimittelunternehmen. Die Antragsgegnerin ist eine weitgehend auf den Vertrieb von Generika spezialisierte Gesellschaft der i. T.-Unternehmensgruppe mit Sitz in U..

Die Antragstellerin ist ausschließliche und allein verfügungsberechtige Inhaberin des europäischen Patents EP 1 313 508 B1 (Anlagen HL3, HL 3 a, nachfolgend: Verfügungspatent), welches am 15.06.2001 unter Inanspruchnahme mehrerer Prioritäten vom 30.06.2000, 27.09.2000 und 18.04.2001 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung und Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung erfolgte am 18.04.2007. Das Verfügungspatent ist mit Wirkung für Deutschland erteilt und steht in Kraft (Anlage HL 4). Patentansprüche 1 bis 5 sowie 10 und 11 lauten in der Verfahrenssprache

  • 1.Use of pemetrexed disodium in the manufacture of a medicament for use in combination ther-apy for inhibiting tumor growth in mammals wherein said medicament is to be administered in combination with vitamin B12 or a pharmaceutical derivative thereof, said pharmaceutical derivative of vitamin B12 being hydroxocobalamin, cyanochlorocobalamin, aquocobalamin perchlorate, aquochlorocobalamin perchlorate, azidocobalamin, chlorocobalamin or co-balamin.

  • 2.Use according to claim 1 wherein said medicament is to be administered with vitamin B12 or a pharmaceutical derivative thereof, said pharmaceutical derivative of vitamin B12 being hy-droxocobalamin, cyanochlorocobalamin, aquocobalamin perchlorate, aquochlorocobalamin perchlorate, azidocobalamin, chlorocobalamin or cobalamin, and a folic bind-ing protein binding agent selected from folic acid, (6R)methyl-5,6,7,8-tetrahydrofolic acid and (6R)forinyl-5,6,7,8-tetrahydrofohc acid or a physiologically available salt or ester thereof.

  • 3.Use according to claim 2 wherin the folic binding protein binding agent is folic acid.

  • 4.Use according to any of claims 1 to 3 wherein the vitamin B12 or pharmaceutical derivative thereof is vitamin B12, cobalamin or chlorocobalamin.

  • 5.Use according to any one of claims 1 to 3 wherein the vitamin B 12 or pharmaceutical derivative thereof is selected from vitamin B12 or hydroxocobalamin.

  • 10.Use according to any one of claims 1 to 9 wherein vitamin B12 or pharmaceutical derivative thereof is to be administered as an intramuscular injection.

  • 11.Use according to any one of claims 2 to 10 wherin the folic binding protein binding agent is to be administered orally as a tablet.

sowie in deutscher Übersetzung:

  • 1.Verwendung von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern, worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat hiervon verabreicht werden soll, wobei das pharmazeutische Derivat von Vitamin B12 Hydroxocobalamin, Cya-nochlorcobalamin, Aquocobalaminperchlorat, Aquochlorcobalaminperchlorat, Azidocoba-lamin, Chlorcobalamin oder Cobalamin ist.

  • 2.Verwendung nach Anspruch 1, worin das Arzneimittel verabreicht werden soll in Kombination mit Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat hiervon, wobei das pharmazeutische Derivat von Vitamin B12 Hydroxocobalamin, Cyanochlorcobalamin, Aquocobalaminperchlorat, Aquochlorcobalaminperchlorat, Azidocobalamin, Chlorcobalamin oder Cobalamin ist, und mit einem Folsäurebindeproteinbindemittel, das ausgewählt ist aus Folsäure, (6R)Methyl-5,6,7,8-tetrahydrofolsäure und (6R)Formyl-5,6,7,8-tetrahydrofolsäure oder einem physiologisch annehmbaren Salz oder Ester hiervon.

  • 3.Verwendung nach Anspruch 2, worin das Folsäurebindeproteinbindemittel Folsäure ist.

  • 4.Verwendung nach einem der Ansprüche 1 – 3, worin das Vitamin B12 oder das pharmazeutische Derivat hiervon Vitamin B12, Cobalamin oder Chlorcobalamin ist.

  • 5.Verwendung nach einem der Ansprüche 1 – 3, worin das Vitamin B12 oder das pharmazeutische Derivat hiervon aus Vitamin B 12 oder Hydroxocobalamin ausgewählt ist.

  • 10.Verwendung nach einem der Ansprüche 1 – 9, worin das Vitamin B12 oder ein pharmazeutisches Derivat hiervon als eine intramuskuläre Injektion verabreicht werden soll.

  • 11.Verwendung nach einem der Ansprüche 2 – 10, worin das Folsäurebindeproteinbindemittel oral als eine Tablette verabreicht werden soll.

Das Verfügungspatent war Gegenstand eines Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt, das von der T. P. I. Ltd. angestrengt worden war. Mit Entscheidung vom 27.12.2010 wies die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts den Einspruch zurück (Anlagen HL20, HL 20a). Die von der Einspruchsführerin mit Schriftsatz vom 03.03.2011 eingelegte Beschwerde nahm diese mit Schriftsatz vom 28.10.2015 einseitig zurück, so dass das Beschwerdeverfahren am 06.11.2015 ohne Sachentscheidung eingestellt wurde. Am 05.02.2016 erhob die H. AG Nichtigkeitsklage gegen das Verfügungspatent vor dem Bundespatentgericht (Az. 3 Ni 23/16, Anlage AG 32 mit Anlagen NiK 1 bis 20).

Das Verfügungspatent sieht vor, dass Pemetrexed in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 oder Derivaten davon und optional Folsäure zur Therapie bei Krebserkrankungen des Brustfells bzw. bei fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom verabreicht wird. Dadurch sollen die durch die Behandlung mit Pemetrexed verursachten potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten verringert werden, ohne dass gleichzeitig die tumorhemmende Wirkung des Antifolats Pemetrexed reduziert wird. Bei dem Wirkstoff Pemetrexed, der von der Antragstellerin unter dem Namen A.® vertrieben wird, handelt es sich um ein sogenanntes Antifolat. Antifolate sind anti-neoplastische Mittel, mit denen im Rahmen der Chemotherapie auf die Teilungsfähigkeit der Zellen eingewirkt wird. Der chemische Stoff Pemetrexed war als solcher bis zum 10.12.2010 durch das zugrundeliegende Stoffpatent EP 0 432 677 B1 (Anlage AG 21) geschützt. Auf dessen Grundlage war der Antragstellerin ein ergänzendes Schutzzertifikat (DE12 2005 000 012.4) erteilt worden, das am 10.12.2015 ablief.

Am 03.03.2016 erhielt die Antragsgegnerin eine nationale deutsche Zulassung für ihr Produkt A.® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), das seit dem 01.04.2016 in der Lauer-Taxe gelistet ist. Wie aus der Fachinformation der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anlage HL 7 hervorgeht, enthält jede Durchstechflasche A.® den Wirkstoff Pemetrexed in Form von Pemetrexeddisäure in Lösung als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, die der Behandlung menschlicher Patienten mit Krankheiten wie dem malignen Pleuramesotheliom oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, die sich durch Tumorwachstum auszeichnen, dient. Das Konzentrat enthält das Pemetrexed-Anion in vollständig dissoziierter Form sowie verschiedene andere Bestandteile, darunter Tromethamin auch TRIS oder Trometamol genannt (Seite 21, Ziffer 6.1 von Anlage HL 7, dort Trometamol genannt). Entsprechend dem Abschnitt „Prämedikation“ auf Seite 2 von Anlage HL 7 müssen Patienten, die mit A.® behandelt werden, zur Reduktion der Toxizität täglich orale Gaben von Folsäure oder Multivitaminen mit Folsäure erhalten, wobei die Folsäuregabe sieben Tage vor der ersten Dosis Pemetrexed begonnen und während der Therapie sowie weitere 21 Tage nach der letzten Pemetrexed-Dosis fortgesetzt werden soll. Zudem müssen die Patienten hiernach eine intramuskuläre Injektion Vitamin B12 in der Woche vor der ersten Pemetrexed-Dosis sowie nach jedem dritten Behandlungszyklus erhalten. Weitere Vitamin-B12-Injektionen können am selben Tag wie Pemetrexed gegeben werden.

Das Landgericht München I hat auf Antrag der Antragstellerin vom 05.04.2016 mit Beschluss vom 06.04.2016, Az. 21 O 5583/16 (Bl. 44 /47 d. A.), eine einstweilige Verfügung erlassen, durch die der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde, Pemetrexed als Pemetrexeddisäure, sinnfällig hergerichtet für die Verwendung bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern, worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 und Folsäure verabreicht werden soll, wobei Vitamin B12 als intramuskuläre Injektion und Folsäure oral als Tablette verabreicht werden soll, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Diese Beschlussverfügung hat das Landgericht auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin mit Urteil vom 24.06.2016 (Bl. 187/217 d. A.) bestätigt.

Zur Begründung hat das Erstgericht, auf dessen tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:

Der Antragstellerin stehe gegen die Antragsgegnerin ein Verfügungsanspruch auf Unterlassung des Anbietens und Inverkehrbringens der sinnfällig hergerichteten angegriffenen Ausführungsform aus §§ 9 Satz 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. Art. 53 lit. c), 54 Abs. 5, 64 EPÜ zu. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 11 des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 313 508 B1 äquivalent.

Die durch das Verfügungspatent unter Schutz gestellte technische Lehre sei aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsfachmanns, nämlich eines Teams aus einem Pharmakologen oder Pharmazeuten mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebswirkstoffen wie Antifolaten zu ermitteln. Der Gegenstand der Erfindung des Verfügungspatents betreffe im Sinne einer zweiten medizinischen Indikation die Verwendung des Wirkstoffs Pemetrexed in einer Kombinationsbehandlung mit Folsäure und einem Methylmalonsäure verringernden Mittel wie Vitamin B12, durch die die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitä-ten dieses Antifolats verringert werden sollen, ohne dass die tumorhemmende Wirkung des Chemotherapeutikums beeinträchtigt werde. Aufgabe der verfügungspa-tentgemäßen Erfindung sei es, die durch die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitä-ten verbliebene Limitierung bei der optimalen Verabreichung von Antifolaten zu überwinden und bestimmte toxische Effekte signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats nachteilig zu beeinflussen. Das Antifolat Pemetrexed werde in der Salzform als Pemetrexeddinatrium verwandt. Insoweit lasse sich nicht argumentieren, dass unter Anspruch 11 im Sinne einer funktionsorien-tierten Auslegung alle sonstigen Formen von Pemetrexed fielen, die z.B. aufgrund ihrer Dissoziation bei der Verabreichung nur noch als Pemetrexed-Ion vorlägen und in gleicher Weise wie Pemetrexeddinatrium im Ergebnis die Hemmung des Tumorwachstums bewirken würden sowie ohne Wirkungsverlust zur Nebenwirkungsreduktion mit Vitamin B12 und Folsäure kombinierbar seien. Bei dem in Anspruch 11 genannten Pemetrexeddinatrium handele es sich um eine klar definierte chemische Substanz mit einer für den Fachmann klaren Struktur- und Summenformel, also um ein im patentrechtlichen Sinne räumlich-körperlich definiertes Merkmal. Eine funktionale Betrachtung dürfe aber bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert werde, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen sei, nicht mehr in Übereinstimmung stehe. Anderenfalls würde die Grenze zwischen wortsinngemäßer und äquivalenter Benutzung aufgelöst, was insbesondere wegen des nur bei Letzterer zulässigen Formstein-Einwands proble matisch sei. Maßgeblich den Gegenstand der Erfindung bestimme im Ergebnis die Erkenntnis, dass die Kombination von Pemetrexeddinatrium mit einem Methylmalon-säure verringernden Mittel wie Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat davon in Kombination mit Folsäure die aus dem Stand der Technik bekannten Toxizi-täten verringere, ohne die Wirksamkeit des Arzneimittels im Hinblick auf die Hemmung des Tumorwachstums zu beeinträchtigen.

Die Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 11 würden durch die angegriffene Ausführungsform zwar nicht wortsinngemäß, jedoch äquivalent verwirklicht. Eine wortsinngemäße Verletzung von Anspruch 11 scheide aus, da das Merkmal 11.1 die Verwendung der konkreten Salzform Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels betreffe. Die angegriffene Ausführungsform enthalte jedoch Pemetrexeddisäure, nicht Pemetrexeddinatrium.

Der geltend gemachte Anspruch 11, insbesondere das hier maßgebliche Merkmal 11.1 (vgl. Merkmalsanalyse Seite 19, 3. Abs. LGU) sei jedoch äquivalent verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform der Antragsgegnerin löse die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe mit abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln. Zur Lösung der Aufgabe der verfügungspatentgemäßen Erfindung würden die Merkmale von Anspruch 11 in ihrer Gesamtheit und Merkmal 11.1 im Einzelnen dazu beitragen, dass mit Pemetrexeddinatrium ein wirksames Antifolat zur Verfügung gestellt werde, dessen potentiell schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Kombinationstherapie mit intramuskulär injiziertem Vitamin B12 und oral verabreichter Fol-säure signifikant und ohne therapeutischen Wirkungsverlust reduziert würden. Diese Gesamtwirkung der Erfindung und insbesondere die Wirkung des in Merkmal 11.1 vorgesehenen Pemetrexeddinatriums erziele die bei der angegriffenen Ausführungsform verwandte Pemetrexeddisäure mit Tromethamin ebenfalls. Es sei unstreitig, dass sowohl bei Pemetrexeddinatrium als auch bei der mit Tromethamin verwendeten Pemetrexeddisäure bei der Herstellung des Arzneimittels, also nach Auflösung bzw. in der als Konzentrat vertriebenen Lösung, eine Dissoziierung erfolge und jeweils das Pemetrexed-Anion vorliege, das für die therapeutische Wirkung verantwortlich und mit Nebenwirkungen verbunden sei, die erfindungsgemäß in der Kombinationstherapie reduziert würden. Die Gleichwirkung werde dadurch erreicht, dass das therapeutisch wirksame Pemetrexed-Anion bei der Herstellung unabhängig von der Ausgangsform des Präparats immer gleich vorliege, im Rahmen der technischen Lehre die tumorhemmende Wirkung entfalte und der wirkungsverlustfreien Nebenwirkungsreduktion mit Folsäure und Vitamin B12 zugänglich sei. Da die Gleichwir-kungsfrage die konkret definierte Erfindungswirkung in Bezug auf die Aufgabe betreffe, würden sich weitergehende allgemeine pharmakologische Betrachtungen zu Arzneimitteleigenschaften wie Stabilität und Haltbarkeit, zur Zellaufnahme, deren Geschwindigkeit und Menge, zu Formulierungsfragen oder zu arzneimittelrechtlichen Problemen wie der Abgrenzung zwischen Generika- und Hybridzulassung und deren Voraussetzungen verbieten.

Der maßgebliche Durchschnittsfachmann habe die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln Pemetrexeddisäure und Tromethamin zum Prioritätszeitpunkt auch ohne erfinderische Überlegungen als gleichwirkend auffinden können. Da für die Lösung der Aufgabe erforderlich gewesen sei, ein Pemetrexed-Anion zur Verabreichung an den Patienten im Rahmen der Herstellung eines Arzneimittels zur Verfügung zu stellen, habe es nahe gelegen, Tromethamin als alternatives Gegenion zur Salzbildung von Pemetrexed vorzusehen. Wie sich aus dem von der Antragstellerin vorgelegten „Handbook of Pharmaceutical Salts“ von Stahl et al. (Anlage HL 18, Seite 324 f.) ergebe, seien zum Prioritätszeitpunkt bereits Tromethaminsalze zugelassen gewesen, wobei es sich um eines der zehn am häufigsten eingesetzten Salzbildner gehandelt habe. Gleichzeitig sei es als Puffer bekannt gewesen, der nahe des physiologischen pH-Wertes verwendet worden sei (Anlage HL 19), so dass es sich bei der Bereitstellung einer Darreichungsform, die nur in verträglicher Weise zur Verabreichung des dissoziierten Pemetrexed-Anions führen sollte, um eine routinemäßige Formulierungstätigkeit gehandelt habe.

Schließlich seien die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen gehabt habe, um zu der gleichwirkenden Abwandlung einer Verwendung von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch 11 unter Schutz gestellten Lehre orientiert, dass er die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht gezogen habe. Die Überlegungen, die der Fachmann anstellen würde, um Pemetrexeddisäure mit Tromethamin für die ansonsten unveränderte Verwendung bereitzustellen, seien derart an der Lehre des Verfügungspatents orientiert, dass sich die Gesamtheit der Lösung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin als gleichwertig darstelle, weil sie zur Verabreichung eines Pemetrexed-Anions nach Dissoziierung an den Patienten in einer Weise führe, die die Wirksamkeit der Therapie bei ihrem Einsatz in der Vitamin-Kombinationsbehandlung nicht infrage stelle, während die massiven Toxizitäten - so wie es die technische Lehre des Patents erfordere -unverändert reduziert würden.

Der Annahme einer Orientierung am Patentanspruch könne nicht entgegengehalten werden, dass die Patentinhaberin durch ihre Beschränkung auf Pemetrexeddinatrium im Anspruch bei gleichzeitig weiter gefasster Beschreibung, die von Antifolaten als Klasse spreche, im Erteilungsverfahren eine bewusste Auswahlentscheidung getroffen habe, die eine Äquivalenzbetrachtung verbiete. Für derartige Überlegungen dürfe aus Rechtssicherheitsgründen nicht auf Unterlagen aus dem Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden oder versucht werden, mitgeteilte Erkenntnisse über das Erteilungsverfahren so in die Ansprüche und die Beschreibung hineinzulesen, dass sich vermeintlich aus der Patentschrift selbst eine Einschränkung des Schutzbereichs ergebe. Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibe bei der Auslegung außer Betracht. Weder dürfe der Patentanspruch nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden, noch dürfe umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt würden. Allenfalls dann, wenn - wie vorliegend nicht - zweifelhaft bleibe, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen ließen, dürfe die Anspruchsgeschichte zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden sei, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweiche oder hinter diesem zurückbleibe. Die Prüfung der Orientierung am Patentanspruch im Rahmen der Äquivalenz habe nicht zum Ziel, im Rahmen der Anspruchsauslegung Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung zu setzen. Vielmehr gehe es darum, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden. Soweit das OLG Düsseldorf (Anlage HL13) eine Auswahlentscheidung wegen der erwähnten Klasse der Antifolate angenommen habe, könne diese allenfalls alle anderen Antifolate ausschließen, nicht aber sämtliche Derivate des einen - vermeintlich ausgewählten - Antifolats Pemetrexed. Gegen eine Auswahlentscheidung sei des Weiteren ins Feld zu führen, dass Pemetrexeddisäure in der Beschreibung nicht thematisiert sei, so dass die Nennung von Pemetrexeddinatrium im Anspruch nicht als Verzicht auf Pemetrexed-disäure verstanden werden könne.

Es bestehe der Verfügungsgrund der Dringlichkeit im Sinne von §§ 936, 917 ZPO. Die zeitige Durchsetzung des Verfügungsanspruchs sei deshalb erforderlich, weil nicht davon auszugehen sei, dass das Verfügungspatent das Nichtigkeitsverfahren mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ voraussichtlich nicht überstehen werde und auch Dringlichkeit im engeren Sinne gegeben sei. Prüfungsmaßstab sei aufgrund der vorangegangenen Einspruchsentscheidung des Europäischen Patentamts vom 27.12.2010 (Anlage HL 20), durch die das Verfügungspatent unverändert aufrechterhalten worden sei, die Frage, ob sich diese Entscheidung als unvertretbar darstelle. Die Einspruchsabteilung komme in ihrer Entscheidung vom 27.12.2010 (Anlage HL 20) auf den Seiten 13 ff. zu dem Ergebnis, dass es dem Verfügungspatent nicht im Hinblick auf die dortigen Entgegenhaltungen D 28 (jetzige Anlage NiK 2) gegebenenfalls in Kombination mit D 9 (jetzige Anlage NiK 16) und dem allgemeinen Fachwissen an erfinderischer Tätigkeit mangele, da die Verabreichung von Vitamin B12 zur Verringerung der Toxizitäten der Pemetrexedbehandlung für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt nicht nahegelegen habe. Die nach Auffassung der Kammer keinesfalls unvertretbaren sachkundigen Äußerungen der Einspruchsabteilung rechtfertigten es auch im Lichte der hiesigen Argumentation der Antragsgegnerin nicht, von einer fehlenden erfinderischen Tätigkeit auszugehen und für das Nichtigkeitsverfahren eine Vernichtungsprognose zu stellen. Die von der Antragsgegnerin als Ausgangspunkt herangezogene Anlage NiK 8 allein oder in Kombination mit der - auch von der Einspruchsabteilung herangezogenen - Anlage NiK 2 lasse den aus Anlage NiK 16 allein oder in Kombination mit Anlage NiK 2 gezogenen Schluss der Einspruchsabteilung, dass es nicht an erfinderischer Tätigkeit fehle, nicht unvertretbar erscheinen. Die Kammer könne diesen Dokumenten zwei für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt zutage getretene Aussagen klar entnehmen: zum einen, dass eine starke Korrelation zwischen erhöhten Plasmawerten an Homocys-tein vor der Behandlung und den durch die Pemetrexed-Behandlung hervorgerufenen Toxizitäten bestehe, und zum anderen, dass ein Mangel von Folsäure und/oder Vitamin B12 zu erhöhten Plasmawerten an Homocystein führe. Der von der Antragsgegnerin in die Entgegenhaltungen hineingelesene „missing link“, dass nämlich zu einer Reduzierung der Toxizitäten von Pemetrexed auch das den Homocysteinspie-gel senkende Vitamin B12 zu verabreichen sei, lasse sich den Dokumenten nicht ohne weiteres entnehmen. Warum sich dies für den Fachmann aus einer Kombination mit seinem allgemeinen Fachwissen zum Prioritätszeitpunkt hätte ergeben sollen, erschließe sich ebenfalls nicht. Insofern sei der Aussagegehalt von NiK 8 und NiK 16 zu beachten, der den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt gerade von diesem Rück-schluss abgehalten habe, da NiK 16 feststelle, dass die übrigen Prädikatoren, zu denen auch derjenige mit Vitamin-B12-Markerfunktion, die Methylmalonsäure, gehöre, keine Korrelation mit den Toxizitäten erkennen ließen. Dass allein aufgrund des einen fehlenden Satzes in der NiK 8 der Fachmann diesen Schluss doch gezogen hätte, erscheine nicht nachvollziehbar, zumal Abstracts, wie sie die beiden Entgegenhaltungen darstellten, keine umfassende Diskussion nicht zielführender Methoden, sondern nur eine knappe Darstellung wissenschaftlich weiterführender Erkenntnisse erwarten ließen. Diese bestünden bei NiK 8 in der Korrelation zwischen Homocystein-spiegel und Toxizitäten, nicht in potentiell hineinzulesenden Aussagen zur Methylma-lonsäure. Hieran änderten auch die Entgegenhaltungen NiK 9 und NiK 13 nichts, die die Senkung des Homocysteinspiegels durch Vitamine wie Vitamin B12 und Folsäure behandelten, um die Folgewirkungen des erhöhten Homocysteins zu vermeiden, wobei die Anlage NiK 9 im Rahmen eines Kolloquiums zum Zusammenhang zwischen Homocystein, Vitaminen und arteriellen Verschlusskrankheiten entstanden sei. Entsprechende Literatur hätte der Fachmann bereits nicht herangezogen, um zum Prioritätszeitpunkt die Frage der Reduzierung von Nebenwirkungen eines Zytostatikums zu prüfen. Selbst wenn er sie herangezogen hätte, hätte er den Dokumenten lediglich die Möglichkeit der Prävention und Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen, die mit einem erhöhten Homocysteinspiegel vergesellschaftet seien, entnommen, nicht aber auf das Potential von Vitamin B12 schließen können, die Toxizi-tät von Pemetrexed in den Griff zu bekommen. Ähnliches gelte für die ernährungsmedizinische Entgegenhaltung NiK 12, aus der sich die indizierte kombinierte Gabe von Folsäure und Vitamin B12 und das ansonsten drohende Maskierungsproblem eines Vitamin-B12-Mangels ergeben solle. Selbst wenn der - ernährungsmedizinisch wenig beschlagene - Fachmann entsprechende Literatur zum Prioritätszeitpunkt konsultiert hätte, hätte er ihr weder direkt noch in Kombination mit den vorgehenden Dokumenten den Hinweis entnommen, zur Reduzierung der Nebenwirkungen neben Folsäure auch Vitamin B12 zu verabreichen, weil die ernährungsmedizinisch anzugehenden Probleme eines möglichen Vitamin-B12-Mangels gegebenenfalls mit erhöhten Homocysteinwerten, wie sie die Anlage NiK 12 auf den Seiten 127 ff. beschreibe, für terminal kranke Lungenkrebspatienten keine Rolle mehr spielten. Soweit die Anlage NiK 14 für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt die Verbindung zwischen den Nebenwirkungen einer Therapie mit dem verwandten Antifolat Me-thotrexat und einer Supplementierung auch mit Vitamin B12 hergestellt haben solle, könne dem nicht gefolgt werden, da die Anlage NiK 14 auf Seite 4 lediglich diskutiere, dass der Vitamin-B12-Mangel selbst eine Nebenwirkung der Behandlung sein könne und es sinnvoll sein könne, diesen Mangel auszugleichen. Die Entgegenhaltung behandle also ein umgekehrtes Problem. Dass gerade die Vitamin-B12-Supplementierung geeignet sei, die Nebenwirkungen des Antifolats zu reduzieren, zeige das Dokument dagegen nicht auf. Auch solle der Vitamin-B12-Mangel keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Medikaments haben, was es als naheliegender erscheinen lasse, dass Vitamin B12 mit den Nebenwirkungen in keinem Zusammenhang stehe. Schließlich sei die Kammer auch davon überzeugt, dass es die Anlage NiK 15 (M et al., Seite 270, Abschnitt 9.), die der Einspruchsabteilung schon deswegen bekannt gewesen sei, weil sie in Teilziffer [0001] des Verfügungspatents erwähnt sei, dem Fachmann nicht ohne weiteres nahegelegt hätte, die Nebenwirkungen des dort behandelten Antifolats Lometrexol durch die Gabe von Vitamin B12 zusätzlich zur Folsäure zu reduzieren. Denn der Durchschnittsfachmann hätte zum Prioritätszeitpunkt erkannt, dass der Beitrag von M et al. nur allgemeine Überlegungen zur Vitamin-Supplementierung ohne Belege und experimentell gewonnene Daten enthalte, und hätte sich veranlasst gesehen, nach speziellerer Literatur mit empirisch gewonnenem Datenmaterial zu suchen. Diese spezielleren, experimentellen Ansätze hätte er bei N.et al. in den Anlagen NiK 8 und NiK 16 gefunden, wo bereits Phase-II-Untersuchungen beschrieben seien und die den Durchschnittsfachmann von einer Vitamin-B12-Gabe in Kombination mit Folsäure wieder weggeführt hätten.

Es bestehe auch Dringlichkeit im engeren Sinne. Die vorzunehmende Interessenabwägung gehe zugunsten der Antragstellerin aus, da es ihr nicht zuzumuten sei, den Markteintritt der Antragsgegnerin hinzunehmen und jedenfalls für einen Zwischenzeitraum auf die Geltendmachung von Schadensersatz verwiesen zu werden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass selbst nach der von den Münchener Patentstreitkammern nicht vertretenen engen Rechtsauffassung, wonach einstweiliger Rechtsschutz nur im Falle eines weitgehend eindeutigen Rechtsbestandes zu gewähren sei, deshalb Ausnahmen gemacht würden, weil durch den Markteintritt bei Medikamenten ein Preisverfall drohen könne, während der mögliche Schaden des mit geringerem unternehmerischen Risiko tätigen Herstellers eines Hybridarzneimittels oder Generi-kums eher durch Ersatzleistungen ausgeglichen werden könne.

Gegen das der Antragsgegnerin am 30.06.2016 zugestellte Urteil hat diese mit am 20.07.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 222/223 d. A.) Berufung eingelegt, welche sie - nach gewährter Fristverlängerung bis zum 28.10.2016 (Bl. 230 d. A.) - mit Schriftsatz vom 28.10.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 232/297 d. A.), begründet hat.

Die Antragsgegnerin macht unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag geltend:

Das Landgericht habe im Ergebnis die zu lösende Aufgabe und damit den Gegenstand der Erfindung nur teilweise erfasst und damit unzutreffend beurteilt. Die Kammer habe nicht berücksichtigt, dass der Patentanspruch (im Gegensatz zu Teilen der Patentbeschreibung) eben nicht auf Antifolate als Klasse gerichtet sei. Der Frage, aus welchem Grund die eindeutige Beschränkung in Anspruch 1 und 11 des Verfügungspatents auf Pemetrexeddinatrium aufgenommen worden sei, gehe die Kammer nicht nach. Kern der technischen Lehre sei entgegen den Feststellungen des Landgerichts nicht die durch die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten verbliebene Limitierung bei der optimalen Verabreichung von Antifolaten zu überwinden und be stimmte toxische Effekte zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats jedweder Art zu beeinflussen, sondern gerade spezifisch von Pemetrexed-dinatrium. Das Landgericht lasse in seinen Entscheidungsgründen erkennen, dass es in der Sache zunächst auf Antifolate als Klasse abstelle. Dabei spiele der konkrete Wirkstoff, der für die Herstellung des Antifolatarzneimittels verwendet werde (einschließlich seiner Derivat- oder Salzform), für die technische Lehre des Klagepatents eine ebenso wichtige Rolle wie die Verabreichung von Vitamin B12 und Folsäure. Als Antifolatarzneimittel der Erfindung sei ausdrücklich Pemetrexeddinatrium ausgewählt worden. Daran müsse sich die Patentinhaberin nunmehr festhalten lassen. Der Schutzbereich des Klagepatents könne nicht auf die Kombination von Vitamin B12 und Folsäure mit einem beliebigen anderen Antifolatarzneimittel erstreckt werden. Der Schutzbereich des Verfügungspatents umfasse sowohl in wortsinngemäßer als auch in äquivalenter Hinsicht die Verwendung spezifisch von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels, das einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 und Folsäure diene. Dabei sei die vollständige beanspruchte Substanz maßgeblich. Ein Abstellen allein auf das Pemetrexed-Anion und die isolierte Betrachtung der davon ausgehenden Wirkung, wie sie offenbar das Landgericht vornehme, verbiete sich vor dem Hintergrund, dass mit Pemetrexeddinatrium ein eindeutiges und klares Merkmal Eingang in den Patentanspruch gefunden habe.

Entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung der Kammer sei das Klagepatent nicht verletzt. Die angegriffene Ausführungsform mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin mache nicht in äquivalenter Weise von Anspruch 11 des Klagepatents Gebrauch. Folge der präzisen Definition des Merkmals „Pemetrexeddinatrium“ im Anspruch sei nach zutreffender Sichtweise, dass vorliegend kein anderer Maßstab angelegt werden könne, als er auch bei Zahlen- und Maßangaben in Patentansprüchen zugrunde gelegt werde. Im Hinblick auf die bewusste Entscheidung des Patentinhabers zugunsten allein des spezifisch beanspruchten Pemetrexeddinatriums dürfe nicht übersehen werden, dass Grund für die Annahme einer Patentverletzung bei (lediglich) äquivalenter Verwirklichung eines Merkmals bekanntlich die Erkenntnis sei, dass weder der Patentanmelder noch die Erteilungsbehörde in der Lage seien, sämtliche zahlreichen Möglichkeiten einer konkreten technischen Ausgestaltung einer beanspruchten Lehre zum technischen Handeln im Wortlaut des Patentanspruchs zu er fassen. Die mit der Anerkennung eines Schutzes wegen äquivalenter Patentbenutzung verbundene und in Kauf genommene Rechtsunsicherheit rechtfertige sich also durch die praktische Schwierigkeit, den Erfindungsgegenstand eindeutig und umfassend sprachlich zu umschreiben. Naturgemäß trage dieser Aspekt nicht, wenn ganz bewusst ein beschränkter Schutzumfang ausgewählt worden sei, wobei die Motive und Gründe hierfür nicht relevant seien. Genau hierfür sprächen vorliegend mehrere Anhaltspunkte, so etwa die Bezugnahme des Verfügungspatents auf Antifolate als Klasse, die sich nach der Patentbeschreibung auf die Gattung einer chemischen Verbindung beziehe, wobei die nach dem Verständnis des Fachmanns eindeutig darunterfallende angegriffene Ausführungsform aber - im Gegensatz zu Pemetrexeddi-natrium - gerade nicht beansprucht würde. Gemäß Absatz [0022] des Verfügungspatents werde zudem in Abgrenzung zu den Ausdrücken „Antifolat“ und „Antifolatarz-neimittel“ allgemein als beanspruchter Gegenstand gerade spezifisch auf Pemetrexeddinatrium abgestellt. Ferner deute auf ein solches Verständnis des Fachmanns, dass der Patentinhaber bewusst den Schutz allein auf Pemetrexeddi-natrium beschränkt habe, dass die anderen Bestandteile der Ansprüche (Vitamin B12, Folsäure) nicht auf einen einzigen Stoff beschränkt seien, sondern demgegenüber bestimmte weitere Derivate dieser Stoffe erlaubten. Hinzukomme, dass ein anderes Verständnis zu Lasten der Rechtssicherheit für Dritte ginge. Unterstelle man -mit dem Landgericht -, das Merkmal Pemetrexeddinatrium erfasse einen über seinen Wortlaut hinaus weitergehenden Schutzumfang, dränge sich die Frage auf, wofür es dann stehen solle und wie weit sich der Anwender von dem Wortlaut entfernen müsse, um das Patent nicht zu verletzen.

Die angegriffene Ausführungsform sei objektiv nicht gleichwirkend mit dem patentgemäßen Pemetrexeddinatrium. Letztlich habe das Landgericht nur deshalb zu einer Bejahung der Gleichwirkung von Pemetrexeddisäure mit dem patentgemäßen Merkmal Pemetrexeddinatrium gelangen können, weil es im Ergebnis die Aufgabe des Verfügungspatents fehlerhaft bestimme und vielmehr nur auf Teile der erfindungsgemäßen Wirkungen in diesem Zusammenhang abstelle. Das Landgericht weite für die Verwirklichung der technischen Lehre die Funktion von Pemetrexeddinatri-um auf die Antifolatwirkung des Stoffes Pemetrexed als solchen aus. Gleichzeitig beschränke es den Sinngehalt des Patents aber auch auf diesen Aspekt. Der Inhalt der technischen Lehre werde auf diese Weise nur unvollständig und damit fehlerhaft wiedergegeben. Dass gerade spezifisch Pemetrexeddinatrium, das Dinatriumsalz von Pemetrexed, und nicht Pemetrexed als solches beansprucht werde, ignoriere das Landgericht hierbei schlicht. Es gehe nicht an, die Beurteilung der objektiven Gleichwirkung nur auf einen Aspekt der Erfindung - hier allein die Antifolatwirkung -zu beschränken und einzig diese Wirkung als für die Erfindung relevant zu titulieren. Für die nach dem Gegenstand des Verfügungspatents vorgesehene Herstellung eines erfindungsgemäßen Antifolatarzneimittels seien nicht nur die Pemetrexed-Anionen entscheidend. Es seien vielmehr sämtliche Bestandteile des Arzneimittels maßgeblich, die allesamt relevante Eigenschaften einer pharmazeutischen Substanz trügen. Insbesondere sei auch bedeutend, welche Gegenionen in dem Antifolatarz-neimittel eingesetzt würden, denn diese hätten nicht nur erheblichen Einfluss auf die von der Arzneiform abhängigen Eigenschaften des Arzneimittels und dessen Verträglichkeit, sondern auch auf die Therapieeffizienz des eigentlichen Wirkstoffes. Vorliegend entfalte das in der angegriffenen Ausführungsform enthaltene Tromethamol ebenfalls Wirkungen, die in diesem Fall insbesondere auch therapieschädliche Aspekte betreffen könnten. So sei Tromethamol nicht kompatibel mit dem Zytostatikum Cisplatin (vgl. Anlage HL 7, S. 21 unter 6.2.). Auch habe sich für die abgeänderte Ausführungsform von Pemetrexed in Lösung allenfalls ein ähnlicher intrazellulärer Transportmechanismus gegenüber dem Produkt A. der Antragstellerin feststellen lassen (vgl. Anlage HL 40, Seite 13, 2. Absatz, vgl. Auch Anlage HL 11). Trometha-min sei darüber hinaus bereits vor dem Prioritätstag dafür bekannt gewesen, dass es bei Niereninsuffizienz nicht verwendet werden dürfe (vgl. Anlage AG 54), wobei Nierenfunktionsstörungen bereits eine sehr häufige Folge einer Pemetrexed-Behandlung darstellten. Das Landgericht ignoriere den entscheidenden Aspekt, dass es ausgehend vom streitgegenständlichen Patentanspruch als Bestandteil der Merkmale 1.1 und 11.1 der Erfindung gerade immanent sei, das spezifische Pemetrexedsalz Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Antifolatarzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zu verwenden. Da auch diese Merkmale in dem Patentanspruch Eingang gefunden hätten, seien auch sämtliche von dem gesamten Antifolatarzneimittel zur Verwendung in einer Kombinationstherapie ausgehenden Wirkungen in diesem Zusammenhang erfindungsgemäß. Es bedürfe mithin eines für den Therapiezweck tauglichen Arzneimittels, so dass jegliche, und zwar alle, Wir kungen in dem Lichte relevant seien. Dies gelte insbesondere auch für die vom Landgericht ausdrücklich im Rahmen der Betrachtung deshalb ausgeschlossenen Punkte, weil sie offenbar nicht einzig und ausschließlich das Pemetrexed-Ion beträfen. Teil der erfindungsgemäßen Aufgabe sei es insbesondere auch, eine (neben der Tumorhemmung und der Reaktion toxischer Nebenwirkungen) gleichfalls effiziente, wirksame, haltbare und verträgliche Zusammensetzung zur Verfügung zu stellen. Die von der angegriffenen Ausführungsform als Arzneimittel ausgehenden Wirkungen unterschieden sich jedoch deutlich erkennbar von denen des Verfügungspatents. Die Antragstellerin verweise in ihrem älteren Stoffpatent EP '677 (Anlage AG 21) selbst auf die unterschiedliche Wirkung der Stoffe Pemetrexeddisäure und Pemetrexeddi-natrium, indem Pemetrexeddinatrium in Abgrenzung zu anderen Formen von Pemetrexed explizit als „vorteilhaft“ ausgewiesen werde. Die angegriffene Ausfü h-rungsform enthalte dieses vorteilhafte Dinatriumsalz von Pemetrexed aber eben gerade nicht. Im Hinblick auf die mögliche Verdünnung in 5%-iger Glukoselösung gelte dies auch nach entsprechender Dissoziierung. Vorliegend sei vielmehr Pemetrexed-disäure betroffen. Von einer Gleichwirkung könne auch schon deshalb nicht die Rede sein, weil nach den Ergebnissen des vorgelegten EPAR Assessment Report der EMA (Anlage HL 11) unterschiedliche Mengen des Wirkstoffs in die Zelle transportiert würden und damit am Wirkort nicht in gleicher Dosis vorlägen. Gegen eine Gleichwirkung spreche ferner der Umstand, dass es sich bei der in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform erteilten Zulassung um keine Generikazulassung, sondern um eine Hybridzulassung handele. Zu beachten sei auch, dass die unterschiedliche Derivatform durchaus Auswirkungen auf die Eigenschaften des Arzneimittels haben könne, insbesondere das Nebenwirkungsprofil, die Toxizität, die Stabilität, Herstellbarkeit und Haltbarkeit sowie die Therapieeffizienz. Soweit das Landgericht die Einbeziehung der pharmakologischen Sichtweise bei der Auslegung der Gleichwertigkeit einer Lösung der patentgemäßen Aufgabe abgelehnt habe, gehe dies mit Blick auf das patentgemäße Merkmal „zur Herstellung eines Arzneimittels“ an der Sache vorbei. Richtigerweise sei die Gesamtheit aller Stoffe in der Zusammensetzung entscheidend. Insgesamt weise Pemetrexeddisäure in Kombination mit Tromethamin keine technisch gleiche Wirkung mit Pemetrexeddinatrium auf. Eine Patentverletzung wegen äquivalenten Gebrauchs hätte mithin allein schon aus dem Grunde nicht angenommen werden dürfen.

Desweiteren fehle es an einem Naheliegen von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin als gleichwirkendes Ersatzmittel für Pemetrexeddinatrium. Das Landgericht habe es bei seiner Prüfung versäumt, den Weg, auf dem der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens zu der vermeintlich gleichwirkenden Ausführungsform gelangt sei, auszuführen. Tatsächlich habe der Austausch von Pemetrexeddinatrium durch die angegriffene Ausführungsform dem Fachmann nicht nahegelegen. Im Gegenteil sei der Fachmann aufgrund der klaren Handlungsanweisung (nur) Pemetrexeddinatrium zu verwenden, insbesondere im Rahmen des hier vorliegenden sensiblen Arzneimittelbereichs, eher dazu geneigt gewesen, davon auszugehen, dass das Dinatriumsalz von Pemetrexed bewusst und aus gutem Grund ausgewählt worden sei. Die Geeignetheit der angegriffenen Ausführungsform als Austauschmittel wäre nicht ohne weitere aufwendige wissenschaftliche Untersuchungen denkbar gewesen, hätte mithin vor Durchführung entsprechender Studien für den Fachmann nicht nahegelegen. Das Landgericht habe es versäumt, sich überhaupt mit der Frage der Auffindbarkeit von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin als gleichwirkendes Austauschmittel für Pemetrexeddinatrium auseinanderzusetzen, sondern beziehe sich allein auf die Auffindbarkeit von Tromethamin als solches im Allgemeinen. Es übersehe auch, dass dem Fachmann zudem gerade nicht bekannt gewesen sei, dass (und wenn, wie) Pemetrexeddisäure mit Tromethamin zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden könne. Im Übrigen sei bereits erstinstanzlich auf den Umstand hingewiesen worden, dass Tromethamin ein eben nicht bekanntes Austauschmittel gewesen sei. Der Stand der Technik lehre weg von Tromethamin, wie sich nicht nur aus Anlage HL 18 ergebe, sondern auch aus der Fachinformation zu A. (Anlage HL 1), wo ausdrücklich vor der gleichzeitigen Anwendung von Substanzen gewarnt werde, die über die Nieren ausgeschieden würden (Anlage HL 1, Seite 3, Punkt 4.5). Auch habe der Fachmann aus dem Stand der Technik gewusst, dass Tromethamin inkompatibel mit Cisplatin sei, welches für jede first-line Therapie aber notwendig sei (Anl. HL 7, Seite 21, 6.2.). Auch aus dem Stoffpatent (Anlage AG 21) habe der Fachmann die dort offenbarten verträglichen Salze erkennen können, wobei Tromethamin nicht genannt sei. Das Landgericht habe nicht erklärt, warum eine Fachperson angenommen hätte, dass Pemetrexeddisäure mit Tromethamin die gleiche Wirkung wie Pemetrexeddinat-rium haben würde. Es habe sich diesbezüglich auch nicht mit der Rechtsprechung aus dem Vereinigten Königreich auseinandergesetzt. Das Landgericht übergehe völlig den Umstand, dass es aufwendiger Studien bedurft hätte, um die Frage der technischen Gleichwirkung überhaupt beantworten zu können, da überhaupt nicht vorhersehbar gewesen sei, wie das Austauschmittel Pemetrexeddisäure mit Trometha-min wirken würde. Der Fachmann habe die vorliegend angegriffene Kombination aus Pemetrexeddisäure mit Tromethamin mithin nicht als gleichwirkendes Austauschmittel für Pemetrexeddinatrium auffinden können, insbesondere da er überhaupt nicht in der Lage gewesen sei, das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil vorherzusehen. Hätte das Landgericht richtigerweise berücksichtigt, dass eine pharmakologische Betrachtung nicht weniger bedeutend für die Wirkweise der Erfindung sei, wäre es - wie auch die britischen Gerichte - mit Blick auf etwaige Auswirkungen des Austauschmittels auf die Wirkweise der Erfindung, wie beispielsweise auch den Punkt der Löslichkeit, zu dem Schluss gelangt, dass jedenfalls die Bejahung eines Naheliegens des Austauschmittels als gleichwirkend ausgeschlossen sei.

Desweiteren stellten die verwendeten Bestandteile in der angegriffenen Ausführungsform auch keine gleichwertige Lösung zu dem patentgemäßen Pemetrexeddi-natrium dar, wie auch das Schweizer Bundesgericht mit Urteil vom 06.12.2016 (Anlage AG 40, insbes. Seiten 18, 19) zutreffend festgestellt habe. Der Grad der spezifischen Definition des Merkmals Pemetrexeddinatrium, welches als solches allein Eingang in den Anspruch gefunden habe, sei mit der konkreten Angabe einer Zahl oder eines Maßes vergleichbar. Diese präzise Angabe lasse ebenso wie die Nennung einer spezifischen chemischen Substanz, definierbar über die chemische Summenformel und CAS-Nummer, für jedermann erkennen, welcher Bereich von dem Merkmal erfasst sei und somit gleichzeitig auch, was nicht in die Eingrenzung dieses Bereichs falle. Soweit der Bundesgerichtshof ausgeführt habe, dass der Fachmann eine gewisse Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansehe und daher eine derart präzise Angabe nicht ohne Weiteres den Schluss rechtfertige, dass der Einsatz einer gleichwirkenden und für den Fachmann auffindbaren Verbindung nicht am Sinngehalt des Patents orientiert sei (Urteil v. 14.06.2016, Az. X ZR 29/15, GRUR 2016, 921 Rn. 77 f. - Pemetrexed), könne dem in Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zugestimmt werden. Gerade im sensiblen Arzneimittelbereich werde der Fachmann davon ausgehen, dass die Ein haltung der Angaben hoch relevant sei, da etwaige Veränderungen und Abweichungen nicht ohne weiteres vorhersehbar seien, aber weitreichende Folgen haben könnten. Es widerspreche dem Sinngehalt des Patents, sei zumindest aber jedenfalls nicht hieran orientiert, ohne weiteres die Verwendung eines Merkmals mit eigener CAS-Nummer und selbständiger chemischer Summenformel durch ein Ersatzmittel mit davon abweichender CAS-Nummer und anderer Summenformel auszutauschen. Dieser offensichtliche Unterschied stehe bereits der Annahme einer Gleichwertigkeit entgegen. Das Landgericht habe bei seiner Beurteilung rechtsirrig wesentliche Aspekte und Merkmale, die eindeutig in dem Verfügungspatentanspruch enthalten seien, ausgeklammert, indem es scheinbar den tatsächlichen Umstand ignoriert habe, dass das Pemetrexed-Anion nicht isoliert erscheine, sondern eine Quelle und damit Nebenionen habe, welche patentgemäß durch das Natriumsalz verkörpert würden. Allein aufgrund dieser unzulässigen selektiven Betrachtung könne das Landgericht zu einer Annahme der Gleichwertigkeit gelangen.

Im Übrigen sei auch die Auffassung des Landgerichts unzutreffend, dass in diesem Zusammenhang nicht auf Unterlagen aus dem Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden dürfe. Weiterhin sei auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14.06.2016 (Az.: X ZR 29/15 - Pemetrexed) die Annahme einer Auswahlentscheidung, die der erforderlichen Gleichwertigkeit eines Ersatzmittels für eine äquivalente Patentverletzung entgegenstehe, vorliegend nicht ausgeschlossen, nachdem das vormalige Grundpatent EP 0432677/DE 69025723 (Anlage AG 21) für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich dem vorliegend einzig beanspruchten Pemetrexeddinatrium ausdrücklich eine „vorteilhafte“ Eigenschaft zugewiesen habe. Auch sei die Beschränkung von „Antifolat“ auf „Pemetrexed“ im Erteilungsverfahren beim EPA erfolgt, um den Einwand mangelnder Ausführbarkeit und mangelnder Neuheit zu begegnen (vgl. Anlage AG 42 = Anlage AG 15, 15a). Die weitergehende Beschränkung von „Pemetrexed“ auf „Pemetrexeddinatrium“ sei dann objektiv zusätzlich nötig gewesen, um den Einwand unzulässiger Erweiterung auszuräumen (Anlage AG 43= Anlage AG 15, 15a). Die Annahme einer Gleichwertigkeit müsse auch deshalb ausscheiden, weil die Erfindung spezifisch gerade Pemetrexeddinatrium als sehr gut verträgliches (besonders vorteilhaftes) Antifolat schütze, um eben risikolos die Wirkstoffmenge für den Patienten zu maximieren, während demgegenüber die Wahl eines vergleichsweise schlechter verträglichen oder in anderer Weise nachteilhafteren Pemetrexedderivats der Zielsetzung des Verfügungspatents widersprechen würde. Vor dem Hintergrund, dass Pemetrexeddisäu-re und Pemetrexedditromethamin insgesamt anders auf den Patienten, der das betreffende Arzneimittel verabreicht bekomme, einwirke, als Pemetrexeddinatrium, könnten die Unterschiede zwischen diesen Antifolaten betreffend ihrer Wirkungen auch im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung nicht außer Acht gelassen werden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehle es zudem an einem Verfügungsgrund. Es sei davon auszugehen, dass das Verfügungspatent in dem anhängigen Nichtigkeitsverfahren für nichtig erklärt werde. Dabei seien die Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage losgelöst von dem Einspruchsverfahren zu ermitteln, nachdem aufgrund unterschiedlicher Prüfungsansätze das Bundespatentgericht bzw. der Bundesgerichtshof nicht notwendiger Weise zum gleichen Ergebnis kommen würden wie das Europäische Patentamt. Das Bundespatentgericht (und in zweiter Instanz der Bundesgerichtshof) würden das Verfügungspatent für nichtig erklären. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei es naheliegend gewesen, dass die Nebenwirkungen von Pemetrexed durch die Zugabe von Folsäure und Vitamin B 12 verringert werden könnten. Aus der Anlage NiK 2 ergebe sich, dass im Stand der Technik bereits bekannt gewesen sei, die Nebenwirkungen von Pemetrexed mittels Folsäure zu reduzieren. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei auch nahegelegt gewesen, zusätzlich zu Folsäure auch Vitamin B12 zur Reduktion der Toxizität zu verabreichen. Zusammengefasst ergebe sich aus der Anlage NiK 8, dass der Homocys-tein-Spiegel mit Nebenwirkungen assoziiere, und aus der Anlage NiK 2, dass eine Verringerung der Nebenwirkungen durch die Zugabe von Folaten erfolge und gleichzeitig in den relevanten Stoffwechselwegen nicht nur Folate, sondern auch Vitamin B 12 eine Rolle spiele, beispielsweise um gemeinsam den Homocystein-Spiegel zu verringern. Mithin sei schon aus der Kombination der Entgegenhaltungen NiK 8 und NiK 2 die Kombinationsbehandlung von Pemetrexeddinatriumfolaten und Vitamin B12 naheliegend gewesen. Auch die weiteren Entgegenhaltungen in Anlagen NiK 9, NiK 13, NiK 12, NiK 14 und NiK 15 bestätigten, dass die Kombinationstherapie von Pemetrexed mit Vitamin B12 und Folsäure naheliegend gewesen sei. Das Landgericht gehe bei einigen dieser Entgegenhaltungen rechtsfehlerhaft davon aus, dass sie vom Fachmann nicht berücksichtigt worden wären, da sie auf einem anderen technischen Gebiet lägen. Demgegenüber sei beispielsweise die Anlage NiK 12 als „Enzyklopädie der Nahrungsergänzungsmittel“ als allgemeines Fachwissen zu betrachten. Aus der Anlage NIK 8 ergebe sich zudem eine direkte Motivation für den Fachmann, auch einschlägige ernährungswissenschaftliche Dokumente zu Rate zu ziehen, die sich mit der Vitaminsupplementation beschäftigten. Auf der Suche nach ergänzender Bestätigung, dass die in der Anlage NiK 2 durch die Kombination von Fol-säure und Vitamin B 12 nahegelegte Reduktion von Homocystein möglich sein sollte, hätte der Fachmann auch die Anlage NiK 9 berücksichtigt, die ausweislich ihres Titels „Vitamine als Homocystein-erniedrigende Mittel“ beschreibe. Gleiches gelte für die Anlage NiK 13, die den Einfluss von Folsäure und Kombinationen von Folsäure und Vitamin B 12 auf die Plasma-Homocystein-Konzentration in gesunden jungen Frauen untersuche und die der Fachmann ausgehend von der Anlage NiK 8 ebenfalls berücksichtigt hätte. Dabei sei es vollkommen unerheblich, dass sich die Untersuchung der Anlage NiK 13 schwerpunktmäßig mit Gefäßerkrankungen beschäftige. Maßgeblich sei, dass der Fachmann ausgehend von der Anlage NiK 2 bzw. der Anlage NiK 8 jegliche Publikationen berücksichtigt hätte, die sich mit der Verabreichung von Folaten bzw. der Reduktion von Homocystein-Spiegeln beschäftigten. Schließlich rege auch die Anlage NiK 15 den Fachmann an, im Falle der Antifolate Folsäure und Vitamin B12 gemeinsam zu verabreichen und gebe außerdem einen Hinweis auf Homocystein als Parameter zur Bestimmung des Vitaminstatus. Die Einspruchsabteilung habe außerdem übersehen, dass Anlage NiK 3 neuheitsschädlich zumindest implizit auch die Verabreichung von Vitamin B12 mit offenbare, denn den Versuchstieren sei neben Folsäure und Pemetrexed auch noch Vitamin B12 verabreicht worden, dessen Menge in der Nahrung „P. C. 5001“ über die übliche im Tierfutter enthaltene hinausgehe. Aus NiK 3 ergebe sich weiter, dass Folsäure die Nebenwirkungen von Pemetrexed ohne Verlust der Anti-Tumor-Wirkung verringern könne. Gleiches werde auch durch Anlage NiK 23 (zu Anlage AG 46) bestätigt.

Das Landgericht habe im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überdies fehlerhaft angenommen, dass diese zugunsten der Verfügungsklägerin ausgehe. Dabei habe es u.a. nicht den Umstand gewürdigt, dass die angegriffene Ausführungsform in der Lauer-Taxe gerade nicht als Generikum und mit einem erkennbar höheren Einkaufs- und Verkaufspreis als das Produkt der Verfügungsklägerin gelistet sei. Das vorliegende Verfahren der einstweiligen Verfügung sei für die Beurteilung der Äquivalenzfrage ungeeignet. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Umstand, dass das OLG Düsseldorf nach der Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof einen Beweisbeschluss (vom 27.10.2016, Anlage AG 41) zur Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens erlassen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  • 1.Das erstinstanzliche Urteil vom 24.06.2016 (Az.: 21 O 5583/16) vollumfänglich aufzuheben;

  • 2.den Antrag der Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagten vom 05.04.2016 und 06.04.2016 auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2016, Az.: 21 O 5583/16, zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 06.04.2016 zu bestätigen.

Die Antragstellerin führt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Folgendes aus:

Die vom Verfügungspatent gelöste Aufgabe bestehe nach der hierzu ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes darin, die nachteiligen toxischen Effekte des verwendeten Antifolats zu verringern, und dabei die angestrebten Wirkungen (d. h. die Tumorhemmung) aufrechtzuerhalten (BGH Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 Rn. 17 - Pemetrexed). Gegenstand des Verfügungspatents sei demzufolge, wie auch das Landgericht zutreffend ausführe, die Verwendung des Antifolats Pemetrexed - wortsinngemäß als Pemetrexeddinatrium - zur Tumorhemmung in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B 12 (und optional Folsäure). Durch die erfindungsgemäße Kombinationstherapie würden die durch das Pemetrexed(ion) hervorgerufenen Toxizitäten vermindert und gleichzeitig die tumorhemmende Wirksamkeit aufrechterhalten. Der Bundesgerichtshof habe unmissverständlich klargestellt, dass es sich bei dem Verfügungspatent als „Schweizer Anspruch“ um einen zweckgebundenen Stoffschutz handele (Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 Rn. 83 ff. -Pemetrexed). Entgegen der verfehlten Auffassung der Antragsgegnerin werde nicht die Herstellung eines Arzneimittels mit einem bestimmten Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil geschützt.

Unberechtigt sei auch die Kritik der Beklagten, das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit den Urteilen aus dem Vereinigten Königreich auseinandergesetzt. Soweit die englischen Gerichte im Einklang mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf eine äquivalente Verletzung des Verfügungspatents durch Pemetrexeddikalium bzw. Pemetrexeddisäure abgelehnt hätten, sei dies hinsichtlich der Beantwortung der Frage der Auswahlentscheidung durch den Bundesgerichtshof ohnehin überholt. Darüber hinaus habe das Landgericht die vorgelegten Entscheidungen aus dem Vereinigten Königreich zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt, indem es - was ausreichend sei - auf die Erwägungen eingegangen sei, auf denen die abweichende Beurteilung beruhe. Insbesondere habe die Kammer die Aspekte zur angeblich fehlenden Auffindbarkeit, die auch der Entscheidung der englischen Gerichte zugrunde gelegen hätten, im Rahmen ihrer Entscheidung berücksichtigt.

Das Landgericht habe zutreffend einen Verfügungsanspruch bejaht, da die angegriffene Ausführungsform den geltend gemachten Anspruch des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln verwirkliche. Ausgehend von der dem Verfügungspatent zugrunde liegenden Aufgabe, die nachteiligen toxischen Effekte des verwendeten Anti-folats zu verringern und dabei die angestrebten Wirkungen aufrechtzuerhalten, bestehe die Wirkung des Merkmals „Pemetrexeddinatrium“ darin, dass ein wirksames Antifolat zur Verfügung gestellt werde, dessen Nebenwirkungen durch die Kombina tionstherapie mit Vitamin B12 (und Folsäure) verringert würden, bei Beibehaltung der therapeutischen Wirksamkeit. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass Pemetrexeddisäure mit Tromethamin gleichwirkend sei, lasse keine Fehler erkennen. Die Argumentation der Antragsgegnerin, wonach Aufgabe des Verfügungspatents die Herstellung eines Arzneimittels sei, so dass die Beurteilung der Gleichwirkung des Merkmals „Pemetrexeddinatrium“ nicht auf den Aspekt der Antifolatwirkung beschränkt werden könne, sondern auch die Wirkungen der Gegenionen auf Galenik, Verträglichkeit, Therapieeffizienz usw. von Bedeutung sein, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verfügungspatent (Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 Rn. 17, 84 - Pemetrexed), wonach dieses nicht die Herstellung eines Arzneimittels betreffe, sondern einen zweckgebundenen Stoffschutz begründe. Auch die Beschreibung des Verfügungspatents befasse sich an keiner Stelle mit der Herstellung eines Arzneimittels, dessen Nebenwirkungsprofil, Galenik oder den besonderen Wirkungen des Natriums. Bei der Betrachtung der Gleichwertigkeit seien nicht sämtliche denkbaren Wirkungen eines Merkmals relevant, sondern jeweils die Wirkungen, die das Merkmal für sich und im Gesamtkontext der Erfindung zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe bereitstelle. Das Landgericht habe zutreffend die maßgebliche Wirkung des Merkmals 11.1 „Verwendung von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels“ im Kontext der Erfindung ermittelt. Dabei handele es sich nämlich um die Bereitstellung des für die tumorhemmende Wirkung (und das Hervorrufen der toxischen Nebenwirkungen) allein relevanten Pemetrexed(ions). Im vorliegenden Fall könnten an der Gleichwirkung der angegriffenen Ausführungsform aber im Übrigen überhaupt keine Zweifel bestehen. Denn diese sei - jedenfalls nach Aussagen der Antragsgegnerin bzw. der konzernangehörigen A. zum identischen Produkt gegenüber den Behörden - in jeder Hinsicht zum Referenzprodukt der Antragstellerin, das unstreitig in den Schutzbereich des Verfügungspatents falle, äquivalent. A. habe im englischen Verfahren sogar zugestanden, dass Pemetrexeddisäure gleichwirkend sei (vgl. Anlagen AG 16/AG 16 a, Rn. 118). So ergebe sich aus einem Vergleich der Fachinformationen der angegriffenen Ausführungsform (Anlage HL 7) mit der von A.® (Anlage HL 1), dass insbesondere die Indikation, Dosierung und Art der Anwendung identisch seien. Dass darüber hinaus nach den Fachinformationen z. B. das Nebenwirkungsprofil, die pharmakodynami-schen und pharmakokinetischen Eigenschaften und die Verabreichungsdauer iden tisch seien, sei zwar für die Frage der Gleichwirkung im Rahmen der Prüfung einer äquivalenten Verletzung nicht relevant, zeige aber, dass sich beide Produkte in ihren Wirkungen nicht unterschieden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn die Antragsgegnerin an verschiedenen Stellen andeute, das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass das Gegenion „therapieschädliche Effekte“ habe, zumindest schlechter verträglich oder nachteilig für die „Therapieeffizienz“ sei und Herz-Kreislauf-Probleme verursache. Auch zur angeblich schlechteren Nierenverträglichkeit der angegriffenen Ausführungsform gegenüber dem Referenzprodukt A.® finde sich in der Fachinformation der angegriffenen Ausführungsform nichts. Zur weiteren Glaubhaft-machung hierzu würden eine Kopie des Public Assessment Reports der angegriffenen Ausführungsform (Anlage HL 39, dort insbes. S. 3, vorletzter Abs. und S. 5, vorletzter Abs.) sowie eine Kopie des von A. im Rahmen der zentralen europäischen Zulassung des in der angegriffenen Ausführungsform entsprechenden Produkts A./Pemetrexed A. im Zulassungsverfahren vorgelegten „Moduls 2.5“ (Anlage HL 40, dort insbes. S. 13, 2. Absatz und S. 14, 3. Abs.) vorgelegt. Demzufolge sei nicht nur sämtliches Vorbringen der Antragsgegnerin zu wie auch immer gelagerten nachteiligen Auswirkungen des Gegenions - unter rechtlichen Gesichtspunkten - irrelevant, sondern es bestehe dafür auch nach den eigenen Aussagen der Verfügungsbeklagten bzw. der konzernangehörigen A. schon gar keine Grundlage, weil die Verwendung des alternativen Gegenions ohnehin keine Auswirkungen habe.

Ebenso sei das Landgericht zutreffend zu der Entscheidung gelangt, dass Pemetrexeddisäure/Pemetrexedditromethamin als gleichwirkendes Austauschmittel für den Fachmann auffindbar gewesen sei. Die Voraussetzung der Auffindbarkeit sei erfüllt, wenn der Fachmann mit seinem Fachwissen und in Kenntnis der technischen Lehre des Verfügungspatents ohne erfinderische Überlegungen in der Lage gewesen sei, das Austauschmittel als funktionsgleiches Lösungsmittel aufzufinden. Zu beachten sei dabei - wie bei der Frage der Gleichwirkung - dass diese Analyse mit Blick auf die erfindungsgemäße Wirkung des Merkmals durchzuführen sei. Ein Naheliegen erfordere nicht, dass der Fachmann ausgehend vom Stand der Technik und dem Verfügungspatent bereits sicher wisse bzw. vorhersehen könne, dass das naheliegende Austauschmittel die erfindungsgemäße Wirkung haben werde, wie das im Patentanspruch genannte Merkmal. Vielmehr sei auch in Fällen, in denen die Gleich wirkung des als naheliegende Alternative identifizierenden Austauschmittels im Rahmen von Routineversuchen überprüft werden müsse, das Austauschmittel im Sinne der Äquivalenzrechtsprechung naheliegend. Solche Routineversuche seien im vorliegenden Fall nicht einmal für die maßgebliche Beurteilung relevant, weil Aspekte der Arzneimittelformulierung für die erfindungsgemäße Wirkung keine Rolle spielten. Irrelevant sei auch, ob - ausgehend von der technischen Lehre des Verfügungspatents oder seiner Beschreibung im Allgemeinen - ein Anlass dafür bestanden habe, nach einer Alternative zu suchen. Die Frage sei, ob der Fachmann die abgewandelte Lösung als gleichwirkend habe auffinden können, ohne erfinderisch tätig zu sein. Da sich die Vorgaben der deutschen Rechtsprechung von jenen der englischen Gerichte unterschieden, habe sich das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht im Einzelnen mit der Entscheidung der englischen Gerichte auseinandersetzen müssen Der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung vom 14.06.2016 (Az.: X ZR 29/15 -Pemetrexed) keine Zweifel daran gelassen, dass der „Schweizer Anspruch“ einen zweckgebundenen Stoffschutz zum Gegenstand habe und nicht die Herstellung eines Arzneimittels betreffe. Es komme also nur auf die zweckgebundene Verwendung des Stoffes an, d. h. auf die Geeignetheit der alternativen Form von Pemetrexed zur Tumorhemmung in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 (und Folsäure), bei der die verursachten Pemetrexed-Toxizitäten verringert werden könnten, bei Beibehaltung der Wirksamkeit. Es sei unstreitig, dass die Ionen bei den verschiedenen Pemetrexedformen in Lösung dissoziiert vorlägen und dass das einzig relevante Pemetrexed(ion) immer in identischer Form vorliege. Dies sei sogar ohne weiteres vorhersehbar gewesen, weil es sich dabei um einen üblichen Zustand bei gelösten Salzen handele. Aspekte der grundsätzlichen Verwendbarkeit als Arzneimittel, wie z. B. die Löslichkeit, könnten aber auch im Rahmen von Routineversuchen ohne weiteres bestätigt werden. Die Gleichwirkung von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin bzw. Pemetrexedditromethamin im Kontext der Erfindung sei für den Fachmann offensichtlich gewesen, denn ihm sei bekannt gewesen, dass das für die Wirkung der technischen Lehre allein relevante Pemetrexed-Ion eines jeden Pemetrexedsalzes nach der erforderlichen Auflösung zur Infusion dissoziiert sei und damit in identischer Weise zur Tumorhemmung zur Verfügung stehen würde. Die Behauptung der Antragsgegnerin, Tromethamin sei nicht als gebräuchliches Gegenion bekannt gewesen, sei auch durch den als Anlage HL 40 vorgelegten Teil des Zulassungsantrags (dortige Ausführungen auf S. 60 ff.) zu dem mit der angegriffenen Ausführungsform identischen Produkt A./Pemetrexed A. und die darin enthaltenen Ausführungen der Anmelderin widerlegt, wonach Tromethamin im Pharmarecht weitgehend anerkannt sei, wobei die dort genannten Produkte mit Tromethamin-Gegenion bereits vor dem Prioritätsdatum des Verfügungspatents vermarktet worden seien (vgl. Anlagenkonvo-lut HL 41). Es spreche auch nicht gegen das Naheliegen, dass Tromethamin nicht das „nächste“ Gegenion nach Natrium in der Liste der meistgebräuchlichen salzbildenden Kationen sei, da es kein Erfordernis gebe, dass nur das „naheliegendste“ Austauschmittel auffindbar sei. Ein Austauschmittel könne vielmehr auch dann ohne erfinderische Tätigkeit als gleichwirkend aufgefunden werden, wenn es noch andere „naheliegendere“ Varianten gebe. Die von der Antragsgegnerin als Anlage AG 38 vorgelegte Liste zeige nur die 7 häufigsten salzbildenden Kationen und dies in weitgehender Übereinstimmung mit der Auflistung aus dem „Handbook of Pharmaceutical Salts“ (Anlage HL 18), so dass hierdurch nicht widerlegt sei, dass auch Trome-thamin ein gebräuchliches Gegenion darstelle. Aus Anlage HL 18 gehe hervor, dass Tromethamin zu den Top 10 der salzformenden Basen gehöre. Dass Tromethamin auch zum Prioritätszeitpunkt zu den gebräuchlichsten Puffersubstanzen gehörte, ergebe sich z.B. auch aus dem als Anlage HL 47 vorgelegten deutschen Patent DE 19648650 C2, wo Trometamol als gebräuchlicher Puffer genannt werde.

Das Landgericht habe auch fehlerfrei eine Gleichwertigkeit der angegriffenen Ausführungsform hinsichtlich des Sinngehalts des geltend gemachten Anspruchs des Verfügungspatents bejaht. Die diesbezüglichen Aussagen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung zum Verfügungspatent (Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 - Pemetrexed) ließen sich ohne Einschränkung auf den vorliegenden Fall übertragen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin könne eine Auswahlentscheidung in Bezug auf „Pemetrexeddinatrium“ auch nicht aufgrund einer angeblichen „besonderen Eigenschaft“ des Natriumsalzes von Pemetrexed, welche aus dem Stoffpatent zu Pemetrexed abgeleitet werde, bejaht werden. Das Stoffpatent sei schon kein zulässiges Auslegungsmittel für das Verfügungspatent. Darüber hinaus sei die Antragsgegnerin nicht in der Lage zu erklären, welche besondere, für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Funktion relevante Eigenschaft das Natriumsalz des Antifolats Pemetrexed haben solle. Auch aus dem Stoffpatent ergebe sich nicht, dass das Nat riumsalz gegenüber anderen Salzen des Pemetrexed eine besondere Wirkung habe. Ebenso wenig, dass nur das Natriumsalz für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Funktion, nämlich in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 (und Folsäure) zur Tumorhemmung eingesetzt werden zu können, geeignet wäre. Allein dies wäre aber im Kontext des Verfügungspatents von Relevanz. Die technische Lehre des Stoffpatents habe mit der technischen Lehre des Verfügungspatents schlicht nichts zu tun.

Das Landgericht sei auch zu Recht vom Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausgegangen. Das Landgericht sei zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Ausführungen in der Entscheidung des EPA keinesfalls unvertretbar seien. Die Antragsgegnerin gehe von der unzutreffenden Ansicht aus, aus dem von der in NiK 8/NiK 16 offenbarten Korrelation zwischen Homocysteinspiegel vor der Behandlung und im Rahmen der Behandlung auftretenden Toxizitäten der Chemotherapie hätte der Fachmann zur Lösung der Aufgabe Anlass gehabt, den Homocysteinspiegel zu senken und hätte dazu nicht nur Folsäure, sondern prophylaktisch immer auch Vitamin B12 verabreicht. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, sei dies jedoch nicht richtig. Der Stand der Technik führe den Fachmann vielmehr in eine ganz andere Richtung. Aus den Anlagen NiK 8 und NiK 16 ergebe sich keine Anregung, dass Vitamin B12 für die Toxizitäten von Pemetrexed relevant sei. Unstreitig sei auch, dass eine Kombinationsbehandlung von Pemetrexed mit Folsäure und Vitamin B12 weder in NiK 8 noch in NiK 16 offenbart sei. Durch die Erkenntnisse der NiK 8/NiK 16 könne der Fachmann anhand des gemessenen Homocysteinspiegels eine Vorhersage treffen, ob es wahrscheinlich sei, dass bei einem Patienten während der Chemotherapie mit Pemetrexed schwere Toxizitäten auftreten würden. Der Homocystein-spiegel sei jedoch nicht kausal für die Toxizitäten, diese würden durch das Antifolat verursacht. Die berichtete Korrelation erlaube vielmehr, für einen bestimmten Patienten eine Prognose zu treffen und daraus Handlungsentscheidungen für die Therapie abzuleiten. Der Fachmann erhalte aus der NiK 8/NiK 16 auch keine Anregung, den Homocysteinspiegel ernährungsmedizinisch „zu behandeln“, d. h. durch Verabreichung von z. B. Folsäure zu senken. Bei dem dort angegebenen Homocysteinspiegel handele es sich nicht um pathologisch erhöhte Werte, die jedenfalls bei sonst gesunden Patienten behandlungsbedürftig wären, sondern um solche im Normalbereich.

Auch sonst hätte der Fachmann, wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, keinen Grund, bei Krebspatienten, die mit Antifolaten behandelt würden, unter ernährungsphysiologischen Erwägungen zur Vermeidung von durch einen pathologischen Homocysteinspiegel verursachten Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems Vitamine zu geben. Einerseits sei die Behandlung eines pathologisch erhöhten Ho-mocysteinspiegels angesichts der den Krebspatienten verbleibenden Lebensdauer irrelevant. Andererseits hätte der Fachmann bei mit Antifolaten behandelten Patienten aber grundsätzlich wegen der zu erwartenden Einschränkung der Wirksamkeit des Antifolats von der Verabreichung von Folsäure und erst recht von Vitamin B12 abgesehen. Ausgehend von NiK 8/NiK 16 hätte der Fachmann daher keinerlei Grund, Vitamin B12 in Kombinationstherapie mit Pemetrexed zu verabreichen. Vielmehr sei dort offenbart, dass Vitamin B12 mit den Toxizitäten nicht korreliert sei und daher schon überhaupt keine Rolle bei den Überlegungen des Fachmanns gespielt hätte. Ebenso wenig erhalte der Fachmann eine Anregung, Folsäure in Kombinationstherapie mit Pemetrexed zu verwenden. Zwar sei der von Folsäure beeinflusste Homocysteinspiegel mit den Toxizitäten korreliert, er sei für diese aber nicht kausal. Die Verabreichung von Folsäure hätte vielmehr den nachteiligen Effekt, dass die Eignung des Vitaminmetaboliten Homocystein als Vorhersagefaktor für im Rahmen der Pemetrexedbehandlung auftretende Toxizitäten beeinträchtigt würde und dadurch therapeutische Entscheidungen erschwert würden. Auch aus der NiK 2 ergebe sich nichts anderes. Zwar habe der Fachmann zum Prioritätszeitpunkt davon ausgehen können, dass eine Supplementierung mit Folsäure die Toxizitäten eines Antifolats herabsetzen könne, aber auch, dass dadurch die tumorhemmende Wirksamkeit des Antifolats zunichte gemacht werde, was durch verschiedene klinische Phase-I-Studien belegt sei (vgl. Anlagen HL 30, HL 31, HL 33). Gleichermaßen habe der Fachmann bei zusätzlicher Verabreichung von Vitamin B12 als Co-Faktor im Folathaushalt eine noch erheblichere Beeinträchtigung bis zur Neutralisierung der Wirkung von Pemetrexed befürchten müssen. Darüber hinaus sei zum Prioritätsdatum allgemein davon ausgegangen worden, dass Vitamin B12 das Tumorwachstum sogar fördere (vgl. Anlage HLNK 8 zu Anl. HL 42). Dass der Fachmann eine Supp-lementierung mit Vitamin B12 nicht einmal im Ansatz erwogen habe, werde auch dadurch belegt, dass im Stand der Technik zu keiner Zeit eine Kombinationsbehandlung mit Vitamin B12 - allein oder zusätzlich zur Folsäure - bei der Krebsbehandlung mit Antifolaten empfohlen oder auch nur untersucht worden wäre. Den weiterhin zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur Anlage NiK 15 sei noch hinzuzufügen, dass der von der Antragsgegnerin zitierte Abschnitt aus NiK 15 aus dem Abschnitt über Lometrexol für den Fachmann schon daher nicht relevant gewesen wäre, weil dieser im selben Buch einen speziell Pemetrexed betreffenden Abschnitt vorfinde, wo Vitamin B12 überhaupt nicht erwähnt werde. Für den Rechtsbestand des Verfügungspatents sprächen schließlich auch die zahlreichen ausländischen Verfahren, in denen die entsprechenden nationalen Schutzrechte für rechtsbeständig befunden worden seien.

Auch die vom Landgericht vorgenommene Interessenabwägung sei zutreffend und begegne keinen Bedenken. Zu berücksichtigen sei insbesondere auch, dass es bereits mit Listung eines Generikums/Hybridarzneimittels in der Lauer-Taxe zu einer veränderten Abrechnungssituation komme vor dem Hintergrund, dass die Apotheken bei nicht patentgeschützten Wirkstoffen bei der Abrechnung einen Abschlag in Höhe von 30% vom Apothekeneinkaufspreis abziehen müssten, wobei maßgeblich für das Eingreifen dieses Abschlagsmechanismus in der Praxis die Listung mindestens eines Generikums als in Vertrieb befindlich in der Lauer-Taxe sei. Bereits die Listung der rechtswidrigen generischen Produkte in der Lauer-Taxe beeinträchtige daher die Antragstellerin bzw. ihre deutsche Vertriebsgesellschaft und deren Abnehmer erheblich. Unabhängig davon, dass die deutsche Zulassungsbehörde davon ausgehe, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform im Wesentlichen um ein Generikum handele (Anlage HL 39, Seite 8), gehe auch der Hersteller eines Hybridarzneimittels keine besonderen eigenen wirtschaftlichen Risiken ein, weil das Präparat dank des Patentinhabers medizinisch hinreichend erprobt und am Markt etabliert sei.

Die Antragsgegnerin erwidert hierauf, die Antwort auf die Frage der Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne folge nicht aus dem Ergebnis der Bewertung im Zulassungsverfahren. Soweit eine Vergleichbarkeit zu einem Referenzarzneimittel im Zulassungsverfahren für ein Hybridarzneimittel geltend gemacht werde, betreffe eine in diesem Zusammenhang geltend gemachte Äquivalenz oder Gleichwirkung in erster Linie sämtliche regulatorischen Aspekte, insbesondere die zur Erhaltung der Zulassung hinreichende Sicherheit und Wirksamkeit. Sie beantworte aber nicht umfassend die Frage der hiervon grundsätzlich zunächst losgelösten Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne als solche.

Anlage AG 18, die erst nach dem Prioritätstag des Verfügungspatents veröffentlicht worden sei (s. Anlage AG 50), belege nicht, dass bei intravenösen Arzneimitteln für die Behandlung im Menschen Tromethamin häufig verwendet worden sei. Der in Anlage HL 40 enthaltene Auszug aus den Unterlagen zu einem Zulassungsantrag könne eine naheliegende Auffindbarkeit von Tromethamin, welches nach Anlage HL 18 lediglich eine zweite Wahl dargestellt habe, für den Fachmann im vorliegenden Zusammenhang nicht überzeugend begründen und habe dem Durchschnittsfachmann am Prioritätstag nicht zur Verfügung gestanden. Auch Anlage HL 39 habe dem Fachmann zum Prioritätstag nicht zur Verfügung gestanden. Zusätzlich sei die von der Antragstellerin zitierte Aussage aus Anlage HL 39 erst nach experimentellen Anstrengungen möglich gewesen, mit denen ausgeschlossen worden sei, dass Trome-thamin negative Auswirkungen auf die Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz habe. Die Tatsache, dass bestimmte Arzneimittel Tromethamin enthielten, könne ein Naheliegen nicht begründen, die in Anlage HL 41 aufgeführten Präparate seien für andere Verabreichungsarten bzw. für Tiere zugelassen (vgl. Anlagen AG 52, AG 53). Das Nichtnaheliegen einer Auswahl von Tromethamin in einer Pemetrexeddisäurelösung werde auch durch die Erteilung des europäischen Patents EP 2 854 768 B1 bestätigt, dessen Patentanspruch 1 sich auf eine pharmazeutische Zusammensetzung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin richte (Anlage AG 55).

Hierauf entgegnet die Antragstellerin, die Darstellung in Anlage HL 18 gebe den Kenntnisstand des Fachmanns im Prioritätszeitpunkt wieder, unabhängig davon, wann sie publiziert worden sei. Die Erteilung eines Patents auf eine auf bestimmte Weise hergestellte, spezielle Arzneimittelformulierung mit Pemetrexedditromethamin ändere am patentrechtlichen Naheliegen nichts. Der Gegenstand des als Anlage AG 55 vorgelegten Patents sei ein ganz anderer, als jener des Verfügungspatents. Dies sei allenfalls ein Fall der sogenannten „abhängigen Erfindung“, welche als Unterfall der verbesserten Ausführungsform in den Schutzbereich des Patents falle.

Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 13.04.2017 (Bl. 440/442 d. A.) verwiesen.

II.

Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

Die angegriffene Ausführungsform der Antragsgegnerin macht vom Gegenstand der geltend gemachten Ansprüche zwar nicht wortsinngemäß, aber äquivalent Gebrauch, so dass das Landgericht zutreffend einen Verfügungsanspruch aus §§ 9 Satz 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. Art. 53 lit. c), 54 Abs. 5, 64 EPÜ bejaht hat. Auch stehen - wie vom Landgericht zu Recht angenommen - weder das laufende Nichtigkeitsverfahren gegen das Verfügungspatent, noch die allgemeine Interessenlage der Annahme eines Verfügungsgrundes entgegen.

A. Das Verfügungspatent

1. Das Verfügungspatent EP 1 313 508 B1 (Anlage HL3, deutsche Übersetzung DE 601 27 970 T2 als Anlage HL 3a) bezieht sich auf die Verwendung des Antifolats ^Chemotherapeutikums) Pemetrexed als Pemetrexeddinatrium in einer Kombinationsbehandlung mit einem Methylmalonsäure verringernden Mittel wie Vitamin B12 und optional Folsäure, durch welche die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten dieses Antifolats verringert werden sollen, ohne dass die tumorhemmende Wirkung des Chemotherapeutikums beeinträchtigt wird.

Der Schutzbereich der durch das Verfügungspatent unter Schutz gestellten technischen Lehre wird durch die Patentansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind (Art. 69 Abs. 1 EPÜ). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Auslegung eines Patents nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (BGH GRUR 2016, 169 Rn. 16 m. w. N. - Luftkappensystem). Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen; aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (BGH GRUR 2016, 169 Rn. 16 m. w. N. - Luftkappensystem). Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriff abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maßgebend ist (BGH GRUR 2002, 516, 517 - Schneidmesser I).

2. Nach der Bestimmung des Landgerichts, der sich der Senat anschließt und die von den Parteien nicht beanstandet wird, ist der hier maßgebliche Durchschnittsfachmann ein Team aus einem Pharmakologen oder Pharmazeuten mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebs-wirkstoffen wie Antifolaten.

3. Ein Tumor entsteht durch die abnorme Neubildung von Körpergeweben (sogenannten Neoplasien), die aus Fehlregulierungen des Zellwachstums resultieren. Die Zellen bösartiger Tumoren teilen sich und vermehren sich in der Regel schnell. Diese Eigenschaft macht man sich bei der Chemotherapie mit antineoplastischen Mitteln zunutze, indem mit diesen auf die Teilungsfähigkeit der Zellen eingewirkt wird. Im Stand der Technik war die Behandlung von Tumorerkrankungen mit Antifolaten seit den 1940er Jahren bekannt, als der erste Wirkstoff dieser Klasse, Aminopterin, klinische Aktivität gezeigt hat. Sie sind seitdem eine der am besten untersuchten Klassen von antineoplastischen Mitteln, wobei ihre Wirkung darauf beruht, einen oder mehrere Folat-benötigende Schlüsselenzyme der Thymidin- und Purinbiosynthesewege zu hemmen, indem sie mit reduziertem Folat um die Bindung dieser Enzyme konkurrieren und damit in diejenigen Abschnitte des Zellstoffwechsels eingreifen, die für die Zellteilung von entscheidender Bedeutung sind. Der Folatstoffwechsel Weg ist insbesondere für die nachfolgenden biochemischen Prozesse der DNA- und RNA-Synthese sowie der Reparatur- und Proteinsynthese von Belang. Relevant sind in diesem Zusammenhang die Enzyme Glycinamidribonukleotidformyltransferase (GARFT), Thymidylatsynthase (TS) und Dihydrofolatreduktase (DHFR). Das streitgegenständliche Antifolat Pemetrexed hemmt sowohl GARFT als auch TS und DHFR. Durch die Hemmung der Enzyme mithilfe des Antifolats kommt es letztlich zum Tod der jeweiligen Zelle (vgl. Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0002]).

Da Antifolate nicht zwischen Tumorzellen und gesunden Zellen unterscheiden, werden sowohl Tumorzellen als auch gesunde Zellen zerstört. Dadurch kommt es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen beim Patienten, die bis zum Tod führen können und eine erhebliche Beschränkung bei der Entwicklung dieser Arzneimittel darstellen. Die Unfähigkeit, diese Toxizitäten trotz einiger bekannter Interventionsmöglichkeiten zu kontrollieren, führte zum Ausschluss der klinischen Entwicklung einiger Antifolate und hat die Entwicklung von anderen verkompliziert (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0003] und [0001]). Obwohl Antifolate bereits in den späten 1940er Jahren erstmals erforscht worden waren, existierte bis Ende der 1990er Jahre nur ein durch die US-amerikanische FDA zur Krebsbehandlung zugelassenes Antifolat, da die Nebenwirkungen dieser Wirkstoffgruppe zum Teil nicht unter Kontrolle zu bringen waren.

Davon ausgehend hat das Landgericht zutreffend die Aufgabe der verfügungspa-tentgemäßen Erfindung darin gesehen, die durch die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten verbliebene Limitierung bei der optimalen Verabreichung von Antifolaten zu überwinden (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0001]) und bestimmte toxische Effekte, wie Mortalität und nicht-hämatologische Ereignisse, wie Hautausschläge und Müdigkeit, signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Anti-folats nachteilig zu beeinflussen (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0005]; vgl. auch BGH GRUR 2016, 921 Rn. 17 - Pemetrexed).

4. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Verfügungspatent vor, dass das Antifolat Pemetrexed als Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels zur Verbesserung der therapeutischen Brauchbarkeit durch die Verabreichung eines Me-thylmalonsäure verringernden Mittels wie Vitamin B12 verwendet wird. Es wurde festgestellt, dass erhöhte Spiegel von Methylmalonsäure bei Patienten, die ein Anti-folat bekommen, ein Indikator für das Auftreten von hierdurch hervorgerufenen toxischen Effekten wie erhöhter Mortalität und nicht-hämatologischen Ereignissen wie zum Beispiel Hautausschlägen und Müdigkeit sind. Die Verwendung von Methylma-lonsäure senkenden Mitteln, zu denen insbesondere Vitamin B12 gehört, in Kombination mit Folsäure soll es ermöglichen, die genannten toxischen Effekte signifikant zu reduzieren und dabei die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats als Krebsmittel zu erhalten (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0005]). Neben Vitamin B12 können auch pharmazeutische Derivate davon als Methylmalonsäure verringernde Mittel ausgewählt werden (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0005] und [0010]). Zusätzlich hat die Erfindung die Kombination der Methylmalonsäure verringernden Mittel wie Vitamin B12 mit Folsäure zum Gegenstand, die synergistisch die toxischen Ereignisse verringert. Anders als bei der aus dem Stand der Technik bekannten Kombination dieser beiden Stoffe zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse bewirkt deren kombinierte Verwendung gemeinsam mit dem Antifolat erfindungsgemäß eine Behandlung der Toxizität, die bislang mit der Gabe des Antifolats Pemetrexed assoziiert war (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0006] und [0010]).

Pemetrexed wird in der Salzform als Pemetrexeddinatrium verwandt, wobei bei der Verabreichung in Lösung aufgrund der Dissoziation negativ geladene Pemetrexed-Anionen und positiv geladene Natrium-Kationen vorliegen.

5. Die geltend gemachten Patentansprüche 11, 10, 1, 2 und 3 des Verfügungspatents EP 1 313 508 B1 lassen sich entsprechend der Merkmalsanalyse des Erstgerichts, der sich der Senat anschließt, wie folgt aufgliedern (Anlage HL 4):

11.1 Verwendung von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels

11.2 zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern,

11.3 worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 verabreicht werden soll

11.4 und mit Folsäure,

11.5 wobei Vitamin B12 als intramuskuläre Injektion verabreicht werden soll und 11.6 Folsäure oral als eine Tablette verabreicht werden soll.

B. Verletzung des Verfügungspatents

Die genannten Merkmale werden - wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat -durch die angegriffene Ausführungsform, das sinnfällig hergerichtete Arzneimittel A. der Antragsgegnerin, zwar nicht wortsinngemäß, jedoch äquivalent verwirklicht, so dass der Antragstellerin der Verfügungsanspruch aus §§ 9 Satz 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. Art. 53 lit. c), 54 Abs. 5, 64 EPÜ zusteht.

1. Die angegriffene Ausführungsform A. enthält den Wirkstoff Pemetrexed in Form von Pemetrexeddisäure in Lösung als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung zur Anwendung bei der Erkrankung von menschlichen Patienten mit dem malignen Pleuramesotheliom oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, die sich durch Tumorwachstum auszeichnen (vgl. Fachinformation Anlage HL 7, Seite 1). Enthalten ist weiter Tromethamin (Anlage HL 7, Seite 21, Ziffer 6.1, dort Trometamol genannt). Entsprechend dem Abschnitt „Prämedikation“ auf Seite 2 von Anlage HL 7 müssen Patienten, die mit A. behandelt werden, zur Reduktion der Toxizität täglich orale Gaben von Folsäure oder Multivitaminen mit Folsäure erhalten, wobei die Folsäuregabe sieben Tage vor der ersten Dosis Pemetrexed begonnen und während der Therapie sowie weitere 21 Tage nach der letzten Pemetrexed-Dosis fortgesetzt werden soll. Zudem müssen die Patienten eine intramuskuläre Injektion Vitamin B12 in der Woche vor der ersten Pemetrexed-Dosis sowie nach jedem dritten Behandlungszyklus erhalten. Weitere Vitamin-B12-Injektionen können am selben Tag wie Pemetrexed gegeben werden.

2. Eine wortsinngemäße Verwirklichung der geltend gemachten Patentansprüche hat das Landgericht zutreffend mit der Begründung verneint, dass der in Merkmal 11.1 genannte Begriff „Pemetrexeddinatrium“ als klar definierte chemische Substanz mit einer für den Fachmann klaren Struktur- und Summenformel nicht als „Pemetrexed“ auszulegen ist (ebenso BGH GRUR 2016, 921 Rn. 30 - Pemetrexed), wogegen sich die Antragstellerin nicht mehr gewandt hat, so dass hierzu keine weiteren Ausführungen mehr veranlasst sind.

3. Die geltend gemachten Ansprüche werden jedoch - wie das Landgericht richtig festgestellt hat - äquivalent verwirklicht, wobei zwischen den Parteien streitig die Verwirklichung des Merkmals 11.1 ist.

a) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig Dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit nach dem Gebot des Artikels 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2015, 361, Rn. 18 - Kochgefäß; BGH GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I; BGH GRUR 2007, 959, 961 - Pumpeinrichtung). Der Schutzbereich des Patents wird auf diese Weise nach Maßgabe dessen bestimmt, was der Fachmann auf der Grundlage der erfindungsgemäßen Lehre als äquivalent zu erkennen vermag, und damit an dem Gebot des Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ ausgerichtet, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden (BGH GRUR 2015, 361, Rn. 18 - Kochgefäß; BGH GRUR 2011, 313 Rn. 35 - Crimpwerkzeug IV; BGH GRUR 2016, 921 Rn. 74 -Pemetrexed). Hintergrund der Erstreckung des Schutzbereichs auf äquivalente Benutzungsformen ist die Gefahr, dass dem Patentinhaber die gerechte Belohnung für die Bereicherung des Stands der Technik vorenthalten wird, wenn die angegriffene Ausführungsform gegenüber der Erfindung lediglich nahe liegende Veränderungen aufweist. Andererseits darf der Schutzbereich des Patents nicht so weit ausgedehnt werden, dass dies zu einer ungerechtfertigten „Übermonopolisierung“ führt (Göt-ting/Hetmank/Schwipps, Patentrecht, 1. Auflage 2014, § 7 IV. Rdnr. 366).

b) Die erforderliche Gleichwirkung hat das Erstgericht in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform zu Recht angenommen.

aa) Für die Frage der Gleichwirkung ist entscheidend, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - zur Lösung der den Patentansprüchen zugrunde liegenden Aufgabe bereitstellen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden. Danach ist es erforderlich, die Patentansprüche darauf zu untersuchen, welche der Wirkungen, die mit ihren Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung der zugrundeliegenden Auf gabe patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (BGH GRUR 2015, 361 Rn. 19 - Kochgefäß; BGH GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr; BGH GRUR 2012, 1122 Rn. 19 - Palettenbehälter III). Nur so ist gewährleistet, dass trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich solche Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfasst werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist. Als gleichwirkend kann eine Ausführungsform nur dann angesehen werden, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH GRUR 2015, 361 Rn. 19 - Kochgefäß; BGH GRUR 2012, 1122 Rn. 26 - Palettenbehälter III; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, A.V.2. Rn. 107).

bb) Zur Lösung der Aufgabe der verfügungspatentgemäßen Erfindung, die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten bei einer Antifolatbehandlung signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats nachteilig zu beeinflussen, tragen die Merkmale von Ansprüchen 1 bis 3, 10 und 11 bei, indem mit Pemetrexeddi-natrium ein wirksames Antifolat (das Natriumsalz von Pemetrexed) zur Verfügung gestellt wird, dessen potentiell schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Kombinationstherapie mit intramuskulär injiziertem Vitamin B12 und oral verabreichter Fol-säure signifikant und ohne therapeutischen Wirkungsverlust reduziert werden. Dabei muss das Pemetrexeddinatrium zunächst aufgelöst und eine Infusionslösung hergestellt werden, die dem Patienten parenteral (also am Verdauungstrakt vorbei) intravenös verabreicht wird. Im Zuge der Auflösung des Pemetrexeddinatriums dissoziiert die Pemetrexedverbindung, das negativ geladene Pemetrexed-Anion und das positiv geladene Natrium-Kation lösen sich voneinander. Für die therapeutische Wirkung der Tumorhemmung verantwortlich und mit den Nebenwirkungen verbunden, die erfindungsgemäß in der Kombinationstherapie reduziert werden, ist allein das Pemetrexed-Anion. Das Natrium-Kation spielt insoweit - wie dem Fachmann bekannt ist - keine Rolle.

cc) Diese Gesamtwirkung der Erfindung und insbesondere die Wirkung des in Merkmal 11.1 vorgesehenen Pemetrexeddinatriums erzielt die bei der angegriffenen Ausführungsform verwandte Pemetrexeddisäure mit Tromethamin ebenfalls. Auch hier erfolgt in der als Konzentrat vertriebenen Lösung eine Dissoziierung und liegt das Pemetrexed-Anion vor. Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird die Gleichwirkung also dadurch erreicht, dass das therapeutisch wirksame Pemetrexed-Anion bei der Herstellung unabhängig von der Ausgangsform des Präparats immer gleich vorliegt, im Rahmen der technischen Lehre die tumorhemmende Wirkung entfaltet und der wirkungsverlustfreien Nebenwirkungsreduktion mit Folsäure und Vitamin B12 zugänglich ist. Für die Lösung der den Patentansprüchen zugrunde liegende Aufgabe ist es dabei unerheblich, welches Gegenion zum Einsatz kommt, denn dieses hat weder Einfluss auf die Tumorhemmung, noch auf die durch die tumorhemmende Wirkung von Pemetrexed verursachten Nebenwirkungen, noch auf die Wirkungen von Vitamin B 12 oder Folsäure, die diese Nebenwirkungen verringern, ohne die tumorhemmende Wirkung zu beeinflussen.

dd) Die von der Antragsgegnerin behaupteten Unterschiede bzw. Nachteile, die mit der Verwendung von Tromethamin verbunden sein sollen, vermögen an der Annahme der Gleichwirkung nichts zu ändern. Der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform wegen des dort enthaltenen Tromethamins nicht kompatibel mit dem Zytostatikum Cisplatin sein soll - was angesichts der Angaben in Ziffern 4.1 und 4.2 der Fachinformation „in Kombination mit Cisplatin“ (Anlage HL 7) schon wenig plausibel erscheint - könnte ein in der medizinischen Praxis zu beachtender Nachteil der angegriffenen Ausführungsform sein, würde aber nicht dazu führen, dass die patentgemäße Aufgabe einer signifikanten Reduktion der potentiell lebensbedrohlichen To-xizitäten der Antifolatbehandlung bei gleichbleibender therapeutischer Wirksamkeit des verwendeten Antifolats nicht ebenso gut gelöst würde. Denn eine Kompatibilität mit anderen Zytostatika wird von dem Verfügungspatent nicht beansprucht. Entsprechendes gilt für den angeführten Umstand, wonach Tromethamin nicht bei Patienten mit Niereninsuffizienz verwendet werden dürfe. Auch dies spielt im Rahmen der Gleichwirkungsprüfung keine Rolle, da dieser Aspekt nicht Teil der den Patentan sprüchen zugrunde liegenden Aufgabenstellung ist. Auch die weiter von Antragsgegnerseite angestellten pharmakologischen Betrachtungen zu verschiedenen Arzneimitteleigenschaften wie Galenik, Stabilität und Haltbarkeit, Zellaufnahme, deren Geschwindigkeit und Menge, sind - soweit sie sich überhaupt substantiiert mit dem hier verwendeten Tromethamin befassen - im Rahmen der Gleichwirkung unbeachtlich. Im Hinblick auf die Wirkungen, die nach der Lehre des Verfügungspatents erzielt werden sollen, sind insoweit keine maßgeblichen Unterschiede erkennbar, wie sich insbesondere aus einem Vergleich der Fachinformationen (Anlagen HL 1 und HL 7) sowie den als Anlagen HL 11, HL 39 und HL 40 vorgelegten Unterlagen zu der angegriffenen Ausführungsform bzw. zu dem entsprechenden Produkt „A./Pemetrexed A.“ ergibt. Zwar handelt es sich bei der Zulassung der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine Generikazulassung, sondern um eine Hybridzulassung, bei der die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Arzneimittels nicht allein durch den Verweis auf die Daten des Referenzarzneimittels belegt werden können. Nach den Ausführungen des als Anlage HL 39 vorgelegten Public Assessment Reports wird aber aufgrund der bereitgestellten Daten davon ausgegangen, dass das Gegenion Trometamol keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit und die Bioäquivalenz hat, dass das generische Produkt und das Referenzprodukt im Wesentlichen gleichartig sind und dass eine Bioäquivalenzstudie nicht erforderlich ist (Anlage HL 39, Seite 5 vorletzter Absatz). Auch neue Pharmakodynamische Untersuchungen waren ausweislich des als Anlage HL 11 vorgelegten European Public Assessment Reports (EPAR) zu dem entsprechenden Produkt „A.“ nicht erforderlich (Anlage HL 11, Seite 15 unten). Aus der Ähnlichkeit der Pharmakokinetik (Anlage HL 11, Seite 16; vgl. auch Anlage HL 40, Seite 13, 2. Abs.) wird gefolgert, dass die Konjugation mit einem anderen Salz keine Auswirkungen auf Sicherheit und Wirksamkeit hat (Anlage HL 11, Seite 26; vgl. auch Anlage HL 40 Seite 14, 3. Abs.). Wie der Bundesgerichtshof zu dem hiesigen Verfügungspatent festgestellt hat (Urteil vom 14.06.2016, GRUR 2016, 921 Rn. 83, 84 - Pemetrexed), ist Gegenstand der Patentansprüche nicht ein Herstel-lungs- oder Zubereitungsverfahren - auch wenn der Anspruch aufgrund der Formulierung im Schweizer Anspruchsformat („Swiss type claim“) dem Wortlaut nach auf die Herstellung gerichtet ist - sondern die Eignung des Stoffes für einen bestimmten medizinischen Einsatzzweck und damit letztlich eine dem Stoff innewohnende Eigenschaft. Demzufolge kommt es für die Gleichwirkung auch nicht auf etwaige Unter schiede in der Zubereitung, insbesondere der Löslichkeit oder der Haltbarkeit und Stabilität an.

ee) Im Ergebnis kann auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin nicht verneint werden, dass die angegriffene Ausführungsform unter Verwendung der Pemetrexeddisäure mit Tromethamin die nach den Patentansprüchen zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe erforderlichen Wirkungen ebenso uneingeschränkt erzielt. Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es für eine Gleichwirkung auch genügen kann, dass eine nach dem Patentanspruch erforderliche Wirkung durch abgewandelte Mittel nur in eingeschränktem Umfang erzielt wird (BGH GRUR 2015, 361 Rn. 25 - Kochgefäß), kommt es demnach hier nicht an.

c) Der Fachmann konnte die abgewandelte Ausführung zum Prioritätszeitpunkt ohne erfinderische Überlegungen als gleichwirkend auffinden.

aa) Die für eine äquivalente Benutzung vorausgesetzte Auffindbarkeit für den Fachmann ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn das durch die Erfindung gelöste Problem mit gleichwirkenden Mitteln gelöst wird, die der Durchschnittsfachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse und aufgrund von Überlegungen auffinden konnte, die sich an der in den Patentansprüchen umschriebenen Erfindung orientieren (BGH GRUR 1991, 436 440 - Befestigungsvorrichtung II; BGH GRUR 1988, 896, 899 lonenanalyse). Voraussetzung ist also, dass der Fachmann gegenüber der Lehre des Verfügungspatents kein erfinderisches Bemühen einsetzen musste (BGH GRUR 1994, 597, 600 -Zerlegvorrichtung für Baumstämme).

bb) Das Auffinden der in der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Pemetrexed-disäure mit Tromethamin kann - wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat - nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht als ein erfinderischer Schritt angesehen werden.

(1.) Vorliegend weisen zwar weder das Verfügungspatent, noch das ursprüngliche Stoffpatent EP 0 432 677 B1 (Anlage AG 21) auf eine Verwendung von Pemetrexed-disäure mit konkret Tromethamin hin. Für den angesprochenen Fachmann, nämlich einem Team aus einem Pharmakologen oder Pharmazeuten mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebswirkstoffen wie Antifolaten, war allerdings zum Prioritätszeitpunkt in Kenntnis des Verfügungspatents ersichtlich, dass für die Lösung der Aufgabe der Patentansprüche anstelle des Natriumions auch ein alternatives Gegenion zu dem Pemetrexed-Anion eingesetzt werden könnte, da die aufgabengemäßen Wirkungen des Patents allein durch das Pemetrexed-Anion hervorgerufen werden und die Wahl des Kations insoweit keine Rolle spielt.

(2.) Die Verwendung von Pemetrexeddisäure lag im Prioritätszeitpunkt aus Sicht des Fachmanns nahe. Seitens der Antragsgegnerin wurde nicht in Abrede gestellt, dass der Fachmann im Prioritätszeitpunkt Pemetrexeddisäure, die auch im Stoffpatent (Anlage AG 21) genannt ist, auffinden konnte. In dem parallelen Verfahren in England ist der High Court of Justice nach durchgeführter Beweisaufnahme mit Urteil vom 15.05.2014 zu dem Schluss gekommen, dass es aus Sicht des Onkologen nahe gelegen hätte, dass, vorausgesetzt, die Disäure ergäbe eine ausreichende Konzentration von Pemetrexedanionen in Lösung und würde keine zusätzlichen Nebenwirkungen oder andere Komplikationen verursachen, die Verwendung keine wesentliche Auswirkung auf die Erfindung habe, da dies weder die Wirksamkeit und Sicherheit von Pemetrexed als Zytostatikum noch den durch die gleichzeitige Verabreichung von Vitamin B12 (oder einem Derivat) und einem Folsäureproteinbindemittel zu erhaltenen Vorteil beeinflussen würde (Urteil vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16a Rn. 121). Nachdem der Onkologe, so das englische Gericht weiter, keine Vorstellung davon habe, worin die Auswirkung eines Ersatzes des Dinatriumsalzes durch die Disäure in Bezug auf die Löslichkeit oder pharmazeutische Verträglichkeit der Quelle für Pemetrexedanionen liege, würde er den Chemiker fragen und dessen Antwort laute: „Ich weiß es erst, nachdem ich es getestet habe“ (Urteil vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16 a Rn. 122). Auch die Entscheidung des Court of Appeal vom 25.05.2015 stellt darauf ab, dass der fachkundige Chemiker die Wirkung des Ersatzstoffes nicht vorhersagen könne, ohne zumindest die Löslichkeit des fraglichen Wirkstoffs zu prüfen (vgl. Anlage AG 17, 17a Rn. 65, 68, 71). Auch die englischen Entscheidungen gehen also davon aus, dass der Fachmann die Pemetrexeddisäure grundsätzlich als mögliches Mittel herangezogen hätte, wobei aber insbesondere die Frage der Löslichkeit weiterer Test bedurft hätte, weshalb im Ergebnis ein Naheliegen verneint wurde. Dabei unterstellen die englischen Gerichte allerdings, dass die patentierte Erfindung die Herstellung des Medikaments mit umfasse, bei der eine mangelnde Löslichkeit oder sonstige pharmazeutische Erwägungen eine Rolle spielen würden (vgl. Entscheidungen des High Court of Justice vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16a Rn. 127 und 128 und des Court of Appeal vom 25.06.2015, Anlage AG 17, 17a Rn. 71). Die Lehre des Verfügungspatents bezieht sich aber - wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 14.06.2016 (GRUR 2016, 921 -Pemetrexed) klargestellt hat - nicht gegenständlich auf das Herstellungsverfahren, sondern es handelt sich um einen verwendungsbezogenen Stoffschutz, unabhängig davon, ob der Patentanspruch seinem Wortlaut nach auf zweckgebundenen Stoffschutz, auf die Verwendung des Medikaments oder auf dessen Herrichtung zu einem bestimmten Verwendungszweck gerichtet ist; der Sache nach ist die besondere Eigenschaft des Stoffs geschützt, die auch dem hergestellten Medikament inne-wohnt (BGH a.a.O. 83, 84 - Pemetrexed). Etwaig zu überwindende Schwierigkeiten bei der Herstellung können daher bei der Frage, ob der Durchschnittsfachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse das Mittel zur Lösung der dem Patent zugrunde liegenden Aufgabe ohne erfinderisches Bemühen als gleichwirkendes Mitteln auffinden konnte, keine Rolle spielen. So ist auch das fachkundig besetzte Schweizer Bundes-patentgericht in seinen Entscheidungen vom 06.12.2016 (Anlage AG 40) und vom 09.03.2017 (Anlage HL 46) davon ausgegangen, dass für den Fachmann klar gewesen sei, dass bei physiologischem pH die Pemetrexeddisäure zumindest teilweise deprotoniere und somit als Dianion, wie es auch beim Pemetrexeddinatrium zu finden sei, vorliege; für den Fachmann sei weiter klar gewesen, dass deshalb die gleiche Wirkung (jeweils verursacht durch die Anionen) zu erwarten sei (Urteil vom 08.12.2016, Anlage AG 40, Seite 17; Urteil vom 09.03.2017, Anlage HL 46, Seite 26).

(3.) Die Antragstellerin hat auch hinreichend glaubhaft gemacht (§ 294 Abs. 1 ZPO), dass das in der angegriffenen Ausführungsform als Puffersubstanz enthalteneTro-methamin aus Sicht des Fachmanns im Prioritätszeitpunkt auffindbar war. Wie sich aus dem von der Antragstellerin vorgelegten „Handbook of Pharmaceutical Salts“ von Stahl et al. (Anlage HL18, Seite 324 f.) ergibt, waren Tromethaminsalze bereits seit den 1980er Jahren zugelassen und handelte es sich jedenfalls bei Erscheinen der Erstauflage dieses Werkes am 15.12.2001 (vgl. Anlage AG 50) um eines der zehn am häufigsten eingesetzten Salzbildner. Der Umstand, dass der Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatents früher lag (30.06.2000), ist insoweit unschädlich, als Anlage HL 18 hier den bestehenden Kenntnisstand des Fachmanns wiedergibt (vgl. z. B. Hinweis auf „Rote Liste 1999“ auf Seite 330 der Anlage HL 18), es also nicht um neue Erkenntnisse geht, die erst vom Autor des Werkes in die Welt gesetzt wurden. Davon sind auch offensichtlich die in England angehörten Sachverständigen der Parteien ausgegangen. Tromethamin war als Mittel zur Herstellung von Pufferlösungen bekannt, ebenso dessen mögliche Verabreichung per Infusionslösung in den Körper (vgl. Anlage HL 19). Dies bestätigt auch die als Anlage HL 47 vorgelegte Patentschrift zu dem deutschen Patent „Puffersysteme und deren Verwendung zur Stabilisierung pharmazeutischer Zubereitung“ DE 19648650 C2, angemeldet am 15.11.1996, in der Trometamol als gebräuchlicher Puffer genannt wird (vgl. Beschreibung Seite 2, Zeile 50 ff. sowie Tabelle 1). Es gibt auch kein Erfordernis, wonach nur das „naheliegendste“ Austauschmittel im Rahmen der Äquivalenzprüfung als auffindbar zu werten ist. Ein Austauschmittel kann vielmehr auch dann ohne erfinderische Tätigkeit als gleichwirkend aufgefunden werden, wenn es noch andere „naheliegendere“ Varianten gibt. Auch die Ausführungen der Anmelderin in dem als Anlage HL 40 vorgelegten Teil des Zulassungsantrags (auf S. 60 ff.) zu dem mit der angegriffenen Ausführungsform identischen Produkt A./Pemetrexed A., wonach Tromethamin im Pharmarecht weitgehend anerkannt sei, vermögen den Vortrag der Antragsstellerin zu stützen. Denn dort werden auch Pharma-Produkte mit Trometha-min genannt, die bereits vor dem Prioritätsdatum des Verfügungspatents vermarktet worden sind (vgl. Anlagenkonvolut HL 41). Zwar handelt es sich bei den in Anlage HL 41 aufgeführten Produkten - wie die Antragsgegnerin zutreffend einwendet -überwiegend um solche, die für andere Verabreichungsarten, nämlich als Augentropfen (Lodoxamid-Trometamol und Ketorolac-Trometamol) bzw. zur oralen Einnahme (Fosfomycin-Trometamol) oder für Tiere (Dinoprost Tromethamine, vgl. HL 18 Seite 325) zugelassen waren. Darunter findet sich aber auch die Zulassung für eine intravenöse Verabreichung am Menschen (Anlage HL 41, Tris 36,34% Braun). Insgesamt zeigen diese Beispiele, dass Tromethamin im Prioritätszeitpunkt im Arzneimittelbereich bereits eine Rolle gespielt hat und auch dessen Verabreichung durch Infusion bekannt war. Dass dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt die Möglichkeit bekannt war, Tromethaminsalze anstelle von Natriumsalz für die Herstellung eines Arzneimittels zu verwenden, bestätigen auch übereinstimmend die von der Antragstellerin vorgelegten Sachverständigengutachten des Professors für Lungenmedizin Egbert F. S. (Anlage HL 16a, Seite 5 unten), des Professors für Pharmazeutische Chemie Prof. Dr. D. S.(Anlage HL 27a, Seite 2) sowie des Prof. Dr. C. M., Internist mit Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie (Anlage HL 27 b, Seite 6). Demgegenüber finden sich in dem von Antragsgegnerseite als Anlage AG 18 vorgelegten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. J. D. keine Aussagen dazu, wonach eine Auffindbarkeit des Salzes Tromethamin als solches im Prioritätszeitpunkt nicht nahe gelegen hätte. Vielmehr wird dort allein darauf abgestellt, dass im Hinblick auf Herstellbarkeit, Stabilität und Verträglichkeit mögliche Schwierigkeiten bei der Verwendung von Pemetrexeddisäure bzw. Pemetrexedditromethamin mit angeblich erheblichem experimentellem Aufwand hätten untersucht werden müssen. Diese Argumentation liegt auf der Linie der englischen Gerichte, welche aber davon ausgehen, dass die patentierte Erfindung die Herstellung des Medikaments mit umfasse, wobei eine mangelnde Löslichkeit oder sonstige pharmazeutische Erwägungen bei der Herstellung eine Rolle spielen würden (vgl. Entscheidungen des High Court of Justice vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16 a Rn. 127, 128 und des Court of Appeal vom 25.06.2014, Anlage AG 17, 17a Rn. 71). Die Lehre des Verfügungspatents geht aber - wie oben bereits ausgeführt - nicht dahin, dass Pemetrexed in gelöster Form hergestellt wird, sondern es handelt sich um einen verwendungsbezogenen Stoffschutz (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 83, 84 - Pemetrexed). Auch das fachkundig besetzte Schweizer Bundespatentgericht ist in seinen Entscheidungen vom 06.12.2016 (Anla 25.06.2014, ge AG 40) und vom 09.03.2017 (Anlage HL 46) davon ausgegangen, dass dem Fachmann zum Zeitpunkt der Prioritätsanmeldung grundsätzlich Tromethamin oder Protonen als pharmazeutisch akzeptable und übliche Kationen für Wirkstoffe bekannt waren (Urteil vom 08.12.2016, Anlage AG 40, Seite 17; Urteil vom 09.03.2017, Anlage HL 46, Seite 26). Keine Rolle spielen im Hinblick auf den Gegenstand des Verfügungspatents auch die von Antragsgegnerseite angeführten Aspekte einer etwaigen Inkompatibilität von Tromethamin mit dem Zytostatikum Cisplatin oder unerwünschter Nebenwirkungen bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz. Denn diese Aspekte sind - wie oben zur Gleichwirkungsprüfung bereits ausgeführt - nicht Teil der den Patentansprüchen zugrunde liegenden Aufgabenstellung.

(4.) Demnach kam für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt der Rückgriff auf Pemetrexeddisäure mit Tromethamin als Puffersubstanz als mögliche Alternativen in Betracht, um die patentgemäße Aufgabe zu lösen, nämlich die mit der Verabreichung des verwendeten Antifolats verbundenen Nebenwirkungen signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit nachteilig zu beeinflussen. Die Frage, welche labortechnische Handhabungen für deren Einsatz erforderlich sind, hätte er gegebenenfalls durch Versuche feststellen können. Es ist nicht ersichtlich und seitens der Antragsgegnerin auch nicht substantiiert dargetan, dass diese einen das Erkenntnisvermögen des Durchschnittsfachmanns übersteigenden Aufwand (vgl. BGH GRUR 1999, 977, 982 - Räumschild) erfordert hätten, also über Routineversuche hinausgingen und ein erfinderisches Bemühen voraussetzten.

(5.) Auch die von der Antragsgegnerin angeführte Erteilung des europäischen Patents EP 2 854 768 B1, dessen Patentanspruch 1 sich auf eine pharmazeutische Zusammensetzung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin und zusätzliche weitere Verfahrensmerkmale richtet (Anl. AG 55), wobei es dort um eine verbesserte Lagerstabilität des Arzneimittels geht, vermag für sich genommen die Annahme der Auffindbarkeit für den Fachmann nicht zu entkräften. Denn auch bei Würdigung des Prüfberichts vom 02.12.2014 (Anlage AG 56) und der Stellungnahme vom 16.12.2016 (Anlage AG 57) vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Erteilung des Patents maßgeblich auf der Auswahl von Tromethamin beruht. Denn nur wenn festgestellt werden könnte, dass im Rahmen des Erteilungsverfahrens exakt dieselben und keine weitergehenden Erwägungen angestellt worden sein können, als sie im Rahmen der Äquivalenzprüfung zu klären sind, spricht der sachkundige Erteilungsakt dagegen, dass die Verletzungsform ohne Überlegungen von erfinderischem Rang aufzufinden war (Rinken/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl., § 14 Rn. 71 unter c)). Dies ist jedoch nicht dargetan und auch nicht erkennbar. Denn das Patent EP 2 854 768 B1 betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung aus Pemetrexed, die nur in Kombination mit Tromethamin in einer bestimmten Menge, nämlich von 40 bis 90% des Gewichts von Pemetrexed sowie zusätzlichen weiteren Verfahrensmerkmalen geschützt ist. Unter Berücksichtigung auch der eigenen Angaben des Patentinhabers (Anlage AG 57) liegt der Schluss nahe, dass sich die Patentfähigkeit nur aus den konkreten Mengenangaben, sowie den zusätzlichen Verfahrensmerkmalen ergeben hat. Auch spielen Fragen der Lagerstabilität in dem Verfügungspatent keine ersichtlich maßgebliche Rolle.

d) Zu Recht hat das Landgericht auch die erforderliche Gleichwertigkeit bejaht.

aa) Die Annahme der für eine äquivalente Verletzung erforderlichen Gleichwertigkeit, setzt voraus, dass die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 49 - Pemetrexed; BGH GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I; BGH GRUR 2011, 313 Rn. 35 -Crimpwerkzeug IV). Es ist mithin nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt, sondern es müssen sich seine Überlegungen, die nicht allein für das abgewandelte Mittel festzustellen sind, an der Patentschrift orientieren. Die angegriffene Ausführungsform muss in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH GRUR 2007, 959 Rn. 21 - Pumpeinrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, A. V. 2. Rn. 111). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Beschreibung des Klagepatents Ausführungen dazu enthalten muss, die den Fachmann zu der von der angegriffenen Ausführungsform verwirklichten abweichenden Ausgestaltung der technischen Lehre der Erfindung hinlenken; solche Ausführungen können zwar die Einbeziehung einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausgestaltung in den Schutzbereich des Patents stützen; sie sind hierfür jedoch keine notwendige Voraussetzung (BGH GRUR 2014, 852 Rn. 16 -Begrenzungsbeschlag; Kühnen a.a.O., A. V. 2. Rn. 111).

bb) Vorliegend ist wie das Landgericht zutreffend ausführt, Gegenstand der Lehre des Verfügungspatents, durch die Kombination von Pemetrexed (als Pemetrexeddinatri-um) mit Vitamin B12 und Folsäure die bekannten Toxizitäten der Antifolatbehandlung zu verringern, ohne die Wirksamkeit des Arzneimittels im Hinblick auf die Hemmung des Tumorwachstums zu beeinträchtigen. Die Überlegungen, die der Fachmann anstellen musste, um Pemetrexeddisäure mit Tromethamin für die ansonsten unveränderte Verwendung bereitzustellen, waren derart an dieser Lehre orientiert, dass sich die Gesamtheit der Lösung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin als gleichwertig darstellt, weil sie zur Verabreichung eines Pemetrexed-Anions nach Dissoziierung an den Patienten in einer Weise führt, die die Wirksamkeit der Therapie bei ihrem Einsatz in der Vitamin-Kombinationsbehandlung nicht infrage stellt, während die massiven Toxizitäten - so wie es die technische Lehre des Patents erfordert - unverändert reduziert werden.

cc) Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.06.2016 (GRUR 2016, 921 Rn. 49 ff. -Pemetrexed) festgestellt hat, kann eine Verletzung des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln vorliegend nicht unter Rückgriff auf die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Auswahlentscheidung verneint werden.

(1.) Danach ist eine Ausführungsform aus dem Schutzbereich des Patents ausgeschlossen, die zwar offenbart oder für den Fachmann jedenfalls auffindbar sein mag, von der der Leser der Patentschrift aber annehmen muss, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - nicht unter Schutz gestellt werden sollte, weil sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung beschränkt, als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 50 - Pemetrexed; BGH GRUR 2011, 701 Rn. 36 -Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2012, 45 Rn. 44 - Diglycidverbindung). Für Fallgestaltungen, in denen dem Patentanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu Grunde liegt, wird das Erfordernis der Orientierung am Patentanspruch dahin konkretisiert, dass die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung in Einklang stehen müssen (BGHZ GRUR 2011, 701 Rn. 35 - Okklusionsvorrichtung). Deshalb ist eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln in der Regel zu verneinen, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist (BGHZ GRUR 2011, 701 Rn. 35 - Okklusi-onsvorrichtung; BGH, GRUR 2012, 45 Rn. 44 - Diglycidverbindung).

(2.) Vorliegend wird in der Patentschrift (Anlage HL 3, HL 3a) aber nur eine Ausführungsform offenbart. In der Beschreibung wird zwar ausgeführt, die Erfindung betreffe allgemein die Verwendung von Antifolatarzneimitteln durch Verabreichung eines Me-thylmalonsäure verringernden Mittels wie Vitamin B12. Als konkrete Ausführungsform dieser Erfindung wird aber nur die Verwendung von Pemetrexeddinatrium aufgezeigt (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 55 ff. - Pemetrexed). Eine Erweiterung der Grundsätze zur Auswahlentscheidung auf Ausführungsformen, die aufgrund der Angaben in der Patentschrift zwar nicht offenbart, aber auffindbar waren, würde hingegen schon deshalb zu weit führen, weil die Auffindbarkeit eine Grundvoraussetzung für die Bejahung von Äquivalenz ist und der Einsatz abgewandelter Mittel dann folglich niemals zu einer Patentverletzung führen könnte (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 61 -Pemetrexed).

(3.) Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.06.2016 (GRUR 2016, 921 Rn. 63 ff. -Pemetrexed) weiter festgestellt hat, führt auch der Umstand, dass im Zuge des Patenterteilungsverfahrens eine Konkretisierung auf Pemetrexeddinatrium erfolgt ist, nicht dazu, dass alle übrigen Formen des Antifolats Pemetrexed vom Schutzbereich des Patent ausgenommen sind. Der Bundesgerichtshof hat insoweit im Ergebnis offen gelassen, ob bei der Auslegung der geltenden Fassung eines Patents grundsätzlich auf Unterlagen aus dem Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden darf (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 64 - Pemetrexed), was - wie das Erstgericht zu Recht ausführt - im Hinblick auf Rechtssicherheitserwägungen Bedenken begegnet. Vorliegend ergibt ein Vergleich der unterschiedlichen Anspruchsfassungen unter Berücksichtigung des übrigen Inhalts der zugehörigen Anmeldung bzw. Patentschrift jedenfalls nicht hinreichend deutlich, dass die Konkretisierung vorgenommen wurde, um den Gegenstand des Patents vom Stand der Technik abzugrenzen und so Zweifel hinsichtlich der Patentfähigkeit zu vermeiden. Vielmehr ist die Beschränkung von Pemetrexed auf Pemetrexeddinatrium erfolgt, da Pemetrexed als solches nicht als offenbart angesehen wurde (vgl. Bescheid vom 17.05.2005, Anlage AG 15, AG 15a), so dass dem keine bewusste Auswahl des Anmelders zugrunde lag, sondern dies auf formellen Zwängen beruhte (vgl. auch BGH GRUR 2016, 921 Rn. 72 -Pemetrexed). Die Erwähnung der Klasse der Antifolate in der Beschreibung der Patentschrift einerseits und die Beschränkung der Ansprüche auf das Antifolat Pemetrexed (als Pemetrexddinatrium) andererseits im Zuge des Erteilungsverfahrens vermag demgegenüber allenfalls andere Antifolate auszuschließen, nicht aber sämtliche Derivate des einen - vermeintlich ausgewählten - Antifolats Pemetrexed (vgl. auch BGH GRUR 2016, 921 Rn. 70 - Pemetrexed).

(4.) Schließlich kann die Orientierung am Patentanspruch nicht allein deshalb verneint werden, weil der Begriff „Pemetrexeddinatrium“ eine exakte Umschreibung für eine bestimmte chemische Verbindung darstellt, deren Detaillierungsgrad mit demjenigen einer Zahlenangabe vergleichbar ist (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 77 ff. -Pemetrexed). Denn dies bedeutet nicht, dass der Einsatz einer gleichwirkenden für den Fachmann auffindbaren Verbindung nicht ebenfalls am Sinngehalt des Pa tentanspruchs orientiert sein kann, weil der Fachmann eine gewisse Unschärfe als mit dem technischen bzw. stofflichen Sinngehalt einer Zahlenangabe oder einer chemischen Formel vereinbar ansieht (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 77, 78 -Pemetrexed). Auch dem Umstand, dass in der Beschreibung des Klagepatents (Anlage HL 3, HL 3 a [0022]) ausdrücklich ausgeführt wird, das Antifolat zur Verwendung in der Erfindung sei Pemetrexeddinatrium, kann eine darüber hinausgehende Festlegung ebenso wenig entnommen werden, wie dem mit der Definition näher charakterisierten Begriff im Patentanspruch selbst (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 81 -Pemetrexed). Aus Sicht des Fachmanns ist hier vielmehr entscheidend, dass sowohl die patentgemäße chemische Verbindung Pemetrexeddinatrium als auch die in der angegriffenen Ausführungsform gewählte Verbindung Pemetrexeddisäure mit Trome-thamin zur Verabreichung eines Pemetrexed-Anions nach Dissoziierung führen; allein dieses Pemetrexed-Anion ist verantwortlich für den tumorhemmenden Effekt und die damit verbundenen Nebenwirkungen; das Gegenion ist dagegen hierfür nicht relevant. Den Ausführungen des Schweizer Bundespatentgerichts, wonach der Fachmann der Beschränkung auf Dinatrium Bedeutung zumessen würde und deshalb die freie Säure oder eine andere Form der Alternativformulierung nicht als gleichwertigen Ersatz für die Dinatriumform in Betracht ziehen würde (Urteil vom 08.12.2016, Anlage AG 40, Seite 19; Urteil vom 09.03.2017, Anlage HL 46, Seite 28), kann vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht gefolgt werden.

C. Verfügungsgrund

Das Landgericht hat auch den Verfügungsgrund gem. §§ 936, 917 ZPO zu Recht bejaht.

1. Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatents stehen der Annahme des Verfügungsgrunds - auch vor dem Hintergrund der anhängigen Nichtigkeitsklage (Az. 3 Ni 23/16, Anlage AG 32 mit Anlagen NiK 1 bis 20) - nicht entgegen.

a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist es grundsätzlich nicht notwendig, dass das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat; ausreichend ist bereits ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu prognostizierender, d.h. hinreichend gesicherter Rechtsbestand des Verfügungspatents. Vorliegend wurde das Verfügungspatent in dem von der T. Pharmaceutical Industries Ltd. angestrengten Einspruchsverfahren mit Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 27.12.2010 (Anlage HL 20, HL 20a) aufrechterhalten. Die von der Einspruchsführerin mit Schriftsatz vom 03.03.2011 eingelegte Beschwerde nahm diese mit Schriftsatz vom 28.10.2015 einseitig zurück, so dass das Beschwerdeverfahren am 06.11.2015 ohne Sachentscheidung eingestellt wurde. Diese - unter Beteiligung technischer Fachleute zustande gekommene - Entscheidung ist für den Senat als Verletzungsgericht grundsätzlich beachtlich, außer die Entscheidung beruht auf nachweislich unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation oder wenn mit dem Rechtsmittelgegen die Bestandsentscheidung, ohne dass insoweit ein Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, weiterer Stand der Technik präsentiert wird, der eine Vernichtung des Klagepatents erwarten lässt (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Aufl. 2017, G II. 1. Rn. 62, 63). Nach diesen Grundsätzen ist auch die Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage vom Senat zu beurteilen.

b) Die Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 27.12.2010 (Anlage HL 20, HL 20a) beruht nach Auffassung des Senats nicht auf einer unvertretbaren Argumentation.

(1.) Die Einspruchsabteilung kommt auf den Seiten 13 ff. zu dem Ergebnis, dass es dem Verfügungspatent nicht im Hinblick auf die dortigen Entgegenhaltungen D 28 (jetzige Anlage NiK 2) gegebenenfalls in Kombination mit D 9 (jetzige Anlage NiK 16) und dem allgemeinen Fachwissen an erfinderischer Tätigkeit mangele, da die Verabreichung von Vitamin B12 zur Verringerung der Toxizitäten der Pemetrexedbehandlung für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt nicht nahegelegen habe. Die Anlage NiK 16 zeige zwar eine starke Korrelation zwischen den Baseline-Homocysteinspiegeln und der Entwicklung einer Reihe von Toxizitäten wie Neutropenie, Thrombozytopenie, Mukositis oder Durchfall, so dass davon auszugehen sei, dass am Prioritätsdatum bekannt gewesen sei, dass die Toxizität von Pemetrexed mit einer Erhöhung der Homocysteinspiegel im Plasma korreliere. Neben Homocystein seien jedoch auch die Vitamin-Metaboliten Cystathionin und Methylmalonsäure gemessen worden, wobei letztere bekanntlich der Mangel-Marker für Vitamin B12 sei. Eine Korrelation zwischen den Toxizitäten von Pemetrexed und den restlichen vorgegebenen Prädikato-ren, nämlich Methylmalonsäure und Cystathionin, sei nicht beobachtet worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass NiK 16 lehre, dass es keine Korrelation zwischen Pemetrexed-Toxizität und Methylmalonsäure gebe, und der Fachmann daher zu dem Schluss gekommen wäre, dass Vitamin B12 nicht an der bei der Pemetrexed-Behandlung beobachteten Toxizität beteiligt sei. Es habe für ihn also keine Motivation bestanden, Vitamin B12 zu verwenden, angesichts dessen, dass der bekannte Marker für dessen Mangel nicht korreliert habe. Auch ausgehend von der NiK 2 hätte der mit dem Problem der Reduzierung der Pemetrexed-Toxizität konfrontierte Fachmann nach Auffassung der Einspruchsabteilung die Beteiligung von Vitamin B12 im Hinblick auf die Lehre der NiK 16 ausgeschlossen und hätte dieses Vitamin nicht verwendet, um die Toxizität zu reduzieren. Vielmehr hätte er eher nur Folsäure verwendet, da in Ermangelung einer Korrelation zwischen der Pemetrexed-Toxizität und Methylmalonsäure, wie in NiK 16 berichtet, der in dem Dokument beschriebene erhöhte Homocysteinspiegel als Marker für Folatmangel erkannt worden wäre.

(2.) Das Landgericht hat hierzu richtig festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin herangezogenen Entgegenhaltungen und Argumente es nicht rechtfertigen, die Entscheidung der Einspruchsabteilung als unvertretbar anzusehen und für das anhängige Nichtigkeitsverfahren eine Vernichtungsprognose zu stellen. Auf die diesbezüglichen überzeugenden Ausführungen des Landgerichts wird insoweit zunächst Bezug genommen (Seite 25 ff. LGU).

a) Die Entgegenhaltung NiK 2 stellt eine Korrelation zwischen erhöhten Homocystein-werten und Toxizitäten fest, wobei ein Mangel an Folsäure und/oder Vitamin B12 zu erhöhten Werten an Homocystein führe. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, führt aber die Anlage NiK 16 von N.et al., wonach eine Erhöhung des Vitamin-B12-Markers Methymalonsäure nicht festgestellt wurde, den Fachmann von dem Rückschluss weg, dass Vitamin B12 eine Korrelation mit der Pemetrexed-Toxizität erkennen lässt. Entsprechendes gilt für die im Nichtigkeitsverfahren als NiK 23 angeführte Entgegenhaltung. Auch daraus erhält der Fachmann die Information, dass hohe Homocystein-Werte einen sehr intensiven Indikator für einen Folatmangel darstellen würden und dass es möglich sei, dass die Toxizität von Pemetrexed in Kombination mit Folsäure ohne Beeinträchtigung der Wirksamkeit beseitigt werden könne. Insoweit gilt nichts anderes wie in Bezug auf NiK 2, nämlich dass der Fachmann -auch unter Berücksichtigung dessen, dass auch ein Vitamin-B12-Mangel erhöhtes Homocystein verursachen kann - vor dem Hintergrund der Aussagen in NiK 16 und NiK 8 davon abgehalten wird, darauf zu schließen, dass das Vitamin B12 mit den Toxizitäten von Pemetrexed korreliert, da laut NiK 16 die Methylmalonsäure als Vi-tamin-B12-Mangelmarker nicht erhöht war.

(b) Die Ausführungen in NiK 3 von W. et al., die Bestandteil des Einspruchsverfahrens war (dort D 12), beschäftigen sich mit der Erforschung der Auswirkungen von Folsäu-re auf die Anpassung der Toxizität und Antitumorwirksamkeit von Pemetrexed (=LY 231514) anhand eines Versuchs mit Mäusen. Die Verabreichung von Vitamin B12 wird damit entgegen dem Dafürhalten der Antragsgegnerin nicht neuheitsschädlich offenbart. Auch wenn den Tieren mit dem verwendeten Futter „P. C. 5001“ - auf das in NiK 3 verwiesen wird - neben der Folsäure auch Vitamin B12 in einem relevanten Umfang verabreicht worden ist, so wäre dies in NiK 3 nicht eindeutig offenbart. Denn die Information einer Zufütterung eines relevanten Anteils an Vitamin B12 ist für den Fachmann allein durch den Rückschluss über das genannte Futter erhältlich und daher aus seiner fachmännischen Sicht der Schrift nicht „unmittelbar und eindeutig“ zu entnehmen, weil sie für diesen nicht so selbstverständlich ist, dass sie quasi „mitgelesen“ wird (vgl. BGH GRUR 2009, 382 Tz. 25 - Olanzapin). So bezieht sich der Schluss der Studie auch nur auf die Verringerung der Toxizitäten durch Folsäurega

(c) NiK 9 und NiK 13 beziehen sich auf den Bereich der arteriellen Verschlusskrankheiten (vgl. Nik 13: „Wirkungen von Folsäure […] und Vitamin B 12 auf Homocystein-werte bei gesunden jungen Frauen“). Selbst wenn der Fachmann - ein Team aus einem medizinischen Chemiker oder Pharmakologen und einem Onkologen - entsprechende Literatur herangezogen hätte, um zum Prioritätszeitpunkt die Frage der Reduzierung von Nebenwirkungen eines Zytostatikums zu prüfen, so wäre aus seiner Sicht dadurch die Zugabe von Vitamin B 12 nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts dadurch nicht nahe gelegen, um die Toxizitäten von Pemetrexed in den Griff zu bekommen, zumal die Antragstellerin dargelegt hat, dass zum Prioritätsdatum davon ausgegangen worden ist, dass Vitamin B 12 das Tumorwachstum sogar fördere (vgl. Anlage HLNK 8 zu Anl. HL 42).

(d) NiK 12 stellt ein allgemeines Lehrbuch zur Nahrungsergänzung dar. Vorliegend steht allerdings nicht die Frage der ernährungsmedizinischen Behandlung eines Folsäure-oder Vitamin-B12-Mangels inmitten, sondern die der Verringerung der Toxizität bei einer Pemetrexedbehandlung bei unveränderter Wirksamkeit. Hierzu vermag NiK 12 dem Fachmann aber keine speziellen Hinweis zu geben.

(e) NiK 14 beschäftigt sich mit den Nebenwirkungen einer Therapie mit dem Antifolat Methotrexat, wobei nicht dargetan ist, dass eine Übertragbarkeit der dortigen Erkenntnisse ohne weiteres auf Pemetrexed erfolgen kann. Wie das Landgericht außerdem zutreffend festgestellt hat, wird dort diskutiert, dass ein Vitamin-B12-Mangel eine Nebenwirkung der Behandlung sein kann, nicht aber aufgezeigt, dass eine Vi-tamin-B12-Supplementierung geeignet ist, die Nebenwirkungen des Antifolats zu reduzieren.

(f) NiK 15 behandelt in den maßgeblichen Passagen auf Seite 270 ebenfalls ein anderes Antifolat, nämlich Lometrexol. Wie das Landgericht überzeugend dargelegt hat, sind die dortigen allgemeine Überlegungen zu biochemischen Prozessen des Folat-stoffwechsels, welche durchgehend im Konjunktiv formuliert sind („may“), nicht auf analytische oder experimentelle Belege gestützt, sondern es wird darauf verwiesen, dass der Folsäurestatus von Krebspatienten nie systematisch untersucht worden sei. Gleichzeitig führen die spezielleren experimentellen Ansätze in NiK 8 und NiK 16 den Fachmann von Vitamin B12 Weg. Außerdem entnimmt der Fachmann dem Werk auf Seiten 185 ff. eigene Ausführungen zu Pemetrexed, wo Vitamin B12 aber keine Erwähnung findet und ausgeführt wird, dass die Toxizitäten von Pemetrexed handhabbar und tolerierbar seien und etwaig auftretenden (schweren) Toxizitäten mit Dosisreduktionen begegnet werden könne (NiK 15, Seite 196 f.)

2. Das Landgericht hat weiterhin die allgemeine Interessenabwägung zutreffend zugunsten der Antragstellerin vorgenommen.

Das Erstgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass der Antragstellerin ein Abwarten der Durchführung des Hauptsacheverfahrens vor dem Hintergrund der mit den durch den Markteintritt des Hybridarzneimittels der Antragsgegnerin verbundenen drohenden hohen wirtschaftlichen Einbußen nicht zumutbar ist, so dass das Interesse der (mit geringerem unternehmerischem Risiko tätigen) Antragsgegnerin dahinter zurücktreten muss (vgl. auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, G. Rn. 58).

Grundsätzlich ist auch bei einer nur äquivalent begründeten Verletzung der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Ansehung dessen, dass Art. 50 Abs. 1 TRIPS die gerichtliche Anordnung einstweiliger Maßnahmen ausdrücklich vorsieht, nicht ausgeschlossen, da nicht die Benutzungskategorie über den Zugang zum vorläufigen Rechtsschutz entscheidet, sondern vielmehr die Frage, ob unter Zuhilfenahme der zulässigen Erkenntnismittel eine hinreichende Gewissheit über das Vorliegen einer Schutzrechtsverletzung erhalten werden kann (Kühnen, a.a.O., G. II. 1. Rn. 47). Dies ist eine Frage der hinreichenden Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs, die vorliegend - wie oben ausgeführt - zu bejahen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 29/15 Verkündet am: 14. Juni 2016 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
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Tenor I. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I, Az. 22243/15, vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben. II. Die Aufhebungsbeklagte trägt die Kosten des Aufhebungsverfahrens. III. Der Antrag der Aufhebungsklägeri
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(1) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(2) Als ein zureichender Arrestgrund ist es anzusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Eines Arrestgrundes bedarf es nicht, wenn der Arrest nur zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff stattfindet.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(1) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(2) Als ein zureichender Arrestgrund ist es anzusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Eines Arrestgrundes bedarf es nicht, wenn der Arrest nur zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff stattfindet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)